Not with Haste von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 12: Der größte Schmerz ------------------------------ Das trübe Wetter dieses trüben Herbsttages sollte nichts Gutes verheißen. Kakashi war sowieso schon seit einiger Zeit nervös gewesen, da er sein Team zurückerwartete. Er ertappte sich selbst bei seiner gedanklichen Wortwahl. Es war nicht mehr wirklich sein Team. Es waren vier junge Erwachsene, die sich mit der Rolle des Teamführers abwechselten. Und er musste endlich damit anfangen, in drei von ihnen keine zwölfjährigen Kinder mehr zu sehen. Yamato betonte zwar immer wieder gerne, dass ihm das im Gegensatz zu Kakashi leichter fiel, aber nichtsdestotrotz hatte er ihn gefragt, ob er ihm sofort Bescheid sagen würde, sobald die vier wieder da waren. Yamato hatte sich für heute bereits auf den Heimweg gemacht und so wartete Kakashi alleine auf die etwaige Ankunft ihrer Schützlinge. Er hatte keine Ahnung, dass ab diesem Punkt alles den Bach hinunter gehen sollte. Der Albtraum begann damit, dass Yugao hereinstürzte und berichtete, dass sie Anko verletzt auf ihrem Patrouillengang an der Dorfgrenze gefunden hatte. Anscheinend hatte Anko sich trotz ihrer Wunden noch so weit geschleppt. Bevor sie bewusstlos geworden war, berichtete Yugao, hatte sie nur „Miese Verräter“ gemurmelt und mitgeteilt, dass ein weiterer Kamerad tot war. „Was ist mit dem Rest ihres Teams?“, fragte Kakashi ernst, aber unaufgeregt. „Ich weiß es nicht. Dort und in der näheren Umgebung war kein Hinweis auf deren Verbleib.“ „Ich weiß nicht, ob es zu schnell ist, zu schlussfolgern, dass die beiden anderen mit Verräter gemeint waren. Aber wir sollten es in Betracht ziehen.“ Er hatte Anko mit einem nun toten Chunin und zwei unauffälligen Jonin eingeteilt. Hatte er einen so groben Fehler gemacht? Kakashi stand auf und wollte gerade Yugao das weitere Vorgehen unterbreiten, als die Tür erneut hektisch aufgeschlagen wurde und der Anblick, der sich ihm bot, ihm fast das Herz stillstehen ließ. Sakura stand in der Tür, mit einigen sichtbaren Blessuren, außer Atem und einem angsterfüllten Ausdruck in den Augen. „Sakura!“, rief der Hokage erschrocken aus. „Was ist passiert?!“ „Kakashi-sensei!“, antwortete sie panisch. „Wir wurden auf dem Rückweg angegriffen! Erst haben sie Sasuke von uns getrennt und Naruto ist hinterher und dann kamen noch mehr und sie griffen Sai und mich an! Es waren zu viele! Sie haben Sai mitgenommen! Ich konnte nichts tun!“ „Sakura, beruhige dich“, sagte Kakashi mit so viel Ruhe, wie es ihm gerade noch möglich war. „Hast du eine Ahnung, wer das getan hat? Oder wo sie hin sind?“ Die junge Kunoichi schüttelte den Kopf. „Sie trugen Masken über dem Gesicht. Auf den ersten Blick hatte ich sie deswegen fast für Anbu gehalten.“ „Anbu?“, wiederholte Kakashi, während seine Gedanken sich fast überschlugen. Diese Geschehnisse fielen sicherlich nicht zufällig zusammen. Anbu? Nein, sicher nicht. Anko, Sasuke, Sai …. Was hatten Anko, Sasuke und Sai miteinander gemeinsam? Konnte es sein, dass … Ne? Waren das Ne gewesen? Niemand hatte je herausfinden können, was aus denen nach Danzous Tod geworden war. Es hatte immer im Bereich des Möglichen gelegen, dass sie sich unauffällig eingegliedert hatten. Für eine Organisation wie die Ne war es bestimmt kein Problem, Unterlagen zu fälschen und ihren Mitgliedern neue Identitäten zu beschaffen. Wenn nun einige von denen Danzous Lebenswerk, Konoha vor eventuellen Gefahren beschützen zu wollen, fortsetzen wollten ... Kakashi fühlte einen plötzlichen, heftigen Schmerz in der Brust. Tenzou.   Yamato war überrascht von sich selbst gewesen, wie ruhig er blieb, obwohl ein offensichtlich nicht freundlich gesinnter Shinobi mit Anbu-Maske ihm gegenüberstand. Der Shinobi sagte nicht viel, sondern hielt ihm stattdessen einen Pinsel entgegen. Ein Pinsel, der eindeutig Sai gehörte. Und an dem Blut klebte. „Wenn du nicht willst, dass ihm etwas geschieht, solltest du einfach mitkommen.“ „Woher weiß ich, dass er nicht schon tot ist?