Cursed Shadow von _-Merle-_ (- verliebt in einen Dämon -) ================================================================================ Kapitel 5: Der Junge mit den Hörnern ------------------------------------ Es war leise. Es war dunkel. Es war ruhig. Meine Augen waren geschlossen. Ich atmete entspannt ein und aus, und fühlte wie ich auf etwas weichem lag. Auf mir spürte ich einen wärmenden Stoff der sich leicht auf meinen Körper legte. Langsam öffnete ich die Augenlider und blickte an eine Decke. Sie kam mir bekannt vor, denn es war die Decke meines Zimmers. Hatte ich geschlafen? Hatte ich nur geträumt? Verschlafen stöhnte ich leise und streckte meine Arme von mir. Ich rieb mir meine verschlafenen Augen und sah mich müde um. „Bin ich.. zuhause? Aber… habe ich etwa nur geträumt?“ Ich fand mich in meinem Zimmer, in meinem Bett liegend wieder. An dem Fenster zu meiner Rechten stand ein kleiner Tisch, auf welchem mein Laptop lag. Er war offen und die Kabel lagen lose davor. Zu meiner Linken stand mein Nachttisch mit der Uhr die ich jedoch ignorierte. Mir gegenüber war mein großer Kleiderschrank mit einer Spiegeltür, in welcher ich mich selber sehen konnte. Von rechts drang das Sonnenlicht durch mein Fenster und blendete mich etwas. Doch sie war angenehm warm. Ich genoss die Ruhe und die weckende Wärme. Nur das Gurren der Tauben auf der Fensterbank unterbrach die Stille gelegentlich. Noch benebelt vom Schlaf saß ich erst eine Weile da und starrte nachdenklich umher. Ich konnte mich kaum erinnern wie ich dort hingekommen war. Warum wirkte alles so unreal und warum war ich mir so unsicher? Ich nahm die Decke von mir, drehte mich an die Bettkante und stand langsam auf. Schließlich schaute ich mit runzelnder Stirn aus dem Fenster. Es war wirklich mein Zuhause. „Komisch.“ Ich fuhr durch meine Haare und drehte mich zur Tür. „Woha… was ein Traum!“, gähnte ich und streckte mich erneut. Dann lächelte ich zufrieden. „Es ist schön, dass doch alles normal ist.“, kicherte ich. „Meine Güte. Auf was für Ideen ich komme wenn ich schlafe. Das kam bestimmt von Nami´s Horrorfilmabend!“ Doch als ich mich der Tür nähern wollte, blieb ich mitten im Raum stehen. „Moment. Wenn ich doch bei Nami war, wie bin ich hier hingekommen?“, fragte ich mich entgeistert. Plötzlich hörte ich etwas Klingeln. Sofort schreckte ich zurück. „Kya!“, und starrte wachsam, mit ausgebreiteten Armen durch mein Zimmer. Eine süße Melodie begann zu spielen doch sie war nur dumpf zu hören. „Mein Handy!“ Schnell lief ich dem Ton nach. Es führte mich zu meiner Tasche neben dem Schrank. Ich öffnete sie und durchwühlte meine Sachen, bis ich mein Handy fand. Ohne auf den Display zu schauen wischte ich über den grünen Knopf. „Ja?“ „Hey! Yuki. Geht es dir gut?“, hörte ich Nami am Ende der Leitung fragen. Verdutzt sah ich zur Seite. „Eh… ja. Warum fragst du?“ „Gut. WO BLEIBST DU? Der Unterricht fängt gleich an!“ Ich schreckte auf. „Was?!“ „Los! Schnell! Schlafmütze! Beeil dich! Sonst musst du wieder Nachsitzen! Boa. Wenn ich nicht immer auf dich aufpassen würde!“, hetzte sie mich zum Schluss und legte auf. Perplex lief ich zu meinem Schrank. Ich musste meine Uniform schnell anziehen. Also riss ich die Tür einfach auf und packte in meine Wäsche. Dabei zog ich dieses und jenes Kleidungsstück mit raus und ließ es auf den Boden fallen. Endlich fand ich meine Kleidung und schlug die Tür wieder zu. Doch dann erkannte ich mich selber im Spiegel. Mir blieb die Luft weg. Mich überkam plötzlich eine Gänsehaut. Mein Herz begann laut zu pochen. