24 Nights - Adventskalender von Daelis (Diabolik Lovers x Reader) ================================================================================ Kapitel 4: Vierte Nacht: Azusa ------------------------------ In dieser Nacht schliefst du erstaunlich ruhig, bedachte man, was du alles über die Mukamis erfahren hattest und darüber, was sie waren. Vampire. Selbst als du am morgen allein in Yumas Bett erwachtest, erschien es dir immer noch wie ein übler Scherz oder ein wirrer Traum. Da jedoch auch das klassische Kneifen in den Arm dich nicht daraus zu wecken vermochte, ergabst du dich deinem Schicksal und standest auf. Dein Blick wanderte durch den Raum, der von Yuma keine Spur zeigte, obwohl du ganz genau wusstest, dass er neben dir geschlafen hatte. Er hatte sich sogar als erstaunlich höflich gezeigt und den Raum verlassen, während du dich umzogst. Jetzt warst du allein und entschiedst, dass es Zeit wäre, eine angenehme warme Dusche zu nehmen, um die Sorgen und Ängste der vergangenen Tage den Abfluss hinunter zu spülen und einen klaren Kopf zu bekommen, denn der schwirrte dir noch immer ein wenig. Im Nu hattest du frische Wäsche aus deinem Koffer gesucht, sie dir unter den Arm geklemmt und dich auf den Weg ins Bad gemacht. In der Küche konntest du Geräusche hören und ein Lachen, das du spontan Kou zuordnen würdest. Vermutlich waren die Brüder also am frühstücken. Dir sollte es recht sein. So konntest du in aller Ruhe duschen, ohne dass du dich noch mit einem Vampir auseinander setzen musstest. Du schobst die Badezimmertür auf, tratst ein und warfst die Tür hinter dir ins Schloss. In der Erwartung, hier im Bad allein zu sein, legtest du deine Wäsche auf den Trockner, nur um dann zu sehen, dass doch noch jemand außer dir hier war. Azusa. Er saß, ein Messer in der Hand an der Badewanne und sofort stieg eine düstere Ahnung in dir auf. Seine Narben. Konnte es sein, dass er sie sich selbst zugefügt hatte?! Bisher hatte dich Azusa wohl nicht bemerkt, denn er reagierte in keinster Weise, die darauf hätte schließen lassen können und sah sich erst jetzt um, als du erschrocken japstest. „Nicht!“ Du eiltest auf den jungen Mann zu, der auf dem Vorleger vor der Badewanne saß und nun zu dir aufsah. Er sprach gedehnt, irgendwie langsam, als er mit einem Lächeln das Wort ergriff und dich grüßte. „Guten Morgen. Du bist also wach. Yuma und Kou haben erzählt, dass du dich geängstigt hast.“ Anders als Kous Lächeln, das zwischen absolut freundlich und beängstigend schwankte, war Azusas Lächeln auf eine unangenehme Weise nicht einmal unfreundlich, doch irgendwie überschattet auf eine Weise, die dir einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Wie jemand, der Schlechtes tat in dem Wunsch Gutes zu tun. Es erinnerte dich an einen Charakter aus irgendeinem Horrorthriller, aber an welchen genau, konntest du nicht sagen. Entsprechend schwer fiel es dir, das Lächeln Azusas zu erwidern. „Ein... ein wenig, ja. Aber...“ Dein Blick wanderte zu der Klinge in seiner Hand, an der sich leichte rote Spuren abzeichneten, von denen du fast sicher warst, dass sie von ihm stammten, den an seinem Arm konntest du mehrere schmale rote Schnittwunden erkennen. Azusas Blick folgte deinem und fiel auf die Wunden und Narben an seinem Arm. Schmale rote und weiße Linien, die von alten und neuen Wunden zeugten, von frischen und längst verheilten. Er lächelte und drückte mit einem Finger auf die letzte rote Linie, die er gezogen hatte, woraufhin Blut hervorquoll, was dich erneut aufjapsen ließ. „Tu das nicht. Das solltest du nicht.