after Weiß von KarliHempel ================================================================================ Kapitel 14: Akt XIV ------------------- Immer wieder kippte er die kleine Karte in seiner Hand gegen das Licht, als er in der Lobby des Hotels saß und den Zeigern auf der Uhr dabei zusah, wie sie ihre Runden drehten. Eine Stunde saß er schon hier und kam sich seltsamer weise nicht einmal albern dabei vor. Der Tee vor ihm war bereits abgekühlt, als er die Tasse das erste Mal in die Hand genommen hatte. Adrenalin und Testosteron pulsierten in seinen Adern und machten ihn zittrig, nervös und ungeduldig. Hier zu sitzen war pure Folter, aber er konnte ja schlecht, wie ein Tiger im Käfig umherwandern. Zuhause warten konnte er jedoch auch nicht mehr. Die Wände seiner Wohnung schienen auf ihn zuzukommen und er brauchte Luft und Bewegung. Ein Grund, warum er bis hier her gelaufen war. Dazu kam, dass der Winter ein wenig milder geworden war. Für Anfang Februar nicht ungewöhnlich, dass die Temperaturen hin und wieder über null Grad kletterten. Ran hatte seinen Weg hierher genossen, doch nun saß er hier und starrte die Uhr an, versuchte, sie mit drohenden Blicken dazu anzutreiben, schneller zu ticken. Die Uhr blieb unbeeindruckt. Oder tickte sie sogar langsamer, um ich zu ärgern? Heute war nicht sein Tag gewesen und er sehnte sich nach ein wenig Ruhe, nach diesem Mann und nach dem dunklen Zimmer, indem nur sie beide wichtig waren. Ran lehnte sich in dem weichen Sessel zurück und wartete ungeduldig seine Zeit ab, ehe er die Karte einsteckte, sich erhob und die Schlüsselkarte zum Zimmer holte. Im Fahrstuhl warf er einen Blick darauf und ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen. Es war das gemütliche Zimmer mit der schönen Dachterrasse, auf der sie das letzte mal schweigend in den Himmel gesehen hatten. Ob sie das heute wiederholten? Ein Teil in Ran hoffte, das nicht. Er ging zu der Tür und öffnete sie. Das Licht der Stadt drang kaum bis zu ihm nach oben und seine Augen brauchten eine ganze Weile, bis sie sich ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Sofort erfasste ihn die Ruhe und Gelassenheit, die er so vermisst hatte. Hier war er richtig. Hier war sein Platz. Es klang albern in seinem Kopf, doch es fühlte sich so gut, so richtig an. Dann erkannte er den kleinen Tisch und ging auf ihn zu. Ein Tuch lag darauf und Ran nahm es mit einem Lächeln auf. „Du bist ein ganz schöner Spinner“, meinte er und nahm mit Amüsement in der Stimme den Worten die Härte. „Hilfst du mir?“ Er legte sich das Tuch über die Augen, hielt die Enden nach hinten und lauschte den bedächtigen Schritten hinter ihm. Es klang, als liefen nackte Füße über den weichen Teppich. Oh! Er wusste, wie weich der Teppich war, hatte es bei ihrem Abendessen auf dem Boden ein paar mal bemerkt. Warme Finger ergriffen seine, nahmen ihm das Tuch ab und knoteten es sicher und dennoch vorsichtig zusammen. Dann wanderten sie über seinen Hals. Rans Puls stieg, als sie sich um ihn legten und er sog die Luft schärfer ein. Vertrauen. Immer wieder dachte er an dieses Wort. Er musste, er wollte vertrauen. Allmählich entspannte sein Körper sich und die Hände wanderten über seine Schultern, seine Arme und wieder hinauf. Dabei spürte er den warmen Atem in seinem Nacken und widerstand dem Drang nicht, seinen Kopf ein wenig vor zu neigen, so seinen Nacken anzubieten. Nur ein einziger sanfter Kuss. Mehr wollte er gar nicht. Nur einmal diese weichen, warmen Lippen in seinem Nacken spüren, wie sie ihn beruhigend küssten. Doch statt der Lippen wanderte eine freche Zungenspitze über den Teil der Wirbelsäule und jagte Ran heiße und kalte Schauer durch den Körper. Die fremden Finger verflochten sich mit seinen. Was für ein ungewohntes Gefühl. Dann hielt der Mann