Quick Time Event von Flordelis ================================================================================ Kapitel 9: Ich will bei dir bleiben. ------------------------------------ [LEFT]„Faren?“[/LEFT] [LEFT]Er schlief nicht wirklich gut. Aber das war schon so lange der Fall, dass er gar nicht mehr wusste, wie sich ein erholsamer Schlaf eigentlich anfühlen müsste. Um aber wenigstens einige Sekunden davon auszukosten, versuchte er die Stimme, die seinen Namen sagte, zu ignorieren, egal wie hartnäckig sie auch war.[/LEFT] [LEFT]„Faren.“[/LEFT] [LEFT]Es war warm, er dachte an nichts – außer den Störenfried – und fühlte sich losgelöst von allen Sorgen. Von diesem Gefühl wollte er nicht wieder loslassen, egal, was irgendwer von ihm wollte. So wichtig konnte es ohnehin nicht sein, es könnte also warten.[/LEFT] [LEFT]„Faren, komm schon.“[/LEFT] [LEFT]Aber warum ließ die Person dann trotzdem einfach nicht locker?[/LEFT] [LEFT]Er drehte sich zur Seite, hoffend, dass die Person endlich von ihm abließ, dass er in Ruhe weiterschlafen konnte. Zwar wusste er nicht, wo er sich gerade befand, aber er fühlte sich in Sicherheit, das genügte.[/LEFT] [LEFT]„Faren, du solltest hier nicht schlafen, das ist gefährlich.“[/LEFT] [LEFT]Nun griff sie sogar nach seiner Schulter, rüttelte leicht daran. Mit einer Handbewegung versuchte er, sie abzuschütteln, war dabei aber nicht sehr erfolgreich.[/LEFT] [LEFT]„Was willst du?“, brummte er. „Ich will doch nur schlafen.“[/LEFT] [LEFT]Das sollte doch eigentlich jeder verstehen und akzeptieren können, oder?[/LEFT] [LEFT]Die Person wohl jedenfalls nicht, denn sie machte einfach weiter: „Die Polizei wird ziemlich sauer, wenn sie dich nachher hier erwischt.“[/LEFT] [LEFT]Warum sollte die ihn erwischen? War er nicht in einem Haus? Zumindest vor seinem Schlaf war in einem solchen gewesen. Aber in wessen? Und warum?[/LEFT] [LEFT]Er konzentrierte sich, um die einzelnen Splitter seiner Erinnerung der letzten Stunden zusammenzutragen. Es gelang ihm nicht vollends, aber er wusste zumindest wieder, dass er in Ferris' Haus gewesen war, um dort nach ihm zu sehen – und dort war er niedergeschlagen worden. Hatte etwa jemand die Polizei gerufen?[/LEFT] [LEFT]„Jetzt komm, Faren. Sonst nehmen sie dich wieder mit. Und nächstes Mal sperren sie dich nicht nur für eine Nacht in eine Zelle.“[/LEFT] [LEFT]Es half nichts, er musste aufwachen, wenn er wissen wollte, was hier vor sich ging.[/LEFT] [LEFT]Unter Aufwendung all seiner Kraft, gelang es ihm, die Augen zu öffnen. Kälte biss sofort in seine Glieder als habe sie nur darauf gewartet, dass er sich an sie erinnerte. Er blinzelte mehrmals, dann wurde seine Sicht scharf genug, um zu erkennen, dass er vor der Tür eines Appartmentgebäudes saß. Hier musste er sich zusammengekauert haben, weil … weil …[/LEFT] [LEFT]„Bist du endlich wach?“[/LEFT] [LEFT]Er drehte den Kopf zur Seite. Neben ihm stand ein Mann, der ihm bekannt vorkam. Die eingefallenen Gesichtszüge, die viel zu trockene Haut von all der Zeit, die er in der Sonne verbracht hatte, selbst die abgewetzte grüne Jacke und der dreckige Schal, den er trug, kannte Faren. Allerdings dauerte es einen Moment, bis sein Gedächtnis sich bereit erklärte, ihm den Namen auch mitzuteilen: „Jonah? Was ist los?