Burst or Bloom von Juli-sama ================================================================================ Prolog: Der Entschluss ---------------------- Kennst du das Gefühl vom Nichts? Vom Leer sein? Wenn man sich unbedeutend und ungeachtet fühlt? Kennst du das Gefühl nicht zu wissen wer du bist und was für eine Rolle du im Leben trägst? Sich so leer und verzweifelt zu fühlen ist schlimmer als der Tod oder die Einsamkeit. Wie kann man sich menschlich fühlen, wenn man an seiner eigenen Existenz zweifelt? Wie kann man wissen wo sein Platz ist, wenn man keine Orientierung hat? Genau dieses Gefühl von Verzweiflung fühlte ich jeden Tag wenn ich meine Augen aufschlug. Das Wissen das ich keine Ahnung hatte wer ich bin, verfolgte mich wie ein Fluch und trieb mich in die Enge. Sie nahm mir meine Luft zum Atmen und meine Kraft mich zu bewegen. Ich fühlte mich verdammen und geschlagen. Verdammen von meinem Schicksal, meinem Leben und alldem was ich nicht wusste. Geschlagen von mir Selbst und meinen unwissenden Ich. Ich wollte alldem ein Ende ziehen. Ich wollte endlich meiner Verzweiflung entkommen und wieder von ganzen Herzen zu lachen können. Deswegen hatte ich einen Entschluss gefasst. Deswegen hatte ich meine Sachen gepackt. Und deswegen stand ich nun vor der alten, dunklen Eichentür, die als Eingangstür genutzt wurde. Es war Nacht und meine „Familie“ schlief. Keiner wusste von meinen Vorhaben. Niemand hatte auch nur ansatzweise etwas davon mitbekommen, dabei plante ich es jetzt schon seit ungefähr einem halben Jahr. Stille regierte im Moment das Haus, zog seine Runden durch die finsteren Gänge und verbreitete ein Gefühl der Einsamkeit und des Unwohlsein. Jedoch war das nicht weiter verwunderlich, nachdem jeder außer mir und meinem geliebten Partner, ein feuriges Igelpokémon, schlief. Der sanfte und warme Hauch meines besten Freundes scherte mir eine Gänsehaut und führte mir beklommen vor Augen das ich meine Familie für sehr lange Zeit nicht wiedersehen würde. Aber ich konnte mich auch nicht verabschieden. Ich würde es nicht übers Herz bringen sie dann zu verlassen. Nein, ich musste hier und jetzt gehen oder für immer hierbleiben. „Igelavar.“ Die leise Stimme meines Pokémons holte mich in die Gegenwart zurück. Ich kraulte das Feuerpokémon hinter seinen Ohren und lächelte. „Wir schaffen das, mein Kleiner. Dieses Mal wird uns keiner aufhalten. Ich will endlich wissen wer ich wirklich bin“, meinte ich mit einer leisen, aber entschlossenen Stimme. Ja, mit meinem Ziel vor Augen wollte ich voran in die Welt schreiten. Ein Grinsen umspielte meine Lippen und ich erfasste die kalte, aus dunklem Messing bestehende, Türklinge mit meiner rechten Hand. „Du willst also wirklich gehen?“ Erschrocken hielt ich inne. Ohne mich umzudrehen wusste ich, dass die Dorfälteste hinter mir stand. Sie war eine gute Frau im Alter von 76 Jahren, die bei meiner Familie und mir lebte. Zum Schlafen bevorzugte sie eine altes rosafarbenes Nachtkleid und eine Schlafmütze. Ich konnte sie vor meinem geistigen Auge sehen, obwohl ich immer noch die kahle Holztür anstarrte. Das Muster aus Blumen und Dornenranken am dunkeln Holz, war plötzlich furchtbar interessant. Zumal ich vor Schrecken mich nicht umdrehen konnte und auch nicht wollte. Über die Tatsache dass sie von meinen Vorhaben offensichtlich Wind bekommen hatte war ich mehr erschreckt, als von der Tatsache das sie hinter mir aufgetaucht war ohne, dass ich es bemerkt hatte. Aber trotz dieses Schocks verlor ich nicht meine Fassung. Ich durfte sie nicht verlieren, sonst wäre alles umsonst gewesen. „Ja … Mein Entschluss steht fest. Du kannst mich nicht aufhalten!“, teilte ich ihr entschlossen mit. Ein raues Lachen ertönte und ließ mich leicht erschauern. Vor der Dorfältesten hatte ich immer schon Respekt gehabt. Sich ihr zu widersetzten war eine aussichtslose Lage. Sie verfügte über eine anziehende Aura, die bewirkte, dass man sich ihren Befehlen nicht wiedersetzten konnte. Nur dieses eine Mal musste ich es. „Ich hatte niemals vor dich aufzuhalten. Tu was du nicht lassen kannst! Dich hält niemand fest, aber ich finde es enttäuschend, dass du einfach so feige im Stillen abhaust.“ Diese Worte trafen mich ziemlich hart und ich musste schlucken. Sie hatte ja Recht. Es war feige von mir einfach abzuhauen. Aber ich würde es niemals übers Herz bringen mich bei allen zu verabschieden. „Ich kann einfach nicht. Der Gedanke hier fortzugehen macht mich schon so traurig, dass ich nicht wüsste wie ich es den anderen sagen soll. Ich liebe sie alle. Mama, Papa, Kazu, Isabell und Nana … ohne ihnen wäre ich vermutlich gestorben, aber … ich halte es nicht länger aus. Zu wissen, dass ich irgendwo da draußen „leibliche“ Eltern habe und das ich einen komplett anderen Namen habe … das erdrückt mich so sehr, dass ich nicht länger untätig bleiben kann. Ich will mein verlorenes Gedächtnis wiederfinden.“ Ich atmete tief durch. Mein Atem zitterte und ich fühlte die Angst und Furcht in meiner Brust, wie sie sich langsam um mein Herz schlängelte, es einengte und zudrückte. Sie wollten mich zerdrücken und mir dem Atem rauben. Aber ich ließ es nicht zu. Ich blieb stark. „Ich akzeptiere deine Entscheidung. Aber vergiss nie: Hier ist deine Familie, dein Zuhause. Du kannst jederzeit zurückkehren.“ Lächelnd blickte ich zu der alten Dame, die ebenfalls ein warmes Lächeln auf ihren Lippen hatte. „Das würde ich nie vergessen. Ich werde wiederkommen. Versprochen.“ Das waren meine Abschiedsworte. Mein Blick richtete sich wieder nach vorne und ich öffnete die Haustüre. Kälte schlug mir entgegen und ließ mich leicht frösteln. Draußen war es dunkel und regnerisch, aber das war mir egal. Die Wärme meiner Gedanken begleitete mich auf meinen Weg und das zählte. Ein letztes Mal sog ich den vertrauen Duft meines Zuhause ein, es roch immer ein wenig nach Lavendel und Rosen. Der Regen peitschte mir ins Gesicht und schien mich von meinem Vorhaben abhalten zu wollen, jedoch war es dafür zu spät. Ich wagte den Schritt über die nasse Türschwelle und dann war ich draußen. „Ich wünsche dir viel Glück auf deiner Reise. Mögen die Geister und Götter dich behüten und begleiten“, waren die Abschiedsworte der Dorfältesten. Erneut zauberte mir diese ein Lächeln ins Gesicht. „Meine Reise beginnt hier und jetzt! Und ich werde nicht scheitern!