Hands of blood von lunalinn (Zabuza/Haku) ================================================================================ Kapitel 1: Kennel ----------------- Mit zusammengebissenen Zähnen hatte sich der Junge zusammengerollt, die Arme um seinen dünnen Körper geschlungen. Obwohl er größer als andere Kinder in seinem Alter war, fühlte er sich gerade schwach und erbärmlich. Wann immer die Fäuste auf ihn nieder regneten, zog er den Kopf dichter an die Brust, schützte die empfindlichen Stellen ebenso mit Armen und Knien. Mit rasendem Herzen harrte er aus, wartete, bis der Mann sich abreagiert hatte…es dauerte, bis es soweit war. “Mach, dass du verschwindest, du Stück Dreck!“, lallte dieser und taumelte von ihm weg – nicht ohne ihn ein letztes Mal in die Seite zu treten. Der Junge starrte ihn vernichtend an, voller Hass und Abscheu, ehe er sich mühselig aufrappelte. Irgendwann wäre er erwachsen, groß und kräftig genug, um diesem Scheißkerl alles heimzuzahlen. Doch gerade eben war er nur ein Kind, gerade mal 7 Jahre alt…er hatte seinem Vater nichts entgegenzusetzen, wenn dieser mal wieder im Suff die Kontrolle verlor. Er versuchte, keinen Laut von sich zu geben, als er Richtung Haustür hinkte – er musste hier raus, brauchte frische Luft. Es war immer dasselbe und er hatte keine Lust, sich noch länger anhören zu müssen, dass er ein nichtsnutziger Bastard war. Seine Mutter war auch nicht besser – er wusste nicht mal, wo sie gerade war, vermutlich setzte sie sich in irgendeiner Ecke die nächste Spritze, ehe sie wieder anschaffen ging. Sie waren beide Versager. In den Sommernächten konnte er auch draußen pennen, auf den Schrottplätzen zum Beispiel, und das würde er auch in dieser Nacht tun. In die Schule musste er nicht, war nie da gewesen, weil man ihn gar nicht erst angemeldet hatte. Er war laut seinen Eltern ja sowieso zu dumm, warum sollten sie also Geld für ihn ausgeben? Es wunderte ihn ja schon, dass die zwei ihn als Baby nicht einfach von der Brücke geworfen hatten…verächtlich schnaubte er, schlug den Weg zum Schrottplatz ein. Außer ein paar streunenden Katzen war dort eigentlich niemand – es sei denn, die Dealer verabredeten sich dort, doch die ließen ihn meistens in Ruhe. Wenn nicht, musste er halt die Beine in die Hand nehmen…das war er schon gewöhnt. Sich ein Keuchen verbeißend, humpelte er zu einem schmuddeligen, roten Fahrzeug, an dem der Lack schon rostete. Na gut, für die Nacht sollte der reichen, wenigstens bekam er dann mal ein paar Stunden Schlaf. Dann war er ausgeruht genug, um sich am nächsten Tag das Frühstück klauen zu können. Er riss die quietschende Tür auf, wollte sich gerade auf die Rückbank werfen, als etwas aus dem Wagen sprang und ihn zu Boden riss. Er stöhnte vor Schmerz auf, weil seine Blutergüsse bei dem Sturz zusammengequetscht wurden. „Was willst du hier?! Das ist mein Schlafplatz, klar?!“, wurde er angezischt und sah blinzelnd zu dem Angreifer hoch. Dieser konnte zu seiner Verwunderung nicht viel älter als er selbst sein…stechend grüne Augen fixierten ihn, wirkten wie die eines Raubtiers. Sein Gesicht war grobkantig und ebenso demoliert wie sein eigenes, doch das war in diesem Bezirk keine Seltenheit. Der Junge machte einen noch bulligeren Eindruck als er selbst und er war stark, was es schwierig machte, sich aus dem Griff zu befreien. „Pfoten weg, du Arschloch!“, blaffte er ihn an, wand sich, trotzdem es aussichtslos schien. „Der Platz gehört dir nicht! Ich bin immer hier!“ „Ist mir doch egal, jetzt ist es mein Platz, also verschwinde!“ „Verschwinde du doch!“ „Bist ja ziemlich frech für ne halbe Portion…“ „Du bist doch selbst eine!“ „Fresse!“ Sie rangelten miteinander, schlugen sich schließlich sogar, wobei der größere Junge bessere Chancen hatte. Keuchend wurde er wieder festgenagelt, spürte das Blut aus seiner Nase tropfen und der Hass sprühte aus seinen Augen…zuhause wurde er schon genug erniedrigt – hier würde er das nicht mitmachen! Sein Gegner funkelte ihn belustigt an, ignorierte, dass er an der Lippe blutete. „Wenigstens schlägst du nicht wie n Mädchen“, meinte er und erhob sich. „Trotzdem…such dir gefälligst ne eigene Karre!