“[/LEFT] [LEFT]„Was los ist? Das sollte ich dich fragen. Warum schläfst du hier?“[/LEFT] [LEFT]Das war ihm auch unklar. Dieses Gebäude kannte er nicht einmal, wenn man davon absah, dass er manchmal daran vorbeilief. Aber warum sollte er hier schlafen, wenn er doch einen richtigen und besser geschützten Schlafplatz hatte?[/LEFT] [LEFT]Mit Jonahs Hilfe stand er auf, seine Gelenke protestierten dabei ob der Kälte. Dabei könnte er schwören, dass es vorhin noch nicht so kalt gewesen war. Und wo war Ferris?[/LEFT] [LEFT]„Komm“, sagte Jonah, „die anderen haben was zu essen besorgt, wir sollten also ins Lager zurück.“[/LEFT] [LEFT]Lager?[/LEFT] [LEFT]Natürlich, dort, wo er seinen Schlafplatz hatte.[/LEFT] [LEFT]In seinem Kopf flog alles durcheinander, deswegen erinnerte er Jonah nicht daran, dass er gar nicht mehr mit ihnen auf der Straße lebte, dass er regelmäßig vorbeikam, um sie alle mit Essen und Kleidung zu versorgen und dass er dabei ein Geheimnis aus seiner Arbeit machte. Im Moment war er sich nicht sicher, ob das nicht vielleicht alles ein Traum gewesen war.[/LEFT] [LEFT]Gemeinsam mit Jonah lief er in Richtung ihres Lagers, das unterhalb einer Brücke an einem Fluss lag. In diesem Jahr sah es nicht gut aus mit den leerstehenden Häusern, sie wurden immer besser gesichert, aber ihre derzeitige Situation war auch in Ordnung. Sie waren alle zusammen, fast schon enger als Familie, Faren konnte sich nicht beschweren.[/LEFT] [LEFT]Die Stadt war an diesem Abend geradezu verschlafen. Es war zwar kalt, aber das erklärte nicht, warum niemand außer ihnen unterwegs war. Das einzige, was ihm dazu einfiel, war die Tatsache, dass es sich hierbei um einen Traum handelte und das andere Ereignis die Wirklichkeit war. Warum auch immer er von seiner Zeit auf der Straße träumen sollte. Er vermisste vielleicht die Verbundenheit zu seiner Gruppe, aber nicht das Leben an sich. Alles war besser, wenn man ein Dach über dem Kopf hatte und sich keine Sorgen machen musste, ob man den nächsten Tag überhaupt erlebte, weil einem in der Nacht vielleicht etwas die Kehle aufriss.[/LEFT] [LEFT]Diese Realisierung half, dass seine Erinnerung sich klärte. Er wusste wieder, was er getan hatte, bevor er in diesem Hauseingang aufgewacht war, dass er niedergeschlagen worden war – er hoffte nur, dass Ferris nicht der Täter gewesen war. Aber nun war er hier, erst einmal musste er sich keine Gedanken mehr darum machen.[/LEFT] [LEFT]Als sie sich dem Fluss näherten, sah Jonah zu ihm. „Hey, ist alles okay bei dir?“[/LEFT] [LEFT]Faren sah zu ihm hinüber. „Ja, klar. Bin nur noch etwas müde.“[/LEFT] [LEFT]„Darauf würde ich wetten. Du hast vorhin so tief und fest geschlafen, ich dachte schon, du wachst nie wieder auf. Ich hab fast den Notarzt gerufen.“[/LEFT] [LEFT]Das wäre ziemlich teuer geworden. Inzwischen war das auch etwas, worum er sich keine Sorgen mehr machen musste. Er war krankenversichert, aber befand sich die meiste Zeit zur Behandlung ohnehin in Abteracht, wo er nicht zahlen musste.[/LEFT] [LEFT]„Du hättest auch einfach ohne mich gehen können.“ Faren steckte die Hände in seine Taschen, bevor sie ihm abfroren. „Ich hätte dann schon allein zu euch gefunden.