Die Unsterblichen und ich von Ten-nii-san ================================================================================ Kapitel 36: Kapitel 36 ---------------------- Kapitel 36   Wieder fiel ich. Irgendwie kannte ich das Gefühl jetzt schon, wenn sich eine der Visionen anbahnte. Erst war alles um mich herum schwarz, aber dann stand ich plötzlich in einem mir wohl bekannten Schlafzimmer. Es war Aidens Wohnung, in dem herunter gekommenen Haus am Rande der Stadt. Aber was machte ich hier? Hier war niemand. Ich war ganz allein in dem Wohnschlafzimmer von Aiden. Plötzlich ging hinter mir die Badezimmertür auf und Aiden trat hinaus. Ich hatte gar nicht gehört, dass er im Bad gewesen war. Langsam drehte ich mich um und sah ihn an. Mir verschlug es den Atem. Aiden hatte nur ein Handtuch um seine Hüfte geschlungen und mit einem kleineren rubbelte er sich die Haare trocken. Meine Augen konnte ich nicht von diesem unglaublichen Mann nehmen, der da vor mir stand. Seine Haut war wie immer leicht gebräunt und einzelne Wassertropfen liefen ihm noch über die nackte Brust, die so muskulös war wie immer … aber da fehlte was. Die ganzen Narben … sie waren alle weg. Sein Körper war ohne Makel und auch als er jetzt den Kopf hob und mich direkt ansah, sah ich auch die Narbe über seinem Auge nicht. Ich blieb stock steif stehen, aber Aiden sah mich nicht, ich war einfach nicht da. Auch wenn ich dachte, er würde mir in die Augen sehen, sah er nur durch mich hindurch. Wie sollte er auch an mich denken? Wenn das alles wirklich stimmte, dann war das hier vor meiner Geburt passiert. Seufzend schmiss er das kleine Handtuch, womit er sich die Haare getrocknet hatte, an mir vorbei auf sein Bett. Gerade wollte er sich auf den Weg zu seinem Kleiderschrank machen, als es plötzlich an seiner Tür klopfte. Gleichzeitig drehten Aiden und ich uns um und starrten die Tür an. Ich war mir nicht sicher, ob Aiden überhaupt auf machen würde, aber da bewegte er sich auch schon und machte die Türe auf. Und wer da hinter stand, gefiel mir gar nicht. „Daphne, was tust du hier?“, war Aiden überrascht, ließ die junge Frau aber herein. Ich kannte sie nicht persönlich, auch wenn ich sie oft in meinen Träumen gesehen hatte, wusste ich nichts über meine große Schwester. Aber sie war wunderschön. Sie warf in einer verführerischen Geste ihr langes braunes Haar nach hinten und grinste Aiden neckisch an. Sie trug ein wunderschönes rotes Kleid, mit weißen Punkten, was sie süß wirken ließ, allerdings reichte es ihr nur bis zu den Oberschenkeln und dadurch das sie auch noch hohe Pumps trug, war sie so eine Mischung aus süß und sexy. Über ihrer Schulter hing eine Reisetasche. Was sollte das? „Ich dachte, dass ich vorbei komme bevor wir uns treffen“, sagte sie mit einer leisen, lieblichen Stimme. Sie legte eine Hand auf seine Brust und küsste seinen Mundwinkel. „Ich konnte nicht warten.“ Aiden machte die Türe wieder zu und folgte meiner Schwester. Sie setzte sich auf sein Bett und musterte ihn und seinen halb nackten Körper mit ihren dunkelblauen Augen. „Du wolltest mit mir reden“, fing sie an. Irgendwie fühlte ich mich falsch am Platz. Das was folgte wollte ich nicht wissen, ich wollte nicht wissen, dass die beiden ein Verhältnis hatten. Ich wollte keine Bestätigung von Logans Worten. Aiden ging an seinen Kleiderschrank und zog sich schnell etwas an. Ich allerdings lief zu seiner Haustüre und versuchte aus dem Zimmer zu kommen, aber es klappte nicht. Ich bekam die Türe einfach nicht zu fassen, aber hindurch gehen konnte ich auch nicht. „Wenn du über das reden willst, was meine Eltern gesagt haben, dann bist du an der falschen Adresse“, meinte Daphne und ich drehte mich ruckartig um. Was Mom und Dad gesagt haben? „Du weißt genau, dass ich mich schon lange für dich entschieden habe.“ Daphne stand auf und ging auf Aiden zu. „Wie oft noch?