Trugbilder von nyma (Facetten einer Feindschaft) ================================================================================ Prolog: "Am Ende bist du es, der mich Tod sehen will." ------------------------------------------------------   Disclaimer: Alles was der zauberhaften Harry-Potter-Welt entstammt, findet seinen Ursprung in den Ideen von JK Rowling. Ich habe nicht vor mich an ihrem Gedankengut zu bereichern.   **************************************************************************************************************************   Harry Potter lag auf einem gemütlichen Kissenberg und starrte hinüber zu dem Bogenfenster, das ihn die Wipfel der Bäume des Verbotenen Waldes erkennen ließ. Ein rötlicher Streifen durch zog den Nachthimmel und zeugte von dem nahenden Morgen. Mit dem Kopf auf seiner Brust schlief Draco Malfoy den Schlaf der Gerechten. Ein Lächeln, unsicher und verwundert, umspielte Harrys Lippen, als er auf den Blondschopf niedersah. Zärtlich und wie von selbst strichen seine Fingerspitzen über den schmalen Nacken des Slytherin-Jungen. Alles hatte mit einigen Gehässigkeiten begonnen. Anzügliche Witze. Freche Zeilen auf zerknittertem Pergament. Schließlich ein harscher Wortwechsel, eine Herausforderung zu einem Duell der besonderen Art. Und dieses unerträgliche Flattern im Magen des Gryffindors. Draco rekelte sich in Harrys Armen und erwachte, doch er blieb liegen – den Kopf an Harrys Brust. Er malte mit einem Finger kleine Kreise auf Harrys Brust und griff dann ein wenig zögerlich nach der Hand des anderen. „Ich weiß, dass du Recht hast, Harry.“ Der Blonde wandte den Kopf und suchte den Blick seines Mitschülers. „Es ist mir wichtig, dass du es weißt. Du bist kein Spinner, Harry. Auch wenn ich wünschte, dass du einer wärst. Es wäre leichter, dich einfach zu hassen. Aber eigentlich…“ Draco schüttelte den Kopf und wandte das Gesicht ab – doch sein Griff um Harrys Hand verstärkte sich. „Der Dunkle Lord ist zurück. Und ich… ich bin so reinblütig, wie man es eben nur sein kann und gerade deshalb habe ich es nicht nötig, einen widerlichen Halbblut wie Voldemort in den Arsch zu kriechen! Ich… Um das Ansehen der wirklichen, der reinen Zauberer zu wahren, muss dieser Verrückte ausgeschaltet werden, aber… Ich bin nicht bereit ohne den Schutz meiner Familie… allein…. zu…zu sterben. Ich… Mein Vater ist vollkommen verblendet, aber er… er ist der Einzige der mich schützen kann. Wenn ich mich von ihm abwende… bin ich tot!“   „Wir können dich schützen, Draco. Der Orden, Dumbledore…“, begann Harry verwirrt, weil er nicht recht verstanden hatte, was Malfoy versucht hatte ihm zu sagen. Doch Draco unterbrach ihn hämisch lachend.   „Nein, nein, das könnt ihr nicht. Sie haben bereits… ich muss… Sie treffen bereits Vorbereitungen und ich… werde… meine Rolle spielen und…“, doch dann unterbrach der Blonde sich und schüttelte energisch den Kopf. „Es bleibt alles beim Alten, Potter. Und nun müssen wir endlich unsere Ärsche hochkriegen, bevor…“   Unwirsch schob Harry in von sich und richtete sich auf. „War es das nun?“ Er starrte Draco mit gerunzelter Stirn und funkelnden Augen an.   Der Slytherin war aufgestanden und hatte mit einem lässigen Accio seine Kleidung zu sich kommen lassen. „Es wird sich nichts ändern, Potter. Wir haben uns nicht hier getroffen, um einander die ewige Treue zu schwören und anderen sentimentalen Unsinn. Wir wollten einfach nur ficken und das haben wir!“ Harry ließ sich zurück sinken und rief sich die vergangene Nacht ins Gedächtnis.   Der Abend zuvor…   Ein Zittern, das nicht nur von der kühlen Luft herrührte, die seinen bloßen Körper umgab, machte sich in den Gliedmaßen des dunkelhaarigen Jungen breit. Der karge Raum mit den steinernen Wänden, wurde lediglich vom leichten Flackern der schweren, weißen Kerzen in den Wandhalterungen, erhellt. Unsicher was sie als nächstes tun würden, blickte der junge Mann mit der blitzförmigen Narbe hinüber zu seinem Feind und nächtlichen Gespielen.   Wieder einmal fragte Harry sich, wie er sich in diese, absolut verrückte Situation katapultiert hatte und wie schon dutzende Male zuvor, glitt sein Blick nur hinüber zu dem Körper des anderen. Sie musterten einander nun schon seit einiger Zeit, ohne dass einer von ihnen sich auch nur einen Millimeter auf den anderen zu bewegt hätte.   Beinahe wäre Harry erschrocken zusammengezuckt, als Draco Malfoy ihn leise ansprach.   „Frierst du, Potter?“ Die Stimme des Blonden klang bei weitem nicht so schneidend und abweisend, wie es sonst die Regel war. Doch Harry schallt sich einen Dummkopf, das wäre in dieser Situation wohl auch kaum angemessen, sie würden sich in den nächsten Stunden schließlich nicht duellieren.   Der unbändige Drang laut aufzulachen, stieg in dem Gryffindor auf, doch er gluckste nur leise und bewegte den Kopf unschlüssig hin und her. „Nein… Ja, nun ich…“   „Wir sind im Raum der Wünsche… Wünsch dir halt, dass es wärmer wird, oder… Komm zur Sache!“, nun klang Draco doch ein wenig ungeduldig.   Nur ein Wimpernzucken später, öffnete sich lautlos eine Öffnung in einer der massiven Wände und ein hübscher Kamin mit floralen Verzierungen erschien direkt neben den beiden nackten jungen Männern.   Malfoy lachte und betrachtete Harry mit einem fragenden Blick und hochgezogenen Augenbrauen. „Du willst die romantische Tour, Potti?“   Harry rollte mit den Augen. „Wenn du mich noch einmal Potti nennst, treffen wir uns Morgenabend hier zum Duell!“   Draco verschränkte lässig die Hände vor der nackten Brust. „Und heute? Ist es kein Duell?“   „Nein! Dein verfluchtes Erstes Mal, Malfoy!“ Der Dunkelhaarige beobachtete zufrieden, wie der Adamsapfel des Blonden auf und ab hüpfte und dieser sich verstohlen auf die Innenseite seiner Unterlippe biss.   Doch die Unsicherheit verschwand im nächsten Moment aus den silbrigen Augen des Slytherins. Ein winziges Lächeln kräuselte Dracos Oberlippe, als er auf Harry zu ging und nah… verdammt nah vor ihm stehen blieb. „Es wird nicht nur mein Erstes Mal. Also, warum willst du dich an mir versuchen?“   „Besser ich versaue es mit Dir, als wenn ich vor… egal… vor irgendwem anders dastehe wie der letzte Idiot. Teenagerhormone sind scheiße!“, entgegnete Harry trocken und fuhr sich, unbeabsichtigt, lasziv über die Lippen, was Dracos Blick fesselte und dessen Adamsapfel erneut zum Hüpfen brachte.   „Sie sind was sie sind und… sie machen dich geil. So geil, dass du ein Rohr kriegst, wenn ich dir nackt gegenüberstehe! Und dabei mögen wir uns nicht einmal!“ Malfoy streckte seine Hand aus und ließ sie über Harrys Bauch gleiten. Es steckte mehr Neugierde dahinter, als das unbedingte Bedürfnis den anderen zu berühren. Als Draco spürte, wie sich Harrys Bauchmuskeln unter seinen Fingern anspannten und sich dessen Atmung leicht beschleunigte, empfand er ein wohliges Kribbeln in seinen Lenden. Sein halberigiertes Glied streckte sich ein wenig - nicht minder Neugierig, als sein Herr.   Dracos Finger verspielten sich in der dunklen Linie aus wirrem, widerspenstigem Haar, das sich von Harrys Schoß bis zu seinem Bauchnabel zog.   „Das ist irgendwie… sexy, Potter.“ Die Stimme des Slytherins erklang einige Nuancen tiefer, eine Spur rauchig.   Harry erschauderte leicht und folgte Malfoys Spiel mit seinem Blick. Als er den Kopf hob fand er sich Aug in Aug mit seinem Gespielen wieder. Die leicht geöffneten Lippen des Blonden wirkten einladend und… Ohne weitere Gedanken zu verschwenden, wollte Harry seine Lippen auf die von Malfoy pressen, doch dieser hatte dieselbe Idee, den gleichen ungestümen Tatendrang, und so stießen sie heftig mit den Nasen zusammen.   Harry keuchte leise und blinzelte, während Malfoy losfluchte. „Verdammter Anfänger! Hast du sowas schon einmal gemacht? Halt jetzt bloß still“, fügte er zischend hinzu und streckte die Hände nach dem Dunkelhaarigen aus.   Entschlossen legten sich erst Malfoys Hände an Harrys Gesicht, dann seine Lippen auf dessen Mund. Ein wenig linkisch und unbedarft wirkten diese ersten Sekunden ihres Kusses. Harrys Körper hatte sich versteift, automatisch hatte der Gryffindor eine abwehrende Haltung angenommen, als sich die Hände seines Erzfeindes nach ihm ausgestreckt hatten. Doch… dieser Geschmack nach… einer süßen, verlockenden Note… unbändiger Energie und…   Harry drängte sich unwillkürlich gegen Malfoy. Das Verlangen diesen Kuss zu intensivieren, sein Ende hinauszuzögern, überrollte ihn mit einer unglaublichen Macht. Die Flammen im Kamin züngelten hoch und der zuvor dämmrige Schein der Kerzen erhellte sich und tauchte den Raum in ein gleißendes, goldenes Licht.   Als sich ihre Erektionen berührten, verspürten beide jungen Männer für den Bruchteil einer Sekunde das Bedürfnis sich zurückzuziehen, doch es schien ihnen unmöglich. Vielmehr wollten sie diesen unfassbaren Gefühlstaumel auskosten und ihn erleben, mit allen ihren Sinnen.   Sacht begannen sie sich miteinander zu bewegen. Beinahe sanft und ohne die Hände von Harry zu lösen, zog Malfoy sich zurück. Atemlos legte er seine Stirn an die des Dunkelhaarigen und schloss für einen Moment die Augen. Überrascht von dieser Geste, die so viel intimer war als jeder Kuss und jede sonstige Berührung, blinzelte Harry leicht.   „Mal- Draco?“   „Ich… ich will dich sehen und anfassen, Goldjunge“, brummelte Draco, während seine Hände an Harrys Seiten hinabglitten und er sich langsam von dem Gryffindor löste. Wieder spannten sich Harrys Muskeln unter Dracos Finger an, so sehr, dass er fürchtete einen Krampf zu bekommen, doch er konnte sich nicht entziehen und wollte es auch gar nicht.   Eine Hand des Blonden legte sich frech auf Harrys Hintern, während die andere sich Stück für Stück zu dessen Schoß neigte. Nur mit den Fingerspitzen strich Malfoy über die Erektion seines Mitschülers, die sich ihm vorwitzig entgegenstreckte.   