“ Mit diesen Worten lief ich los in die kalte, verregnete Nacht hinein mit nur einem Gedanken im Kopf. Ich werde mich selbst finden! Kapitel 1: Wanderung durch die Vergangenheit -------------------------------------------- Mila‘s P.o.V Blitzartig öffneten sich meine Augen und ein geräuschvolles Keuchen erfüllte den dunkeln Raum. Ich war wach. Stark verschwitzt und mit wild klopfendem Herz. Eine Schweißperle lief mir über die Stirn, bannte sich ihren Weg über mein Gesicht und tropfte schließlich mit einem, nicht hörbaren Platsch auf das weiße, vom Schlaf zerdrückte Kopfkissen. Ein Traum! Und nicht nur irgendeiner, sondern ein ganz Bestimmter. Mein Traum zeigte mir den Tag an dem ich die Menschen verlassen hatte, die ich am Meisten liebte. Nicht unbedingt eine der angenehmsten Erinnerungen die ich hatte. Aber sie war ein Teil meines Lebens und ich würde sie nie vergessen, so wie ich schon mein halbes Leben vergessen hatte. Sie würde mich auf ewig begleiten und das war vermutlich auch gut so. Ein leises Schnurren lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich. Vorsichtig drehte ich meinen Kopf zur Seite und erspähte meinen besten Freund an meiner Seite. Igelavar, der den Namen Lee trug, lag zusammengerollt neben mir und schlief noch tief und fest. Er war wirklich niedlich. Das blauweiße Feuerpokémon sah einfach nur süß aus, wenn er schlief. Leise kichernd streichelte ich ihn sanft hinter seinen Ohren und ein lauteres Schnurren ertönte. Einfach putzig. Ganz anders, als wenn er wach war und sich mürrisch auf meiner Schulter niederließ. Dann gab er den großen Miesepeter und Obermacker. Er zeigte sich kalt und stur, aber ich wusste, dass er eigentlich ein liebevoller und netter Freund war. Und vor allem ein treuer. Für keinen Preis dieser Welt würde ich ihn eintauschen. Nicht einmal, wenn mein Leben davon abhinge. Er würde immer für ihn da sein, denn ich wusste genau, dass Lee genau das gleiche auch für mich sein würde.   Lächelnd schlug ich meine Decke zur Seite, stand auf und streckte mich genüsslich. Das Sonnenlicht drang fahl durch die dunklen Vorhänge in das kleine Einzelzimmer des Pokémoncenter. Die Sonne kämpfte gegen die dicke Stoffschicht der Vorhänge und wollte mit jedem einzelnen Strahl in diesen Raum eindringen und ihn erleuchten. Das Zimmer selbst war ziemlich einfach gehalten mit einem hellen Holzboden und weißen, fast schon grauen Wänden. Es standen ein Bett mit einem Nachtkasten und ein kleiner Schreibtisch darin. Zudem gab es noch eine Tür zu einem kleinen, einfachen Badezimmer und ein Zugang zum Balkon. Ein einfaches Zimmer eben. Ich öffnete die Vorhänge ein bisschen um mehr Licht hineinzulassen, aber auch nicht zu viel, da ich Igelavar nicht wecken wollte. Schnell warf ich einen Blick durch die blank geputzten Scheiben. Azalea City hieß die Stadt in der ich mich im Moment befand. Rund um diese Stadt war ein dichter hochgewachsener Wald, nur ein Weg führte zu einer Tunnelpassage, genannt den Einheitstunnel. Diese wiederum führte nach  Viola City, einer kleinen, aber schönen Stadt. Die Häuser in Azalea City waren einfach und schlicht gebaut. Keller, Erdgeschoss, ein Stockwerk und Dach. Letzteres besaß fast auf jedem Haus eine andere Farbe. Mal, rot, mal schwarz, ich konnte sogar ein grünes Dach erkennen. Es gab in der Stadt eine Pokémon Arena. Der Arenaleiter hieß Kai und er bevorzugte Käferpokémon. Kein Wunder bei einem Ort wie diesen. Aber ich hatte läuten hören, dass Kai eine besonders große Angst vor Geisterpokémon besaß. Irgendwie süß. Alles im allen war Azalea City eine schöne Stadt mit Gepflasterten Straßen, ebenso wie Landstraßen. Es gab die ein oder andere Einkaufsmöglichkeit, aber hauptsächlich Souvenirs und Schmuck. Nichts Besonderes. Aber dafür hatte diese Stadt auch andere Qualitäten. Zum Beispiel den Flegmon-Brunnen. Ich betrachtete eine Weile die ruhige Stadt, die langsam von der Sonne wach geküsst wurde, danach ging ich leise in das angrenzende Badezimmer um mich für den Tag fertig zu machen. Das Badezimmer war, genau wie der Hauptraum, schlicht gehalten mit weißen Fließen und weißen Wänden. Es gab eine Dusche, ein Waschbecken mit Ablagefläche, darüber einen recht großen Spiegel und einen kleinen Kleiderkasten. Wie jedes gutes Hotelzimmer hatte das Badezimmer natürlich auch noch frische Handtücher parat, die sorgfältig zusammengefaltet, am Rande der Badewanne lagen. Das einzige Auffällige war die Lilie in einer grünen Blumenvase, die auf dem Waschbecken platziert war. Eine wirklich nette und schöne Idee. Mir gefiel sie. Die Blume machte einen einladenden und fröhlichen Eindruck. Schwester Joey war wirklich toll. Sie versuchte den Aufenthalt im Pokémoncenter für jeden so angenehm und schön wie nur möglich zu gestalten. Ich kannte niemand anderen die eine größere Nächstenliebe wie sie empfand, außer meinen Eltern vielleicht. Müde entkleidete ich mich, ging in die Dusche und ließ warmes Wasser über meinen Körper prasseln. Ein morgendlicher Waschgang würde mich sicher aufwecken und meine schlechten Erinnerungen verdrängen. Das Wasser war wirklich angenehm und löste die versteiften Muskeln in meinen Gelenken. Zudem wurde ich dadurch ein wenig munterer, wie zuvor erhofft. Nach der Dusche rubbelte ich mich mit dem flauschigen Handtuch trocken und zog mir meine Kleidung – ein kurzärmlige, enge Bluse dessen Ärmel ich bis hoch zur Schulter überschlagen hatte, ein aquablauer Minifaltenrock, der zum Glück ein Stücken unter meinen Po ging und dann wäre da noch meine blaue Glückskrawatte, die ich seit dem Tag an dem sie mir ein Lehrer aus der Pokémonschule gegeben hatte und ich jeden Kampf gewann, trug – an. Meine hellbraunen Haare, die mir bis Mitte Brust reichten, bürstete ich schnelle durch und band mir seitlich eine dickere Strähne hoch. Als zierte legte ich mir noch ein schwarzes Lederband, mit einem blau schimmerten Splitter, um meinen rechten Oberarm. Zu diesem Outfit würde ich meine kniehohen, schwarzen Schnürstiefel anziehen. Diese waren sehr hübsch und vor allem bequem und gehtauglich.   Zufrieden mit mir selbst verließ ich das Badezimmer wieder und setzte mich zu meinen Igelavar. Es immer noch schlief friedlich auf dem Bett und hatte sich zu einer Kugel zusammen gerollt. Lächelnd betrachtete ich mein Feuerpokémon und kraulte es zwischen den Ohren. Ich hab ihn als kleines Kind von Professor Lind bekommen. Damals war Lee noch ein süßes Feurigel und nicht annähernd so mürrisch und stur wie er es jetzt war. Mein Igelavar war mein engster Freund und treuester Begleiter. Er schenkte mir Mut und Kraft auf meiner Reise. Und obwohl er immer auf schlecht gelaunt tat, hielt er zu mir. Er beschütze mich. Dafür liebte ich ihn sehr. „Lee, Schatz. Aufwachen. Wir gehen frühstücken“, flüsterte ich sanft und strich ihm über seine flauschige Wange. Mein Pokémon schnurrte, und wälzte sich leicht hin und her. „Komm schon, Süßer. Du hast doch bestimmt schon riesen Hunger. Ich kenne dich ja“, sagte ich etwas lauter, aber immer noch sanft. Das Feuerpokémon ließ ein murrendes Geräusch von sich und öffnete schließlich blinzelnd die Augen. Er gähnte und blickte sich dann um, bis er in mein Gesicht blickte. „Guten Morgen, mein Kleiner. Gut geschlafen?“, fragte ich lächelnd. „I-Igelavar.“ Mein Pokémon streckte sich und hüpfte mir dann elegant auf die Schultern, bevor er sich kurz als Begrüßung, gegen meine Wange schmiegte. „Ich hoffe du hast einen großen Appetit, Süßer. Heute gehen wir trainieren für morgen. Da kämpfen wir dann gemeinsam gegen den Arenaleiter. Ich freue mich schon. Das wird bestimmt toll, nicht wahr?“, fragte ich Lee fröhlich, während ich meine restlichen Pokémonbälle aus meiner Tasche holte. Immerhin wollten ja meine anderen Pokémon auch etwas essen. Mein Igelavar blickte mich bloß gelangweilt an und gähnte. Ich lächelte sanft und ging dann nach unten in den Speisesaal.   