“ Sie legte ihre Hände auf seine Wangen und sah ihm in die Augen. Sofort lächelte sie. „Du machst dir immer zu viele Sorgen.“ „Daphne, du bist Verlobt und deine Eltern halten nicht wirklich etwas von mir.“ „Und doch hast du mich gefragt, ob ich mit dir gehe und ich habe ja gesagt, also.“ Aiden legte seine Hände auf ihre Hüften und zog sie ein bisschen näher an sich. „Ich würde alles für dich und Ares aufgeben“, grinste sie und küsste Aiden. Es war nur ein kleiner Kuss, aber es zu sehen, war einfach zu viel. Sie sprach davon alles aufzugeben, was sie sich aufgebaut hatte. Sie hatte mich aufgegeben, obwohl sie wusste, dass ich unterwegs war. „Und deine Schwester?“ Ich blinzelte. Er dachte an mich? „Sie wird mich nicht brauchen, davon bin ich überzeugt.“ Wieder stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste Aiden. Das war noch schlimmer, als zu hören, dass sie alles hinter sich ließ. Mein Herz schmerzte, als Aiden ihren Kuss erwiderte und sie noch ein bisschen mehr an sich zog. Ich wusste, dass er schon viele Frauen gehabt hatte … aber das auch meine Schwester dazu gehörte schmerzte einfach. Aber mehr konnte ich nicht darüber nachdenken, denn plötzlich klingelte ein Handy und meine Vision löste sich langsam auf. Es wurde immer dunkler, aber Aidens und Daphnes Stimme waren immer noch zu hören. „Dad, atmen. Was ist los? … Was sie kommt? Ich bin gleich da“, sagte Daphne und wurde dann immer hecktischer. „Was ist los?“, hallte Aidens raue Stimme von allen Seiten wieder. „Meine Schwester … ich muss zu meiner Mutter … Es tut mir leid.“ Das letzte was ich sah, war, wie meine Schwester sich an der Türe noch einmal zu Aiden umdrehte und ihn traurig ansah. Dann fiel ich wieder. Ich dachte zwar, dass ich aufwachen würde, aber das tat ich nicht. Ich fiel, bis ich in meiner aller ersten Vision landete. Doch diesmal sah ich nicht alles. Ich sah den Kampf, den meine Schwester bestritt nicht ganz. Gerade schlug dieser unglaubliche Blitz ein, der mir jetzt nicht mehr so unbekannt vorkam. Meine Schwester schrie: „AIDEN!“ Aber es war zu spät, wie all die anderen Male. Der Dämon stach mit seinem Messer zu und dann waren alle Dämonen weg. Der Mann, den ich noch nie in einer meiner Visionen gesehen hatte, kam jetzt auf Daphne zu, aber jetzt sah ich ihn. Es war wirklich Aiden. Sein braunes Haar stand in alle Richtungen ab und seine unglaublichen dunkelgrünen Augen waren auf Daphne gerichtet. Er kniete sich neben sie und nahm sie in seinen Arm. „Aiden“, hauchte sie leise. „Ich bin hier, Daphne“, flüsterte er. „Du hast dir … aber Zeit gelassen.“ „Es tut mir leid.“ Er war so sanft und in seinen Worten lag eine Traurigkeit, die ich mir bei ihm gar nicht vorstellen konnte. Er hatte meine Schwester wirklich geliebt. „Ich bringe dich zu meiner Mutter.“ „Nein“, wisperte meine Schwester. „Dylen, bitte Aiden.“ Meine Augen weiteten sich, als er sich zu Daphne herunter beugte, sie noch ein letztes Mal küsste und dann auf mich zukam. In seinem Gesicht lag so eine Entschlossenheit, die ich nicht beschreiben konnte. Erst vor mir stoppte er und kniete sich hin. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich, als Baby, zu meinen Füßen lag. „Pass auf sie auf, Ares, mein Gott des Krieges“, hauchte Daphne mit letzter Kraft und ich wurde aus meiner Vision geschleudert. Zitternd und außer Atem wachte ich in meinem Bett auf. Ich saß wie immer aufrecht und krallte mich in die Matratze. Das alles durfte nicht wahr sein. Meine Hand fuhr zu meiner Brust. Aiden. Er hatte sie wirklich geliebt und es war noch nicht mal nur ein Seitensprung gewesen. Die beiden hatten sich für einander entschieden und hatten auch durchbrennen wollen … nur ich bin dazwischen gekommen … und auch nur wegen mir musste Daphne sterben. Und jetzt war Aiden in Gefahr und das auch schon wieder nur wegen mir. Ich konnte