Ein leises Wimmern entfuhr dem Dunkelhaarigen und er hielt sich beinahe krampfhaft an Dracos Schulter fest. Seine Knie wurden weicher, je länger der blonde Slytherin ihn liebkoste. Als die andere Hand seinen Hintern verließ und sich zu den verspielten Erkundungen an Harrys intimsten Bereich gesellte, schnappte er nach Luft. Vor seinen Augen zuckten kleine Blitze und ein vertrautes Ziehen machte sich in seinen Lenden breit.   „I-Ich…. Kann nicht län…“, stammelte der junge Potter keuchend und krümmte sich leicht vor, als Dracos vorwitzige Finger sich fest um seine Hoden schlossen. Seine Knie gaben nun endgültig nach, doch Harry landete nicht wie erwartet auf den harten, kalten Steinboden, sondern auf einem wunderbaren Berg aus Kissen und Decken, der auf einer wahren Matratzenlandschaft thronte.   Draco sank mit ihm auf den weichen Untergrund. Kurzerhand legte sich der blonde Slytherin auf Harry und verwickelte dessen Zunge in einen heißen Kampf, während ihre Hüften sich aneinander rieben.   Harry löste sich von Dracos frechem Mund und raunte atemlos: „Mach das noch mal!“   „Was genau?“, keuchte der Blonde und strich sich eine schweißnasse, silbrig glänzende Haarsträhne aus der Stirn.   „Deine Finger an… an meinen…“, stammelte Harry und erkannte das amüsierte und dennoch geile Grinsen auf Malfoys Gesicht.   „Ich soll dir die Eier kraulen?“   Der Dunkelhaarige runzelte verärgert die Stirn. „Spar die deinen Atem und mach es einfach, verdammt!“   Harrys noch verbliebene Blutreserven, die oberhalb seiner Gürtellinie auf ihren Einsatz gewartet hatten, rasten in südlichere Gefilde, als Dracos Finger erneut begannen, sich in Harrys Schoß zu verspielen. Der hochgewachsene Gryffindor verwandelte sich unter den vorwitzigen Fingern seines Gegenübers in ein wimmerndes, keuchendes und stöhnendes Häufchen.   Die Lippen des Dunkelhaarigen nahmen Dracos Mund hart und ungestüm in Beschlag. Es dauerte nicht lange, bis die Wogen der Lust über dem jungen Zauberer zusammen schlugen und sich in einem gewaltigen Crescendo aus Licht, Geräuschen und Atemlosigkeit Bahn brachen.   Harry presste sich an den muskulösen Körper Malfoys und genoss die starken Arme die ihn umfingen und hielten, bis auch die letzte Sturmböe seines Höhepunktes vergangen war.   Atemlos und verschwitzt löste er sich nach einer gefühlten Ewigkeit von Draco und schaute diesen unsicher an. Es war ihm erst jetzt bewusst geworden, vor wem er sich so hatte gehen lassen. Allerdings… er war ein Teenager und das hier, war das erste Mal, dass er durch die… Mithilfe eines anderen zum Höhepunkt gekommen war.   Harry ließ seinen Blick an Dracos Körper entlang gleiten und blieb an dessen Erektion hängen. Die samtene Spitze glänzte vor Lusttropfen und als er den Blick hob, erkannte er in Malfoys Augen eine stille Bitte, ein wages Hoffen auf Erlösung.   Langsam, noch immer ein wenig träge, begannen Harrys Hände den Körper des anderen zu erkunden. Behutsam strich er über die blasse, zarte Haut, reizte mit einem Daumen Malfoys Brustwarzen und kostete die eine oder andere Körperstelle mit seinem Mund. Dracos Geschmack überraschte ihn, fesselte ihn und schien ihn binnen Sekunden zu einem Süchtigen gemacht zu haben. Er wollte diesen wunderbaren Geschmack immer und immer wieder kosten und ließ sein Zunge über den schönen Körper gleiten.   Draco lehnte an einem bequemen Berg weicher Kissen und schwankte zwischen Ungeduld und Genuss. Als Potter mit seinem Kopf in immer tiefere Gefilde vordrang, beschleunigte sich die Atmung des jungen Malfoy und er legte mit einem grollenden Stöhnen den Kopf in den Nacken.   Zaghaft, beinahe schüchtern, berührte Harry mit seinen bebenden Händen Dracos imposante Erektion und umschloss diese mit einer Hand. Als er langsam mit seinem Mund die Spitze berührte, seine Lippen teilte und auch hier von dem betörenden Geschmack kostete, spürte er wie Dracos Körper anfing zu beben. Allein das sanfte Spiel von Harrys Zunge trieb den Blonden in ungeahnte Sphären.   Seit dem berauschenden Höhepunkt des Dunkelhaarigen, trieb der Slytherin auf einem Meer der Lust und in dem Moment, als Harrys weiche Lippen ihn umschlossen hatten, hatte der Sturm in ihm zu tosen begonnen. Er entlud sich so schnell und heftig, dass der weiße, klebrige Samen direkt in Potters Rachen spritzte.   Vollkommen überrumpelt riss der Dunkelhaarige den Kopf hoch, doch dann fing er sich und zog sein Gegenüber in seine Arme und hielt ihn, so wie dieser es zuvor mit ihm gemacht hatte. Leise murmelnd strich Harry über Dracos weiches Haar und genoss es, sein Gewicht auf sich zu spüren.       Bis zum Morgengrauen hatten die beiden Hogwartsschüler engumschlungen dagelegen, während unweit von ihnen, Dolores Umbridge darauf wartete, an diesem neuen Tag erneut ihr Gift verspritzen zu können. Sich die Fronten der einzelnen Häuser weiter verhärteten und Harry wieder und wieder als Lügner und Betrüger hingestellt werden würde. Und all das unter den Vorboten eines entsetzlichen Sturms. Und in Mitten dieser Ungewissheit, hatten Draco und Harry zueinander gefunden. Sie haben einander Wärme, Nähe und Halt gegeben, eine Illusion, die mit dem Morgenlied verblassen würde. Doch nein, sie hatten einander nicht einfach gefickt. Es war mehr, für Harry bedeutete es mehr als nur das.   „Aber wie… Wie soll ich… jetzt mit dir umgehen?“ Harry saß in einem Haufen Kissen und raufte sich die Haare, während Draco in seine Hose stieg.   Mit einem Seufzen ließ sich der Slytherin vor ihm nieder. „So wie immer.“ Ein Kuss. „Wir werden wieder zu Feinden werden.“ Eine Hand, liebevoll an Harrys Wange gelegt. „Wir werden uns einfach wieder hassen…“ Hände die sich ineinander verflochten. Ein gequälter Laut. Ein Kuss. „…uns das Leben schwer machen!“ Ein trauriger Blick aus blaugrauen Augen. „Und wenn ich das nicht will?“ Ein trauriges Lächeln. „Pssst“ Eine letzte Umarmung. Ein Kuss. „Versprich mir, dass du überleben wirst!“ „Versprich du es mir!“ „Am Ende wirst du es sein, der mich tot sehen will.“ „Nein, nie!“ Ein allerletzter Kuss. Und mit dem Morgen wurde die Nacht zu einer Illusion. Kapitel 1: Der Herr der Liebesqualen ------------------------------------ „...und vor mir stand der Herr der Liebesqualen, sein Blick entsetzte mich bis tief zum Grunde.“ (Dante Alighieri – La vita nuova) Halloween 1995 In dem hohlwangigen Gesicht des dunkelhaarigen Hexers wirkte dessen Hakennase überaus imposant. Seit dem Sommer hatte Severus Snape etwas von seiner Substanz verloren, dachte Lucius Malfoy, doch änderte dieser Umstand nichts an dessen eindrucksvoller Ausstrahlung. Er lehnte im Türrahmen zu den privaten Räumlichkeiten Snape's und musterte diesen still. Lucius wusste, dass Severus ihn längst bemerkt hatte und lächelte stumm. Er wurde nur sehr selten so stumpf ignoriert. Doch diese Dreistigkeit war ein Teil der Charakterzüge seines Gegenübers. Und genau diese Unverfrorenheit war es gewesen, die überhaupt dafür gesorgt hatte, dass er diesen schlaksigen Jungen in der heruntergekommenen Kleidung beachtet hatte. Dieses spitze Gesicht mit dem viel zu großen Riechorgan, versunken in tiefster Konzentration über dem angelaufenen Zinnkessel... „Was braust du da zusammen, Kleiner? Plappertrunk? Oder Amortentia? Wie man hört hast du ein Auge auf das Schlammblut Evans geworfen?“ Malfoy und seine Schatten Rabastan und Rodolphus Lestrange lachten amüsiert. Der jüngere Zauberschüler überging die spitze Bemerkung ungerührt. „Es ist eine Kombination aus Verwirrungselixier und Vergesslichkeitstrank – sofern Euch Eure ZAG's am Herzen liegen, solltet Ihr mich einfach in Ruhe lassen.“ Ein gehässiges Schmunzeln verzerrte das Gesicht des Snape-Jungen. „Dein Grinsen geht mir auf die Nerven, Malfoy. Ich habe dich nicht her gebeten!“, knurrte der Meister der Zaubertränke grimmig und griff, ohne von dem Pergament aufzusehen, das er gerade zu bewerten versuchte, nach einem Glas rauchigem Feuerwhisky. „Und dennoch bin ich da.“ Lucius stieß sich von der Tür ab und durchquerte das Zimmer, bis er vor dem eleganten Schreibtisch stand. Mit schräg gelegtem Kopf versuchte er den Text auf der Schriftrolle zu entziffern. „Oh weh... Aufsätze über Mondgestein. Draco's Jahrgang?“ Der Blonde umrundete den Schreibtisch und trat hinter Severus. Mit ungeahnter Sanftheit strich er mit seinen Fingerspitzen das strähnige, schwarze Haar zur Seite und ließ seine Finger über den bloßen Nacken seines Geliebten gleiten. „Leg die Feder zur Seite und entspanne für einen Moment deine Augen“, flüsterte Lucius und ließ seinen warmen Atem bewusst über die empfindliche Haut des anderen fließen. Doch Severus fügte sich nicht, sondern versteifte seine ohnehin schon angespannte Muskulatur nur noch mehr. „Nimm dir einen Drink und ein Buch – lass mich einfach arbeiten.“ Snapes Stimme klang erschöpft und rau. „Oder geh wieder.“ Lucius seufzte leise und drückte seine Lippen flüchtig auf Severus' Scheitel. „Nein, ich weiß was heute für ein Tag ist. Du solltest nicht alleine sein. Das hat dir noch nie gut getan.