Dieser war hell, freundlich und einladend. Die Wände waren in einem fröhlichen Sonnengelb gestrichen, der Boden mit blitzend weißen Fließen gepflastert und es standen überall Tische mit Bänke, aus hellem Buchenholz. Das Essen selbst wurde bei einem Buffet ausgegeben, bei dem zwei Angestellte von Schwester Joey standen und Essen austeilten. „So raus mit euch ihr beiden Süßen!“, rief ich und ließ meine restlichen zwei Pokémon aus deren Bälle. Außer meinen geliebten Igelavar hatte ich noch ein Tauboga und ein Trasla. Beides kluge und starke Pokémon, die ich sehr lieb hatte. Ich hatte sie noch nicht ganz solange wie Igelavar, aber dennoch waren wir gute Freunde und standen uns gegenseitig zur Seite. Zu viert besetzten wir einen Platz beim Tisch und ich ging gemeinsam mit Zorro, mein Trasla, los und holte erst Mal für meine Pokémon etwas zu essen. Beim Pokémonfutter gab es mehr Auswahl, aber ich wusste genau, was meine Freunde mochten. Deswegen hatte ich das Essen auch schnell zusammengestellt und ging mit meinem Pokémon wieder zurück. „Lasst es euch schmecken, ihr Lieben.“ Liebevoll strich ich Lee über den Kopf und holte mir dann selbst ein Frühstück. Meine Wahl fiel auf eine Tasse Kakao, eine Semmel und Nutella. Teller, Messer und Gabel standen beim Buffet griffbereit. Ebenso wie ein Tablett auf dem ich alles legen konnte. „Guten Appetit“, wünschte mir die Angestellte mit den braunen Haaren freundlich. Sie wirkte nett und noch etwas kindlich, ebenso wie ich. Ihre dunkelblonden Haare hatte sie zu zwei Zöpfen geflochten und ihr Gesicht war von Sommersprossen im verziert. Auf ihrer Nase trug sie eine Brille mit roter Umfassung. Alles im allen, schaute sie sehr niedlich und freundlich aus. „Dankeschön“, lächelte ich und ging zu meinen Pokémon. Diese hatten sich schon Halsüberkopf in das Essen gestürzt. Ein Anblick der mich zum Kichern brachte. Ach ja, was würde ich denn ohne meine Pokémon tun? Vermutlich gar nichts. Nur durch mein Feuerpokémon hatte ich mich dazu entschieden gegen die Arenaleiter von Johto zu kämpfen. Den ersten Orden hatte ich schon und den Zweiten wollte ich mir morgen holen. Dazu musste ich gegen Kai antreten, der dafür bekannt war das er mit Käferpokémon kämpfte, weswegen ich mit Igelavar groß im Vorteil war. Feuertypen war effektiv gegenüber Käfertypen. Jedoch hieß das noch nichts, denn Kai schien Gerüchten zufolge eine geniale Kampftechnik zu besitzen. Seufzend blickte ich aus dem Fenster. Eigentlich war das Sammeln von Orden nur Nebensache für mich. Das wirkliche Ziel meiner Reise galt der Suche meines verlorenen Gedächtnisses. Ja, richtig verstanden. Ich hatte mein Gedächtnis verloren und zwar vor langer Zeit.   Als ich gerade Mal 6 Jahre alt war wachte ich auf dem Strand von Neuborkia auf mit keinerlei Erinnerung außer meinen Namen und wie Alt ich war. Ich wusste nicht woher ich kam und was passiert war. Das einzige was ich hatte war zerrissene Kleidung und eine silberne Kette mit einem Mondanhänger – die ich bis heute immer noch besaß und trug – in dem der Name „Mila“ und ein Datum standen. Eine junge Frau entdeckte mich und bemerkte meinen schlechten Zustand. Ich wurde ins Krankenhaus gebracht. Nachdem man mich verpflegt und verhört hatte, versuchte Officer Rocky herauszufinden wo ich herkam. Anhaltspunkte dafür waren der Name und das Datum auf meiner Kette, von dem wir annahmen, das es mein Name und mein Geburtsdatum sei. Jedoch konnte Officer Rocky niemanden ausfindig machen, der mich suchte oder vermisste. Es war als wäre ich ein Geist. Ich fing an, an mir selbst zu zweifeln, an meine Existenz, doch dann kam diese junge Frau wieder. Ihr Name war Kim Jode und sie wohnte mit ihrer Familie in Neuborkia. Sie hörte von meinem verschwundenen Gedächtnis und die Tatsache, dass es niemanden gab zudem ich gehörte. Kim selber war eine sehr liebevolle Person. Hatte immer ein Lächeln auf dem Gesicht, lange braune Haare und strahlend blaue Augen. Es war, als würde ich sie mein ganzes Leben lang kennen, wenn ich sie anblickte. Und dann kam sie mit ihrem Angebot. Ich sollte bei ihr und ihrer Familie einziehen. Sie wolle mich adoptieren. Einen Moment lang konnte ich es nicht fassen, doch dann fing ich zu weinen an und umarmte Kim. Ja, ich wollte eine neue Familie. Sie war nicht meine Leibliche, aber ich liebte sie über alles. So kam es das ich drei tolle Geschwister und zwei liebevolle Eltern bekam. Die Jode nahmen mich herzlich auf und behandelten mich von Anfang an wie ein Teil der Familie. Ich hätte nie glücklicher sein können. Von Professor Lind bekam ich dann auch noch Igelavar geschenkt, obwohl er damals noch ein süßes Feurigel war. Ich taufte ihn „Lee“ und zusammen bildeten wir ein großartiges Team das bis heute noch bestand. Ohne Lee wäre ich schon längst verloren gewesen. Schmunzelnd wandte ich mich zu meinem ersten Pokémon und beobachtete es dabei wie es mit seiner Schnauze tief in der Futterschüssel steckte und sich an der Köstlichkeit des Hauses erfreute.   Ob alles so bleiben wird wie es war, wenn ich mich an mein altes Leben erinnern konnte? Oder würde sich dann alles verändern? Was wusste ich schon wer ich wirklich war? Vielleicht war ich ein Mensch mit einem abscheulichem Charakter und einer starken Abneigung gegenüber Pokémon. Und wenn ich mich erinnerte würde diese Abneigung wieder hochkommen! Aber vielleicht war mein Charakter damals genauso wie jetzt. Fröhlich, freundlich, offen. Ich konnte mir nur Bilder malen, Gedanken verfolgen, aber wissen würde ich es erst, wenn ich mich an alles erinnerte. Dazu musste ich herausfinden, woher ich kam und wieso ich verletzt auf einem Strand aufgewacht war. Aber bei einem war ich mir ganz sicher, dass ich – egal wie fürchterlich ich früher einmal gewesen sein mag – mich nicht ändern würde, sondern so blieb wie ich war. Ich würde meine Pokémon weiterhin über alles lieben, genauso wie meine Familie. Ich würde zurück nach Neuborkia kehren und sie alle in den Arm schließen. Sobald ich meine Erinnerungen wiedererlangt hatte.   Ein lautes Scheppern riss mich aus meinen Gedanken und erschrocken blickte ich zu Flera, mein Tauboga. Diese flatterte wild in der Luft umher, während sie sich gehetzt umblickte. Ihre Futterschüssel war zu Boden gefallen und hatte das restliche Futter verteilt. Auch Igelavar und Trasla blickten sich aufgescheucht um. „Hey! Hey, hört auf damit! Beruhigt euch! Es ist doch alles in Ordnung!“ Ich stand auf und versuchte Flera nach unten zu ziehen. Nur langsam beruhigte sich das aufgescheuchte Flugpokémon und ließ sich schließlich in meine Arme nieder. Auch das gesträubte Fell von Lee legte sich wieder und ich fing an das Futter von Flera aufzusammeln. Schwester Joy kam mir mit Besen und Schaufel zur Hilfe und in kurzer Zeit hatten wir den veranstaltenden Saustall wieder weggeräumt. „Was hast du nur wieder angestellt, Flera? Weißt du wie peinlich das ist, wenn ihr euch wie ein wilder Haufen benehmt?