Spirit 2 - Die Rückkehr von federfrau ================================================================================ Kapitel 1: Umzug zur Tante -------------------------- Mit gesenktem Kopf stand sie da und blickte auf den Grabstein vor ihr. Hier ruhen in Frieden Clarissa und Thomas O`Melley stand da. Clara konnte es noch immer nicht glauben. Ihre Eltern waren auf dem Weg in die nächstgelegene Stadt von Banditen überfallen und dabei getötet worden. Ihre Eltern. Die friedliebendsten Menschen die sie kannte. Ein leiser Schluchzer entwich ihrer Kehle. Das war einfach nicht fair. Clara fasste sich kurz in den engen Kragen an ihrem Hals und versuchte ihn zu lockern - sie hatte schon seit Beginn der Beerdigung das Gefühl das er ihr die Luft abschnürte. Am liebsten wäre sie gar nicht erst mitgegangen auf die Beerdigung. Die meisten Leute kannte sie ja doch nicht. Und schwarze Kleidung hatte sie sowieso nie gemocht. Vor allem nicht bei dieser Hitze, welche einfach nur unerträglich war. Ihre Tante, die Schwester ihres Vaters, hatte allerdings darauf bestanden. Clara biss sich auf die Unterlippe und zu ihrer Tante würde sie nun ziehen müssen, da sie noch nicht volljährig war. Schon jetzt graute ihr davor. Denn ihre Tante war, das fand zumindest Clara, eine absolut unerträgliche Person. Auch sie war anwesend. Clara seufzte leise und schielte zu ihr hinüber. Gut auskommen würde sie mit ihrer Tante höchstwahrscheinlich nie. In diesem Punkt war sie sich sicher. Ihr Vater und auch ihre Mutter hatten Clara früher schon oft erzählt, das ihre Tante es immer als eine Beleidigung empfunden hatte das ihr Vater Clarissa also ihre Mutter geheiratet hatte. "Reiß dich zusammen Kind, was sollen denn die Leute von dir denken?", wurde sie nun auch von ihrer Tante angezischt. Clara zuckte zusammen. Antworten tat sie jedoch nicht. "Also wirklich Kind, mit dir hat man nichts als Scherereien. Aber gut das werde ich schon noch zu ändern wissen", versprach ihre Tante. Clara reagierte noch immer nicht. Es war ihr im Moment so ziemlich egal was ihr Tante von ihr dachte. "Clara O´Melley! Dein Verhalten mir gegenüber ist mal wieder höchst unangebracht! Ich dachte du hättest inzwischen wenigstens ein paar Manieren gelernt und wüsstest wenigstens wie man sich auf einer Beerdigung der eigenen Eltern verhält", ihre Tante fächelte sich hektisch mit einem Fächer Luft zu. "Wenn du bei mir wohnst werden wir mal wirklich über dein Verhalten in der Öffentlichkeit reden müssen!", sagte sie streng. Dann sah sie Clara an. "Und jetzt geh und pack deine Sachen - und zwar sofort!", befahl sie Clara. Diese nickte. Eigentlich wollte sie etwas sagen, doch dafür war ihr Hals zu trocken. "Thunderstorm!", das erste was Clara tat als sie zu Hause ankam war sich in den kleinen Stall zu begeben wo ihr Hengst auf sie wartete. Thunderstorm war schwarz wie die Nacht. Zumindest bis auf den rechten Vorderhuf und er hatte außerdem eine schmale weiße Blesse. Clara umarmte ihn. Seine Nähe hatte ihr schon immer gut getan und alle Sorgen vergessen lassen. Auch jetzt als er ihr in ihr geflochtenes Haar schnaubte fühlte sie sich viel besser. Schon immer war er ihr bester Freund gewesen. Sie hatte ihn sogar als Fohlen aufgezogen, da seine Mutter ihn verstoßen hatte. Tag und Nacht war sie bei ihm gewesen und er ließ keinen an sich heran außer sie und damals auch ihre Eltern. Ansonsten war nie jemand jemals auf ihm geritten. Und würde es auch nie. Clara löste ihre geflochtene Haare, so dass sie ihr locke über die Schulter fielen. "Ich muss noch meine Sachen packen. Wir ziehen nämlich um zu meiner