“ Der Professor stöhnte leise auf, schwieg jedoch und nahm einen weiteren Schluck aus dem edlen kristallenen Glas. Mit einem Schulterzucken wandte Lucius sich ab und trat an das ausladende Bücherregal heran. Seine Fingerspitzen glitten über diverse Buchrücken, bis er eine ansprechende Lektüre gefunden hatte. Wie angeboten, nahm er sich einen Drink – wählte jedoch einen blumigen Cognac, verschmähte den kräftigen Feuerwhisky – und setzte sich auf einen Sessel vor den Kamin. Die Wärme des Feuers traf wohlig auf Lucius Wangen. Der Blonde genoss die ungewohnte Untätigkeit und ließ seine Gedanken schweifen. Seine Eifersucht auf das Schlammblut-Mädchen war bereits vor Jahren verklungen und für gewöhnlich beanspruchte die Erinnerung an sie auch keinen Raum in ihrer geheimen Liason. Auch wenn Lucius sich durchaus bewusst war, dass die Reue seinen Geliebten noch immer fest in ihren Klauen hielt – Severus verschloss diese Gefühle hinter dicken Mauern tief in seinem Inneren. Doch allem Anschein nach, fühlte er sich dazu verpflichtet an Lily Evans Todestag, noch einmal alle Seelenqualen zu durchleiden und diese in reichlich Alkohol zu ertränken. Lucius wandte den Kopf, sodass er Severus Gesicht erkennen konnte. Er sah die kleine, steile Falte zwischen dessen Augenbrauen, die angespannten Züge um dessen Mund und wusste, dass der Dunkelhaarige sich im inneren Kampf selbst geißelte. „Es war zur Nacht und schon die vierte Stunde, da sah ich plötzlich Alles um mich strahlen und vor mir stand der Herr der Liebesqualen, sein Blick entsetzte mich bis tief zum Grunde. Erst schien er fröhlich. In der Hand, der einen, hielt er mein Herz; auf seinem Arm indessen schlief meine Herrin, blaß, in rotem Leinen. Er weckte sie, und ließ sie von dem kleinen und völlig glühenden Herzen schüchtern essen. Darauf entwich er mir mit lautem Weinen.“ Mit tadelnd hochgezogener Augenbraue blickte Severus auf. Seine Lippen zu einem verächtlichen Ausdruck gekräuselt. „Du beschäftigst dich mit Dante's La vita nuova. Wie tiefsinnig.“ Lucius schnalzte leise mit der Zunge. „Und so passend, findest du nicht?“ Der Blonde hätte sich besser auf die Zunge beißen sollen. An einem Tag wie diesem, lag die Toleranzgrenze seines Gegenübers im unterirdischen Bereich. So sehr er auch die kleinen verbalen Schlagabtäusche mit Severus liebte, so unangebracht war ein solcher in dieser Stunde. „Es tut mir leid, Severus. Es war nicht meine Absicht dich zu necken.“ Mit verkniffenem Gesichtsausdruck reinigte Snape seine Feder und ordnete die Unterlagen. Seine sonst so geschmeidigen Bewegungen waren eigentümlich eckig und ungeschickt. Was Lucius verriet, dass er schon einige Gläser Hochprozentigen intus hatte. Severus trank niemals über den Durst. Die kindlichen Erfahrungen mit einem alkoholsüchtigen Vater hatten ihn geprägt. Umso verheerender war dieses wiederkehrende Verhalten am Halloween-Abend. Langsam stemmte Severus sich von seinem Platz am Schreibtisch hoch und schritt mit unsicherem Gang hinüber zur Sitzecke. Bevor er Platz nahm, füllte er erneut sein Glas. Minutenlang saßen die beiden Männer schweigend dar und blickten in einträchtigem Schweigen in die tänzelnden Flammen. „Ich muss mit dir über deinen Sohn sprechen.“ Severus Stimme war äußerst leise und ernst. Lucius runzelte die Stirn und machte eine auffordernde Handbewegung. „Er scheint in deine Fußstapfen zu treten“, fuhr er mit einem grimmigen Lächeln fort und suchte Lucius Blick. „Ich halte es allerdings für ein kleineres Strohfeuer, das kontrolliert niederbrennen sollte.“ „Der Alkohol lässt dich philosophieren. Wie unterhaltsam. Doch womöglich könntest du deine Ausführungen noch ein wenig konkretisieren, mein Lieber? Inwiefern tritt Draco in meine Fußstapfen? Organisiert er ausschweifende Slytherin-Feste mit mit reichlich Feuerwhisky und Veritaserum?“ Snape schaubte. „Dann würde ich nicht mit dir darüber sprechen, sondern ihn beim ersten Frost ausschicken, um für mich nach Beinwell zu graben.“ Lucius nickte. „Eine sehr gut durchdachte Schikane. Aus dir wird also doch noch ein annehmbarer Pädagoge“, witzelte er mit deutlicher Ungeduld in der Stimme. Severus ging nicht darauf ein. „Draco hat am vergangenen Wochenende eine Nacht außerhalb des Schlafsaales verbracht.“ Ein süffisantes Grinsen stahl sich auf Lucius Gesicht. „Na sowas...“ „Spar dir dein Grinsen, Lucius. Es wird dir gleich vergehen. Es gibt nur einen weiteren Schüler, der in besagter Nacht ebenfalls nicht in seinem Bett gelegen hat und...“ „Oh, maskulin – jetzt verstehe ich, was genau du mit meinen Fußstapfen gemeint hast.“ Severus seufzte ungeduldig auf. „Wenn du mich noch einmal unterbrichst, wirst du die Beinwellwurzel für mich ausgraben, Lucius!“ Der Blonde grinste breit. „Ein Stell-dich-ein im Mondschein, Severus?! Wie romantisch.“ „Ich habe Draco erst im Morgengrauen auffinden können. Er hat den Raum der Wünsche verlassen – gemeinsam mit Potter.“ Lucius fühlte die Erkenntnis wie winzig kleine Eiswassertröpfchen in sein Bewusstsein perlen. „Welcher... Potter?“ Severus schnaubte erneut mürrisch und verdrehte die Augen. „Ich schlage vor, wir ignorieren dieses... kindische Verhalten fürs erste und...“ „Hast du völlig den Verstand verloren?“ Lucius war aufgesprungen und bebte vor Zorn. Severus hielt es nicht für nötig es ihm gleich zu tun. Er musterte den Blonden mit kühlem, aber bestimmendem Blick, sodass dieser sich schließlich genötigt fühlte sich wieder zu setzen. „Dürfte ich fortfahren, solange es die Wirkung des Alkohols noch erlaubt?“ Lucius machte eine zornige Handbewegung und presste die Kiefer fest aufeinander. „Ich behalte das im Auge. Sollte der Dunkle Lord nach Draco verlangen, werden wir Maßnahmen ergreifen müssen. In die Grundlagen der Okklumentik ist der Junge eingeführt?“, wollte Severus wissen, woraufhin Lucius nur knapp nickte. „Potter?“ Severus zuckte mit den Schultern. „Die Jugendliebe ist ein unschuldiges, aber sehr wider-spenstiges Ding, Lucius. Wir sollten ihm diese Erfahrung nicht nehmen. Draco hat ein Recht darauf – auch wenn seine Wahl geradezu töricht und nicht nachvollziehbar ist.“ „Merlin...“, hauchte Lucius nur leise und schüttelte den Kopf. „Hab ein Auge auf ihn, bitte, Severus.“ Zum ersten Mal an diesem Abend erkannt er den liebevollen Ausdruck in Severus Miene, die ihm allein vorbehalten war, und er seufzte tief, während er nach der Hand des anderen griff. Doch es waren nur Sekundenbruchteile gewesen, in denen Severus sich ihm offenbart hatte. Nur Wimpernschläge später, hatte der Meister der Zaubertränke seine Empfindungen wieder hinter dicken Mauern verborgen. „Hoffen wir für deinen Jungen, dass diese Erfahrung ihm mehr bringt, als tiefer, lebenslanger Schmerz.“ Lucius positive Stimmung war gekippt. In Gedanken malte er sich die schrecklichsten Szenarien aus. Sollte der Dunkle Lord tatsächlich etwas von Dracos Liason erfahren, dann würden die Konsequenzen weitaus schrecklicher ausfallen, als es vor Jahren für Lucius der Fall gewesen war. Abraxas Malfoy hatte seinen Sohn inflagranti in den Armen des mittellosen Halbblutes Snape erwischt und ihn windelweich geprügelt – tagelang hatte Lucius im Bett gelegen und kaum einen Finger rühren können. Einzig Severus' liebevolle, tröstende Zeilen, die ihn auf einem Pergament für magische Fernkommunikation erreicht hatten, brachten etwas Licht in diese finsteren Tage. Ein Malfoy verlustierte sich nicht unter seinem Stand – und schon gar nicht gleichgeschlechtlich. Doch die größere Sorge des Alten war es gewesen, dass die Familie Black davon Wind bekommen könnte und vom Heiratsvertrag zwischen Narzissa und Lucius zurücktreten würden. Zwar war dieser magische Vertrag bindend, doch es gab immer wieder Fälle, in denen triftige Gründe gefunden worden waren, diese geplanten Zusammenkünfte zu annullieren. Beinahe fünf Jahrelang hatte Lucius, nach dem handgreiflichen Tadel seines Vaters, auf Severus' Nähe verzichtet und war daran beinahe zu Grunde gegangen. Er schätzte Narzissa über alle Maßen und trug sie auf Händen, doch Severus Snape hatte ihn entsetzlich tief in seiner Seele berührt. Die alten Erinnerungen hatten Lucius Wohlbefinden betrübt. Mit einem schweren Seufzen wandte er sich Severus zu, wollte für einen Augenblick einfach seine Hand halten. Doch hatte der ungewohnte Alkoholkonsum in einem unbemerkten Moment seinen Tribut gefordert. Der dunkelhaarige Zauberer saß leicht nach vorne gebeugt da, die Ellenbogen auf die Knie gestützt und hielt die Augen geschlossen. Ein winziges Lächeln huschte über Lucius Gesicht, als er von seinem Platz am Feuer aufstand, um sich um Severus zu bemühen. Er strich ihm durch das strähnige Haar, welches sein hageres Gesicht wie ein Vorhang verdeckte. „Es ist Zeit für Dich, Severus.“ „Hmm?“,blinzelnd schaute der Angesprochene auf, kaum in der Lage die Augen offen zu halten. „Dein Bett ruft, mein Freund.“ Mit einem schiefen Grinsen versuchte Lucius Severus' Blick zu fesseln – mit wenig Erfolg. „Einen Neutralisierungstrank und einen für den traumlosen Schlaf?“ „Verträgt sich nicht...“, nuschelte Severus angestrengt. „Also einen Eimer ans Bett und den traumlosen-Schlaf-Trunk und morgen Früh etwas gegen die Vergiftungserscheinungen?“ „Mir geht es gut -der Eimer ist unnötig“, keuchte Severus, während er sich von Lucius auf die Beine helfen ließ. Der Blonde lachte leise. „Ja, noch...“ Es war kein ganz einfaches Unterfangen, den alkoholisierten Professor in sein Schlafgemach zu buxieren, doch es gelang ohne weitere Zwischenfälle. Dem Entkleiden eines alkoholisierten, beinahe besinnungslosen Mannes, fehlte jede Erotik – dennoch konnte Lucius sich einem gewissen Unterhaltungswert nicht verwehren. In Gedanken malte er sich aus, wie wohl die Schüler reagieren würden, wenn sich ihr Zaubertranklehrer, jemals vor ihren Augen so gehen lassen würde. Fürsorglich deckte Lucius seinen Geliebten zu und strich noch einmal mit seinen Fingerkuppen über dessen Unterarm. Morgen würden sie noch einmal über Draco sprechen müssen. Lucius war sich sicher, dass Severus Wege finden würde, um seine Sorgen zu zerstreuen. Kapitel 2: Unter dem Blick des Raben ------------------------------------ Hand in Hand mit dir weise ich die Welt in ihre Schranken. (Friedrich von Schiller)     Harry wollte nichts anderes, als sich verkriechen. Er war es leid Hermines prüfenden Blick auf sich zu spüren. Rons Bemerkungen darüber zu hören, dass er es doch endlich hätte lernen müssen, seinen Geist zu verschließen – es sei denn Snape manipuliere Harrys Bemühungen.   