Star Trek - Icicle - 01 von ulimann644 (Das Transwarp-Netz) ================================================================================ Kapitel 5: Zwischenspiel auf KOR-NAX ------------------------------------ Viária Al-Ghorm wirkte abgespannt, als sich das Portal nach Fornax aktivierte und vier der sieben Sternenflotten-Offiziere nacheinander den Transwarp-Kanal verließen. Kaum hatte Imania Maray, als Vierte, den Empfangsbereich verlassen, begann der Kanal zu flackern und löste sich auf. Verwundert blickten sich die vier Besatzungsmitglieder an und Victoria Leandros schaute bestürzt zu Viária Al-Ghorm. „Na, was ist denn nun wieder los?“ fragte sie nervös. „Viária, Sie müssen den Kanal wieder aktivieren, oder unsere Kameraden am anderen Ende sind verloren. In gut einer Minute fliegt dort nämlich alles in die Luft!“ Die Cryllianerin beeilte sich, den Steuerkontakt zu berühren, doch ihr Gesichtsausdruck verriet den Anderen nur zu deutlich, dass etwas absolut nicht so war, wie es hätte sein sollen. „Ich kann keine Verbindung herstellen. Entweder, die Verbindung ist endgültig gestört, oder das Gegengerät wurde vernichtet. Ich hoffe dass Ihre Leute das zweite Gerät schnell genug aktivieren konnten.“ „Wohin führt die zweite Verbindung?“ erkundigte sich Namoro Kunanga. „Zu einer Welt, zwischen den beiden vorgelagerten Kleingalaxien dieser Galaxis. Der wesentliche Punkt dabei ist nur, es gibt von dort aus keine Verbindung nach hier, oder zu dem System, auf dass Ihr Schiff aufmerksam wurde. Die einzige Verbindung von diesem Stützpunkt aus führt in einen Bereich, den Sie als Delta-Quadranten bezeichnen.“ Sie wollte ihrer Erklärung noch etwas hinzufügen, als sich zur Überraschung der Cryllianerin das Portal aktivierte, durch das sie die sieben Offiziere der ICICLE hierher geholt hatte. Im nächsten Moment erschienen sechs MACO´s und der Chefwissenschaftler der ICICLE in der Halle und blickten sich kampfbereit um. Als sie vier der Vermissten erkannten, entspannte sich ihre Haltung und Lieutenant-Commander Tal´Inuray Filiz nahm ihren Helm ab. Während sie ihn im Ausrüstungspuffer ihres Kampfanzugs verschwinden ließ, wandte sie sich an Kunanga, der ihr am nächsten stand, ohne dabei die Cryllianerin auch nur einen Moment lang aus den Augen zu lassen. „Was geht hier vor, Commander?“ Zusammen mit der Bordärztin erklärte der CAG die Zusammenhänge und die Andorianerin wandte sich schließlich der Cryllianerin zu. „Wenn ich das alles richtig verstanden habe, dann können wir also nichts weiter tun, als abwarten? Das liegt mir ganz und gar nicht. Gibt es eine Möglichkeit darzustellen, wohin die Magellanverbindung führt?“ Viária Al-Ghorm machte eine fremdartig anmutende Geste mit ihrer Hand, die Zustimmung ausdrücken sollte. „Begleiten Sie mich nach unten in die Astrometrische Abteilung. Dort kann ich ihnen auf einer Holokarte zeigen, wohin die Verbindung führt.“ Tal´Inuray Filiz folgte der Cryllianerin. Die übrigen Anwesenden schlossen sich unaufgefordert an. Während sie durch die relativ unbelebten Gänge des Stützpunktes gingen, begab sich Victoria Leandros an die Seite der Andorianerin und blickte sie neugierig von der Seite an. „Mich würde interessieren, wie Sie auf unsere Spur gekommen sind?