hier nicht herum sitzen und nichts tun. Wir mussten Aiden retten und ihn wieder hier her holen … ich wollte ihn nicht auch noch verlieren, dafür liebte ich ihn zu sehr. Daphne hatte ich nicht gekannt, aber wenn ich Aiden jetzt verlor, dann würde ich das nicht überleben. Ohne zu überlegen stand ich auf und zog mich an. Ich hatte eh nichts anderes als eine Jeans und T-Shirts. Als ich fertig war ging ich aus dem Zimmer und schlich durch die Gänge bis in den Thronsaal. Ich wusste nicht, wo ich hin gehen sollte, aber irgendwie trugen mich meine Füße zum richtigen Ort. Denn im Thronsaal ging ich einfach weiter auf die großen Glastüren zu, die in den Garten führten. Draußen war es noch dunkel, aber eine kleine Laterne brannte. Ich stand jetzt auf einer Terrasse, die mit vielen Blumentöpfen geschmückt war. Eine kleine Treppe mit nur zwei Stufen führte dann in einen großen Garten. Ich ging die Treppen herunter und folgte einem kleinen Kiesweg, der mich rechts am Schloss vorbei führte … zu einem kleinen Trainingsplatz, wo auch noch Laternen brannten … und jemand sogar noch trainierte. Als ich näher kam, erkannte ich denjenigen sogar. „Derek?“, fragte ich und bekam sofort seine ganze Aufmerksamkeit. Er drehte sich zu mir und da sah ich erst, dass er kein Hemd an hatte. Er schwitze am ganzen Körper und auch seine Atmung ging ein bisschen schneller. „Warum bist du noch wach?“, fragte er, nahm sich ein Handtuch vom Boden und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Derek stand vor einer Trainingspuppe, von denen noch drei andere auf dem Platz standen. Weiter hinten standen vier Zielscheiben, wo in zwei von den vieren Messer steckten. Links neben mir standen zwei Sandsäcke, die auch schon mitgenommen aussahen. „Ich … ich hatte eine unangenehme Vision und kann nicht mehr schlafen.“ Er nickte und schlug dann weiter auf die Puppe ein. „Und was machst du so spät noch hier?“ „Trainieren.“ „Habt Adam und du schon einen Plan, wie wir Aiden befreien können?“ „Nein.“ „Wie nein? Ihr müsst euch doch weiter Gedanken machen“, regte ich mich auf. „Ja, machen wir ja, aber es gibt kein wir, Dylen. Ich nehme dich nicht mit.“ Dieser aufgeblasener … Ich ballte meine Hände zu Fäusten, drehte mich zu einem der Sandsäcke und prügelte auf ihn ein. Ich hatte so eine Wut in mir, dass ich einfach irgendwie zuschlug. Ich wollte doch helfen, es war ja schließlich auch meine Schuld, dass Aiden jetzt in den Händen von Hades war. Wäre ich nicht so dumm gewesen und hätte gemerkt, dass Bec sich anders verhalten hätte, dann hätte Logan mich erst gar nicht geschnappt. Und außerdem hatte ich auch noch die Verantwortung für Liliana, die andere Göttin. Sie mussten wir auch unbedingt befreien und in Sicherheit bringen. Das war nunmal unsere Arbeit. Die Arbeit der Jungs, nicht unsere. Trotzdem gehören wir jetzt dazu, also. Ich will ihnen helfen. Meine Güte, ich bin ein Werwolf und keine kleine Fee oder ein wehrloser Mensch. Mein Wolf war stark, warum kapieren die das nicht? Weil sie dich nicht verlieren wollen. Seit wann bist du so besorgt? Hallo, ich bin dein Gewissen oder was auch immer, ich bin immer der Gegenteiligenmeinung wie du, ist dir das noch nie aufgefallen? „Dylen hör auf“, meinte Derek plötzlich und dann schlang er auch schon seine Arme um mich und hielt meine Handgelenke fest. „Lass mich los!“, keuchte ich und zog an meinen Armen. „Nein, du bist doch verrückt.“ Er war auch außer Atem und diesen spürte ich an meinem Hals. „Hör auf, du tust dir sonst noch weh.“ „Ich tu mir nicht weh. Ich habe früher schon mal geboxt, also lass mich los.“ Derek lockerte den Griff um meine Handgelenke und strich dann mit seinen Fingerspitzen über meine Arme. „Ich war dir so lange nicht mehr so nah“, flüsterte er und ich bekam eine Gänsehaut. „Derek, bitte.“ „Was ist so anders an Aiden?