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Denn die Kleidung die ich an mir sah, war nicht meine. Ich trug noch immer die blaue Weste und die Hose von Mephisto. Vor Schock konnte mich nicht bewegen. „Wie kann das sein?“, fragte ich und sah mich verstört an. Ich traute meinen Augen kaum. Für eine Weile war ich ganz starr. – War das etwa doch kein Traum? War der Schattenmann Wirklichkeit? Aber wie bin ich dann wieder hier her gekommen? – Ich wusste nicht was ich tun sollte. Es fühlte sich an, als hätte ich etwas vergessen. Als wenn mir etwas fehlen würde. Doch ich wusste nicht was. Das einzige was mir bewusst war, war, dass mir die Zeit fehlte. Denn ich musste zur Schule! Und ich war spät dran. „Verdammt!“ In einer rasenden Geschwindigkeit zog ich mich um. Rock, Hemd und Strümpfe. Dann schnappte ich mir meinen Rucksack, sprintete durch das Haus und rannte aus der Haustür. Mit einem lauten Knall ließ ich die Tür in ihren Rahmen fallen und sprang sofort aus dem Eingang heraus. Ich tat, als hätte ich die Dämonenwelt nie gesehen und versuchte mich so zu verhalten, wie ich es immer tat. Schleunigst spurtete ich die Straße entlang. Mein Hemd hing halb aus dem Rock heraus und meine Strümpfe rutschten etwas herunter. Dabei machte ich es mir schwer meine Tasche zu tragen, während ich meine Kleidung richtete. „Verdammt! Verdammt! Verdammt!“, fluchte ich und steckte mein knittriges Hemd in den Rock. Mein Weg zur Schule war nicht besonders lang. Schnell durch die Seitengassen, über den Park, an dem Kaffee vorbei und über die Brücke. Nach zehn Minuten hastigen Rennens, erkannte ich schon den Schulhof. Die große Uhr in der Mitte des Gebäudes zeigte fünfzehn Minuten nach Acht Uhr an. Ich war bereits eine Viertelstunde zu Spät. „Na toll. Albträume, verschlafen, kein Frühstück und jetzt auch noch zu spät kommen!“, ärgerte ich mich und schoss über den Hof in das Gebäude. Ich riss die Tür auf und rannte durch den Eingang. Der Boden unter meinen Schuhen quietschte, als ich gehetzt die Stufen des Treppenhauses hinauf rannte. Ich übersprang jede zweite Stufe und verlor beinahe meine Bücher aus der Tasche. Schwer atmend sprintete ich von der Treppe in den Gang hinein und rutschte die letzten Schritte bis zur Tür meines Klassenraumes. Sofort griff ich den Henkel der Tür. Doch bevor ich diese hektisch öffnete, hielt ich einen Moment inne. Ich holte tief Luft und schloss die Augen schuldbewusst. Dann riss ich sie auf. „Entschuldigen sie bitte, dass-“ „Yuki! Du kommst zu spät! RAUS!“, wurde ich jedoch böswillig unterbrochen. Meine Lehrerin stand mit einem großen Lineal an der Tafel und zeigte damit auf mich. Aus ihren bösen Augen flogen beinahe kleine Blitze auf mich zu. Erschöpft sah ich in den Raum hinein und atmete schwer. Einige lachten leise und kicherten. Ein Gemurmel begann. Und dann fand ich ein einziges liebes Lächeln inmitten des Gelächters. Nami saß dort und winkte mir heimlich als Unterstützung zu. Doch ich schmunzelte ertappt, blieb erstarrt stehen und schloss die Tür wieder vor meiner Nase. „Na klasse…“, murmelte ich bedrückt und lehnte mich an die Wand. Mürrisch wischte ich mit meinem Fuß über den Boden und sah betrübt hinab. Dann hockte ich mich knurrend hin und legte meine Arme um meine Beine. „Das kannst du gut Yuki..