“ Tal´Inuray Filiz tat etwas, was bei ihr nur selten vor kam. Sie lächelte spitzbübisch, so als habe sie gerade einen Streich ausgeheckt. Dann antwortete sie: „In diesem Fall hatte ich, im wahrsten Sinne des Wortes, den richtigen Riecher, wie man auf der Erde sagen würde.“ Damit ließ die Andorianerin Doktor Leandros mit mehr Fragen zurück, als zuvor. Typisch! dachte die Ärztin. Wenn du eine klare Antwort willst, frage bloß keinen Andorianer. Die fängt an, mit ihrer Art, Dheran Konkurrenz zu machen. Sie wurde aus ihren abschweifenden Betrachtungen gerissen, als sie die Astrometrie erreichten. Die Cryllianerin führte die Leute von der ICICLE zu einer kleinen Steuerkonsole, am Rand des sechseckigen, etwa zehn Meter durchmessenden Raumes und legte ihre Hände auf zwei Kontrollkontakte. Auch hier schien die Steuerung der Einrichtung über eine Neuralverbindung abzulaufen. Es dauerte nur einen kurzen Moment und das dreidimensionale Abbild einer Spiralgalaxis mit zwei vorgelagerten Kleingalaxien erschien in der Mitte des sich automatisch abdunkelnden Raumes, wobei die Qualität des Holobildes so hoch war, wie es noch keiner der Sternenflotten-Angehörigen jemals gesehen hatte. Zweifellos handelte es sich um das Abbild der Milchstraße und der beiden Magellanschen Wolken. Die Cryllianerin konzentrierte sich kurz und es erschienen etwa fünfzig hellblaue Punkte, die sich über das Abbild der Galaxis verteilten. Einer von ihnen lag am Rand der Kleinen Magellanschen Wolke, am Rand des Materiestroms aus Wasserstoff, der sich zwischen den beiden Kleingalaxien erstreckte. Dieser Strom war im Laufe der Äonen durch die Wechselwirkung mit dem Gravitationsfeld der Milchstraße entstanden, wobei Sonnen aus den beiden Magellanschen Wolken herausgerissen worden waren, die zwar weiter der Bewegung der Wolken folgten, aber eigentlich nicht mehr zu diesen dazu gehörten. Im nächsten Moment leuchtete dieser Punkt violett auf, zusammen mit einem zweiten Punkt, der, vom kosmischen Standpunkt gesehen, nur ein kleines Stück weit innerhalb des Delta-Quadranten lag. Beide Punkte wurden von einer gelben Linie verbunden. „Weit außerhalb des Borg-Raumes“, stellte Tal´Inuray Filiz erleichtert fest. „Gibt es, von hier aus, eine Verbindung zu diesem Planeten im Delta-Quadranten?“ Die Cryllianerin verneinte. „Es gab früher zwei weitere Verbindungen zu diesem Planeten, aber diese wurden durch kosmische Katastrophen schon vor langer Zeit unterbrochen. Im Laufe der nächsten Äonen werden vermutlich immer mehr Verbindungen ein Opfer solcher äußeren Umstände werden, bis das cryllianische Transwarp-Netz irgendwann Geschichte geworden ist.“ „Nichts ist für die Ewigkeit, außer der Raum selbst“, deklamierte Jörn Harling und blickte ratlos in die Runde. „Was machen wir jetzt?“ Lieutenant-Commander Filiz wirkte nicht besonders begeistert, als sie entgegnete: „Die Frage ist vielmehr: Was können wir machen? Wir kommen weder mit Hilfe des Transwarpnetzes hin, noch können wir in absehbarer Zeit mit der ICICLE zu diesem Planeten fliegen.“ Ihre Antennen bogen sich nach innen, als sie widerwillig feststellte: „Alles was wir tun können, ist zu dem System zurück zu kehren, in dem die ICICLE auf uns wartet.“ Imania Maray blickte die Andorianerin verzweifelt an. „Wir können doch den Captain, Commander Mancharella und Lazar nicht einfach im Stich lassen.