“ „Er hat mich nicht ohne ein Wort zu sagen verlassen“, hauchte ich leise. „Dafür hätte er deine Familie zerstört.“ „Aber als meine Schwester und er abhauen wollten, habe ich sie zum bleiben bewegt. Sie wollten, Derek, aber sie sind nicht.“ Er stockte. „Ich hab es gesehen … ich habe gesehen, wie sehr meine Schwester Aiden geliebt hat und ich hätte es ihr gegönnt.“ „Wäre ich nicht gegangen ...“ „Dann wärst du der einzige, der mich glücklich machen würde, aber du bist gegangen, Derek, und das auch noch ohne ein Wort, noch nicht mal einen Zettel hast du geschrieben. Du bist gegangen, um dir ein neues Mädel zu suchen, dass deine Bedürfnisse befriedigt. Dir lag doch gar nichts an mir, ich war nur eines deiner Spielzeuge. Deswegen kann ich auch nicht verstehen, wie du behaupten kannst, dass du mich liebst.“ „Du hast Recht, am Anfang warst du für mich nur eine von vielen. Aber mit jeder neuen, dachte ich immer mehr an dich, Dylen. Mir fehlte dein Lachen, wenn ich dich ärgerte oder dein empörtes Derek! wenn ich dich in den Po gekniffen hab. Deswegen bin ich zurück und dann sagte mir meine Mutter, dass du mein Gegenstück seist und da wusste ich, dass du einfach nur zu mir gehörst.“ „Ja, aber für mich ist es nicht so. Ich kann nicht mit dir zusammen sein, Derek. Es geht einfach nicht.“ Derek ließ die Hände linken und drehte sich auch um. „Na ja, dann sollten wir wohl zusehen, dass du dich verteidigen kannst.“ Meine Augen weiteten sich und ich drehte mich blitzschnell zu Derek um. Was hatte er da gerade gesagt? Hatte er wirklich vor mich zu trainieren? „Ist das dein Ernst?“ Er nickte und stemmte die Hände in die Hüfte. „Ich kann dich nicht wirklich gut ausbilden, aber ein bisschen kann ich dir schon beibringen, sodass du dich mit einem Schwert verteidigen kannst. Denn wir müssen Aiden da raus holen.“ Da stimmte ich ein. Es wäre nützlich, wenn Derek mich ein bisschen vorbereitete, damit ich wenigstens ein Schwer schwingen konnte oder so. „Komm mit.“ Er ging nach hinten zu den drei Zielscheiben, ich sollte allerdings weiter davon stehen bleiben. Was hatte er denn vor? … Vielleicht war es doch besser, mich nicht im Nahkampf zu trainieren und mich stattdessen mit Sachen werfen zu lassen. So würde mir nicht so viel passieren. Und in den Nahkampf könnte ich immer noch mit meinem Wolf gehen, da hatte ich die scharfen Zähne, mit denen ich besser als mit einem Schwert umgehen konnte. Derek ging zu einer Holztruhe, die neben einer der Ziele stand und holte … einen Köcher mit Pfeilen und Bogen heraus. „Wir versuchen es einfach mal“, meinte er, als er wieder neben mir stand und gab mir den Köcher. Ich schluckte und band ihn mir dann auf den Rücken. Als nächstes kam der Boden. Erst übte ich ohne Pfeil, wie ich den Bogen richtig spannte. Wie ich meine Arme dabei zu halten hatte und wie ich mein Ziel anpeilte. Das alles war leichter gesagt als getan, vor allem war es auch noch dunkel und ich sah das Ziel nur ganz leicht. Das änderte sich allerdings schnell. Ich konzentrierte mich einfach und schon transformierten sich meine Augen in die meines Wolfes, sodass ich alles perfekt sehen konnte, auch bei tiefster Dunkelheit. Nach einer Weile, forderte Derek mich dann auf, einen Pfeil aus dem Köcher zu ziehen und ihn zu spannen. Ich holte tief Luft, griff mir einen Pfeil, spannte ihn stramm im Bogen, nahm dabei schon den kleinen schwarzen Punkt der Zielscheibe ins Visier und ließ den Pfeil dann los. Er zischte durch die Luft und bohrte sich in die Scheibe. „Wow“, hauchte Derek. Der Pfeil steckte nur ein paar cm neben dem schwarzen Punkt. „Du bist gut. Versuch es noch mal.“ Und das tat ich auch. Ich schoss einen Pfeil nach dem anderen auf die Zielscheibe, bis keiner mehr in meinem Köcher war. Derek ging zu der Zielscheibe und holte mir die Pfeile wieder. „Noch mal“, sagte er.       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)