Tante, weißt du? Aber du kommst natürlich mit", redete sie ruhig auf auf ihn ein. "Clara O´Melley! Das kann nicht dein Ernst sein!", rief Claras Tante erbost als sie Clara auf sich zu kommen sah. "Was denn?", fragte Clara und sah ihre Tante an. Eigentlich war die Frage unnötig, doch sie stellte sie trotzdem. "Wir werden garantiert nicht dieses Biest mitnehmen!", giftete Claras Tante und zeigte auf Thunderstorm. "Thunderstorm ist kein Biest sondern ein Pferd. Und ich gehe nirgendwo ohne ihn hin. Selbst bei einem Umzug nicht", stellte Clara klar. Ihre Tante schien ihr nicht zuzuhören. "Und wie du aussiehst! Warum hast du dein Kleid nicht mehr an? Das da was du trägst ist einfach unakzeptabel. Warum trägst du Jeans, Shirt und einen Hut? Bist du ein Mann? Nein, du bist ein junges Mädchen von sechzehn Jahren! Und dazu hat gerade dein Trauerjahr angefangen! Was sollen denn die Leute von dir denken?", giftete ihre Tante sie an. "Das ist mir egal! Sollen die Leute denken was sie wollen! Sollst du doch denken was du willst! Ohne Thunderstorm, mach ich keinen Schritt von MEINER Farm", erklärte Clara gereizt. Und sie hatte Recht, die Farm gehörte tatsächlich laut geltendem Recht ihr  allerdings erst ab ihrer Volljährigkeit. Kapitel 2: Zufälliges Treffen ----------------------------- Little Creek war wütend. Wobei wütend es noch gar nicht richtig traf. Wahrscheinlich gab es gar kein Wort für den ganzen Zorn den er in sich spürte. Wundern täte es ihn jedenfalls nicht. Aber was war eigentlich passiert? Und wieso? Little Creek war im "Indianerbüro" gewesen, das seit einem Jahr für seinen Stamm zuständig war. Vor einem Jahr, kurz nachdem er den wilden Mustang frei gelassen hatte zusammen mit seiner Stute Rain, waren Weiße gekommen und hatten unmissverständlich klar gemacht, dass sein ganzer Stamm unverzüglich in ein Reservat zu ziehen hatte ansonsten... Die Weißen hatten nicht erklärt was sonst geschehen würde aber Little Creek hatte ihre Gedanken beinahe hören können. Wütend ballte er seine zu Fäusten zusammen. Jetzt waren sie also in ein Reservat gezogen. War ihr Leben deshalb besser geworden? Nein. Schlechter? Ja. Kaum waren sie "umgezogen" war sein Vater kurz darauf schwer krank geworden und es immer noch. Schon deshalb hatte es zwischen Little Creek und dem Beamten des Indianerbüro schon öfter gekracht. Denn der Beamte bestand darauf, dass der Häuptling sich um die gesamten Anliegen kümmern würde. Vollidiot! Als ob der seinen schwer kranken Vater irgendwo hinschicken würde, wenn er in der selben Situation wäre. Aber seit dem Little Creek mit seinem Vater und seinem Stamm in das Reservat gezogen waren, waren sie auf das Indianerbüro angewiesen. Und auf dessen Mildtätigkeit. Mildtätigkeit...Pah! Die wussten doch noch nicht einmal was dieses Wort bedeutete! Und warum waren sie genau darauf angewiesen? Weil man ihnen einen Großteil der Pferde genommen hatte und Büffeljagd ihnen verboten war. Wovon lebten sie jetzt? Von Ackerbau. Ackerbau! Little Creek schnaubte aufgebracht. Natürlich gab es in seinem Volk nicht nur Jäger. Aber sie waren nie Bauern gewesen. Ganz davon abgesehen, dass sie je Pflüge oder ähnliches benutzt hatten. Und genau darum stritten sich Little Creek und die Beamten jetzt. Um Pflüge. Und das seit geschlagenen zwei Tagen. Little Creek hatte die Pflüge bereits gesehen. Die Beamten nannten sie "gut Instand gehalten" aber er war nicht dumm. Selbst wenn er die Pflüge bekommen würde - nach ein paar Monaten würde er entweder nach Werkzeug fragen müssen oder nach neuen Pflügen. Wie es diesen Winter werden sollte - daran wollte Little