Gerade hatte Harry wieder eine Okklumentik-Stunde hinter sich gebracht und sich eine Schimpftirade seines Lehrers anhören müssen. Etwas hatte den dunkelhaarigen Gryffindor stutzen lassen. Snape hatte ihm vorgeworfen, durch sein Unwillen Okklumentik zu lernen, auch diejenigen zu gefährden, die er anscheinend liebte. Harry war sich sicher, dass Snape mit dieser Aussage nicht Hermine und Ron meinte – und auch nicht Sirius.   War es möglich, dass der Hauslehrer der Slytherins von seiner heimlichen Liebelei zu Draco Malfoy wußte? Sie hatten wirklich versucht einander aus dem Weg zu gehen, die gemeinsamen Stunden im Raum der Wünsche zu vergessen – doch es war unmöglich gewesen. Genauso, wie eine unsichtbare Macht Harrys Gedanken immer wieder in die Mysteriumsabteilung lockte, genauso zog es ihn in Malfoys Nähe. Die Stunden mit Draco waren derzeit sein einziger Lichtblick.   Gerade als Harry den siebten Stock erreicht hatte und auf den Wandteppich von Barnabas dem Bekloppten zuhielt, wurde aus dem dumpfen Schmerz hinter seiner Stirn, ein entsetzliches Reißen. Er umfasste seinen Kopf mit beiden Händen und musste hart an sich halten um nicht aufzuschreien. Ein irres Lachen dröhnte in seinem Kopf wieder und falsche Freude flutete seine Gedanken. Gerade als seine Knie nachzugeben drohten, legte sich ein Arm um seine Taille und zog ihn mit sich.   Der Kopfschmerz machte den Dunkelhaarigen beinahe blind, doch er wusste, dass es Draco war, der ihn aufrecht hielt.   „Leg dich hin, Potter“, murmelte der Slytherin mit leiser Stimme und zog Harry mit sich. Vollkommen ermattet lehnte er seinen Kopf an Dracos Brust und genoss dessen Finger, die durch sein zotteliges Haar fuhren und den dumpfen Kopfschmerz anscheinend vertreiben konnten.   „Voldemort hat richtig gute Laune...“, murmelte Harry mit schleppender Stimme. Er war so müde, so ausgelaugt.   Dracos Lippen berührten seine Stirn und als Harry den Blick hob, entdeckte er den besorgten Ausdruck in der Miene seines Freundes. Mit einem schiefen Lächeln strich Harry ihm über die Wange. „Guck nicht so. Nach den Stunden bei Snape ist es einfach immer etwas schlimmer. Das geht vorbei.“   „Warum schaffst du es nicht die Okklumentik anzuwenden, Harry? Es ist wirklich nicht so schwer. Ich lerne das seit meinem achten Geburtstag.“   Harry schaute Draco überrascht an. „Du beherrscht Okklumentik? Lernen das alle Slytherins?“   „Nein, nur die Todesser-Kinder.“ Dracos Miene bekam einen beinahe trotzigen Gesichtsausdruck.   „Wirklich?“   Draco zuckte mit den Schultern. „Es ist unter Schwarzmagiern ziemlich verbreitet sich benötigte Informationen einfach aus den Köpfen der Leute zu stehlen. Das erspart langes Herumgerede. Wenn man seine Familieninternas schützen möchte, bietet es sich an.“   Harry schüttelte den Kopf und ließ sich zurück in die Kissen sinken. Nachdenklich stierte er an die Decke. „Es ist wegen Snape. Er macht irgendwas... Ich weiß auch nicht. Ich glaube, er verhindert, dass es mir gelingt. Seit meinen Okklumentik-Stunden habe ich permanent Kopfschmerzen.“ Er fuhr sich mit einer Hand über die Stirn.   „Nein, das tut er ganz sicher nicht, Harry. Gib mir deine Hand!“, behutsam zog der Blonde die Hand seines Freundes zu sich. „Oh, wieder ein Date mit Umbridge gehabt?“   Harry brummelte einen zustimmenden Laut.   „Das erklärt, warum Professor Snape mir heute Abend einen Tiegel mit einer Salbe zugesteckt hat und mir riet sie mitzunehmen, wenn ich mich das nächste Mal Nachts außerhalb meines Bettes herumtreibe.“ Draco griff in die Tasche seines Umhanges.   „Schmeiß sie weg. Vermutlich wird mir die Hand abfallen, wenn ich sie benutze“, knurrte Harry mürrisch. „Hast du ihm von uns erzählt?“   Draco hielt abrupt inne, dann lachte er laut auf. „Manchmal glaube ich, dass er wirklich recht hat.“   Harry runzelte die Stirn und folgte mit dem Blick Dracos Finger, der die Heilpaste vorsichtig auf Harrys Handrücken verstrich.   „Womit?“   „Dass du Blöd bist“, entgegnete der Blonde mit schneidender Stimme.   „Oh, das...“ Es gab dieser Tage wohl kaum etwas, was den Dunkelhaarigen noch erzürnen konnte – es war schließlich alles schon einmal dagewesen.   „Er wendet Legilimentik bei dir an. Hast du das Prinzip davon verstanden?“ Draco fuhr sich mit einer Hand durch das blonde Haar. „Mir läge tatsächlich viel daran, dass du es endlich lernst! Ich habe wirklich keine Lust mir von meinem Lehrer auf den Schwanz glotzen zu lassen, nur weil mein Freund es nicht schafft diese Erinnerungen für sich zu behalten!“   Harry spürte wie ihm die Farbe in die Wangen schoß. „Oh...“, machte er leise und wirkte zerknirscht. „Oh man...“   „Doch noch beschissener wird die Situation, wenn Voldemort – da er ja seit Weihnachten weiß, dass er in deinem Kopf herumspazieren kann, wie er will – auch hiervon erfährt. Er wird uns benutzen. Er kennt deine Macken – wie alle anderen Menschen dieser Welt auch. Was würdest du wohl tun, wenn er mich gefangen hält und dir zeigt, dass er seine Spielchen mit mir treibt? Hm?“   Draco war von Harry abgerückt und musterte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. „Du scheinst der Einzige zu sein, der entweder nicht über genug Weitblick verfügt oder dem einfach ein Quäntchen Intelligenz fehlt!“   Das allerdings traf Harry genau da wo es weh tat. Mühsam rappelte er sich auf und wich vor Draco zurück. Sekundenland starrten die Jungen einander an, dann schüttelte Harry den Kopf und wandte sich ab. Mit hängenden Schultern schlich er hinüber zu einem Fenster. Er setzte sich halb auf die Fensterbank und lehnte seine Stirn gegen die kühle Fensterscheibe. „Ich wünschte, ich könnte einfach gehen...“, wisperte er mehr zu sich selbst, als zu Draco. Tatsächlich hatte er sich seit dem Sommer immer ausgemalt, wie es wohl wäre, einfach ein paar Sachen zusammen zu packen und gemeinsam mit Sirius zu verschwinden. Die Zaubererwelt war groß und es gab Orte, an denen man sich nicht mit Voldemort rumschlagen musste. Orte, an denen Sirius nicht als gemeingefährlicher Mörder galt. Orte, an denen sie einfach leben konnten.   Harry schloss die Augen und presste Zeigefinger und Daumen an seine Nasenwurzel.   „Und wo willst du hin?“, erklang Dracos Stimme leise und weich direkt an seinem Ohr.   „Ich weiß nicht. Aber ich...“ Er zuckte mit den Schultern und verspürte dieses Brennen hinter seinen Lidern, die Enge in seiner Kehle. Er schluckte diese Schwäche hinunter. „Warum wird jeder Schritt den ich tue - oder eben nicht - so hart gewertet? Ich meine, wenn ein normaler 15 Jähriger sich entschließt in irgendeinem Unterrichtsfach keine gute Leistung bringen zu wollen, tja, dann gibt es eine schlechte Note, Streit mit den Eltern, einen Rüffel der Lehrer. Ok. Doch bei mir... Egal was es ist. Wenn ich in irgendetwas schlecht bin, dann wirft mir sofort jemand vor, dass ich den Weltfrieden gefährde.“   Draco zog ihn sanft in seine Arme -niemals hätte Harry erwartet einmal so etwas bei einem Jungen seines Alters zu spüren. Es kam ihm so unwirklich vor – er in Draco Malfoys Armen. Trost finden bei seinem liebsten Feind. Noch nie hatte ihn jemand so berührt, so wertschätzend, so schützend.   „Bisschen überheblich heute, was? Ich glaube nicht, dass der Frieden der Zaubererwelt von deiner Note in Wahrsagen abhängt, Potter“, stichelte der Blonde mit liebevoll neckender Stimme. „Behaupte also nicht, dass egal was du tust, die Last der Welt auf deinen Schultern liegt! Und wenn du noch auffälliger Rebellieren willst, dann gäbe es auch noch die Pflege magischer Geschöpfe. Ich bin mir sicher, dass niemand zu schaden kommt, wenn du einen Knallrümpfigen Kröter zu Tode pflegst. So wichtig bist du nun auch nicht, Goldjunge!“   Harry lachte beinahe lautlos auf, doch er wurde sofort wieder ernst. „Ich würde dich niemals absichtlich in Gefahr bringen, Draco. Nie.“   „Dann weißt du, was du zu tun hast, oder?“   Harry seufzte leise, doch dann erhellte ein Gedanke seine Miene. „Bring du es mir bei! Ich meine, wenn du es doch angeblich mit der Muttermilch aufgesogen hast...“   Draco runzelte nachdenklich die Stirn. „Warum nicht... Versuchen wir es einfach.“   Er löste sich von Harry und ging durch den Raum. Der Gryffindor beobachtete, wie sein Freund zwei flache Kissen auf den dicken Teppich vor dem Kamin legte.   „Komm her, Goldjunge.“ Draco deutete auf die Kissen. „Schuhe aus, Umhang auch. Setz dich da hin. Ich habe jetzt keinen Plan oder sowas. Ich mache jetzt einfach das, was meine Mum mit mir gemacht hat, ok?“   Harry nickte und ließ sich auf eines der Kissen fallen - Draco ihm gegenüber.   Die Wärme des Kaminfeuers legte sich wie eine wohlige Decke um sie.   „Du musst deinen Körper schließen. Also, ich meine, setz dich am Besten im Schneidersitz hin und lege deine Hände ganz locker ineinander.“ Harry musterte den Blonden erstaunt. Vollkommen entspannt und locker, saß Draco ihm gegenüber, die Beine angewinkelt übereinander gelegt. Er schmunzelte mit diesem frechen Flackern im Blick. „Lotussitz, Potter. Braucht man etwas Übung für. Ein Gryffindor wie du sollte froh sein, wenn er sich nicht schon im Schneidersitz ne Zerrung holt.“   Harry grinste leicht, musste aber feststellen, dass Draco recht hatte.   „Einiger maßen bequem?“, hakte Draco nach.   „Ja, ist ok.“   „Gut, dann schließe die Augen und atme ein und aus. Konzentriere dich nur auf deinen Atem, auf nichts sonst. Wenn irgendwelche Gedanken auftauchen, lasse sie einfach wegziehen. Stell dir vor, du sitzt in einem leeren Raum, dein Atem ist der Lufthauch, der hindurchzieht und dich immer wieder berührt. Nichts sonst.