Schädliche Kurzgeschichten von ElCidIV (Wie gut, dass wir hier alle anonym sind) ================================================================================ Kapitel 3: Anglerlatein ----------------------- Ich zog aus um zu angeln. Das war an sich nichts Neues, doch fiel mir diesmal erst als ich am Rheinufer saß auf, dass ich meine Köder vergessen hatte. Ich durchforstete verzweifelt die unendlichen Tiefen meines Rucksacks, da ich den ganzen Weg nicht zurücklaufen wollte und wurde nach einiger Zeit schließlich fündig. Ganz unten am Boden befand sich ein altes Stück Käse. Ich befestigte es am Haken und ließ es ins Wasser, begierig darauf wartend, dass ein paar tote Ratten anbissen. Es dauerte auch nicht lange, bis etwas anbiss. Ich zog die Beute raus und staunte nicht schlecht, als eine tote Katze am Haken hing. (Sie musste tot sein, denn lebendige Katzen bissen für gewöhnlich nicht an, wenn man mit altem Käse angelt.) Die tote Katze bedankte sich für den Käse und versicherte mir, ich hätte nun drei Wünsche frei. Dann sprang sie zurück ins Wasser. Ich fand es überaus lästig und über alle Maßen unverschämt, mir für den Käse auch noch drei Wünsche aufzuschwatzen. Bei irgendjemandem würde ich mich dafür beschweren, ich wusste nur noch nicht, bei wem. Als ich die Severinstraße hoch ging fiel mein Blick auf das Express-Gebäude. Just in diesem Augenblick trat mich die Muse mit Schmackes in den Arsch. Ich würde mich bei den Medien beschweren gehen. Ja, das kannte man ja bereits aus den Talkshows. Wenn einem etwas nicht passte, musste man es nur in den Medien herumkrakeelen um zu einer Lösung zu gelangen. Und wenn man keine Lösung fand – auch gut – dann war man damit wenigstens ein paar Leuten auf den Sack gegangen. Sollte ich einfach beim Kölner Stadtanzeiger reinschneien? Nein, ich würde denen so einen richtig fiesen Brief schicken. Ich schrieb also die ganze Story auf, druckte sie aus und steckte sie in den Umschlag, den ich an den Kölner Stadtanzeiger adressierte. Damit der Brief auch ja schön gelesen wurde, klebte ich ein paar Hello Kitty Sticker drauf. So würden sie denken, ein Kind hätte ihn geschrieben und in dem Fall mussten sie ihn lesen. Dass sie die Story mit der toten Katze erwarten würde, konnten sie nicht ahnen. Ein wenig taten sie mir dafür sogar leid. Darum malte ich den Hello Kittys Kreuzchenaugen, um sie metaphorisch auf das Ereignis vorzubereiten. Hämisch in mich hineingrinsend trug ich den Brief zur Post – an jeder Ecke abwechselnd in den Händen und auf der Nasenspitze balancierend. Als die Leute mich deshalb für einen Seehund hielten und mit Fischköpfen bewarfen, bellte ich ihnen wüste Beschimpfungen nach und klatschte erbost mit den Flossen. Endlich erreichte ich die Postfiliale. Wortlos nahm man den Brief und das Porto in Empfang und finstere Gedanken beschlichen mich. Was war, wenn der Brief verloren ging, oder noch schlimmer, den falschen Ort erreichte? Was war, wenn er in die Hände von afrikanischen Piraten gelangte? Sie würden meine Wohnung stürmen, alles nieder schießen und dann mit ihrem Schiff die ganze Straße kaputtsegeln. Außerdem würde die Zeitung meinen Brief nicht erhalten, also schickte ich ihnen sicherheitshalber (ich glaube nicht das afrikanische Piraten das Internet manipulieren) eine Mail. Wenige Tage später erhielt ich einen Anruf. Sie würden meine Beschwerde drucken, so hieß es. Ich wartete mehrere Tage und trank aus Langeweile so viel Cola, dass ich jedem einen bösen Blick schickte, der mir ein Mentos anbot. Dann war es endlich so weit. Erwartungsvoll schlug ich die Zeitung auf und fraß dabei Knäcke mit Rübenkraut. Doch dann verging mit schlagartig der Appetit. Sie hatten meine Beschwerde total durch den Kakao gezogen. Angewidert warf ich mein Krautknäcke aus dem Fenster und traf die schielende Nachbarskatze, die mit dem an der Flanke klebenden Knäcke das Weite suchte. Nein, so ging das nicht. Ich schnappte mir abermals die Angel. Dann packte ich mir noch alten Käse ein und ging an den Rhein. Es dauerte nicht lange bis die tote Katze wieder an der Angel hing. Ich stellte sie zur Rede wegen der Wünsche und ehe wir uns versahen, beschimpften wir uns gegenseitig. Ich zog dabei den Kürzeren, weil die Katze aus dem Mund nach faulen Algen stank, so dass ich kurzzeitig ins Koma fiel. Dann fiel plötzlich das Thema, was die Katze denn den ganzen Tag machte, während ich für mein sauer verdientes HartzIV anstehen musste. Die Katze selbst behauptete, sie habe ihren eigenen Brezelstand (was ich ihr natürlich nicht abkaufte) doch träume sie von ihrem eigenen Musiksender. Ich lud die