Smallville-Expanded - 02 von ulimann644 (Fatal Touch) ================================================================================ Kapitel 9: Entschuldigungen --------------------------- Schon am nächsten Nachmittag war Christian soweit wieder hergestellt, dass er aus der Klinik entlassen werden konnte. Bereits am Vormittag war seine Tante wieder bei ihm erschienen und hatte sich erleichtert gezeigt, dass es ihm wieder besser ging. Sie war es auch gewesen, die ihm davon berichtet hatte, dass Alicia gestern mit ihnen hier gewesen war. Bei der Erwähnung des Mädchens hatte er tiefe Schuldgefühle verspürt und jetzt, da er sich seltsamerweise wieder an fast alles was gestern Abend passiert war erinnern konnte, fragte er sich verzweifelt, ob Alicia ihm je würde verzeihen können. Gerade sie so sehr verletzt zu haben bereitete ihm fast körperliche Pein. Er liebte sie aufrichtig und er wollte sie nicht verlieren. Vor etwa einer Stunde war Clark bei ihm gewesen. Er hatte ihm versichert, dass es nicht sein eigener Wille gewesen war, der ihn so dämlich hatte handeln lassen, aber dadurch fühlte er sich nicht wirklich besser. Außerdem hatte Clark ihn darum gebeten dringend heute Nachmittag noch vorbei zu schauen wobei er sehr geheimnisvoll getan hatte. Jetzt, wo er seine Sachen zusammen packte, verfolgte ihn wieder der unerträgliche Gedanke Alicia zu verlieren, und am Liebsten hätte er geschrien. Als hinter ihm die Tür geöffnet wurde, wandte er sich unwillkürlich um. Er hatte schon mit seinem Onkel gerechnet, der ihn abholen würde. Aber es war Alicia, die zögerlich zu ihm herein kam und sagte: „Hi, Chris.“ „Hi, Alicia“, antwortete der Junge unbeholfen. Er wollte zu ihr hingehen und sie in seine Arme schließen, doch er fragte sich, ob er dazu überhaupt noch das Recht hatte. So blieb er traurig stehen und blickte sie bittend an. „Clark war vorhin bei mir. Er hat mir gesagt, was gestern passiert ist und dass ich dabei unter dem Einfluss einer rätselhaften Krankheit gehandelt haben muss.“ Auch Alicia blieb wo sie war und erwiderte: „Ja, ich habe gehört, wie die Ärzte gestern Nacht davon geredet haben.“ „Danke, dass du da warst. Auch wenn ich davon leider nichts mitbekommen habe.“ Alicia schluckte trocken. „Hast du Marina und Conchita schon besucht? Ich hörte, dass es sie etwas heftiger angegriffen hat, und sie noch einige Tage bleiben müssen.“ Christian schüttelte den Kopf. „Ich wollte kurz zu ihnen hereinschauen, wenn mein Onkel mich abholt. „Die Ärzte haben gesagt, dass auch sie nicht dafür verantwortlich gewesen sind, was sie taten. Auch sie standen unter dem Einfluss des Infektes. Vielleicht möchtest du mitkommen.“ Alicia nickte stumm. „Ich warte draußen auf dich.“ Christian blickte ihr nach und ein Stich durchfuhr sein Herz. Als er gerade seine Tasche fertig gepackt hatte, öffnete sich die Zimmertür erneut und sein Onkel kam herein. Herzlich umarmte er ihn und sagte dann: „Die Ärzte bezeichnen dich als ein medizinisches Wunder. Gestern Nacht wollten sie dir keine zwölf Stunden mehr geben.“ „Ja, Tante Mary erwähnte so etwas. Es tut mir leid, wenn ich euch Kummer gemacht habe, Onkel Jason.“ „Als wenn du mit Absicht krank geworden wärst“, wiegelte Jason Falken schnell ab. „Dafür konntest du doch nichts.“ Christian lächelte dankbar. Dann sagte er: „Bevor wir gehen, möchte ich mit Alicia noch zu den beiden Mädchen hinauf, die ebenfalls an dem Erreger erkrankt waren. Sie gehen mit mir in die Schule.