Er liebt mich, er liebt mich nicht 2 von Hoellenhund ([Secret Love]) ================================================================================ Kapitel 19: ------------ Seit diesem Tag hatte Takeda aufgehört, Kimura aus dem Weg zu gehen. Sie kamen sogar recht gut miteinander aus, nun, da Takeda wusste, wie er Kimura zu nehmen hatte. Wahrscheinlich hätten sie Freunde sein können - wenn Takeda nicht immer wieder dieser eine Satz durch den Kopf geschwirrt wäre: Halte dich von jetzt an von Hirakawa fern. Kimura hatte an diesem Tag den Eindruck gemacht, dass es ihm damit bitterernst war. Doch als wären sie zu einer stillen Übereinkunft gekommen, hatten weder Takeda noch Kimura je wieder davon gesprochen. Trotzdem konnte Takeda das klamme Gefühl, das ihn ergriff, wenn er daran dachte, einfach nicht abschütteln. Es schien ein falscher, ein trügerischer Frieden zu sein, der in Zimmer 102 Einzug gehalten hatte. „Wenn du so unkonzentriert bist, wirst du dir nie ein Schwert verdienen.“ Die Stimme Kyosuke Murakamis riss Takeda aus seinen Gedanken. Er hatte beinahe vergessen, dass er immer noch in der Trainingshalle des Iaidô-Clubs war. Wie viele Wochen war es nun her, dass er beigetreten war? Takeda konnte es nicht genau sagen. Aber Murakamis tadelndem Blick nach zu urteilen rückte seine Chance auf ein eigenes Schwert gerade in weite Ferne. „Tut mir Leid“, gab Takeda zurück und schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Er warf einen Seitenblick auf Yamato Kuroi, der auf der anderen Seite der Halle noch immer seine Verbeugung übte. Takeda konnte selbst aus dieser Distanz auf den ersten Blick erkennen, dass er es nicht richtig machte. Die Bewegungen mochten stimmen, aber sie wirkten steril und abgehackt. Überhaupt nicht so, wie Murakami es ihm an seinem ersten Trainingstag gezeigt hatte oder wie die anderen Schüler es jedes Mal zu Beginn ihrer Trainingseinheit demonstrierten. „Wieso sagt ihm niemand, dass er es falsch macht?“, fragte Takeda geradeheraus, ehe er sich dessen überhaupt bewusst war. Murakami neigte den Kopf zur Seite und schob sich die schmalrandige Brille ein wenig weiter auf die Nase. Takeda war sich nicht sicher, doch er hatte das Gefühl, dass er leise lächelte: „Wieso sagst du es ihm nicht?“ Takeda zögerte. Er war sehr froh gewesen, Kuroi aus dem Weg gehen zu können, obwohl sie seit einigen Wochen denselben Club besuchten. Und doch... Wenn er daran dachte, dass Kuroi die Verbeugung nun schon über ein halbes übte, tat er Takeda Leid. Und vielleicht bewunderte er ihn auch ein bisschen. Dafür, dass er scheinbar nie auch nur eine Sekunde lang daran gedacht hatte, aufzugeben. Hirakawa hatte Recht: Takeda war ein Idiot und er dachte nie, nie nach. Und so fand er sich plötzlich Kuroi gegenüber ohne dass er hätte sagen können, wie er hier her gelangt war, obwohl seine Beine die ganze Halle für ihn durchquert haben mussten. „Du siehst aus, als würdest du es hassen“, hörte er sich sagen. Kuroi hob den Kopf und starrte ihn an, als käme Takeda von einem fernen Stern. Und vielleicht ist da auch was dran, dachte Takeda bei sich, während er in das Gesicht des Jungen starrte, der doch eigentlich sein Erzfeind hätte sein sollen. Doch das hinterlistige Glitzern in Kurois Augen war verschwunden, kein schiefes Grinsen verzerrte seine Züge. Er sah Takeda einfach nur an. Wie einen Fremden. „Was ich meine ist nur“, hob Takeda an, „du wünschst dir die ganze Zeit, irgendetwas anderes zu tun. Und das sieht man.“ Kuroi blinzelte. Dann richtete er sich zu voller Größe auf und nickte: „Du hast Recht.