“[/LEFT] [LEFT]„Ja, aber ich dachte, wenn ich gerade da bin, kann ich dich auch einfach wecken.“ Jonah lachte. „Wobei einfach echt eine Untertreibung ist bei dir.“[/LEFT] [LEFT]Es musste einfach daran liegen, dass er das hier nur träumte. Anders war das gar nicht möglich, so schlecht wie er schlief. Wäre dies real, hätte er nun anmerken müssen, dass er möglicherweise kurz vor einer Unterkühlung gestanden hatte.[/LEFT] [LEFT]„Hey, Faren.“ Jonah klang wieder ernst, seine Stirn war gerunzelt. „Du siehst aus, als hättest du echt viele Probleme derzeit. Willst du echt nicht darüber reden?“[/LEFT] [LEFT]Sein Unterbewusstsein wollte wohl unbedingt, dass er sich darüber aussprach. Vincent war gerade nicht verfügbar, also blieb ihm nur Jonah. Aber wenn er sich recht erinnerte, war dieser auch immer außerordentlich vertrauenswürdig gewesen, mit einem stets offenen Ohr für seine Freunde. Bedeutete das aber, er vertraute Jonah mehr als Vincent?[/LEFT] [LEFT]Egal, was Nachdenken sorgte nur für Kopfschmerzen.[/LEFT] [LEFT]Seufzend gab Faren nach. „Ich habe versucht, jemandem zu helfen, der sich nicht helfen lassen wollte. Das zieht mich ziemlich runter, weil ich genau weiß, wie es ihm geht – und trotzdem verhindert er, dass es ihm besser gehen könnte. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Allein lassen will ich ihn auch nicht unbedingt, denn dann wird es ihn vermutlich bald nicht mehr geben.“[/LEFT] [LEFT]Allein der Gedanke, dass Ferris genau wie Kieran eines Tages einfach verschwinden und nie wieder zurückkehren könnte, ließ seine Brust eng werden. Noch einmal überlebte er das nicht.[/LEFT] [LEFT]„Und du hast bestimmt eine Menge dafür getan, damit er dir vertraut, was?“ Jonah sah geradeaus, den Blick auf den Fluss gerichtet, der sich nun vor ihnen zeigte.[/LEFT] [LEFT]„Wir sind Freunde, also, ja.“ Schließlich hatte er ihm auch sein Herz geöffnet, ihm von seiner Vergangenheit und sogar von Kieran erzählt. „Als ich versucht habe, ihn endgültig zu überzeugen, habe ich natürlich mit ihm diskutiert, ihn konfrontiert. Aber selbst dann war er absolut dagegen, mit mir zu kommen. Ich konnte nichts tun.“[/LEFT] [LEFT]„Manchmal passiert so etwas. Bist du sicher, dass er überhaupt will, dass ihm geholfen wird?“[/LEFT] [LEFT]„Natürlich!“ Niemand wollte so leben wie Ferris es gerade tat, davon war er überzeugt. „Da ist nur irgendetwas, das ganz stark verhindert, dass er Hilfe annimmt.“[/LEFT] [LEFT]Zuvor hatte Faren nicht darüber nachgedacht, weil er seinen Vater ebenfalls in Schutz genommen hatte damals. Aber nun fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Ferris war 18. Er war volljährig und konnte gehen, wohin er wollte. Faren war damals ein Kind gewesen. Das war ein deutlicher Unterschied. Also musste es einen ganz besonderen Grund geben, wegen dem Ferris glaubte, dass diese Behandlung legitim war.[/LEFT] [LEFT]„Wenn ich herausfinde, was der Grund dafür ist-“[/LEFT] [LEFT]„Kannst du ihn bestimmt davon überzeugen, dass du es gut meinst“, beendete Jonah seinen Satz. „Also gib nicht auf, auch wenn es hart erscheint. Das macht den Sieg am Ende nur noch süßer.