“ Filiz´ Blick bekam etwas wölfisches, als sie scharf entgegnete: „Wenn Sie einen Alternativvorschlag haben, dann heraus damit! Falls nicht, dann sehen Sie der Tatsache ins Auge, dass wir momentan machtlos sind!“ Die Betazoidin hatte Mühe dem Blick der Andorianerin stand zu halten. „Entschuldigen Sie, Filiz, aber der Gedanke unsere Leute einfach aufgeben zu müssen deprimiert mich.“ „Ich tanze auch nicht gerade auf dem Tisch, vor Vergnügen“, stellte die Andorianerin bissig fest. „Andererseits würde ich unsere drei Leute nicht vorschnell abschreiben, Dheran soll in seiner Karriere schon so manche, haarsträubende Situation gemeistert haben. Und auch Commander Mancharella und Lieutenant Lazar traue ich Einiges zu.“ Dass Lazar nicht mehr lebte wussten sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht...   * * *   Nar-Axan spürte die Ankunft der beiden Fremden Wesen, so wie alle Kor-Naxa die auf diesem Planeten existierten. Was einer von ihnen aufnahm, dass erfuhren auch die Anderen, da sie auf paramentaler Ebene mit einander verbunden waren. Der Planet Kor-Nax fiel in mancherlei Hinsicht aus dem Rahmen, wenn man gewöhnlichen Klasse-M Planeten als Vergleich heranzog. Zum Beispiel hatte der Planet niemals eine Zivilisation im eigentlichen Sinne hervorgebracht. Der Grund dafür war einfach: In der Vergangenheit waren die Pflanzen des Planeten so aggressiv gewesen, dass sie irgendwann jedes tierische Leben ausgerottet hatten. Doch damit hatten sie sich selbst jede Lebensgrundlage entzogen und starben ebenfalls aus. Übrig blieb die Flora, die nicht auf fleischliche Nahrung angewiesen war und entwickelte sich, ohne die störenden Einflüsse organischen Lebens, bis zu einem Grad, an dem sie, zunächst nur primitive, Formen von Emotionen entwickelten. Im Laufe der Jahrmillionen verfeinerte sich diese Fähigkeit und sie erlangten die Fähigkeit des bewussten Denkens. Zu diesem Zeitpunkt besaßen die Kor-Naxa noch nicht die Fähigkeit der Fortbewegung, also entwickelten sie allmählich die Fähigkeit sich über weite Strecken, Kraft ihrer geistigen Fähigkeiten, untereinander zu verständigen. Im Laufe der folgenden Generationen erkannten sie, dass sie darüber hinaus in der Lage waren, das Wachstum der umgebenden Flora durch Absonderung bestimmter, körpereigener Sporen zu beeinflussen. Sie schufen sich so, auf friedliche Art und Weise, eine Welt nach ihren Vorstellungen. Nar-Axan wusste um diese Dinge so gut Bescheid, als habe er sie selbst erlebt, was daran lag, dass die Kor-Naxa ein Generationsgedächtnis entwickelt hatten. Was eine Generation erlebte, wurde Jenen, die ihnen nachfolgten, weitergegeben. Auf diese Art und Weise geriet nichts in Vergessenheit, obwohl es bei den Kor-Naxa keine geschriebene Geschichte gab. Dann, vor etwa 1,5 Millionen Jahren, waren humanoide Wesen auf ihrer Welt gelandet und hatten einen Stützpunkt errichtet, der es ihnen ermöglichte jederzeit unangemeldet hier zu erscheinen und Dinge zu tun, die die Kor-Naxa nicht verstanden. Ohne es zu bemerken hatten sie dabei einige hundert intelligente Wesen vernichtet; teils bei der Landung ihrer Raumschiffe, teils bei der Errichtung ihrer Gebäude. Erst nach einigen vergeblichen Versuchen der Kontaktaufnahme, war es den Kor-Naxa möglich gewesen eine Verständigung mit den humanoiden Wesen herbeizuführen und sie zum Verlassen dieser Welt zu bewegen, da man sie als unwillkommene Eindringlinge betrachtete. Zum Glück