“ „Dann nehme ich schon einmal deine Tasche mit und warte unten in der Halle.“ Christian nickte und verließ mit seinem Onkel das Krankenzimmer. Zusammen mit Alicia begab er sich zum Treppenhaus, während sein Onkel den Lift nach unten benutzte. Vor dem Krankenzimmer der beiden Mädchen, hielt Alicia Christian am Oberarm zurück und sagte leise: „Vielleicht möchtest du allein reingehen?“ „Nein“, erwiderte Christian entschlossen. „Ich möchte keine Geheimnisse vor dir haben. Und ich...“ „Das regeln wir später, Chris.“ Sie sagte Alicia so bestimmt, dass Christian nur zustimmend nickte, bevor er klopfte und die Tür öffnete. Momentan war außer den beiden Latinas niemand Anderes zugegen. Von Clark wusste Christian jedoch, dass am Vormittag die Eltern von Conchita dagewesen waren. Die Mädchen lagen wach und schauten zur Tür, als die beiden Mitschüler eintraten. Ein verlegenes Lächeln lag auf ihren Lippen. Auch Christian wusste im Moment nicht, was er sagen sollte, bis er schließlich meinte: „Hi, ihr beiden. Wie geht es euch?“ „Beschissen“, antwortete Conchita geradeheraus. „Nicht nur wegen des Infektes, sondern auch wegen dem, was ohne unser Wollen danach passierte.“ Marina nickte zustimmend. „Wir beide waren völlig weggetreten. Weißt du, was mit dieser dämlichen Pflanze passiert ist?“ „Die richtet kein Unheil mehr an“, versicherte Christian aufmunternd. „Clark hat sie versehentlich mit einer Ladung Helium aus einem der Luftballons eliminiert. Das war euer Glück, denn so kam Clark auf die Idee, das was euch befallen hatte auf dieselbe Weise zu bekämpfen.“ Die beiden Mädchen nickten. Dann erklärte Conchita ernst: „Chris, die Flirterei zwischen uns dreien muss aufhören. Wir haben das zwar immer nur als einen Spaß angesehen, aber wir haben erlebt, wie schnell daraus ein heilloses Chaos entstehen kann. Und dass wollen wir alle drei nicht, richtig?“ „Sehr richtig“, stimmte Christian ernsthaft zu. Eine Weile blieb es still im Zimmer, bevor Conchita wieder das Wort ergriff: „Chris, wir würden gerne noch etwas mit Alicia klären. Allein, wenn du verstehst.“ Der Junge blickte von den beiden Latinas zu Alicia, die unmerklich nickte und verließ den Raum, nachdem er sich verabschiedet hatte. Drinnen sagte Marina rau: „Bitte setze dich zu uns, Alicia, denn dieses Pollenzeug hat unsere Atemwege angegriffen und es schmerzt wenn wir laut reden müssen.“ Langsam näherte sich das dunkelhäutige Mädchen und setzte sich zwischen die beiden Krankenbetten. Erneut war es Conchita, die für beide Latinas sprach: „Alicia, alles was wir eben gesagt haben ist wahr. Wir hatten nie vor, dich und Christian auseinander zu bringen. Und es hätte auch keinen Zweck, denn er liebt keine von uns, sondern dich.“ „Da bin ich nicht so sicher“, murmelte Alicia traurig. „Aber ich“, entgegnete Conchita leise. „Weißt du, wir hatten Christian, durch die Veränderung unserer Botenstoffe durch diese Pflanze, vollkommen unter Kontrolle. Aber irgend etwas hat ihn dazu gebracht sich dennoch mit Händen und Füßen zu wehren, als wir mit ihm schlafen wollten. Ganz tief in ihm muss es etwas gegeben haben, das stärker war, als das, womit wir ihn infiziert hatten. Und ich denke, ich weiß was es ist, Alicia. Irgend etwas in ihm hat sich gewehrt, weil er in dich verliebt ist.“ Ungläubig blickte Alicia von Conchita zu Marina. „Ihr habt nicht... Ich meine, Chris hat nicht mit euch geschlafen?“ Marina schüttelte den Kopf. „Nein, dass hat er nicht.