“[/LEFT] [LEFT]Faren wollte ihm das glauben. Denn ansonsten müsste er davon ausgehen, dass er Ferris nicht retten konnte und aufgeben sollte – und diesem Denken verweigerte er sich.[/LEFT] [LEFT]Jonah klopfte ihm auf die Schulter. „Ich bin sicher, dass du es am Ende schaffen wirst. Bislang ist dir doch noch alles gelungen.“[/LEFT] [LEFT]„Danke, Mann.“[/LEFT] [LEFT]Sie verließen die asphaltierte Straße, um parallel zum Fluss einem ausgetretenen Trampelpfad zu ihrem Lager zu folgen. Er konnte es bereits sehen; eine Mischung aus bunten Decken und Vorhängen, die aufgehängt worden waren, um den Wind abzuhalten, irgendwo mitten drin musste ein Feuer brennen, dunkler Rauch kräuselte sich empor und verflüchtigte sich im Freien rasch.[/LEFT] [LEFT]Für Faren fühlte es sich an als käme er nach Hause, aber auch als wäre er kurz davor, an einen Ort zu kommen, von wo es kein Zurück mehr gab. Wenn er erst einmal wieder dort war, wo er so viele Jahre verbracht und sich wohl gefühlt hatte, gab es keinen Grund mehr, fortzugehen.[/LEFT] [LEFT]„Faren.“[/LEFT] [LEFT]Wie elektrisiert hielt er inne. Diese Stimme, die wie eine Melodie in seinem Inneren klang, war schon lange verstummt, und er war der Überzeugung gewesen, sie niemals wieder zu hören. Dies war der letzte Beweis, den er benötigte, dass es sich hierbei um einen Traum handelte.[/LEFT] [LEFT]Er drehte sich um und sah sich tatsächlich Kieran gegenüber. Sein Freund trug einen schwer aussehenden dunklen Mantel, in dem er fast zu verschwinden schien, und einen konträren hellen Schal. So wie er dastand, mit seinem zaghaften Lächeln und den Händen in den Manteltaschen, war es kaum zu glauben, dass er eigentlich auch Dämonen bekämpfte. Aber er tat es. Oder er hatte es getan.[/LEFT] [LEFT]„Hey“, sagte Kieran unsicher. „Störe ich?“[/LEFT] [LEFT]Er sprach wirklich mit ihm. Sie könnten sich unterhalten. Endlich. Selbst wenn auch dies nur sein Unterbewusstsein war, das ihm einen Gefallen tun wollte, dachte er nicht daran, dies abzulehnen.[/LEFT] [LEFT]„N-nein, Sekunde.“ Faren wandte sich Jonah zu. „Geh du schon mal vor? Ich komm gleich nach.“[/LEFT] [LEFT]„Ja, dachte ich mir schon. Dann bis später.“[/LEFT] [LEFT]Sein Begleiter hob die Hand und ging dann weiter voraus. Wenn sie sich das nächste Mal sahen, wäre Faren wieder in der Realität. Er sollte Jonah dann eine besonders große Tafel Schokolade mitbringen für dieses Gespräch – selbst wenn es gar nicht echt gewesen war.[/LEFT] [LEFT]Seine Aufmerksamkeit wandte sich aber rasch wieder Kieran zu, der ihn abwartend ansah. Ohne etwas zu sagen, liefen sie gemeinsam los, einfach nur den Fluss entlang. Selbst das Schweigen war ein angenehmer Zustand mit Kieran. Dabei gab es derart viel zu sagen, dass Faren nie wieder still sein könnte, wenn er erst einmal damit anfing. Allein schon ein viel zu lange hinausgeschobenes Geständnis wäre endlich angebracht – aber er sagte nichts. Zu groß war die Angst, damit diesen Augenblick vorschnell zerplatzen zu lassen.[/LEFT] [LEFT]Schließlich kamen sie an einer Aussichtsplattform an, auf der man sich dem Fluss gefahrlos nähern konnte, da ein stabiles Geländer die Besucher davor schützte, hineinzufallen. Kieran lehnte sich mit dem Rücken dagegen, was Faren ihm nachmachte. An einem derart kühlen Abend war die Plattform verlassen. Nur das leise Murmeln des Wassers leistete ihnen Gesellschaft. Es war fast wie ein Date, ein etwas deprimierendes.