Hands of blood von lunalinn (Zabuza/Haku) ================================================================================ Kapitel 2: Visit ---------------- “Zieh den Lumpen aus…wird’s bald?“ Zabuza gab sich keine Mühe, seine Stimme etwas weicher klingen zu lassen. Immerhin war er keins von diesen Weibern, die beim Anblick des Häufchen Elends vor sich halb in Tränen ausbrachen. Er hasste Kinder und wenn er von hassen sprach, dann meinte er es auch so. Sie nervten, egal in welcher Altersstufe sie waren, und deswegen war er hier auch vollkommen fehl am Platz. Gereizt sah er zu, wie sich der Bengel von etwa 8 Jahren langsam auszog, den Blick gesenkt haltend. Na wenigstens gehorchte er, denn er wollte das hier schnell hinter sich bringen. Seine kalten Augen glitten über den dürren Leib, die Blutergüsse und das Zittern entgingen ihm ebenfalls nicht. „Komm her…“, forderte er das Balg auf, das man auch für ein Mädchen hätte halten können. Mit tapsigen Schritten bewegte sich der Kleine auf ihn zu und er hob ihn grob unter den Armen hoch, ehe er ihn in die Wanne plumpsen ließ. Der Kurze tauchte für ein paar Sekunden komplett unter, ehe er nach Luft japsend wieder hoch kam, sich an den Rand klammerte. Er wusste gar nicht, was der für ein Problem hatte…das Wasser war warm und sauber. Schnaubend griff er nach der Shampoo-Flasche und ließ einen großen Klecks auf den zerzausten Mopp tropfen. Der Junge wischte sich das Wasser aus dem Gesicht, presste fest die Lippen aufeinander. „Halt still jetzt, sonst läuft’s dir in die Augen…ist dann nicht mein Problem, wenn’s brennt!“ Ohne auf eine Antwort zu warten, massierte er das Shampoo ein, rümpfte die Nase über den süßen Duft. Irgendwas mit Kirschblüte…ihm wurde schlecht davon, doch er sagte nichts. Abermals fragte er sich, warum er hierzu degradiert worden war. Okay, er hatte einem der Bodyguards, die immer um seinen Chef herumscharwenzelten, die Nase gebrochen – aber aus gutem Grund! Das Arschloch hatte ihn schließlich provoziert! Er hielt inne, als der Junge wimmerte…oh. Anscheinend riss er zu heftig an den nassen Zotteln, aber er war ja auch Grobmotoriker und kein Kindermädchen. „Sorry…“ Der Kleine sagte nichts, sondern harrte bewegungslos aus. Brav war der ja, machte auch kein Geschrei, sondern ergab sich seinem Schicksal. Es milderte seine schlechte Laune ein wenig und als er sich daran erinnerte, dass der Junge hier niemanden kannte, bemühte er sich, etwas weniger grob zu sein. Das Wasser war mittlerweile nicht mehr so sauber wie am Anfang…der Vater des Jungen hatte ihn wohl nicht nur geschlagen, sondern auch noch verwahrlosen lassen – kam ihm bekannt vor. Nur dass sein Alter ihn nicht an zwielichtige Typen verkauft hatte, um seine Schulden zu tilgen…es gab diesbezüglich also tatsächlich noch eine Steigerung. Vielleicht war es sogar besser, dass der Kleine hier war und nicht mehr bei seinem Erzeuger. Wozu auch immer er nützen sollte. Es war nicht seine Angelegenheit…er sollte den Pimpf baden und sich um ihn kümmern, bis man sich einig war, wohin mit ihm. Super durchdacht. „Hier, wasch dich selbst…glaub kaum, dass ich das machen soll oder?“ Er drückte dem Kurzen den Schwamm in die Hand, woraufhin er mit großen Augen angesehen wurde…ein Kopfschütteln folgte. Zögerlich begann sich das Kind zu waschen und Zabuza wandte sich ab, musste ihm nicht dabei zusehen. Er war froh, wenn er das Balg abschieben konnte…und wieder in die Arena durfte. Es juckte ihm in den Fingern, seine aufgestauten Aggressionen an jemandem auszulassen, der ihm gewachsen war. Der Zwerg, der zusammengesunken in der Wanne saß und ihn schüchtern anblickte, war es nämlich ganz sicher nicht. „Fertig?