So many thoughts von JulietArctica (So ungracefully said) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Wie so oft, war Dana die erste im Raum. Ihre Studienkollegen tummelten sich wahrscheinlich noch in der Mensa oder auf dem Campus herum. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass noch knappe 10 Minuten Zeit waren, also setzte sie ihre Kopfhörer auf und las ihr Buch weiter. Sie hatte es schon so oft in der Hand, am Buchrücken waren bereits Spuren vom häufigen Lesen zu verzeichnen und auch Eselsohren waren nicht minder vertreten. Sie hatte schon immer ein Faible für Fantasy-Literatur in jedweder Art, doch „Die Zwerge“ hatten es ihr besonders angetan.   Gerade zogen ihre Helden durch die Lande, drauf und dran bald ihre menschlichen Mitstreiter zu finden, als der Stuhl neben ihr zurückgeschoben wurde. Sie sah kurz von ihrer Textzeile auf und erblickte Willis, der wie immer sein sympathisches Lächeln lächelte und sich neben ihr niederließ. Sie lächelte zurück. Der Raum hatte sich mittlerweile gefüllt, also setzte sie die Kopfhörer ab und verstaute ihr Buch erneut.   „Mann, die letzte Klausur war die Hölle. Ich hab‘ gehört Mr. Miller hat wohl noch nie so einen schlechten Durchschnitt errechnen müssen.“ Willis seufzte lautstark. Ein wenig tat er ihr ja schon leid. Er war mehr praktisch als theoretisch veranlagt und bekam vor Klausuren wahnsinniges Lampenfieber, wohingegen er bei Referaten stets die Ruhe selbst war. Seltsam.   „Lass dich nicht von den Gerüchten am Campus verrückt machen.“, versuchte sie ihn zu trösten. „Du  hast leicht reden. Dir fällt Lernen so leicht.“ Dana dachte dabei an den letzten Abend und wie müde sie war, als sie ihr Notizbuch von sich schob. Sie verzog den Mund. „Ganz im Gegenteil, ehrlich gesagt. Zumindest wenn es mich nicht interessiert, quäle ich mich, wie jeder andere auch.“ Willis akzeptierte ihren schwachen Trost und holte seinen Notizblock hervor.   Mr. Miller war bereits anwesend und pedantisch wie eh und je, schaute er auf seine Uhr, um das Seminar auf die Sekunde genau zu beginnen. Kurz bevor er die Tür schloss, kam noch eine Gruppe Studenten in Sport-Trikots herein gestolpert, die gespielt demütig den Kopf vor dem Professor senkten, sich aber ein Grinsen nicht verkneifen konnten. „Mr. Walker und Anhang haben sich also entschieden uns beizuwohnen.“, kommentierte Mr. Miller, ehe er seine Stunde begann.   Willis grüßte die Gruppe mit zögerlich erhobener Hand, ehe diese sich niederließen. Sie waren alle im selben Tennisclub und Dana fragte sich jedes Mal, wie zum Teufel man seinen Reichtum nur noch mehr raushängen lassen könnte. Vielleicht Golf-Trikots. Mit Banknoten gestickt. Oh, und vielleicht noch Goldzähne mit eingravierten Diamanten. Sie mochte Willis, und wusste wie sehr er an diesem Sport hing. Doch der Rest dieser Truppe war ihr eher befremdlich. Gelinde gesagt.      Plötzlich schlug Mr. Miller einen Stapel Blätter auf seinen Schreibtisch. Alle wussten sofort, was sie erwartete und Willis rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. „Die letzte Klausur, die sie mir alle ablieferten ist nicht wirklich zu meiner Zufriedenheit ausgefallen. Ach, was sag ich, so einem Durchschnitt dufte ich schon lange nicht mehr beim Absturz zusehen!“ Dana schaute zu Willis herüber, der auf seiner Unterlippe kaute.   „Ms. Turner, wären sie wohl so freundlich?“, er überreichte Kelly in der ersten Reihe den Stapel. Fleißig machte sie ihre Runde um die Tische und übergab jedem seine enttäuschende Klausur. Willis ließ erneut einen lauten Seufzer ertönen, als er auf seine Note sah. Dana tat ihr bestes aufmunternd zu klingen. „Mach dir nichts draus. Sowas kann man doch immer irgendwie ausgleichen.