“   Was bei Draco beinahe ein Automatismus war, schien für den Dunkelhaarigen tatsächlich Schwerstarbeit zu sein. Doch er bemühte sich, allem Anschein nach.   Während der Slytherin in meditativer Haltung dasaß und es genoss sich der Ruhe hinzugeben, beobachtete er seinen Freund. Immer wieder verspannten sich Harrys Schultern, bewegten sich seine Lippen, nur um dann doch für eine kurze Weile zurück zu finden in die Entspannung.   Dracos Blick glitt über Harrys Körper. Schön war er nicht, dieser linkische Knabenkörper. Und doch war er begehrenswert in seiner Unvollkommenheit. Die Hände waren wohl das Schönste an ihm. Es faszinierte Draco, wie sie sich bewegten – mit so einer unschuldigen Eleganz, derer Harry sich nicht bewusst war. Es war so typisch für die mutigen Löwen, dass sie ihre eigenen Ausstrahlung nicht empfinden konnten. Severus Snape nannte es herumstolzieren wie Gockel, doch das war es nicht. Gryffindors Zeichen war nicht umsonst der Löwe – Stolz und Übermut strahlte ihnen voraus. Nun gut, Longbottom vielleicht nicht – und auch Weasley war eher plump, aber einige wenige, zogen zurecht die Blicke der anderen auf sich.   Draco riss sich aus seinen Gedanken, als er feststellte, dass Harrys Atem sehr gleichmäßig und tief geworden war. Mit einem Grinsen beobachtete er, wie Morpheus seine Fühler ausstreckte und den Dunkelhaarigen zu umschlingen begann. Ganz langsam neigte Harrys Kopf sich vor, sanken seine Schultern herab und wandelte sich sein tiefer Atem in leises Schnarchen.   Mit einem Schlenker seines Zauberstabes, ließ Draco weitere Kissen erscheinen. Er zauberte eine Decke herbei und dirigierte Harry behutsam in eine liegende Position. Sanft nahm er ihm die Brille von der Nase und schmiegte sich an ihn. „Ich würde mit dir gehen, egal wohin...“, wisperte Draco und zog den schlafenden Harry sanft in seine Arme.   Keiner von ihnen bemerkte den Raben, der auf dem schmalen Fenstersims saß und die Szenerie durch das Fenster beobachtet hatte. Das Tier, in dem eine menschliche Seele ruhte, verspürte bei diesem Anblick eine unbezähmbare Sehnsucht. Alte Erinnerungen durchfluteten den Geist des Raben. Er stieß sich von dem steinernen Untergrund ab, ließ sich in die Tiefen sinken, bis ein Windhauch ihn erfasste und mit sich trug.     Kapitel 3: Flügelschlag der Zeit -------------------------------- Der schwarze Rabe flog über das weitläufige Schulgelände, bis hinter dessen Grenzen und ging elegant in den Sinkflug. Noch bevor er den Boden erreicht hatte, verwandelte sich der Animagus zurück in seine menschliche Gestalt. Severus Snape ging noch einige Meter weit, bevor er sich mit einer geschmeidig, flinken Bewegung drehte und vom Fleck weg verschwand. Nur Sekunden später landete er auf felsigem Untergrund. Der stürmische Wind peitschte ihm die Gischt des Meeres ins Gesicht. Sofort nahm er wieder die Tiergestalt an und erfreute sich an dem lebendigen Vibrieren, das diese geballte Magie der Wechselzauber erzeugte. Die Böen trugen ihn hoch hinauf. In geschickten Kreisen erklomm er luftige Höhen und erkannte schließlich das kleine, weiße Haus, das auf den Klippen über dem schäumenden Meer stand. Als er den Rauch sah, der sich unerwartet aus dem Schornstein schlängelte, verlangsamte er seinen Flug. Leise Hoffnung begann seinen Herzschlag zu erhöhen. Der Fideliuszauber verhinderte das Eindringen Fremder. Demnach konnte es nur eine Person geben, die sich zu dieser Zeit in dem alten Cottage aufhielt. Mit Bedacht landete der schwarze Vogel auf der Brüstung vor einem der Fenster und spähte in den bescheidenen Wohnraum. Hastig wandte sich der Animagus ab, um Platz für die Rückverwandlung zu haben. Nur Wimpernschläge später stand der Meister der Zaubertränke da, wo zuvor der Rabe gewesen war. Sein Umhang bauschte auf, als der Frühlingssturm unter den Stoff drang. Fröstelnd zog Snape die Schultern hoch und eilte zur Eingangstür. Seine Schritte machte keine Geräusche, als er durch die Küche ging. In der Tür zum Wohnzimmer blieb er stehenblieb. Mit einem forschenden Blick legte er den Kopf schräg. Lucius Malfoy stand vor dem offenen Kamin und hatte eine Hand an den Sims gelegt. In der anderen hielt er ein Glas seines geliebten, französischen Cognacs, während im Hintergrund Rachmaninov's 2. Sinfonie den Raum erfüllte. Severus lehnte sich an den Türrahmen. Seine Miene nahm einen schmerzlichen Ausdruck an. St. Petersburg im Dezember 1987. Kälte. Schnee. Zweisamkeit. „Lucius“, flüsterte Severus den Namen seines Geliebten und spürte den Nachhall der alten Erinnerung. Langsam wandte der Blonde den Kopf zur Tür. Ein schmales Lächeln huschte über sein Gesicht. Dann stierte er weiter in die Flammen. „Du bist hier. Tatsächlich, Severus?“ Langsam ging der dunkelhaarige Hexer auf ihn zu. Es war lange her, dass sie einander hier in ihrem geheimen Unterschlupf getroffen hatten. Zu schwierig war es geworden. Zu unbefriedigend, stets nur an zweiter Stelle im Leben des jeweils anderen zu stehen. Und dennoch war der Wunsch nach Nähe nie verschwunden. Bei keinem von Beiden. Doch die ungestüme Liebelei der Jugend war längst vergangen. Man hatte den Drang unter Kontrolle, ließ die Vernunft walten. Der Stolz wollte gewahrt werden. Lucius verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß. Seine Hand am groben Stein des Kamins verspannte sich, sodass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Ein Laut – gerade eben noch schweres Atmen, nicht ganz ein Stöhnen, kam ihm über die Lippen. Severus runzelte die Stirn. Trat dicht hinter ihn, hob eine Hand. Ließ sie wieder sinken. „Du wurdest heute Abend vermisst, Severus.“ In Lucius Stimme schwang der gewohnte Sarkasmus mit, doch auch eine Spur Qual. „Ich hatte zu tun. Der Dunkle Lord ist im Bilde.“ Severus trat einen Schritt zurück. Musterte die Gestalt seines Seelenpartners noch einmal, dann wandte er sich langsam ab. Er entledigte sich seines Umhanges und trat an das kleine, dreibeinige Tischchen, auf dem einige Flaschen ausgewählter Spirituosen standen. Er bevorzugte einen teuren Whiskey, von einer Destille auf den Orkneys stammend. „Kein Vorwurf“, murmelte Lucius, noch immer in der selben Stellung ausharrend. Severus hatte längst erkannt, dass sein Freund litt. Doch noch wies Lucius ihn ab – anscheinend musste er etwas loswerden. Etwas, über das zu sprechen ihm nicht leicht fiel. Die aufgeräumte Art, die er immer so an dem blonden Zauberer bewundert hatte, schien wie weggewischt. „Es ruiniert alles“, begann Lucius mit ruhiger Stimme. „Vor zwanzig Jahren war es noch schick gewesen, einen Platz im inneren Kreis des Dunklen Lords zu haben. Heute ruiniert es dich.“ Seine Nasenflügel bebten. „Er ist wie ein Parasit, der sich durch mein Erbe und mein Ansehen frisst. Er will im Geheimen agieren – doch gerade diese Tatsache bringt alles zum Einsturz. Doch jeder Hinweis in die Richtung bringt einem Folter und Qual. Das Vermögen der Malfoys ist beinahe aufgebraucht, Severus. Er bedient sich, wie es ihm passt. Draco's Erbe ist verloren. Mein Sohn wird als mittelloser Mann dastehen, wenn das hier ein Ende nimmt. Meine Frau... Meine beängstigend kluge Frau, hat das Erbe der Black's verschwinden lassen. Sie sagt mir nicht, wo ihr Vermögen sich derzeit befindet – und das ist gut so.“ Lucius lachte humorlos auf. „Heute wollte ich mir den Anteil der Lestrange's sichern. Meine Schwägerin und ihr Mann sollten bei der Aktion heute Abend ums Leben kommen. Oder den Kuss erhalten. Ich hatte einen wirklich guten Plan, Severus. Und mit Bellatrix letztem Atemzug, wäre ich saniert gewesen. Draco's Zukunft abgesichert. Aber es ist anders gekommen. Es hat keinen Kampf gegeben und ich habe versagt.“ Lucius ließ den Kopf hängen. Seine Schultern bebten, und Severus glaubte voller Erstaunen, er würde weinen. Doch es war ein Lachen. Ein finsteres Lachen, das Lucius' Kehle empor kroch. „Er hat mich gefoltert, Severus. In meinem eigenen Haus. Vor den Augen meiner Frau und ihrer wahnsinnigen Sippschaft. Bellatrix sitzt nun an meinem Feuer und wird vom Unsäglichen gehuldigt.“ Seine Lippen kräuselten sich angewidert und er schloss die Augen. Severus hob das Glas an seinen Mund, das er mit der Rechten fest umschlossen gehalten hatte, während er den Worten des Anderen gelauscht hatte. Er bemerkte die kleinen Flammen, die auf der Oberfläche züngelten und blies in das Glas. Sofort lösten diese sich in torfigem Rauch auf. Er trank einen Schluck. Nun stellte er das Getränk zur Seite und ging wieder auf Lucius zu. Vielleicht konnte er ihm die Qualen nicht nehmen, aber sie ein wenig lindern. Sanft legte er ihm seine Hand auf den Rücken zwischen die Schulterblätter. „Hast du Schmerzen?“, wisperte er leise. Ob der profanen Frage nach seinem körperlichen Wohl, schaffte der Blonde es seine Gedanken auf das Wesentliche zu lenken. Er presste die Lippen fest aufeinander und nickte. „Mein Rücken, Severus.“ Der Dunkelhaarige nickte wissend. Es war immer sein Rücken. Schon als junger Mann hatte er sich in Stresssituationen so sehr verspannt, dass er sich an manchen Tagen kaum hatte rühren können. „Wie gut, dass du jemanden kennst, dem alle erdenklichen Sprüche geläufig sind, die Linderung verschaffen können.“ Severus holte seinen Zauberstab hervor und richtete diesen auf Lucius Rücken. Leise murmelte er eine Beschwörungsformel und noch eine Weitere. Der Blonde atmete tief durch und lockerte seine Hand, die nach wie vor stützend auf dem Kaminsims gelegen hatte. „Dass du es überhaupt in meiner Nähe aushältst ...“, wisperte Lucius mit brüchiger Stimme und schaute Severus nicht in die Augen. „Die moralische Verwerflichkeit deiner Handlungen hat mich doch noch nie berührt“, entgegnete er mit dem üblichen Sarkasmus. „Selbstmitleid hingegen steht dir nicht sonderlich gut.