“ Du gingst neben ihm in die Knie und strecktest vorsichtig, um ihn nicht zu erschrecken, die Hände nach dem Messer in seiner Hand aus. Wenn er sich selbst verletzte, dann war er vielleicht ein Opfer der Vampire hier, ging es dir durch den Kopf. Vielleicht hatten sie ihn gefangen und ließen ihn nicht gehen und nun versuchte er, sich das Leben zu nehmen, um ihnen zu entkommen! Bei diesen Gedanken erfüllte dich Mitleid mit Azusa, auch wenn dieser nicht beunruhigt oder gar verängstigt aussah. Vorsichtig griffst du nach dem Messer, dass sich Azusa widerstandslos aus der Hand nehmen ließ. Erst jetzt fiel dir sein Lächeln auf, das nicht im mindesten verängstigt oder unsicher wirkte, sondern vielmehr ruhig und selbstbeherrscht. Deine Überlegungen, dass er hier ein Gefangener sein könnte, fielen in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Er war kein Opfer, oder? „Azusa“, begannst du vorsichtig. „Ist... alles in Ordnung mit dir?“ Noch immer lächelte der Schwarzhaarige und nickte. „Ja. Mir geht es gut.“ Fragend wanderte sein Blick gen Badewanne, in der du nun auch einige rote Tropfen entdecken konntest, die einen starken Kontrast zum hellen Weiß des Porzellans bildeten. „Möchtest du baden?“, wollte er wissen und erhob sich langsam. Er sprach nicht weiter, doch griff nach dem Duschkopf und spülte die Badewanne aus. Während er dies tat, fiel dein Blick auf das schmale Messer, das du noch immer in der Hand hieltest. Es glänzte im Licht der Lampen und das dunkle, rote Blut darauf wirkte schon fast wie aufgemalt, so klar war es umrissen. Nur schwer konntest du dich von dem Anblick losreißen und ebenfalls aufstehen. Unsicher, was du nun eigentlich mit dem Messer anstellen solltest, entschiedst du dich, es vorerst einfach in das Waschbecken zu legen. In jedem Fall würdest du es Azusa nicht überlassen. Immerhin könnte er sich damit wieder verletzen und es widersprach deiner ethischen Überzeugung, jemanden das tun zu lassen, solange es in deiner Macht stand, es zu verhindern. Gerade, als das die Messerklinge ein leises Geräusch auf dem kalten Porzellan verursachte, spürtest du eine Hand auf deiner Schulter und fuhrst erschrocken herum, nur um dann zu erkennen, dass es lediglich Azusa gewesen war, der dich nun schuldbewusst anblickte. „Entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Seine Entschuldigung wirkte aufrichtig und du bemühtest dich um ein ermutigendes Lächeln. „Schon gut.“ Azusa lächelte wieder. „Die Badewanne ist nun sauber“, meinte er, während sein Blick zum Messer in dem Porzellanbecken wanderte. „Gefällt es dir?“, wollte er wissen und im ersten Moment verstandest du gar nicht, was er eigentlich meinte. „Mh? Was denn?“ Kaum hattest du die Frage ausgesprochen, wurde es dir auch schon klar. Das Messer. Er meinte das Messer. „Findest du das Messer nicht auch schön? Es ist sehr gut gearbeitet und sehr scharf. Die Klinge ist mit Titan veredelt und der Griff aus Eichenholz mit Harz verstärkt.“ Sein Blick nahm schon beinahe verträumte Züge an. Offenbar kannte er sich mit solchen Dingen aus, denn dir wäre dergleichen niemals aufgefallen und du warst sicher, den allermeisten Menschen wäre es ähnlich ergangen. Ehe du ein gestammeltes „Ja“ von dir geben konntest, fuhr Azusa dann aber fort und wechselte das Thema, war doch sein Blick zu der Bisswunde Kous gewandert, die sich noch immer gut sichtbar an deinem Hals abhob. „Kou“, meinte er leise und wieder dauerte es einige Augenblicke, ehe du verstandest, was er dir mitteilen wollte. Du nicktest. „Ja, er...“ Du stocktest und hieltest inne. War Azusa auch ein Vampir? Sein Verhalten ließ dich daran zweifeln, doch auf der anderen Seite passte seine Zufriedenheit trotz der Selbstverletzung nicht recht in die Opferrolle. „Azusa, bist du auch ein Vampir?“, fragtest du schließlich zögerlich. Auf den ersten Blick hatte er unheimlich gewirkt und auch jetzt überkam dich ein leichter Schauer, wenn du an das Messer dachtest, das im Waschbecken lag, doch dir gegenüber gab er sich ausgesprochen höflich und freundlich. Azusa lächelte freundlich und nickte. „Ja, bin ich. Du musst keine Angst haben. Ich möchte dir nicht schaden.“ Die Verwunderung sah man dir wohl an, denn sein Lächeln wurde breiter, blieb jedoch sanft und ruhig. „Ich mag es nicht, wenn jemand Angst hat oder unglücklich ist“, meinte er, dann jedoch senkte er den Blick. „Auch wenn ich schon log.