“   „In der Tat, Ms. Brooks.“ Erschrocken fuhr Dana zusammen und schaute zu ihrem Dozenten herauf. „Die einzige, die diese Klausur wohl ernst genommen hat, sind Sie.“, verkündete er achtungsvoll, während er ihr, ihren Zettel persönlich überreichte. Herr im Himmel, lass mich auf der Stelle im Boden versinken, war das einzige, was sie dachte, als er ihre Arbeit anpries.   Die Schamesröte stieg ihr in den Kopf, bis er sich endlich von ihrem Tisch entfernte. Willis klopfte ihr tröstend auf den Rücken, als sie ihr Gesicht in ihren Händen vergrub.   „Wie ich bereits erwähnte, können sie alle ihr schlechtes Ergebnis ausgleichen, indem sie in Zweier-Gruppen ein Referat ausarbeiten werden.“ Dana atmete erleichtert auf, als sie dies hörte. Referate waren immerhin Willis Spezialität und das Ausarbeiten der Fakten würde ihnen beiden nicht schwer fallen. Es wäre nicht ihre erste  Zusammenarbeit. Vor anderen zu sprechen war nie etwas, das ihr leicht fiel, deswegen konnte sie sicher auf seine Unterstützung zählen, wie immer. Ihre Themenwahl begrenzte sich auf Kinderliteratur der letzten 70 Jahre. Ihre Auswirkung und Verbreitung in der entsprechenden Zeit und ihren Wandel. Ein paar Ideen hatte Dana schon und notierte sie schnell, bis Mr. Miller fortfuhr.   „Ms. Turner, sie haben das Vergnügen mit Ms. Hill.“ Dana schaute ungläubig auf. Verdammt! Sie gab es ungern zu, aber sie war ein Gewohnheitstier. Sie hatte wenig Lust darauf mit jemand anderem zusammenzuarbeiten. Claire und Willis waren die einzigen mit denen sie gerne im Team spielte. „Mr. Parker.“ Oh nein. Das war Willis. „Ich bin sicher, Sie und Mr. Scott werden ein gutes Team abgeben.“ Willis nickte Colin zu, der unter den Studenten des Tennisclubs saß. Er war sicher nicht unglücklich mit dieser Aufteilung, schaute Dana aber etwas betroffen an. Sie konnte nur seufzten. Er konnte nun schließlich auch nichts dafür.   „Mr. Walker.“ Das war Linus. Noch einer dieser Tennis-Sport-Studenten. Angehende Sportlehrer, mit dem Geist eines Teenagers. Dana steckte Leute ungern in Schubladen, doch bei ihnen schien es fast unvermeidbar. Er schaute aufmerksam auf, wartete ab, wem Mr. Miller wohl die Gunst erwies, mit ihm zusammen zu arbeiten. Zumindest schien sein Blick in solchen Bänden zu sprechen.   „Ms. Brooks würde sicher eine ausgezeichnete Teampartnerin für Sie sein. Sie vielleicht etwas anspornen mehr zu tun.“ Dana klappte die Kinnlade herunter. Wäre sie in einem Cartoon, wäre diese sicher durch die Tischplatte und die beiden Stockwerke unter ihr gedonnert.   „Wollen sie damit andeuten, ich wäre unfähig?“, meinte Linus empört, blieb aber ruhig in seiner Stimmlage. „Keineswegs, nur sehr faul.“ Das Verdrehen der Augen war in diesem Moment abzusehen, doch Mr. Miller schien es zu ignorieren. Als hätte man diesen Satz nicht schon tausende Male gehört.   Linus sah nicht einmal zu Dana herüber. Sie tat es ab indem sie versuchte ihrem Dozenten mit Blicken klar zu machen, was er ihr damit nur antun würde. Und entweder bemerkte dieser ihren stummen Einwand nicht oder ignorierte es einfach nur gekonnt. Die letzten Studenten wurden zugeteilt, die einen mehr, die anderen minder zufrieden und die Stunde wurde beendet. „Ich erwarte ihre Referate nächste Woche in meiner Stunde.“, war das Letzte was Mr. Miller noch sagte, bevor er den Raum verließ. Ein Raunen machte sich breit. Die einen beschwerten sich über ihre Aufteilung, die nächsten taten sich bereits zusammen und besprachen einiges. Dana saß immer noch wie angewurzelt da.   „Hör mal, so ein schlechter Kerl ist Linus nicht.“, war Willis schwacher Trost. „Wenn du das sagst.