“ Tränen der Scham rannen über ihre Wangen. Dann sagte sie fast flehend: „Alicia, ich möchte dich darum bitten, ihm zu verzeihen, ich erwarte nicht, dass du es bei uns beiden tust. Und ich möchte dich darum bitten, dass du dich nicht, wegen uns, von ihm trennst. Das könnte ich nicht ertragen. Wenn du ihn wirklich liebst, dann vergiss was er im TALON gesagt hat. Es ist nicht wahr.“ Auch Alicias Augen schimmerten feucht. Conchita beobachtete, wie Christians Freundin sich langsam erhob, leise Danke sagte, und sich dann schnell abwandte. Nachdem sie aus dem Zimmer geschlüpft war, blickte sie eine Weile unter die Decke, bevor sie zu Marina sah, die vereinzelt leise, schluchzende Geräusche von sich gab. Tröstend flüsterte sie: „Die Wahrheit schmerzt manchmal, aber nur mit ihr können wir leben.“ Sie wartete, bis sich die Freundin beruhigt hatte, bevor sie ihr schwach zulächelte und meinte: „Chris ist vergeben, aber ich kenne da einen schwarzhaarigen, gutaussehenden Jungen mit verträumten Babyaugen. Ich glaube Clark Kent ist wieder solo und er könnte ihn vergessen machen.“ „Nur wenn du ihn vor mir in die Finger kriegst“, erwiderte Marina trotzig. Dann lächelte sie tapfer und versicherte schwach: „Kampflos bekommst du den nicht.“   * * *   Vor der Zimmertür schritt Alicia zu Christian. Sie blickte ihn mit undurchdringlicher Miene an und fand auch jetzt keinen Weg ihm wieder näher zu kommen. Deshalb sagte sie nur: „Bitte komm heute Abend gegen 19:00 Uhr bei mir vorbei, Chris. Meine Eltern sind nicht da, du kannst dann also gleich herein, und zu mir nach oben, kommen.“ Schweigend begaben sie sich nach unten in die Halle, wo Jason Falken zu ihnen sagte: „Kommt, ich bringe euch beide nach Hause.“ Die Fahrt verlief schweigend. Erst nachdem sie Alicia bei sich Zuhause abgesetzt hatten fragte Jason Falken neugierig: „Irre ich mich, oder herrscht gerade Eiszeit bei euch beiden? Ihr hattet euch nicht gerade viel zu erzählen.“ „Ich besuche sie heute Abend“, erklärte Christian ausweichend. „Vorher wollte ich noch zu Clark Kent.“ „Ihr scheint euch gut angefreundet zu haben?“, erkundigte sich sein Onkel. „Das finde ich prima, denn Clark und seine Eltern sind wirklich sehr guter Umgang.“ „Ja, die Kents sind in Ordnung“, stimmte Christian zu. Als sie vor dem Haus das Auto verließen, nahm der Junge seinem Onkel die Tasche ab und meinte: „Ich brauche jetzt erst einmal eine heiße Dusche und andere Klamotten. Und dann etwas Ruhe, bevor ich Clark besuche.“ Sein Onkel nickte lächelnd. „Das kann ich mir denken.“ Als Christian später, frisch geduscht und umgezogen auf dem Bett lag, schloss er seine Augen und alle Ereignisse der vergangenen Tage zogen vor seinem inneren Auge vorbei. Bereits jetzt, so schien es ihm, hatte er in Smallville mehr erlebt, als sonst in einem ganzen Jahr. Dieser Ort war wirklich stressig. Es war bereits nach 17:00 Uhr, als er sich schließlich hinunter zur Küche begab, einen Apfel aß und sich dann mit seinem Motorrad auf den Weg zur Kent-Farm machte. Als er sie erreichte, trat Clark gerade aus dem Haus auf die Veranda hinaus. Sein Blick wirkte bedrückt. Erst als er Christian erkannte erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht. Christian winkte ihm zu, stellte sein Bike am Zaun ab und kam Clark dann entgegen. Fragend blickte er zu ihm. „Du wirktest eben etwas bedrückt, Clark. Hast du Sorgen?“ „Nein“, antwortete der Schwarzhaarige einsilbig. Dann meinte er: „Lass uns etwas weg von den Gebäuden gehen.