seine Hände fest, und zog Ran so in eine Umarmung, aus der er sich kaum würde herauswinden können. Aber wozu auch? Er wollte es gar nicht. Nicht jetzt, da er den starken Körper an seinem Rücken und die Wärme an seinem Hals spüren konnte. Zarte Küsse wurden ihm auf Wange, Hals und Ohr gehaucht und Ran ließ seinen Kopf entspannt auf die Schulter hinter ihm sinken. Etliche Minuten vergingen, ehe Ran sich ins Gedächtnis rufen konnte, warum er hier war. Nicht, damit er Zärtlichkeiten empfing. Sein Kunde war wichtig. Ganz langsam löste er die Umarmung auf, hielt die Hände erst locker in seinen und strich dann neugierig bis zu den Oberarmen, wanderte über das Shirt. Er spürte den gut trainierten Körper darunter, die breite Brust, den flachen Bauch. Dieser Körper war seinem so ähnlich und doch war so vieles anders. Es reizte Ran. Noch langsamer und ganz vorsichtig glitten seine Fingerspitzen von dem verdeckten Nabel hinauf, über die Brust, zwischen den Schlüsselbeinen entlang, über den ausgeprägten Kehlkopf, der sich unter seinen Fingern bewegte, als der Fremde schluckte. Der Mann legte den Kopf in den Nacken und Ran leckte sich leicht über die Lippen. Das hier war einfach zu gut. Mutig strich er weiter. Er erreichte das hochgereckte Kinn, ertastete die kleinen Stoppeln. Vielleicht hatte der Mann es heute nicht geschafft, sich zu rasieren, denn nach einem Dreitagebart fühlte sich das ganz sicher nicht an. Nur noch ein Stück. Nur noch wenige Zentimeter. Endlich erreichte er die weichen Lippen, fuhr ihren Schwung nach, als wieder Leben in den Anderen kam. Schneller, als Ran es erwartet hatte, schnappten Zähne nach seinem Finger, hielten ihn fest. Ran hielt für einen Augenblick die Luft an. Diese Zähne waren scharf. Sehr scharf! Er spürte den warmen Atem an seiner Fingerspitze, gefolgte von einer Zunge, die ihn mit winzigen Berührungen reizte. Um ein Keuchen zu unterdrücken, reckte sich Ran etwas hoch, legte seine Lippen auf den fremden Hals, küsste den Kehlkopf, spürte die rauen Stoppeln unter seinen Lippen und sog den Geruch des Mannes in seine Lungen. Da war eine Note Schweiß. War er etwa direkt von der Arbeit hierher gekommen? Der Gedanke gefiel Ran. Vielleicht hatte er das Treffen ebenso wenig abwarten können. Die Finger der freien Hand, strichen über die Seite des Fremden und glitten unter das Shirt. Die Spannung zwischen ihnen war so hoch, dass Ran es bereits auf seiner Haut prickeln spürte. Das konnte der Andere ruhig wissen. Dieser ließ seinen Finger frei, umgriff Rans Kinn und zog ihn in einen gierigen Kuss. Sofort erwiderte er den Kuss. Es war so anders, als mit dem Mann in der Gasse. Die große Hand wanderte in seinen Nacken und fuhr in seine Haare. Ran strich mit zwei Händen über den warmen Körper, zerrte an dem Shirt. Nur kurz wurde der Kuss gelöst und der Mann zog sich das Shirt aus. Auch Rans Shirt wurde ausgezogen und landete irgendwo. Ihr Kuss wurde wilder. Ihre Finger neugieriger. Unstet streichelten sie sich gegenseitig, blieben nie lange an einem Ort, zogen feine Spuren über die Haut des anderen und strichen auch die letzten Stoffen von sich, als der Fremde an Ran zog. Ein unmissverständliches Zeichen dafür, dass er ihm folgen sollte. Es war fantastisch, wie wenig Worte es brauchte, um zu kommunizieren. Ran kannte den Weg ins Schlafzimmer und freudige Anspannung durchzog seinen Körper. Seine Hände wurden festgehalten. Sanft und doch bestimmt. Er spürte, wie der Mann sich setzte, und senkte den Kopf. Auch wenn er ihn nicht sehen konnte, wollte er seinen Blick in diese Richtung lenken. Das Rascheln des Bettzeugs und der wachsende Zug an seinen Händen holten ihn aus seiner Anspannung und er kroch zu dem Fremden aufs Bett, bis eine große Hand sich auf seine Hüfte legten, ihn über dem anderen Mann