[/LEFT] [LEFT]„Es tut mir leid“, brach Kieran schließlich das Schweigen. „Für alles, was ich dir angetan habe.“[/LEFT] [LEFT]„Aber du hast mir nichts getan“, erwiderte Faren. „Du hast so gehandelt, wie es sich für dich richtig anfühlte. Genau so wie man eben leben sollte.“[/LEFT] [LEFT]„Du leidest dennoch, und das nur wegen mir.“[/LEFT] [LEFT]Faren wandte ihm den Kopf zu. Kieran starrte geradeaus, hin zu der Anhöhe, die wieder auf die Straße zurückführte. Es sah aus als presse er mit aller Macht die Zähne aufeinander.[/LEFT] [LEFT]„Ich würde das gern abstreiten, aber das bringt wohl kaum was. Trotzdem musst du dir deswegen keine Vorwürfe machen. Schon allein, weil du nur in meinem Unterbewusstsein existierst.“[/LEFT] [LEFT]Kieran runzelte seine Stirn und erwiderte endlich seinen Blick. „Denkst du das etwa?“[/LEFT] [LEFT]„Es ist unmöglich, dass du hier bist.“[/LEFT] [LEFT]Diskutierte er hier gerade wirklich mit seinem Unterbewusstsein? Wie sinnlos war das denn?[/LEFT] [LEFT]„Du solltest wissen, dass für mich kaum etwas unmöglich ist. Immerhin bist du jetzt auch ein Jäger, du weißt, was wir können.“[/LEFT] [LEFT]Es irritierte ihn, dass Kieran das wusste und sogar erzählen konnte. Jonah schien gerade eben schließlich nur dasselbe zu wissen wie früher. Warum war das bei Kieran anders?[/LEFT] [LEFT]Er griff nach der Hand seines Freundes ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. „Bist du wirklich hier? Bei mir?“[/LEFT] [LEFT]Hoffnung keimte in seinem Inneren und schlug rasch Wurzeln. Solange Kieran bei ihm war, könnte er für immer in diesem Traum bleiben. Natürlich war da noch Ferris, dem er helfen wollte. Aber im Moment schob er die Gedanken an ihn erst einmal von sich.[/LEFT] [LEFT]„Ja, ich bin wirklich hier“, bestätigte Kieran.[/LEFT] [LEFT]„Aber wie funktioniert das?“ Warum konnte er nicht einfach nur zufrieden sein, sondern musste alles hinterfragen? „Ich meine, du bist nie zurückgekommen, und-“[/LEFT] [LEFT]Sein Freund hob eine Hand, Faren verstummte sofort.[/LEFT] [LEFT]„Ich weiß, dass es eigenartig ist, aber es ist kompliziert und ich habe nicht die Zeit, es dir zu erklären.“[/LEFT] [LEFT]Kompliziert. Das sagte man, wenn die andere Person schuld war, man es aber nicht so direkt ausdrücken wollte. Er hoffte, dass Kieran es nicht so meinte, wie er es verstand.[/LEFT] [LEFT]„Faren, ich werde nicht zu dir zurückkommen können.“ Er hob den Blick so, dass seine Haare ein wenig verrutschten und Faren beide seiner Augen sehen konnte. Wie schon früher beschleunigte dies seinen Herzschlag. „Als ich damals in den Kampf zog, sind einige Dinge geschehen, die mich nun an einem Ort festhalten, von wo es kein Zurück gibt.“[/LEFT] [LEFT]So ähnlich wie sein Gedanke zuvor, als er das Lager entdeckt hatte. Aber ging es hierbei wirklich um dasselbe?[/LEFT] [LEFT]„Was soll das bedeuten?“[/LEFT] [LEFT]Kieran legte eine Hand auf Farens Brust. „Das bedeutet, dass du mir nicht vertrauen darfst, wenn ich in der Realität bei dir erscheine. Dein Herz muss genauso schnell schlagen wie jetzt, ehe du mir glauben darfst.