Die Unsterblichen und ich von Ten-nii-san ================================================================================ Kapitel 23: Kapitel 23 ---------------------- Kapitel 23   Vor meinem Auge tanzten viele kleine bunte Punkte. War es so, wenn man starb? Sah man tanzende Punkte? Irgendwie war das schon etwas komisch. Ich meine, hätte ich keine Schmerzen haben sollen? Wenn man von einer Bombe erwischt wird, wird man doch sicher in Stücke gerissen … nicht, dass ich das gewollt hätte. Aber ich sah nur tanzende Punkte und spürte etwas warmes auf der Haut. „Dylen“, flüsterte eine raue Stimme und dann spürte ich einen sanften Druck an meiner Schläfe, bis zu meiner Wange. … Jemand streichelte mich, ich konnte es spüren. „Dylen, Dylen, wach auf.“ Diese Stimme, diese raue Stimme. Aiden! „Mach die Augen auf. Es ist alles gut.“ Meine Lieder waren schwer, aber ich versuchte mit aller Macht sie zu öffnen. Als ich sie dann endlich geöffnet hatte, sah ich in dunkles grün, was mir so bekannt vor kam, was ich liebte. Nach und nach erkannte ich auch sein Gesicht, die krumme Nase, das markante Kinn, die Narbe über seinem Auge, die vielen kleinen Narben auf seinem Gesicht. Aber er sah besorgt aus, auf seiner Stirn hatten sich Sorgenfalten gebildet, die jetzt aber langsam verschwanden. „Alles okay?“, fragte er mit rauer Stimme. „Ja“, hauchte ich und nickte leicht. Meine Sicht wurde wieder klarer und jetzt sah ich erst, dass Aiden schwer atmete und an seinen Schläfen lief Schweiß herunter. „Aber dir nicht.“ „Nicht schlimm“, presste er heraus. Ich hob meine Hand und legte sie ihm auf die Wange. Er wurde immer blasser, aber er war zu stur, um mir zu sagen, was los war. „Was ist passiert?“ Ich sah mich links und rechts um, aber das das hier mal mein Schlafzimmer gewesen war, konnte ich nicht erkennen. Überall lag Schutt, Bretter, Steine. Wir waren eingekesselt von all diesen Dingen. „Die Bombe hätte uns zerschmettern müssen.“ „Ich konnte sie nach hinten treten und dich noch in Sicherheit bringen.“ Ja, dass er mich gerettet hatte, sah ich ja, aber er hatte mich nicht einfach so gerettet. Er hatte mich mit seinem Körper geschützt und das bestimmt nicht ohne folgen. Die Bombe war unmittelbar bei uns gewesen und wenn er behauptete, dass es ihm gut ging, musste ich wirklich mal überlegen, ob ich ihn nicht zu einem Arzt schicken sollte, denn DAS war nicht normal. „Wir müssen hier raus und dich durchchecken lassen.“ „Mir geht es gut. Ich hab die Schmerzen unterdrückt.“ Ich nickte und Aiden setzte sich langsam auf. Als er dann stand, streckte er mir seine Hand entgegen, um mir auf zuhelfen. Ich nahm sie an und gleich darauf sah ich mich in meinem alten Zimmer um. „Den Koffer können wir auch vergessen“, meinte ich und hob ein zerfetztes T-Shirt auf. „Wir finden schon was.“ Er drehte sich zu der Türe um, die einmal zu einer Treppe geführt hatte, aber beides war nicht mehr da. Als ich ihn ansah, musste ich aufkeuchen. Eben hatte ich nur sein Gesicht gesehen, was total normal ausgesehen hatte, aber jetzt, wo ich seinen ganzen Körper sah, blieb mir die Luft im Hals stecken. Seine Kleider waren zerrissen und dreckig, aber das schlimmste steckte in seinem Rücken. Ein langes Holzstück steckte mitten in seinem Rücken. „Das ist nichts“, tat er es ab. „Das ist nichts? Willst du mich verarschen, Aiden? Du hast einen Speer im Rücken, wenn er irgendetwas getroffen hat … wir müssen ins Krankenhaus oder zu irgendeinem Arzt“, kreischte ich. Als mir richtig bewusst wurde, wie tief das Stück Holz in seinem Rücken versunken war, klopfte mein Herz noch schneller und ich bekam Schnappatmungen. Er durfte nicht verletzt sein, nicht stark. Bitte. „Kein Arzt, kein Krankenhaus. Aber hier weg müssen wir“, meinte er und suchte irgendetwas im Raum. „Dann lass uns hoch zu deiner Mutter gehen“, versuchte ich ihn zu drängen. „Das geht auch nicht. Ich muss mich auf die Wunde konzentrieren.