“, erwiderte Yamato. „Willst du das riskieren? Habt ihr Anhänger des Sandaime etwa eure Prioritäten geändert?“, sagte der Unbekannte verächtlich. Anhänger des …? Yamato setzte die Teile schnell zusammen. „Du gehörst zu den Ne?“ Der Andere zerbrach den Pinsel. „Willst du weiter diskutieren oder das Leben dieses Taugenichts retten?“   Mit gepeinigtem Gesichtsausdruck hielt Kakashi so unauffällig wie möglich eine Hand an die schmerzende Stelle in seinem Brustkorb. Er hatte das Gefühl, ihm würde die Luft aus den Lungen gedrückt. Gegen jeden Widerstand versuchte er, ruhig zu atmen. Und vor allem, klar zu denken. „Hokage-sama“, unterbrach Yugao ernst die kurzzeitig eingetretene Stille. „Was sollen wir tun?“ Kakashi nahm die Hand von seiner Brust und befahl der Anbu, alle verfügbaren Einheiten in Alarmbereitschaft zu versetzen. Sehr wahrscheinlich hatten sie es hier mit einigen wahnsinnigen, rachsüchtigen Ne zu tun. Der Hokage rief seine Ninken herbei und teilte ihnen verschiedene Aufgaben zu: einige sollten nach Sasuke und Naruto suchen, einige nach Sai und einige sollten auch Ankos Spur zurückverfolgen. Dann schickte er Pakkun los, um nach Yamato zu sehen. Sakura blickte ihn bei seinem letzten Befehl noch einen Grad verzweifelter an. „Meinst du, sie haben es auch auf Yamato-taichou abgesehen?“ „Ich will es nicht hoffen“, erwiderte Kakashi, selbst erschrocken darüber, wie brüchig seine Stimme klang.   Es war ein verlassenes Gebiet am Rande Konohas, in das der Ne Yamato gebracht hatte. Noch unter Tsunades Führung war die Region gesperrt worden, weil nach Pains Angriff zu viele irreparable Schäden in der Umgebung entstanden waren. Hier hatten sich also die verbleibenden Ne für ihre Verschwörung zusammengerottet. Yamato sah sich mit wachem Blick jede Einzelheit des zerfallenen Gebäudes an, in dessen noch intakten Keller er nun geführt wurde. Das schummrige Licht der Fackeln erinnerte ihn nur zu lebhaft an Orochimaru. Acht Ne standen in dem Raum, von keinem war das Gesicht zu erkennen. Yamato überlegte, ob er einen Kampf wagen sollte, ob es einen Fluchtweg gab, aber seine Überlegungen wurden jäh unterbrochen als einer der Verschwörer einen gefesselten Sai in sein Sichtfeld zerrte. „Sai!“, entfuhr es Yamato automatisch, als er den verletzten Kameraden sah. „Yamato-taichou ...“, ächzte Sai gequält. „Lasst ihn jetzt gehen“, forderte der neu angekommene Gefangene die Ne auf. „Das geht nicht“, antwortete einer von ihnen. „Er hat zu viel gesehen.“ „Mir wurde gesagt, dass ihm nichts geschehen wird, wenn ich mit euch komme“, sagte Yamato, seine Wut unterdrückend. „Wir halten unser Wort und werden ihn nicht töten. Aber wir werden ihn bei uns behalten. Als Verräter muss er noch seine gerechte Strafe erhalten.“ „Sai ist kein Verräter!“, entgegnete Yamato zornig. „Er ist ein Shinobi Konohas! Genau wie ihr!“ Ein schwaches, flüchtiges Lächeln huschte trotz ihrer aussichtslosen Lage über Sais Gesicht. „Ironisch, dass jemand, wie du so etwas sagt“, giftete ein weiterer Ne. „Wo du doch mit Schuld daran trägst, Konoha-Shinobi getötet zu haben.“ Die Anschuldigung versetzte Yamato einen Stich ins Herz. Deswegen war er hier. Er hatte es bereits befürchtet. Die Ne hatten nie etwas anderes gemacht, als Gefahren für Konoha auslöschen zu wollen. Und sie sahen eine in ihm. „Das war nicht seine-aah!“ Sais Widerspruch wurden durch einen Tritt in seinen Rücken unterbrochen. „Lasst ihn! Bitte.“ Er wusste, wenn er Sai helfen wollte, durfte er die Ne nicht noch aggressiver machen. „Was wollt ihr von mir?“ „Als einziger Anwender des Mokutons bist du geradezu ein Anziehungspunkt für potenzielle Feinde. Sie könnten versuchen, sich des Mokutons habhaft zu werden. Zum Beispiel so wie es im Krieg passiert ist“, erklärte ein Ne so emotionslos wie Yamato es von Kabuto oder auch Madara-Obito gekannt hatte. „Daher wird es das Beste sein, wenn wir dich töten.