“ Wieder wirkte es, als hätte er ehrlich ein schlechtes Gewissen deswegen. Mehr noch als der wechselhafte Kou und der unfreundliche Yuma war die Azusas Verhalten ein echtes Rätsel. „Wir sollten vielleicht später weiter reden“, schlug er ruhig vor. Die ganze Zeit schon hatte seine Stimme einen monotonen, ruhigen Klang, der zu seiner langsamen, bedächtigen Art zu sprechen passte. „Du wolltest doch baden.“ Zwar wolltest du eigentlich duschen, doch nach diesem erneuten Schrecken, kam dir die Idee zu baden recht und du nicktest. „Ja. Und... mach... nichts Dummes, ja Azusa?“ Dir war nicht ganz wohl dabei, den jungen Mann mit den grauen Augen jetzt allein zu lassen, immerhin warst du eben erst Zeuge davon geworden, wie er sich selbst mit einem Messer verletzt hatte. Der Vampir nickte. „Das werde ich nicht.“ Seine Worte und sein Lächeln in Kombination gaben dir allerdings das Gefühl, dass er nicht ganz den Kern deiner Aussage verstanden hatte, doch seine Zusage würde wohl genügen müssen und das Messer bliebe schließlich hier. Du sahst ihm noch nach, als er das Bad verließ und dich allein ließ. Der Schlüssel steckte innen in der Tür, wie du nun bemerktest. Ohne weiter zu zögern, drehtest du ihn herum und warst damit allein um Bad und würdest es auch bleiben. Dass du weder wusstest, dass sie die Tür nötigenfalls mit Gewalt aufbrechen könnten oder aber sich einfach ins Bad teleportieren könnten, war dein Pech. Ebenso wie der Fakt, dass du nichts von Azusas Messersammlung ahntest. Nur wenige Minuten später hattest du die Wanne gefüllt. Warmer Wasserdampf stieg auf und ließ den Spiegel über dem Waschbecken beschlagen. Als du dich in das warme Nass gleiten ließest schien es tatsächlich die Sorgen und Ängste davon zu spülen. Deine Muskeln entspannten sich und du lehntest dich zurück. So gut hattest du dich nicht mehr gefühlt, nachdem du die erste Nacht hier auf dem Sofa verbracht hattest. Da die Zeit nicht eilte, nahmst du sie dir und ließest dir alles noch einmal durch den Kopf gehen. Inzwischen warst du dir sicher, dass alle Mukamis Vampire waren. Außer Kou jedoch schienen sie nicht so übermäßig gefährlich und Azusa war sogar ausgesprochen höflich gewesen und schien eher für sich selbst als für andere eine Gefahr zu sein, wenn dich der Eindruck nicht täuschte. Yuma hatte dir zwar nichts getan – bisher zumindest – doch er war eindeutig unfreundlich dir gegenüber eingestellt und du warst dir sicher, dass er dich auf Dauer kaum verschonen würde. Andernfalls hätte er dich kaum Mesubuta genannt. Seufzend sankst du in das warme Wasser hinab und begannst, dein Haar zu waschen. Dass du nicht mehr alleine warst, fiel dir nicht auf. Nie wärst du darauf gekommen, dich nach einem Eindringling einzusehen, immerhin hattest du die Tür hinter dir abgeschlossen. Azusa trat langsam näher, ohne das geringste Geräusch zu verursachen auf dem weichen Teppich unter seinen bloßen Füßen. Erst das hohe, helle Klingen, dass die Messerklinge verursachte, als sie gegen das Porzellan schlug, ließ dich aufblicken. Erschrocken zucktest zu zusammen und schlangst die Arme um deinen Torso, zogst die Beine an und öffnetest den Mund zu einem empörten Ausruf. „Azusa! Was tust du denn hier? Und wie kamst du hier herein?“ Der Schwarzhaarige sah mit einem unergründlichen Lächeln zu dir und hob das Messer demonstrativ hoch. „Ich habe etwas vergessen. Ordnung ist wichtig und ich möchte es an seinen Platz zurücklegen.“ Fassungslos sahst du den Vampir an, der sich nun umdrehte und einen schmalen Schrank öffnete, hinter dessen Türen sich dir eine ganze Sammlung von Messern verschiedenster Form und Größe eröffnete. „D-du kannst doch nicht einfach hier herein kommen!