“ Super! Und wie sollten wir hier raus kommen? Mein Blick huschte auch im Zimmer herum, aber alles war zerstört. Dann sah ich zur Decke. Sie war schon rissig und einzelne Stücke regneten schon nach unten. „Ähm … Aiden“, murmelte ich und zeigte nach oben. Er folgte meiner Geste und sah dann auch unser nächstes Problem. In dem Moment fing der Boden an zu vibrieren und ein lauter Knall ertönte. Ich schluckte und sah von Aiden wieder hoch zu der Decke. Der Riss wunder immer länger und dann löste sich ein riesiges Stück. Ich hechtete zur Seite und brachte mich gerade so in Sicherheit. „Dylen!“, rief Aiden. „Mir geht’s gut“, rief ich und rappelte mich schnell auf. Allerdings trennte uns jetzt dieses große Stück Decke. „Alles noch dran. Nur wie kommen wir hier raus?“ „Wie sieht das Fenster aus?“ Ich stieg über ein paar Sachen, um ans Fenster zu gelangen. Davor lag auch noch Schutt, aber den konnte ich wegräumen. Durch die Explosion war das Glas zersplittert und ich konnte in die Nacht heraus sehen. In der Nachbarschaft waren überall die Lichter an und auch ein paar meiner Nachbarn waren auf der Straße. „Aiden, ich glaube nicht, das wir hier ungesehen heraus kommen.“ „Kannst du raus klettern?“ Schluckend sah ich aus dem Fenster und schätzte die Entfernung von hier oben bis zum harten Asphalt ab. „Ich glaube, dann breche ich mir ein paar Knochen. Als Wolf ist das wieder eine andere Sache, aber hier leben auch Menschen, die würden einen Schrecken bekommen.“ „Egal. Verwandel dich hier und spring raus, dann lauf und versteck dich.“ „Und du? Wenn sie sehen, dass du aufgespießt bist, werden sie dich ins Krankenhaus bringen.“ „Ich komme hier schon ungesehen raus.“ Ich war mit der Sache nicht einverstanden, aber es war besser als hier zu bleiben und nichts zu tun. „Versprochen?“ „Ja, versprochen.“ Seufzend zog ich mich aus, damit ich meine Sachen nicht zerriss. Dann knuddelte ich sie zusammen und legte sie kurz beiseite. Meine Haut prickelte und in meinem Bauch entstand ein kleines Feuer, dann explodierte mein Körper und ich stand in Wolfsgestalt vor dem Fenster. Leise bellte ich, damit Aiden wusste, dass ich jetzt verschwinden würde. Meinen Kleiderhaufen nahm ich in den Mund und spannte dann meine Muskeln an. Mit einem gezielten Sprung sprang ich durch das Fenster. Ich hatte gehofft, dass mich keiner sah, aber ich hörte wie ein paar meiner Nachbarn nach Atem rangen, aber als sie noch einen Blick wagten, war ich auch schon verschwunden und sie wussten nicht, ob ich wirklich da gewesen war. Schnell lief ich hinters Haus. „War das ein Wolf?“, hörte ich eine Frau fragen. „Ich hab auch was gesehen“, meinte ein Mann. „Da war nichts“, meinte ein weiterer Mann. Meine Kleider legte ich kurz auf den Boden und sah noch mal um die Ecke. Aber Aiden kam und kam nicht aus dem Haus. Vielleicht sollte ich … ich sollte zurück gehen, ich musste ihn da raus holen. Er war verletzt und war unmöglich in der Lage, da alleine raus zu kommen. Ich wollte wieder ums Haus laufen, um Aiden da raus zu holen, aber als ich los laufen wollte, wurde ich um den Hals gepackt und zurück gezogen. Sofort knurrte ich, riss mich los und wollte denjenigen angreifen, der mich angefasst hatte. „Dy, ich bins“, hielt mich mein Angreifer auf und ich sah im letzten Moment, dass es Aiden war. Wie … wie war er aus dem Haus gekommen? „Keine Zeit, wir müssen los.