after Weiß von KarliHempel ================================================================================ Kapitel 24: XXIV ---------------- Langsam trat er in das verlassene Bürogebäude ein. Sein Porsche stand versteckt auf der fast fertigen Baustelle. Sein Herz schlug hart gegen seinen Brustkorb. Er wusste, dieser Mann war hier. Er würde ihn hier finden und ihn zur Rede stellen. Was auch immer für ein Spiel mit ihm gespielt wurde, es würde jetzt und hier sein Ende finden. Das schwor er sich. Alte Folien hingen wie Spinnenweben von den Decken und Fenstern. Früher war es mal ein Schutz gegen die Witterungen, doch seit die Fenster eingesetzt waren, waren sie unnötig und vergessen worden. Einmal mehr fragte Ran sich, was für ein Mensch sich hier versteckte. Hier auf einer Baustelle, auf der hunderte Leute ein und aus gingen. Mit einem Blick aus einem Fenster erkannte er das kleine Café, in das er Miko ausgeführt hatte. Gott! Waren sie sich wirklich so nahe gewesen? Von draußen grollte der erste Donner heran und vereinzelte Blitze zerrissen den Himmel. Das Gewitter war noch weit weg, doch es drohte bereits mit seiner Naturgewalt. Es war so passend für seine Situation. Diese Energie würde er nicht ungenutzt lassen. Er würde seiner Wut freien Lauf lassen und sich für die letzten Monate Genugtuung verschaffen. In der obersten Etage angekommen lief er auf die einzige geschlossene Tür zu. Im Gegensatz zu den Anderen Türen wirkte sie fast wie eine Wohnungstür. Fest umgriff er sein Schwert. Seine Kiefer spannten sich an. Zögerlich griff er nach der Klinke. Nun war der Moment der Entscheidungen gekommen. Dieser Fremde konnte sich nicht mehr verstecken. Wenn Ran ehrlich mit sich war, konnte auch er sich nicht mehr verstecken. Nicht vor sich selbst, seinen Gefühlen oder diesem Drang in ihm. Das mit Mister X würde heute enden. So oder so. Er öffnete die Tür, so leise es ihm möglich war, und trat ein. Er stutzte. Dieser vermeintliche Büroraum war ein Loft. Hier wohnte jemand. Fenster waren eingesetzt, zogen sich wie ein gläsernes Band an der Fassade entlang. Auf einen Blick erkannte er einen Wohn- und einen Schlafbereich. Ein Blitz erhellte den Raum. Rans Körper geriet in Anspannung. An einer der Glasscheiben stand ein Mann. Er hatte nur den Rücken gesehen, doch es reichte ihm um ihn als den Fremden zu identifizieren, der mit ihm dieses Spiel gespielt hatte. „Dabei war ich am Anfang so vorsichtig“, drang die Stimme fast bedauernd zu ihm. „Aber ich wurde unvorsichtig, nicht wahr?“ Alle Anspannung löste sich von Ran, als die Erkenntnis ihn wie einen Hammerschlag traf und er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Schuldig“, fiel es ihm über die Lippen. Neue Blitze zerrissen den Himmel und Schuldig drehte sich zu ihm um. Er konnte es nicht fassen. „Du?“, begann er und umgriff sein Schwert fest. Im Bruchteil einer Sekunde liefen all ihre Treffen vor seinem inneren Auge ab. Nur diesmal war die zweite Hauptperson bekannt. „Du!“, zischte er und ging auf den Deutschen los. Er war wütend und enttäuscht. All die Zärtlichkeiten nur gespielt, um ihn zu demütigen, ihn zu verhöhnen. Er konnte es nicht fassen. Und er hatte alles mitgemacht, hatte sich blind in seine Hände begeben und sich von ihm vorführen lassen. Schuldig wich seinem Angriff aus und Ran setzte ihm nach, musste seine Energie loswerden. Was hatte er auch erwartet? Alles! Alles, außer Schuldig. War er deswegen enttäuscht? Er stockte in der Bewegung, als er sich diese Frage verneinen musste. Vorsichtig richtete er sich auf. Die Wut wich der Ratlosigkeit. „Warum?