“, spottete ich mich selber und seufzte. Währenddessen hörte ich die Lehrerin im Klassenraum die Schüler beruhigen und der Unterricht ging weiter. Ich saß wieder alleine und musste die Strafe über mich ergehen lassen, indem ich auf dem harten Boden saß und Zeit zum nachdenken hatte. Der Flur in dem ich mich aufhielt, war mit langen Fenstern ausgebaut, aus denen ich betrübt hinaus zu den Wolken blickte. Schließlich legte ich meinen Kopf auf meine Arme und ich beruhigte mich langsam. Jetzt hieß es warten. Denn ich sollte die ganzen zwei Stunde vor der Tür bleiben. Ich hatte Zeit um über diese Dämonenwelt aus meinem Traum nachzudenken. Sie wirkte so real auf mich. Aber von dieser Welt war nichts mehr zu sehen. Kein Schattenmann, keine Monster, kein kleines Fuchsmädchen. Aber was war mit der Kleidung? – Was ist nur passiert? – Ich seufzte und träumte vor mich hin. Es nervte mich, nicht zu wissen was geschehen war. Und besonders nervte es mich, dass ich mit meinen Gedanken alleine war. Doch egal wie sehr ich mich aufregte, oder mir den Kopf daran zerbrach. Es änderte nichts an der Tatsache, dass ich nun hier saß und schmollte. Ebenso brachte nichts davon eine Antwort auf meine Fragen. Also versuchte ich mich abzulenken. Ich begann an andere Dinge zu denken. Welchen Unterricht ich am Tag haben werde. Welchen Tag wir überhaupt hatten. Was ich heute essen werde. Ich war in meiner normalen Welt, in dem einfachen Alltag, meines langweiligen Lebens. Hatte ich nur diesen heftigen Traum erlebt, um eine Pause von meinem eintönigen Alltag zu haben? Wollte mir mein Unterbewusstsein vielleicht irgendetwas mit diesem Traum sagen? Nachdem ich mir einredete, dass meine Zeit in der Dämonenwelt nur ein Traum gewesen sein musste, fühlte ich mich etwas unglücklich. Auch wenn sie mir Angst machte, so war sie doch neu und aufregend! Nach einer Weile des Tagträumens über eine ausgedachte Welt, fielen meine Gedanken auf meinen Vater. Ob er wusste, wo ich die Nacht über war? Ich dachte über Nami nach. Ob ich ihr über meinen verrückten Traum erzählen sollte? Aber dann fiel mir wieder der Schattenmann ein. Egal woran ich dachte. Immer wieder führten mich meine Gedanken zu ihm. An diesen großen, blassen Typen der mich in die Dämonenwelt brachte. Ich erinnerte mich, dass ich zuletzt geweint hatte. Er nahm mich in seine Arme. Sein Körper war so kalt. An mehr konnte ich mich nicht erinnern. Ich wusste, dass noch etwas passiert war. Warum hatte ich plötzlich den Rest vergessen? Auch wenn es nur ein Traum gewesen war. Ich spürte, dass mir noch etwas fehlte. Außerdem wusste ich nicht, wie ich sonst von Nami nach Hause gekommen war. Irgendwas war merkwürdig an dem letzten Abend. Nachdenklich fummelte ich am Saum meines Rockes herum. Ich legte immer wieder die gebügelten Falten übereinander und ließ sie wieder fallen. Dann richtete ich meinen Kragen und meine Schleife, die ich vergessen hatte zu binden. Als ich wieder nach draußen sah, flogen einige Vögel in den nächsten Baum, nahe des Fensters. Sie zwitscherten und einer trug ein paar kleine Äste im Schnabel. Da mir der Boden langsam zu unbequem wurde, stand ich auf und ging zum Fenster. Ich legte eine Hand an die kalte Scheibe und beobachtete die Vögel. Einer versuchte sein angefangenes Nest weiter zu bauen. Er würde bald eine süße kleine Familie gründen, dort ein paar Eier hinein