Hands of blood von lunalinn (Zabuza/Haku) ================================================================================ Kapitel 3: Desire ----------------- “Stell dich gerade hin!“ Zögernd kam er dem Befehl nach, auch wenn er sich unwohl fühlte – schließlich waren sie hier nicht allein. Die anderen Männer machten ihm Angst, wie sie ihn anstarrten, ihn mit Spott bedachten. Er atmete durch, versuchte sich nur auf den Mann, dem er vertraute, zu konzentrieren. Ein paar Meter weiter drosch ein muskelbepackter Kerl wie von Sinnen auf den Boxsack, der von der Decke baumelte, ein. Es erinnerte den Jungen an all die Schläge, die er in seinem Leben schon hatte erdulden müssen, und es kostete ihn Mühe, nicht jedes Mal zusammenzuzucken. „Sieh mich an…gut“, hörte er die raue Stimme sagen. „Wir machen es wie beim letzten Mal…verstanden?“ Ein zaghaftes Nicken erfolgte…letztes Mal hatte er es nicht geschafft, die Übung zu meistern. Er war seinem Gegenüber nun mal unterlegen, doch angeblich war das nicht von Bedeutung. Die Technik war entscheidend, nicht die Kraft. Also wartete er, beobachtete, wie sich der Ältere näherte, bedrohlich vor ihm zum Stehen kam und sich herunter beugte. Kräftige Finger legten sich um seinen Hals, drückten jedoch nur leicht zu – dennoch reichte es, um ihn zu betäuben. „Na los!“, wurde er angeraunzt und er keuchte erschrocken auf. Nur halbherzig riss er den Arm hoch und ließ ihn mit zu wenig Schwung auf das Handgelenk niedersausen, während er sich gleichzeitig zur Seite drehte. Der Griff lockerte sich, jedoch wurde er direkt wieder am Kragen gepackt und zu Boden geworfen. Er schluckte hart, während er betreten auf die Füße des anderen starrte – schon wieder versagt. „Der Ansatz war gut…aber du hast zu schnell aufgegeben“, hörte er ihn sagen und presste beschämt die Lippen zusammen. Still blieb er sitzen, traute sich nicht, aufzuschauen, doch da kniete sich der Hüne schon vor ihn. Der Junge wehrte sich nicht, als sich die Pranke um sein Kinn schloss, dieses anhob und Blickkontakt erzwang. Graue Augen fixierten ihn ernst, jedoch nicht wütend…dabei hatte er schon wieder gepatzt, stellte sich unfähig an. Er wollte ihn doch nicht enttäuschen. "Du hast zu viel Angst, Haku.“ Die Worte trafen ihn, denn es stimmte. Er hatte Angst…und diese Angst lähmte ihn im entscheidenden Moment so sehr, dass er sich einfach nur auf den Boden fallen lassen und zusammenrollen wollte. So wie damals, wann immer er verprügelt worden war. „Vielleicht solltest du ihn einfach lassen, Zabuza. Du merkst doch, dass er es nicht drauf hat…das ist vergeudete Zeit.“ „Halt dich da raus, Kisame! Das geht dich nichts an!“ Der Mann mit dem Hai-Gesicht schnaubte leise. „Sieh dir den Knirps an…selbst wenn er ein paar Tricks kann, wird ihm das nicht viel bringen. Du weißt genauso gut wie ich, wo er enden wird.“ Haku schauderte unter den harten Worten, auch wenn er nicht wusste, was Kisame meinte; wo würde er enden? Wieso blickte Zabuza nun noch finsterer drein? War er wütend auf ihn? Doch der Hüne sagte nichts, erhob sich nur und zog ihn dann mit einer Hand auf die Beine. „Komm…wir versuchen es noch mal“, meinte er mit einer Geduld, die untypisch für ihn war. „Und diesmal wehrst du dich…von mir aus kannst du mir das Knie in die Eier rammen, aber du machst was, klar? Du stehst nicht einfach nur so da und lässt dich angrapschen!“ Haku nickte steif, auch wenn es ihm widerstrebte, Zabuza dorthin zu treten. Generell wollte er nicht mit diesem Mann kämpfen, auch wenn sie nur übten; er verabscheute Gewalt zutiefst. Im Hintergrund sah er Kisame den Kopf schütteln und was von "sturer Hund" brummen, ehe er sich wieder den Hanteln zuwandte. „Vielleicht solltest du auf deinen Kumpel hören, Zabuza“, mischte sich jemand Drittes ein, kaum dass sie wieder in Position gegangen waren. „Fresse, Raiga…sonst polier ich sie dir!