“, fragte er und erntete einen Blick, der mitgenommener nicht sein konnte. Hatte er die Frage jetzt wirklich Schuldig gestellt, oder doch eher sich? Warum hatte Schuldig das mit ihm getan? Warum hatte er den Deutschen nicht eher erkannt? Warum fühlte es sich nach dieser Erkenntnis nicht schlechter an? Warum sehnte er sich dann jetzt noch immer nach dieser Wärme und dem Geruch von Kaugummi? Schuldig schwieg sich aus, trat auf ihn zu und nahm seine Hände aus den Hosentaschen. Ran lehnte einzig seine Schultern weiter nach hinten. Die Anspannung verließ ihn, dennoch war da eine Spur Skepsis. Er ließ sein Schwert sinken, sah keine Gefahr für sein Leben. Der Blick, mit dem Schuldig ihn ansah, versprach ihm tausend Dinge, doch gewiss nicht seinen Tod. Große Hände fuhren in seinen Nacken und Ran spürte, wie er sich sofort entspannte. Als sich die warmen Lippen auf seine legten, schloss er die Augen. Sein Schwert fiel klingend auf den Boden, ließ einen, schon so lange festgezogenen Knoten bersten. Endlich! Endlich konnte er seine Hände in den fremden Nacken legen. Gierig griff er danach, vergrub seine Finger in dem weichen Haar, zog Schuldig enger an sich und presste ihm seine Lippen fester auf. Einladend teilten sich die Lippen und Ran drang vor, erkundete den Mundraum, schmeckte diesen herben Geschmack mit der unverwechselbaren Note Kaugummi. Sein Herz schien zu stolpern, um dann mit doppelter Geschwindigkeit weiterzurasen. Er war es! Dessen war Ran sich ganz sicher. Der Donner knallte und die Blitze zuckten über den Himmel. Schuldig zog ihn mit sich und er folgte widerstandslos. Er wusste, was passieren würde und er wollte es. Er wollte ihn. Seine Wut und Enttäuschung machten der Lust und der Sehnsucht platz. Zum Streiten war auch morgen noch Zeit. Schuldig löste seine Arme um seinen Körper, einzig der Kuss wurde gehalten. Ein Lächeln zuckte über Rans Lippen. So war es schon immer zwischen ihnen gewesen. Dieser Mann ließ ihn nicht los. Sie brauchten keine Worte, um sich zu verstehen. Irgendwie beruhigend. Er spürte, wie Schuldig niederging, und öffnete seine Augen, beobachtet, wie er sich auf die Bettkante setzte. Endlich konnte er ihn ansehen, die Blicke deuten, das lockende Lächeln erwidern. Er sah die Begierde, die sein Herz schneller schlagen ließ. Doch nun war es an ihm, dieses Spiel zu beherrschen. Und er hatte andere Regeln, ein anderes Tempo für diese Nacht beschlossen. Er löste sich von Schuldig, trat einen Schritt zurück und musterte den Deutschen. Warum war er nicht eher darauf gekommen? Es spielte keine Rolle. Ran senkte seinen Blick, öffnete langsam seinen Mantel. Er war sich sicher, dass sie beide wussten, wie das hier weiter gehen würde. Als er wieder aufsah, ließ er seinen Mantel von seinen Armen gleiten. Auch Schuldig erhob sich, öffnete das Hemd und zog es demonstrativ aus, ließ es achtlos neben sich fallen. Auffordernd hob er das Kinn und ein dunkles Lächeln zog sich über seine Lippen, das Ran nur erwidern konnte. Mit nur einem Schritt war er bei Schuldig und griff grob nach dessen Hosenbund. Da war er. Der spielerische Kampf um die Dominanz. Er hielt dem Blick des Deutschen stand und öffnete dessen Hose. Der Deutsche strich im sanft in den Nacken und küsste ihn. Da war so viel Gefühl, so viel Zärtlichkeit, wie an jedem Abend in dem Hotel. Samt Shorts schob Ran ihm den Stoff von der Hüfte. Das kurze Zucken an Schuldigs Mundwinkel war ihm ein deutliches Zeichen. Da wollte jemand mehr. Er stieß ihn auf das Bett, zog ihm den letzten Stoff von den Füßen, ließ ihn einfach irgendwo fallen und öffnete dann betont langsam seine eigene Hose. Der Regen prasselte gegen die Scheiben und Donner und Blitz wechselten in schneller Abfolge. Es war die perfekte Nacht dafür. Für sie. Noch einmal atmete er durch, schob sich die Hose und seine Shorts von den Beinen und stieg aus ihnen heraus. Je näher er an das Bett herantrat, desto weiter rutschte Schuldig zurück, stützte sich entspannt mit seinen Händen ab und lockte ihn mit Blicken. Ran kroch auf seinen Knien auf das Bett stützte sich über Schuldig ab, sah auf ihn