Der Ring des Nibelungen - Thors Tattúr von Flos_Sapientiae (Kamiaso- Vorgeschichte) ================================================================================ Kapitel 8: Blutiger Verrat -------------------------- Frigg sah wie ihr Mann grade seine Sachen packte. Er wollte offensichtlich eine sehr weite Reise machen. „Wo willst du hin, Odin?“, fragte sie. Odin hing sich seine Tasche um. „Nach Süden, jenseits unserer Grenzen. Ich will zum Olymp, wo der König der griechischen Götter lebt.“ „Und was willst du bei ihm?“ „Ich habe in der Bibliothek gelesen, dass er ein kluger Mann ist und große Macht hat. Ich will zu ihn gehen damit er mir hilft. Vielleicht weiß er einen Weg, wie wir Balder und die Welt retten können.“ „Bist du dir sicher, dass er uns helfen kann?“ „Anders weiß ich mir keinen Rat.“ Er streichelte Frigg über das Gesicht, die besorgt ihn ansah. „Ich werde nicht eher zurückkommen, bis ich einen Weg gefunden habe, unseren Sohn zu retten. Bis dahin, hüte Asgard und hoffe auf das Beste.“ Sie umarmten sich zum Abschied. „Pass gut auf dich auf, Odin. Möge das Licht unseres Sohnes und deine Weisheit dich zu deinem Ziel führen…“ „Mögen Asgards Mauern dich beschützen, meine Gemahlin…“ Inzwischen sind in der Menschenwelt ein paar Jahre ins Land gekommen. Brynhild hatte zwei kleine Kinder, ihre Tochter Aslaug und ihr Sohn Sigurd, benannt nach seinem berühmten Oheim. Aslaug, Sigurds Tochter, war ihrer Mutter sehr ähnlich und das war gut so. Gunnar dachte sie wäre seine Tochter und liebte sie sehr. Nur war auffällig, dass Aslaug sehr zutraulich mit Vögeln war, besonders mit Raben war, weshalb einige sie Kraka, Krähe, nannten. Brynhild meinte, dass diese Fähigkeit von Aslaugs Großvater Odin stammt, dessen Geleittiere Raben waren. Aber in Wirklichkeit war es von Sigurd, ihrem leiblichen Vater, der durch das Drachenblut ja die Fähigkeit erhalten hatte, die Sprache der Vögel zu verstehen. Schon sehr früh war sie ein wildes Kind und konnte ebenso früh gut Flöte spielen und alle lobten ihr musikalisches Talent. Es kam aber ein Krieg und, Sigurd und Gunnar verbündeten sich gegen die nahenden Sachsen und Dänen. Sigurd war mit Gudrun und seiner kleinen Tochter Swanhild an den Rhein, zu Gunnar gezogen um ihn im Krieg zu unterstützen. Gudrun erwartete ihr zweites Kind und natürlich hoffte man, dass es ein Sohn würde, deshalb sollte sie mit an den Burgundenhof, wo sie dicht bei ihren Mann ist. Der Krieg dauerte lang, aber Sigurd und Gunnar waren erfolgreich. Frohen Mutes verbrachten die beiden Familien die erste Zeit nach dem Krieg zusammen. Aslaug und Swanhild, natürlich unwissend, dass sie Schwestern sind, freundeten sich rasch an, was aber Gudrun missfiel. An einem schönen Frühlingstag saßen die beiden kleinen Mädchen im Hof und spielten ein Spiel mit bunten Kieselsteinchen. Sie lachten fröhlich. Gudrun, etwas schwerfällig wegen ihrem dicken, schwangeren Bauch, trat auf den Hof und sah die beiden Mädchen. „Swanhild!“, rief sie streng und kam auf die beiden zu. „Du sollst doch nicht mit Gesinde spielen!“ Dabei nahm sie Swanhild an die Hand. „Aber Mama… Wir spielen doch grade so schön…“ „Spiele doch drinnen mit deiner Puppe, die Papa dir gemacht hat, das ist doch viel lustiger. Komm…“ Swanhild warf Aslaug einen bedauernden Blick zu. Diese ließ den Kopf sinken. Immer war ihre Muhme gemein zu ihr und sie wusste nicht wieso. Etwas traurig ging sie zu ihrer Mutter, die in ihrer Kemenate saß und den kleinen Sigurd im Arm wiegte. „Aslaug. Ist irgendwas?“ „Muhme Gudrun will nicht, dass ich mit Swanhild spiele…“ „Oh… Will Swanhild auch nicht mit dir spielen?“ „Nein!!! Sie will mit mir spielen!! Wir sind Freundinnen!“ Brynhild lächelte und streichelte Aslaug über den Kopf. „Lass dir dass nicht einreden. Spiele ruhig weiter mit ihr, ich werde mit Gudrun ein ernstes Wörtchen reden.“ „Und wenn Muhme Gudrun böse wird?“, fragte das Kind ängstlich. „Hör mal: Dein Oheim Balder hat einen sehr guten Freund, deinen Oheim Loki. Die beiden spielten immer mit einander als sie so klein waren wie du, auch wenn Großmutter Frigg es nicht mochte. Doch sie hielten zusammen und sind bis heute die besten Freunde. Also lass es dir nicht ausreden, nimm dir deine Oheime als Vorbilder.“ Aslaug setzte sich auf den Boden und strahlte ihre Mutter an. „Erzähle mir bitte eine Geschichte aus Asgard!“ „Mir auch!