“ Tadelnd blickte ich mein Tauboga an. Diese schien zu merken, dass ich nicht sehr glücklich war und zog schuldbewusst den Kopf ein. Ein laut hörbarer Seufzer entwich mir und ich konnte nicht anders, als dann doch nur zu lächeln. „Wenigstens seid ihr mein wilder Haufen und ich hab euch lieb, auch wenn ihr schon oft genug eine Schüssel runter geworfen habt“, sagte ich liebevoll zu Flera und streichelte ihr über ihren flauschigen Kopf. Ich vernahm ein leichtes Gurren von meinem Pokémon und musste kichern. Egal, was die drei anstellten, wirklich böse konnte ich ihnen nie sein. Als Autoritätsperson war ich nicht sehr gut geeignet, das stand fest.   Wir beenden das Frühstück und ich brachte das schmutzige Geschirr weg, während Lee, Zorro und Flera auf mich warteten. Schließlich schickte ich mein Tauboga und Trasla zurück in ihre Pokébälle. Igelavar machte es sich auf meiner Schulter bequem, so wie immer. Ich schaffte es einfach nicht ihn dazu zu bringen im Pokéball zu bleiben. Doch eigentlich störte mich das gar nicht. Ich freute mich auf die Begleitung, während meiner Reise. „Na, mein Kleiner? Wollen wir heute trainieren gehen, um unseren lieben Kai morgen so richtig einzuheizen?“, fragte ich Lee und streichelte ihn hinter seinem Ohr. Das flauschige Fell fühlte sich so kuschelig an. Das war einer der Sachen die ich an meinem Pokémon so liebte.  Lee’s flauschiges Fell. Das feurige Igelavar stimmte mir mit einem lauten Schnurren zu und schmiegte sich mit meiner Wange an meiner.  Lee war immer für mich da, dass wusste ich. Und ich für ihn, das war selbstverständlich. Gemeinsam schritten wir – oder vielmehr ich, da Igelavar auf meiner Schulter saß – auf den Ausgang zu, als sich plötzlich etwas Enges um meine Taille legte und mich zurückzog. Erschrocken schrie ich leicht auf und stolperte nach hinten. Es dauerte ein paar Minuten bis ich merkte dass mich eine grüne Ranke zurückgehalten hatte. Ich drehte mich um und erblickte ein grinsendes Lorblatt. Es blickte mich vergnügt an, als hätte er Freude daran, dass ich beinahe umgeflogen wäre.   „Nanu? Wo kommst du kleines Kerlchen den her? Wo ist dein Trainer?“, fragte ich das Pflanzenpokémon. Wobei die Bezeichnung „kleines Kerlchen“ ja wohl sehr unpassend war. Lorblatt jedoch fing bloß an mit seinen Ranken mein Gesicht zu berühren. Igelavar sträubte sein Fell und fauchte wütend. „Hey, beruhig dich, Lee. Der Kleine will sicher nur spielen“, beruhigte ich mein Pokémon und lächelte dann wieder zu dem Lorblatt. Dieses hörte auf mein Gesicht abzutasten, stattdessen lief es auf einmal Kreise um mich herum. „Um ehrlich zu sein ist es eine sie und ihr Name lautet Meg.“ Überrascht blickte ich zu einem Jungen mit hellbraunen, wilden Haaren und leuchtend smaragdgrüne Augen. Für einen Moment hielt ich stockend inne und betrachtete den Fremden vor mir. Er war wirklich hübsch. Trug ein einfaches orangenfarbenes T-Shirt und darüber ein kurzärmliges, weißes Hemd, dass er offen hatte. Unterhalb hatte er eine graue Jean und Turnschuhe. An seinem Handgelenk zierte sich ein schwarzes Lederarmband. „Oh … ähm … das wusste ich nicht“, stammelte ich verlegen und merkte wie sich ein leichter Rotton auf meine Wangen legte. Die Situation war mir ein wenig peinlich. „Deswegen hab ich es dir ja gesagt“, lachte der Junge der sich über meine Verlegenheit zu erfreuen schien.  „J-Ja, ich weiß …“, murmelte ich und drehte mein Gesicht leicht weg, damit er nicht sehen konnte, dass ich noch roter wurde, als ich schon ohnehin war.   „Schon gut, ich ärger dich doch nur ein bisschen. Tut mir leid. Mein Name ist Lyon und es tut mir auch leid, dass Meg dich belästigt hat. Sie ist etwas ungestüm und kindisch. Ich hätte besser aufpassen sollen“, erklärte mir der Junge. Lyon also … der Name passte zu ihn. Klang gleichzeitig cool und irgendwie mysteriös. „Ach was, sie hat mich nicht belästigt. Meg ist wirklich niedlich. Mein Name ist im Übrigen Mila … Freut mich sehr dich kennen zu lernen.“ Ich streckte ihm die Hand entgegen. Lyon ergriff sie lächelnd. „Freut mich ebenfalls. Ich finde dein Igelavar auch niedlich. Hat es auch einen Namen?“, fragte Lyon und wollte Igelavar streicheln, doch dieser fauchte bedrohlich, sodass der Junge wieder zurückzuckte. Das war zu seinem Besten, denn Igelavar‘s Zähne waren wirklich scharf. „Tut mir leid, mein Freund hier ist etwas misstrauisch Fremden gegenüber, aber eigentlich ist er wirklich nett und lieb. Sein Name ist Lee“, erzählte ich ihm und streichelte mein Pokémon. „Verstehe. Na, dann ich werde mal frühstücken gehen. Mein Magen knurrt schon richtig. Und was schwelgt dir vor?“, fragte Lyon mich.  Ich dachte an den bevorstehenden Arenakampf morgen und daran dass ich unbedingt noch meine neue Taktik mit Igelavar und Tauboga durch gehen, damit ich gegen Kai auch wirklich gewann. „Ich werde im Flegmonbrunnen trainieren! Hab morgen einen Arenakampf!“, erklärte ich grinsend. Wir verabschiedeten uns voneinander und dann trennten sich unsere Wege. Ich musste gestehen dass ich es ein bisschen schade fand, dass Lyon sich schon verabschiedet hatte. Ich hätte gerne noch ein bisschen mehr Zeit mit ihm verbracht. Er wirkte wirklich nett und wie ein guter Gesprächspartner.    „Aua!“ Aus meinen Gedanken gerissen warf ich Igelavar einen wütenden Blick zu, da er mich in die Wange gezwickt hatte. „Schon gut, Lee. Ich werde ab jetzt nur mehr noch an unser Training denken, versprochen. Aber schau mich nicht so böse an, ich weiß ja, dass du es nicht leiden kannst, wenn ich mit anderen rede“, murrte ich augenverdrehend und beschleunigte meine Schritte Richtung Flegmonbrunnen. Plötzlich verspürte ich einen Blick in meinen Nacken, doch als ich mich umdrehte konnte ich niemanden sehen. Komisch … Schulterzuckend setzte ich meinen Weg fort und versuchte meine Gedanken auf den bevorstehenden Kampf und das nötige Training zu lenken. Bestimmt hatte ich mir diesen Blick nur eingebildet. Kapitel 2: Kampf im Brunnen --------------------------- Lyon‘s P.o.V Als ich am Morgen die Augen aufschlug, wusste ich sofort, dass etwas nicht stimmte. So war das schon immer mit mir. Ins mir steckte ein unsichtbarer Alarmknopf, der mich sofort alarmierte, wenn Gefahr drohte, etwas nicht stimmte oder etwas Schlimmes passiert war. Dieser „Gabe“, so wie sie meine Mutter immer nannte, war zeitweise wirklich nervig. Es versetzte mich immer in einen nervösen Zustand, zumal ich ja nicht wusste was, sondern nur das etwas nicht stimmte. Ich konnte nie sagen, wem oder wo ich helfen sollte, das konnte einem schon in eine riskante Situation bringen, beispielsweise, als ein Junge sich zu sehr über die Schiffs Reling gelehnt hatte. Ich befand mich zu dem Zeitpunkt unter Deck und hatte verzweifelt nach einer Gefahr Ausschau gehalten. Solch eine innere Stimme zu haben konnte aber auch wirklich praktisch sein. Bei Pokémon Kämpfe zum Beispiel, da wusste ich es immer sofort, wenn mein Gegner vor hatte einen kolossalen Angriff durchzuführen, um mich mit einem Zug zu besiegen. Dann konnte ich mich immer darauf vorbereiten und meine Pokémon rechtzeitig warnen. Somit hatte ich gegenüber anderen einen großen