Imperativ von -Zerschmetterling- (Kontrolle über deine Sinne.) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- -2-   Schon von weitem konnte sie sehen, wie er ungeduldig sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte und dabei immer wieder den Blick über den großen Platz schweifen ließ. Es war Samstag, weswegen heute nicht allzu viele Studenten unterwegs waren, sodass er sich leicht einen Überblick verschaffen konnte. Die Türen des Busses öffneten sich und Sakura stieg mit gemischten Gefühlen die wenigen Treppenstufen hinauf, die zum Vorplatz der Bibliothek führten. Noch immer wusste sie nicht, ob es eine gute Idee gewesen war, sich auf Narutos Angebot einzulassen. Vielleicht sollte sie doch lieber einfach umdrehen. Noch hatte sie die Gelegenheit dazu.   „Hey Sakura!“, Naruto winkte ihr energisch zu, als er sie entdeckt hatte, und es hätte nicht mehr viel gefehlt und er wäre auf der Stelle auf und ab gehüpft.   Wieder einmal hätte sie am liebsten die Augen verdreht, doch sie empfand es als respektlos ihm gegenüber und unterdrückte den Drang. Stattdessen hob sie kurz die Hand zum Gruß und rang sich ein flüchtiges Lächeln ab. Naruto störte sich jedoch nicht an ihrem zurückhaltenden Verhalten und schien vielmehr fast schon erleichtert darüber, dass sie überhaupt aufgetaucht war. Wenn man mal ehrlich war, überraschte sie das selbst.   Als Naruto ihr vorgeschlagen hatte, das Logo für die Firma seines Freundes zu entwerfen, hatte sie das zunächst für einen Scherz gehalten. Oder aber eine Ausrede, um zu verbergen, dass er wirklich einfach ein Idiot war. Kein Wunder also, dass sie dementsprechend sein Angebot abgelehnt hatte, woraufhin er fast schon in Panik ausgebrochen war und alles versucht hatte, um sie doch noch zu überzeugen, es wenigstens einmal zu probieren. Er war der festen Überzeugung, dass sie die Einzige war, die für die Aufgabe in Frage kam. Sakura fühlte sich fast schon verarscht von ihm und war kurz davor, ihn empört und mit einem weniger freundlichen Kommentar abzuwimmeln, als er schließlich die Sache mit den fünfhundert Euro erwähnte.   Narutos Freund war bereit, ihr fünfhundert Euro dafür zu bezahlen, dass sie ihm ein paar Entwürfe vorlegte. Sie, die noch nicht einmal Kunst oder Kommunikationsdesign studierte, sondern einfach nur langweiliges BWL. Aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive heraus, war das eine wirklich dumme Investition, ein viel zu großes Risiko, das sich im Endeffekt höchstwahrscheinlich nicht lohnen würde. Der Freund musste ein noch größerer Idiot sein, als Naruto selbst. Aus Sakuras Perspektive war es ein willkommener Bonus zum Beginn des Semesters, den sie – wenn sie ehrlich war – wirklich gut gebrauchen konnte, nachdem sie erst vor wenigen Tagen einen ganzen Haufen neuer Bücher angeschafft hatte. Und dann war da auch noch der Semesterbeitrag.   Nachdem sie sich einen Moment für Smalltalk genommen hatten, hielt Naruto Sakura freudestrahlend die Tür zur Bibliothek auf und bedeutete ihr einzutreten. Aufgrund der Tatsache, dass Sakura sich bereits um einige Minuten verspätet hatte, wollte er wohl möglichst keine Zeit mehr verlieren. Er hatte mit seinem Freund ausgemacht, dass sie sich in der Bibliothek der Uni treffen würde, wo man sich als Student stundenweise abgetrennte Arbeitsräume mieten konnte. Von Naruto wusste sie bereits, dass sein Freund wohl auch noch studierte.   „Tasche und Jacke musst du leider hier lassen“, Naruto deutete auf die Reihen mit Schließfächern, die sich direkt rechts neben dem Eingang befanden.   Die Bibliothek war in mehrere Bereiche unterteilt. Im unteren Geschoss befanden sich mehrere Reihen mit Computern, die von jedem benutzt werden konnten, genauso wie verschiedene Kopierer und einige Tische zum Arbeiten. Meistens war dieser Teil der Bibliothek gut besucht und auch heute erfüllte mal wieder ein gleichmäßiges Murmeln den großen Raum. Im hintersten Bereich befand sich das Café, das ebenfalls zur Uni-Bibliothek gehörte. Hier unten konnte man sich jederzeit ohne Probleme aufhalten und auch unterhalten, ohne dass es jemanden störte.   Wollte man jedoch in den Bereich mit den Büchern, der sich im oberen Geschoss der Bibliothek befand, musste man zunächst seine Jacke und sämtliche Taschen ablegen, bevor man dann die Schranke passieren und die große Wendeltreppe nach oben nehmen durfte. Hier ruhte der Schatz der Universität. Die vielen wertvollen Bücher waren auch der Grund dafür, warum man die Räume nur mit einer durchsichtigen Plastiktüte betreten durfte. Da sich der gemietete Arbeitsraum in diesem Stockwerk befand, mussten sie vorher ihre Sachen wegschließen.   Sakura zog den Block mit ihren Entwürfen aus ihrer Tasche und verstaute ihn in einer der Plastiktüten, die man direkt am Eingang bekam. Dann ließ sie die Tür ihres Schließfachs mit einem lauten Scheppern zufallen. Naruto tat es ihr nach und ging dann mit großen zügigen Schritten auf die große Treppe zu. Sakura konnte nichts dagegen tun, dass sich seine hibbelige Art langsam auch auf sie übertrug und in Form von unterdrückter Nervosität ihre Haut zum Kribbeln brachte. Dabei gab es für sie überhaupt keinen Grund, nervös zu sein. Sie würde dem Typen einfach ihre Entwürfe vorlegen, sich das Geld nehmen und wieder nach Hause fahren, wo sie sich etwas zu essen machen würde.   Im oberen Stockwerk der Bibliothek war es schon deutlich ruhiger. Dumpf legte sich die Stille über die engen Gänge und der dunkle, bereits plattgetretene Teppichboden schluckte zusätzlich jedes Geräusch, das ihre Schritte machten. Ein paar Gesichter hoben sich aus den Büchern, als sie an den Regalen vorbeiliefen und sahen ihnen neugierig hinterher. Naruto ignorierte die Beobachter und ließ seinen Blick aufmerksam über die verschiedenen Raumnummern gleiten. Dabei zählte er leise mit, bis sie schließlich bei der neun angekommen waren. Ohne zu zögern schlug er mit den Fingerknöcheln mehrmals gegen das dunkle Holz.   Schritte näherten sich und dann wurde die Tür unsanft aufgerissen.   „Man, wird aber auch Zeit“, ertönte eine leicht schnarrende Stimme.   Als Naruto vor ihr den Raum betrat, gab er den Blick frei auf einen jungen Mann, der etwa in ihrem Alter war. Er war groß, relativ schmal gebaut und hatte längeres Haar, das offenbar gefärbt – oder vielmehr entfärbt – worden war. Es war schlohweiß und verlieh ihm irgendwie ein künstliches, fast schon futuristisches Aussehen. Insgesamt musste Sakura sagen, dass er schon jetzt mit seinem schiefen Grinsen irgendwie seltsam auf sie wirkte und doch genau in die Kategorie Leute passte, mit der Naruto wohl normalerweise seine Zeit verbringen würde. Er wirkte mindestens genauso hibbelig wie der Blonde, was daran liegen mochte, dass er eine Dose von irgendeinem billigen Energy-Drink in der Hand hielt.   „Ach, halt’s Maul Suigetsu“, winkte Naruto ab und schob den anderen ungeduldig beiseite. „Qualität hat eben ihre Zeit.“   „Ihren Preis, meinst du“, korrigierte Suigetsu besserwisserisch und sie hätte schwören können, dass seine Eckzähne deutlich hervorstachen, als er seine Lippen zu einem frechen Grinsen verzog.   Naruto stieß ihm unsanft seinen Ellbogen in die Seite und warf ihm wütende Blicke zu. Es schien ihm nicht zu passen, dass Suigetsu ihn vor Sakura so zurechtgewiesen hatte.   „Du kannst mich mal“, grummelte er.   Suigetsu holte plusterte beleidigt die Wangen auf und ging einen Schritt auf Naruto zu, um ihn am Kragen zu packen.   „Es reicht ihr beiden.“   Die Stimme kam plötzlich. Schneidend. Kalt. So kal  dass es Sakura mit einem Mal fröstelte und sie bereits bereute, dass sie ihre Jacke unten im Schließfach gelassen hatte und nur noch eine dünne Strickjacke trug. Seine Stimme legte sich wie eine zweite Haut über ihren ganzen Körper und machte ihr das Atmen schwer. Vermittelte den unwiderstehlichen Drang unterwürfig den Kopf zu senken. Ein Befehl, ruhig gesprochen und doch mit so viel Nachdruck, dass sie es kaum noch wagte, sich zu bewegen.   Bisher hatte sie nicht bemerkt, dass sich noch weitere Personen im Raum befanden, da Naruto und Suigetsu ihr die Sicht versperrten. Jetzt traten beide wie auf ein unsichtbares Kommando hin beiseite, wobei sie versuchten, möglichst viel Abstand zwischen sich zu bringen. Noch immer warfen sie sich aufgebrachte Blicke zu und Naruto hatte wütend die Hände zu Fäusten geballt. Offenbar war es nicht besonders schwer, ihn auf die Palme zu bringen.   Sakuras Blick jedoch wurde von der Person angezogen, deren Stimme sie so aus dem Konzept gebracht hatte. Als sie ihn schließlich erkannte, weiteten sich ihre Augen kurz vor Schreck und sie vergaß erneut zu atmen. Sasuke erwiderte ihren Blick ruhig. Bestimmend. Fast hatte sie das Gefühl, dass er sie damit festhielt, ihr jegliche Bewegung unmöglich machte.   „Ihr seid zu spät“, sagte er ruhig.   Es klang mehr wie eine Feststellung als wie ein Vorwurf und doch ließ er absolut keinen Zweifel daran, dass er es nicht tolerieren würde. Sofort senkte Sakura den Blick und biss sich fest auf die Zunge, während sie hörte, wie das Blut in ihren Ohren rauschte. Die Schläge ihres Herzens waren stockend, krampfhaft, so als müsste es sich abmühen, einen normalen Rhythmus beizubehalten. Die Situation hier überforderte sie.   Eigentlich hatte sie vorgehabt, die Sache schnell hinter sich zu bringen. Sie hatte damit gerechnet, Narutos idiotischen Freund zu treffen, ihm die Entwürfe zu übergeben und danach schnell abzuhauen. Das Ganze abzuhaken. Kein großes Thema. Ein kleiner Nebenjob eben, wenn auch ein gut bezahlter. Und nun war er hier. Sasuke Uchiha.   Sakura erinnerte sich nur zu deutlich an die Worte ihrer besten Freundin Ino. Du solltest ihm wirklich besser aus dem Weg gehen. Aber wie hätte sie auch ahnen sollen, dass ausgerechnet jemand wie Naruto in engerem Kontakt zu diesem Sasuke stand? Die beiden waren wie Tag und Nacht, wie Sonne und Mond, wie schwarz und weiß. Sie konnte sich wirklich nicht vorstellen, was diese beiden miteinander zu tun haben sollten. Hatte sie Naruto möglicherweise falsch eingeschätzt?   „Sakura“, Sasukes Stimme riss sie aus ihren Gedanken.   