“ Er wandte den Kopf und starrte auf die gegenüberliegende Wand der Trainingshalle. Dieselbe Wand, auf die Takeda an seinem ersten Tag im Iaidô-Club gestarrt hatte. Die Wand, die diesen Raum von der Trainingshalle des Kendô-Clubs trennte. Sollte das etwa heißen, dass Kuroi den Kendô-Club noch immer nicht aufgegeben hatte? Was, wenn er bereits einen neuen Plan schmiedete, um Hirakawa zu schaden, wenn er auf Rache sinnte? Kuroi musste Takedas besorgten Blick bemerkt haben, zumindest klopfte er ihm mit seiner Pranke von Hand auf die Schulter. Takeda zuckte unter der Berührung unwillkürlich zusammen und Kuroi lachte leicht. „Keine Sorge, Junge. Das ist Schnee von gestern. Tut mir übrigens Leid, diese Sache. Es ist mir durchgegangen.“ Damit wandte er sich ab und widmete sich erneut seinen Übungen. Und während Takeda seine Bewegungen verfolgte, hatte er tatsächlich das Gefühl, dass sie ein wenig geschmeidiger geworden waren. Im Augenwinkel nahm Takeda wahr, wie der Clubvorsitzende Shirai Murakami zu sich heran winkte und leise zu ihm sprach. Takeda konnte aus dieser Entfernung kein einziges Wort verstehen, doch Murakami nickte mit ernster Miene. Als er sich daraufhin auf den Weg zurück zu den trainierenden Schülern machte, wandte Takeda rasch den Kopf ab. Doch zu seiner Überraschung steuerte Murakami direkt auf ihn zu. „Komm mit“, sagte er nur und Takeda folgte ihm mit weichen Knien aus der Halle hinaus. Hatte er etwa gehört, worüber er mit Kuroi gesprochen hatte? Wusste er, was im Kendô-Club vorgefallen war? Schließlich war es doch mehr als auffällig, wenn der Vorsitzende eines Clubs plötzlich mitten im Schuljahr zurücktrat und sich einem völlig anderen Sport zuwandte. Takedas Herz trommelte einen nervösen Rhythmus gegen seine Rippen, als Murakami plötzlich vor einer schmalen Tür stehen blieb. Takeda kannte diesen Raum. Kuroi hatte ihm darin an seinem ersten Trainingstag im Kendô-Club eine passende Uniform zusammengestellt. Als die Erkenntnis Takeda übermannte, weiteten sich seine Augen vor Erstaunen. Nein, das war völlig unmöglich. Oder doch nicht? Ohne ein Wort zu verlieren, verschwand Murakami in der kleinen Kammer und kehrte nur wenige Augenblicke später zurück. „Shirai hat mich angewiesen, dir das zu geben.“ Damit überreichte er Takeda mit einer feierlichen Geste ein Schwert, das vollständig aus dunklem Holz gefertigt war. „Ab sofort kannst du zusammen mit den anderen an den Übungen der Kata teilnehmen. Wenn du dich gut machst, wird dir Shirai später ein richtiges Schwert besorgen. Aber für den Anfang ist das Trainieren damit zu gefährlich, auch wenn die Schwerter natürlich nicht geschliffen sind.“ Murakami wies auf das Schwert, das an seinem Hakama befestigt war. Doch Takeda war es völlig gleich, dass sein Schwert nur aus Holz war. Es in den Händen zu halten, ließ seine Brust vor Stolz anschwellen. Er hatte sich dieses Schwert hart erarbeitet – und er würde es in Ehren halten. Für immer. Murakami musterte Takeda noch einen Augenblick länger, ehe er sich die Brille zurechtrückte und nickte, was Takeda das merkwürdige Gefühl gab, dass er seine Gedanken gelesen hatte. „An unserer Demonstration für das Sommerfest wirst du noch nicht teilnehmen können. Dafür ist die Zeit zu knapp. Aber Shirai setzt große Hoffnungen in dich“, fuhr Murakami fort und Takeda blinzelte. Er hatte noch nicht einmal bemerkt, dass Shirai ihn während des Trainings auch nur eine Sekunde lang beobachtet hatte. Was für ein rätselhafter Mensch. „Ah, und besorg dir bei Gelegenheit ein neues Oberteil. Du willst doch nicht ewig wie ein Kendô-Club-Mitglied aussehen, oder?“ Und damit wandte Murakami sich ab und führte Takeda in die Trainingshalle zurück. Er hatte Recht. Es war an der Zeit, die alten Kleider abzustreifen, Dunkelblau gegen Grau einzutauschen. Doch das würde noch eine Weile warten müssen. Zumindest so lange, bis Takeda wieder flüssig war. Seine Gedanken schweiften zu den beiden Silberarmbändern, die noch immer in der Schublade seines Nachttischs ruhten. Und in diesem Augenblick entschloss er sich, sie noch bis zum Sommerfest dort zu verwahren. Das Feuerwerk, das traditionell den Höhepunkt des Sommerfests bildete, war die perfekte Gelegenheit für ein so besonderes Geschenk. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)