Vorteil, obwohl es ehrlich gesagt Schummeln war. Leider konnte ich diese Stimme nicht abstellen. Und hier lag ich also. In einem stickigen, kleinen Zimmer vom Pokémoncenter indem die Luft so schwül war, dass ich bald dehydrieren würde. Was war ich auch so blöd in einer heißen Sommernacht das Fenster geschlossen zu lassen? Kein Wunder das die Luft hier einen umbringen konnte. Langsam stand ich auf und schleppte mich schwitzend zu dem Fenster. Schnell riss ich dieses auf und schnappte keuchend nach Luft. Ein angenehmer Morgenwind empfing mich und kühlte meine Körpertemperatur ein wenig ab. Einmal tief durchatmen, dann ging ich wieder weg vom Fenster und konzentrierte mich auf meine innere Stimme. Ich war mir sicher, dass keine Gefahr drohte, doch irgendetwas stimmt nicht. Diesmal war es nicht schwer zu erkennen. Ich entdeckte einen offenen Pokéball am Boden und wusste sofort was los war. Mein liebes Lorblatt „Meg“ war mal wieder einfach getürmt. Das machte sie öfters. Lorblatt war quasi wie ein kleines Kind, das die ganze Welt für sich entdecken wollte. Sie meinte es nicht böse, sondern war einfach nur furchtbar neugierig und teilweise auch sehr frech. Sie befreite sich öfters heimlich aus ihrem Pokéball und schlich dann in der Gegend herum. Meistens kam sie dann von alleine zurück oder war leicht auffindbar, allerdings hatte Meg sich auch schon ein paar Mal verlaufen und ich musste sie sehr lange suchen. Seufzend schnappte ich mir meine Klamotten und schlenderte in das vor weiß nur so blendende Badezimmer und genehmigte mir erst einmal eine ordentliche Dusche. Es tat gut mir den ganzen Schweiß und den Schlaf vom Körper zu waschen. Auch meine Haare konnten eine ordentliche Spülung vertragen. Danach trocknete ich meinen Körper schnell ab, schlüpfte in frische Unterwäsche und meine Kleidung. Ein oranges, dünnes T-Shirt, darüber ein kurzärmliges, weißes Hemd, das ich offen ließ, dazu meine graue Jeanshose und ein Lederarmband. Ich würde noch meine schwarzen Turnschuhe dazu anziehen, ansonsten fand ich das Outfit recht passend. Eigentlich war es mir ja nicht so wichtig wie ich auf andere Menschen wirkte, doch seit einem gewissen – für mich sehr peinlichen – Vorfall, hatte ich beschlossen, dass ich nicht mehr wie ein Penner durch die Straßen laufen wollte. Seitdem achtete ich immer darauf passend gekleidet zu sein, auch wenn ich mir manchmal wie ein Mädchen vorkam. Zufrieden verließ ich das Badezimmer wieder. Meine Haare ließ ich Luft trocknen. Sie waren ohnehin relativ kurz und immer strubbelig. Schnell schnappte ich mir meinen schwarzen Rucksack und den geöffneten Pokéball. „Na, warte Kleine, wenn ich dich in die Finger kriege“, murmelte ich mit einem leichten Grinsen und steckte die rotweiße Kapsel wieder zurück in das vorderste Fach meines Rucksacks. Dieses hatte ich extra für all meine Pokébälle reserviert, weil ich sie so griffbereit hatte für Notfälle. Ich schloss das Zimmer ab und ging langsam runter in die Eingangshalle, als ich einen Schrei vernahm. Mit den schlimmsten Befürchtungen rannte ich den Rest des Weges nach unten, blieb jedoch abrupt stehen, als ich Meg neben einem hübschen Mädchen stehen sah. Und mit hübsch meinte ich wirklich richtig hübsch. Braune, lange Haare, saphirblaue Augen und eine Top Figur. Sie hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen und einige ihrer kurzen Strähnen fielen ihr ins Gesicht, die sie mit einer schnellen Bewegung, die schon fast automatisch wirkte, einfach hinter ihr Ohr strich. Sie wirkte wie eine freundliche und herzliche Person. Sie sah aus wie … Nein, egal wie hübsch sie war. Ich konnte sie nicht mit ihr vergleichen. Dieses Mädchen war nicht sie … Die Gesichtszüge der Unbekannten waren entspannt und ruhig. Bestimmt hatte sie ein enges Verhältnis zu ihren Pokémon. Auch fiel mir ihr Igelavar auf ihrer Schulter auf. Dieses wirkte leicht wütend und misstrauisch. Sein Fell war gesträubt und es funkelte mein Lorblatt missmutig an. Langsam schritt ich auf dieses Dreiergestell zu und konnte gerade noch die letzten Worte von dem Mädchen vernehmen. „… Der Kleine will sicher nur spielen“, sprach sie beruhigend zu dem Feuerpokémon auf ihrer Schulter. Doch wirklich beruhigt sah das Igelavar nicht aus. Eher … eifersüchtig? „Um ehrlich zu sein ist es eine sie und ihr Name lautet Meg“, mischte ich mich schließlich ein, um ein paar Dinge richtig zu stellen. Mein liebes Lorblatt war eine Sie und kein Er, so wie das Mädchen angenommen hatte. Letztere blickte mich leicht überrascht an. „Oh … ähm … das wusste ich nicht“, stotterte das Mädchen mir Gegenüber und ich merkte wie sie mich genauestens musterte. Dabei errötete sie und blickte verlegen zu Boden, was mich wiederrum zum Grinsen brachte. Süß … war das erste was mir bei ihrem Anblick einfiel. „Deswegen habe ich es dir ja gesagt“, lachte ich, um die Kleinere ein wenig zu ärgern. Wie erwartet wurde sie nur noch röter und wich auffällig meinem Blick aus. Manchmal konnte ich echt fies sein. Ich war eigentlich einer von der netten Sorte, doch manchmal machte ich mir einfach einen Spaß daraus andere aufzuziehen und zu ärgern. Jetzt musste ich mich aber auch entschuldigen. Als ein halber Gentleman gehörte es sich so, außerdem wollte ich sie ja nicht verschrecken. „Schon gut, ich ärger dich doch nur ein bisschen. Tut mir leid. Mein Name ist Lyon und es tut mir auch leid, dass Meg dich belästigt hat. Sie ist etwas ungestüm und kindisch. Ich hätte besser aufpassen sollen“, erklärte ich rasch und lächelte entschuldigend. Ich merkte wie sie sich entspannte. „Ach was, sie hat mich nicht belästigt. Meg ist wirklich niedlich. Mein Name ist im Übrigen Mila … Freut mich sehr dich kennen zu lernen“, stellte sie sich nun selber vor und reichte mir ihre Hand. Ich ergriff diese und schüttelte sie kurz. Mila war ein sehr hübscher Name und auch niedlich. Ein niedlicher Name für ein niedliches Mädchen. Wie passend. „Freut mich ebenfalls. Ich finde dein Igelavar auch niedlich. Hat es auch einen Namen?“, fragte ich sie neugierig und betrachtete ihren kleinen Begleiter. Vorsichtig wollte ich das Feuerpokémon streicheln, doch dieses sträubte erneut sein Fell und fauchte mich wütend an. Sofort zuckte ich zurück. Mit diesem Igelavar war nicht zu Spaßen. „Tut mir leid, mein Freund hier ist etwas misstrauisch Anderen gegenüber, aber eigentlich ist er wirklich nett und lieb. Sein Name ist Lee“, erklärte mir Mila und streichelte ihr Pokémon. So, so. Konnte ich da eine Spur Eifersucht und Beschützerinstinkt in Igelavar‘s Augen sehen? Er war auf alle Fälle ein treuer Begleiter „Verstehe. Na, dann ich werde mal frühstücken gehen. Mein Magen knurrt schon richtig. Und was schwelgt dir vor?“, fragte ich das braunhaarige Mädchen vor mir. „Ich werde trainieren! Hab morgen einen Arenakampf!