after Weiß von KarliHempel ================================================================================ Kapitel 5: Akt V ---------------- Genüsslich streckte Ran sich in seinem Bett aus und gähnte herzhaft. Ein schneller Blick auf seinen Wecker verriet ihm, dass es kurz vor acht Uhr war und er streckte sich zufrieden erneut auf. Sein zweiter Blick heftete sich auf die Stahlträger unter seiner Decke. Seit einer Woche erwachte er in dieser Wohnung und hatte sich bereits eingelebt. Gut, er suchte in der Nacht noch häufig den richtigen Lichtschalter, doch das würde sich sicher noch geben. Er schwang die Beine aus dem Bett und lief in Shorts in die Küche. Etwas, dass er zuvor nicht gewagt hätte. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Das Alleinwohnen hatte eindeutig auch seine Vorteile. So oft, wie er in der letzten Woche nackt oder in Shorts durch diese Wohnung gelaufen war, war er wohl bis dahin in seinem ganzen Leben nicht gewesen. Beim Vorbeigehen schaltete er den Wasserkocher ein und warf einen Teebeutel in die bereitstehende Tasse. Heute Nacht hatte er nur einen Schluck Wasser daraus getrunken. Vom Kühlschrank nahm er die Fernbedienung für die Minianlage und schaltete sie ein. Musik schallte durch die ganze Wohnung. Die Wände waren dick und seine Nachbarn hatten sich bis jetzt noch nicht bei ihm beschwert. Er hatte gefallen an Musik in seiner Wohnung gefunden. Diese Anlage hatte einen tollen Sound. Ein Einzugsgeschenk von Omi. Er hatte ein großes Paket geschickt. „Damit du dich erst gar nicht an die Stille gewöhnst! (Ich bin da günstig dran gekommen, also keine Sorge ;-))“, stand auf dem beigelegten Zettel. Amüsiert schüttelte Ran den Kopf und goss das Wasser auf den Teebeutel. Er zupfte an der Schnur und die Farbe des Tees verteilte sich im Wasser, färbte es dunkel. Das Handy klingelte und er ging ran, ohne auf das Display zu sehen. Es gab nicht viele Menschen, die seine Nummer hatten und von diesen riefen noch weniger an. „Jupp?“, fragte er und hörte wie der Anrufer Luft holte. „Alter, du bist echt schon wieder vor um Acht wach?“, japste Yoji und Ran konnte sich vorstellen, wie er sich an die Stirn griff. „Du doch auch“, konterte er und klemmte sich das Handy zwischen Schulter und Wange um den Teebeutel ausdrücken zu können. „Nein. Ich bin immer noch wach und in deiner Nähe. Frühstück, bevor ich scheintot ins Bett falle?“ Ran zog die Brauen nach oben und sah an sich herunter. „Ähm...“, begann er und spürte, wie seine Wangen zu brennen begannen. Auch wenn Yoji ihn schon ganz anders gesehen hatte, wollte er nicht halbnackt die Tür öffnen. Mit rasender Geschwindigkeit überlegte er, was er noch anzuziehen hatte. Gestern hatte er gewaschen. Seine Kleidung hing im Bad und trocknete. Er schluckte hart, als ihm einfiel, dass nur noch ein schwarzes, viel zu großes Achselshirt in seinem Schrank auf ihn wartete. Besser als nichts. „Du besorgst noch Brötchen!“, bestimmte er und legte hektisch auf. Den Teebeutel warf er in den Müll, das Handy auf die Arbeitsplatte. Mit langen Schritten lief er ins Bad und griff nach seinen Hosen. Alle noch mehr als klamm. Nichts, was er auf der Haut spüren wollte. Er schnaufte resignierend und massierte sich die Nasenwurzel. Dann musste es eben ohne Hosen gehen. Für ein Frühstück mit Yoji würde es schon reichen. Das Klingeln an der Tür rief ihn zurück. Schnell ging er zu seinem Schrank und holte das letzte Stück Stoff hervor. Im Gehen warf er es sich über und öffnete die Tür. Yoji musterte ihn erst überrascht, dann schlich sich ein dreckiges Grinsen auf seine Lippen. „Drohung oder Angebot?“, schnurrte er und trat an Ran vorbei in die Wohnung. „Wenn du weiter so grinst werfe ich dich gleich wieder raus!“, grollte Ran und schloss die Tür. „Kaffee?“, überging Yoji Rans Grollen und trat in die Küche um sich umzusehen. „Kein Kaffee, nur Tee“, enttäuschte Ran ihn. Yoji schnaufte. „Gut. Dann eben nur ein Wasser“, begnügte er sich und ging ins Wohnzimmer um sich auf die Couch fallen zu lassen. „Bitte schnell, Herr Ober, sonst schlafe ich auf Ihrer Couch ein!“, neckte Yoji und Ran ließ sich dieses Spiel gefallen. Er nahm ein Glas und füllte es mit Wasser, ehe er sich ein Küchentuch über den Unterarm warf und mit dem Glas zu Yoji ging. Ran stellte das Glas ab und verbeugte sich dabei höflich. „Bitte der Herr. Das macht dann 12000 Yen“ Er hörte wie Yoji nach Luft schnappte. „So viel habe ich nicht bei mir!