Don't Lose Heart von Peacer ================================================================================ Kapitel 4: Herz für Bedürftige ------------------------------ Ich nahm mir fest vor, nie wieder über Zoro und seine Orientierungslosigkeit zu lachen, als ich durch die komplett identischen Gänge stolperte und absolut keinen Plan hatte, wo ich mich befand, geschweige denn, wo vorne und wo hinten war. Dass ich nicht in Bestform war und das U-Boot mich bei seinem ruckelnden Aufstieg in wahrer Silver Star Manier durchschüttelte, reichten als Entschuldigung irgendwie nicht ganz. Falls ich lange genug hier blieb und vor allem überlebte, würde ich mir einen Plan zeichnen. Schließlich wollte ich nicht Law und die Grand Line überleben, nur um dann in den Tiefen irgendeines gelben U-Boots zu verhungern. Selbst ich hatte gewisse (winzige) Prinzipien. Nun, meine unfreiwillige Erkundungstour durch den Mixer brachte mich tatsächlich irgendwann zu einem bekannten Ort, auch wenn es nicht das erwünschte Krankenzimmer war. Nein, ich stand wieder einmal vor der Treppe, die hinauf zum Deck führte, und durch die einen Spalt offen stehende Tür klangen Stimmen. Ich hatte es also nicht nur fertig gebracht, mich hoffnungslos zu verirren, sondern auch, meine Peiniger zu finden. Ich war drauf und dran, umzukehren und erneut mein Glück zu versuchen, als ich eine eindeutig bekannte Stimme hörte, die zweifelsohne nicht zu den bisher getroffenen Heartpiraten gehörte. Wieso, wieso musste meine Neugierde immer so auf die Probe gestellt werden? Das war sicher ungesund. Vor allem wenn ich entdeckt wurde. Und trotzdem schlich ich schon eifrig die Treppe rauf und lauschte angestrengt. „... so Angst, dass deine halbe, mickrige Crew anwesend ist?“ Jetzt war ich mir zumindest sicher, dass ich die Stimme kannte, aber zuordnen konnte ich sie noch immer nicht. Sie war unangenehm, der Tonfall überheblich und der Sprecher wohl lebensmüde, so mit Law zu reden. Oder einfach stark genug, um mit dem Leben davon zu kommen. Ich hatte plötzlich eine schreckliche Ahnung, wer der Besucher war und schielte dementsprechend extra vorsichtig durch den offenen Spalt in der Tür. Viel erkennen konnte ich jedoch nicht, es war noch immer zu hell für meine Augen. Laws Antwort konnte ich dafür aber klar und deutlich hören: „Warum bist du hier, Mister Eustass? Antworte, bevor ich die Geduld verliere.“ Oh Gott, bloß weg hier. Zwischen die Fronten wollte ich garantiert nicht geraten. Anscheinend war das Schicksal aber anderer Meinung und schickte mir eine extra große Welle, die mich in die exakt falsche Richtung stolpern ließ: nach vorne, durch die Tür und in den breiten Rücken meines Lieblings-Heartpiraten: Shark. Der augenblicklich herumwirbelte und mich am Handgelenk schmerzhaft nach vorne zog, wohl dass er mich besser im Auge behalten konnte. So hatte ich zwar eine tolle Aussicht auf die Geschehnisse, diese aber leider auch auf mich. Da war Kid, ein weiterer Riese, der in seiner extravaganten Kleidung nur noch imposanter erschien und ein furchteinflößendes Grinsen auf seinen violett geschminkten Lippen trug, was aus nächster Nähe irgendwie gar nicht mehr lächerlich wirkte. Ihm gegenüber stand Law, vollkommen entspannt mit den Händen in den Taschen, das Lächeln gefährlich. Er würdigte mich nur eines kurzen, dafür aber durchdringenden Blickes, der mich um meine Zukunft bangen ließ, ehe er seine Aufmerksamkeit mit betonter Langweile wieder seinem Rivalen zuwandte. Bepo an seiner Seite, das Nodachi über der Schulter, würdigte mich keines Blickes, war aber im Gegensatz zu seinem Kapitän sichtlich angespannt. Dahinter