“, erklärte sie mir grinsend und wirkte dabei höchst motiviert. Eine Orden Sammlerin also. Ich selber bin eigentlich nur auf der Durchreise, aber ab und zu stellte ich mich auch den mutigen Kämpfen in einer Arena. Es war jedenfalls sehr bewundernswert. Ich verabschiedete mich und schlenderte in Begleitung von Meg in den Speisesaal, während Mila das Pokémoncenter verließ. Ich suchte mir extra einen Platz am Fenster und guckte dann Mila hinter. Sie hatte ihr Tempo verlangsamt und schien mit ihrem Pokémon zu reden. Plötzlich drehte sie sich um und blickte in meine Richtung, doch durch den Spiegelreflex der Glasscheiben konnte sie mich nicht erkennen. Das Mädchen schüttelte lächelnd den Kopf und ging weiter. Woran sie wohl gerade gedacht hatte? Ich verfolgte sie mit meinem Blick, bis sie außer Sichtweite war. Danach gönnte ich mir und meinem gesamten Pokémonteam, dass außer mein Lorblatt auch noch aus einem Mantax, einem Hunduster namens Max und Elektek das ich Rigga getauft, nach dem Pokémon meines Vaters, das ihm zu dem großen Sieg in der Sinnoh Liga verholfen hatte. Doch den Titel als Champion lehnte er jedoch ab. Ihn ging es immer nur im den Spaß. Ich wollte so sein wie er. Stark, Anerkannt, Mutig, mit der Kraft jene zu beschützen die ich liebte und denen ich etwas bedeutet. Auch mein Team sollte so stark sein wie seines. Nein, sogar noch stärker und dann würde ich gegen ihn antreten und ihn besiegen. Das war mein Ziel. Meine Partner, Freunde und ich genossen das Frühstück nach allen Zügen, als ich plötzlich ein unangenehmes Gefühl bekam. Eine schrille Alarmglocke fing leise in mir zu klingeln und wurde immer lauter. Erschrocken sprang ich auf. Irgendjemand war in Gefahr. Mich beschlich dieses ungute Gefühl, dass es Mila selbst war die auf Gefahr rannte. Mein inneres Ich sagte das dieses Mädchen sich unbewusst in Schlamassel ritt. Verdammt, warum verspüre ich erst jetzt diese Alarmglocke? Jetzt ist Mila weg und ich habe keine Ahnung wo. „Kommt zurück, meine Freunde! Wir müssen dringend aufbrechen!“ Meine Pokémon starrten mich verwirrt an, doch protestierten nicht dagegen. Danach lief ich sofort aus dem Pokémoncenter. Hatte Mila nicht erwähnt das sie trainieren gehen wollte? Denk nach Lyon, wo konnte man hier den am besten trainieren? Ja, klar der Flegmonbrunnen! Er war berühmt für Besichtigungen und gutes Training. Da würde ich zuerst nachsehen. Das Gefühl der Gefahr ließ mich einfach nicht los und langsam machte ich mir wirklich Sorgen. Ich beschleunigte meine Schritte und hoffte das Mila nichts passierte. Wieso war ich mir eigentlich so sicher, dass ausgerechnet ihr etwas zustoßen würde? Vielleicht war es Intuition? Und wenn ich mich getäuscht hatte und der vollkommen falschen Person zur Hilfe eilte? Viel Zeit darüber nachzudenken hatte ich nicht mehr, denn ich war bei dem Brunnen angekommen. Der Eingang befand sich in einer Auskerbung im Erdboden. Dem Hang hinauf befanden sich eine Baumreihe die einen Art Schutzwall bildeten. Es gab nur einen Weg der von Azalea City beim Flegmonbrunnen vorbei in ein Bergwerk führte. Der Eingang war ein tiefes schwarzes Loch indem eine Leiter steckte. An dieser kletterte ich vorsichtig runter. Das Holz der Leiter war feucht und kalt. Wenn man nicht aufpasste, konnte man leicht abrutschen. Ich konzentrierte mich, um nicht als aufgeklatschter Mus am Boden zu enden. Kaum hatte ich den Boden erreicht, konnte ich einen Schrei vernehmen. „Oh nein!“ Schnell lief ich los. Ich zwängte mich durch einen dunklen Tunnel der direkt in das Herz des Brunnes führte. Kaum war ich dort angekommen stockte ich. Der Raum war groß und hatte keine bestimmte Form. Er war eine Mischung aus einem Kreis und einem Rechteck. Ein Kristallklarer See funkelte in einer Ecke. Doch das beeindruckteste ist das riesen Loch, durch das Licht hereinströmte, an der Decke. Der Tunnel, durch den ich gegangen war, führte einen an die oberste Stelle in diesen Brunnen. Man konnte auf einem schmalen Felsweg, der sich an der Mauer befand, nach unten laufen. Der Anblick war wirklich atemberaubend, aber lange Zeit zum Staunen hatte ich nicht, da mich ein lauter Tumult der sich weiter unten abspielte, aus meinen Gedanken riss. „Wie kann man nur so grausam sein?!“, hörte ich eine bekannte Stimme rufen. Mein Blick fiel auf Mila die mit einem entsetzten Blick drei Männern gegenüber stand. Diese trugen alle die gleiche, schwarze Uniform mit einem R auf der Brust und zwei von denen hatten sogar die gleiche Frisur. Nur der Dritte schien anders zu sein. Seine Haare waren nicht pink und kurz, sondern hatten ein merkwürdiges Türkis und standen rechts und links ab. Sie hatten ihre Pokémon rausgerufen, die Mila bedrohlich gegenüberstanden. Schnell beeilte ich mich und lief den Weg nach unten, um dem braunhaarigen Mädchen zu helfen, denn diese Männer sahen nicht wie ihre Freunde aus. Während ich lief scannte ich die Pokémon der Männer ab. Ein Rettan, ein Zubat und ein Smogon. Alle drei hatten den Typ Gift, aber Zubat auch noch extra Flug. Dagegen waren Boden- oder Psychopokémon effektiv. Leider hatte ich weder das eine noch das andere. Deswegen beschloss ich mein stärkstes Pokémon einzusetzen. „Los Rigga! Zeig ihnen, was du draufhast!“ Ich sprang die letzten Meter nach unten und landete zeitgleich mit meinem Pokémon auf dem Boden. „Was soll denn das?! Noch jemand der sich in unsere Pläne einmischt! Egal! Mach ihn fertig Smogon. Setzt Gyroball ein!“, befahl der Mann mit dem komisch Türkisen Haar. Da Elektrotypen eine normale Wirkung auf Pokémon wie Smogon hatten, musste ich versuchen ihn zuerst fertig zu machen. Dabei setzte ich einfach auf starke Attacken. „Vergiss es! Rigga, zeig’s ihnen mit Elektroball!“, befiehl ich meinem Pokémon. Zwei gewaltig geladene Energiebälle prallten aufeinander und explodierten. Eine leichte Druckwelle entstand und ich musste mir die Arme schützend vor die Augen legen. Dieses Smogon hatte eine ganz schöne Kraft. Als sich der Wirbel gelegt hatte, hielt ich nach Mila Ausschau. Schnell entdeckte ich sie ein paar Meter entfernt von mir. Sie kniete am Boden und hatte ihre Arme um Igelavar gelegt, aber schien unverletzt, genau wie ihr Pokémon. Ich beeilte mich um zu ihr rüberzukommen. „Alles klar? Wie ich sehe, komme ich noch rechtzeitig!“, keuchte ich außer Atem. Ich half dem Mädchen hoch und suchte ihren Körper schnell nach Verletzungen ab. Es waren keine zu sehen. Zum Glück. „J-Ja! Aber wieso rechtzeitig? Du wusstest davon?“, fragte sie mich verblüfft. Oh, Mist ich hatte vergessen darauf zu achten meine „Gabe“ geheim zu halten. Naja, jetzt war es auch zu schon zu spät. Zudem hatte ich für lange Erklärungen ohnehin keine Zeit, denn leider hatte es unseren Gegner genauso wenig getroffen wie uns. „Das erkläre ich dir später! Jetzt haben wir keine Zeit! Hast du ein Psycho- oder Bodenpokémon?“, fragte ich die Braunhaarige hastig. Diese nickte. „Ja, ich habe ein Trasla.“ – „Gut, dann kümmere dich um Zubat und Rettan. Ich übernehme Smogon. Es wirkt stärker, als die anderen“, erklärte ich ihr schnell und wandte mich dann wieder zum Kampffeld. Die Verwirrung der Männer schien vorbei zu sein und jetzt funkelten sie uns wütend an. „Rigga setzt Donnerschlag auf Smogon ein!