nieder. Dessen dunkles Lächeln und sein fester Blick trieben ihm heiße Schauer über den Rücken. Gott! Wenn er das nur vorher gewusst hätte. Bedächtig schob sich der Deutsche nach oben, griff nach Rans Nacken und zog ihn in einen Kuss, der sie beide schnaufen ließ. Dieser Kuss war so anders. So viel tiefer als alle anderen zuvor. Nun wusste er, warum Schuldig dieses Spiel gespielt hatte. Warum er auf diese blöde Augenbinde bestanen und ihm so wenige Worte geschenkt hatte. Erneut griff er in das Haar des Deutschen, der seine Hände über die Seiten an seine Hüfte gleiten ließ. Sanft aber bestimmt platzierte er Ran auf sich. Dieser Mann wusste wirklich, wie er bekam, was er wollte. Über ihnen wütete das Gewitter, schlug mit kaltem Regen gegen die Scheiben, grollte mit lautem Donner und gleißend hellen Blitzen. Doch die Natur wurde ignoriert. Immer leidenschaftlicher küssten sie sich, rieben ihre erhitzten Körper an einander. Sie wollten mehr. Sie wollten sich. Flinke Finger bereiteten seinen Körper vor, entlockten Ran ein leises Keuchen. Die Bewegungen an und in seinem Körper waren so wunderbar vertraut und doch prickelnd neu. Fest griff er nach dem straffen Rücken, zog Spuren mit den Nägeln, wollte mehr. Schuldigs Geräusche trieben ihm immer neue Schauer durch den Körper, als dieser sich mit aufsetzte und ihn festhielt. Stöhnend legte Ran den Kopf in den Nacken. Endlich spürte er ihn wieder. Dieses Mal brach keine Panik bei dem Gedanken an fehlenden Schutz aus. Zwischen ihnen herrschte ein Vertrauen, dass er wohl nie wirklich beschreiben konnte. Eine heißt Zunge glitt über seine Kehle, hinterließ nur einen hauchzarten Film. Es war genauso, wie er es mochte, wie es schon die ganze Zeit mit ihm, mit Schuldig war. Tief ließ er sich auf den Mann sinken, entlockte ihm ein tiefes Stöhnen. Schuldig klang befreit. Seine Hände stricken über Rans Rücken, seine Nägel gruben sich in seine Haut, je tiefer er sank. Als nichts mehr ging, öffnete er seine Augen, ließ seinen Kopf sinken, sah Schuldig in die Augen. Ihr beider Atem ging flach und schnell. Ein Blitz zuckte vor dem Fenster, erhellte das Zimmer für den Bruchteil eines Augenblickes, zeigte Ran in diesem Moment, in Schuldigs Blick, alles, was er sehen musste. Sie fühlten das Gleiche. Gierig küsste er Schuldig, der diesen Kuss sofort erwiderte. Ran hob sich langsam, spürte, wie Schuldig seine Arme eng um seinen Körper schlang, ihn fest an sich zog und ihn bei jeder Bewegung unterstützte. Der zusätzliche Körperkontakt intensivierte das lange vermisste, lodernde Gefühl in ihm. Es war fantastisch! Ihre Bewegungen wurden fahriger, schneller, ihre Küsse von lustvollen Lauten unterbrochen und sie umklammerten sich, als sie sich gemeinsam dem freien Fall hingaben. Ran verweilte mit geschlossenen Augen an dem warmen Körper, bis er das Gefühl in seinen Körper zurückkam. Langsam schob er seinen Oberkörper etwas zurück, sah Schuldig an. Dessen fliehender Atem und die erregte Röte auf seinen Wangen in Kombination mit den verschwitzten Haaren ließen Ran lächeln. Er sah fertig aus. Schuldig hob den Kopf und sah ihn an. Sein Lächeln wurde weicher, als eine Hand sich in seinen Nacken schob, ihn dort zärtlich streichelte. Die Leidenschaft war vergangen, doch das warme Gefühl in seinem Magen war geblieben. Mit Bedacht legten sich Schuldigs Lippen auf seine. Für ihn eine alles sagende Geste. Schuldig lehnte sich zurück und Ran folgte widerstandslos. Langsam öffnete Ran die Augen, sah auf den Arm, auf dem sein Kopf lag. Dieses Bild war ihm seltsam vertraut. Die Sonne strich ihm sanft über das Gesicht und lockte ihn immer weiter aus seinem Schlaf. Tief atmete er durch und wandte sein Gesicht zur anderen Seite. Er war es wirklich! Schuldig lag neben ihm und atmete ruhig. Sicher schlief er noch. Ein seichtes Lächeln huschte über Rans Gesicht. Bis