Imperativ von -Zerschmetterling- (Kontrolle über deine Sinne.) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- -1-   Es waren bereits drei Wochen vergangen seit Sakura Sasuke zum ersten Mal gesehen hatte und seitdem war er auch nicht mehr in den Vorlesungen aufgetaucht. Sakura erwischte sich immer wieder dabei, wie sie unauffällig aus den Augenwinkeln in Richtung Tür linste, sobald jemand den Saal betrat und dann fast schon enttäuscht seufzte, wenn sie das Gesicht eines ihrer anderen Kommilitonen erkannte. Obwohl sie Sasuke irgendwie gruselig fand, wollte sie ihn unbedingt noch einmal sehen, und wenn auch nur, um sich überzeugen, dass er kein Hirngespinst von ihr gewesen war. Je mehr Tage vergingen, desto mehr fühlte sich die Begegnung wie ein Traum an, so als hätte sie nie stattgefunden, irgendwie surreal. Und jedes Mal, wenn sie Ino auf das Thema ansprach, wurde sie sofort geblockt.   Auch heute hoffte sie insgeheim wieder darauf, ihn zu sehen. Der Kurs hatte drei Wochen Zeit gehabt für ein Projekt, das nun fällig wurde, was bedeutete, dass alle ihr Werk im Büro des Dozenten abgeben mussten. Auch Sasuke. Sakura hatte sich die große Mappe unter den Arm geklemmt und war damit so schnell sie konnte aus dem Vorlesungssaal gestürmt, wo sie bis eben noch einen Vortrag über Markenwerte gehört hatte. Ino hatte ihr Plakat bereits gestern und somit vor der Deadline abgegeben. Sie würde also alleine gehen müssen. Wenn sie etwas Glück hatte, erwischte sie noch den Bus.   Das Wasser spritze leicht zu beiden Seiten unter ihren Füßen weg, als sie über den klitschnassen Asphalt lief. So gut es ging, versuchte sie die Mappe vor dem Regen zu schützen, indem sie sich ihre Jacke bis zur Hälfte über den Kopf stülpte. Wahrscheinlich sah sie unglaublich lächerlich damit aus, doch sie konnte nicht riskieren, dass ihre Arbeit nass wurde. Immerhin hatte sie wirklich lange dafür gebraucht. Die Büros der Dozenten befanden sich ganz am anderen Ende des Campus, weswegen sie es auch möglichst vermeiden wollte, zu Fuß gehen zu müssen. An einem schönen warmen Sommertag konnte das durchaus recht angenehm sein, aber bei diesem trüben und regnerischen Herbstwetter war es einfach nur eine Tortur.   Sie kam gerade noch rechtzeitig und quetsche sich in den überfüllten Bus. Keiner der Studenten schien heute besonders scharf darauf zu sein, die paar Meter über das Campusgelände zu laufen. Nach ihr sprang noch ein junger Mann mit strohblondem Haar durch die sich bereits schließenden Türen und sie zischte ärgerlich, als er bei seinem unvorsichtigen Manöver mit dem Ellbogen gegen ihre Mappe stieß. Wenn sie die Arbeit endlich heil abgegeben hatte, würde sie wirklich drei Kreuze machen. Genervt schloss sie die Augen.   Die Fahrt dauerte glücklicherweise nicht allzu lange und als sich die Türen mit einem gemächlichen Zischen öffneten, war sie eine der ersten, die von der ungeduldigen Schaar nach draußen gedrängt wurde. Sofort zog sie sich wieder die Jacke über den Kopf und steuerte mit großen, zügigen Schritten auf das Bürogebäude auf der anderen Seite der Straße zu. Hinter sich hörte sie, wie sich der Bus schwerfällig wieder in Bewegung setzte. Geschafft. Mit der freien Hand, die nicht die Mappe fest umklammerte, drückte sie die große Glastür auf, die in das Gebäude führte und wollte schon erleichtert aufatmen.   Doch in dem Moment, wo sie den ersten Schritt ins Trockene machte, wurde sie von hinten förmlich überrannt. Der Unbekannte hatte wohl die oberste Treppenstufe übersehen und war dadurch in Sakura hineingestolpert. Da Sakura nicht mit diesem Stoß gerechnet hatte, ruderte sie beinahe reflexartig wild mit den Armen, um ihr Gleichgewicht beizubehalten, was ihr auch einigermaßen gelang. Allerdings konnte sie nicht verhindern, dass dabei die Mappe mit ihrer Arbeit zu Boden fiel, woraufhin sich sämtliche Entwürfe quer über das graumelierte Linoleum verteilten.   „Verdammt“, fluchte sie ungehalten.   Am liebsten wollte sie den Idioten, der sie beinahe umgerannt hatte, anspringen und ihn die gesamte schlechte Laune spüren lassen, die sich über den Tag verteilt bei ihr angestaut hatte. Wahrscheinlich hatte er es auch eilig gehabt, endlich ins Trockene zu kommen. Dennoch hätte er ruhig ein bisschen besser aufpassen können.   „Wow“, ertönte es plötzlich gedehnt hinter ihr. „Das sieht großartig aus.“   Es war eine männliche Stimme, wenngleich sie auch nicht besonders tief war. Die Anerkennung ließ sich dennoch deutlich heraushören. Sakura fuhr herum und blickte direkt in ein Paar strahlend blauer Augen, die sie fröhlich anleuchteten. Das Gesicht des jungen Mannes kam ihr bekannt vor – es war der Blonde aus dem Bus, der ihre Arbeit schon einmal in Mitleidenschaft gezogen hatte. Sie verengte wütend die Augen zu Schlitzen, wovon er sich jedoch keineswegs einschüchtern ließ.   „Hast du das gemacht?“, fragte er stattdessen beeindruckt.   Sakura schnaubte.   „Denkst du, ich trage das zum Spaß mit mir rum?“   Wieder einmal erwies der Typ sich als äußerst resistent gegenüber ihrer unfreundlichen Art oder aber er schien ihren Ärger gar nicht erst zu bemerken. Er ging in die Knie und begann die einzelnen Blätter behutsam wieder einzusammeln, wobei er immer mal wieder inne hielt und betrachtend den Kopf zur Seite legte.   „Das sieht echt klasse aus“, betonte er noch einmal. „Oh man, tut mir voll Leid, dass ich dich so über den Haufen gerannt habe! Ich wollte einfach nur schnell ins Trockene. Hoffentlich habe ich nichts kaputt gemacht?“   Zum ersten Mal blitzte so etwas wie Schuldbewusstsein in seinem Gesicht auf und er sah Sakura von unten herauf aus großen Augen an. Sie wusste nicht wirklich, was sie von diesem Kerl halten sollte, doch es fiel ihr schwer, ihm weiterhin böse zu sein. Dennoch wurde sie das Gefühl nicht los, dass er möglicherweise nicht ganz unfreiwillig in sie hineingelaufen war. So selten doof konnte sich nun wirklich niemand anstellen. Er hätte sie ja zumindest warnen können, aber es kam ihr fast so vor, als hätte er es darauf angelegt.   „Das hoffe ich auch.“   Mit grimmiger Miene nahm sie die Blätter entgegen, die er ihr hinhielt und bückte sich dann nach der Mappe. Prüfend betrachtete sie die einzelnen Seiten und ließ sich dafür bei der finalen Version besonders viel Zeit. Immerhin wollte sie diese noch abgeben und jeder Knick oder Schmierer konnte eine Notenstufe schlechter bedeuten. Der Boden hier war nicht gerade das, was sie als klinisch sauber bezeichnen würde. Überall befanden sich nasse Schuhabdrücke von Studenten, die genau wie sie aus dem Regen hier rein gekommen waren.   „Sieht gut aus“, stellte sie dann jedoch fest.   Der Fremde atmete hörbar erleichtert aus.   „Im Ernst, das hätte ich mir niemals verziehen“, beteuerte er. „Studierst du Kunst oder sowas?“   Sakura verzog ein wenig das Gesicht. Eigentlich hatte sie gerade wirklich keine Lust darauf, sich weiter mit diesem ungeschickten Typen zu unterhalten. Allerdings musste sie auch zugeben, dass es ihr schon ein wenig schmeichelte, dass ihm ihre Entwürfe so zu gefallen schienen. Normalerweise fühlte sie sich als einzige BWL-Studentin all den anderen in ihrem Kurs deutlich unterlegen. Allein ein einziger Blick auf Inos Arbeit hatte ausgereicht, um ihrem Ego einen erheblichen Dämpfer zu verleihen. Dass der Fremde sie nun so lobte, war wie Musik in ihren Ohren.   „Ich habe den Kurs als Wahlfach belegt“, erklärte Sakura schließlich zurückhaltend. „Eigentlich studiere ich BWL.“   „BWL?“, wiederholte der Blonde ungläubig. „Das geht ja in eine ganz andere Richtung. Dabei hast du doch ganz offensichtlich ein künstlerisches Talent!“   Sakura spürte wie ihre Wangen einen sanften Rotton annahmen und gegen ihren Willen war sie erneut geschmeichelt. Gleichzeitig jedoch wurde sie zunehmend misstrauischer. Entweder dieser Kerl hatte ein wirklich schlechtes Gewissen, weil er sie so umgerannt hatte oder aber das hier war gerade ein ziemlich billiger Versuch, sie anzumachen. Auf jeden Fall sollte sie sich keinesfalls weiter von ihm einwickeln lassen.   „Äh, ja danke“, sagte sie schnell. „Aber ich muss dann jetzt auch mal weiter, meine Mappe abgeben und so.“   Ihre Arbeit hielt sie nun fest in beiden Händen, damit ihr auf dem Weg zum Büro ihres Dozenten nicht noch ein Missgeschick passieren konnte. Für heute war definitiv schon genug schief gegangen.   „Verrätst du mir noch deinen Namen?“, der Fremde blinzelte sie frech an und ein breites Grinsen zog sich von einem Mundwinkel zum anderen.   Mittlerweile war sie fast sicher, dass er versuchte, sie anzumachen. Auf eine ziemlich plumpe Art und Weise. Trotzdem verriet sie ihm ihren Namen. Es war vermutlich einfacher, jetzt keine Diskussion mit ihm zu beginnen und sie hatte nicht gerade den Eindruck, dass er sich leicht abschütteln lassen würde.   „He cool, Sakura – Das passt zu deinen rosa Haaren! Ich bin Naruto“, stellte er sich seinerseits vor, wobei er immer noch grinste, als würde er gerade verkünden, dass Weihnachten dieses Jahr vorverlegt wurde.   „Gut Naruto, ich muss jetzt aber wirklich los“, erinnerte sie ihn erneut. „Vielleicht sieht man sich ja mal wieder.“   Sakura drehte sich um und Naruto hob ein letztes Mal die Hand zum Gruß, während sie auf das Treppenhaus zusteuerte. Würde sie nicht genau spüren, dass er sie noch immer mit seinen Blicken verfolgte, hätte sie jetzt vermutlich den Kopf geschüttelt. Was für ein komischer Kauz.   Immer zwei Stufen auf einmal nehmend erklomm sie die Treppe in den zweiten Stock. Während sie sich dem Büro näherte, spürte sie, wie ihr Herz begann immer schneller zu schlagen. Meistens war es ihr mehr als unangenehm, mit einem der Dozenten alleine zu sein, insbesondere, wenn sie eigentlich aus einem anderen Studiengang stammte und somit gänzlich unbekannt war. Außerdem musste sie plötzlich an Sasuke Uchiha denken. Was, wenn er auch gerade dort war, um seine Arbeit abzugeben? Die Chancen standen gar nicht mal so schlecht.   Nervös klopfte sie und wurde kurz darauf auch schon hereingebeten. Überraschenderweise erkannte der Dozent sie sofort wieder und wusste sogar, dass sie seinen Kurs als Wahlkurs belegte. Er versprach, das bei seiner Bewertung mit zu berücksichtigen und nahm ihre Arbeit entgegen. Sein geschulter Blick wanderte neugierig über das Plakat und er nickte kurz anerkennend. Dann bedankte er sich bei Sakura und unterschrieb ihr eine Bestätigung dafür, dass sie die Prüfungsleistung im angegebenen Zeitraum vorgelegt hatte. Während er damit beschäftigt war, das entsprechende Formular herauszusuchen, ließ Sakura ihren Blick neugierig durch das Büro gleiten. Dabei konnte sie einen Blick auf die Plakate einiger ihrer Kommilitonen erhaschen, die auf einem Regal im hinteren Teil des Büros lagen. Auch Inos Arbeit war dabei.   Wieder fragte sie sich, ob Sasuke sein Werk schon abgegeben hatte. Irgendwie erwartete sie, dass es aus dem Stapel herausstechen würde, auf welche Art und Weise auch immer und vermutete deshalb, dass er noch nicht zur Abgabe erschienen war. Am liebsten hätte sie ihren Dozenten danach gefragt, doch sie hatte keinen vertretbaren Grund dafür und so versuchte sie einfach nur die Zeit hinauszuzögern, bis sie das Büro wieder verlassen musste. Vielleicht tauchte er ja noch auf. Nachdem sie in aller Ruhe ihre Sachen zusammengepackt und dem Dozenten noch ein paar Fragen bezüglich der Verbuchung der Punkte für den Kurs gestellt hatte, kehrte sie dann aber doch wieder zurück ins Treppenhaus. Schließlich wollte sie sich nicht lächerlich machen. Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass Naruto immer noch im Foyer stand. Hatte er etwa auf sie gewartet?   