“; meintest du dennoch energisch. Er selbst hatte schließlich erst vorgeschlagen, du könntest ein Bad nehmen und nun kam er einfach hier herein? Und wie überhaupt? Azusa sprach ruhig weiter, langsam und bedächtig. „Ich hatte Sorge, du könntest dich verletzen, darum wollte ich es lieber bald wegräumen. Du darfst nicht sterben.“ Eigentlich sollten dich seine Worte wohl beruhigen, doch sie jagten dir lediglich einen eisigen Schauer über den Rücken. Die Art, in der er es sagte, klang danach, als sei dies keine Entscheidung, die zur Frage stünde, doch auch nicht so, als würden dich seine Brüder und er deshalb wirklich in Ruhe lassen. Nicht sterben zu 'dürfen' war da ein recht schwacher Trost. Stumm beobachtetest du, wie Azusa den Schrank wieder schloss und sich gen Tür wandte, die er aufschloss. Also war sie wirklich verschlossen gewesen! Du hattest dich nicht geirrt! Wie war er dann hier hereingekommen? Gerade wolltest du ihm diese Frage noch stellen, als er sich mit einem höflichen „Bis später“ verabschiedete und durch die Tür verschwand, die hinter ihm ins Schloss fiel. Seufzend glittest du wieder ins Wasser, dass dir trotz seiner Wärme nun keine mehr spenden wollte. Dir war kalt, auf eine unangenehme Weise, die von innen heraus zu kommen schien. Eilig wuschest du dich zu ende und klettertest aus der Wanne. Nach dem Plan Rukis müsstest du diese Nacht entweder bei Azusa oder ihm verbringen, überlegtest du. Vielleicht war das sogar ganz gut so, denn so richtig sicher fühltest du dich bei Yuma auch nicht. Er hatte eine bedrohliche Art und zu Kou zu gehen kam auch nicht in Frage. Azusa schien zumindest soweit ganz nett und du glaubtest zu wissen, dass er dir wirklich nicht schaden wollte. Es gelang dir, den Nachmittag draußen zu verbringen ohne einem der Brüder zu begegnen, doch da die Sonne nur spärlich schien, war dir erst recht kalt, als die Dunkelheit hereinbrach und du ins Haus zurückkehrtest. Im Flur trafst du Ruki, der dich mit seinem üblichen durchdringenden Blick ansah und schließlich nur zu einer Tür nickte, von der du nicht wusstest, was dahinter lag. Der Raum lag neben dem Wohnzimmer. „Setz dich schon einmal.“ Unsicher nicktest du. Hinsetzen schön und gut, doch du hattest genug Zeit gehabt, nachzudenken und warst immer noch der Ansicht, dass es ein paar Dinge gab, über die ihr sprechen solltet. Das Beißen zum Beispiel. Deine Sicherheit. „Ruki, hör mal...“, begannst du nun, doch der Vampir unterbrach dich. „Wir werden morgen alles Nötige besprechen. Immerhin wird dein Aufenthalt hier von längerer Dauer sein. Heute Nacht bleibst du bei Azusa, er hat klare Anweisung, dir nicht zu schaden und das wird er auch nicht.“ Rukis Stimme war von einer Bestimmtheit, dass du keinen Widerspruch wagtest. Was das 'nicht schaden' anging, glaubtest du ihm – zumindest in Hinsicht auf Azusa. Der dir unbekannte Raum stellte sich als Esszimmer heraus, in dem Rukis Brüder bereits versammelt saßen und miteinander plauderten und sogar einander neckten. Gerade bewarf Kou Azusa mit einem Rosenkohl und wurde daraufhin von Yuma gescholten. Ganz wie eine normale Familie. Du konntest gar nicht anders, als zu lächelnd, während du dich leise auf einen der beiden freien Plätze setztest, an denen gedeckt war. Mehrere Platten standen auf dem Tisch. Rosenkohl, Kartoffeln und eine duftende Soße, neben der eine Platte mit Schweinemedaillons platziert war. Alles roch köstlich und erst jetzt bemerktest du, wie hungrig du eigentlich warst. Allerdings bemerkten dich jetzt auch die drei Vampire und reagierten anders, als du es erwartet hättest. Yuma grinste dich erstaunlich freundlich an, sagte jedoch nichts, während Kou sofort fröhlich drauf los plapperte und dir erzählte, dass Yuma seinen Rosenkohl nicht essen wolle. Derweil lud Kou dir Essen auf deinen Teller bis ihn Yumas flache Hand am Hinterkopf traf. „Sei doch nicht so“, maulte Kou und zog eine Schnute, als er sich an seinen Bruder wandte. Du kichertest verhalten. Die Zwei verhielten sich schon beinahe kindisch und ließen dich die Angst, die du irgendwie vor ihnen hattest, beinahe vergessen. Aber nur beinahe. Denn so menschlich sie dir jetzt auch erschienen, hatte doch Kou dir schon eine ganz andere Seite gezeigt. Es war Azusa, der neben dir saß, der nun das Wort an dich richtete, während seine Brüder sich balgten. „Du solltest etwas essen, solange es noch heiß ist.