Kleine Augenblicke von Goetterspeise (Eine Geschichte über Aufzüge) ================================================================================ Kapitel 14: Eine Geschichte über Sasuke --------------------------------------- 22. Oktober Wütend wie ich war, habe ich sogar Naruto eine pfeffrige Nachricht geschickt, die er umgehend mit der Frage beantwortete, ob er mal mit Sasuke sprechen solle? Panisch tippte ich ein ‚Nein‘ mit gefühlt hundert Ausrufezeichen zurück und hoffe noch immer sehr, dass er es nicht getan hat. Wie peinlich wäre das denn bitte? Ich will gar nicht, dass Sasuke erfährt wie sauer ich auf ihn bin. Und wie verletzt. Wie ich jetzt aber so auf die Decke starre und mich versuche, zum Aufstehen zu bewegen, werde ich den Wunsch nicht los, rüber zu gehen, zu klopfen und ihm eine reinzuhauen. Denn genau das hat er für ein solch kindisches Verhalten verdient. Aber das werde ich sowieso nicht machen. Sasuke hat irgendetwas an sich, das meine aggressive Seite unterdrückt und die dumm-dämliche zum Vorschein kommen lässt. Wahrscheinlich würde ich ihm am Ende nur um den Hals fallen, wenn ich jetzt hinübergehe. Soll ruhig er ... Es klopft an der Tür. Ich setzte mich schnell auf und gehe zur Wohnungstür, während ich im Kopf durchgehe, wer das sein könnte. Eigentlich ist jeder möglich und so hoffe ich nur, dass es nicht Naruto ist, der Sasuke im Würgegriff vor meine Tür geschleift hat. Wobei der Gedanke daran eigentlich ganz amüsant ist. Zumindest, wenn es nicht so traurig wäre. Sicherheitshalber schaue ich durch den Türspion und erkenne die verzerrte Gestalt von Sasuke. Das ist wirklich gruslig, so kurz nachdem ich an ihn gedacht habe. Andererseits denke ich momentan fast ausschließlich an ihn. Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein, aber ich gehe alle meine Bekanntschaften im Kopf durch und kenne sonst niemanden mit einer ähnlichen Frisur und schwarzen Haaren. Mein Herz beginnt schnell gegen meine Brust zu hämmern und ich überlege, ob ich nicht einfach so tun soll, als wäre ich gar nicht daheim. Aber meine Neugier ist größer, als der Wunsch mich in meinem Schrank vor ihm zu verstecken. Ich atme tief durch, fasse fest um den Türgriff und öffne die Tür mit einem – hoffentlich natürlich aussehenden – Lächeln. „Willst du Aufzug fahren?“ Kein ‚Hallo‘, kein ‚Sorry, wegen neulich‘. Nichts. Ich blinzle irritiert. Warum zum Henker will er mit mir Aufzug fahren? „Ähm … hallo erst mal“, bringe ich heraus und schaffe sogar so etwas wie einen aggressiven Unterton. Keine Reaktion darauf, stattdessen hebt er nur seine Augenbraue. Wie soll ich das denn jetzt bitte interpretieren? Er ist wirklich eine furchtbar frustrierende Person … und ich möchte das unbedingt erforschen. „Dann los“, erwidere ich auf seine Frage und seufze, während ich meine Schuhe tausche, mir den Schlüssel greife und ihm zum Aufzug folge. Etwas komisch komme ich mir dabei schon vor, aber meine Neugier ist zum Glück ein guter Antrieb. „und wir fahren jetzt einfach so Aufzug?“, will ich wissen, als die Tür sich schließt und er sich in Bewegung setzt. Ein knappes Nicken. Also fahren wir. Nach unten. Eine Dame steigt mit ihrem Hund ein, drückt den Knopf für den dritten Stock und steigt mit sichtlichem Unbehagen dort so schnell es geht wieder aus. Wir fahren hoch, halten zwei Mal an, um weitere Passagiere mit herein zu lassen, die uns einen komischen Blick zu werfen. Wir müssen aber auch wirklich seltsam rüberkommen. Einen Meter Abstand zwischen uns, dicht an die hintere Wand gedrückt und schweigsam wartend, bis wir wieder unten angekommen, wo wir weiterhin im Aufzug stehen bleiben, während die anderen Gäste uns verlassen. Dieses Spiel geht so einige Male. Menschen kommen und gehen, jeder denkt sich wahrscheinlich seinen Teil, aber am Ende sagt niemand etwas. Und vor allem nicht Sasuke. Sasuke, der mit mir Aufzug fahren wollte. Was wir nun auch tun. Also worauf wartet er? Wir haben schließlich genügend Zeit hier drinnen, ohne andere Menschen. „Also … du wolltest Aufzug fahren“, versuche ich das Gespräch endlich in Gang zu bringen und werfe ihm einen Seitenblick zu. Sasuke lehnt mit verschränkten Armen an der Wand und schaut