stand Shark, dessen Finger sich nach wie vor in mein Handgelenk gruben. Sein raubtierartiges Zähneblecken galt glücklicherweise aber Kid und er vibrierte förmlich vor kaum gezügelter Kampfeslust. Ich hoffte nur, dass ich im Falle eines Kampfes schnell genug aus dem Weg kam. Neben uns stand Kurage, dessen Grinsen irgendwie ernster wirkte, wenn das überhaupt möglich war, und der scheinbar geistesabwesend mit zwei Peitschen spielte. Ich schluckte. Ich sollte es mir wohl besser nicht mit ihm verscherzen. Die beiden anderen Heartpiraten sah ich zum ersten Mal. Der eine trug eine kleine, eckige, gelbe Kappe auf einem Meer aus dunkelbraunen Locken, einen sehr beeindruckenden, geschwungenen Schnurrbart und einen finsteren Blick, der festgewachsen schien. Die Arme hatte er vor der Brust verschränkt und an den Seiten seines Overalls hingen zwei glänzende, perfekt polierte Pistolen. Die Gesichtszüge des Zweiten kamen mir sehr bekannt vor und ein Blick auf die himmelblaue Beanie mit dem „S“ bestätigte meine Vermutung, dass er wohl verwandt mit Ray sein musste. Die Haare mochten mehr orange als rot sein und die blauen Augen etwas dunkler, aber die Ähnlichkeit war offensichtlich, wobei sie beim Aussehen aufzuhören schien. Er zwinkerte mir doch tatsächlich zu, in den Augen ein Funkeln vor kaum unterdrückten Schalk, das schelmische Lächeln umringt von Lachfalten. Zum Glück wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Kid zu, ehe er meine roten Wangen bemerken konnte und ich tat es ihm hastig nach. Das Blut in meinem Gesicht trat einen schnellen Rückzug an, als ich direkt in die rot-orangen Augen des grausamen Supernovas sah und Sharks Griff kam mir vergleichsweise plötzlich sicher vor. Ich senkte den Blick und versuchte klein und unwichtig zu erscheinen, was nicht allzu schwer sein dürfte. „Wer ist das denn?“ Oder auch nicht. Bei all den riesigen, starken Piraten fiel ich wohl durch meine kleine Größe und mein unscheinbares Auftreten doppelt auf. Na toll. „Die sieht selbst für deine Crew zu armselig aus. Hattest du etwa Mitleid und die Zeit zwischen den Inseln wurde zu lang?“ Ich schwankte zwischen Empörung und Demütigung, was meinen Überlebensinstinkt gekonnt überschrieb und ich hob schon trotzig den Kopf und funkelte Kid trotz glühenden Wangen böse an, einen abfälligen Kommentar über seine Schminke auf der Zunge, aber Sharks warnender Druck brachte mich zum Glück zur Besinnung. Und das gerade rechtzeitig, um Laws nonchalante Antwort zu hören: „Ein blinder Passagier. Wenn sie dich so interessiert, darfst du sie gerne mitnehmen. Mir soll schließlich niemand nachsagen, dass ich kein Herz für Bedürftige habe.“ Ich starrte Law entsetzt an, aber dieser würdigte mich keines Blickes. Sein spöttisches Lächeln galt ganz und gar Kid, der nicht sehr erfreut über dieses Angebot schien, von dem ich nur hoffen konnte, dass es sich nur um einen schlechten Witz handelte, um den unerwünschten Besucher auf die Palme zu bringen. Zumindest zeigte es die gewünschte Wirkung und Kid knirschte hörbar mit den Zähnen, was mich wohl mit Befriedigung erfüllt hätte, wäre es nicht auf meine Kosten. Allein die Vorstellung, bei Kid zu landen... dagegen war Law U-Boot das reinste Schlaraffenland. „Du mieser Leichenlieber, ich gebe dir gleich bedürftig!“ Die Stimmung schlug augenblicklich um, von wachsam entspannt zu bedrohlich kampfbereit, und das ohne dass die Heartpiraten auch nur einen Finger rührten. Es war beängstigend. Laws Lächeln war schärfer als je zuvor und seine Augen eiskalt. „Sag, weshalb du gekommen bist, Mister Eustass, und dann verschwindest du von meinem Schiff.