“ Swanhild kam grade rein und setzte sich neben Aslaug. Brynhild lächelte. „Na gut, welche Geschichte möchtet ihr hören?“ „Den Fleisch-Ess-Wettbewerb, den Oheim Balder gewonnen hat!“ „…jaaa... “, quäkte Klein-Sigurd, er konnte noch nicht richtig sprechen. „Die Geschichte kenne ich noch nicht!“, meinte Swanhild. „Bitte, erzähl sie Muhme Brynhild!!!“ „Ja, bitte Mama!!!“ „Na gut, dann fange ich an…“ Es war früh am Morgen, als Brynhild und Gudrun zum Fluss gingen um sich zu waschen. Högni stand in einiger Entfernung um sie zu bewachen. Sie zogen sich die Kleider aus und stiegen in die Fluten des Rheins. Als Brynhild begann ihre Haare nass zu machen, watete Gudrun, trotz ihres gesegneten Zustandes, tiefer in den Strom rein. „Gudrun! Gehe nicht soweit raus! Sonst nimmt die Strömung dich noch mit!“ „Ich brauche deine Ratschläge nicht.“, antwortete Gudrun keck und watete weiter. „Jetzt bleib doch stehen! Soweit muss du nicht raus!“ „Aber weit genug um nicht mit dem Wasser beschmutzt zu werden, dass schon auf deiner Haut gewesen war.“ Brynhild wollte zunächst nicht glauben was Gudrun sagte. „Was soll das jetzt schon wieder?!“ „Eine edle Dame muss sorgsam auf ihren Ruf achten. Also bleibe schön an der Stelle, wo du grade bist.“, meinte Gudrun hochmütig und begann sich zu waschen. Das konnte Brynhild nicht auf sich sitzen lassen und watete zu ihr. „Willst du damit sagen, ich bin keine Edeldame? Ich bin ebenso eine Königin wie du und wir beide sind mit Königen verheiratet!“ „Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst da bleiben wo du bist?“, fragte Gudrun, stattdessen und wollte weiter gehen. Brynhild hielt sie an der Schulter. „Beantworte meine Frage, Gudrun!!“ Sie schlug ihre Hand weg. „Fass mich nicht an, Ehrlose!“ „Wie hast du mich grade genannt?! Ehrlose?!“ Gudrun grinste. „Genau das bist du doch, ehrlos. Hat dein Vater dich nicht aus Asgard verbannt und dich zum Menschen gemacht?“ „Ey… Ich hatte Mist gebaut damals und Vater hat mich deswegen bestraft, das hat aber nichts damit zu tun!“ „Wirklich? Haben deine Brüder nicht versucht es zu verhindern? Hast du ihnen überhaupt was bedeutet?“ Brynhild wurde wütend. „Du kennst meine Brüder nicht!!! Sie lieben mich noch immer…“ „Haben sie dich auch besucht? Meine Brüder hätten es getan und bestimmt hätten sie mich zurückgeholt und um Gnade für mich gebeten.“ „Selbst Balders Bitte hatte meine Verbannung nicht verhindern können, aber Thor hatte mich besucht bevor ich Gunnar geheiratet hatte.“ „Weißt du was? Das glaube ich dir nicht! Ich glaube eher, du bist deiner Familie egal.“ „Bin ich nicht!“, zischte Brynhild. „Und höre auf so über mich zu reden, was bildest du dir eigentlich ein? Dass du was Besseres bist als ich?!“ „Ich behaupte es nicht, ich bin es… Da hilft selbst dein göttliches Blut nicht. Wenn man mit so einem schwachen Mann wie Gunnar verheiratet ist, verdient eigentlich nur Mitleid.“ Das war genug, Brynhild packte Gudrun und drehte sie zu sich und sah ihr bitterböse ins Gesicht. „Hör zu!! Ich war nicht scharf darauf in Gunnars Bett zu landen, aber so redet man nicht über den eigenen Bruder!!! Eine Edeldame ist man auch durch Respekt und Bescheidenheit, was dir offensichtlich mangelt!!“ „Du nennst dich edel? Dabei war es nicht mal Gunnar, der dich bezwungen hat.“ Brynhild schwieg erschüttert. „Es war mein Sigurd, der dich bezwungen hat, in Gunnars Verkleidung. Gunnar hatte es nicht einmal gewagt in die Nähe des Feuers zu kommen. Der Ring des Nibelungen an meinem Finger ist der Beweis, den er dir abgenommen hat. Da siehst du was für ein Mann an deiner Seite ist und wer von uns die Bessere ist. Also wer schuldet hier wen Respekt?“ Brynhild zitterte, sie hatte es geahnt und Gudrun hatte es in ihrer Überheblichkeit gestanden. Sigurd hatte sie nicht nur verlassen, sondern auch noch betrogen und somit auch Gunnar. Sie wollte schon weinen, als Gudrun etwas tiefer im Fluss zu ihr rüber rief: „Ach ja, halte bitte deine Bälger von meiner Swanhild fern, sie verdient besseres.“ „Willst du jetzt auch noch meine Kinder beleidigen?!!!! Sie haben dir nichts getan und haben keine Ahnung von all den ganzen!!“ „Halte sie einfach von Swanhild fern, das ist alles…“ Brynhild war so wütend, am liebsten hätte sie Gudruns Kopf gepackt und ins Wasser getunkt bis sie aufgehört hätte zu schreien. „Du… du Miststück…“ „Grämt Euch nicht, Herrin“ Brynhild erschrak und hielt sich mit ihren Armen ihre Blöße zu. Es war aber Högni, der noch finsterer drein blickte als sonst. „Sie war schon als Kind aufsässig, aber jetzt durch ihre Ehe mit Sigurd ist es schlimmer geworden. Ich werde es Eurem Gemahl berichten, wenn ihr es wünscht.