“ Etwas befremdet folgte Christian Clark zu einer Stelle des Weidenzauns, an der eine Vogelscheuche stand. Gegen den Zaun gelehnt forderte Clark ihn auf: „Sieh dir diese Vogelscheuche an, Christian.“ „Okay...“ „Und jetzt versuche sie in Brand zu setzen.“ Christian schüttelte seinen Kopf, so als habe er sich verhört. „Ich soll was tun? Vielleicht sollte ich dir erzählen, dass ich Nichtraucher bin.“ Clark blieb unbeirrbar. „Ich meine es vollkommen ernst, Chris. Sieh die Vogelscheuche an und versuche, sie mit deinen Blicken zu entzünden. Gestern im Krankenhaus, da habe ich deinen und meinen Arm aufgeritzt und dann unser Blut in einander laufen lassen.“ „Du hast diese Winnetou und Old Shatterhand Nummer durchgezogen?“ spöttelte Christian. „Dann sollte ich dich nur noch als meinen Bruder bezeichnen.“ Clark, der nur die Hälfte von dem wirklich sinngemäß verstand, was der Freund eben gesagt hatte ging nicht darauf ein, sondern sprach ruhig weiter. „Mein Blut besitzt auf Menschen heilende Wirkung, Chris. Es war die einzige Möglichkeit dich nicht sterben zu lassen. Aber das weiß nur ich - die Ärzte denken es wäre ihre Helium-Behandlung gewesen. Danach geschah aber etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte: Nicht nur meine Verletzung schloss sich anschließend selbsttätig, sondern auch deine. Darum vermute ich, dass du nun auch andere meiner Fähigkeiten besitzt – wie den Hitzeblick. Und ich möchte nicht, dass dir passiert, was mir widerfuhr, bevor ich von dieser Fähigkeit wusste.“ „Was passierte denn?“ Clark umriss, wie er während der Vorführung eines Aufklärungsfilms die Leinwand abgefackelt hatte, was Christian zum Lachen reizte. Erst dann erfasste der Blonde die volle Konsequenz seiner Worte und fragte erschrocken: „Dann besteht die Gefahr, dass ich Alicia verletze, wenn es etwas zu heiß zwischen uns zugeht?“ „Nicht, wenn du diese Fähigkeit kontrollieren kannst. Deshalb müssen wir sie üben. Also konzentriere dich auf die Vogelscheuche.“ Christian fasste sie erneut ins Auge. „Und jetzt denke an Alicia und versuche, die Vogelscheuche zu entzünden. Oder wenn das nicht genug ist, denke an die Nacht mit den Latinas.“ „Na dann, Feuer frei“, meinte Christian ironisch. Er konzentrierte sich intensiver und kniff seine Augen etwas zusammen. Doch nichts geschah. Schließlich entspannte er sich und sagte spöttisch: „Das reicht bestenfalls für eine Medaille im Einhundert-Meter-doof-Gucken, Clark. Ich schaffe es nicht.“ „Seltsam. Und du spürst auch sonst nichts?“ „Du meinst, außer Kopfschmerzen vom Starren?“ Clark machte ein nachdenkliches Gesicht. „Vielleicht habe ich mich geirrt und das Ganze war nur momentan.“ Er holte ein Taschenmesser aus der Hosentasche, öffnete es und schnitt Christian in die Hand, bevor er sie wegziehen konnte. „Aua! Das hat weh getan, Clark!“ Irritiert blickte Christian auf den Schnitt. Gleich darauf ließ der Schmerz nach und vor seinen Augen schloss sich die kleine Wunde. Zurück blieb ein Tropfen Blut. „Okay, das ist jetzt doch etwas unheimlich.“ Er saugte gedankenverloren den Bluttropfen von der Hand. Clark nickte. „Das ist es. Und verwirrend, weil ich angenommen hatte, dass das Messer dich überhaupt nicht verletzen würde.“ Ironisch stimmte Christian zu: „Ja, das ist echt enttäuschend.“ Clark schien fast erleichtert zu sein, als er sagte: „Wenn diese Selbstheilung deine einzige Fähigkeit ist, die du durch meine Behandlung erhalten hast, dann kann ich damit zufrieden sein. Ich dachte das Problem wäre größer. Du musst wissen, dass es gar nicht so einfach ist, Superkräfte zu kontrollieren. Komm mit in die Scheune.