Er kannte ihren Namen. Also war er wohl wirklich der Freund, von dem Naruto gesprochen hatte. Allerdings ergab das alles keinen Sinn. Immerhin studierte er selbst genau wie Ino Kommunikationsdesign und sollte dementsprechend sehr wohl in der Lage sein, ein lächerliches Logo zu entwickeln. Die Vorlage die Naruto ihr gegeben hatte, war nun wirklich keine Herausforderung. Ein stilisierter Fächer in den Farben rot und weiß. Sie sollte daraus etwas machen, ohne zu sehr vom Corporate Design der Firma abzuweichen. Das hätte er ohne Probleme auch selbst geschafft, daran zweifelte sie keine Sekunde.   „Deine Entwürfe?“, fragte er und sah sie dabei durchdringend an.   Seine Hand hatte er ihr dezent aber fordernd entgegengestreckt. Wie in Trance bewegte Sakura sich auf ihn zu und öffnete mit einem knisternden Geräusch die Plastiktüte, in der sich ihr Zeichenblock befand. Ihre Hände zitterten leicht, als sie ihm den Block übergab. Seine langen schmalen Finger legten sich fest um das Papier. Nun bereute sie es doch, dass sie sich nicht mehr Mühe gegeben hatte und am liebsten hätte sie sich auf dem Absatz umgedreht und wäre davon gelaufen.   Sasuke lehnte sich lässig mit dem Rücken gegen den Tisch, der die gesamte Mitte des Raumes einnahm und begann zu blättern. In dem Moment wo er seinen Blick abwandte, sog Sakura befreit die Luft ein. Es war als hätte man einen dicken Knoten in ihrer Brust gelöst. Sie traute sich nun auch, sich in dem kleinen Raum umzusehen und bemerkte, dass noch eine vierte Person anwesend war. Es handelte sich um einen großen, stämmigen Kerl mit rötlichem Haar, der sich für seine Statur jedoch äußerst unauffällig bewegte und bisher noch keinen Mucks gemacht hatte. Stattdessen beobachtete er alles, was in diesem Zimmer geschah aufmerksam und schien jederzeit bereit einzugreifen. In was auch immer.   Eine ganze Weile lang sagte Sasuke nichts und blätterte stumm weiter, während seine Augen prüfend über Sakuras Entwürfe glitten. Mit jeder Sekunde die verstrich, wurde sie wieder zunehmend nervöser und wartete nur noch darauf, dass sie endlich wieder verschwinden konnte. Selbst die fünfhundert Euro waren ihr mittlerweile egal, wenn sie so aus seinem Einflussbereich gelangen konnte. Ihre Hände fühlten sich mittlerweile eiskalt an und eine Gänsehaut zog sich unter den Ärmeln der Strickjacke über ihre Arme. Diese Ansammlung von Menschen machte sie nervös.   Naruto, bei dem sie mehr und mehr das Gefühl bekam, dass sie sich in ihm grundlegend getäuscht hatte. Suigetsu, der ihr so einen seltsamen, fast schadenfrohen Blick zuwarf, der ihr den Eindruck vermittelte, dass er etwas wusste, was ihr ganz und gar nicht gefallen würde. Dieser augenscheinlich stumme Hüne, der sie allein durch seine Präsenz schon einschüchterte. Und dann natürlich Sasuke, dessen dunkle Aura für sie so überwältigend war, dass sie Schwierigkeiten hatte in seiner Gegenwart normal zu atmen. Jetzt war es zu spät.   „Wie lange hast du dafür gebraucht?“, Sasuke wandte seine Aufmerksamkeit wieder ihr zu.   Obwohl er ihr eine Frage stellte, klang er nicht besonders interessiert. Sakura biss sich auf die Unterlippe. Sie konnte ihm ja schlecht verraten, dass sie sich erst vor zwei Tagen daran gesetzt hatte, weil sie zuvor einfach viel zu sehr mit ihrem eigenen Studium zu tun gehabt hatte.   „So circa zwei Wochen“, antwortete sie zögerlich und war dabei selbst erstaunt darüber, wie wackelig ihre eigene Stimme klang.   „Unsauber“, antwortete Sasuke schlicht. „Wenn du dafür wirklich zwei Wochen gebraucht hast, möchte ich nicht wissen, wie du den Kurs bestehen willst.