Creek gar nicht erst denken. Wahrscheinlich würde sein Weg ihn da auch öfter nach Santa Fe führen. Dann vermutlich wegen Winterkleidung. Es war wirklich zum verrückt werden. Dabei mochte er diese kleine Stadt eigentlich. Sie war ruhig und ein wenig verschlafen. Gut, wenn die Leute ihn sahen blickten sie ihn immer ganz verwundert, misstrauisch oder abfällig an doch daran hatte er sich inzwischen gewöhnt. Die Bewohner oder zumindest ein Teil der Bewohner anscheinend jedoch noch nicht. Ändern würde sich das vermutlich nie. Einmal hatte Funny Cloud ein Freund Little Creeks ihm mal angeboten für ihn einzuspringen. Little Creek hatte dankend abgelehnt. Nicht weil er Funny Cloud die Aufgabe nicht übertragen wollte, sondern weil Little Cloud das Gemüt seines Freunds zur genüge kannte. Aufbrausend, leicht reizbar und mit einem seltsamen Humor ausgestattet. Keine gute Mischung wenn man was bei den Beamten hier erreichen wollte. Wahrscheinlich hätten sie ihn hochkant rausgeworfen. "Entschuldigung? Geht es Ihnen gut?", hörte Little Creek auf einmal eine junge mädchenhafte Stimme fragen. Er brauchte eine Weile um zu verstehen, dass er es war der angesprochen worden war. Little Creek drehte sich um. Vor ihm stand ein Mädchen. Am Zügel hielt sie ein prächtiges Pferd. Es war komplett schwarz. Zumindest bis auf den rechten Vorderhuf welcher weiß war bis zum Gelenk und er hatte außerdem eine schmale weiße Blesse. Ob das Pferd wohl ihr gehörte? Little Creek konnte es nicht sagen. Das Mädchen wirkte auf ihn zu zart und zerbrechlich um eine Reiterin sein zu können. Und auch dieser traurige Glanz in ihren Augen... Ihre dunkelblonden Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten. Als Kleidung trug sie, Little Creek konnte sich nur schwer ein Grinsen verkneifen, alte abgetragene Männerkleidung. Das Alter des Mädchen schätzte Little Creek auf sechzehn oder siebzehn Jahre. Also etwas jünger als er. "Geht es Ihnen gut?", wiederholte das Mädchen noch einmal und setzte jetzt noch hinzu: "Sie sahen so aufgebracht aus, da dachte ich ich frage mal lieber nach" Little Creek lächelte. "Ja, mir geht es gut. Aber Sie haben recht ich bin tatsächlich etwas aufgebracht", gestand er nach kurzem Zögern. Sie nickte als habe sie verstanden. Sie steckte dem Pferd kurz einen Apfel zu, dann wandte sie sich wieder an Little Creek. "Sie sind ein Lakota oder?", erkundigte sie sich bei ihm und fügte hinzu. "Mein Name ist Clara und wenn ich kann und darf, würde ich Ihnen gerne helfen", sie lächelte. "Little Creek", sagte Little Creek. Er räusperte sich. "Ich meine: Mein Name ist Little Creek und ja ich bin ein Lakota. Wie haben Sie das eigentlich so schnell erkannt?" Clara sah über die Schulter. "Nicht hier. Kommen Sie mit", Clara schwang sich auf den blanken Rücken des Pferdes und hielt ihm ihre Hand hin. "Oder können Sie etwa nicht reiten?", witzelte sie. Little Creek lachte und schwang sich dann hinter sie. Vielleicht würde ihm ein wenig Gesellschaft jetzt ganz gut tun... Kapitel 3: Erkenntnis --------------------- "Achso Ihre Eltern haben es Ihnen davon erzählt", sagte Little Creek. Clara nickte und ließ sich undamenhaft ins hohe Gras fallen. "Sehen Sie die kleine Farm dort hinten? Dort habe ich bis vor kurzem mit meinen Eltern gelebt", erklärte Clara ihm. Little Creek bemerkte wie ein leicht wehmütiger und sehnsüchtiger Schimmer in ihre Augen trat. "Dann sind Sie mit dem Sheriff verwandt?", erkundigte Little Creek sich. Empört sah sie ihn an. "Wollen Sie mich beleidigen?", fragte Clara. Sie schien ihm seine Frage wirklich übel zu nehmen. Er räusperte sich. "Es