“ Er hob meine Sachen auf. „Soll ich mich umdrehen?“ Ich knurrte ihn leicht an, aber ich musste mich verwandeln und beim Anziehen wollte ich nicht diesen riesigen Speer sehen, der immer noch in Aidens Rücken steckte. Er meinte zwar, das es ihm nicht viel ausmachte, aber an seinem Gesicht sah ich, wie es ihn anstrengte. Ihm lief immer noch Schweiß über die Schläfen und sein Gesicht war angespannt. Mit einem kleinen mentalen Befehl, verwandelte sich mein Körper zurück in einen Menschen … in einen nackten Menschen. „Nein, gib mir einfach meine Sachen“, bat ich ihn. Erst sah Aiden mich an, aber seine Augen blieben an meinem Gesicht hängen. Sein Blick wanderte nicht an meinem Körper hinunter, so wie Derek es jetzt getan hätte. Stattdessen nahm Aiden meinen Slip und hielt ihn mir hin. „Auch ein nettes Höschen“, meinte er. „Du bist ein Arsch“, grinste ich, riss ihm meinen Slip aus der Hand und zog ihn an. Als nächstes gab er mir meinen BH, dann das Kleid, dann die Strümpfe und als letztes meine Stiefel. „Und wohin jetzt?“ „Ich hab ne kleine Wohnung am Rande der Stadt.“ „Rande der Stadt? Wie sollen wir dahin?“ „Auto?“ Ich verdrehte die Augen und ging an ihm vorbei. Vorne herum konnten wir unmöglich gehen. „Wie willst du das anstellen?“ Aiden packte mich am Arm und hielt mich so auf, weiter zu gehen. „Du musst das Holz raus ziehen.“ Meine Augen weiteten sich. Ich war keine Krankenschwester, aber ich wusste, dass ich das nicht tun konnte. Sofort drehte ich mich zu ihm um. „Bist du verrückt? Wenn das Stück Holz nur eines deiner Organe erwischt hat, würde ich die Wunde nur noch mehr aufreißen, wenn ich es rausziehen würde.“ „Ich kann die Blutung stoppen und den Schmerz auch, bis wir bei mir sind.“ Ich sah ihm fest in die Augen. Ich hatte einfach Angst um ihn, merkte er das denn nicht? Ich hatte so schreckliche Angst. „Bitte, Dylen.“ Mehr als zu einem Nicken war ich nicht fähig. Aber als er sich dann umdrehte, war ich nicht mehr so überzeugt, dass ich es raus ziehen könnte. Er würde stöhnen, er würde zucken. Ich wollte ihm keine Schmerzen zufügen. „Dylen.“ Eine sanfte, aber nachdrückliche Aufforderung. Seufzend packte ich das Stück Holz, was bestimmt gut um die 30 cm aus ihm herausragte. Meine Augen presste ich fest zusammen … und zog. Aiden keuchte auf und ich taumelte etwas nach hinten. Meine Augen blieben geschlossen, ich wollte nicht sehen, was ich da angerichtet hatte. „Alles okay“, flüsterte dann Aidens Stimme und er berührte nur mit den Fingerspitzen meine Schläfe. Ich öffnete meine Augen und sah ihm ins Gesicht. Die Schweißtropfen waren immer noch da und liefen auch noch immer an seinen Schläfen hinab, auch auf seiner Stirn hatte sich Schweiß gebildet. „Wir müssen dich hier weg bringen“, hauchte ich und eine kleine vereinzelte Träne rann über meine Wange. Aiden nickte und wischte sie mit seinem Daumen weg. „Lass uns gehen“, meinte er, nahm meine Hand und zog mich hinter sich her. Wir mussten durch ein paar enge Gassen laufen, um auf die Hauptstraße zu gelangen. Ich hielt Aidens Hand ganz fest und auch Aiden erwiderte den Druck. Ich war nur froh, dass er da war und mich hinter sich her zog, denn je weiter wir