waren die Humanoiden einsichtig gewesen und hatten das Versprechen abgegeben, niemals zurück zu kehren. Und nun waren sie wieder da. Einer von ihnen machte zwar einen seltsamen Eindruck, so als hätte es im Laufe der langen Zeit die vergangen war, Mutationen bei der organischen Rasse gegeben, aber er stammte zweifellos von ihnen ab; das konnten die Kor-Naxa deutlich wahrnehmen. Nar-Axan fand es höchst seltsam, dass sich die fremden Wesen auf lediglich zwei unzulängliche optische Organe verlassen mussten. Er und sein Volk nahmen über Rezeptoren in den „Blütenblättern“ ihre Umwelt jederzeit in vollem Umfang wahr, wobei diese Fotorezeptoren hyperpolarisiert wurden, wodurch im Sinneszentrum ein Bild der Umgebung erzeugt wurde. Wie konnten Wesen existieren, die immer nur einen Bruchteil ihrer Umgebung zu sehen bekamen? Hier hatte die Evolution sicherlich einen ganz schwarzen Tag gehabt. Wie seine Artgenossen war Nar-Axan über den Wortbruch der Fremden ungehalten, und diesmal würde man sie nicht wieder zurücklassen. Hier würden die Kor-Naxa diesmal ein Exempel statuieren...   * * *   Die Portalhalle, in der Dheran und Pasqualina ankamen, unterschied sich nicht von denen, die sie bisher kennen gelernt hatten. Entweder waren diese Stationen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes errichtet worden, oder aber die Cryllianer hatten ihren Baustil über die Jahre nur unwesentlich verändert. Die Spanierin brachte Dheran zu einer der Wände und ließ ihn dort zu Boden gleiten. Bei einem schnellen Rundblick stellte sie fest, dass es auch hier nur zwei Portale gab. Mit schiefem Grinsen meinte sie zu Dheran gewandt: „Das lässt uns nicht den ganz großen Spielraum, wohin wir uns später zu wenden haben.“ Der Andorianer machte eine zustimmende Geste. „Aber zuerst sollten wir feststellen, wo wir uns überhaupt befinden. Zumindest ballert hier keiner auf uns, was ja schon mal ein Fortschritt ist.“ Er lehnte seine Pulsphaser-Rifle neben sich an die Wand und betastete sein immer noch gelähmtes Bein. Erst als Pasqualina, nach einer Weile immer noch nicht geantwortet hatte blickte er fragend auf. Die Spanierin wirkte seltsam abwesend, und Dheran wollte sie ansprechen, als er leise Stimmen in seinem Kopf zu hören glaubte. Zuerst dachte er an eine Sinnestäuschung, doch im selben Moment wurden die fremdartigen Gedankenimpulse drängender. Sie schienen ihn aufzufordern diesen Ort zu verlassen. Instinktiv wehrte Dheran sich dagegen und die Stimmen wurden leiser. Pasqualina hingegen wandte sich, mit glasigem Blick von ihm ab und begab sich, mit seltsam hölzern wirkenden Bewegungen, zum Schott der Halle. „He, wo willst du hin!“ rief der Captain ihr zu, doch sie schien ihn überhaupt nicht zu hören. Schneller werdend verließ die Frau die Halle und verschwand im Gang. „Pasqualina, bleib gefälligst da.“ Auch jetzt erhielt er keine Antwort. Gleichzeitig wurden die Stimmen in ihm wieder drängender, und Dheran dämmerte, dass Pasqualina nicht mehr Herrin ihres freien Willens zu sein schien. Er benutzte einen andorianischen Kraftausdruck, zog das linke Bein an, stützte sich auf sein Phasergewehr und erhob sich mühsam. Das Gewehr als behelfsmäßige Krücke benutzend humpelte er hinter der Spanierin her. Als er den Gang hinunter spähte, sah er sie gerade noch in einer der, auch hier existierenden Liftröhren