“ Ein schmales Lächeln schlich sich in Lucius müde Miene, während er sich auf Severus stützte und vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte. „Zeigen die Heilzauber so wenig Wirkung, Lucius?“, fragte Severus erstaunt, als er bemerkte, dass sich an der Beweglichkeit des Blonden kaum etwas verändert hatte. „Die Nachbeben vom Cruciatusfluch.“ Seine Stimme klang heiser. „Du wirst es sicher nicht vergessen haben.“ Severus nickte und verstärkte seinen Griff um Lucius Mitte ein wenig. Solange einem der Folterfluch noch, im wahrsten Sinne des Wortes, in den Knochen steckte, blieb die Wirkung weißmagischer Heilzauber minimal. „Ich setze mich einfach ein wenig in den Sessel“, entschied Lucius, doch Severus schüttelte den Kopf. „Nein, komm mit mir“, bestimmte er schlicht. Sie erreichten ein angrenzendes Zimmer, das Schlafzimmer und durchquerten auch dieses. Die Kälte eines unbeheizten Raumes schlug ihnen entgegen. Mit einer kleinen Zauberstabbewegung entfachte Severus im Kamin ein prasselndes Feuer, bevor sich seine Hand von Lucius löste. Schwer atmend stützte der blonde Zauberer sich an der Wand ab, während Severus mit geschickten Fingern die Brosche löste, die Lucius Umhang zusammenhielt. Er legte das Kleidungsstück über einen Sessel. Als er bemerkte, dass sein Gegenüber fröstelte, sprach er einen Wärmezauber für ihn und fuhr anschließend damit fort ihn zu entkleiden. „Eine schmeichelhafte Idee, Geliebter. Aber ich fühle mich nur wenig dazu in der Lage dein … Bedürfnis zu stillen“, knurrte Lucius atemlos. Severus gab ein tiefes, leises Lachen von sich und sprach mit amüsierter Stimme:   „…hätten wir Welt genug, und Zeit, So liebt ich deine Sprödigkeit. Wir könnten ruhig darüber sinnen, Wie wir der Liebe Tag verbringen.“   Mit einem liebevollen Lächeln, wie er es nur für Lucius auf seine Lippen zauberte, beugte sich Severus vor und küsste sanft den einstmals so sündigen Mund seines Gespielen. Lucius Mundwinkel zuckten leicht. Severus fuhr fort, während er Lucius von Gehrock, Weste und Hemd befreite:   „Einhundert Jahr‘ widmete ich Den Augen und der Brauen strich. Zweihundert schenkt‘ ich deiner Brust- Dem Rest vieltausend Jahr‘ der Lust.“   Ungeahnt sanft glitten seine langen Finger über die angesprochenen Körperteile und er entdeckte voller Wonne, wie sich Lucius Haut unter seinen Berührungen spannte.   „Ein Zeitalter all deinen Teilen, Und ewig wollt‘ ich beim Herzen verweilen. Nicht weniger gebührte dir, Noch läge die Beschränkung mir. Doch hör‘ ich hinter mir, nicht weit, den hast’gen Flügelschlag der Zeit…“   Severus beugte sich vor und ließ seine Lippen über Lucius angespannte Schulterpartie gleiten, während seine Hände an seinen Seiten hinabglitten und sich am Bund der Hose zu schaffen machten. „Andrew Marvell... Ich liebe es, wenn du Verse zitierst.“ Lucius keuchte leicht, als Severus über seinen Unterleib strich und ihm zunächst die Hose von den Lenden schob. „Und noch viel mehr, wenn sie so neckisch vorgetragen werden.“ Severus ging vor Lucius nieder und half ihm aus den Hosenbeinen zu steigen. Dann legte er dem Blonden erneut eine Hand um die schmale Taille und führte ihn durch eine weitere Tür. Vor ihnen lag ein kleines, funktionelles Badezimmer. „Wir sollten dir den Dreck abwaschen, was, Malfoy?“, brummte Severus mit tiefer Stimme ins Ohr des anderen. Lucius schnaubte leise, folgte der Idee jedoch und stellte sich unter den warmen Wasserstrahl der Dusche. Er stützte die Hände gegen die Kacheln und genoss das warme, beinahe heiße Nass. Während Severus sich nun daran machte sich selbst zu entkleiden, ließ er seinen Blick über Lucius Körper schweifen. Noch immer war der blonde Mann in all seinem Sein wunderschön, doch hatte das vergangene Jahr seine Spuren hinterlassen. Er war dünn geworden, seine Haut hatte an den altersüblichen Stellen ihre Straffheit eingebüßt. Und doch fesselte er Severus' Blick und weckte sein Begehren – von dem der Zaubertränkemeister häufig gar nicht wusste, dass es noch existierte. Gelegentlich kam Severus sich entsetzlich kalt vor. Er griff in ein zierliches Regal, nahm ein weiches Frotteetuch heraus und stieg zu Lucius unter die Dusche. „Wirst du experimentierfreudig?“, fragte Lucius schelmisch, während er noch immer in leicht devoter Haltung dastand und das Wasser über seinen Körper rinnen ließ. „Wir haben noch nie zusammen geduscht.“ Severus feixte leise. „Das ist nicht wahr. Kurz vor deinem Schulabschluss waren wir gemeinsam im Waschraum der Slytherins.“ Er griff nach einem Flakon und ließ etwas von dessen Inhalt auf das Tuch fließen. Der Duft feiner Kräuter traf die Sinne der Männer. „Erbsenzählerei...“, knurrte Lucius und wandte seinen Blick Severus zu. „Oh, bekomme ich die letzte Ölung?“ Severus lächelte triumphierend, den Blick auf die öligen Schlieren gerichtet, die über den weißen, weichen Stoff rannen. „Nenn es wie du willst – solange es dir ein wenig Zerstreuung bereitet ...“ Sanft begann Severus damit seinen Geliebten zu waschen. Niemals hätte er gedacht, dass ein so alltäglicher Vorgang so erotisch sein konnte. Er spürte das lebendige Kribbeln unter seiner Haut, während er jede Stelle am Körper des Anderen wusch. Erstaunt stellte er fest, dass Atmung und Herzschlag sich beschleunigten. Gierig küsste er die verlockend nasse Haut. Sog den Duft nach Zitronenmelisse und Minze tief in sich ein, während das Wasser über sein Gesicht lief. Schwer atmend löste Lucius seine Hände endlich von den Kacheln. Severus erkannte das Glimmen der Lust in dessen Blick und spürte das Verlangen in sich selbst aufsteigen. „Ich habe es vermisst, Lucius. Ich habe dich vermisst. Wie ein törichter junger Flegel.“ Mit einem liebevollen Lächeln strich Lucius ihm eine schwarze Haarsträhne von der Wange. „Dummer Kerl“, wisperte er leise. „Ich hätte dich immer willkommen geheißen. Ich habe deine Zuneigung nie verschmäht.“ „Nein, das hast du nicht.“ Severus senkte seine Lippen auf die seines Geliebten und küsste ihn langsam und gründlich – als wolle er alle verschenkten Stunden wett machen. Nach einer Weile zog Lucius fröstelnd die Schultern hoch. „Ich friere. Lass uns nach einem lauschigen, warmem Plätzchen suchen“, wisperte er an den geröteten Lippen seines Gespielen. Severus kam der Aufforderung nach, drehte das Wasser ab und verließ als Erster die Duschkabine. Fürsorglich reichte er dem Blonden die Hand und musterte dessen vorsichtige Bewegungen. „Fühlst du dich etwas wohler?“ Lucius nickte mit einem schmalen Lächeln und griff nach einem Handtuch, das er um Severus schmale Hüfte schlang. „Frecher Kerl ...“, murmelte er mit einem gierigen Funkeln in den Augen, als seine Hand die Erektion seines Geliebten streifte. Severus stieß zittrig seinen Atem aus. „Brauchst du eine Abkühlung? Draußen scheint es zu schneien.“ Er deutete mit einem Schmunzeln zum Fenster, durch dessen beschlagene Sprossenscheiben man dicke Flocken durch die Nacht tanzen sah. „Eher noch ein wenig von Marvell's Weisheiten bezüglich des spröden Geliebtens“, murrte Severus, während sein Mund sich erneut etwas von Lucius betörender Note stahl.   „Von Würmern wird hinweggerafft Die aufgesparte Jungfernschaft, Und deiner Ehre Sitz wird Staub, Und meine Sinne werden taub. - War es dieser Vers, an den du gedacht hast, Severus?“, hakte Lucius mit spitzbübischem Grinsen nach, was es dem Zaubertränkemeister ganz warm ums Herz werden ließ. Er schlang behutsam die Arme um Lucius schönen Körper und begann sich an dessen Mitte zu reiben. Die Lippen des Blonden öffneten sich einen Spalt breit, während seine Lider sich vor Lust senkten und ein entrückter Seufzer seine Lippen verließ.   „Das Grab ist heimlich und verschwiegen, Doch niemand wird dort bei mir liegen ...“, wollte Severus die Zeilen fortsetzen, doch Lucius zog ihn hart an sich. „Ich will nichts von Gräbern und dem … deinem Tod hören, Severus. Ich würde dich niemals für den Tod freigeben. Nie.“ Severus vergrub seine Finger im weichen, blonden Haarschopf des Anderen, als er das leichte Zittern in dessen Gliedern vernahm, und küsste ihn verlangend und nachdrücklich. „Also gut ...“, brummte er leise und fuhr, die Finger über Lucius warme Haut gleiten lassend, fort:   „Drum lasst uns, während noch die Wangen Im Morgentau der Jugend prangen Und dein Verlangen, ungestillt, Wie Feuer aus den Poren quillt, Als liebestolle Falken jetzt Die Frist, die uns die Zeit gesetzt Lieber in einem Stück verschlingen, Als sie in Häppchen hinzubringen…“   „Und so kehrte er ungefragt zum verhassten Thema zurück ...“, murrte Lucius leise und wandte sich aus der Umarmung. „Ich war mir sicher, ich hätte etwas wie Verlangen an dir vernommen. Kein infernalisches Feuer, aber ein Glimmen, mit dem sich arbeiten ließe ...“ Severus lachte auf, als Lucius Handtuch ihn wie ein Peitschenhieb am Hinter erwischte. Auch in die Miene des Blonden war das Lächeln zurückgekehrt. „Ein ehrliches Lachen aus der Kehle des finsteren Zaubertrank-Professors. Eine wirkliche Rarität. Ich fühle mich geschmeichelt.“ „Komm, du liebestoller Falke, schauen wir, ob wir deinen gebrochenen Flügel heilen können, damit du das geknüppelte Fußvolk wieder hinter dir lassen, und in deinen gewohnten Sphären schweben kannst.“ Über Lucius Gesichtszüge huschte erneut ein bitterer Schatten hinweg, doch er verschwand, als Severus sich des Handtuches, das seine Lenden bedeckte, entledigte. „Leg dich hin und guck ein wenig arrogant, Malfoy.“ „Macht es dich an? Wenn ich – sinnbildlich - auf dich hinabblicke?“ Seine Lippen kräuselten sich zu einem vornehm, seichten Lächeln, dem ein Hauch Spott beiwohnte. Severus Augen funkelten. „Da bist du ja wieder ...