legen und seine schwache Brut beschützen. Liebevoll begann ich zu lächeln. Es war ganz ruhig und still um mich. Die Stimmen aus dem Klassenzimmer, welche dumpf aus der Tür schallten, hatte ich schon ganz ausgeblendet. Und meine traurigen Gedanken hatte ich auch schon wieder vergessen. Meine Aufmerksamkeit lag ganz alleine bei den kleinen Vögeln, die nichts anderes in ihrem Leben taten, als versuchen zu überleben. Und das auf eine faszinierende Art und Weise. Ich sah wie der Vogel seine Äste auf das halbfertige Nest legte. Er schüttelte sein kleines Köpfchen und sprang etwas zur Seite. Doch plötzlich sah er auf. Er schaute zu mir. Er blickte direkt in meine Richtung. Erst fand ich es belustigend. Doch als ich spürte, dass der Vogel mich beobachtete, wurde mir unheimlich zumute. Kurz hielt ich die Luft an. Er starrte mich mit stechenden Augen an. Irritiert bewegte mich etwas nach hinten. Ein Schauer lief mir den Rücken herunter. Ich fühlte mich mit einem Mal so unsicher. Hastig öffnete der Vogel sein Maul und er begann grauenvoll zu krächzen. Angsterfüllt erkannte ich spitze Reißzähne in seinem Schnabel. „Was?!“, panisch sprang ich zurück. Doch dabei rempelte mich plötzlich jemand an, der an mir vorbei laufen wollte. „Waa!“, ich schrie hecktisch und fiel zu Boden. Ich war aus meiner Träumerei gerissen worden und spürte wieder den kalten realen Boden unter meinen Händen. Doch bevor ich aufstand, starrte ich noch geschockt zu dem Baum. Doch der Vogel war verschwunden. Was hatte ich nur gesehen? „Ehm. Entschuldige..“, zitterte meine Stimme unsicher als ich aufstand und mich zu der Person richtete, die ich angestoßen hatte. „Habe ich dir wehgetan?“, fragte ich noch und wischte den Dreck von meinem Rock. Doch die Person lief schweigend an mir vorbei, stupste seine Brille auf seiner Nase hoch und ignorierte mich. Als ich ihm hinterher sah, erstarrte mein Blick. Es war wohl ein Schüler. Doch etwas war anders an ihm. „Hörner!“, stammelte ich zu mir selber und riss die Augen auf. Mein Körper erschauerte bei diesem Anblick. Sofort blieb Junge stehen und drehte sich ertappt um. Ich erschrak als ich seinen schaurigen Blick sah. Er war anscheinend genauso überrascht wie ich. Der Junge stand einfach da und starrte mich an. Der Junge hatte Hörner auf seinem Kopf. Diese Hörner kannte ich. Ich hatte sie schon einmal in der Dämonenwelt gesehen! Gab es sie also doch? War sie kein Traum? Oder bildete ich mir das alles nur ein? „Wer bist du?“, fragte ich und machte einen Schritt auf ihn zu. Doch mich unterbrach das laute Klingeln der Schulglocke. Verwundert blieb ich stehen und sah zu den Türen, die sich sofort öffneten. Die Schüler stürmten aus den Räumen und der Junge, flüchtete vor mir um die nächste Ecke. Nachdenklich sah ich den Gang entlang. „Was ist denn nur los?“, fragte ich mich und biss auf meinen Finger. Im nächsten Moment hörte ich ein lachendes „Yuki!“, von der Seite. Ich besann mich wieder und sah zu Nami. Sie stand neben mir und umarmte mich liebevoll. „Was ist los? Du siehst ja aus als hättest du einen Geist gesehen!“, grinste sie. Ich runzelte die Stirn. „Ach.. ist schon gut.“, sagte ich leise und blickte dem Jungen immer noch nach. „Typisch Montag!“, sagte Nami und harkte sich in meinen Arm ein. „War doch klar, dass du wieder zu spät kommst. Immer muss ich mich um dich kümmern.