“ Christian folgte dem Freund hinauf in seine Festung der Einsamkeit, wie Jonathan Kent jenen Bereich nannte, den Clark sich dort sehr behaglich eingerichtet hatte. Nachdem sie sich auf der Couch niedergelassen hatten, berichtete Clark, wie schwer es mitunter gewesen war, seine Kräfte nicht unkontrolliert freizusetzen. Christian nickte verstehend, und er begann zu ahnen, weshalb Clark so besorgt gewesen war. Nach einer Weile begann Clark davon zu berichten, was Sheriff Adams ihm gestern verraten hatte. Er erzählte Chris auch die Legende von Naman und Sageeth, und davon, dass Professor Willowbrook der Meinung war, das er, Clark, mit der Person Naman identisch sei. Er endete mit den Worten: „Bevor du kamst gelang es mir, Jeremiah aufzuspüren und ihm den Dolch Palak zu entwenden. Wie es die Prophezeiung der Kawatchen vorhersagte, löste er sich auf, als Sageeth ihn berührte. Allerdings weiß ich nicht, ob es Lionel oder Lex war, der den Dolch zuerst berührte.“ „Dann nimm dich vor ihnen beiden in Acht, Clark“, riet der Blonde. „Ich kann dir dabei helfen zumindest auf Lex ein Auge zu halten, denn er möchte, dass wir uns gelegentlich zum Degenfechten treffen.“ Er lehnte sich auf der Couch zurück. Dabei fiel sein Blick auf das gerahmte Bild eines hübschen, blonden Mädchens mit großen, braunen Augen. Neugierig erkundigte er sich: „Wer ist das, Clark?“ Ein melancholischer Zug überflog das Gesicht des Jungen. „Ihr Name ist Alicia Baker. Für eine Weile dachte ich, sie wäre die Richtige für mich. Jetzt befindet sie sich in der Nervenheilanstalt, Belle Reeve.“ „Hier heißen wohl alle hübschen Mädchen Alicia“, scherzte Chris und streckte seine Hand aus. Bevor er wusste, was passierte, flog der Bilderrahmen mit beachtlicher Geschwindigkeit auf ihn zu und im nächsten Augenblick hielt er ihn in seiner Hand. Clarks Augen weiteten sich. „Wie hast du das denn gemacht?“ Vollkommen ratlos blickte Christian von seiner Hand, die den Bilderrahmen hielt, zu Clark. Dann sagte er verunsichert: „Ich weiß es nicht. Ich hatte das Verlangen den Bilderrahmen in die Hand zu nehmen. Was passiert mit mir - wird aus mir jetzt Darth Falken, oder so etwas?“ „Ich weiß es nicht, Chris. Aber ich weiß, dass ich diese Fähigkeit nicht habe.“ Ein seltsamer Zug lag auf seinem Gesicht, als er schließlich sagte: „Aber ich habe eine Vermutung. Möglicherweise hat das, was die beiden Latinas auf dich übertragen haben damit zu tun, und du besitzt deshalb andere Fähigkeiten als ich. Vielleicht ist es auch die Tatsache, dass du kein Kryptonier bist, sondern ein Mensch.“ „Dann könnten sich noch andere Fähigkeiten bei mir entwickeln?“ Clarks beredtes Schweigen besagte eine ganze Menge. Dann meinte er zögerlich: „Ich vermute es fast. Vielleicht solltest du nochmal versuchen, ob sich nicht doch etwas mit deinen Augen getan hat.“ „Aber wie, wenn wir nicht sagen können, was genau?“ Clark überlegte. „Wir könnten einige Dinge ausprobieren. Versuche mal, ob du deinen Blick zoomen kannst, wie eine Kamera.“ Christian fasste verschiedene Objekte in der Scheune ins Auge und schüttelte dann den Kopf. „Das fällt schon mal aus.“ „Irgendwie schade“, lächelte Clark und ging zum Geländer. Nach unten blickend meinte er zu Christian: „Denn irgendwo hier hat meine Mom heute Früh ein kleines Silberarmband verloren.“ Christian trat neben ihn und blickte in die Tiefe. Nach einem Moment deutete er zwischen zwei Strohballen und fragte: „Kann es die da hinten sein?