“   Seine Worte waren wie Peitschenhiebe und doch verzog er dabei keine Miene. Sein Gesicht blieb absolut kühl und ausdruckslos, mit einer Spur Arroganz. Sakura konnte nicht verhindern, dass es in ihrem Bauch anfing zu brodeln. Unbewusst hatte er so etwas wie ihren wunden Punkt getroffen, indem er ihre Minderwertigkeitskomplexe in Bezug auf den Kurs noch weiter anschürte.   „Ich hab nicht zwei Wochen lang nur an den Entwürfen gearbeitet“, warf sie ihm patzig entgegen. „Ich hab auch noch sowas wie ein Leben und wie du vielleicht weißt, hab ich diesen Kurs freiwillig belegt.“   Sasuke schnaubte.   „Das ändert nichts an der Tatsache, dass du unsauber arbeitest. Deine Linien sind wackelig und du kriegst es nicht mal hin, sie halbwegs gleichmäßig aussehen zu lassen. Aber was soll man schon von jemandem erwarten, der BWL studiert.“   Diesmal gab er sich keinerlei Mühe mehr, seine Arroganz zu überspielen und seine Stimme triefte nur so vor Überheblichkeit. Am liebsten hätte Sakura sich auf ihn gestürzt und ihm den selbstgefälligen Ausdruck aus dem Gesicht geprügelt. Im Allgemeinen konnte sie sehr gut mit Kritik umgehen, insbesondere wenn es sich um konstruktive Kritik handelte, aber in diesem Fall hatte sie das Gefühl, dass er ihr schlicht und ergreifend eins reinwürgen wollte.   „Warum hast du dir dann nicht einfach selber ein Logo entworfen und stattdessen die Zeit von jemandem verschwendet, der BWL studiert?“, äffte sie ihn nach.   Noch während sie sprach, begann sie sich zu fragen, woher er das überhaupt wusste. Wieviel hatte Naruto ihm von ihr erzählt?   „Das lass mal meine Sorge sein“, in Sasukes Augen flackerte für den Bruchteil einer Sekunde ein dunkles Feuer auf.   Man konnte deutlich spüren, dass es ihm nicht passte, wie Sakura mit ihm redete. Wahrscheinlich war er es nicht gewohnt, dass ihm jemand so offen die Stirn bot, und auch Sakura wusste nicht, woher sie diesen Mut nahm. Vermutlich wurde er aus der Wut gespeist, die er in ihr entfacht hatte. Wenn sie wütend war, verhielt sie sich oftmals leichtsinnig und tat Dinge, vor denen sie normalerweise zurückgeschreckt wäre. Wie Sasuke Uchiha die Stirn bieten, vor dem Ino sie gewarnt hatte und mit dem ganz offensichtlich etwas nicht stimmte. Allerdings war sie jetzt schon mal in Fahrt gekommen.   „Was ist überhaupt dein Problem?!“, fauchte sie. „Wenn dir meine Entwürfe nicht gefallen, dann gib sie mir zurück und ich geh wieder.“   Ganz deutlich konnte sie spüren, wie die Stimmung im Raum kippte. Der Hüne spannte die Schultern an und presste die Kieferknochen fest aufeinander, als müsste er sich mühsam beherrschen. Suigetsu warf immer wieder ängstliche Blicke in Sasukes Richtung und war fast unmerklich in eine leicht geduckte Haltung verfallen und falls es überhaupt noch möglich war, wirkte Naruto noch hibbeliger als sonst. Die ganze Zeit über hatte er sich zurückgehalten, doch jetzt hielt es auch ihn nicht mehr in seiner Ecke.   „Sasuke, das ist doch erst mal nur ein Entwurf“, beschwor er seinen Freund. „Sie fängt gerade erst an, du musst das Potenzial sehen.“   Selbst Naruto verhielt sich ihm gegenüber irgendwie beherrschter. Er wirkte plötzlich erwachsener, seine Worte deutlich besser zurechtgelegt.   „Es ist uninspiriert“, widersprach Sasuke.   