“, quasselte sich vor sich hin und zog mich mit. Zusammen liefen wir den Gang in die andere Richtung hinab. Nami und ich liefen, wie der restliche Schwarm der anderen Schüler, auf den Hof hinaus. Während des Laufens begann Nami irgendwelche Dinge zu erzählen. Über den Unterricht und anderen Schülern aus der Klasse. Ich hörte nebenbei heraus, dass sie sich über die Lehrerin lustig machte, einen Mitschüler kritisierte und jede Menge Spaß beim Erzählen hatte. Es war schön, wieder ihre Anwesenheit zu spüren. Zu wissen, dass sie für mich da war. Doch ich war abwesend und hörte ihr gar nicht wirklich zu. Ich sah nur auf den Boden und dachte an diesen Jungen im Gang. Oder besser gesagt, Dämon? Hatte ich wirklich Hörner auf seinem Kopf gesehen? Kam er aus der Dämonenwelt? War ich noch in der Dämonenwelt? Nein. Ich war mich sicher, wieder in meiner Heimat zu sein. „HEEY! Yuki?!“, quietschte Nami nun und fuchtelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht. „Was ist los? Alles ok bei dir?“, fragte sie besorgt. Ich schüttelte den Kopf erschrocken. „Eh! Nein! Es ist nichts! D.. danke!“, und versuchte schwindelnd zu lächeln. Sie kniff etwas die Augen zusammen und betrachtete mich energisch. Natürlich wusste sie, dass ich gelogen hatte. Doch was sollte ich ihr schon sagen? Sie würde es mir doch nicht glauben. Zusammen liefen wir aus dem Gebäude und geradewegs zu einer Bank, an welcher wir uns jede Pause trafen. „Was ist denn los? Du bist so still. Ist doch nicht schlimm, dass du wieder mal zu spät kamst! Oder bedrückt dich etwas anderes?“, sprach sie weiter und setzte sich mit mir auf die Bank. Auch wenn mich ihre Nähe beruhigte. fühlte ich mich die ganze Zeit von ihrem stichelnden Blick beobachtet. Aber ich wusste noch immer keine Antwort. „Ich.. ehm. Also.. eh..“, stotterte ich. Warum fragte sie mich plötzlich so sehr aus? Es war typisch für sie, ständig zu brabbeln, jedoch war es selten, dass sie so oft nach mir fragte, statt von sich zu reden. „Aha!“, sagte Nami laut und sprang auf. Abrupt blickte ich zu ihr auf. „Hmh?“ Dann beugte sie sich zu mir herunter und hob einen Finger. „Liebeskummer?!“, fragte sie mit einem breiten Grinsen. Ich schreckte zurück „He? Wie kommst du denn jetzt darauf?!“ „Hey! Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst!“, kicherte sie und stupste mir mit ihrer Hand auf den Kopf. Ich blickte mürrisch zu ihr auf. Ich wollte ihr die Wahrheit erzählen, jedoch fühlte es sich nicht richtig an. Sie hätte mich als verrückt abgestempelt. Also war es mir recht, dass sie das Gespräch auf dieses Liebeskummer-Thema fixierte. „Kenn ich ihn? Wie sieht er aus? Wie lange kennst du ihn? Ist er von der Schule?“, fragte sie neugierig. „Und warum hast du nicht vorher was gesagt!“, plapperte sie weiter. Was sollte ich ihr antworten? Ich hatte doch niemanden, in den ich verliebt war. Doch so wie Nami ein Geständnis von mir erzwingen wollt, dachte ich plötzlich an Deeon. Verlegen wurden meine Wangen rot und ich blickte sie mit zusammengepressten Lippen an. Schon als Kind fühlte ich mich zu schlecht für eine Beziehung. Ich fand mich nicht besonders hübsch wie andere und ich war auch nicht so attraktiv. Natürlich hatte ich mir oft einen Partner gewünscht. Doch habe ich mich nie getraut jemanden anzusprechen. Das hatte Nami schon immer gestört. Sie wollte, dass ich glücklich werde. Ihrer Meinung nach, wird man schneller glücklich, wenn man eine Beziehung hat. Wenn man jemanden