“ „Nein, das mache ich! Sonst denkt er noch es ist Weibertratsch.“ „Ihr könnt Euch meiner Loyalität sicher sein, Odinsdottír… das schwöre ich Euch…“ Brynhild sah Högni an. „Danke…“ Später als sie wieder zu Hofe kamen, kam Sigurd Högni und den Frauen entgegen. Sofort trat Gudrun zu Sigurd und ließ sich herzlich von ihm küssen. Brynhild versetzte solche Szenen immer wieder einen Stich, ihr geliebter Sigurd der eine andere küsst und sie konnte offenbar nichts tun um das zu ändern. „Brynhild, liebe Schwägerin! Lass dich auch drücken!“, sprach Sigurd auf einmal breit grinsend und trat mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Brynhild stockte und konnte nichts sagen. Wieder war sie den Tränen nah. Bevor Sigurd aber Brynhild umarmen konnte, zog Gudrun ihn weg. „Du brauchst nicht, so herzlich zu ihr sein! Du bist was Besseres!“, giftete sie. „Aber Gudrun, darf ich nicht freundlich zu deines Bruders Frau sein?“ „Sie und Gunnar verdienen es nicht, du bist der Edlere und musst nicht deine Manieren an ihnen verschwenden. Du bist ja der Herr des Nibelungenhortes und Bezwinger des Fafnir, Heldentaten von denen Gunnar nur träumen kann. Gehen wir, geliebter Gemahl…“ Verwirrt folgte Sigurd seiner Frau. Brynhild bebte vor Zorn, auch Högni war leicht aufgebracht. „Das war eine offene Beleidigung gegenüber unseren König. Sowas gehört bestraft.“ Brynhild antwortete nicht, sondern ließ ihren Tränen freien Lauf. „Wenn Mutter noch leben würde, würde sie Gudrun zurecht weisen.“ „Högni, wir müssen zu Gunnar…“, sagte Brynhild, mit erstickter Stimme. Dieser nickte. „Meine Schwester hat so geredet?!“, fragte Gunnar entsetzt. „Ja das hat sie. Sie hat auch unsere Kinder beleidigt und gesagt ich solle sie von ihrem Kind fern halten.“ „Ich kann alles bezeugen, Gunnar. Gudrun ist hochmütig geworden und stellt deine Macht in Frage.“, fügte Högni hinzu. „Das glaube ich nicht!!!! Wie kann Gudrun nur! Ich habe sie immer gut behandelt und lieb gehabt und so bedankt sie sich bei mir!!!“ Gunnar schritt empört und verstört in seinem Gemach auf und ab. Brynhild stand nur da, hinter ihr Högni, beide kalt und stumm wie Stein. „Daran ist Sigurd schuld. Ich verfluche den Tag als er zu uns kam! Gudrun würde bestimmt sogar wollen, dass Sigurd Herr der Burgunden wird… Sigurd muss sterben!!“ Das schockierte alle im Raum. „Ohne ihn wird Gudrun merken wie machtlos sie eigentlich ist, dass es Sigurd und ich waren, die sie zu dem machten was sie jetzt ist! Das soll Gudrun eine Lehre sein und jedem klar machen, dass niemand die Macht des Königs in Frage stellen sollte! Außerdem würde dann uns der Nibelungenhort gehören.“ „Darum geht’s dir Gunnar?“, fragte Högni. „Du willst Sigurd sein Gold?“ „Nein, ich will meine Ehre wieder herstellen…“ „Du hast aber Blutsbrüderschaft mit ihm geschlossen. Du würdest deine Ehre bei Sigurds Ermordung ebenso verlieren, wie auch wenn du Gudrun was tust.“ Gunnar stöhnte frustriert, er hatte das grade vollkommen vergessen. „Ich werde es tun…“, sagte Högni, ohne seine finstere Miene zu verziehen. „Ich bin nicht sein Blutsbruder. Aber wir müssen herausfinden, wie wir ihn verwunden können. Darin ist er dem Gott Balder ähnlich…“ Brynhild lachte auf einmal eiskalt und fast psychotisch. „Sigurd… ist nicht mein Bruder Balder… Auch der hat eine Schwachstelle, nur ist diese weniger offensichtlich als bei Sigurd.“ „Was?! Kennst du Sigurds Schwachstelle?“ „Gudrun hat es mir erzählt… Zwischen seinen Schulterblättern war beim Bad im Drachenblut ein Blatt hingefallen, so dass das Blut seine Haut da nicht benetzte… Dort ist er verwundbar… Als wenn man meinen Bruder mit einer Mistel treffen würde…“ Dass Gudrun es ihr erzählt hatte war gelogen, doch Brynhild war so wütend und verletzt, dass sie bereit war Sigurds Tod zu unterstützen, auch um Gudrun leiden zu sehen. Die Männer waren perplex über ihre Aussage, waren aber erleichtert darüber jetzt alles zu wissen was sie brauchten. Und so schmiedeten die drei einen Plan. Thor hatte in Asgard etwas gewartet als sein Vater abgereist war um sicher zu sein, dass er in aller Ruhe und unbemerkt von Odin seinen Plan ausführen konnte. Nämlich Sigurd zu töten und so die Schmach, die er seiner Schwester angetan hatte, zu rächen. Endlich war der günstige Zeitpunkt nah und Thor machte sich mit seinem Hammer auf den Weg. „Wo willst du hin?