“, fragte er knapp und sah den Jungen nicken. „Gut, dann raus mit dir.“ Er nahm sich ein Handtuch und wickelte seine ungewollte Last darin ein, rubbelte ihn grob trocken. Der Junge taumelte unter den ruppigen Bewegungen, bis er…einfach gegen ihn kippte und Zabuza damit erstarren ließ. Die dünnen Ärmchen klammerten sich an ihm fest, konnten seinen Torso aber nicht mal halb umfassen…er spürte den Kopf des Jungen an seiner Brust, dessen Wärme. Sein erster Impuls war es, das Kind wegzustoßen und anzublaffen, doch dieses blieb ganz still. Hatte der keinen Schiss, dass er ihn packte und ihm den Hals umdrehte? Der Pimpf hatte ihm nicht das Geringste entgegen zu setzen. „Was wird das?!“, knurrte er, doch der Junge blieb angeschmiegt. „Hey!“ Der Kleine hob langsam den Kopf, lugte unter dem Handtuch hervor, das über seinem braunen Haarschopf lag…und dann lächelte er ihn an. Zabuza stockte merklich, wusste nicht, was das nun sollte…oder wie er darauf reagieren sollte. Warum lächelte der Hosenscheißer denn jetzt? War der nicht ganz richtig in der Birne? Oder fasste er es falsch auf, dass sich Zabuza um ihn kümmerte? Er tat das sicher nicht aus Sympathie, sondern weil man ihn sozusagen dazu zwang. „Was soll das dämliche Grinsen?“, grollte er und packte den Jungen unsanft an den schmalen Schultern, drückte ihn ein Stück von sich weg. Entgegen seiner Erwartungen zuckte dieser nicht zurück oder fing an zu heulen…er lächelte einfach weiter. Zabuza drohte der Kragen zu platzen, er fühlte sich provoziert…doch irgendwas hielt ihn davon ab, ihm eine zu tafeln. Möglicherweise die Tatsache, dass es sich um ein schwaches Kind handelte. In diesem Moment machte der Junge zum ersten Mal den Mund auf und die Worte ließen Zabuza versteinern. „Du bist wie ich.“ Das Lächeln wich nicht. Ein ehrliches, liebes Lächeln…eines, dem Zabuza nichts entgegen setzen konnte. Sein Griff lockerte sich, wortlos starrte er sein Gegenüber an, nicht fähig, etwas zu erwidern…doch eines wusste er – der Kleine hätte nicht falscher liegen können. Erst das sanfte Streicheln schlanker Finger über seine Stirn ließ ihn langsam erwachen. Etwas kitzelte seine Haut und Zabuza registrierte, dass er auf etwas Weichem lag – er riss die Augen auf, als ihm bewusst wurde, dass er nicht allein war. Aus jahrelangem Reflex heraus packte er die Hand, die ihn berührte, und drückte so fest zu, dass er ein Keuchen vernahm. Im selben Moment bemerkte er den vertrauten Geruch, der dezent nach Jasmin duftete…er lockerte seinen Griff augenblicklich, ließ aber nicht los. „…du?“, entkam es ihm mit rauer Stimme, als er nach oben blickte. Ein zärtliches Lächeln begegnete ihm aus einem hübschen, femininen Gesicht und nun wusste Zabuza auch, was ihn da kitzelte. Er hob die freie Hand und strich ihm die langen, dunklen Haare hinters Ohr, während er ihm in die Augen sah. Haselnussbraun. Nicht leer, auch nicht angsterfüllt…da war ein Schimmern in ihnen, das ihm gefiel. Als seine Hand zu seiner Wange glitt, die helle Haut untypisch sanft berührte, legte sich ein ehrliches Lächeln auf die zartrosa Lippen. „Du hast mir heute Sorgen bereitet, Zabuza-san“, hörte er den Jungen, der so viel jünger als er selbst war, wispern. Seine Stimme war angenehm samtig, doch der Unterton darin entging ihm nicht. Zabuza musterte ihn