Einsame Gitarrenklänge von phean ================================================================================ Kapitel 1: &1 ------------- Seufzend sah ich in den Himmel. Das war ja mal wieder typisch, vor der Probe gibt’s strahlenden Sonnenschein und kaum hören wir auf … Regen. Leicht genervt stellte ich meinen Bass ab und fischte den Tragegurt heraus. Schnell befestigen und dann saß er auf dem Rücken. Aus meiner Tasche zog ich noch einen Schirm und machte mich nun, nach einer gefühlten Ewigkeit auf den Weg. Es war ein buntes Fest auf den Straßen – ein Fest der Regenschirme. Viel zu viele Farben für mich. Aber meiner war auch nicht besser. Rot kariert. Sora hatte ihn mir gekauft und bestand darauf. Mit leicht gesenktem Kopf versuchte ich schnell durch die Straßen zu kommen. Aber wie Menschen so waren, hatten sie ihre Schirme im Gesicht, sodass sie nicht sahen, wohin sie liefen. An einer Ampel hatte ich kurz Ruhe und sah mich um. Überall an den Ampeln waren Schirme. Der Regen reflektierte dabei das Scheinwerferlicht der Autos. Langsam trieb ich im Fluss der Menge über die Straße als die Ampel umschaltete. Alle lebten bei Regen aneinander vorbei. Niemand achtete auf den Anderen. Es war eine Seltenheit, wenn man mal jemanden bemerkte. Langsam lief sie über die Straßenüberführung. Es regnete in Strömen und sie lief ohne Schirm, aber es schien sie nicht weiter zu stören. Fasziniert beobachtete ich sie. Sie schien völlig in Musik vertieft zu sein. Sie schlängelte sich an den Menschen vorbei, die ihr entgegen kamen. „Hey Kari“, stoppte ich sie und hielt den Schirm über ihren Kopf. Erschrocken sah sie mich an und zog sich die Stöpsel aus den Ohren. Dann Lächelte sie. „Hi.“ „Mensch, wieso läufst du denn ohne Schirm durch die Gegend?“, wollte ich wissen, „du erkältest dich noch.“ „Ach was“, grinste sie, „ich mag den Regen, er wäscht die Sorgen der Welt weg.“ Überrascht nickte ich wissend. „Wo musst du denn hin?“ „Ich war grad bei einer Freundin zum Lernen und Tai hat mir geschrieben, dass er mir dringend etwas sagen muss.“ „Ach ja? Wo will er sich denn mit dir treffen?“ „Im Café Nero.“ „Dann bring ich dich schnell hin, komm ich praktisch dran vorbei.“ „Musst du nicht“, wehrte sie ab. „Ich würde Tais Zorn auf mich ziehen. Na los, komm“, bestimmte ich, dann konnte sie nichts dagegen sagen. Sie setzte noch für ein Gegenwort an, doch da schob ich sie schon weiter. Wäre ja noch schöner. Sollte Tai herausfinden, dass sie bei Regen ohne Schirm unterwegs war und ich sie nicht begleitet hätte, würde er auf mich losgehen wie ein Geier auf sein Aß. Zudem war es einmal eine Abwechslung. Auch wenn wir nur stumm nebeneinander her liefen. Mein Blick glitt nach rechts. Das Mädchen neben mir strahlte fröhlich vor sich hin, obwohl es regnete und alles um sie herum missmutig war. Meine Augen wanderten an ihr weiter. Sie war groß geworden, hatte sich zu einer jungen Frau entwickelt. Ihre langen Haare waren zu einem hohen Pferdeschwanz nach hinten gebunden. In ihren Ohren waren Perlenstecker. Sie trug ein weißes Top, was ihre Brüste betonte und größer erscheinen ließ. Darüber noch eine hellbraune Weste. Die braunen Shorts, welche nur knapp den Farbton der Weste verfehlten, betonten ihre lang gewordenen Beine und ihren Hintern. Und ihre Füße waren in Stiefeletten versteckt. Ich schluckte schwer bei dem Anblick und suchte mir schnell etwas auf der Straße. Innerlich verfluchte ich noch Sora, dass ich alles unterscheiden konnte. Sie redete Tag und Nacht über Klamotten und Schuhe – was auch ihr großer Traum sein sollte. Ich herrschte mich zur Ruhe. Was war mit mir los? Ich kannte Kari schon seit wir klein waren, sie war die kleine Schwester meines besten Freundes. Und wir versuchen schon seit Jahren sie mit meinem kleinen Bruder zu verkuppeln. Was dachte ich da also? Schnell schüttelte ich den Kopf, die Gedanken mussten raus aus meinem Kopf, ich war doch glücklich, oder nicht? „Alles in Ordnung?“, hörte ich eine besorgte Stimme von der Seite. „Klar“, lächelte ich müde, „wie läuft's bei dir denn in der Schule?