“ Balder hatte bemerkt, dass Thor gehen wollte und wollte ihn aufhalten. „Bleib stehen! Lass es, Thor!“ „Lass mich in Ruh, Balder! Was lange galt wird endlich gut…“ Ein Feuerball schoss Thor vor die Füße und er blieb kurzzeitig stehen. Loki stand neben Balder und blickte den Freund ebenso streng an. „Mach keinen Scheiß, Thor! Das bringt uns allen Ärger!!“ „Vater ist nicht da, er wird nichts merken, also wird es nicht so schlimm werden…“ „Thor, bitte…“ Beide hielten Thor fest, auch wenn dieser stärker war als die beiden. „Brynhild wirst du damit nicht glücklich machen!“ „Soll ich meine Schwester ungerächt lassen? Niemals!! Lasst mich jetzt los!!“ „Nein, werden wir nicht!“ Ein Blitz traf Loki der ihn lähmte, so dass er ihn losließ und auf dem Allerwertesten landete. „Loki!!“ Balder ließ Thor los und kam zu Loki, der sich aber mit großer Anstrengung wieder aufgerappelt hatte. „Balder, geh zu Brynhild. Versuche sie darauf vorzubereiten! Ich werde versuchen Thor aufzuhalten!“ Balder wollte widersprechen, gehorchte dann aber Loki und machte sich ebenfalls auf den Weg. Gudrun war grade dabei, den monatlichen Trank für Sigurd vorzubereiten. Als sie aber in seine Kammer ging, war dieser nicht mehr da. „Sigurd?!“ „Sucht ihr Euren Gemahl, Herrin?“, fragte der grade vorbeigehende Kammerdiener. „Ja, wo ist er?!“ „Er ist ganz früh, mit Euren Brüdern, Gunnar und Högni zur Jagd aufgebrochen.“ „WAAAAASSSSS???!!!!“ Gudrun geriet fast in Panik. „Herrin, beruhigt Euch. Denkt an euer Kind, in Euch!“ „Du musst zu ihm! Bring ihm diesen Trunk hier! Aber ganz schnell!!!“ „Wieso, Herrin?“ „Frag nicht! Geh jetzt oder ich lasse dich auspeitschen!!“ Der Kammerdiener gehorchte, füllte den Inhalt des Bechers in eine kleine Tonflasche und machte sich rasch auf den Weg in den Wald. Thor fand die Jagdgemeinschaft und versteckte sich auf einem Baum. Er musste nur noch warten bis Sigurd sich von der Gruppe trennt, dann würde er zuschlagen. Loki fand Thor und setzte sich zu ihm. „Hör auf damit, Thor! Das bringt dir nicht!!“ „Stör mich nicht, Loki. Ich muss den richtigen Augenblick erwischen.“ „Habt ihr das gehört?“, meldete sich einer der Jäger und die beiden jungen Götter versteckten sich tiefer im Geäst des Baumes. „Ich dachte ich hätte Stimmen gehört… Muss mich geirrt haben…“ „Verdammt, Loki“, zischte Thor leise. „Wegen dir hätten sie uns gehört!“ „Wie? Soll ich jetzt schuld daran sein?!“ „Ich hab Durst…“, meldete sich ein blonder Jägersmann. „Das ist Sigurd…“, entwich es Loki ungewollt seinen Lippen und Thor umklammerte den Griff seines Hammers fester. „Dahinten gibt es eine Quelle, nicht weit von hier.“, meldete sich ein anderer mit hellbraunen Haaren. „Gut, ich habe mein Trinkhorn zu Hause liegen lassen.“, antwortete Sigurd und ging in die angedeutete Richtung. Thor und Loki folgten, verborgen in den Ästen, ebenso am Boden, der braunhaarige und ein schwarzhaariger. Brynhild saß in ihrer Kemenate, auf ihrem Stuhl und weinte leise. Sie hatte mit Gunnar und Högni den Plan geschmiedet, dass Sigurd im Wald getötet werden sollte und es wie ein Überfall einiger verstreuter Sachsen-Rebellen aussehen sollte, die nach dem Krieg noch aktiv waren. Sie vergrub vor Gram ihr Gesicht in ihren Händen und merkte nicht wie jemand durchs offene Fenster zu ihr schwebte. „Brynhild…“, erklang eine sanfte und vertraute Stimme. Sie hob den Kopf und erkannte Balder, der vor ihr stand. „Balder… ich habe was ganz schlimmes getan…“ „Brynhild… ich wollte sagen…“ „Ich habe Sigurds Schwachstelle verraten… und gleich wird er durch Högnis und Gunnars Hand sterben…“ „Brynhild, eigentlich wollte ich dir sagen… Thor ist in den Wäldern… er will Sigurd töten…“ „Was?! Thor?!“ Brynhild stand vom Stuhl auf und packte Balder an der Kleidung. „Du musst ihn aufhalten!!! Ich will nicht dass Sigurd durch Thors Hand stirbt!! Nicht durch die Hand meines über alles geliebten Bruders…“ „Ich habe es versucht… Loki versucht es auch, du weißt aber wie Thor ist… Er ist wütend wegen deines Schicksals und will dich rächen…“ „Damit handelt er so ähnlich wie ich damals, wo ich noch Walküre war… Balder, bitte halte ihn auf… Du und Loki seid die einzigen die auf ihn hören…“ „Diesen Plan hegt er schon lange und will ihn durchführen… Er hört nicht auf mich oder Loki… Er hat Loki sogar mit einem Blitz getroffen, als wir versuchten ihn zu stoppen…“ Brynhild brach schluchzend zusammen. „Loki… bitte sei erfolgreich… mir ist es lieber Sigurd stirbt durch Menschenhand als durch Thors Hand…“ Balder nahm die Schwester in den Arm, auch ihm war zum Weinen zu mute. Sigurd erreichte die Quelle. Als er sich zum Trinken drüber beugte, lauerte Thor bereits im Baum, Gunnar und Högni im Dickicht. „Zum letzten Mal, Thor! Lass den Scheiß!!