“ Ran lächelte diabolisch, als er sich erhob. „Dann werden Sie es wohl abarbeiten müssen. Die Fenster müssen geputzt, der Boden gesaugt und Staub gewischt werden“, ordnete Ran an und sah, wie Yojis Gesicht immer mehr Züge verlor. „Ich habe Frühstück mitgebracht“, versuchte Yoji ihn zu beschwichtigen und hielt ihm eine Tüte entgegen. Ran stürzte nachdenklich die Lippen und zog die Brauen zusammen. Dann entspannte er seine Züge und nickte. „Na gut!“, gab er von sich und setzte sich neben Yoji. Zusammen begannen sie zu essen. „Wie läuft die Jobsuche?“, fragte Yoji mit vollem Mund, als er sich das letzte Stück seines Frühstücks hineingestopft hatte. „Nicht gut“, gab Ran als Antwort und biss von dem Brötchen ab. Er wischte sich beim Kauen die Krümel von den Lippen und schluckte. „Ich komme noch über den nächsten Monat, danach muss ich mir überlegen, wie ich meinem Vermieter aus dem Weg gehe“ Ran lachte leise. Dass seine Worte gelogen waren, war sicher auch Yoji klar, denn er schnaufte und stützte sich mit den Ellen auf die Knie. „Ich kann dir helfen, Ran“, wurde er ernst und Ran legte das Brötchen weg. „Ich weiß, aber ich kann dir doch nicht so auf der Tasche liegen. Ich bekomme das schon hin.“, wehrte Ran ab, spiegelte Yojis Haltung und sah auf seinen Teller. „Glaub mir! Ich weiß was so eine Beerdigung kostet. Bis auf deinen letzten Lohn bist du völlig blank, oder?“, mutmaßte er und Ran schluckte trocken. Sein letzter Lohn war fast aufgebraucht. Er würde gerade noch für die nächste Miete reichen, wenn Ran keinen Yen mehr ausgab. Einmal mehr, war er froh darüber, die Miete so heftig hatte drücken zu können. Günstiger hätte er nicht mal am Stadtrand wohnen können. Innerlich schickte er einen Dank an Omi. „Was hältst du davon, wenn ich mich einfach mal etwas umhöre, ob irgendwer jemanden sucht?“, bot Yoji an und Ran spürte seinen eindringlichen Blick auf seiner Schulter. Er dachte an die letzten Tage, in denen er jedes Blumengeschäft der Stadt abgeklappert hatte. Entweder waren sie voll besetzt, oder sie wollten den Nachweis einer Ausbildung. Auch im Sicherheitsbereich hatte er keinen Erfolg gehabt. Ran glaubte, dass in dieser Branche Kritiker die Finger im Spiel hatten. Einen so gefährlichen Mann wie Ran wollten sie sicher nicht in diesem Bereich außerhalb ihrer Hierarchie haben. Aber das war nur eine Vermutung. Ergeben nickte er. „Das wäre nett. Danke“, kam es leise über seine Lippen und sofort legte sich ein unangenehm pelziges Gefühl auf seine Zunge Yoji zur Last zu fallen. Unzufrieden mit sich aß er auf und unterhielt sich mit Yoji über Gott und die Welt. „Es gibt da wen“, begann Yoji unvermittelt und begann zu lächeln. Ran hob neugierig eine Augenbraue. Er wusste sehr wohl, dass Yoji auf der Suche war. Auf der Suche nach etwas Festem, auch wenn er sich als den unnahbaren Frauenhelden gab. Es erinnerte sich an den Anfang ihrer seltsamen Verbindung. Yoji hatte eine Freundin. Ganz heimlich. Nur einen Tag, vor Rans schmerzhafter Entscheidung seine Schwester gehen zu lassen hatte Yojis Freundin ihn verlassen. Die Kombination aus zwei verzweifelten Männer und Unmengen an Alkohol konnte nicht gut enden. Sie hatten beide jemanden gebraucht, der sie tröstete. Aus dem Augenwinkel sah er zu Yoji, der von dieser wunderbaren Frau sprach und ein Lächeln huschte über seine Lippen. Sie brauchten niemanden mehr, der sie tröstete. Diese Phase war vorbei. So sehr vorbei, wie diese besondere Freundschaft zwischen ihnen. Nun war diese Schnüffler mit den tiefen Augenringen nur noch einer seiner besten Freunde, wenn nicht gar der beste Freund. Und Ran war froh darüber. Seine Angst diese Freundschaft aufs Spiel gesetzt zu haben verblasste immer mehr. „Und?“, wollte Yoji neugierig wissen. Ran hatte nicht alles verstanden, doch der Ausdruck in Yojis Gesicht ließ für ihn nur eine Antwort zu. „Ich freue mich für dich. Du hast es verdient. Genieße es einfach!“, gab er von sich und Yojis Gesicht hellte sich noch mehr auf. „Nun werde ich aber heimgehen Ich bin völlig erledigt.“, erklärte er und erhob sich, ging auf die Wohnungstür zu. „Wir hören die Tage von einander!“, versprach er und zog die Tür ins Schloss. Ran seufzte und stützte die Hände in die Hüften. Ihn beschlich das Gefühl, dass es von nun an besser werden würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)