von meinem Haus wegkamen, wurde mir mehr und mehr bewusst, was gerade passiert war. Sie hatten mein Haus zerstört, das Haus, das auch meiner Schwester gehört hatte. All meine Erinnerungen waren zerstört, all meine Sachen. Endlich kamen wir aus den Gassen heraus und standen auf der Hauptstraße. Autos zischten an uns vorbei und Passanten liefen umher. Aiden zog mich weiter zum Straßenrand und streckte eine Hand aus, um ein Taxi anzuhalten, dass sich uns näherte. Der Fahrer setzte den Blinker und hielt vor uns. Aiden öffnete die Hintertüre und drückte mich hinein, er stieg nach mir ein. „Wohin kann ich euch zwei hübschen denn bringen?“, fragte der Typ am Steuer, legte seinen Arm auf die Lehne des Beifahrersitzes und sah zu uns. Erst sah er Aiden an und dann mich. Er grinste und sein Blick glitt von meinem Gesicht zu meinen Beinen. Mein Kleid war ein wenig hochgerutscht und zeigte jetzt mehr Bein, als es eigentlich sollte. Das Grinsen des Taxifahrers wurde immer großer und ich fühlte mich immer unwohler. Doch dann legte Aiden mir eine Hand aufs Knie und sah den Typen an. „Ich würde dir raten, auf die Straße zu sehen“, sagte Aiden in einem bedrohlichen Ton. Er wirkte jetzt wieder bedrohlich, aber nicht mir gegenüber, sondern dem Typen gegenüber. Der Taxifahrer schluckte hart und drehte sich schnell wieder um. „Wohin soll´s gehen?“, fragte er und krallte sich ans Lenkrad. Aiden nannte ihm eine Adresse und er fuhr los. Aiden drückte mein Knie und ich sah ihn an. Sofort stiegen mir Tränen in die Augen. Auf mich prallte wieder die Erkenntnis, dass ich alles verloren hatte. „Wir bekommen das hin“, flüsterte er mir zu und drückte noch mal mein Knie. „Okay“, hauchte ich und nickte. Irgendwie wusste ich, dass alles gut werden würde, solange Aiden nur bei mir war. Ich war auch nicht sauer auf ihn oder auf Dragana, die mir erst diese Kräfte verliehen hatte und wegen diesen es hier ging. Nein, ich war nur traurig, um die Erinnerungen, die ich in diesem Haus hatte. Aber diese Erinnerungen würden auch in meinem Herzen bleiben, dafür brauchte ich kein Haus … und doch war es schön gewesen, es zu haben. Wir waren eine halbe Stunde unterwegs, bis Der Taxifahrer am Straßenrand anhielt und verkündete, dass wir da seien. Aiden und ich stiegen aus und standen vor einem Dreifamilien Haus, das sehr herunter gekommen aussah. Aiden bezahlt den Taxifahrer und stellte sich neben mich. „Es ist nicht das schönste und aufwendigste Haus, aber hier würde mich keiner suchen“, meinte er, nahm meine Hand und zog mich zu der alten Türe. Als er sie aufgeschlossen hatte, ging sie quietschend auf und gab uns den Blick auf ein altes und schmales Treppenhaus preis. Auch die kleine Treppe knarrte, als wir sie hinauf gingen. Aiden wohnte ganz oben. Dort schloss er dann die Wohnungstür auf und ließ mich zuerst hinein gehen. Wie er gesagt hatte, war die Wohnung nicht groß. Wir standen sofort in einem Wohn-Schlafzimmer, dass auch nur aus einem Bett, einem Kleiderschrank, einem Fernseher, einem Sideboard und einem Essenstisch mit zwei Stühlen bestand. An der Rechten Wand führte eine Türrahmen in eine kleine Küche und an der Linken eine weitere wohl ins Bad. Die Wohnung war nichts besonderes, nirgendwo standen persönliche Gegenstände, keine Bilder. Und obwohl nichts persönliches zu finden war, war es nicht so, dass es steril oder kahl wirkte. So war Aiden eben. Kein Schnick-Schnack, einfach nur er. „Es ist nichts besonderes“, sagte er wieder und schloss die Türe ab. Ich lächelte ein bisschen und schüttelte den Kopf. „Es ist okay.