“ „Ich weiß nicht, was du da siehst, Chris. Dort ist es vollkommen finster.“ „Na, jetzt übertreibe es nicht.“ Christian streckte seinen Arm aus. Im nächsten Moment schwirrte etwas Glitzerndes durch die Luft und ein dünnes, silbernes Armband landete in der Hand des Jungen.“ Clark blickte den Freund fragend an. „Wie konntest du sie dort sehen, wenn selbst ich es nicht konnte?“ Christian drückte ihm die Kette in die Hand. Dann verlangte er ahnungsvoll: „Lösche das gesamte Licht in der Scheune, Clark.“ Der Schwarzhaarige kam seinem Wunsch nach, und im nächsten Moment war es fast völlig finster in der Scheune. Doch nach einem Augenblick erkannte Christian, schnell deutlicher werdend, die Konturen der Objekte in der Scheune. Zuerst dachte er an eine Sinnestäuschung, doch dann wurde das Bild vor seinen Augen immer deutlicher. Und farbintensiver. Aus dem einheitlichen Grau der Nacht wurde eine Umgebung aus Violett, Ultrablau, Dunkelgrün, Braun und Rauchgrau, mit Reflexen aus helleren Ockertönen und düsterem Rot. Überwältigt entfuhr es Christian: „Clark, was ich sehe ist unbeschreiblich schön. Ich habe nicht gewusst, dass die Nacht mehr Farben haben kann, als der Tag. Es ist wunderbar.“ Clark schaltete das Licht an und erkannte den Zug unbeschreiblichen Staunens auf dem Gesicht des Freundes. „Ich denke, jetzt wissen wir, was deine Augen können.“ Wie benommen setzte sich Christian wieder auf die Couch. Erschüttert sagte er: „Ich wünschte, jeder Mensch könnte die Nacht so sehen, wie ich gerade eben. Dann würde sie ihren Schrecken verlieren. Es war beinahe berauschend.“ Clark, der sich verständnisvoll neben ihn setzte, legte seine Hand auf die Schulter des Freundes. „Beruhige dich erst einmal.“ Christian zuckte zurück. Mit großen Augen sah er den Schwarzhaarigen an. „Du fühlst eine große Trauer, stimmt das?“ Beinahe beunruhigt musterte Clark den Blonden. „Willst du sagen, du hättest das gespürt, als ich deine Schulter berührt habe?“ Christian nickte schwach. „Okay, jetzt hatte ich so viel Überraschendes, wie ich an einem einzigen Tag vertragen kann.“ Clark blickte forschend. „Deine Kräfte sind so ganz anders, als meine. Und ich bin Schuld daran. Es tut mir sehr leid, aber ich hatte gestern keine Wahl, und ich konnte nicht ahnen, was ich damit anrichten würde.“ Christian atmete tief durch. „Du hast mir das Leben gerettet, dafür musst du dich nicht entschuldigen. Und hey, es gibt weitaus Schlimmeres, als das, schätze ich. Irgendwann werde ich mich daran gewöhnen, mit diesen Fähigkeiten zu leben.“ „Das hoffe ich“, seufzte Clark. „Das bringt mich auf etwas Anderes. Glaubst du, du kannst im Football-Team bleiben, mit deinen telekinetischen Fähigkeiten?“ Im ersten Moment verstand Christian nicht, worauf der Freund hinaus wollte. Doch dann setzte sich die Erkenntnis und er fragte ungläubig: „Du denkst doch nicht etwa, dass ich auf die Idee kommen könnte, zu bescheißen?“ „Drücken sich alle Deutschen so kraftvoll aus?“, entgegnete Clark. „Ich glaube an deine Ehrlichkeit, aber es könnte auch unbewusst geschehen, dass du einen unfangbaren Ball dennoch in deine Hände bekommst.“ Christian erhob sich und schritt zum Scheunenfester. Dann wandte er sich mit ernster Miene um. „Komm zu den Spielen, Clark. Solltest du den Eindruck haben, dass auch nur eine einzige Aktion merkwürdig verläuft, dann sagst du es mir und ich werde direkt zum Coach gehen und ihm sagen, dass ich aufhöre.“ Clark lächelte. „Das nehme ich als ein Versprechen, Chris.