“, murmelte er, mit einer Nuance Atemlosigkeit in der Stimme. Lucius ließ sich von ihm hinüber zum Bett führen. Mit einem erwartungsvollen Seufzen glitt er in die Kissen, während Severus ihn betrachtete, wie eine besonders exotische Zaubertrankzutat. Lucius zog eine Augenbraue hoch. „Für den Fall, dass du devot wirken möchtest, damit ich dir den Master spielen kann, solltest du an deiner Haltung arbeiten. Du bist zu eindrucksvoll, um mit mittelloser Unterwürfigkeit dienen zu können.“ Severus Mundwinkel zuckten. „Würde es deinem Ego ins Lot helfen, wenn ich mich dir anbiedere?“ Lucius schnaubte humorlos lachend. „Ich mag es im Bett etwas banaler. Bemühe dich doch einfach um meinen Schwanz – und überlasse die Koketterie den Frauen.“ Ein gefährliches Leuchten trat in den Blick des dunkelhaarigen Hexers. Er stieg in das breite Bett und kniete sich rittlings über Lucius, die Hände links und rechts von dessen Kopf aufgestützt. „Also nehme ich mir, wo nach mir der Sinn steht. Vielen Dank für deine Offenheit“, grollte er leise und streckte die Hand aus. „Accio Zauberstab!“ Lucius Hände glitten bebend über den Körper des Anderen, während dieser mit kleinen, hilfreichen Zaubern ihre Körper vorbereitete. Lucius fühlte warmes Öl, schmeichelnd über seine Erektion fließen und bewegte unwillkürlich sein Becken. „Geduld ist eine Tugend...“, murrte Severus mit vor Leidenschaft dunklen Augen und zuckendem Schwanz. Fordernd griff Lucius danach und strich mit dem Daumen über die lustglänzende Spitze. Seine Finger zitterte, als Severus' Mitte sich seiner Erregung näherte. Der Gedanke an die erwartete Enge ließ ihn stöhnen und sein Becken hochzucken. Severus erlöste ihn schnell und senkte sich auf seine erhabene Männlichkeit. Hitze umschloss ihn, drängte die Fähigkeit des profanen Denkens zurück, und ließ ein ganz neues Universum in seinem Schoss entstehen. All die Demütigungen und Verzweiflungen der vergangenen Zeit verschwanden hinter einem Vorhang aus gleißender Begierde. Seine Händen krallten sich in Severus knochige Hüften, in seinen Ohren rauschte das Blut und ihm schwindelte. Severus' Aufforderung entging ihm fürs Erste – zu sehr ließ er sich gefangen nehmen von den Empfindungen seiner Körpermitte. „Lucius!“, fauchte er schließlich, während ihm die noch feuchten Haare in wilden Strähnen um das Gesicht tanzten. Die Augen verhangen, ein gefährliches Grimmen in der Miene. „Fass mich an, bei Merlin!“ Lucius zitternde Hand griff linkisch nach dem glänzenden, pulsierenden Schaft. Ungeschicktes Streicheln, bebendes Reiben. Dieses schmerzlich-süße Ziehen in seinen Lenden, das ihm schier den Verstand raubt, all seine Aufmerksamkeit forderte … Die Bewegung seiner Hand synchronisierte sich mit dem ungezügelten Stoßen seines Beckens. Die Lustlaute des dunkelhaarigen Hexers drangen in Lucius' Sinne und wie durch einen Nebel erkannte er, das von qualvoller Lust verzerrte Gesicht. Severus stieß hart in seine Hand, während seine Bewegungen immer unkontrollierter wurden. Ein gepresster, rauer Aufschrei erfüllte den Raum, als Severus Gier sich in die Hand entlud, die ihn, in Lucius eigenem Rausch gefangen, dennoch immer weiter reizte und seine überempfindlichen Sinne völlig zu überfordern drohte. Doch nur Sekunden darauf wurde auch der Blonde von der Sturmböe erfasst und in luftige Höhen getragen. Mit einem keuchenden Wimmern brach Severus über seinem Geliebten zusammen, der sich mit zitterndem Schluchzen an ihn presste. Sie hielten einander fest, bis sich die Wogen ihrer schäumenden Lust glätteten. Mit liebevoller Trägheit strich Lucius über Severus' dunkles Haar. „Danke ...“, hauchte er leise. Severus stützte seinen Kopf in die Hand und musterte Lucius stirnrunzelnd. „Lass nicht zu, dass es dich zerstört“, murmelte er mit leiser Stimme. Der Blonde schloss die Augen. Tiefe Falten hatten sich in seine Mundpartie gegraben. „Ich bin so müde, Severus.“ „Dann ruhe dich aus.“ Er griff nach Lucius' schmaler Hand und strich sanft mit seinem Daumen über dessen Handrücken. Sein Blick fiel auf die beiden Schandmale, die ihre helle Haut der Unterarme besudelten. Im jugendlichen Denken und Handeln findet die Weitsicht häufig keinen Raum. Im Alter erst erkennt man hinter dem, leuchtenden Ruhm, die hässliche Fratze des Verrates. In dieser Nacht schlief Lucius Malfoy ruhig und liebevoll geborgen in den Armen seines Geliebten – seines Feindes.   Kapitel 4: Ein kleiner Tod -------------------------- Überlege einmal, bevor du gibst. Überlege zweimal, bevor du nimmst und überlege tausendmal bevor Du forderst. (Chinesisches Sprichwort)   Unruhig wartete Draco im Schatten einer Ritterrüstung in der Nähe des Schlossportals auf Harry. Zwar hatte er sich mit einem Illusionierungszauber belegt, doch die Lehrer würde er damit nicht täuschen können. Wo blieb der verflixte Gryffindor nur? Ein kaum hörbares Rascheln näherte sich ihm. „Potter?“, wisperte er in die Dunkelheit, woraufhin, wie aus dem nichts, der dunkle Haarschopf vor ihm auftauchte. „Schnell unter den Tarnumhang!“, flüsterte Harry mit einem freudigen Funkeln in den Augen. Hastig schlüpfte Malfoy unter den magischen Stoff, zog ihn an sich und küsste den anderen hungrig. Schwer atmend begannen die Jungen sich aneinanderzureiben. In dem Moment, als Harry den Kopf in den Nacken legte und völlig ungeniert laut aufstöhnen wollte, erklangen hinter ihnen Schritte. Hastig presste Malfoy seinem Gespielen die Hand auf den Mund und fesselte dessen Blick mit vor Schreck geweiteten Augen. Professor Flitwick kam in das Blickfeld der übermütigen Jugendlichen. Doch er schien nichts bemerkt zu haben und setzte seinen Weg fort. Harry und Draco schnellten auseinander und atmeten erleichtert auf. „Bei Merlin, wenn du mich küsst, schmelzen mir immer die Hirnzellen weg“, keuchte der Dunkelhaarige mit einem albernen Grinsen. Draco schüttelte den Kopf, während einer seiner Mundwinkel verräterisch zuckte. „Komm mit, Potter. Raus hier!“ Beinahe lautlos huschten sie aus dem Schloss und liefen, dicht aneinander gedrängt unter Harrys Tarnumhang über die Schlossgründe. Noch war es beinahe winterlich kalt, doch ein einfacher Wärmezauber vertrieb die kühle Nachtluft und hüllte die Jungen in wohlige Wärme. „Wo wollen wir hin?“, fragte Harry leise und griff nach Malfoys Hand. Dieser verflocht sogleich seine Finger mit denen seines Freundes. Harrys Herz machte einen Hüpfer. „Wirst du schon sehen. Komm, weiter!“   Wenig später standen sie vor dem ruhig daliegenden Quidditsch-Feld. Fledermäuse glitten lautlos über den Nachthimmel und vom Verbotenen Wald drangen verschiedene, schaurige Tierstimmen zu ihnen. Rasch eilten sie eine der Tribünen hoch. Oben angekommen umwehte sie der frostige Frühlingswind. Harry ließ den Tarnumhang zu Boden sinken und stürzte schier auf Malfoy. Seine Teenagerhormone fuhren Achterbahn und nach einem verlockenden Traum in der vergangenen Nacht, verlangte sein Körper die Erfüllung seiner Begierde. Seine Lippen pressten sich ungestüm auf den einladenden Mund des Slytherin. Harry wollte Draco so sehr – ganz gleich an welchem Ort. Ganz gleich auf welche Art, wenn er auch schon eine gewisse Vorstellung hatte. So gern würde er einen Schritt weitergehen in Sachen Sex. „So hungrig heute, Löwenjunge?“, murmelte Draco atemlos und mit wirrem Haar an seinen Lippen. „Es muss Jahrhunderte her sein, dass ich von dir kosten durfte“, erwiderte Harry mit rauer Stimme und schmiegte sich an ihn. Dracos Arme umschlossen ihn und sekundenlang standen sie einfach nur stumm da, während Harrys Herz raste und es in seiner Mitte lebendig wurde. „Es war eine ziemlich frustrierende Nummer, dieses Spiel gegen Hufflepuff. Was, Goldjunge?“, durchbrach Draco den Lusttaumel, der Harry gerade verschlingen wollte. Der Gryffindor stöhnte leise und griff sich ungeniert in den Schritt. „Reden wir nicht drüber.“ Draco grinste breit. „Ich dachte, du könntest eine Aufmunterung brauchen.“ Er senkte den Blick und zog die Augenbrauen hoch. „Ähm … Ich hatte an etwas weniger Banales gedacht, Potter. Nun ja, du entscheidest ...“ Er löste sich von dem Körper des anderen, holte zwei winzig kleine Gegenstände aus der Tasche seines Umhanges und richtete seinen Zauberstab auf diese. Sie schwollen an und wuchsen sich zu ihrer normalen Größe zurecht. Harry schnappte nach Luft und stieß einen verhaltenen Schrei aus. „Mein Feuerblitz!“ Ehrfürchtig ließ er seine Fingerspitzen über den Rennbesen gleiten, der vibrierend vor ihm in der Luft schwebte. „Du hast meinen Feuerblitz aus Umbridges Büro gestohlen?“ Grinsend zog er Draco an sich und küsste ihn leidenschaftlich. „Nur geliehen. Ich habe einen von unseren Mannschaftsbesen verhext, sodass er aussieht wie ein Feuerblitz. Aber der Spruch wird nicht ewig halten. Ich fürchte, dass ich ihn wieder zurückbringen muss.“ Draco zuckte beinahe entschuldigend mit den Schultern. „O.k., verstehe. Trotzdem … Danke! Danke, Draco.“ Malfoy grinste amüsiert. „Was ist jetzt? Worauf wartest du noch? Kannst du mit Tarnumhang eigentlich fliegen? Und mit … mit dieser viel zu engen Hose?“ Nun waren es Malfoys Augen, die gierig funkelten. Harry nickte mit einem seligen Lächeln auf den Lippen und machte sich bereits dran sich rittlings auf den Besenstiel zu stellen, während er den Tarnumhang um sich herum feststeckte. „Und du?“, wollte er wissen, während Malfoy seinen Nimbus bestieg. „Illusionierungszauber und ...“ Er schaute an sich herab. „Nun, bei Merlins Unterhosen … Es wird schon gehen.“ Harry lachte leise. „Also gut – bereit?