“, rief ich meinen Pokémon zu. Mein Elektek sprang sofort los. Seine Hand ballte sich zu einer Faust um der viele Blitze aufleuchteten. Wenn ich es schaffte Smogon zu paralysieren, dann hatte ich diesen Kampf schon so gut wie gewonnen. Wenn nicht, dann bestand die Gefahr, dass er mit Gyroball oder eine andere Attacke Rigga traf und diesen wohlmöglich gegen eine Felswand warf oder schlimmeres. Dann musste ich auf ein anderes Pokémon zurückgreifen. „Glaubst du ich lasse mich so leicht besiegen? Smogon, setzt Giftwolke ein!“, rief mein Gegner mit einem höhnischen Grinsen. Mist, das war nicht gut. „Schnell Rigga! Du musst die Luft anhalten!“, brüllte ich. Mein Pokémon musste die Attacke abbrechen und konnte sich gerade noch rechtzeitig den Mund und die Nase zuhalten, als er auch schon in einen violetten Nebel eingehüllt wurde. Dieser Nebel verbreitete sich schnell in unsere Richtung und ich musste selber die Luft anhalten. Mit einem schnellen Seitenblick stellte ich fest das Mila diese Giftwolke ebenfalls bemerkte hatte. Zum Glück. Das Mädchen kramte schnell nach etwas und zog einen Pokéball hervor. Was hatte sie vor? „Flera, ich brauch dich Süße. Vertreib diesen Nebel!“, rief das Mädchen und achtete dabei darauf nichts von dem Nebel einzuatmen. Aus dem Pokéball kam ein Tauboga hervor und mir ging ein Licht auf. Das war eine wirklich kluge Idee. Mithilfe von Tauboga konnten wir den giftigen Nebel vertreiben. Japsend schnappte ich nach Luft und blickte wieder zu Rigga. Er schien in Ordnung zu sein, wenn auch leicht angeschlagen. „Gib nicht auf, mein Freund! Wir machen diesen elendigen Mistkerl jetzt fertig! Los verwende Donnerwelle!“ Das hätte ich viel früher tun sollen, damit hätten wir uns viel Ärger erspart. Donnerwelle war eine der besten Attacken von Rigga. Sie fügte zwar keinen Schaden zu, doch sie paralysierte einen und machte ihn quasi Handlungsunfähig. Danach konnte man seinen Gegner nach Herzenslust fertigmachen. Für einen Moment lang kam ich mir richtig fies vor, weil ich so grob dachte, doch dann fiel mir ein, dass diese Kerle Mila angreifen wollten. Und sie schienen irgendetwas geplant zu haben, wenn ich an Milas entsetzten Ruf von vorhin dachte. Ich musste diese Kerle um jeden Preis besiegen! Nun, vielleicht nicht um jeden. Das Leben meiner Pokémon würde ich nie aufs Spiel setzten. Für niemanden, auch nicht für mich. Dafür waren sie mir zu wertvoll und wichtig. „Smogon, setz noch einmal Gyroball ein! Ich will das du dieses Elektropokémon wegpustest!“ Aus den Gedanken gerissen blickte ich auf. Smogon machte die Donnerwellen zunichte mit seinem Gyroball, der jetzt direkt auf Rigga zuflog. „Rigga, ausweichen und Donnerschock!“, befiel ich schnell. Mein Pokémon sprang nach rechts und rollte sich geschickt am Boden ab. Schnell war er wieder auf den Beinen und ließ Blitze um seinen Körper herum erscheinen. Mit einem kurzen Aufschrei feuerte er eine gewaltige Ladung an präzisen Strom ab. Dieses Mal hatte Smogon nicht genügend Zeit zum Ausweichen und wurde getroffen. Es schrie einmal schmerzvoll auf und dann war der Donnerangriff auch schon vorbei. Leider hatte diese Attacke nicht gereicht, denn Smogon war zwar angeschlagen, aber leider nicht besiegt. Es war ganz schön zäh, dass musste ich ihm lassen. Bestimmt hatte es ein hartes Training hinter sich. Doch ich wollte gar nicht erst wissen was für eine Art von Training. Erneut warf ich einen Blick zu Mila rüber, um mich zu vergewissern das es ihr gut ging, doch sie und ihre Trasla schienen die Situation vollkommen unter Kontrolle zu haben. Rettan lag K.O am Boden und Mila erteilte gerade ihrem Pokémon einen Befehl woraufhin Trasla verschwand und auf einem Felsen oberhalb von Zubat auftauchte. Die beiden waren ein richtig gutes Team. Ich würde wirklich gerne mal gegen Mila antreten. Das war bestimmt sicher spannend und … „Hey, du Junge! Hier spielt die Musik!“ Erschrocken blickte ich wieder zu meinem Gegner und stellte geschockt fest, das Elektek verletzt war. Verdammt, ich hatte nicht aufgepasst! „Rigga, bist du okay?“, fragte ich meinen Partner und erhielt ein Nicken. Okay, jetzt musste ich diese Sache endlich zur Ende bringen. Ich wusste das Smogon’s stärkste Attacke Gyroball war, also durfte ich ihm keine Chance bieten anzugreifen. „Rigga! Setzte Ruckzuckhieb kombiniert mit Donnerschlag ein!“, rief ich meinem Freund zu. Sofort setzte dieser sich schnell in Bewegung und schien von rechts nach links förmlich zu schweben. Seine Hand ballte sich erneut zu Faust die sich elektrisch auflud. „Du musst ausweichen, Smogon!“, rief mein Feind, doch es war schon zu spät. Rigga stand nun direkt vor Smogon und schlug ihn mit der Faust direkt ins Gesicht. Das Giftpokémon wurde zu Boden geschleudert, wo es liegen blieb. „Ja, wir haben gewonnen! Super gemacht, Rigga! Du bist der beste!“, rief ich freudig. Rigga erfreute sich auch an unserem Sieg, nur unser Gegner wirkte ein wenig verärgert. Seine Stirn bildete Zornfalten und er rief sein Pokémon zurück. „Nun, heute magst du gesiegt haben, Kleiner, aber lass dir eins gesagt sein: Team Rocket wirst du niemals besiegen können. Wir werden wiederkommen um dich und deine kleine Freundin zu beseitigen!“, schnauzte mich der fremde Mann an. Team Rocket? Von denen hatte ich doch schon mal was gehört. „Wer bist du überhaupt?!“, fragte Mila ihn. Ihr Ton klang ungeduldig und wütend. Der Mann gegen den ich eben erst gekämpft hatte, schien sich zu beruhigen. Er musterte Mila genauestens und lächelte dann schelmisch. „Ich heiße Lance und bin einer der Vier Commander von Team Rocket, meine Kleine. Ich freu mich schon auf unser nächstes Treffen und dann mach ich deinen langweiligen Begleiter fertig. Das Verspreche ich dir“, höhnte der Mann und verschwand dann mit seinen Kumpanen aus dem Brunnen. Ich blickte zu Mila. Diese wirkte leicht angewidert und geschockt. „Der Kerl ist nicht mehr normal!“, fand sie und schüttelte sich kurz. „Stimmt. Was wollte dieses Team Rocket eigentlich hier?“, fragte ich mich laut und blickte mich um. Im Brunnen war nichts Unauffälliges zu entdecken. „Sie wollten die Flegmon gefangen nehmen und ihr heiliges Relikt stehlen. Zum Glück befindet sich dieses in der Mitte des Sees. In der Nacht, wenn das Mondlicht durch das Loch draufscheint, dann leuchtet dieses Relikt und schenkt den Flegmon‘s hier im Brunnen Kraft“, erklärte Mila mir. Ich war beeindruckt das sie das alles wusste. „Woher …?“ – „Kurt aus Azalea hat mir das erzählt. Ich wollte mir dieses Relikt gerne anschauen. Aber jetzt muss ich erstmal Zorro in das Pokémoncenter bringen. Der Kampf hat ihn mitgenommen“, murmelte Mila und betrachtete ihren Pokéball. Erst jetzt fiel mir ein, dass ich mein Elektek noch draußen hatte und dieses ebenfalls verwundet war. „Gute Idee. Rigga muss auch verarztet werden. Lass uns gemeinsam ins Pokémoncenter gehen. Dann können wir beide uns ebenfalls ein wenig Ruhe gönnen bei einer Tasse Tee oder so.“ Mila stimmte mir zu und gemeinsam gingen wir den Felsweg nach oben zu dem Tunnel. „Wie bist du auf den Namen Zorro für dein Trasla gekommen?