“, gab Dana trocken zurück und klappte ihr Notizbuch zu. Willis wandte sich dann Colin zu, während die Blonde sich den Kopf zerbrach. Sie schien 10 Monologe auf einmal zu halten.   Gott, wieso ausgerechnet Richie Rich. Von ALLEN Leuten in diesem Seminar. Ich hatte so gute Ideen, Willis und ich hätten das Ding gerockt! Das muss ich morgen Claire erzählen. Oder doch nicht? Sie würde sich wieder nur das Maul zerfetzen. Als hätte ich nicht schon genug Stress. Ich muss nachher noch ins Café. Gott verdammt!   Sie bemerkte Linus erst gar nicht. „Sag mal“, fing er an, und wedelte vorsichtig mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. „Störe ich dich gerade bei etwas?“ Dana schüttelte verlegen den Kopf. „Wa- Nein, ich-, also, ich hab nur-„, versuchte sie vergebens zu erklären, doch scheiterte an der Artikulation. Gott, wie sie das hasste. Dieses verdammte Stammeln, wenn sie nicht wusste, wo ihr der Kopf stand.   „Wie auch immer.“, tat Linus es ab und setzte sich auf ihren Tisch. „Hör zu, ich hab weniger Lust darauf, als wohl jeder andere hier, noch dazu hab ich viel zu wenig Zeit, als dass ich mich um dieses dumme Referat kümmern könnte.“ Ihr begann erneut das Blut in den Kopf zu schießen, man konnte es sicher sehen. Er ließ sich nichts anmerken. Trotz allem versuchte sie ruhig zu bleiben und atmete tief ein. „Willst du deine Note denn nicht ausgleichen?“ Sie musste sich zusammenreißen, ihr leichtes Lächeln aufrecht zu erhalten.   „Ah, Dana Brooks und ihr guter Durchschnitt.“ Ihre guten Leistungen waren jedem geläufig, auch ohne Mr. Millers Vortrag. „Siehst du, nicht jeder ist so strebsam und mein Terminplan ist leider voll.“ Womit? Alkohol und Studentinnen aus dem ersten Jahr?, fügte sie gedanklich hinzu.   Ihr ungläubiges Lächeln wich nicht von ihren Lippen. „Wir teilen die Arbeit auf, ich bin sicher, wenn wir es richtig anstellen, dann-.“ Doch Linus schien ihr nicht zuzuhören. „Du findest sicher einen Weg, das weiß ich.“ Er nahm es sich heraus, ihr sogar zuzuzwinkern. Galant erhob er sich von ihrem Tisch und schwang sich zurück zu seiner Clique.   Willis war mit Colin bereits von dannen gezogen, so konnte sie nur den leeren Platz neben sich fassungslos anstarren. Ist das gerade wirklich passiert? Ganz ruhig. Ruhig bleiben. Er will seine Note versauen, BITTE. Kann er haben.    Sie packte ihre Sachen in ihre Tasche und schwang sie betont wütend über ihre Schulter.   Fuck. Fuck fuck fuck. Ich kann mir das nicht leisten. Wegen diesem Snob handle ich mir doch keine schlechte Note ein. Seit wann bin ich so tief gesunken.   Sie schob ihre Kopfhörer über die Ohren und suchte den lautesten und energischsten Song auf ihrem MP3-Player, den sie auf die Schnelle finden konnte.   Ich bin Linus Walker, mein Daddy bezahlt mir alles, uhu, seht mich an mit meinen gegelten Haaren und meinem eleganten Gang. All hail the Tennis-Club. Teamarbeit, pffff. Dana macht das schon.   Sie drehte die Lautstärke etwas auf. Und ich bin so dumm und mache letzten Endes doch alles.   Sie stampfte quer über den Campus und musste wie eine Verrückte ausgesehen haben, wie sie ihre Haare raufen wollte, es sich aber besser überlegte und stumm vor sich her fluchte und seufzte. Es interessierte sie nicht einmal.   Okay, Dana. Ganz ruhig. Wäre schließlich nicht dein erstes Referat. Du schaffst das.   Sie atmete tief ein. Hielt den Atem. Und ließ ihn langsam wieder aus.   Zuerst die Arbeit im Coffee-Shop, dann Brainstorming zum Referat. Und morgen gehst du Englisch noch schnell mit Claire durch. Wäre doch gelacht, wenn ich das nicht schaffe! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)