desinteressiert geradeaus. Bei diesem Anblick entweicht mir ein leiser Seufzer. "Mich interessieren Aufzüge nicht sonderlich", bricht Sasuke schließlich das Schweigen, als wir nun zum vierten Mal oben im zwölften Stock ankommen. "Was?", frage ich und drehe meinen Kopf zu ihm, weil ich nicht genau weiß worauf er hinaus will. Er sieht mich einen langen Moment an, bevor er kurz die Augen schließt und tief durchatmet. Als seine Lider sich wieder öffnen, fixiert er mich mit seinem Blick und ich muss unwillkürlich schlucken. "Also ... hör zu. Ich bin nicht gut in solchen Dingen." Ach nein. „Aber du magst Aufzüge – wieso auch immer“, fährt er langsam fort und ich warte gespannt darauf, was er als nächstes sagen wird, während ich mich zusammenreißen muss, nicht unruhig auf- und abzuwippen. „Darum dachte ich, wir könnten hier … reden.“ Sasuke räuspert sich unauffällig, aber ich sehe ihm an, wie unangenehm die ganze Situation für ihn eigentlich ist. Was mich tatsächlich ein wenig selbstgefällig grinsen lässt. Soll er ruhig durch diese peinliche Hölle gehen (solange er am richtigen Ende rauskommt), dann weiß er mal wie das für mich immer ist. „Jedenfalls … Naruto hat mich darauf hingewiesen“, und das scheint Sasuke so gar nicht in den Kram zu passen, „dass das neulich nicht okay war.“ Und damit gehe ich nun mit ihm durch die peinliche Hölle. Naruto hat doch mit ihm gesprochen. Karma ist eine echte Bitch – wieso war ich gerade nur so schadenfroh? Ich bereue diese Nachricht so sehr, obwohl sie mich immerhin in diese Situation gebracht hat. „Ach w-was. Schon okay“, versuche ich entspannt abzuwinken, bin aber deswegen nach wie vor sauer auf ihn. Wieso kann ich es nicht einfach sagen? „Ist es nicht. Es tut mir leid. Ich bin manchmal einfach … wirklich nicht gut darin“, nuschelt er die letzten Worte in seinen imaginären Bart und ich sehe, dass ein Rotschimmer sich auf seinen Wangen ausbreitet, während er so tut, als wäre die Wand einmal mehr spannender als unser Gespräch. Zu seinem Glück steigen nun ein paar Teenager ein, die sich so laut unterhalten, dass wir nicht einmal weitersprechen könnten, selbst wenn wir es vor ihnen tun wollten. Unten werfen sie uns einen komischen Blick zu, den ich ihnen nicht einmal verdenken kann und schon fahren wir erneut nach oben. Langsam wird das, sogar mir zu viel. Ich sollte das Ganze hier abkürzen, wenn ich nur wüsste wie. Sasuke schweigt erneut und scheint mich nicht einmal mehr zu beachten, also krame ich in meinem Kopf nach irgendetwas, das ich laut aussprechen kann. „Das mit dem Kuss neulich tut mir auch leid. Ich bin eigentlich gar nicht so. Normalerweise trinke ich auch nicht so viel. Also eher gar nichts.“ Ha! Ein Schmunzeln. „Schon gut“, antwortet er mit einem tiefem Seufzer. „Naruto behauptet sowieso immer, dass ich Menschen von mir stoße, die … nun ja … mir zu nahe kommen.“ Endlich sieht er mich wieder an und ich kann dieses verräterische Kribbeln in meiner Magengegend nicht unterdrücken. Ich habe keine Ahnung, wie er das anstellt oder warum meine Hormone so dermaßen extrem auf ihn reagieren, aber ich bin froh, dass ich gerade keinen Alkohol intus habe, sonst würde ich ihn wohl erneut küssen. „Und ist da was dran?“, frage ich deshalb atemlos. Er wendet seinen Blick ab und sagt: „Keine Ahnung. Möglich.“ Mir sackt das Herz nach unten. Vielleicht habe ich doch zu viel von diesem Gespräch erwartet und mehr als eine Entschuldigung ist wirklich nicht drin? Wahrscheinlich braucht er einfach noch Zeit. Wieso auch immer. Herzschmerz? Schreckliche Familienverhältnisse? Eine Verlobte, die ihm vor den Altar hat stehen lassen? Ich würde gern erfahren, wieso er so kühl ist. Und natürlich auch, wie Naruto sein bester Freund werden konnte. Aber vor allem das erste, interessiert mich momentan brennender, weil das wohl der Grund ist, warum ich ihn nicht so wirklich einschätzen kann. Ich wünsche mir nur, dass er mir irgendwann so viel vertraut, um mir etwas über sich zu erzählen. „Wenn du magst, können wir mal zusammen was Essen gehen“, schlage ich schließlich mit einem Lächeln vor. „Hn.“ Ich lache und nehme diese Antwort einfach mal als ein ‚ja‘. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)