“, fragte ich neugierig, um die Konversation anzuregen, damit wir nicht schweigend nebeneinander herliefen. „Ach, ich weiß nicht genau. Irgendwie kam mir dieser Name einfach in den Sinn, als ich mein Trasla gefangen hatte. Fast so, als ob ich ihn schon ewig kennen würde.“ Mila blieb plötzlich stehen und blickte traurig zu Boden. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte ich verunsichert und stoppte ebenfalls. „N-Nein … Ja! Also … ich will lieber nicht hier darüber sprechen.“ Damit ging sie einfach an mir vorbei. Verwunderte blickte ich ihr nach. Was sollte das den gerade? Mila war durchaus mysteriös, aber irgendwie war es genau das was sie so anziehend machte. Es reizte mich mehr über sie zu erfahren. Hoffentlich würde ich das auch. Für den Rest des Weges schwiegen wir. *** „Keine Sorge, ich kümmere mich um eure Pokémon“, versprach Schwester Joy mir und Mila. Wir bedankten uns und beschlossen dann in ein Café außerhalb des Pokémoncenter zu gehen. Wir brauchten nicht lange um ein geeignetes Plätzchen zu finden. Auf der Veranda des Cafés ließen wir uns nieder und bestellten uns etwas zum Trinken und auch eine Kleinigkeit zu essen. „Also jetzt sag mal, wieso du so passend wie ein Ritter in strahlender Rüstung aufgetaucht bist, als ich in Gefahr steckte? Durch den Kampf war ich abgelenkt und habe nicht darüber nachgedacht, aber rückblickend war dein plötzliches Erscheinen irgendwie seltsam!“, meinte Mila mit hochgezogener Augenbraue. Ertappt zuckte ich leicht zusammen. Ich hatte gehofft, dass der Kampf sie von dieser Tatsache abgelenkt hätte. Offenbar nicht. „Naja, ich würde es Intuition nennen? Ich weiß nicht genau … ich hatte einfach ein ungutes Gefühl und das du Hilfe brauchst“, versuchte ich mich rauszureden. Mila beäugte mich misstrauisch. „Wieso glaube ich dir das nicht?“, fragte sie mit zusammengekniffenen Augen. Ich räusperte mich nervös. „Keine Ahnung. Vielleicht weil du kein Vertrauen in fremde Menschen fassen kannst?“, rutschte es mir heraus. Ihre Augen blitzen kurz, dann funkelten sie traurig. Sofort überkam mich ein schlechtes Gewissen. Ich wollte sie auf keiner Weise irgendwie verletzten. „Es ist schwer Fremden zu vertrauen, wenn sie nicht ehrlich sind“, meinte das Mädchen und schmollte ein wenig. Ich stieß einen schweren Seufzer aus. Sie wollte die Wahrheit, na schön … „Okay, okay, ich gebe mich geschlagen. Erkläre mich aber nicht dann für verrückt! Nun … du magst das jetzt vielleicht komisch finden, aber schon seit ich klein bin habe ich so eine Art … Gabe. Es klingt lächerlich und albern, doch ich kann es spüren, wenn etwas nicht in Ordnung ist oder jemand in Gefahr. Genau das hatte ich heute wieder gefühlt. Und mein Instinkt sagte mir, dass es mit dir zusammenhängt. Also bin ich dir gefolgt“, erklärte ich und versuchte dabei nicht verrückt zu klingen. „Also bist du sowas wie ein Alarmknopf?“, fragte Mila. Ihre rechte Augenbraue war erneut hochgezogen und sie wirkte leicht skeptisch. Langsam blickte ich auf. In ihre Augen. Sie waren wirklich schön … So ein klares blau mit viel Ehrlichkeit in ihrem Blick … Reiß dich zusammen, Lyon! „So kann man es betrachten ja. Ich fühle mich nicht wie ein normaler Mensch, sondern eher wie ein … Außerirdischer …“, murmelte ich leise. Mila brach unseren Blickkontakt nicht ab. In ihren saphirblauen Augen spiegelten sich Verwirrung, Unsicherheit und … Mitgefühl aus? Sie hatte keine Angst? „Hm, also ich kenne dich zwar erst seit heute, aber ich glaube nicht, dass du ein Außerirdischer bist. Und immerhin kannst du deine Gabe nutzen, um anderen zu helfen … So wie mir. Ich wünschte ich hätte so eine Art Gabe. Das würde mir meine Reise vielleicht erleichtern.“ Das Mädchen seufzte leicht. Die Kellnerin kam und brachte uns unsere Bestellungen, jedoch bekam ich das nur zur Hälfte mit, denn ich war fixiert auf Mila. Ihre Reise schien ihr sehr wichtig zu sein. Erneut sagte mir mein Instinkt, dass es sich dabei um nichts Gewöhnliches handelte. Ihre Reise hatte eine größere Bedeutung. Was trug sie so Schweres mit sich? „Nun, ich habe dir ein großes Geständnis gemacht, das mir zugegeben nicht sehr einfach fiel, weil ich von vielen schon als verrückt erklärt wurde. Jetzt bist du mir auch ein Geständnis schuldig. Du trägst doch irgendwas mit dir rum“, verlangte ich. Ich wollte sie eigentlich nicht zwingen mit mir zu reden, aber ich war einfach verdammt neugierig auf Geheimnisse und wollte immer alles wissen. Nicht eine meiner besten Eigenschaften, aber ich konnte mich leider nur schwer ändern. „Ein Geständnis? Na gut, nachdem du so ehrlich zu mir warst, werde ich das auch zu dir sein. Naja … ich weiß nicht recht wie ich es sagen soll. Ich kann es ja selber kaum fassen, aber … ich habe vor ungefähr 9 Jahren mein Gedächtnis verloren.“ Ein Schweigen trat ein und ich musste die Worte erst einmal in mein Hirn sickern lassen. Sie hatte … ihr Gedächtnis verloren? Ihre ganzen Erinnerungen? „Vor neun Jahren wachte ich auf dem Strand in Neuborkia auf und konnte mich an nichts erinnern. Es gab auch keine Vermisstenanzeige nach jemand der zu meinem Profil passte. Das Einzige was ich hatte war eine Kette mit meinem Namen und meinem Geburtsdatum. Zum Glück nahm mich ein freundliches Ehepaar bei sich auf und zog mich groß. Aber all die Jahre hat mich der Gedanke gequält nicht zu wissen wer ich wirklich bin. Deswegen habe ich beschlossen auf eine Reise zu gehen. Ich will herausfinden wer ich wirklich bin. Ich möchte meine Erinnerungen haben“, erzählte Mila. Das erklärte ihr merkwürdiges Verhalten im Brunnen, als ich sie nach dem Namen von ihrem Trasla gefragt hatte. Eine Welle des Mitleid ergriff mich. „Das … Das tut mir ehrlich leid. Seine Erinnerungen zu verlieren muss hart sein … Also bist du nur auf Reise, um dein Gedächtnis wiederzufinden?“, fragte ich nochmal nach. „Ja, das ist der Hauptgrund, aber ich dachte mir es kann nicht schaden nebenbei in den Arenas mein Können als Pokémontrainerin zu testen. Deswegen habe ich angefangen Orden zu sammeln. Wenn ich morgen gewinne, habe ich schon Zwei. Ist nicht so viel, aber immerhin etwas“, erklärte mir das braunhaarige Mädchen und lächelte mich schwach an, dann wanderte ihr Blick wieder zu ihren Händen, die sie nervös in ihrem Schoß knetete. Eine Reise also … „Ich werde dich begleiten!“, sagte ich entschlossen. Überrascht blickte Mila mich an. Ihre Augen weiteten sich leicht. Kein Wunder. Ich neigte dazu andere mit meinen spontanen Entscheidungen zu überraschen. „Aber …“ – „Nichts aber! Ich will dir helfen deine Erinnerungen wiederzufinden, außerdem war ich schon länger auf der Suche nach einer so netten und lieben Reisebegleitung. Ein bisschen Gesellschaft schadet niemanden!“, empfand ich. Mila biss sich kurz auf die Unterlippen und schien Pro und Contra abzuwiegen, doch dann fing sie auf einmal an zu strahlen. Ihr Lächeln war wirklich sehr hübsch. „Ja, du hast Recht! Ich hätte auch gerne jemanden bei mir! Ich würde liebend gerne mit dir zusammen reisen!“, stimmte das Mädchen fröhlich zu. Nun musste ich auch lächeln. „Gut, dann ist es beschlossene Sache. Auf eine gute Zusammenreise!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)