“, flüsterte Loki. „Nein, jetzt! Das ist die Gelegenheit! Jetzt gibt es kein zurück!“ Loki griff auf einmal nach Thors Hammer und versuchte ihn weg zu ziehen. „He, lass das Loki!“ Der Hammer sprühte schon Funken und lud sich auf. „Erst wenn du davon ablässt!!“ Die beiden Freunde zogen am Hammer hin und her. „Lass Mjöllnir los! Der Blitz der sich grad entwickelt wird dich zerreißen!!“ „Erst wenn du aufhörst, dann lass ich los.“ Unterdessen am Boden, trank Sigurd einen Schluck aus der Quelle, als sein Kopf anfing zu pochen. Stöhnend hielt er sich den Kopf, Gunnar und Högni die ihm auflauerten wunderten sich, während über ihnen Thor und Loki sich um den Hammer stritten. Als Sigurd zu sich kam, blickte er sich verwundert um. „Wo bin ich?! Was mache ich hier? Brynhild… meine liebste Brynhild, ich muss schnell zu ihr…“ „Meineid!!! Meineid!!“, schrie Gunnar, packte Högnis Speer und stürmte aus dem Versteck. Im selben Augenblick konnte Thor Loki seinen Hammer entreißen und der Blitz darin entlud sich dabei schlagartig. Brynhild und Balder hörten in der Ferne den Donnerschlag. „Nein…“ „Thor…“ Brynhild klagte laut und schluchzend. „Loki hat es nicht geschafft… Das tut mir so schrecklich leid, Brynhild…“ Er hielt sie noch fester im Arm, Brynhild war aber untröstlich. „Verdammt, Thor!! Willst du den Wald abfackeln!!“ Der Blitz war anders als erwartet in einen Baum eingeschlagen und brannte, Loki löschte die Flammen mit seinen Kräften. Thor aber starrte entgeistert zu Boden, wo Sigurd den Speer im Rücken hatte. Er konnte nicht mehr vor Schmerz schreien und spuckte Blut. Er drehte sich um und sah den zornesgeröteten Gunnar und den erbleichten Högni hinter ihm. „Wer… wer seid ihr… warum…“ „Willst du uns jetzt auch noch den Dummkopf vorspielen?! Ich bin dein Schwager Gunnar Gjukason, Brynhilds Ehemann!!!“ „Ehemann… aber ich und Brynhild… sind…“ „Du solltest sie in meinem Namen im Kampf bezwingen und freien!!! Erdreistet du dich etwa nicht nur meine Schwester sondern auch noch Brynhild besessen zu haben, du Eidbrüchiger?!!!“ Sigurd knickte zusammen. „Brynhild…“, sagte er mit Tränen in den Augen. „…Ich… liebe dich…“ Mit diesen Worten hauchte er sein Leben aus. Thor und Loki hatten es auch gehört. „Gunnar…“, keuchte Högni. „Was hast du getan?!“ „Meineid gerächt… du hast ihn doch gehört… er begehrte Brynhild!!! Bestimmt hatte er sie nach dem Kampf…“ „Gunnar! Du hast deinen Blutsbruder ermordet! Eigentlich sollte ich es, um deiner Ehre Willen tun!“ Gunnar zitterte nur. „Sogar die Götter zürnen, hast du nicht den Blitzschlag gehört?“ „Das ist mir jetzt egal… alles ist mir jetzt egal…“ Auf einmal kam der Kammerdiener, den Gudrun wegen des Trankes geschickt hatte und schrie vor Entsetzten auf als er Sigurds Leiche sah. „Ich… habe versagt… ich habe Brynhild nicht rächen können…“, flüsterte Thor, von sich selber enttäuscht. „Ich bin froh, dass es nicht dazu gekommen ist.“, sagte Loki, ernst aber auch erleichtert. „Brynhild wird aber trotzdem nicht froh darüber sein, aber wenigstens muss sie dich nicht hassen oder du dich vor dem Zorn deines Vaters fürchten.“ Thor schnaubte nur zornig und schwebte davon. „Geh ruhig… Ich gehe zu Brynhild um nach ihr zu sehen…“ Wenig später kam Loki durchs Fenster in Brynhilds Kemenate, wo Balder sie immer noch tröstend im Arm hält. „Sigurd ist tot…“ „Wir wissen es… wir haben beide den Donner gehört…“ „… das tut mir echt Leid, Prinzessin, was da vorhin passiert ist, aber…“ „Ist schon gut…“, wimmerte Brynhild. „Du hast es wenigstens versucht und dafür danke ich dir…“ „Tja, eigentlich ist das so…“, wollte Loki widersprechen, als es auf einmal sacht an der Tür klopfte und eine helle, zarte Stimme rief: „Mama!“ „Aslaug…“, keuchte Brynhild als sie die Stimme erkannte. „Wer?“, fragte Balder. „Mei… Meine Tochter…“ Loki ging zur Tür. „Loki! Bitte nicht! Du erschreckst sie noch, sie ist Fremde nicht gewöhnt!!