“   Kakashi hatte mehrere Anbu seinen Hunden hinterher geschickt. Sie sollten so schnell wie möglich reagieren können, wenn eine Fährte gefunden worden war. Sakura hatte versucht, sich an verschiedene Dinge zu erinnern. Wie viele waren es gewesen? Wohin waren sie verschwunden? Aber sie konnte keine genaueren Angaben mehr machen. So gerne hätte Kakashi etwas Tröstendes, Aufmunterndes zu ihr gesagt. Doch seine Gedanken kehrten immer wieder zu der bangen Frage zurück, was mit Tenzou war und so konnte er ihr nur so wenig harsch wie möglich sagen, dass sie sich beruhigen und verarzten lassen sollte. Sakura jedoch wollte keinen Zentimeter von der Stelle weichen, so lange der Rest ihres Teams verschollen war. Als Yugao schließlich hereinkam und berichtete, dass ihr Pakkun begegnet war und dieser Yamato nicht vorgefunden hatte, vergaß Kakashi einen Moment lang, zu atmen. Das war es, was er dafür bekam, Gefühle zuzulassen. Von einem Augenblick auf den anderen hatte er womöglich fast sein ganzes Team verloren. „Pakkun hat aber seine Fährte aufgenommen“, fuhr Yugao mit ihrem Bericht fort. „Er sagte, er habe auch eine Spur von Sai. Eine geringe, aber vorhandene.“ „Kakashi!“, brüllte Bisuke, als er mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit um die Ecke gesaust kam. „Wir haben die Spur von Naruto und Sasuke gefunden!“   „Haltet ihr das für den besten Weg?“, erwiderte Yamato, nach außen hin ruhig, doch innerlich eine wachsende Angst spürend. „Ha!“, rief einer der Ne aus. „Natürlich, nur so kannst du keine Gefahr mehr darstellen.“ „Das schon“, äußerte der Bedrohte. „Aber wie ihr schon festgestellt habt: Ich bin der einzige Mokuton-Anwender, den es noch gibt. Und meine Fähigkeiten waren für Konoha auch schon oft nützlich.“ Die Ne stutzen. Ebenso wie Sai. Hatte sein Taichou einen Plan? Yamato wusste, dass er keinen Kampf riskieren konnte. Die Gegner waren in der Überzahl und Sais Leben stand auf dem Spiel. Alles, was er tun konnte, war es, Zeit zu gewinnen. Und wenn er seine Gegenüber richtig eingeschätzt hatte … „Mag sein“, sagte einer der Ne, sein Kurzschwert bereits in der Hand. „Allerdings überwiegt bei dir die Gefahr, die von dir ausgeht.“ „Warte mal“, meldete sich ein weiterer zu Wort. „Wenn wir ihn umbringen, haben wir das Mokuton ausgerottet. Und vielleicht brauchen wir das wirklich noch mal.“ „Unsinn! Wir müssen verhindern, dass es in die Hände der Feinde fällt“, mischte sich noch ein anderer ein. „Dafür müssen wir ihn aber nicht töten. Und wenn wir ihn wegsperren?“ „Das ist zu gefährlich!“ „Wir können uns aber kein neues Mokuton erschaffen. Was ist, wenn der Uzumaki-Bengel doch wieder die Kontrolle über den Fuchsgeist verliert?“ Die acht Geiselnehmer waren nun in eine heftige Diskussion verstrickt, der Yamato mit Unbehagen folgte. Es war mehr eine Hoffnung als ein Plan gewesen, doch es hatte funktioniert. Eine gehörige Truppe wie die Ne waren ohne ihren Anführer unkoordiniert und uneins. Wieso sonst hatten sie so lange gebraucht, um in Aktion zu treten? „Dann nehmen wir also beide mit?“ Sie schienen sich zu Yamatos Missfallen auf etwas geeinigt zu haben. Er bekämpfte die in ihm aufkommende Panik, die daraus resultierte, wieder einmal gefangen genommen zu werden. „Schlagt beide bewusstlos und macht sie kampfunfähig, dann verschwinden wir mit ihnen von hier“, befahl einer der Ne. Sais und Yamatos Blicke trafen sich. Noch ist nichts verloren, versuchte Yamato ihm auf diese Weise mitzuteilen, ehe ihn ein harter Schlag ins Genick traf und er zu Boden ging. Es hatte noch nicht gereicht, um ihn außer Gefecht zu setzen und so bekam er mit, wie Sai bewusstlos auf dem Boden aufschlug. Vielleicht war doch alles verloren. Vielleicht würde er Kakashi nie wiedersehen. Das war ihm gerade ein schlimmerer Schmerz als der, den sein Bein durchstach, weil einer der Ne versuchte, es ihm zu brechen. Gerade als Yamato dachte, alles zu verlieren, das er sich dank und mit Kakashi hatte aufbauen können, schien er zu halluzinieren. Oder erblickte er in diesem Moment wirklich Naruto samt Rasengan aus seinem Augenwinkel? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)