verschwinden. Hastig humpelte er durch den Gang um ihr zu folgen, wütend darüber, dass ihn das gelähmte Bein noch immer limitierte. In der Röhre verlor er sie kurzzeitig aus den Augen, bis er den oberen Ausstieg erreicht, und kurze Zeit später am Ausgang stand. Das Licht einer tief stehenden, orange-roten Sonne, die ihm blendend ins Gesicht schien, war der erste Gruß dieses unbekannten Planeten. Warme, beinahe subtropische, würzige Luft schlug ihm entgegen, und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er sein Sichtvisier nicht geschlossen hatte. Zornig über diese Nachlässigkeit schloss er es. Der Lichteinfall wurde von dem Visier augenblicklich auf ein erträgliches Maß reduziert, und der Andorianer blickte sich suchend um. Er konnte Pasqualina nirgendwo entdecken, und einen andorianischen Fluch murmelnd ließ er seinen Tricorder rematerialisieren. Er peilte den Kommunikator des Commanders an und stellte zu seiner gelinden Verwunderung fest, dass sich die Spanierin beinahe zweihundert Meter von ihm entfernt hatte. Sie musste gerannt sein, als sie die Station verlassen hatte und befand sich bereits im Sichtschutz einer großen Baumgruppe, die zu seiner Rechten lag. So schnell er konnte folgte er dem Signal, wobei er zweimal beinahe stürzte. „Ich hüpfe hier herum wie ein dreibeiniger Tarc, der sich den Hintern verbrannt hat!“ fluchte er unterdrückt, während er sichtlich zurück fiel. Irgendwo vor ihm rannte Pasqualina durch das unübersichtlicher werdende Gelände und Dheran schwor sich in diesem Moment, dass er nicht auch noch sie verlieren würde. Er umklammerte den Tricorder fester und bahnte sich einen Weg durch den seltsamen Wald. Die ganze Zeit über wurde er dabei das Gefühl nicht los, dass irgend etwas an diesem Wald nicht so war, wie es sein sollte. Erst nach einer Weile kam er darauf, was es war, dass ihm seltsam vor kam: In diesem Wald gab es kein einziges Geräusch, das auf eine Fauna hindeutete. Dheran verwarf den Gedanken und humpelte weiter durch den Wald. Er konnte nicht sagen, wieviel Zeit vergangen war, als er ein Kribbeln im rechten Bein verspürte und erleichtert feststellte, dass wieder Leben hinein kam. Er blieb kurz stehen und massierte seine Wade. Kein Zweifel langsam bekam er wieder Gefühl in das Bein. Probehalber verlagerte er sein Gewicht und stellte fest, dass er nicht länger auf seine behelfsmäßige Krücke angewiesen war. Er marschierte weiter und langsam schritt er immer schneller aus. Sein Tricorder zeigte an, dass sich Pasqualina scheinbar nicht mehr weiter bewegte. Vielleicht machte sie eine Rast, oder aber Diejenigen, die Commander Mancharella geistig beeinflussten, hatten sie nun dort, wo sie sie haben wollten. Unwillkürlich beschleunigten sich seine Schritte bei diesem Gedanken. Als das Kommunikator-Signal noch fünfzig Meter entfernt war, ließ Dheran den Tricorder verschwinden und umklammerte seine Rifle mit festem Griff. Nahezu lautlos arbeitete er sich weiter vorwärts, jederzeit damit rechnend, dass er nun auf unbekannte Intelligenzen treffen konnte. Doch nichts dergleichen ereignete sich. Endlich erreichte Dheran den Rand einer kleinen Lichtung. Hinter einem Baum kauernd und mit aktiviertem Camouflage-Modus seines Kampfanzugs, peilte der Andorianer hinaus auf die Lichtung und verharrte überrascht. Pasqualina Mancharella stand reglos beinahe