after Weiß von KarliHempel ================================================================================ Kapitel 10: Akt X ----------------- Ein Schauer lief über seinen Rücken, als er an die Kante des Bettes anstieß. Nun würde es also ernst werden. Ein wenig unwohl wurde Ran dann doch, als ihm bewusst wurde, dass er sich gleich einem fremden Mann hingeben würde. Einem Mann, den er nie zuvor gesehen oder gesprochen hatte. Er wusste so gut wie nichts von ihm und doch würden sie gleich das Bett teilen. Sein Verstand ermahnte ihn, dass dies die letzte Gelegenheit sein würde alles abzubrechen und zu gehen. Doch mit dieser einen Nacht würde er das Darlehn von Yoji vollkommen zurückzahlen können. Und er hatte vier weitere Wochen um sich vielleicht einen anderen Job zu suchen. Ran schluckte. Er würde nicht gehen. Schon bei Weiß hatte er Dinge tun müssen, die ihm nicht gefallen hatten. So würde er es jetzt auch tun. Dies hier war einfach ein Auftrag, eine Mission, die erfolgreich beendet werden musste. Persönliche Interessen und Vorlieben blieben außen vor. Er spürte, wie die Hand sich aus seiner löste und über seinen Arm auf seine Hüfte wanderte. Er schluckte trocken. Seine Hose wurde geöffnet. Gierige Lippen legten sich auf seine, während die letzten schützenden Hüllen seinen Körper verließen. Nun stand er hier. Nackt und voller Zweifel. Wenigstens die wurden ein wenig vertrieben, als die Finger über seinen Körper strichen und ihn an den Schultern deuteten sich auf die Matratze zu setzen. Ran lockerte seine Kiefer. Er wusste, was jetzt kommen würde und sein Herz schlug einen unbestimmten Takt an. Eigentlich war das nichts, was er sonst tat. Die warmen Hände strichen von seinen Schultern zu seinen Händen und legten sie auf die Matratze, in die sie sich sofort verkrallten. Dann spürte er sanfte Küsse an seinem Hals und seufzte ein wenig entspannter. Wenigstens begann der Mann mit Zärtlichkeiten. Sanft wurden immer neue Küsse auf seinen Körper gesetzt und er begann das Ganze zu genießen. Es stimmte. Bei Weiß verkörperte er den pragmatischen, gefühlskalten Killer. Das musste so sein, denn sein Inneres hätte diese Zeit sonst nicht überstanden. Doch wenn es um Intimitäten ging, wollte er keine Kälte. Dann wollte er viel Gefühl und Zeit zum Genießen. Unter dem weichen Tuch schloss er die Augen, begann zu vertrauen. Es war seltsam. Sonst ging es nicht so schnell. Erschrocken japste Ran, als die warmen Lippen seine Spitze umfingen. Damit hatte er nun gar nicht gerechnet. Er war ganz hin und hergerissen, zwischen sich die Hände vor den Mund schlagen, um die Geräusche zu dämpfen, und doch in den Schopf greifen und die Lippen von sich zu ziehen. Er konnte sich einfach nicht entscheiden und biss sich auf die Lippe, schnaufte und unterdrückte so ein all zu lautes Stöhnen. Damit vernahm er die lüsternen Geräusche seines Gegenübers nur all zu deutlich. Sie unterstrichen die Aussage der begierigen Lippen und der emsigen Zunge und schneller als vermutet überrollte Ran sein Höhepunkt. Für eine Vorwarnung war es bereits zu spät und Ran ließ sich kraftlos auf die kalte Matratze sinken, legte seine Arme über die Augen und schwamm für ein paar Augenblicke in den Wellen, die seinen Körper die Welt vergessen ließen. Dabei spürte er, wie der Mann über ihn kam und seinen sanften Kuss auf seine Lippen hauchte. Der herbe Geschmack holte ihn in die Realität zurück. Scham kroch kalt sein Rückrad hinauf. „Entschuldige“, murmelte er und kam sich wie ein kleiner Schuljunge vor, der eine Aufgabe falsch gelöst hatte. „Schon gut“, drang die raue Stimme an sein Ohr. Sie war belegt und von Lust verzerrt. Dennoch jagte sie Ran Schauer über den Körper. Sein Verstand jagte seine Gedanken durch den Kopf. Der Mann war offenbar doch nicht stumm. Natürlich war er das nicht, immerhin hatte Jay ja von Gesprächen berichtet. Dennoch. Unfällen konnten