“ Die beiden Zauberschüler stießen sich vom Boden der Tribüne ab und schossen in die nächtliche Dunkelheit empor. Harry musste sich zwingen, seine unbändige Freude nicht einfach hinauszuschreien. Nah beieinander, nur den Besen des jeweils anderen sehend, jagten sie über den großen See, imponierten einander mit den verschiedensten Flugmanövern und genossen die rasante Ausgelassenheit des Augenblicks. Draco landete nach einer Weile wieder auf der hohen Zuschauertribüne und ließ seinen Blick über die Umgebung schweifen. Die Dunkelheit hatte den Feuerblitz verschlungen. Und so wartete der blonde Slytherin ungeduldig auf die Rückkehr des Anderen.   Mit kalten Wangen und glückseliger Miene stieg der Gryffindor kurze Zeit später von seinem Rennbesen und schloss ihn in die Arme. „Ich bin dir so dankbar dafür.“ Draco hielt den Dunkelhaarigen fest und verbarg sein Gesicht an dessen Schulter. „Du hast in den letzten Tagen so müde ausgesehen. Ich wünschte, wir könnten miteinander - wenigsten miteinander sprechen – wenn wir uns irgendwo über den Weg laufen. Sooft hatte ich dich fragen wollen, was los ist. Ob irgendetwas passiert ist, aber …“ Der Blonde spürte, wie sein Freund nickte, doch er löste die Umarmung keinen Millimeter. Er wollte Potter einfach nicht loslassen. „Ich hatte in den letzten Tagen solche Kopfschmerzen. Ich glaube immer noch, dass es vom Unterricht bei Snape kommt. Aber … Ich habe wohl keine andere Wahl. Auch wenn all die Quälerei überhaupt nichts bringt. Jedenfalls nicht das, was Snape mit mir übt.“ Draco ließ seine Finger durch Harrys dichtes Haar streichen und küsste dessen Stirn. „Und die Meditation, die ich dir gezeigt habe?“ Harry schnaubte missmutig. „Ich finde dafür nirgendwo Ruhe. An den meisten Abenden steht irgendwas an und wenn es nur kleine Theorieeinheiten für die DA sind. Mittlerweile haben Hermine und ich angefangen alle Zauber strukturiert niederzuschreiben und ...“ „Warum das?“, fauchte der Blonde ungehalten und machte sich von Harry los. „Wozu gibt es Schulbücher und die Bibliothek? Du verschwendest deine Energien! Ein klein wenig Opportunismus würde dir gutstehen, Potter! Bevor du vor die Hunde gehst, weil du versuchst, es allen anderen Recht zu machen!“ Draco ging nun aufgebracht umher. Zornig stieß er mit der Faust gegen die hölzerne Einfassung der Tribüne. „Verdammte Scheiße! Warum glaubst du immer, dass es wichtiger ist, alle anderen zu retten? Wann fängst du an, dich selbst zu retten?“ Der Slytherin spürte den verwunderten Blick seines Freundes auf sich, was ihn nur noch wütender machte. „Denkst du, dass ich nicht sehe, wie müde du bist? Jeder sieht es! Sogar Snape hat mich schon dazu aufgefordert dich in Ruhe zu lassen, damit du dich nicht an mir verausgabst! Lerne Okklumentik, Potter! Warum denkst du, dass es ewig so glimpflich für dich ausgeht, wenn du auf den Dunklen Lord triffst? Nicht einmal die treusten Anhänger des Unnennbaren gehen so leichtsinnig mit ihrer geistigen Gesundheit um, wie du! Lerne dich zu schützen – und scheiß auf das alberne Zauberstabgefuchtel, mit dem du deine Bewunderer beeindrucken willst!“ Der Ausdruck in den Augen des Gryffindors hatte sich verändert. Die Verwunderung war der Empörung gewichen und schien zu einem rechten Zorn anzuschwellen. „Wie kannst du mir vorwerfen, dass ich meine Energien verpulvern würde? Weißt du eigentlich, wie … Merlin! Du hast doch keine Ahnung, Malfoy! Ich bin nicht wie ihr! Ich muss mich auf das stützen, was ich kann – und Verteidigung, das kann ich. Für dich mag das albernes Zauberstabgefuchtel sein, mir rettet es das Leben! So einfach ist das. Diese schwarzmagische Doxypisse kriege ich nicht hin! Nicht einmal diese banalen Dinge, wie die magische Barriere in meinem Kopf. Das ist es was mich fertigmacht, Malfoy, diese Art der Magie raubt mir die Kraft! Der verdammte Einfluss von dieser den Geist manipulierenden Magie.“ Er raufte sich schier die Haare. Warum wollte ihn niemand verstehen? „Euch Slytherins scheint das in die Wiege gelegt zu sein, aber mich zermürbt es. Snape zermürbt mich. Ist dir noch nie aufgefallen, dass es um den herum vibriert vor lauter schlechter Magie? Dumbledore und Snape liegen falsch, wenn sie denken, dass diese verfluchte Okklumentik mir bei irgendetwas hilft. Sie sollten mich lehren wie man kämpft – Mann gegen Mann. Stattdessen halten sie mich hin und lassen mich am langen Arm verhungern.“ Sie umkreisten einander wie wütende Raubkatzen – jederzeit bereit anzugreifen, wenn nötig. „Das ist doch bullshit, Potter! Da stößt du auf einen Bereich der Magie, in dem dir nicht alles zu fällt und schon …“ „Nicht alles zufällt??“ Mittlerweile schrie Harry vor Frust. „Wann bitte ist mir schon einmal irgendwas zugefallen? Genau denselben Mist hat Hermine auch den DA Mitglieder weiß machen wollen. Ich hatte vielleicht bislang mehr Glück als andere, aber das war es auch schon. Ansonsten arbeite ich an mir – an meinen Stärken. Um am Ende zu überleben! So ist das nämlich.“ „Dann lass deine Stärken doch mal eine Weile außen vor!“, keifte Malfoy zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das ist doch genau das, was ich dir gerade schon gesagt habe. Kümmere dich um deine Schwächen und arbeite an den Dingen, die dir eben nicht liegen! Das kann doch nicht so schwer sein.“ Harry öffnete den Mund, als würde er etwas ebenso Garstiges erwidern wollen, doch bevor die erzürnten Worte seine Lippen verlassen konnten, schloss er seine Lippen wieder. Er taumelte ein wenig zurück, stützte sich kurz an der Wand und setzte sich das auf die Treppenstufen. Draco erkannte die Resignation, die sich wie ein Vorhang vor Harrys gesamte Gestalt legte und eine eisige Kälte legte sich beinahe schmerzhaft um sein Herz. „Das geht so nicht, Malfoy“, wisperte der Dunkelhaarige mit plötzlich kraftloser Stimme und verbarg das Gesicht in den Händen. „Bei dir will ich einfach sein. Ich will mich nicht erklären müssen. Ich …“ Seine Stimme brach und er verstummte Kopf schüttelnd. Langsam ging der blonde Slytherin auf ihn zu, ließ sich mit dem Rücken an die Wand gelehnt in die Hocke sinken und biß sich auf die Unterlippe. „Was willst du damit sagen?“ Harry zögerte, doch dann schaute er auf. Das Gesicht zur Maske erstarrt. „Ich bringe dich in Gefahr. Ich schaffe es nicht, meinen Geist zu verschließen. Und solange es für dieses Problem keine Lösung gibt … Ich verstehe, warum du sauer auf mich bist. Aber ich weiß nicht, was ich tun soll.“ „Soll ich jetzt zwischen den Zeilen lesen? Machst du Schluss?“ Dracos Stimme bebte. Die Kälte in seinem Inneren breitete sich aus, und als Harrys Schweigen anhielt, stand er auf, wankte einige Meter von ihm weg. Nur um sich schließlich erneut hinzukauern, die Arme um den Körper geschlungen. Er hatte das Gefühl, als zerbräche etwas in seinem Inneren. Die Kiefer aufeinander gepresst harrte er aus, versuchte, das Bedürfnis zu schreien und haltlos zu schluchzen niederzuringen. War es das, wenn die Leute von einem gebrochenen Herzen sprachen? Das Gefühl einen kleinen Tod zu sterben. Wie hatte ihnen der Abend nur so entgleiten können? Er hatte Harry ein paar schöne Stunden bescheren wollen. Der verfluchte Gryffindor sollte jetzt in seinen Armen liegen und … Er hörte es hinter sich rascheln und spürte, wie Harry sich an ihm vorbeistahl. Der Dunkelhaarige würde ihn hier allein zurücklassen. Ein angestrengter Laut entkam Dracos Kehle – nicht ganz ein Schluchzen. Er wollte nicht wieder allein sein. Als er Potters Blick auf sich spürte, schaute er auf. Die Miene des anderen war voller Kummer und erschreckender Entschlossenheit. Harry schüttelte den Kopf, dann wandte er sich ab und verließ unter Dracos ungläubigem Blick die Tribüne.       Severus Snape beendete seine nächtliche Runde gerade und harrte für einen Moment auf dem Astronomieturm aus. Er genoss die Ruhe der Nacht und holte tief Luft. Angenehm senkte sich die Erschöpfung über seinen Geist und er hoffte, in dieser Nacht Schlaf finden zu können. Als er sich zum Gehen abwandte, zerriss ein gellender Schrei die vorherrschende Stille. Rasch eilte er zurück zur Brüstung und spähte angestrengt hinaus in die Finsternis. Erst nach einem Homenum revelio konnte er erkennen, dass auf den Schlossgründen eine Person stand. Er glaubte Potter zu erkennen, doch sicher war er sich nicht. Snape trat einen Schritt zurück und verwandelte sich augenblicklich in seine Animagusgestalt. Die Schwingen weit ausgebreitet ließ er sich hinabsinken und glitt auf die Stelle zu, wo er mithilfe des Zaubers nur Momente zuvor eine Gestalt hatte ausmachen können. Seinem Rabenblick blieb die Wirkung des Zaubers jedoch verborgen und so flog er mit kräftigen Flügelschlägen das Gelände ab. Er wollte schon aufgeben, als er von einer der Quidditch-Tribünen her, einen Laut vernahm. Im Näherkommen entdeckte er eine Gestalt, die auf den Stufen des Aussichtsturmes kauerte. Er landete unbemerkt auf der Brüstung des Zuschauerbereiches und erkannte Draco Malfoy, der zusammengekauert auf den Stufen hockte. Das Gesicht in den Armen verborgen, die Schultern bebend. Professor Snape verwandelte sich in seine menschliche Gestalt zurück und eilte auf den Sohn seines Geliebten zu. „Mr. Malfoy!“, knurrte er drohend, woraufhin der Junge aufsprang, wankte, und an die Wand zurückwich. Tränenspuren waren auf seinen bleichen Wangen zu erkennen. Snape seufzte lautlos. „Verraten Sie mir, was Sie gedenken, hier mitten in der Nacht zu tun! Fünfzig Punkte Abzug für Slytherin – nehmen Sie Ihre Sachen und kommen Sie mit!“ Er empfand abgrundtiefes Mitleid für den Jungen – und noch etwas anderes. Dracos Anblick erinnerte ihn an Lucius. Nur war niemals Severus der Grund für dessen Kummer gewesen – ganz im Gegenteil. ‚Potter‘, dachte er mürrisch und verzog angewidert sein Gesicht. ‚Ein Schwein – genau wie sein Vater!‘   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)