“ Doch er hatte bereits die Tür geöffnet und sein Blick fällt sofort auf das kleine braunhaarige Mädchen vor ihm. Aslaug blickte verdutzt auf, schrie spitz und landete vor Schreck auf ihrem Hintern. „Na Holla…“, lachte er. „Mama! Wer ist der fremde Mann?!“, rief Aslaug, bemerkte dann aber den zweiten, platinblonden Fremden der bei ihrer Mutter hockte. Grinsend hob Loki das Kind auf die Füße. „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich sehe vielleicht so aus, aber ich fresse keine kleinen Kinder. Besonders nicht wenn sie so niedlich sind wie du.“ Dabei klopfte er ihr den Staub von der Kleidung. „Wer sind die beiden, Mama?!“, fragte Aslaug etwas energischer. „Deine Oheime Balder und Loki“ Loki wandte verwirrt den Kopf. „Sagtest du grade, „Oheim Loki“?“ „Na ja, Oheim ehrenhalber…“, antwortet Brynhild, während Balder leicht darüber lachte. „Du bist wirklich Oheim Loki?!“, fragte Aslaug, während sie ihm an der Hose zupfte und ihre Augen vor Aufregung strahlten. Loki sah wieder zu dem kleinen Mädchen hinunter, das ihm grad bis zum Knie reichte. „Ähm… wenn deine Mama das sagt, dann wird es wohl…“ Die Kleine jauchzte und umklammerte seine Beine. Sie lachte laut vor Freude. Brynhild war erleichtert darüber, dass Aslaug sich so über den unerwarteten Besuch freute. „Oh toll!!! Du siehst genauso aus wie ich mich dich vorgestellt habe!! Ich wusste, dass ihr kommt!!! Ich habe ganz fest dran geglaubt!!!“ „Also…das freut mich…“, lachte Loki, tief gerührt und löste das Mädchen von seinen Beinen. „Schön dich kennen zu lernen, kleine Prinzessin…“ „Oheim Balder!!!“, rief Aslaug, kaum dass sie von Lokis Beinen los war und stürmte auf Balder zu, der sich zu ihr nieder kniete und sie freundlich lächelnd mit offenen Armen empfing. „Hallo Aslaug!“, lachte er fröhlich, während er sie fest drückte. „Tja, da hat sich wohl dein Wunsch erfüllt, Balder. Du wolltest doch eine Nichte haben.“, sagte Loki und lächelte froh. „Wirklich? Er wollte im Ernst eine Nichte?“, fragte Brynhild und wischte sich ihre Tränen weg. „Ja“, meinte Balder. „Und sie ist echt wunderhübsch geworden!“ „Du bist aber auch sehr hübsch, Oheim!“, rief Aslaug. „Danke… “ Er setzte sie sanft wieder auf dem Boden ab. „Aber… wo ist Oheim Thor?“, fragte Aslaug und blickte in die Runde. Alle schwiegen, bevor Loki das Wort ergriff. „Er ist beschäftig. Er muss deinem Opa Odin, in Asgard helfen.“ „Ganz genau, aber wir werden ihn irgendwann einmal mitnehmen, damit du ihn auch mal kennen lernst. Fest versprochen.“, fügte Balder hinzu und tippte Aslaug neckisch mit den Finger auf die Nasenspitze. „Na gut…“, sprach Aslaug schmollend, bis sie bemerkte wie nass das Gesicht ihrer Mutter war. „Mama? Hast du etwa geweint?“ „Ja… aber nur weil ich mich so sehr gefreut habe deine Oheime zusehen…“, antwortete Brynhild beruhigend lächelnd. „Ach so…“ „He, kleine Prinzessin, guck mal!“, meldete sich Loki und ließ lustig, bunte Flammen über seine Handfläche tanzen, bevor er sie zu einer Blüte aus Flammen zusammensetzte und er sie leise zu farbigen Funken verpuffen ließ. Aslaug lachte und klatschte begeistert. Brynhild war Loki und Balder dankbar, dass sie Aslaug von ihrer Trauer ablenkten. Viel später würde sie wohl oder übel, aber von Sigurds Tod erfahren, aber wenigstens hätte sie vorher Spaß und Freude gehabt. „Kannst du noch mehr so tolle Feuerspiele, Oheim Loki?“ „Natürlich! Balder kann aber auch tolle Lichtspiele!“ „Machst du mir irgendwann ein Schattentheater, Oheim Balder?!“ „Natürlich, eine Kleinigkeit. Und dann erzähle ich dir dabei die Abenteuer deiner Mama als sie noch Walküre war.“ „SUPER!!!“ „Wir müssen aber bald wieder los, Asgard wartet auf uns.“, mahnte Loki, leicht und Balder nickte bedauernd. „Ach schade…Oh… ähm… Mama. Ich wollte dich eigentlich fragen ob ich mit Swanhild spielen darf? Sie wartet bestimmt im schon Hof, sie wollte mit mir ein neues Spiel ausprobieren.“ „Natürlich, aber nur bis es dunkel wird!“ „Ja Mama!“ Aslaug drehte sich um und wollte grade gehen als ihr noch was einfiel. „Oh Entschuldige… Auf Wiedersehen, Oheim Balder und Oheim Loki!“ „Mach‘s gut, kleine Prinzessin und viel Spaß.“ Dabei zwinkerte Loki dem Kind verschmitzt zu. „Auf Wiedersehen, Aslaug. Wir sehen uns ganz bestimmt wieder.“ Balder winkte fröhlich dem kleinen Mädchen noch zu. Laut lachend stürmte sie raus in den Hof, um Swanhild von ihrer Begegnung ihrer göttlichen Oheime zu erzählen. Kaum war Aslaug wieder draußen, kippte Brynhilds Stimmung zurück in tiefe Trauer. „Ein niedliches Kind.