“ „Fick dich!“, grollte der Kleinere und rappelte sich schwerfällig auf. Sein Gegenüber musterte ihn mit diesem stechenden Blick – er erinnerte ihn unweigerlich an einen Hai. Ihre Blicke hakten sich ineinander, unnachgiebig…dann schnaubte der Hai-Junge und wischte sich das Blut von der Lippe, ehe er ihm den Rücken kehrte. Ein Fehler, denn schon wurde er mit einem Schrei von hinten angesprungen und zu Boden gerissen. Man konnte es den Beginn einer wunderbaren Freundschaft nennen… Als er erwachte, war er allein. Er lag auf seiner Pritsche in der Zelle, in der er in letzter Zeit öfter vor sich hinvegetierte. Von der Decke tropfte die Nässe, da die Rohre undicht waren und generell war es kalt, ähnlich wie in einem Kerker. Anscheinend hatte man ihn wenigstens versorgt, denn er war notdürftig vom Blut gereinigt und seine Wunden versorgt worden. Unzufrieden kratzte er an dem Verband, der ihn schon jetzt störte, während er sich ächzend aufzusetzen versuchte. „Na, doch noch unter den Lebenden?“ Er verengte die Augen, warf einen Blick zur Seite, wo ihm ein breites Grinsen begegnete. Das Grinsen eines Hais. Viel hatte sich über die Jahre nicht verändert…außer, dass sie tatsächlich Kumpels geworden waren. Die kleine Schlägerei war am Ende unentschieden ausgegangen, so dass sie sich den Respekt des jeweils anderen hatten sichern können. „…sahst echt beschissen aus, als die dich zurückgebracht haben“, fuhr der Mann, der durch die Gitterstäbe spähte, fort. „Du hast einen von den Gaffern angesprungen? Ernsthaft?“ Das Geplapper nervte ihn im Moment eher, als dass er es amüsant fand. Ihm dröhnte der Schädel und er hatte Durst…doch er konnte kein Wasser in der Zelle entdecken. Vermutlich war das Absicht, sicher gab es bis morgen früh nichts. „Ja“, erwiderte er schließlich doch noch und sein Zellennachbar begann laut zu lachen. „Oh man…nicht schlecht“, kommentierte dieser und rang ihm damit ein mürrisches Zucken der Mundwinkel ab. „Ich hätte das zu gern gesehen…hat sich der Kerl nassgemacht?“ „Fast“, brummte er heiser und räusperte sich. „Hab ihn leider verfehlt…“ „Na ja, vielleicht besser so“, meinte der Hüne von nebenan. „Die hätten dich sonst totgeprügelt, Zabuza.“ Der Angesprochene hatte dafür nur ein abfälliges Schnauben übrig. „Sollen sie doch…fängt langsam an, mir egal zu werden. Ist doch eh immer dasselbe, tagein, tagaus. Also lass mich in Ruhe, Kisame.“ Sein Kumpel schwieg einen Moment, wobei das Grinsen aus seinen Zügen wich und er nachdenklich wurde. Die meisten sahen in ihm nur das Monster, hielten ihn vermutlich auch noch für primitiv und dumm, doch die kannten den Hai nicht wirklich. Kisame war alles andere als ein hirnloser Schläger – noch einer der Gründe, warum sie seit Jahren befreundet waren. Nun, vieles war auch Eigennutz, denn es war viel wert, wenn man jemanden hatte, auf den Verlass war. „Mach keinen Scheiß, Zabuza“, brummte Kisame ihm leise zu. „Ich hab dir gesagt, dass ich…vielleicht ne Möglichkeit hab…“ Zabuza gab einen spöttischen Laut von sich. „Da glaubst du doch selbst nicht dran. Wir sitzen hier seit Jahren fest…und du setzt deine Hoffnung in…sowas.“ Ein wütendes Knurren folgte auf seine Worte. „Ich vertraue ihm, klar? Doch wenn du dich lieber umbringen willst…mach halt, du Idiot!“ Zabuza setzte sich mit grimmiger Miene auf, wobei er jeden Knochen im Leibe fühlte. Hoffentlich hatte er nicht morgen direkt wieder einen Kampf – und wenn, dann besser nicht auf Leben und Tod. Andererseits hatte er es doch eben gesagt – was gab ihm das Leben noch? „Solltest aber nicht vergessen, dass das jemandem nicht egal wäre – und damit meine ich nicht mich!