“ Der Mann namens Raiga lache höhnisch, fixierte ihn dabei mit seinen kalten, blauen Augen. Etwas in dem Blick des Mannes machte ihm noch mehr Angst, als der Gedanke an eine erneute Tracht Prügel. Da war etwas Lauerndes…etwas, das ihm unwohl werden ließ. „Kisame hat gar nicht so Unrecht…so hübsch wie er ist, wird er bestimmt einigen Männern das Bett wärmen dürfen. Wer weiß…vielleicht kann ich ihn mir schnappen, bevor der Erste seinen kleinen, süßen A-“ Haku war zu entsetzt, um auch nur einen Laut von sich zu geben – Zabuza war es nicht. So schnell, wie dieser herumgefahren war und Raiga seine Faust ins Gesicht gerammt hatte, konnte dieser gar nicht reagieren. Er krachte durch den Schlag gegen die Wand, hielt sich die blutüberströmte Nase und stieß nasale Flüche aus. Haku hörte Kisame rau auflachen, während Zabuza ein verächtliches Schnauben ausstieß. „Bevor du ihn auch nur mit einem Finger anrührst, breche ich dir jeden einzelnen!“, grollte er mit tödlichem Blick, unter dem sich Raiga dann doch lieber schimpfend verzog. Haku wusste nicht, was überwog – das warme Gefühl in seiner Brust, weil Zabuza ihn wie selbstverständlich verteidigte oder das Grauen über die Worte, deren Sinn er trotz seines jungen Alters erahnen konnte. Mit einem Mal meinte er zu verstehen, warum Zabuza ihm so dringend beibringen wollte, wie er sich verteidigen konnte. „Geh wieder in Position…los!“, knurrte dieser ihn an und Haku gehorchte. Vielleicht war es an der Zeit, dass er sich überwand…auch wenn er nicht wollte. Aber welche Wahl blieb ihm schon? Er sollte Zabuza danken, dass sich dieser so viel Mühe mit ihm gab…und diese Mühe sollte nicht vergeudet werden! Langsam hob er die bleischweren Lider, die braunen Pupillen glitten durch das Zimmer, welches noch in Dunkelheit lag. Nicht unüblich, denn er schlief selten bis zum Morgen durch. Die Decke war halb von seinen Hüften gerutscht, entblößte die Male auf seiner hellen Haut. Tief atmete er durch, ehe er den Stoff ergriff und ihn um seinen Körper schlang, sich wie in einem schützenden Kokon darin einwickelte. Erst dann setzte er sich auf, schwang die Beine lautlos über die Bettkante. Hinter sich vernahm er gedämpftes Schnarchen, während er sich die langen Haare über die Schultern schob und sich erhob. Barfuß verließ er das Schlafzimmer, warf keinen Blick zurück. Haku hatte nicht gelogen, er verspürte keinen Schmerz…das unangenehme Ziehen in seinem Unterleib war nicht der Rede wert. Es kostete ihn jedes Mal Überwindung, doch er wehrte sich nicht mehr dagegen. Solange er mitspielte, behandelten sie ihn gut. Er bekam genügend zu essen, durfte sich relativ frei bewegen und er wurde nicht geschlagen. Als er ein Kind gewesen war, hatte er geglaubt, die Misshandlungen durch die Hände seines Vaters wären das Schlimmste, das es geben konnte – er hatte sich geirrt. Es hatte wehgetan, sehr sogar, doch was ihn seit einiger Zeit quälte, übertraf seinen gewalttätigen Vater bei Weitem. Sein Herz zog sich bei dem Gedanken schmerzhaft zusammen und er verspürte eine Sehnsucht, die ihn schier in den Wahnsinn trieb. Haku ließ sich auf die Couch sinken, spürte das teure Leder unter seinen Fingern…alles hier war von ungeheurem Wert. So sehr die Kämpfer ausgebeutet wurden, so sehr stopften sich die feinen Herren ihre Taschen voll. Der Boden war mit schwarzem Marmor gepflastert, die Wände mit anthrazitfarbenem Naturstein verkleidet…die Dekoration edel. Haku empfand sie als kalt und trist…passend zu seiner melancholischen Stimmung. Nicht selten verspürte er den Wunsch, all das hier niederzubrennen und mit dem einen Mann, den er liebte, davon zu laufen. Es war ein dummer, naiver Wunsch, der sich niemals erfüllen konnte. Zabuza schien in ihm noch das Kind von damals zu sehen…nicht den jungen Mann, der sich nach ihm verzerrte. So einige Männer hatte er im letzten Jahr beglückt…nun war er 16 Jahre alt und kannte mehr Praktiken, als ihm lieb gewesen wäre. Er hatte es nie auf diese Weise gewollt, aber wenigstens hatte man bis zu seinem 15. Lebensjahr gewartet, damit er nicht zerbrach. Er war nicht gebrochen, auch wenn es vielleicht den Anschein machte – doch wie hieß es? Stille Wasser waren tief? Auch wenn es bei ihm eine etwas andere Bedeutung hatte. Man hatte ihm Versprechungen gemacht, dass man ihn belohnen würde…doch alles, was er wollte, war Zabuzas Nähe. Deswegen durfte er bei den Kämpfen zusehen, deswegen duldete man es, wenn er sich manches Mal heimlich nach unten schlich, um bei ihm zu sein. Bei Zabuza fühlte er sich wohl und geborgen, mehr als es je bei seinem schrecklichen