dirigierten. Dann das typische Geräusch von hauchzarter Folie. Erneut versanken sie in feuchten Küssen, während sie sich verbanden. Ran bewegte sich auf dem anderen, strich mit breiten Fingern immer wieder über den bebenden Bauch und die Brust, genoss die dunklen, rauen Geräusche des Mannes und ließ seinen freien Lauf, bis der Fremde sich aufsetze, seine Schultern mit dem Armen umfing und ihn fast schon hart küsste. Ran griff um die Taille und ließ sich mit einem letzten Stöhnen in die Wogen seines Höhepunktes fallen. Der andere Körper war ihm dabei so nahe, dass der Genuss nur noch in die Länge gezogen wurde. Es war fantastisch. Als er am nächsten Morgen wach wurde, blendete ihn die Sonne bereits durch die Augenlider und er schmiegte sich murrend an die Wärmequelle hinter ihm. Stopp! Wärme? Ganz vorsichtig öffnete Ran die Augen und sah auf den Unterarm und die Hand, die auf seinem Kissen lagen. War sein Herz gerade stehen geblieben? Seine Gedanken waren es, um nun in doppelter Geschwindigkeit durch seinen Kopf zu rasen. Was war passiert? Sie hatten mit einander geschlafen. Es war super und dann? Er erinnerte sich, dass er sich auf den anderen Körper gelegt hatte und seinen Höhenflug genoss, bis Mister X sich mit ihm gedreht und zugedeckt hatte. Dazu der lange und sanfte Kuss und die zarten Berührungen der Fingerspitzen. Irgendwann war er unter den Liebkosungen eingeschlafen und nun lag er hier und stierte auf die große Hand, die ganz offenbar nicht seine war. Seine Hand zitterte, als er sie nach der anderen ausstreckte und prüfend über die Innenseite des Ellenbogens strich, der unter seiner Wange lag. Echt! Echte Haut und viel Wärme. Dann der Unterarm. Auch keine Illusion. Die Finger. Vorsichtig strich Ran mit seiner Hand in die des Fremden. Ihre Hände waren beide sehnig, auch wenn Rans Hand ein wenig kleiner war. Der Mann hinter ihm, der ihm so ruhig in den Nacken atmete, war größer als er. Aber nicht viel. Aus einem Impuls heraus drängte Ran seine Finger zwischen die des Fremden. So ähnlich hatte der Mann seine Hände gestern auch genommen und ihn dann in diese unglaublich intime Umarmung gezogen. Lange starrte Ran auf ihre Hände, wagte kaum, zu blinzeln. Jede Sekunde wollte er genießen. Wie sehr hatte er sich genau so eine Situation gewünscht? Nicht zwangsläufig mit diesem Mann aber er wollte mit so viel Ruhe und Wärme umfangen aufwachen. Nun hatte er es und er wusste, dass es nicht anhalten würde. Morgen früh wachte er wieder in seinem eigenen Bett auf. Allein. Dieser Moment, der sich wie eine wunderbare Ewigkeit anfühlte, war dann nur noch eine Erinnerung, ein weiterer brennender Punkt in seinem Inneren. Als die Finger des Fremden sich regte, zuckte Ran zusammen. Zu weit war er in seinen Gedanken gefangen gewesen. Er durfte jetzt nicht einfach aufstehen. Das hier sollte noch nicht vorbei sein doch der Mann hinter ihm regte sich. Eine Hand legte sich über seine Augen und Ran zog erschrocken die Luft ein. Was passierte jetzt? Da war er wieder, der beruhigende Kuss in seinem Nacken. Gott! Er war so leicht zu durchschauen. Noch ein Kuss. Und noch einer. Bis ran sich wieder ganz entspannt hatte. Das war doch Wahnsinn. Jetzt wallte die Lust wieder in ihm auf. Nur wegen dieser hauchzarten Küsse? Wegen des dezenten Geruches des Mannes? Gut, dann war es jetzt offiziell. Er wurde verrückt. Seine Psyche hatte es nicht mehr ausgehalten und war nun endgültig zersprungen. Der Mann drängte sich nahe an ihn und Ran schauderte. Der nackte Körper an seinem ließ ihn irrwitzige Gedanken spinnen. Er schloss die Augen und gab sich in die Hände des anderen, hatte Vertrauen darin, dass ihm nicht widerfahren würde. Der Mann küsste seine Schulter, strich über seinen Körper und auch er schien Vertrauen zu haben, denn er nahm die Hand von