tut mir Leid. Ich habe nur gedacht, weil die Farm doch jetzt dem Sohn des Sheriff gehört...", weiter kam er nicht. "Wie bitte?", ihre Stimme klang mit einem Mal sehr schrill. Ihr Gesicht war rot vor Zorn. "Die Farm gehört mir, verdammt! Meine Eltern haben sie mir nach ihrem Tod hinter lassen!", rief sie. Little Creek sah sie erstaunt an. "Wie alt sind Sie Clara?", erkundigte er sich dann. "Nächsten Monat werde ich siebzehn, warum?", irritiert sah sie ihn an. Sie verstand nicht worauf er hinaus wollte. Little Creek schmunzelte. "Ist es bei euch nicht so, dass ihr erst ab einundzwanzig volljährig seid?", erinnerte er sie. "Ja. Schon aber...", setzte sie an. Dann wurden ihre Augen auf einmal so groß wie Teller. Sie fluchte. Das wiederum überraschte ihn. Er hatte noch nie ein Mädchen so fluchen gehört wie Clara. "Dieses dumme Miststück! Hat die es doch tatsächlich gewagt...", vor lauter Zorn wusste Clara nicht was sie sagen sollte. Little Creek sah sie an. "Meine Tante", knurrte Clara "hat es doch tatsächlich gewagt meinen Hof dem Sohn des Sheriff in Verwahrung zu geben!" Little Creek wusste nicht was er sagen sollte. Sie schien ehrlich wütend zu sein. Und zwar nicht nur ein bisschen. Sondern richtig wütend. "Ich will nicht vorlaut sein aber Sie können mir gerne davon erzählen Clara", schlug Little Creek vor und fügte hinzu: "Ich habe schon öfters die Erfahrung gemacht, dass reden auf die ein oder amdere Weise helfen kann" Clara musterte Little Creek. Sie kannte ihn erst noch nicht einmal zwei Stunden und doch kam er ihr schon jetzt wie ein langjähriger Freund vor. "Dann nennen Sie mich aber bitte einfach nur Clara", bat sie ihn. Little Creek grinste breit. "Das kann ich nur zurück geben", sagte er. Clara lachte. Sie konnte einfach nicht anders. Es brach einfach aus ihr heraus. Little Creek sah sie irritiert an. Sie war so ganz anders als die Menschen, die er bisher in Santa Fe kennengelernt hatte. Und das lag nicht nur daran dass sie Männerkleidung trug. Ihr gesamtes Wesen, ihre ganze Natur war anders. Und das nicht in einem negativem Sinne. Im Gegeinteil. Er empfand ihre Gegenwart als angenehm. Plötzlich war der ganze Ärger, den er zuvor noch mit den Angestellten des Indianerbüros gehabt hatte wie vergessen. Da war nur sie und der Wunsch noch einmal ihr Lachen zu hören. Durch Zufall fiel Claras Blick auf ihre Armbanduhr. "Oh mein Gott!", rief sie erschrocken. "Schon fast zwei Uhr! Das darf ja nicht wahr sein!" "Wovon redest du?", erkundigte Little Creek sich. "Von dem Stickunterricht, den meine Tante heute mit mir beginnen will. Meine Tante will eine feine Lady aus mir machen." Clara verdrehte die Augen. Nun war es Little Creek der lachte. Er konnte sich dieses Mädchen nicht beim sticken vorstellen. Nicht, dass er sie für grob oder ungeschickt hielt. Aber sticken? Und eine feine Dame - sie? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Dazu kam Clara ihm viel zu selbstbestimmt vor. Außerdem war da noch etwas. Etwas, dass er jetzt noch nicht benennen konnte. "Können wir uns morgen noch einmal sehen? Hier? Das heißt natürlich nur wenn du willst", sie klang leicht verlegen. Little Creek lächelte. "Sehr gerne" "Schön. Dann hab ich etwas auf das ich mich freuen kann", Clara schwang sich auf den Rücken von Thunderstorm, winkte Little Creek noch einmal zu und galoppierte dann in die Stadt hinunter. Noch als sie nicht mehr zu sehen war sah Little Creek in die Richtung in die sie geritten war. Sie hatte ihn wirklich fasziniert. Und er freute sich wirklich auf den nächsten Tag. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)