“ Sein Tonfall war betont ruhig und trotzdem bestimmend, mit der vollen Autorität eines Kapitäns gesprochen, der Kid ebenbürtig war. Das sah wohl selbst Kid ein, als er einen berechnenden Blick über die versammelte Crew schweifen ließ, ehe er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete und die Arme demonstrativ vor der Brust verschränkte. Er mochte einen Hang zur Gewalttätigkeit haben, aber er war nicht dumm genug, sich grundlos in einen Kampf zu stürzen, bei dem er klar benachteiligt war. „Was ist aus Strohhut geworden?“ Laws Grinsen wurde breiter und die Spannung nahm wieder ab. „Machst du dir etwa Sorgen, Mister Eustass? Wer hätte das gedacht.“ „Spuck's einfach aus, Trafalgar“, knurrte Kid und ein Beben ging durch das U-Boot, welches dem Ziehen an meinen Ohrringen und Brille zufolge nichts mit dem unruhigen Meer zu tun hatte. Der rothaarige Kapitän war am Ende seines kurzen Geduldsfadens angekommen. Law aber zuckte mit den Schultern. „Woher soll ich das wissen? Im Gegensatz zu gewissen anderen Personen habe ich nicht die Angewohnheit, jemanden zu belauern.“ Das Beben wurde stärker und das U-Boot quietschte ominös. Ich hielt vorsichtshalber meine Brille fest. Auch die Heartpiraten hatten die Hände lieber auf ihren metallenen Waffen liegen. „Kap'tän“, jammerte Bepo leise, welcher sichtliche Probleme hatte, das Nodachi festzuhalten. Fasziniert starrte ich die Arterie an, die sichtlich auf Kids Schläfe pulsierte und fragte mich, ob es in dieser Welt wohl möglich war, jemanden so zur Weißglut zu treiben, dass diese explodierte. Vielleicht wollte Law gerade das testen. Auf dem richtigen Weg war er auf jeden Fall. Kid holte tief Luft. Die Antwort schien ihm wirklich wichtig zu sein, dass er sich so zusammenriss. „Du hast ihn aus Marineford gerettet, was auch immer deine Gründe dafür waren.“ „Und deshalb soll ich mehr wissen als du?“ Law zuckte mit den Schultern, als Kid ihn vernichtend ansah, aber er hatte wohl genug Spaß mit seinen Sticheleien gehabt, denn er fuhr fort. „Ich habe ihn zusammengeflickt und mich wieder auf den Weg gemacht. Geredet haben wir nicht. Dass er überlebt hat, weiß ich genau wie du auch nur wegen seinem folgenden kleinen Auftritt in Marineford." Er hob eine Augenbraue. „Zufrieden?“ „Nicht im geringsten.“ „Dann verlass trotzdem mein Schiff. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit für deine Spielchen, so kurzweilig sie auch sein mögen.“ Kid grinste und es war trotz normaler Zähne weitaus raubtierartiger als das von Shark. Ich schauderte. „Wenn wir uns wiedersehen, stopfe ich dir dein vorlautes Maul, Trafalgar.“ „Das bezweifele ich.“ Ohne uns noch eines Blickes zu würdigen, stieß sich Kid mit unnatürlicher Kraft von der Reling ab, nur um katzenhaft auf dem Deck seines Schiffes zu landen und sofort Befehle zu brüllen. Keine Minute später entfernte sich das Schiff und ich war nicht die Einzige, die erleichtert aufatmete. Vielleicht ein bisschen zu früh, denn im nächsten Augenblick kam mir Law entgegen, Nodachi nun lässig über der Schulter, Bepo wichtigtuerisch hinter sich. Von seiner not-amused-Miene konnte die Queen noch sehr viel lernen. Ich schluckte und wäre zurückgewichen, wenn Shark mich denn endlich losgelassen hätte. So langsam hatte ich kein Gefühl mehr in der Hand, aber das war wohl gerade mein geringstes Problem. Der Chirurg des Todes hob seine freie Hand in einer schrecklich vertrauten Geste und ich starrte sie panisch an. Jeden Augenblick würde das schimmernde Blau seines Raumes erscheinen und er würde Schaschlik aus mir machen. Oder schlimmer. Ich erinnerte mich plötzlich an das tote Herz unter Deck und mein eigenes