passieren. Die seltsamen Karten sprachen dafür, dass er womöglich seine Stimme verloren hatte. Aber nun redete er ja doch. War das vielleicht ein Fetisch? Nun gut. Solange es nur das und dieses seltsame Tuch war, sollte es Ran recht sein. Solange er ihn nicht anfing zu fesseln oder anderen Quatsch mit ihm zu machen, war alles gut. Solange er die Möglichkeit hatte, sich zu wehren, wenn es ihm zu viel wurde, war alles ok. Der Fremde griff sanft nach seinen Armen, legte sein Gesicht frei. Auch diese Geste hatte etwas unglaublich Zärtliches. Was war das nur für ein Typ? Ein neuer Kuss wischte Rans Kopf leer. Gier und neue Kraft waren darin und zeigten, dass hier noch lange nicht Schluss war. Ran war regelrecht überfordert. Da waren warme Finger die ihn vorbereiteten, das kurze Geräusch einer Kondomverpackung, das ihm das Blut schneller durch die Adern hatte rauschen lassen. Dann war da diese zärtliche Leidenschaft, die ihn einnahm und so viel Wärme und Sanftheit, dass es ihn fast den Verstand raubte. Die Geräusche des Fremden lockten seine und bald glaubte Ran, sie wären ein einziges heißes Knäuel. Seine Finger glitten über den breiten Rücken, spürten Schweiß und jede einzelne Bewegung. Die großen Hände ließen nicht von ihm ab, strichen mal sanft, mal begehrend über ihn und jagten ihn in hektischen Atemzügen über neue Klippen. Als er wach wurde, blendete ihn die Sonne und er vergrub sein Gesicht in dem Kissen, dass sein Murren nur widerwillig aufnahm. Dann stockte er und sah sich um. Das Tuch war verschwunden und die Sonne stand bereits am Himmel. Träge stemmte Ran sich auf die Arme, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Auf dem Nachtschrank lag eine kleine Karte. „Das Zimmer ist noch bis heute Nachmittag gebucht. Genieß es“, las er sich vor und sah sich suchend um. Die Suite schien verwaist und Ran stand mit wackligen Beinen auf, ging, wie er war, durch alle Räume und stellte enttäuscht fest, dass er wirklich allein war. Mit einem stummen Seufzen ging er ins Schlafzimmer zurück, fand seine Sachen zusammengelegt auf einem Stuhl vor und legte die Karte dazu. Er würde tun, was auf der Karte angeboten wurde und trat in das geräumige Bad ein. Auch hier fehlte es nicht an Luxus. Eine in den Boden eingelassene Wanne, die auf den ersten Blick auch eine Whirlfunktion hatte, eine große, ebenerdige Dusche in der locker zwei Personen Platz hatten, edele Fliesen und ganz oben auf Rans persönlicher Hitliste: eine Fußbodenheizung. Angenehme Gänsehaut überfiel ihn und ein schelmisches Lächeln gesellte sich dazu, als er in die Dusche trat und ihm ein bekannter Geruch entgegenschlug. Ein Geruch, der ihn die ganze Nacht über umweht hatte. Offenbar war der Mann nicht gleich, nach dem Ran sein ohnmächtiger Schlaf überfallen hatte, gegangen. Er hatte erst vor Kurzem hier geduscht. Das bestätigte auch die Tatsache, dass noch immer warmes Wasser in der Leitung war, als Ran sie jetzt anschaltete. Wie sanfter Regen prasselte das Wasser aus dem großen Duschkopf an der Decke auf ihn nieder und sein Körper entspannte sich sofort. Je wacher er wurde, desto mehr Erinnerungen an die Nacht kamen zu ihm zurück. Er erinnerte sich an unzählige Berührungen und wie er nach seinem zweiten Höhepunkt an den warmen Körper gezogen wurde. Unter seinem Ohr hatte er den schnellen Herzschlag gehört, bis er schließlich ganz und gar eingeschlafen war. Sie hatten also nicht nur miteinander, sondern auch beieinander geschlafen. Wieder war da dieses intime Gefühl. Als würde sie etwas verbinden. Ran schüttelte abrupt den Kopf. „So ein Blödsinn“, murrte er. Das mussten die Hormone sein. Immerhin war er schon eine ganze Zeit lang abstinent, da konnte man sich nach einer berauschenden Nacht schon mal seltsames Zeug einbilden. Schnell duschte er zu Ende, und trocknete sich auf dem Weg ins Schlafzimmer ab, ehe er sich anzog. Einmal strich er sich durch die Haare, als es an der Tür klopfte. Irritiert öffnete Ran und ließ sich von dem Mann in Hemd und Weste zurückbitten. „Ihr Frühstück, wie bestellt“, erklärte der Mann dabei und schob den schmalen Wagen zu dem Glastisch. „Soll ich hier oder an der Couch auftragen?