“ Er ging an mir vorbei und setzte sich aufs Bett, aber besser ging es ihm nicht. Ich musste mir die Wunde ansehen, auch wenn ich das nicht wirklich machen wollte. Er wollte nicht zu einem Arzt, aber länger konnte er die Schmerzen und auch die Blutung nicht zurückhalten. „Hast du einen Erste-Hilfe-Kasten … und vielleicht auch Nähzeug?“, fragte ich und sah ihn an. Langsam stand er wieder auf und ging in die Linke Tür, wo wirklich ein kleines Bad versteckt war. Es dauerte nicht lange, da war er auch schon wieder im Zimmer und hatte einen Erste-Hilfe-Kasten in der Hand. „Da ist alles drin.“ Ich nickte zum Bett. „Ich geh nur schnell eine Schüssel Wasser holen.“ Damit ging ich in die Küche, suchte eine Schüssel, die ich auch im ersten Hängeschrank fand und füllte sie mit lauwarmen Wasser. Auf einer der Anrichten lag ein unbenutztes Handtuch, was ich mir auch noch nahm. Im Wohn-Schlafzimmer setzte ich mich dann hinter Aiden aufs Bett, die Schüssel Wasser hielt er noch fest. Den Erste-Hilfe-Kasten lag neben mir. Jetzt reiß dich zusammen und mach es einfach, auch wenn du dir Schuldgefühle einredest, du musst die Wunde jetzt schließen, damit Aiden etwas durchatmen kann. „Kannst du die Jacke und das Hemd ausziehen?“, fragte ich leise. Es war mir ein bisschen peinlich ihn das zu fragen, aber es musste sein. Aiden nickte nur, stellte die Schüssel kurz ab und machte dann sein Hemd aus. Ich half ihm dann die Jacke und das Hemd von seinen Schulter zu ziehen. Als beides dann aus war und auf dem Boden lag, musste ich stark Luft holen. Ich hatte das Siegel total vergessen, was Logan Aiden zugefügt hatte. Ein Dreieck, in der Mitte ein komisches Zeichen, was aussah wie ein Kreuz, wo oben ein Auge mit Hörnern thronte. Leicht strich ich über die schwarze Tinte oder was auch immer es war. Aiden zuckte zusammen und auch ich zog meine Hand ruckartig weg. Die Linien waren heiß, sie glühten richtig. „Was … was war das?“, hauchte ich und strich noch mal über eine der Linien. Wieder zuckte Aiden zusammen und ich zog meine Finger weg. „Nicht!“, knurrte er fast und spannte sich noch mehr an. „Aiden, es ist heiß.“ „Ich weiß, aber fass es nicht noch einmal an. Bitte. Ich weiß nicht, was Logan vor hat, aber bis wir nicht wissen, was genau es ist, möchte ich, dass du es nicht noch mal anfasst.“ „Okay“, nickte ich und sah mich seinen Rücken an. Ich sah wieder seine Narben, diese dicken Wülste, die sich über seinen Rücken spannten und in der Mitte, war das Loch, was das Holz aus meinem Haus verursacht hatte. Es blutete nicht, es war nur ein tiefes schwarzes Loch. „Ich muss es nähen“, meinte ich zu Aiden, nahm mir ein Wattepatt und tunkte es ins Wasser, dann sprühte ich ein bisschen Desinfektionsmittel auf den Wattepatt und säuberte die Wunde erst einmal. Aiden zuckte dabei ein bisschen zusammen, konnte ich verstehen, denn dieses Zeug brannte wirklich. Danach desinfizierte ich die Nadel, die ich in dem Erste-Hilfe-Kasten gefunden hatte und fädelte den Faden hinein. Meine Hände zitterten, als ich anfangen wollte, die Wunde zu zunähen. Nein, ich konnte das nicht, ich konnte ihm nicht wehtun. Aber du musst, er verlässt sich auf dich. Ich kann aber nicht, er hat so schon Schmerzen und ich habe kein Beteubungszeug oder sowas … ich weiß noch nicht mal, ob ich das richtig mache. „Dylen“, holte Aiden mich aus meinem Inneren Kampf. „Ich vertraue dir und ich weiß, dass du das richtige tust.