“[/LEFT] [LEFT]Wusste er etwa, was Faren für ihn empfand? Nein, das war nun nicht wichtig.[/LEFT] [LEFT]„Heißt das, ich muss wirklich wieder zurück? Ich will bei dir bleiben.“[/LEFT] [LEFT]„Es tut mir leid, Faren.“ Kieran senkte den Blick wieder ein wenig. „Aber du hast eine Aufgabe, die du erfüllen solltest, und jemand, der auf dich angewiesen ist.“[/LEFT] [LEFT]Faren deutete ein Kopfschütteln an.[/LEFT] [LEFT]„Du glaubst es vielleicht nicht, aber Ferris braucht dich. So wie du mich damals. Deswegen darfst du nicht aufgeben. Du musst ihn retten.“[/LEFT] [LEFT]„Nein.“ Faren war selbst erschrocken darüber, wie schwach und brüchig seine Stimme klang. „Ich kann niemanden retten. Nicht einmal mich selbst.“[/LEFT] [LEFT]Gerade eben war er noch so überzeugt von sich und seiner Hilfe für Ferris' gewesen, aber nun war das alles fort. Kieran wiederzusehen, erinnerte ihn nur wieder an alles, was er verloren hatte, alles, was er sich wünschte, ohne es je zu bekommen. Am Ende verlor er vielleicht wirklich auch noch Ferris oder erntete nur seinen Hass.[/LEFT] [LEFT]Kieran strich mit einer Hand über Farens Wange, ehe er sie auf seiner Schulter ablegte. Obwohl die Berührung kaum zu spüren war, schoss sofort Hitze in diese Stelle.[/LEFT] [LEFT]„Du denkst viel zu schlecht von dir, Faren. Ich bin sicher, dass du es schaffen wirst, wenn du es nur hart genug probierst. Also gib nicht auf.“[/LEFT] [LEFT]„Aber es ist schwer.“[/LEFT] [LEFT]Eine Tatsache, die er sich viel zu selten eingestand, wie auch Vincent bereits angemerkt hatte. Aber da war immer die Furcht, dass sein gesamtes Leben zusammenbrach, sobald er zugab, dass es auch für ihn anstrengend war, zu überleben und dabei immer an sich selbst zu glauben. Ihm fehlte die eine Person, die ihn bedingungslos unterstützte, selbst wenn es sogar für ihn schwer wurde. Kieran war diese gewesen, aber nun war er fort.[/LEFT] [LEFT]„Ich weiß“, sagte er. „Es ist immer schwer, für etwas zu kämpfen; aber alles Wertvolle muss erkämpft werden. Und ich bin sicher, dass du das kannst. Auch ohne mich.“[/LEFT] [LEFT]Kierans Hand löste sich von seiner Schulter, er ging einen Schritt zurück. Alles wies darauf hin, dass er gleich verschwinden würde – aber Faren konnte diesen Gedanken nicht ertragen. Ehe er darüber nachdenken konnte, schlang er seine Arme um Kieran und drückte ihn an sich. „Bitte! Du kannst nicht wieder gehen! Ich will, dass du für immer bei mir bleibst!“[/LEFT] [LEFT]Dafür war er ein Jäger geworden. Um seiner Welt nahezukommen, um Kieran zu finden. Nun war es endlich soweit, und er wollte ihn nicht wieder gehen lassen, egal wohin und warum.[/LEFT] [LEFT]Im ersten Moment hing Kieran hilflos in dieser Umarmung, dann hob er die Arme und legte sie ebenfalls um Faren. „Es tut mir so leid, aber das ist nicht möglich.“[/LEFT] [LEFT]Seine Stimmte tönte nur noch gedämpft, aber sie war dennoch deutlich für ihn zu verstehen.[/LEFT] [LEFT]„Ich habe nicht mehr viel Zeit.“[/LEFT] [LEFT]In diesem Fall, so ungern Faren das auch realisieren wollte, sollte er ihm endlich das sagen, was seit Jahren unausgesprochen zwischen ihnen war. „Kieran, ich ...