Er liebt mich, er liebt mich nicht 2 von Hoellenhund ([Secret Love]) ================================================================================ Kapitel 5: ----------- „Du wirst dich schon mit ihm arrangieren.“ Hirakawa saß Takeda gegenüber am Tisch eines kleinen Cafés, das nur wenige Gehminuten vom Campus der Seikô Gakuen entfernt in einer beinahe märchenhaft ruhigen Seitenstraße lag. Er hatte sich einen Kaffee bestellt, schwarz, wie er ihn immer trank, während vor Takeda ein üppiges Stück Erdbeerkuchen darauf wartete, endlich gekostet zu werden. „Du hast mir nicht zugehört: Er hat Blumen auf die Fensterbank gestellt. BLUMEN!“, versuchte Takeda noch einmal seinen Worten Nachdruck zu verleihen, doch Hirakawa schien der Trubel um Takedas neuen Mitbewohner nicht im Geringsten zu interessieren. „Hast du was gegen Blumen?“, versuchte er das angebrochene Gespräch wenig enthusiastisch fortzuführen. „Darum geht es doch gar nicht“, gab Takeda in leicht säuerlichem Tonfall zurück. „Iss deinen Kuchen.“ Konnte oder wollte Hirakawa ihn einfach nicht verstehen? Ein schönes Date war das. Frustriert begann Takeda, sich den Erdbeerkuchen in den Mund zu schaufeln. Er schmeckte wirklich ganz ausgezeichnet – gerade so gut, dass er einem Café, das Hirakawa ausgewählt hatte, angemessen erschien. Doch Takeda nahm kaum Notiz davon. Immer wieder tauchte Kimuras Bild vor seinem inneren Auge auf und verdarb ihm regelrecht den Appetit. Als Takeda gerade die letzte Gabel Kuchen hinunter schlang, erweckte das Knistern von Papier jäh seine Aufmerksamkeit. Als er den Kopf hob, fiel sein Blick auf zwei dunkelblau gemusterte Karten, die Hirakawa wie beiläufig auf den Tisch gelegt und zu ihm hinüber geschoben haben musste. „Was ist das“, wollte Takeda mit gerunzelter Stirn wissen. „Karten für das Aquarium.“ Hirakawa sah Takeda nicht an. Stattdessen schien sein Kaffee plötzlich seine volle Aufmerksamkeit zu beanspruchen. Bedächtig rührte er darin herum. Erst mit, dann gegen und schließlich wieder mit dem Uhrzeigersinn. Eine völlig überflüssige Geste – schließlich hatte er weder Milch noch Zucker hinein gegeben. „Hast du die etwa extra besorgt?“ Takedas Herz tat einen Hüpfer. Offensichtlich hatte Hirakawa den heutigen Tag sorgfältig geplant. Und all diese Mühe hatte er sich nur für ihn gemacht. Mit einem Mal war seine schlechte Laune wie weggeblasen. „Ich bin zufällig am Kartenverkauf vorbei gekommen“, gab Hirakawa nach einer kurzen Pause ausweichend zurück. „Wenn du nicht hin willst, kann ich sie zurückgeben.“ „Natürlich will ich da hin!“, sagte Takeda schnell und schnappte die Karten vom Tisch, ehe Hirakawa sie wieder an sich nehmen konnte. „Ich will MIT DIR da hin“, setzte er ein wenig leiser nach und fuhr mit dem Zeigefinger die Kante einer der Karten entlang, als sei sie ein ganz besonders wertvoller Schatz. Und das war sie auch – zumindest für ihn. Nachdem Hirakawa seinen Kaffee ausgetrunken hatte, winkte er der Bedienung und zahlte Takedas Einwänden zum Trotz für sie beide. Das Aquarium befand sich ein ganzes Stück weiter in Richtung der Innenstadt, sodass Takeda und Hirakawa einige Stationen mit dem Bus fahren mussten. Doch als sie dann endlich das breite, von überlebensgroßen Seepferdchen-Skulpturen gerahmte Portal durchschritten, konnte Takeda nicht umhin zuzugeben, dass sich die Anfahrt gelohnt hatte. In den künstlich beleuchteten Aquarien zu beiden Seiten des Ganges wogten bunte Unterseepflanzen mit der Strömung, in deren Schutz sich unzählige kleine, exotische Fische tummelten, die Takeda noch nie zuvor gesehen hatte. Die Deckenbeleuchtung war gedimmt, sodass die Meeresbewohner in ihren Aquarien besonders gut zur Geltung kamen. Es war beinahe ein bisschen romantisch. Aus einem spontanen Impuls heraus ergriff Takeda Hirakawas Hand. „Ich denke, du willst das in der Öffentlichkeit nicht?