“ „Aber ich weiß nicht, was ich hier tue“, hauchte ich. „Da bin ich anderer Meinung.“ „Du vertraust mir?“, flüsterte ich ganz leise. Ich hatte einfach Angst, ihm noch mehr weh zutun. „Ja, du wirst mir nicht wehtun, das weiß ich.“ Ich nickte, obwohl er es nicht sehen konnte und atmete tief ein. Sofort stieg mir sein unbeschreiblicher Geruch in die Nase. Wenn er mir vertraute, dann schaffte ich das. Ich musste das für ihn tun, damit er eben keine Schmerzen mehr hatte. Okay, Dy, du schaffst das. „Okay, dann fange ich an“, warnte ich ihn vor und fing an, die Wunde zu nähen. Ich wusste zwar nicht, wie man soetwas machte, aber ich … ich schaffte es irgendwie. Ich machte es einfach so, wie ich auch Löcher in Hosen nähte. Die beiden Enden zusammen, sodass sie sich berührten und zusammen hielten. Und bitte, bitte, bitte, bitte, lass es richtig sein. Die ganze Zeit gab Aiden kein Mucks von sich und zusammen zucken tat er auch nicht. Vielleicht hatte er die ganze Haut um die Wunde herum betäubt, mit seinen Fähigkeiten, denn anders konnte ich es mir nicht vorstellen. Als ich dann fertig war, sprühte ich die Naht noch mal mit Desinfektionsmittel ein und verband die Stelle. Dabei musste ich immer um Aiden greifen, was sehr schwierig war, weil er a) viel massiger war als ich und ich schlecht mit beiden Armen um ihn herum kam und b) weil ich ihm dann sehr nah kam und seine wärme spürte. B war ganz schwer, weil ich mich nach dem dritten Mal einfach nur nach an ihn lehnen wollte und seinen unbeschreiblichen Duft einatmen wollte. Aber das durfte ich nicht. Ich musste ihn weiter behandeln, denn es gab nicht nur die eine Wunde. Die Explosion hatte ihm noch kleinere Wunden zugefügt, aber die waren nicht so schlimm, wie der Holzpfahl in seinem Rücken. Als ich dann mit dem Verband fertig war, nahm ich mir die kleinen Schnittwunden auf seinem Rücken vor. Ich desinfizierte sie nur und ließ es dabei. Dann kletterte ich vom Bett und stellte mich vor Aiden. Er hatte die Augen geschlossen, wohl um sich besser zu konzentrieren, aber jetzt sah er mich an und ich sah, wie ein bisschen Anspannung von seinen Schultern wich. Jetzt da die Wunde verschlossen war, musste er sich nicht mehr darauf konzentrieren, die Blutung zu stoppen. „Danke.“ „Keine Ursache, du hast mich ja schließlich gerettet“, meinte ich nur, nahm mir das Handtuch und tunkte es in die Wasserschale, dann trat ich etwas näher an Aiden heran und tupfte eine Wunde an seinem Arm ab. „Schon wieder“, murmelte ich und lächelte.     Sie tupfte weiter die Wunden an meinem Arm ab. Wenn sie nur wüsste, wie oft ich sie schon gerettet hatte, ohne das sie es wusste. „Ich würde dich noch tausend Mal retten“, flüsterte ich leise und hoffte, dass sie es nicht gehört hatte. Aber sie stockte kurz, also hatte sie es doch gehört. „Du stehst wohl auf die Rolle, des Retters.“ Damit widmete sie sich einer weiteren Wunde. „Wenn mir jemand etwas bedeutet, dann schon.“ Jetzt erstarrte sie ganz und sah mir in die Augen. Ihre strahlend blauen Augen, die schon fast grau erschienen nahmen mich sofort in ihren Bann und ich hätte stundenlang einfach nur in ihr Gesicht sehen können. Sie machte mich wahnsinnig, wie sie hier zwischen meinen Beinen stand und nur dieses kurze Kleid anhatte, in dem sie einfach so verdammt sexy drin aussah. Sofort kam mir die Szene von eben in dem Taxi wieder vor Auge. Ich hätte dem Typen am liebsten das Genick gebrochen, nur weil er daran gedacht hatte, wie es wohl unter ihrem Kleid aussehen könnte. Dieser lüsterne Blick, dieses Idioten hatte mich zur Weißglut gebracht. Es war nur klug von ihm gewesen, sich nach meiner Drohung nach vorne zu drehen und sich nicht mehr zu wagen zu Dylen nach hinten zu sehen. Auch wenn ich ihm durch meine Art gar keine Chance dazu gegeben hatte. „Und was steht jetzt an?