in der Mitte der Lichtung und starrte mit leerem Blick in die Ferne. Um sie herum erkannte Dheran fünf merkwürdige Pflanzen, eine Art Blumen, von 1,50 Metern Höhe, bei denen der Stängel an der bordeaux-roten Blüte etwa zwanzig Zentimeter durchmaß und sich zum Boden hin auf das Doppelte verbreiterte. Etwa zwei Finger breite Lianen umschlangen diese Stängel, wobei einige von ihnen, dicht unterhalb der fussballgroßen Blüte lose herab hingen. Dheran glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er bemerkte, dass sich die Blüten langsam bewegten, obwohl es um ihn herum vollkommen windstill war. Als dann auch noch zwei der vermeintlichen Blumen langsam, aber deutlich erkennbar ihre Position änderten, glaubte Dheran zunächst er habe den Verstand verloren. Ganz allmählich begriff er, dass er vergeblich nach anderen Lebewesen Ausschau hielt. Diese Pflanzen hatten Pasqualina geistig beeinflusst! Zuerst war er versucht, diese Überlegung als Unsinn abzutun, aber es musste einfach so sein. Es gab nur eine Möglichkeit es sicher herauszufinden; er musste seine Deckung verlassen und versuchen Kontakt zu den Pflanzenwesen – nur um solche konnte es sich handeln – zu bekommen. Während er langsam auf die Lichtung trat, die Pulsphaser-Rifle im Anschlag, fragte er sich, was passiert wäre, wenn er nicht die seltene Fähigkeit besäße, mentale Beeinflussungen abzuwehren. Ein leiser Schauer überkam ihn und er verdrängte diese Gedanken schnell. Wieder bemerkte er die Bewegungen der Blüten und er spürte ein Verstärken des paramentalen Angriffs der Pflanzen. Auch diesmal konnte Dheran sich erfolgreich dagegen abschirmen, was die Pflanzen verwirren musste. Falls sie zu solchen Emotionen fähig sind, fügte Dheran in Gedanken hinzu. Er blieb überrascht stehen, als sich verständliche Worte in seinen Gedanken formten Was wollt ihr auf unserer Welt? Wir haben euch nicht um euer Erscheinen gebeten. Ich bin Nar-Axan und ich frage dich, warum ihr wortbrüchig wurdet. „Wir hatten nicht vor her zu kommen“, antwortete Dheran, der nicht wusste, was die Pflanze mit wortbrüchig meinte, laut, obwohl er nicht sagen konnte, ob man ihn, oder besser: seine Gedankengänge verstehen konnte. Einen Moment lang kam sich der Andorianer albern dabei vor, hier mit Pflanzen zu reden. Dann bildeten sich neue Wörter in seinen Gedanken, die bewiesen, dass man den Sinn seiner Worte verstanden hatte. Warum seid ihr dann hier? „Pflanzenlogik“, murrte Dheran leise. Laut sagte er: „Es war der einzige Weg um am Leben zu bleiben. Wenn ihr meine Begleiterin nicht beeinflusst hättet wären wir schon wieder fort von hier. Wenn ihr gestattet, dann werde ich nun meine Begleiterin mit mir nehmen, und ihr seid uns für immer los.“ Wir können euch nicht gehen lassen. Die Anderen behaupteten, als sie diese Welt verließen, dass sie nicht wiederkehren würden. Doch nun seid ihr da. Wir können nicht riskieren, dass ihr noch mehr Fremde auf diese Welt bringt. Bei den letzten Worten des Pflanzenwesens tauchten weitere dieser Wesen am Rand der Lichtung auf. Gleichzeitig verstärkte sich der mentale Druck den Dheran verspürte. Im selben Moment wurde er sich der Gefahr bewusst, dass diese Wesen es mit vereinten Geisteskräften vielleicht doch schaffen konnten, seinen Widerstand zu brechen. Eine Welle der Wut überkam ihn und er hob seine Waffe an. Im gleichen