“ Dann blickte er ernst und sagte: „Aber ich fürchte, dass ich dich mit noch etwas konfrontieren muss.“ Damit erhob er sich, holte ein Bleikästchen und reichte es dem Freund. Dann machte er einige Schritte zurück und verlangte: „Öffne es.“ Christian blickte neugierig. Das Kästchen war beeindruckend schwer. Langsam öffnete er den Deckel und blickte hinein. „Ein grüner Kristall. Ist etwas damit?“ Mit gelindem Erstaunen erwiderte Clark: „Spürst du denn nichts?“ Christian schüttelte den Kopf. „Sollte ich das?“ „Eigentlich schon“, sagte Clark nachdenklich. „Auf mich wirkt es stets schwächend. Selbst hier kann ich noch den Einfluss dieses Kristalls spüren.“ „Hm...“ machte Christian. „Da wäre vielleicht ein sanftes Kribbeln auf der Haut. Aber nichts, das unangenehm wäre.“ Clark blickte ihn an und antwortete: „Okay, dann kannst du das Kästchen schließen. Offensichtlich hat es keine negative Wirkung auf deinen Körper.“ Christian blickte erleichtert. „Wenigstens etwas. Glaubst du, ich kann mit der Zeit die empathische Fähigkeit genauso beherrschen, wie die anderen beiden?“ „Bestimmt. Du wirst es sicherlich bald herausfinden.“ Christian blickte auf seine Uhr und meinte: „Ich bin spät dran, Clark. Ich wollte um 19:00 Uhr bei Alicia sein, um mit ihr zu reden.“ Clark zwinkerte ihm zu. „Viel Glück.“ „Kann ich brauchen.“ Damit schritt Christian die Treppe hinab und verließ die Scheune, wobei ihm tausende von Gedanken durch den Kopf gingen, über das, was er hier eben erlebt hatte.   * * *   Auf der Fahrt zu Alicia hatte Christian noch schnell an einem Blumenladen angehalten und einen bunten Strauß besorgt. Vorsichtig war er danach weitergefahren, und als er die Farm der Sterlings erreicht hatte, war er froh, dass die Blumen die Fahrt unbeschadet überstanden hatten. Wie Alicia ihm gesagt hatte, trat er ein und blickte sich um. Alicia hatte einige Kerzen angezündet, wie es schien, damit er den Weg nach oben erkennen konnte. Bedächtig stieg er die schmale Treppe hinauf und begab sich zu einer Tür, an der in großen Lettern aus buntem Papier der Name Alicia stand. Mit einem Blick auf seine Uhr stellte Christian fest, dass er es geschafft hatte, einige Minuten vor der verabredeten Zeit hier zu sein. Er klopfte sachte an die Tür und öffnete sie dann. Alicia, die offensichtlich noch nicht jetzt mit seinem Erscheinen gerechnet hatte, stand, nur mit einem leuchtend roten Kimono bekleidet, an einem Sideboard, auf dem sie dutzende kleiner Gläser mit Kerzen angeordnet hatte und war dabei die letzten von ihnen anzuzünden. Außerdem hatte sie einige Räucherstäbchen entzündet. Als Christian herein kam, löschte sie schnell den Zündstab, legte ihn zur Seite, und wandte sich mit einem zaghaften Lächeln zu ihm um. Christian, der die Tür hinter sich geschlossen hatte, blickte überrascht auf ihre Erscheinung und fragte, etwas unsicher: „Hattest du mich später erwartet? Wenn du dich noch umziehen musst, dann warte ich draußen.“ „Nein, bleib hier“, erwiderte Alicia leise. Dann schritt sie langsam auf ihn zu. Etwas verlegen legte Christian die Blumen auf einen kleinen, runden Tisch und blickte wieder zu Alicia, die dicht vor ihm stehen blieb und zu ihm aufsah. Dann sagte sie leise: „Du hast zwar gesagt, dass du unter einem fremden Einfluss gestanden hast, aber ich glaube, dass es vielleicht trotzdem noch einen weiteren Grund gab, warum du so willig mit Marina und Conchita mitgegangen bist. Du sagtest, dass sie dir geben würden, wozu ich nicht bereit bin. Aber das stimmt so nicht...