Rans Augen. Alles lag nun in Rans Händen. Ein Gedanke, der dem Japaner eisige und heiße Schauer über den Rücken trieb. Der Fremde drängte sich weiter an ihn, drehte ihn so auf den Bauch und Rans Körper stand sofort wieder in Flammen, sodass er seine Arme unter das Kissen schob und seine Stirn darauf hin und her bewegte. Das Reiben des Stoffes an seiner Haut hielt ihn in der Realität. Andernfalls, das wusste er nur zu gut, hätte er sich verloren. Mister X strich so zart und gleichzeitig so verlangend über ihn, dass er kaum noch richtig atmen konnte. Was machte dieser Mensch nur mit ihm? Seine Wirbel wurden geküsst. Jeder Einzelne. Von Haaransatz an nach unten und Ran wölbte sich den weichen Lippen entgegen. Er spürte die Lippen, die Nase, die Stirn des Mannes ... und ... Haare. Ran schnappte lautlos nach Luft. Da waren weiche Haare, die der Stirn folgte. Der Mann hatte einen Pony und der reizte die aufgeladene Haut zusätzlich. Heiser stöhnte Ran ins Kissen. Dann ging alles wunderbar schnell. Schnell aber nicht gehetzt. Das Geräusch der Kondompackung jagte ihm wie jedes Mal einen Adrenalinschub durch den Körper. Der Moment als er vereinnahmt wurde, raubte ihm den Atem. Danach durchströmte ihn pure Lust. Seine Geräusche drängten sich aus seiner Kehle und er hörte die lustvollen Laute des Mannes, den er noch nie gesehen hatte, des Mannes, der ihn fast verrückt machte. Da waren sanfte Küsse, zärtliche Berührungen, kraftvolle Bewegungen und scharfe Zähne. Es war perfekt! Völlig erschöpft sank Ran in die Wellen seines Höhepunktes und auf die Matratze. Sein Atem war hektisch und flach. Neue Küsse senkten sich beruhigend auf seine Schulter und er war froh, dass seine Augen geschlossen waren. Sicher drehte sich das Hotelzimmer um seine eigene Achse. Ein Kuss, dann zog sich der Mann zurück. Noch einer, dann stand er auf und Ran hörte das Geraschel von Kleidung. Oh nein! Jetzt zog er sich an und ging. Ran versteckte sein Gesicht im Kissen, wollte nicht, dass sein Kunde die beschämte Röte auf seinen Wangen sah. So musste man sich als Prostituierter fühlen. Es war vorbei und der Kunde ging. Genau! Der Mann war ein Kunde. Kunde 379. Deser Gedanke fraß sich unangenehm heiß in Rans Gedanken. Ein furchtbarer Gedanke. Unsicher zog er sich die Decke über den Körper. Er fühlte sich widerlich nackt und irgendwie beschmutzt. Doch was war das? Hörte er da etwa das Klicken eines Kulis? Was sollte das? Konnte er nicht endlich verschwinden, dass Ran seiner Enttäuschung endlich Luft machen konnte? Eine so tiefe Enttäuschung, dass sie wie Säure in seinen Augen brannte. Da! Erneutes Klicken eines Kulis. Und dann? Die Matratze bewegte sich und eine Hand strich zärtlich, fast verzeihend durch sein Haar. Verdammt noch mal. Wie konnte eine solch liebevolle Geste so beängstigend wehtun? Noch ein Kuss. Lang und zärtlich auf sein Haar gehaucht. Dann stand der Mann auf und Ran hörte die Schritte, wie sie sich entfernten. Das Geräusch der sich öffnenden Tür. Ein erster lautloser und fast noch unterdrückter Schluchzer zuckte durch Rans Körper. Dann schlug dir Tür zu aber die Schritte wurden wieder lauter. Noch ein Kuss auf die Schulter und die Decke wurde beschützend weiter über ihn gezogen. Langsam wurden die Schritte leiser. Sehr langsam. Fiel es dem Mann etwa wirklich schwer, zu gehen? Kaum zu glauben. Die Tür schlug in ihr Schloss und Ran lauschte mit angehaltenem Atem nach den Schritten. Doch da war nur Stille. Eine grausame Ewigkeit herrschte Stille, bis Ran die Geräusche nicht mehr unterdrücken konnte. Es ging nicht. Alles an ihm schien zu schmerzen. Nach keiner noch so katastrophal verlaufenen Mission hatte er sich so schrecklich gefühlt, hatte sein Körper so wenig Kraft und so viel Schmerz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)