“[/LEFT] [LEFT]„Du musst nichts sagen. Ich weiß es. Ich wusste es immer.“ Das Lächeln war deutlich in seiner Stimme zu hören. „Und ich bin wirklich glücklich darüber. In meinen letzten Sekunden hast du mir den Mut gegeben, den ich benötigte.“[/LEFT] [LEFT]Die neu gewurzelte Hoffnung wurde erbarmungslos herausgerissen und verworfen. Das war nicht, was Faren hören wollte. Er wollte nicht wissen, dass Kieran tot war, dass er nie wiederkäme, egal wie lange er auf ihn wartete. In all seinen Fantasien und Träumen hatte ein solches Gespräch ein ganz anderes Ende genommen. Wie hatte es nur so weit kommen können?[/LEFT] [LEFT]„Aber es wird Zeit, dass du weiterlebst“, fuhr Kieran fort. „Ohne mich. Auch wenn es schwer wird. Du kannst das, du musst nur an dich glauben.“[/LEFT] [LEFT]„Ich werde es versuchen“, erwiderte Faren leise, da sein Freund so sehr darauf bestand. „Aber ich werde viel herumjammern deswegen.“[/LEFT] [LEFT]„Das ist okay.“ Kieran klang ungewohnt sanft. „Du darfst so viel jammern wie du möchtest.“[/LEFT] [LEFT]Faren löste sich wieder von ihm, ohne ihn dabei gänzlich loszulassen. Im Gesicht seines Freundes war ein Lächeln, das er noch nie an ihm gesehen hatte. Er war sogar davon überzeugt, dass niemals jemand es gesehen hatte. Zum ersten Mal wirkte Kieran Lane wirklich aufrichtig glücklich.[/LEFT] [LEFT]„Danke, Faren. Für alles, was du für mich getan hast.“[/LEFT] [LEFT]Statt ebenfalls seinen Dank auszudrücken, der sein gesamtes Inneres ausfüllte und niemals korrekt in Worte gefasst werden könnte, beugte Faren sich vor – und legte seine Lippen auf die von Kieran.[/LEFT] [LEFT]Unzählige Glücksgefühle durchströmten ihn, als sein Freund den Kuss sofort erwiderte und sich sogar enger an ihn drückte. Faren ließ all die Liebe und Leidenschaft, die er die ganzen Jahre über für ihn empfunden hatte, ohne sie ausleben zu können, in diesen einen Moment einfließen. In diesem war alles perfekt, genau wie es sein sollte. Am liebsten wäre es ihm gewesen, er hätte niemals geendet.[/LEFT] [LEFT]Deswegen schmerzte es umso mehr, als sie ihre Lippen schließlich wieder voneinander lösten. Aber die Wärme verblieb in seinem Inneren, genau wie die Erinnerung an das Gefühl und seinen Blick, als er ihn nun wieder derart glücklich ansah.[/LEFT] [LEFT]„Ich liebe dich auch, Faren“, sagte Kieran. „Und genau deswegen musst du dich deinem neuen Glück widmen. Und der Person, die dich braucht“[/LEFT] [LEFT]Er konnte sich immer noch nicht vorstellen, Kieran einfach zu vergessen und jemand Neues in sein Herz zu lassen, aber er nickte dennoch. Vielleicht hatte Vincent recht und es war an der Zeit, dem Schmerz nicht mehr die Oberhand zu überlassen – und vor allem nach diesem Moment wollte Faren auch lieber die guten Dinge im Sinn behalten, besonders wenn sie mit Kieran zusammenhingen. Vor allem brauchte er diese positiven Gefühle, um Ferris zu helfen, wozu er nach diesen Worten wieder entschlossen war.[/LEFT] [LEFT]Noch während er Kieran ansah, begann Licht seinen Blick zu überschatten, bis sein gesamtes Bewusstsein schließlich in einer Flut von goldenem Leuchten unterging und eine warme Welle ihn fortzutragen schien – zurück in die Realität.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)