Vater der Fall gewesen war. Was für furchtbare Angst er damals gehabt hatte, als ihn sein Erzeuger verkauft hatte, um seine Schulden zu tilgen. Bis heute wusste er nicht, was mit seiner Mutter passiert war. Eines Tages war sie einfach verschwunden und mittlerweile war er sich sicher, dass auch daran sein Vater die Schuld getragen hatte. Sein Leben war von Gewalt und Angst geprägt gewesen…doch dann hatte man ihn Zabuza überlassen. Zuerst hatte Haku ihn gefürchtet, doch aus Erfahrung hatte er gewusst, dass Weinen und Betteln nichts brachte. Sein Vater hatte jedes Mal nur noch härter zugeschlagen, ihn angebrüllt, dass er es gefälligst stumm ertragen sollte. Zabuza war anders gewesen, von Anfang an. Zwar war er gewiss kein Lamm, sondern eher ein Wolf – oder Dämon –, aber er hatte etwas in seinem Blick gesehen. In seinen Augen. Die Augen einer verlorenen Existenz, die Narben einer schmerzhaften Vergangenheit. Etwas an diesem grobschlächtigen Kerl hatte Haku dazu gebracht, über seinen Schatten zu springen und ihm sein Vertrauen zu schenken. Natürlich hätte es genauso gut sein können, dass Zabuza ausholte und ihn zu Brei schlug…doch er hatte es nicht getan. Nicht einmal hatte er ihn geschlagen, seitdem sie sich kannten – nicht einmal beim Training. Viel hatte er anfangs nicht zu tun gehabt, war mehr als Laufbursche eingesetzt worden, aber das war schon in Ordnung gewesen. Seine Wunden waren schnell verheilt und keine neuen hinzugefügt worden. Schmunzelnd dachte Haku daran zurück, wie Zabuza diesem Widerling Raiga seinetwegen die Nase gebrochen hatte. Das warme Gefühl der Zuneigung durchflutete ihn, wärmte ihn von innen, so viel mehr, als die Decke es zu tun vermochte. Seitdem man ihn für…besondere Dienste benutzte, schien Zabuza sich jedoch immer mehr von ihm zurückzuziehen und dieses abweisende Verhalten schmerzte ihn. Widerte er ihn an? Verständlich wäre es wohl…vielleicht glaubte Zabuza ja auch, dass er es genoss, die begehrte Hure zu spielen. Er spürte, wie ihm die Magensäure hochkam, verzog das Gesicht. Er wollte nicht, dass Zabuza so von ihm dachte. Ein Wort von ihm würde reichen, um Haku zu einer gemeinsamen Flucht zu bewegen – so aussichtslos diese auch sein mochte. Das Netz im Untergrund erstreckte sich über die ganze Stadt, was bedeutete, dass selbst eine gelungene Flucht keine hundertprozentige Sicherheit versprach. Sie müssten untertauchen, konnten sich beide nicht ausweisen, hatten keinen Lebenslauf zu verzeichnen. Haku wusste, dass Zabuza ein ähnliches Schicksal wie er selbst teilte…geboren in irgendeinem Ghetto und schließlich in die moderne Sklaverei verkauft. Rechtlich gesehen konnten sie natürlich Anzeige erstatten, doch wie würde das ausgehen? Zabuza hatte so viele Menschen getötet, dass er sich selbst belasten würde. Im schlimmsten Fall steckten sie ihn ins Gefängnis und Haku in eine psychiatrische Einrichtung. Oder sie schoben ihn ins Kinderheim ab, weil er noch nicht volljährig war. Vielleicht drehten sie es auch so, als hätte er selbst ihm Gewalt angetan. Es gab solche, die die Polizei infiltriert hatten, das wusste er. So gesehen hatte es auch Vorteile, die Reichen und Mächtigen zu bedienen, denn diese hielten ihn meistens für zu einfältig, als dass er etwas mit ihrem Gerede anfangen könnte. Aus diesen Gründen war der Weg in die Freiheit ein Hoffnungsschimmer, aus dem niemals mehr werden würde. Ein schöner Traum, der unerreichbar war. Dies bedeutete allerdings nicht, dass er sich von Zabuza fernhalten würde – im Gegenteil, vielleicht musste er nur deutlicher werden. Zabuza hielt ihn entweder für ein Kind oder eine Hure…er musste ihm beweisen, dass er mehr als das war. Dass er seine Zuneigung immer noch verdiente…nur wie? Er seufzte leise, während er sich den Kopf darüber zerbrach…doch letztendlich blieb ihm nur eine Möglichkeit. Er würde es bei nächster Gelegenheit versuchen, auch wenn es nicht ganz ungefährlich war. Andererseits wussten diese Leute doch bereits, dass Zabuza sein Schwachpunkt war – deswegen konnten sie ihn so einfach gefügig machen. Haku senkte die Lider wieder, rollte sich auf der Couch zusammen und dämmerte weg…in einen unruhigen Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)