Augenblick wichen die fünf Pflanzen vor ihm zurück. Gleichzeitig ließ der Mentale Druck auf ihn spürbar nach. Es dauerte nur Augenblicke, bis der Andorianer die Zusammenhänge begriff. Nicht die Waffe hatte die Pflanzen beeindruckt. Es waren seine wilden Emotionen gewesen, die sie scheinbar erschreckt hatte. Er setzte nach und dachte intensiv daran, dass man ihn und Pasqualina hier festhalten und geistig versklaven wollte. Erneut durchfuhr ihn eine Welle der Wut, und wieder wichen die Pflanzen zurück. Schnell schritt der Captain zu Pasqualina und packte sie bei der Schulter, doch sie riss sich los und wehrte sich vehement mitzukommen. Kompromisslos hob der Andorianer sein Pulsphaser-Gewehr hoch, aktivierte den Betäubungsmodus und drückte ab. Als die Spanierin getroffen zu Boden sank, dachte der Captain ironisch: Dafür wird sie mir wieder die Hölle heiß machen. Diese Frau wird mich kaltblütig wegräumen falls ich in diesem Jahr nochmal, ohne Vorwarnung, einen Phaser auf sie abfeuere. Er ließ seine Waffe und die des Commanders in den Musterpuffern ihrer Kampfanzüge verschwinden, hob die Betäubte vom Boden auf, und legte sie sich über die Schultern. Mit dieser Last machte er sich auf den Rückweg zur Portalstation. Forsch ausschreitend überlegte er, dass es ein Glück für ihn war, dass die Pflanzenwesen offensichtlich über keine Biowaffen verfügten, was eigentlich folgerichtig war, da unter normalen Umständen ihre mentalen Fähigkeiten vollkommen ausreichten um sich erfolgreich zu behaupten. Die haben nicht mit einem gar nicht normalen Andorianer gerechnet, dachte Dheran grimmig und verlagerte das Gewicht des Commanders. Als er die Station fast erreicht hatte spürte der Andorianer, dass der mentale Druck wieder zunahm. Diesmal verspürte er unangenehme Kopfschmerzen und ihm wurde klar, dass die Pflanzen noch nicht kapituliert hatten. Offensichtlich hatten sie erkannt, dass ein Zusammenschluss ihrer Fähigkeiten auch seine Abwehr mit der Zeit überwinden konnte. Dheran biss die Zähne zusammen. Nur noch kurze Zeit musste er widerstehen und das Portal erreichen, dann hatten sie es, zumindest vorläufig, geschafft. Der Kopfschmerz wurde beinahe unerträglich, als er mit Pasqualina die Portalhalle erreichte, und er taumelte mehr auf den Portalkontakt zu, als dass er ging. Ohne die Frau abzusetzen legte er seine Hand auf den Neuralkontakt, konzentrierte sich unter größter Anstrengung, und aktivierte das Portal, von dem er nicht wusste, wohin es ihn und die Spanierin bringen würde. Dennoch vertraute er sich mit Pasqualina dem Transwarp-Kanal an und hoffte ihre Odyssee würde irgendwann ein Ende nehmen.   * * *   Nar-Axan stellte fest, dass den beiden Fremden die Flucht gelungen war. Ein reger Gedankenaustausch entwickelte sich als Folge davon und die Kor-Naxa kamen zu dem Schluss, dass es möglicherweise nötig werden würde, Pflanzen ihres Planeten zu modifizieren, so dass man zukünftig in der Lage sein würde zu den Sternen zu reisen. Der Zustand jederzeit Opfer dieser Humanoiden werden zu können, durfte nicht weiter Bestand haben. Auch wenn es tausende von Generationen dauern sollte, man würde irgendwann die Heimat der Humanoiden aufspüren, und dann würde man sie lehren, dass es verwerflich und verhängnisvoll war, seine Versprechen zu brechen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)