abermals, bis hin zu seiner Kleidung…es war noch derselbe, rosafarbene Yukata, den er während seines Kampfes bereits getragen hatte. Es ließ ihn noch weiblicher wirken, doch das war es nicht, was Zabuza so daran störte – auch wenn er ihm in Hosen besser gefiel. Etwas anderes störte ihn sehr viel mehr und als er sich in dem Stoff verkrallte, diesen ein Stück zur Seite zog…die Male auf seiner blassen Haut erkannte, schürte es die Wut in ihm. „Das sagt der Richtige…“, brummte er, doch das Lächeln wankte nicht. Seine große Hand wurde von den feingliedrigen Fingern umfasst und gestreichelt, dann zu seinem Mund geführt…sachte geküsst. Zabuza erschauderte und kurz war er nicht fähig, sich dieser Berührung zu entziehen – doch dann kam er zur Vernunft. „Lass das, Haku…“, knurrte er nicht ganz so finster, wie er gewollt hatte. Der Genannte gehorchte auch, jedoch blieb er bei ihm sitzen, streichelte ihm weiter durch die Haare. Zabuza fragte sich, wie er es hier aushalten konnte, in dem Dreck…mit dem Geruch von Schweiß und Blut, doch dann erinnerte er sich daran, was der Junge vermutlich sonst erdulden musste. „…hast du Schmerzen?“, fügte er grimmig an und Haku lächelte nachsichtig. „Nein“, erwiderte er und musterte ihn nun seinerseits. „Keine nennenswerten im Vergleich zu deinen.“ Zabuza ahnte, dass er log, doch er wollte nicht weiter darüber diskutieren. So angenehm es war, im Schoß des Jungen zu liegen, so sehr ärgerte es ihn. „Du solltest nicht mehr herkommen.“ „Verzeih.“ „Wenn du dich ständig hier reinschleichst-“ „Es gibt nur eines, das mir wirklich Angst macht.“ Zabuza wollte es gar nicht erst hören, er wollte eigentlich gar nichts mehr hören. Wie schon damals hatte Haku dieses Talent, Worte zu wählen, die ihn aus der Fassung brachten. Er war immer viel zu ehrlich…im Gegensatz zu ihm selbst. „Ich habe dir Wasser mitgebracht“, riss ihn die leise Stimme aus den Gedanken und er blickte auf, als ihm die Flasche an die Lippen gehalten wurde. Wasser…der Junge musste wirklich ein Engel sein, so wie er über ihn wachte. Im nächsten Augenblick widerte ihn dieser kitschige Gedanke an und er war froh, dass Kisame zu schlafen schien, sie beide nicht beobachtete. Die Flüssigkeit benetzte seine trockene Kehle und er schluckte gierig, spülte den eisenhaltigen Blutgeschmack herunter. Er trank so hastig, dass er sich verschluckte und sich daher aufsetzen musste. Vorsichtig rieb Haku mit seinen zierlichen Händen über seinen breiten Rücken…ehe er seine Wange an seine heiße Haut schmiegte, die Arme um ihn legte. Nicht zu fest, vermutlich wegen seiner Wunden…Zabuzas Unterleib zuckte bei der Berührung. „Haku…“ Doch dieser ließ ihn nicht los, trotz des mahnenden Untertons…stattdessen drückte er sich nur enger an ihn. Es war nicht so, dass Zabuza ihn nicht gern in seiner Nähe hatte, allerdings traute er sich in diesem Fall selbst nicht. „Lass mich los, Haku“, knurrte er – erneut erfolglos. Er nahm wahr, wie der Atem des Jungen über seine Haut blies. „…warum?“ Die Frage konnte man verschieden deuten, doch Zabuza meinte, den Sinn dahinter zu verstehen. So viele Male hatte er ihn zurückgewiesen…er kannte ihn, seitdem er acht Jahre alt war. Trotz allem war er immer noch ein Kind…es war nicht richtig. „Frag nicht und verschwinde!