Bisher hatte er Sakura noch nicht bemerkt und war stattdessen in ein Telefongespräch vertieft. Seine Miene wirkte ernst, deutlich ernster als während ihres Gespräches vor wenigen Minuten und er redete eindringlich auf seinen Gesprächspartner ein. Dabei nickte er immer wieder mit dem Kopf und schimpfte ab und zu mit unterdrückter Stimme, so als müsse er sich Mühe geben, sich zusammenzureißen.   „… er ist aber nicht mehr hier. Schau es dir wenigstens mal an.“   Als er sie schließlich bemerkte, entspannten sich seine Gesichtszüge schlagartig und er zeigte wieder sein gewohntes Grinsen. Mit ein paar knappen Worten, die Sakura nicht verstehen konnte, wimmelte er seinen Gesprächspartner ab und kam dann auf sie zu. Etwas unschlüssig blieb sie in der Mitte des Foyers stehen, denn eigentlich hatte sie keine Lust, sich erneut mit Naruto zu unterhalten. Andererseits bot es ihr jedoch einen guten Vorwand, um noch eine Weile zu warten, ob Sasuke nicht doch noch auftauchen würde.   „Hey Sakura, wie ist es gelaufen?“, rief Naruto gutgelaunt.   Sakura war erstaunt darüber, wie schnell seine Laune umschwenken konnte. Gerade noch hatte er ziemlich verärgert gewirkt und so als hätte er keine Lust auf eine großartige Diskussion gehabt. Jetzt plötzlich strahlte er wie die Sonne höchstpersönlich und wollte sie offenbar erneut in ein Gespräch verwickeln. Obwohl sie sich erst vor wenigen Minuten kennengerlernt hatten, vermittelte Naruto jetzt schon den Eindruck, als würden sie sich ewig kennen. Zumindest für Außenstehende musste es aufgrund seines Verhaltens so aussehen.   „Alles gut“, antwortete sie knapp und hielt ihm demonstrativ das Formular unter die Nase.   Er nickte zufrieden und verschränkte dann in einer ausladenden Geste die Arme hinter dem Kopf.   „Also“, begann er vorsichtig. „Wenn du dann jetzt nicht mehr so ganz unter Stress stehst, hast du ja vielleicht kurz Zeit für mich?“   Also hatte sie mit ihrer Vermutung doch Recht gehabt. Naruto hatte die Aktion möglicherweise sogar von Anfang an geplant und wollte sich einfach nur an sie ranmachen. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er seine Komplimente ernst gemeint hätte. Sofort verhärteten sich ihre Gesichtszüge.   „Naruto, nimm es mir nicht übel, aber ich habe wirklich keine besonders große Lust, mit dir Zeit zu verbringen. Eigentlich möchte ich jetzt einfach nur nach Hause.“   Für einen Moment lang flackerte das fröhliche Strahlen auf seinem Gesicht und Sakura realisierte, dass ihre Aussage ihn wohl tatsächlich verletzt hatte. Allerdings war er so hartnäckig, dass sie mit reiner Höflichkeit wohl nicht weit gekommen wäre und eigentlich kannte sie ihn ja auch noch gar nicht. Zudem war sie noch immer wütend darüber, dass er ihre Entwürfe auf den Boden befördert hatte. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann hatte Naruto sich wieder gefangen.   „Falls du denkst, das soll eine billige Anmache sein – darum geht es mir gar nicht“, beschwor er. „Also nicht, dass du nicht hübsch bist und toll aussiehst und eigentlich bist du auch voll mein Typ und ich würde dich vermutlich anmachen, wenn ich nicht vorher in dich reingerannt wäre…“   „Naruto“, unterbrach Sakura ihn ungeduldig. „Komm auf den Punkt.“   Die Hoffnung, dass Sasuke noch auftauchen würde, hatte sie mittlerweile irgendwie aufgegeben und selbst wenn, sollte er sie unter keinen Umständen im Gespräch mit diesem Idioten sehen. Wenn sie eines gelernt hatte, dann dass man besser nicht Sasukes Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollte. Und das würde Naruto definitiv. Er war laut. Penetrant. Und fast schon überpräsent.   „Ein guter Freund von mir ist gerade dabei, ähm… eine Firma zu gründen“, fuhr Naruto beinahe unbeeindruckt fort. „Momentan ist er auf der Suche nach einem geeigneten Logo, aber er ist da irgendwie sehr… kritisch. Ich denke, dass ihm dein Stil möglicherweise gefallen könnte und ich würde dir gerne ein Angebot machen.“   Sakura zog überrascht die Augenbrauen nach oben.   „Ein Angebot?“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)