schlug mir bis zum Hals, wohl zum letzten Mal. Dann aber grinste er nur wissend und wandte sich ab, während meine zitternden Knie unter mir nachgaben und ich komplett geschafft zu Boden rutschte. Das war mir eine Lehre. Ich würde nie wieder Befehle missachten. Scheiß auf meine Neugierde und auf meine peinlichen Fanfics. Sollte er doch darüber lachen, so lange er mir mein Herz ganz ließ. Ich fragte mich, ob es zu spät war, Kid hinterher zu schwimmen, Seekönige hin oder her. Wobei bei ihm wohl ganz andere Dinge in Gefahr wären als mein Herz. Shark ließ endlich und sichtlich enttäuscht mein Handgelenk los und murmelte etwas von wegen „Psychospielchen, pff. Ein bisschen Training mit mir wäre weitaus effektiver“ ehe er davon wanderte. Stattdessen kam der finster blickende Schnurrbart-Heartpirat zu mir hinüber, der auf mein zaghaftes Lächeln nur mit einem tiefen Stirnrunzeln antwortete. Schnell erhob ich mich vom Deck, so dass er nicht mehr ganz so weit nach unten blicken musste und widerstand nur knapp dem Drang zu salutieren. Er hatte was Militärisches an sich. „Der Kapitän hat dich mir überlassen.“ Sein Blick wurde noch finsterer, wenn das überhaupt möglich war. „Mal sehen, was sich da tun lässt.“ Ich wich unwillkürlich einen Schritt zurück. So viel dazu, keine Schwäche vor Raubtieren zu zeigen, aber mir schwante Böses. War er etwa der Foltermeister? Sollte ich mich doch vorsichtshalber über Bord werfen? Ich schielte gerade hinüber zur Reling, als ein Schatten vom Dach stürzte und keinen Meter vor mir leichtfüßig auf dem Deck landete. Ich kreischte erschrocken auf und wich mit rudernden Armen zurück, bis mein Rückzug abrupt von zwei Händen auf meinen Schultern gestoppt wurde. „Geez, Ray, verschreck' sie doch nicht so“, erklang eine gut gelaunte Stimme hinter mir, die wohl zu besagten Händen gehörte. Mein Herzschlag beruhigte sich nur langsam wieder, deutlich überfordert mit den ganzen Schrecken dieses viel zu langen Tages, als ich Ray erkannte, der nonchalant ein langes Scharfschützengewehr schulterte und mir einen gelangweilten Blick zuwarf. „Entschuldige“, meinte er ohne große Überzeugung und verschwand im Inneren des U-Boots. Ein Seufzen und die Hände verließen meine Schultern, als mein Retter um mich herum trat und sich als der süße, ähm, Ray-ähnlich-sehende Heartpirat entpuppte, der mir vorhin zugezwinkert hatte. „Nimm es ihm nicht übel, er hat's nicht so mit Menschen.“ Er hielt mir seine Hand entgegen, ein entwaffnendes Lächeln auf den Lippen, das man nur erwidern konnte. Nur eine längliche Narbe über Nase und Wange zeugte davon, dass er alles andere als harmlos war und ließ ihn verwegen erscheinen. „Ich bin Skate, Bruder dieser Katastrophe.“ Das erklärte die Ähnlichkeit. Ich schüttelte enthusiastisch die dargebotene, warme Hand. „Kim, Tollpatsch vom Dienst.“ Das vergnügte Lachen war wie warmer Sonnenschein, welches die Dunkelheit der letzten Stunden seit meiner hiesigen Ankunft durchdrang und ich grinste, zum ersten Mal wirklich unbeschwert. Natürlich störte ein Räuspern meinen Moment der nicht-Panik und ich erinnerte mich schlagartig, dass Schnurri nur darauf wartete, mir das Befolgen von Befehlen schmackhaft zu machen. Als ob Laws Warnung nicht gereicht hätte. Mir war plötzlich wieder kalt. „Komm, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit“, brummte er und nicht einmal Skates aufmunterndes Schulterklopfen vermochte es, mich von meinen düsteren Gedanken abzulenken, was da wohl auf mich zukam, als ich dem miesepetrigen Heartpirat mit gesenktem Kopf zurück in die Dunkelheit des U-Boots folgte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)