“ Die Worte gaben Zabuza zu denken, auch wenn er es äußerlich nicht zeigte. Eigentlich hatte er sich vorgenommen, Abstand davon zu nehmen – es hatte keinen Sinn. In ihrer Welt aus Dreck und Blut gab es keine Hoffnung auf etwas Besseres und für ihn schon mal gar nicht. Wie lange saß er nun schon hier fest? Er war in dem schlimmsten Randbezirk von Kiri aufgewachsen, Raub, Mord und Vergewaltigungen standen auf der Tagesordnung…man wurde praktisch als Verbrecher großgezogen. Wobei Kisame und er sich das meiste selbst hatten beibringen müssen, um zu überleben – nachdem sie damit aufgehört hatten, sich gegenseitig die Fresse zu polieren. Zusammen hatten sie sich immer irgendwie über Wasser halten können, auch wenn die Zeiten hart gewesen waren, doch nun formte sich langsam die Sackgasse, der sie bisher entronnen waren. Seit Jahren kämpften sie hier, anfangs war es tatsächlich der Nervenkitzel gewesen, der sie hergetrieben hatte. Sie waren gerade volljährig gewesen, hatten sich freiwillig auf diese Art von Kämpfen eingelassen. Das Geld war so verlockend gewesen, ebenso wie die Anerkennung, der Jubel der Menge, wenn man über einen Gegner triumphierte. Es schien, als gehörte der Untergrund ihnen…doch wie so vieles im Leben war es lediglich ein Trugbild gewesen. Nie hätten sie sich auf diesen Deal einlassen sollen, der ihr Schicksal besiegelt hatte. Einen Sponsor hatte sich dieses Arschloch genannt, ihnen mehr Geld, mehr Frauen und Erfolg versprochen – natürlich war es ein Trick gewesen. Sie hatten sich diesem Scheißkerl verschrieben, der ihre Kohle einsteckte und ihnen nur einen geringen Prozentteil zukommen ließ. Als sie dies durchschaut hatten, war es bereits zu spät gewesen. Im Endeffekt waren sie zu Hunden degradiert worden, die zurück in den Zwinger kamen, wenn sie ihre Leistung gebracht hatten. Die Köter, die nicht gehorchten, wurden abgeknallt – es wäre nicht das erste Mal, dass dies vor ihren Augen geschah. Eine Warnung für diejenigen, die sich nicht beugen wollten, und Zabuza war bewusst, dass Kisame und er selbst nur noch lebten, weil sie so viele Kämpfe gewannen. Der Hai und der Dämon waren beliebt beim Publikum, es kamen immer viele Leute, wenn einer von ihnen kämpfte. Ein paar Mal hatten sie auch gegeneinander antreten müssen, doch nie bis in den Tod, schließlich würden die Umsätze sinken, wenn einer von ihnen starb. Bisher hatte man ihnen ihre Aufmüpfigkeit aus diesem Grund noch immer verziehen, doch ihre Bewegungsfreiheit war eingeschränkt worden. „Was meinst du, wie lange lassen sie uns diesmal hier drin verrotten?“ Zabuza schnaubte bei der gelangweilt klingenden Frage, zuckte dann mit den Schultern; die Bewegung sandte den Schmerz erneut durch seinen Körper. „…nicht zu lange“, erwiderte er nach einem kurzen Moment des Schweigens. „Können die sich nicht leisten.“ Kisame runzelte die Stirn. „So oft, wie wir schon die Regeln gebrochen haben?“ „Die können uns nicht ewig einsperren.“ „Aber ein paar Wochen…das weißt du.“ „Und wenn schon…“ Zabuza ließ sich zurück auf die Pritsche fallen, wobei er die nagenden Gefühle von Hunger und Durst zu verdrängen versuchte. „Du nimmst das ja sehr gelassen“, hörte er Kisame brummen. „Was soll ich sonst machen? Mich aufregen? Ist doch jedes Mal das gleiche Spiel…und im Endeffekt bringt es nichts.“ Kisame lachte rau auf. „Tja, braucht eben mehr, welche von unseren Kaliber klein zu kriegen.“ Zabuza nickte zustimmend und sah aus den Augenwinkeln, wie sich sein Kumpel ebenfalls wieder auf seine Pritsche legte. Er wusste, dass er es besser haben könnte, wenn er sich beugte…diesen Arschlöchern brav gehorchte, doch das war nicht seine Art. Er war keiner von diesen heuchlerischen Schleimern, da saß er lieber hier unten – ausgebeutet wurde er sowieso und gehen konnte er auch nicht. Er schloss die Augen, wollte noch ein wenig ausruhen, bevor es wieder losging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)