Katze auf die Rheinterrassen ein und forderte sie auf, mir von ihrem Traum zu erzählen. Insgeheim hegte ich natürlich nur den Hintergedanken mich über sie lustig zu machen. Doch nach einiger Zeit teilte ich ihren Traum. Die Katze und ich beschlossen eine Firma zu gründen. Wir hatten zwar keine Ahnung, was wir verkaufen sollten, aber Hauptsache es war teuer. Außerdem waren wir dermaßen rotzebreit, dass wir auch Luft in Dosen verkauft hätten. Ich nickte mit der Stirn auf dem bierverschmierten Tisch ein. In meinen Träumen befand ich mich in wirren Firmenkonferenzen. Am meisten fuchste mich daran, dass die Katze und ich im Partnerlook auftraten. Wir trugen beide geschniegelte Anzüge und italienische Designerschuhe. Während die Katze gestikulierend am Flipboard auf und ab ging, tropfte es aus ihren nassen Klamotten. Aus meinen auch, denn Partnerlook heißt entweder ganz oder gar nicht. Doch die Katz wies hier und dorthin und spritzte alles voll mit Rheinwasser. Als sie während einer heißblütigen Rede einen Arm hochriss, tat es ein schleimiges Matschgeräusch und einer von den feinen Pinkeln hatte eine Alge quer über der Visage kleben. Eine nasse Spur zog sich durch das ganze Büro. Ich hätte ohne weiteres in die Hose pinkeln können, es wäre keinem Schwein aufgefallen. Im Grunde wäre es auch nicht schlimm gewesen, wenn ich mich vollgeschissen hätte, denn die Katze roch stark verwest. Ich auch, wegen dem Partnerlook. Als ich erwachte, war ich wirklich nass. Irgendwelche Idioten hatten mich mit Bier überschüttet. Mit war schwindelig. Ich tastete auf dem Tisch herum, fand einen Aschenbecher und trank ihn auf Ex. Diese verdammte Katze hatte die Zeche geprellt und ich musste für alles zahlen – auch für das Bier das über mich ausgeschüttet wurde und der leergesoffene Aschenbecher. Meine Eingeweide wollten sich dringlich vom Alkohol scheiden. Ich fragte mich, ob ich das Ganze noch bezahlen müsste, wenn ich es einfach auf der örtlichen Toilette zurücklassen würde. Nein, natürlich nicht. Trotzdem kotzte ich ihnen nach dem Verlassen des Lokals zur Sicherheit noch einmal durchs Fenster. Ich traf einen Stammgast direkt in den Nacken. Und da soll noch einer sagen, dass Alkohol das Zielvermögen beeinträchtigt. Das war ja wohl ein glatter Blattschuss. Das wollte ich auf jeden Fall weiterhin versuchen. Auf dem Heimweg kotzte ich in vier Briefkästen. Des Weiteren erwischte ich zwei Hunde, vier vorbeifahrende Autos und die schielende Katze mit dem Knäcke in der Flanke. Zu Hause war mein Magen dann so leer, dass ich mir zwei Tiefkühlpizzen nahm, mit Nutella bestrich, zusammenklappte und in die Mikrowelle schmiss. Während ich darauf wartete, dass die Pizza schön matschig wurde, durchstöberte ich den Kühlschrank weiter. Und ich fand wieder alten Käse. Er war zu hart um ihn über die Pizza zu reiben. Und aus dem Fenster wollte ich ihn auch nicht werfen, sonst würde ich sowieso nur wieder die schielende Nachbarskatze treffen. Ich fraß die Pizza während ich im Bett lag und nachdachte. Am nächsten Morgen hatte ich auch schon einen Plan geschmiedet. Ich holte den ollen Käse unter meinem Kopfkissen hervor und machte mich auf den Weg zum Rhein. Ich befestigte zunächst den Käse am Angelhaken. Dann stopfte ich mir den Käse samt Haken in den Mund und warf die Angelrute in den Rhein. Es dauerte nicht lange, bis die Katze die Rute ergriff und mich ins Wasser zog. Ein wenig verdutzt sah sie drein, als sie mich samt Haken im Mund am anderen Ende der Angel erblickte. Ich gratulierte ihr. Sie hatte mich vom Land ins Wasser gezogen und somit drei Wünsche frei. Da ich aber von ihr noch drei Wünsche frei hatte, waren wir somit quitt. Und von da ging ich einer neuen Beschäftigung nach. Ich lief mit Angelhaken im Mund durch die Stadt und schleifte die Angel hinter mir her. Und wer so dumm war und sich die Angelrute griff, musste damit rechnen, mit drei Wünschen belästigt zu werden. Dann musste der Betreffende dann ebenfalls mit einer Angel im Mund durch die Gegend laufen, bis ihn jemand erlöste. Bald musste man unterwegs ganz schön aufpassen, dass man nicht über die Angelschnüre stolperte. Denn die ganze Stadt war voll von Verfluchten. Aber das war mir da schon egal. Ich verließ das Haus, in dem ich so lange gelebt hatte und zog mit der Rheinkatze aus um mit ihr eine Garagenband zu gründen. Diese war nun übrigens mit der schielenden Nachbarskatze zusammen. Zusammen haben sie mittlerweile acht Junge bekommen. Diejenigen von ihnen, die nicht schielten, hatten einen Minizwieback an der Flanke kleben. -Fin- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)