“, versuchte ich das Thema zu wechseln. Mit großen, runden Augen wurde ich angesehen, dann prustete die Braunhaarige lost und entglitt dem Schutz des Schirmes. Schnell sprang ich ihr nach und stach uns beiden fast damit die Augen aus. Ich konnte noch rechtzeitig den Schirm in die Höhe heben um das schlimmste zu verhindern. Bis sie dann schließlich wieder neben mir stand. „Was ist denn?“, wollte ich dann wissen. „Du klingst, als wärst du ein Großvater neben seinem Enkelkind und wüsstest nicht über was du mit ihm reden sollst“, gluckste sie immer noch. Ich beobachtete sie eine weile, dann stimmte ich mit in das Lachen ein, „dann sollte ich mir überlegen ob ich schon eine Gehhilfe brauche.“ Wieder liefen wir stumm nebeneinander her und jeder hing seinen Gedanken nach. Kari summte ein Lied. Die Melodie klang einfach und doch schien sie einen fort treiben zu lassen. Sie hatte sich wirklich weiter entwickelt, sie schien nicht mehr das kleine Mädchen zu sein, was sie damals war. Nicht mehr so ängstlich und niedergeschlagen. Sie war fröhlich und aufgeweckt geworden. Eine wunderschöne … junge ... Frau. Wieder ertappte ich mich dabei, wie mein Blick über sie glitt. Mit vermutlich roten Wangen drehte ich mich weg und starrte wieder nach vorne. Das durfte ich nicht denken. Ich knurrte mich in Gedanken an. Schon immer war für uns alle eigentlich klar, dass doch Hoffnung und Licht zusammen gehörten. Genau so wie Liebe und Freundschaft, Aufrichtigkeit und Mut. Was auch immer mit Wissen und Zuverlässigkeit war, wusste keiner wirklich und trotzdem hatten beide schon Beziehungen innerhalb der letzten Jahre. Bis auf TK und Kari. Nie hatten wir es geschafft, woran es lag, wusste keiner von uns, denn TK hatte Gefühle für Kari – oder zumindest gehabt. Und ich war glücklich … Immer wieder hatte ich mir versucht das Einzureden, aber sollte ich ganz ehrlich sein, dann war ich schon länger nicht mehr wirklich glücklich. Sora hatte sich verändert, wie ich auch. Wir sind schöne … nein waren schöne … egal … 4 Jahre sind wir schon zusammen. Waren wir noch glücklich? War sie noch glücklich? Ich blickte wieder zu Kari, sie summte fröhlich weiter vor sich hin. „Was hörst du da eigentlich?“, fragte ich, mit Blick auf ihre Ohrstöpsel die munter vor ihrem Körper auf und ab hüpften. „Skillet und anderen Rock“, sie drehte sie in ihren Fingern hin und her. Wow, das hätte ich jetzt nicht von ihr gedacht. Ich kannte deren Musik und ja, ihre Lieder hatten etwas, aber Kari … mir fehlten dafür etwas die Worte. „Wie läuft's mit deiner Band?“ „G-gut“, stotterte ich, „wir proben regelmäßig und hoffentlich haben wir mal wieder einen Auftritt. Und du?“ „Ich hab keine Band“, zwinkerte sie, „ich bin im Volleyball Club.“ „Macht's Spaß?“ „Ja, sehr sogar. Wir trainieren fleißig und haben bald Wettkämpfe“, strahlte sie mich an. Wieder schlich Stille zwischen uns herein und ich merkte, dass ich noch nie wirklich mit ihr allein gewesen war. Immer war jemand dabei gewesen. Irgendwie waren wir am Café angekommen, in dem Tai warten wollte. Kari sagte ich solle wenigstens noch 'Hallo' sagen. So ging ich mit hinein. Wir mussten etwas suchen, bis wir einen winkenden Tai sahen und Kari erwiderte. Wir schlängelten uns an den doch etwas eng aneinander gestellten Tischen entlang und standen dann vor ihrem großen Bruder – welcher mich kurz musterte. „Kari, du bist klitschnass“, lautete dann seine Begrüßung, als sie ihn umarmen wollte. Sie grinste und streckte etwas die Zunge raus. „Ich hab sie auf gegabelt, weil sie keinen Schirm hatte“, antwortete ich für sie, „wollte nur kurz hallo sagen und dann verschwinden.“ „Nein, warte“, kam es hastig von dem Braunhaarigen, „wenn du schon da bist, ich muss euch was wichtiges sagen“, sein Blick glitt in die Ferne. Er strahlte eine Zufriedenheit aus, dass es fast blendete. Irgendetwas war mit ihm passiert und er wirkte nicht wie sonst so chaotisch. Aber immer noch ließ er uns gespannt zappeln. „Was denn nun?“, sprach Kari unsere Gedanken aus. „Mimi und ich sind verlobt“, grinste er breit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)