“, schwärmte Balder stolz. „Ja, das hast du super hingekriegt, Prinzessin!“ „Nur dass sie jetzt durch Thors Hand eine Halbwaise geworden ist…“ „Was?“ „Aslaug… ist Sigurds Tochter…“ „Wie denn das?“ „War sie nicht das Kind, von dem Thor erzählt hat, bevor…“ „Ja… ich war bereits mit Aslaug schwanger, bevor ich mit Gunnar verheiratet wurde… Er denkt sie ist sein Fleisch und Blut und Aslaug denkt, umgekehrt, auch so… Mit der Geburt von meinem Sohn, habe ich meine Pflicht gegenüber Gunnar erfüllt und so hätte er eigentlich keinen Grund sie zu hassen, wenn er es erfährt…“ „Ach… was ich die ganze Zeit sagen wollte! Thor hat Sigurd nicht erwischt.“ Brynhild blickte Loki überrascht an. „Wirklich?“ „Der Blitz ging daneben. Dein Mann… ähmm… dieser Gunnar er hat Sigurd mit einem Speer erstochen.“ Brynhild fiel ein Stein vom Herzen, wo aber noch dutzend andere liegen. „…Gut… wenigstens etwas…“ „Es wird alles wieder gut, Schwester…“ „Nein Balder, nichts wird so wie früher sein…“ Ihr Blick war finster und trüb. Gunnar und Högni kamen zurück, mit dem Kammerdiener und der Leiche Sigurds, die auf einem Karren lag. Gudrun sah von ihrem Fenster aus, was da unten vor sich ging und wäre fast vor Schreck in Ohnmacht gefallen. Etwas später wurde Sigurds Leiche im Saal aufgebahrt. Gunnar, Högni, Brynhild und auch Gudrun waren darum versammelt und jeder zeigte auf seine Weise seine Trauer. „Wie konnte es nur passieren?“, fragte Gudrun, oft unterbrochen von ihren eigenen Schluchzern. „Er… wurde ermordet…“, antwortete Högni, betrübt. Gunnar wurde bleich, während er Brynhild im Arm hielt. „Ermordet… Wer…?“ Högni seufzte leise. „Ich war es…“, antwortete Högni bevor Gunnar es konnte. Dieser starrte erstaunt seinen Halbbruder an. „Ich bin nicht stolz drauf, aber er hat die Strafe für Meineid und Majestätsbeleidigung gekriegt, die sich auch durch deinen Hochmut ausgedrückt hat, Gudrun!“ „Ich soll mitschuldig sein?!“ Dann fiel ihr Blick auf Brynhild. „Du… Du hast sie dazu angestiftet!!! Du verlogene Schlampe!! Du hast mir Sigurd nicht gegönnt und ihm nach dem Leben getrachtet!!!“ „Wirklich? Du hattest gewonnen, musstest aber weiter auf den Verlieren rumtrampeln, die schon kapituliert haben. Dich für was Besseres halten und jeden Respekt vor deiner Familie verlieren…“ Gudrun lachte verächtlich. „Das glaube ich dir nicht! Du wolltest Sigurd für dich, aber ich hatte ihn für mich gewonnen! Ich war die einzigste die er liebte und die er treu war…“ „Aslaug ist Sigurds Tochter!!!!“, brüllte Brynhild laut rein um Gudruns Wortschwall auf zu halten. Alle starrten sie entsetzt an, besonders Gunnar. „Was hast du gesagt?! Dann hat Sigurd nach dem Kampf doch mit dir…?! “ „Ich trug sie bereits im Schoß als Sigurd mit mir gekämpft hatte und bevor ich deine Frau wurde… Es tut mir leid Gunnar, dass du es auf die Art erfahren musstest, aber Sigurd war lange bevor er zu euch kam, bei mir gewesen, er war es auch der mich erweckte. Wir hatten uns geliebt… sehr geliebt…“ „Das… das… das ist gelogen!“, keuchte Gudrun, man konnte ihre steigende Verzweiflung in der Stimme hören. Sie umklammerte Sigurds Kopf, wie ihren kostbarsten Besitz. „Er hatte dich nie im Leben so geliebt, wie er mich…“ Verächtlich schnaubte Högni und schubste Gudrun mit leichtem Druck weg. „Wer ist hier die Lügnerin, Gudrun?!! Du und Mutter, die Götter mögen sie für ihre Taten verfluchen, habt Sigurd mit einem Trank verhext!“ Die Nachricht war noch bestürzender für das Burgunden-Königspaar. Besonders für Brynhild. „Was redest du da, Högni?! Ich habe gar nix gemacht!“ „Du hast einen Kammerdiener uns hinterher geschickt, damit er Sigurd etwas zum Trinken brachte! Ich fragte ihn warum er Sigurd es bringen wollte, er sagte er habe keine Ahnung aber er würde ausgepeitscht wenn er es nicht tue. Als habe ich danach in deiner Kemenate nach Hinweisen gesucht und fand einen Beutel, den Mutter genäht hatte, ich würde ihre Näharbeiten überall wieder erkennen… Darin waren zermahlene Kräuter und ein Zettel der die Wirkung des Trankes verriet!“ Gudrun war ganz bleich geworden, aber trotzig widersprach sie ihrem Halbbruder: „Und?“ „Mutter hatte dir geraten Sigurd das Zeug zu geben, richtig?! Nur um Ruhm und Reichtum durch ihn zu erlangen!!“, mischte sich jetzt Gunnar ein und zeigte drohend mit den Finger auf Gudrun. „Willst du leugnen, Gudrun Gjukasdottír?!