“ Er lächelte. „Ich freue mich, dass du heute bei mir übernachtest. Wir werden bestimmt Freunde.“ Die Betonung, die er darauf legte, verunsicherte dich zwar, doch du nicktest und schenktest ihm das beste Lächeln, das du zustande brachtest. „Klar, ganz bestimmt.“ Wieder wanderten deine Gedanken zu dem Messer. Danach würdest du ihn später noch einmal fragen, nahmst du dir vor. Es war erschreckend, wie normal das Abendessen verlief und wie sehr Ruki wieder die Mutterrolle übernahm. Kou und Yuma zergten einander an und Azusa war ein wenig das Küken der Familie und saß als ruhiger Pol zwischen den Fronten. So schlimm, entschiedst du, würde es bei ihm sicherlich nicht werden. Du irrtest dich. Als du am Abend im Schlafanzug aus dem Bad in Azusas Zimmer, das direkt neben dem von Kou lag, eintratest, besah sich der Bewohner gerade ein schmales Messer, das wohl auch ebenso gut ein Dolch sein könnte. Als er dich eintreten hörte, legte er die beidseitig geschliffene Klinge auf die Kommode vor sich. „Azusa...“, begannst du zögerlich, „Warum... tust du dir das an?“ Einen Moment lang wirkte er verwirrt ob deiner Frage, dann lächelte er und setzt sich aufs Bett. „Das ist eine seltsame Frage.“ Nun warst du verwirrt und nahmst neben ihm Platz. „Wieso? Ich meine... Du schneidest dich und das tut doch sicher weh. Warum solltest du das tun?“ Dein Blick fiel auf seinen Unterarm, um den ein Verband gewickelt war. Ob er darunter auch Wunden verbarg? Bestimmt. Und wer wusste schon wie viele Narben ebenso. Ohne eine Vorwarnung beugte sich Azusa zu dir und drückte dich grob aufs Bett. Alles ging so schnell, dass du kaum einen Ton heraus bekamst. „Wir sind Freunde, oder?“, wisperte er leise und sein Lächeln wirkte ebenso düster wie aufrichtig. „J-ja“, gabst du bebend zurück. Er war ebenso stark wie Kou es gewesen war. Dein Herz machte einen nervösen Satz nach dem anderen. Azusa lächelte und beugte sich zu dir hinab. „Ich teile mit dir“, flüsterte er leise und stellte dich damit erneut vor ein Rätsel, das sich schnell löste, als er seine Lippen an deine Schulter senkte. Scharfer Schmerz verriet sofort, was er tat und du zucktest zusammen. Es half dir wenig, hielt dich Azusa doch fest. „Du wirst gebraucht. Ist das nicht schön?“, wollte er von dir wissen und lächelte dich an, als er den Kopf kurz hob. Du konntest dein eigenes Blut auf seinen Lippen glänzen sehen. War das seine Idee von 'gut'? Was stimmte eigentlich mit ihm und seinen Brüder nicht, dass er so denken konnte? Dass er dich brauchte, um dein Blut zu trinken? Deiner Meinung nach teilte er da eher mit seinen Brüdern als mit dir, doch deine Gedanken blieben nicht lange genug auf diesen Gedanken fokussiert, als dass du ihn weiter hättest verfolgen können. Deine Adern rund um die Bisswunde herum brannten vor Schmerz, als fließe Lava hindurch, während Azusa daran sog und saugte. Du konntest ihn hören. Ein leises zufriedenes Seufzen. Ein Schlucken. Ein saugendes Geräusch. Schwarze Flecken tanzten vor deinen Augen. „N-nicht, Azusa...“ Du konntest förmlich spüren, wie dich Schwindel übermannte und du schließlich in Bewusstlosigkeit sankst. Dein letzter Gedanke war gleichermaßen ironisch wie traurig. Würdest du das hier überleben? Angeblich durftest du ja nicht sterben. 'Durftest' nicht. Hah! Es war ja nicht so, als hättest du darum gebeten, überhaupt in Lebensgefahr zu geraten. Und als könnten sie dir vorschreiben, zu überleben, wenn sie dich attackierten! Beinahe entrang sich deiner Kehle ein hohles Lachen, doch es blieb dir im Halse stecken, während dein Blickfeld sich in trübes Schwarz tauchte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)