“ Sprachlos beobachtete Christian, wie Alicia, mit zitternden Fingern, langsam den Gürtel des Kimonos löste und ihn zu Boden gleiten ließ. Dann öffnete sie ganz langsam das Kleidungsstück. Christian, der bemerkte, dass Alicia am gesamten Körper zu vibrieren schien, legte schnell seine Hände auf ihre und führte sie sanft wieder zusammen. Ihr tief in die Augen blickend erklärte er: „Es ist nicht so, dass ich mir das nicht sehnlich wünschen würde, Alicia, aber ich muss das dennoch verhindern. Zumindest hier und jetzt.“ Er bückte sich, hob den Seidengürtel auf und legte dann seine Arme um ihre Taille. Ganz sacht schlang er den Gürtel um ihre schmalen Hüften und band ihn, etwas unbeholfen, zusammen bevor er das Mädchen liebevoll in seine Arme zog. Dabei flüsterte er leise: „Wir sollten damit warten, bis du Siebzehn bist. Wenn du mich dann noch willst werde ich bestimmt nicht nein sagen.“ Er küsste sie sanft auf die Wange. Als er sie wieder losließ, blickte Alicia den Jungen an und fragte leise: „Woran kannst du dich noch erinnern, nachdem du aus dem TALON verschwunden warst?“ Verlegen erwiderte Christian ihren Blick. Dann begann er stockend: „Na ja, wir sind zu Marina gefahren. Ich weiß nur noch, dass wir nackt auf dem Bett lagen und wild mit einander herum gemacht haben. Alles was dann war, fällt unter den Begriff: Filmriss. Ich kann mich danach erst wieder daran erinnern, dass ich im Krankenhaus aufwachte, mit einer Traube aufgeregter Menschen um mich herum.“ Alicia streichelte sanft seine Wange. „Dann weißt du es gar nicht?“ „Was weiß ich nicht?“ „Als ich vorhin allein mit den Mädchen war, da sagte mir Conchita, dass du...“ Christians Augen blitzten zornig auf. „Sie hat dich gequält indem sie dir Einzelheiten erzählte? Nur um dich zu verletzen? Gleich morgen werde ich ins Krankenhaus fahren und dann reiße ich das Zimmer ein, unter ihrem hinterhältigen kleinen Hintern!“ „Chris...“ „Die wird sich morgen wünschen mich nie...!“ „Christian!“ Verwundert hielt der Junge in seiner Tirade inne und blickte Alicia aus großen Augen an. Zum ersten Mal, seit sie sich kannten, hatte sie ihn mit seinem richtigen Namen angesprochen. Ein zaghaftes Lächeln lag auf ihrem Gesicht, als sie erklärte: „Conchita und auch Marina, haben mir versichert, dass du gar nicht mit ihnen geschlafen hast, sondern dich mit Händen und Füßen gewehrt hast, als es soweit war, und sie zur Sache kommen wollten.“ Ein ungläubiger Zug lag auf Christians Gesicht. „Du meinst, ich habe gar nicht...?“ Alicia schüttelte den Kopf: „Nein, ihr habt nicht mit einander geschlafen. Die beiden dachten wohl, du wüsstest das noch, oder es war ihnen nur zu peinlich, in deinem Beisein nochmal davon zu erzählen.“ Im nächsten Moment hatte Christian das Mädchen hochgehoben. Er wirbelte Alicia im Kreis herum, bevor er sie vorsichtig wieder auf die nackten Füße stellte. „Entschuldige den Ausbruch aber das macht mich zu einem sehr glücklichen Menschen.“ „Ja mich auch.“ Alicia trat einen Schritt zurück. Seine plötzliche Nähe hatte sie sichtlich verunsichert und verwirrt. „Ich denke, du solltest jetzt gehen, Chris, ich brauche etwas Zeit um über all das nachzudenken. Du kommst doch zu meiner Geburtstagsfete?“ Etwas ernüchtert antwortete der Junge: „Ja, gerne. Er zögerte etwas, bevor er sich einen Ruck gab und Alicia einen Abschiedskuss auf die Wange gab. Dann wandte er sich widerstrebend ab und verließ schnell das Haus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)