“ Ran runzelte die Stirn. „Couch?“ Der Mann richtete sich auf und deutete auf den Teil hinter Ran, den dieser bis jetzt völlig ignoriert hatte. Nach zwei dreistufigen Treppen breitete sich der Wohnbereich aus. Die Couch stand zwischen den Treppen und schloss perfekt mit dem Fußboden ab. Davor stand der niedrige Tisch und an der Wand hing ein Fernseher. Minimalistische Eleganz. Der Designer hatte wirklich Geschmack. „Bitte“, meinte er und der Mann trug viele kleine Teller auf den Couchtisch auf. Während er das tat, spürte Ran, wie er langsam blass wurde. „Die Rechnung ist bereits beglichen. Ihr Gastgeber hat hier noch etwas für Sie“, meinte der Mann und klang nicht so, als ob er ahnte, was hier in der letzten Nacht passiert war, als er einen Briefumschlag darreichte. „Guten Appetit“, wurde gewünscht, dann war Ran wieder allein. Er sah auf den weißen Umschlag und fühlte vorsichtig seine Dicke. Geld war da auf keinen Fall drin. Einmal mehr war Ran ein wenig verunsichert. Gleichzeitig befand er das Vorgehen als sehr einfallsreich. Der Fremde wollte, dass Ran das Zimmer ausnutzt, sah es vielleicht sogar als einen Teil des Auftrages an, den er zu erfüllen hatte. Neugierig und mit einer gewissen Ahnung öffnete Ran den Brief und fand einen Scheck vor. Ein anerkennendes Lächeln zog sich auf sein Gesicht. Der Mann war wirklich clever und hatte alles sehr genau geplant. Wäre Ran nicht geblieben, hätte er wohl auch kein Geld gesehen. Es bestätigte ihn in seiner Überlegung, dass der Mann wusste, wie er seinen Willen bekam, ohne jemanden wirklich zu zwingen. Sein nächster Blick galt der Summe und er atmete entspannt durch. Damit konnte er Yoji auszahlen und ganz entspannt seinen Kühlschrank auffüllen. Auch sein Lieblingstee war nun wieder machbar. Hinter dem Scheck stecke eine weitere Karte. Kurz schüttelte Ran den Kopf. Was hatte der Kerl nur mit diesen kleinen Karten? Sie hatten etwas Persönliches, obwohl keine von ihnen mit der Hand geschrieben war. „Lass es dir schmecken und guten Heimweg“, las er sich vor und wandte seine Aufmerksamkeit dem Essen zu. Jay hatte recht. Egoistisch war er ganz bestimmt nicht. Mit einem wohligen Ziehen in der Magengegend setzte Ran sich und begann, zu essen. Dabei genoss er den Luxus und schaltete über den Fernseher das Radio ein. Digital und ohne Rauschen. Er konnte hören, dass überall in dem Zimmer Boxen versteckt sein mussten. Ein teures Soundsystem. Auch das Essen war hervorragend. Anschließend zog er sich seinen Mantel über und stockte an der Tür. Etwas in ihm riet ihn, die kleinen Karten mitzunehmen. Man wusste ja nie, wer hier sauber machte. Also sammelte er alle Kärtchen ein und verließ anschließend das Zimmer, fuhr in die Lobby und gab seine Karte ab. „Danke für ihren Besuch. Wir hoffen, es hat ihnen bei uns gefallen“, hörte er und schmunzelte. „Sehr“, gab er schelmisch von sich und verließ das Hotel, ging direkt zur Bank und dann nach Hause. Seine Chefin würde noch früh genug das Gespräch suchen. In seinen eigenen vier Wänden überwies er Yoji das geliehene Geld und beschloss, dass er am Nachmittag einkaufen würde. Den Rest des Geldes würde er auf die hohe Kante legen, denn wer wusste schon, wann er wieder auf den Fremden treffen würde? Gleich am nächsten Morgen hatte er einen Anruf von seiner Chefin bekommen, die ihm glücklich mitteilte, dass sie bereits eine neue Anfrage vom Kunden 379 erhalten hatte. Rans Herz setzte für einen Schlag aus. Der Mann wollte ihn wirklich wiedersehen. Zwar erst in drei Wochen, aber was machte das für einen Unterschied? Sofort sagte Ran zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)