“ Kurz herrschte Schweigen zwischen ihnen, dann spürte er, wie sich Haku von ihm löste. Zabuza wehrte sich nicht, als der Jüngere aufstand – jedoch nicht, um zu gehen, sondern um sich vor ihn zu stellen. Er blickte ihm in die Augen, nicht wissend, was jetzt kommen würde. Warme Handflächen schlossen sich um seine Wangen, hoben seinen Kopf ein Stück an…die Daumen streichelten ihn. Der Blick war intensiv, fesselnd…die Lippen näherten sich den seinen…und Zabuza stellte nicht zum ersten Mal fest, dass Haku viel zu schön war. Es fiel ihm schwer, doch er drehte den Kopf ruckartig weg, ließ den Jungen in seinen Bewegungen erstarren. „Geh jetzt!“, grollte er und hoffte, dass der andere nicht bemerkte, wie schwer ihm der Befehl fiel. Haku starrte ihn an, mit leicht geröteten Wangen…und Zabuza konnte sich den verletzten Ausdruck in den haselnussbraunen Augen nur zu gut vorstellen, sah absichtlich weg. Es war ja nicht das erste Mal, dass er ihn fortschickte. Es war besser so – für sie beide. Eine Antwort erfolgte nicht, nur ein Nicken, dann wandte sich der Junge um. Seine Schritte waren kaum hörbar, ebenso wie das leise Klicken, als er die Zelle wieder verschloss. Es wurde wieder still in seinem Gefängnis. „Du bist so ein Vollidiot.“ Zabuza warf einen finsteren Seitenblick zu Kisame, der auf seiner Pritsche lag und an die Wand blickte. Also hatte er doch noch nicht geschlafen. „Ich hätte ihn nicht gehen lassen.“ „Kümmere dich um deinen Scheiß, Kisame“, raunzte er zurück, doch der andere lachte nur rau auf. „Mein Scheiß ist geklärt – auch wenn du nicht dran glaubst.“ „Tse…“ Er hörte die harte Matratze knarzen, als sich der Mann aufsetzte und zu ihm rüber blickte. „Andere würden sich darum reißen, so viel Aufmerksamkeit von ihm zu bekommen.“ „Schön für die anderen.“ Er funkelte Kisame warnend an – sie waren hier immerhin nicht allein, er wollte nicht, dass jemand etwas mitbekam. Ohnehin rankten sich schon genug Gerüchte um seine Beziehung zu Haku. Wenn es ernst wurde, würden sie ihn seine Fehler ausbaden lassen. „Wie auch immer…halte dich bereit!“ Die grünen Raubtieraugen leuchteten in der Dunkelheit auf, ein breites Grinsen ließ scharfe Zähne aufblitzen. Wie auch er selbst hatte Kisame schon viele Kehlen zerfetzt…sie waren Mörder. Der Abschaum der Welt…im Vergleich zu ihnen war Haku so rein wie ein Neugeborenes. Sie beide hatten die Wahl gehabt und sich für diesen Weg entschieden – auch wenn sie durch ihre Kindheit in gewisse Bahnen gelenkt worden waren. Selbst wenn Kisame Recht behalten sollte, sein Plan aufging…was würde das für Menschen wie sie bedeuten? Außerhalb dieses Lochs waren sie nichts. Sie hatten keinen vorzeigbaren Lebenslauf, keine Ausbildung, kein Geld…nicht mal mehr einen Ruf. Zabuza konnte sich nicht erklären, wieso Kisame so verdammt überzeugt davon war, dass es dort draußen besser sein würde. Wenn sie Pech hatten, wanderten sie direkt in den nächsten Knast. Wieso sollte ihnen jemand helfen wollen? Jemand, der normal war…der all das war, was sie beide nicht waren, und all das besaß, was sie beide nicht besaßen…so naiv kannte er seinen Freund nicht. Er traute niemandem…außer Kisame und Haku. Und gerade Letzteren musste er so gut beschützen, wie es ihm möglich war. „Wenn du Recht hast und es funktioniert, dann nimm ihn mit.“ Kisame hob eine Braue, ließ ihn aber ausreden. „Egal, was passiert…kümmere dich um ihn, klar? Er ist noch jung…und an seinen Händen klebt kein Blut. Er ist nicht wie wir…er verdient was Besseres.“ Ein paar Sekunden lang schwieg Kisame, dann nickte er knapp und Zabuza ließ sich zurück auf die Pritsche fallen. Das reichte ihm. Mehr konnte er nicht tun…nur weitermachen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)