“, murmelte Hirakawa harsch. Seine Worte mochten abweisend klingen, doch seine Hand klammerte sich fest um die Takedas, als fürchte er, wenn er sie losließe, würde er seinen Freund für immer verlieren. „Hier kennt uns doch keiner“, gab Takeda in neckischem Tonfall zurück und klammerte sich wie ein kleines Kind an Hirakawas Arm. „Übertreib' es nicht“, fuhr dieser ihn an, doch Takeda entging trotz des gedämpften Lichtes nicht, dass er lächelte. Gemeinsam schlenderten sie die Aquarien entlang, bis sie schließlich in einen Raum gelangten, der von einem großen, runden Aquarium in der Mitte dominiert wurde. Tigerhaie und Mantarochen zogen dort gemächlich ihre Bahnen. Die kraftvollen Flossenschläge der Rochen hatten auf Takeda eine beruhigende Wirkung. Am liebsten hätte er den ganzen Tag hier gestanden und ihnen zugeschaut. Ohne sich bewusst dazu entschieden zu haben, trat Takeda noch einen Schritt näher an Hirakawa heran und lehnte seinen Kopf gegen dessen Schulter. Es war so ruhig, dass Takeda glaubte, Hirakawas Herz schlagen zu hören – aber vielleicht war es auch nur sein eigenes, das laut und heftig gegen seine Rippen pochte. Er stellte sich vor, wie es sein würde, für immer so zusammen zu stehen, als er plötzlich im Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Überrascht zuckte sein Kopf nach oben. Eine Familie mit zwei Kindern schlenderte gerade an ihnen vorbei; ein Pärchen stand unweit entfernt, das Mädchen hatte die Hände flach auf die Scheibe des Aquariums gedrückt. Seltsam. Takeda hätte schwören können, dass er eben gerade Kimuras rotbraunen Haarschopf aufblitzen gesehen hatte. Aber wahrscheinlich ging nach all dem Ärger mit dem neuen Mitbewohner einfach seine Fantasie mit ihm durch. Und noch dazu das schummrige Licht – er musste es sich eingebildet haben. „Was ist?“, wollte Hirakawa wissen, dem Takedas hektische Suchbewegungen natürlich nicht entgangen waren. „Nichts“, gab Takeda zurück. „Ich dachte nur gerade, ich hätte jemanden gesehen, den ich kenne. Aber ich habe mich geirrt.“ Takeda wollte ihnen auf keinen Fall die Stimmung verderben, indem er das Kimura-Thema wieder aus der Schublade holte. Hirakawa schien ohnehin nicht besonders gut darauf zu sprechen zu sein – und schließlich musste er ja auch nicht alles wissen. Oder? Als Takeda und Hirakawa eine gute halbe Stunde später aus dem Aquarium traten, streckte sich Takeda genüsslich der späten Nachmittagssonne entgegen. „Das war toll! Sowas sollten wir öfter machen“, sagte er und wandte sich dann Hirakawa zu, ein strahlendes Lächeln auf dem Gesicht. „Keine Einwände“, gab dieser zurück. „Aber erst nächsten Monat. Ich habe gerade noch genug Geld für den Bus.“ Idiot, fuhr es Takeda durch den Kopf. Du hättest mich auch einfach meinen Teil bezahlen lassen können. Doch er sagte nichts. Vielleicht gehörte das für Hirakawa einfach zu einem richtigen Date dazu. Und wenn es ihn glücklich machte – dann war auch Takeda glücklich. Ganz und gar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)