Obwohl Sakura ihn für einen arroganten Arsch hielt, konnte sie nicht verhindern, dass seine Kritik sie erneut härter traf, als sie erwartet hatte. Entschlossen beugte sie sich zu Sasuke vor und riss ihm den Block aus der Hand, bevor er noch mehr unangebrachte Kommentare abgeben konnte. Sie würde jedenfalls nicht den Fehler machen, ihn noch einmal zu Wort kommen zu lassen   „Mach’s doch besser“, zischte sie dann und stapfte auf die Tür zu.   Sie fing Narutos entschuldigenden Blick auf und sah genau, dass er noch etwas einwerfen wollte, doch sie wandte sich schnell zur Seite und fasste nach dem Türgriff. Das was Sasuke gesagt hatte, hatte sie gekränkt. So unvermittelt, dass sie Schwierigkeiten hatte, die Fassung zu bewahren und das wollte sie ihn auf keinen Fall sehen lassen. Er konnte ihre Technik kritisieren, damit hatte sie kein Problem. Immerhin war sie wirklich noch ein blutiger Anfänger. Aber er hatte ihre Arbeit uninspiriert genannt. Uninspiriert. Das Wort hallte höhnisch in ihren Gedanken wieder. Mit viel zu viel Wucht riss sie die Tür auf.   „Ich nehme es.“   Wieder einmal schnitt Sasukes Stimme präzise wie ein Skalpell durch die angespannte Stille. Verblüfft drehte Sakura sich noch einmal um und beging den Fehler, ihm erneut in die Augen zu sehen. Obwohl sie keinen Zweifel daran hatte, dass er seine Kritik ernst gemeint hatte, erkannte sie so etwas wie Anerkennung und Neugier darin und wieder einmal fühlte sie sich wie festgefroren. Sein Blick hielt sie fest wie die stabilen Glieder einer Eisenkette.   „Was?!“, fragte sie verwirrt.   „Was?!“, fragte auch Suigetsu mit großen Augen.   Ein sanftes Schmunzeln trat in Sasukes Gesicht.   „Juugo, übergib ihr das Geld“, wies er dann den Hünen an, der sofort ein Bündel Geldscheine aus der Brusttasche seines Hemdes zog. „Suigetsu, du wirst sie nach Hause bringen und mit ihr die weiteren Details klären, wie abgesprochen.“   Perplex nahm Sakura das Geld entgegen und drückte Juugo stattdessen den Block in die Hand. Sasuke zahlte bar. Irgendwie hatte sie das Gefühl, etwas nicht mitbekommen zu haben. Noch vor wenigen Sekunden hatte er ihre Arbeit niedergemacht, behauptet, dass sie keinerlei Potenzial hatte und nun war er bereit, dafür fünfhundert Euro zu bezahlen? Und was meinte er überhaupt mit weiteren Details? Sie wollte einfach nur noch nach Hause und die ganze Geschichte so schnell wie möglich vergessen, Sasuke Uchiha am besten nie wieder über den Weg laufen und im Notfall den Wahlkurs eben nochmal im nächsten Semester belegen.   „Danke, ich brauche niemanden, der mich nach Hause bringt“, lehnte sie hastig ab.   „Ich denke schon“, widersprach er ihr. „Eine junge Frau wie du sollte nicht alleine mit so viel Geld durch die Straßen laufen.“   Seine Stimme duldete keinen Widerspruch und in dem Moment, wo sie mit einem mulmigen Gefühl den Raum verließ, stellte sie bereits fest, dass Suigetsu sich an ihre Fersen geheftet hatte. Wüsste sie es nicht besser, würde sie behaupten, dass Sasukes Worte wie eine Drohung geklungen hatten und in Kombination mit Suigetsus wissendem Grinsen löste das ein mulmiges Gefühl in ihrem Bauch aus. Ein letztes Mal blickte sie über die Schulter zu Sasuke, der unglaublich anmutig aussah, wie er da noch immer gegen den Tisch gelehnt dastand und ihren Blick erwiderte. Er brannte sich förmlich in ihr Gedächtnis und sie wurde das Gefühl nicht los, dass es nicht das letzte Mal sein würde, dass sie sich begegnet waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)