“ Gudrun zitterte, noch nie war sie so von ihren Brüdern angeschrien wurden. Sie fühlte sich in die Ecke gedrängt. „Und wenn schon… Sigurd hätte mich bestimmt auch ohne Trank lieben gelernt…“ „Das hatte dir nichts genützt! Die Wirkung des Trankes hatte nachgelassen und er hatte sein Gedächtnis wiedererlangt! Mit seinen letzten Atemzug, bekundete er seine Liebe zu Brynhild…“ Brynhild taumelte als sie das vernahm und stützte sich gegen die Bahre auf der Sigurd lag. Sigurd hatte sie also immer geliebt, war aber unter Drogen gewesen? Jetzt hatte sie ihn endgültig verloren und war sogar mit schuldig. Gudrun war stumm und senkte langsam den Kopf. Sigurd hatte sie auf zweifache Weise verloren. An den Tod und an Brynhild. Die Tür öffnete sich und zwei Zofen mit den Kindern traten herein. Swanhild und Aslaug starrten erstarrt auf den aufgebahrten Sigurd. „PAPA!!!!“, rief Swanhild und stürmte hin. „Was ist mit dir, Papa?! Sag doch was!! Wach doch auf, Papa!!!“ „Swanhild…“, sprach Gunnar leise auf das Kind ein. „Dein Papa… ist tot…“ „NEIN!!!! Papa ist nicht tot!!! Er schläft nur!!! Oder Mama?! Papa wird wieder aufwachen… Ganz bestimmt…“ Dabei klammerte sie sich an das Kleid ihrer Mutter und weinte herzzerreißend. Gudrun konnte nichts machen außer Swanhild den Kopf streicheln. Sie hatte nicht die Kraft etwas zu sagen. „Oheim Sigurd…“, sprach Aslaug leise und betrachtete den Toten fassungslos. Dieses Bild brach Gunnar das Herz. Dieses Kind, wovon er gedacht hatte es wäre sein, stand jetzt vor seinem leiblichen Vater, den er sogar mit eigenen Händen getötet hatte. Ihm war auf einmal schlecht. „Papa…“ Aslaug kam zu Gunnar und klammerte sich an ihn. Gunnar hob sie auf den Arm. Er konnte nicht, er konnte dieses kleine unschuldige Kind einfach nicht hassen, das ihn grade Papa nannte und von seiner geliebten Frau stammte. Er konnte und wollte es nicht. „Oheim Sigurd ist wirklich tot?“ „Ja…“, sagte Gunnar leise und streichelte sacht ihr Haar. Sie weinte. „Aber warum… warum ist er tot?“ „Weißt du… Ein Keiler hatte ihn während der Jagd von hinten angegriffen und schwer verletzt.“ Er konnte ihr nicht die Wahrheit sagen, es wäre zu schrecklich. Brynhild sah zu Gunnar und Aslaug. Sie fühlte sich schuldig, nicht nur Swanhild sondern auch Aslaug hatte sie den Vater genommen. Ihr Kind hätte somit eine Mörderin als Mutter, so dachte sie. Die Fackeln waren schon längst verloschen als Brynhild wieder in den Saal ging, zu Sigurd. Etwas Mondlicht von draußen fiel auf seine leblose, kalte Gestalt. Morgen würde er bestattet werden, das wusste sie. Sie streichelte ihm über das Haar. „Oh Sigurd… Wie konnte das alles nur passieren? Wie konnte ich nur so dumm sein? Es ist alles meine Schuld… Hätte ich nur nicht deine Schwachstelle verraten… Hätte ich dich damals nicht gehen gelassen… Hättest du mich nie erweckt… Hätte ich nur Vater damals gehorcht… Wäre ich niemals Walküre geworden… das alles wäre nie passiert…“ Sie umarmte zärtlich seinen Kopf und küsste seine kalte Stirn. „Einen König sollte ich den Tod bringen, ihn schirmte ich… Den anderen König den ich schirmen sollte, schickte ich in den Tod… dich… Aber solche Fehler werde ich nie wieder machen… Geliebter Sigurd… ich werde dir ins Totenreich folgen… Meine Kinder sollen nicht eine Mörderin als Mutter haben… Und ich habe bereits alles verloren… Nichts hält mich mehr zurück… Warte auf mich, Liebster…“ Ein letztes Mal streichelte sie seinen Kopf und verließ leise die Halle. Auf dem Gang traf sie eine stämmige Gestalt mit kurzem, grünem Haar. Es war Thor, der sie mitleidsvoll und schuldbewusst ansah. Sie stürmte einfach nur auf ihn zu und umarmte ihn, so wie früher als sie Kinder waren. Dabei weinte sie laut. „Es tut mir so unendlich leid, Brynhild… ich konnte dich nicht rächen…“ „Gib dir nicht die Schuld, großer Bruder… ich trage Schuld an alle dem…“ Thor ließ sie los und starrte sie an. Müde lächelte sie nur, müde aber nicht wegen der Nacht. „Hätte ich niemals Vaters Befehl missachtet, währe Sigurd noch am Leben und glücklich… Aber ich werde nie wieder Fehler machen… Ich danke dir, Thor, dass ich dich noch einmal sehen konnte…“ „Was?“ „Lebwohl…“ Und Brynhild ging an Thor vorbei. Sie begann leise, ein trauriges Lied zu singen. Thor kannte es. Es war ein Klagelied der Walküren, das sie sangen, wenn eine Kameradrin im Kampf gefallen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)