zum Morgengrauen hatten sie sich geküsst und Zärtlichkeiten ausgetauscht und waren dann zusammen eingeschlafen. Das Gewitter war vorbeigezogen und machte nun dem frischen, gereinigten Morgen Platz. So fühlte sich Ran. Gereinigt. Von etwas durchwaschen, dass er immer vermisst und ausgerechnet in den Armen des ehemaligen Feindes gefunden hatte. Der Gedanke brachte ihm Ruhe und so schlief er noch einmal ein. Als er das nächste Mal wach wurde, war Schuldig weg. Ran setzte sich auf und sah in den Wohnraum, nahm sich Zeit, die Einrichtung bei Tageslicht wirken zu lassen. Direkt hinter dem Kopfteil war eine Glasfront, ebenso wie zu seiner Rechten. Das Bett stand, mit einem Abstand von gut drei Metern, mittig zwischen poliertem Beton und Glas. Vor ihm erstreckte sich das Wohnzimmer. Rechts ein kleiner, runter Tisch mit zwei Sesseln, von denen man Abend sicher einen fantstischen Blick über die Stadt hat. Sehr zentral stand ein Holztisch mit sechs Stühlen. Dahinter konnte er eine Couch und einen Fernseher auf mindestens zwei Kommoden erahnen. Und auf der linken Seite, hinter der Wohnungstür erstreckte sich eine Theke mit vier Hockern. Dahinter ging es weiter, aber Ran konnte es nicht erkennen. Sicher war da die Küche. Seine Aufmerksamkeit huschte zurück zur Theke, hinter der Schuldig hervorkam. Die Haare hochgebunden, in legerer Kleidung und mit kabellosen Kopfhörern auf den Ohren. Still beobachtete Ran, wie der Telepath eine Schale Obst auf den großen Tisch stellte und ihn dann ansah. „Morgen. Frühstück?“ Ran nickte etwas perplex. War das hier real? Schuldigs wissender Blick und sein Grinsen auf jeden Fall! Aber der Rest? Diese Wohnung und dieser Mann, der sich ganz lässig die Kopfhörer in den Nacken schob? „Bad?“, fragte er und Schuldig deutete auf die Betonwand, die Ran zu Beginn seiner Besichtigung nur als einfache Wand wahrgenommen hatte. Bei genauerem Hinsehen erkannte er nun die graue Tür. Wie raffiniert. Ein festes Schlucken ging durch seine Kehle, denn Schuldig ließ ihn nicht aus den Augen, hatte noch immer dieses überlegene Lächeln auf den Lippen. Ran schnaufte, raffte das Laken, dass ihn bedecke zusammen und schob sich vom Bett, ehe er bemüht war, das Bad zu erreichen, ohne zu stolpern. Schuldigs Lächeln wurde breiter, das sah er aus dem Augenwinkel heraus. Im Bad zog er die Tür hinter sich zu und sah sich um. Eine ebenerdige Dusche, eine freistehende Wanne, eine Palme im Topf und eine kleine Holzbank, auf der Kleidung und zwei Handtücher auf ihn warteten. Er ließ das Laken falle und stellte sich unter die Dusche. Das Wasser in der Leitung war noch warm. Schuldig war also auch noch nicht all zu lange wach. Ran wusch sich und trocknete sich mit den weichen Handtüchern ab. Doch, so konnten die Tage durchaus öfter beginnen. In seinem Kopf hörte er ein Kichern und stockte. Shit! Das hatte er vollkommen verdrängt. Er musste aufpassen, was er dachte. Eilig zog Ran sich an und kam ins Wohnzimmer zurück. In der Zwischenzeit hatte Schuldig den Tisch gedeckt, saß an der Stirnseite und schien nur auf ihn zu warten. Ran presste seine Lippen aufeinander. Das mit ihnen musste anders beginnen. „Bitte ließ nicht meine Gedanken“, meinte er und erhaschte Schuldigs Neugier. „Ich fühle mich sonst eingeengt“, schob er als Erklärung nach und Schuldig musterte ihn für einen Moment. „Gut. Ich lese deine Gedanken nicht, wenn es nicht sein muss.“ Das war ein Anfang. Aber ... „Versprich es!“ Warum er darauf einen solchen Wert legte? Das war fast etwas kindisch. „Ich verspreche es dir. Möchtest du jetzt mit mir frühstücken?“ Er nickte und kam zu Schuldig, setzte sich an den Platz an der langen Seite neben Schuldig ein, den dieser ihm zugeteilt hatte. Sie waren sich nahe. Und so seltsam diese Situation auch war, es war nicht unangenehm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)