“, holte Dylen mich aus meinen Gedanken. Sie tauchte das Handtuch wieder ins Wasser und tupfte jetzt eine Wunde an meiner Schläfe ab. Dabei hielt sie meinen Kopf mit ihrer freien Hand fest. Ich hätte sie einfach nur packen brauchen und auf mich ziehen müssen. Nah genug war sie mir ja schon. „Ich muss versuchen Derek zu erreichen und dann müssen wir uns auf den Weg zu meinem Bruder machen.“ „Und du weißt, wo dein Bruder wohnt.“ „So in etwa, wenn er nicht in den letzten drei Jahren umgezogen ist, werd ich es wohl wissen.“ Sie nickte und tupfte noch ein letztes Mal behutsam die Wunde ab. „Irgendwie wird das zur Gewohnheit“, murmelte sie nachdenklich. „Das du die Krankenschwester spielen musst?“ „Ja, genau das.“ „Diesmal hast du ja auch ein passendes Kleid an.“ Aufgebracht plusterte sie ihre Wangen auf und stemmt die Hände in die Hüfte. Ich wusste, dass sie nur Spaß machte, aber sie sah einfach süß aus. „Meinst du wirklich, so bekommst du Mädels ins Bett?“ „Also geklappt hat es schon mal.“ Das hätte ich lieber nicht gesagt. Dylen boxte mich gegen den Arm und sah mich wütend an. „Macho! Ich dachte, du seist nicht so, wie Derek.“ „Bin ich auch nicht. Ich bin witzig, im Gegensatz zu ihm.“ Sie schüttelte den Kopf, lächelte aber dabei. Sie nahm sich die Schüssel Wasser und ging ein paar Schritte auf die Küche zu, mit dem Rücken zu mir. „Hattest du viele Frauen?“ Super, was sollte ich ihr denn sagen? Denn eigentlich unterschieden Derek und ich uns nur in einer Sache. Ich spielte den Frauen nichts vor, ich sagte, wie es war und sie waren einverstanden. Ich blieb nie länger als eine Nacht und ich sah zu, dass sie sich nicht in mich verliebten. Bei Derek sah das wohl anders aus. „Ja“, sagte ich die Wahrheit. Ich musste da die Wahrheit sagen, wo ich es konnte. Ich wollte sie nicht weiter anlügen … oder noch mehr anlügen, als nötig. „Und wie viele von ihnen hast du wirklich geliebt?“ Worauf wollte sie hinaus? Was wollte sie von mir? Aber ich blieb Ehrlich. „Eine.“ „Und die anderen?“ Sie drehte sich zu mir um und sah mir in die Augen. Ich wusste nicht, was sie hiermit bezwecken wollte, aber ich wollte ihr die Wahrheit sagen. „Das war nur Sex, ich bin nicht so wie Derek. Alle wussten, worum es geht, alle konnten sich entscheiden.“ „Wie sollten sie auch Nein sagen? Bei euch. Ich denke, ihr seid alle gleich.“ „Das kann schon sein“, murmelte ich und sah auf meine Hände. Und doch waren wir fünf auch sehr verschieden. Ich hörte, wie Dylen in die Küche ging und das Wasser ausschüttete, danach kam sie zurück. Mein Blick hing sofort an ihr, rutschte von ihren langen Beinen hoch zu ihrem Bauch, der sich nur leicht wölbte, zu ihren Brüsten, die nicht zu groß und auch nicht zu klein waren, bis hin zu ihrem wunderschönen zarten Gesicht. Ihr hellblondes Haar rahmte ihr Gesicht ein und machte es noch schöner. Ich begehrte sie, das war keine Frage, aber jetzt, wo sie hier war, in der Wohnung in der ich so lange gelebt hatte, um in ihrer Nähe zu sein, wusste ich eines ganz genau … ich liebte sie. Und das nicht erst seit ein paar Tagen. Nein, schon ihr ganzes Leben lang.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)