hat, zu dem man sich zurück ziehen kann und sich nicht verstellen muss. Sie kannte mein recht graues und tristes Leben und wollte, dass ich es farbig gestalte. Doch irgendwie hatte ich mich dagegen immer gesträubt. Zu tief war meine Angst, abgewiesen zu werden. Nachdem ich Namis blondes Haar und ihren lieben Blick sah, musste ich auch an Deeons liebevollen Blick denken. Seine blonden Haare und hellen Augen. Wie er mich gerettet hatte und mir ganz nahe war. Sein Lächeln war so hübsch. Verlegen legte ich die Hand vor den Mund und sah mit meinem tomatenroten Gesicht weg. Mein Herzklopfen sprühte ich bis zu meinem Hals als ich an seine Nähe dachte. Er fing mich auf als ich von diesem Golem umgestoßen wurde und er hielt mich fest in seinen Armen, als wir durch den Druck der Schockwelle weggestoßen wurden. –Aber, ist das denn überhaupt passiert? Hatte ich etwa Gefühle für eine Person aus meinem Traum?- Es war mir peinlich. Eigentlich hasste ich dieses Thema. Ich sprach nie gerne über mein Liebesleben oder über Personen die ich attraktiv fand. Doch Nami lachte. „Hahaha! Das finde ich gut! Endlich ist meine kleine Yuki verliebt! Lass mich raten! Muskulös. Dunkle Haare, helle Augen? Vielleicht etwas blass…?“, zählte sie auf. Schüchtern sah ich zu Boden. „Ehm.. naja.. .“, erzählte ich zurückhaltend. Ich fummelte wieder aufgeregt an meiner Kleidung herum. „Also.. er ist sehr groß.. und gute gebaut. Er.. er hat so helle Augen..“, begann ich zu erklären. Glücklich hörte Nami mir ganz genau zu und war schon auf meine Erklärung gespannt. Ich wollte ihr zwar nichts von der Dämonenwelt erzählen. Aber sie musste ja nicht wissen, dass er von dort käme, wenn es ihn wirklich geben sollte. Dann stotterte ich weiter. „Er.. also wir kennen uns kaum! Aber er hat mir vor kurzem geholfen als ich Probleme hatte… also ehm..“ Nami freute sich für mich und hörte mir weiter erwartungsvoll zu. Ihr Grinsen wurde immer breiter. Zwischendurch hörte ich ein Kichern von ihr und sie hüpfte vergnügt vor mir her. „Naja, er hat blonde lange Haare.. und sein Name ist Deeon..“, sagte ich zuletzt. Plötzlich hörte Nami auf zu grinsen. Ihr Lächeln wurde zu einem blassen, geschockten Gesichtsausdruck. Sie sah mich mit großen Augen an und konnte kaum fassen, was ich gerade gesagt hatte. Ich glaubte, sie noch nie so stumm erlebt zu haben. Verunsichert biss ich auf meine Lippe. „W… was ist?“, fragte ich und spielte in meinen Haaren. Eine kurze Zeit schwieg sie noch. Nami sah nachdenklich zur Seite und runzelte die Augenbrauen. „Er hat blonde Haare?“ Sie versuchte ihren Schock mit einem getäuschten Lächeln zu übermalen. „Ich dachte nicht, ... dass du auf blonde Typen stehst.. .. hehe“, ihre obere Lippe zuckte etwas bei ihrem aufgelegtem Lächeln. War sie so geschockt, dass sie mit ihrer „dunklen Haare-Theorie“ falsch lag? „Und, du bist dir sicher, dass du den Typen magst?!“, fragte sie um ganz sicher zu gehen. Ich schubste sie etwas. „He. Jetzt erzähle ich dir das schon, und du machst dich lustig über mich!“, motzte ich sie an. „Nein.. ich mache mir nur… Sorgen…“, sagte sie leise. Sie wusste nicht wie sie weiter reagieren sollte und konnte mir gar nicht mehr in die Augen sehen. Auch ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte. War es richtig, von Deeon zu erzählen? Es war eine unangenehme Situation zwischen uns beiden. Als wir uns anschwiegen, vernahmen wir plötzlich ein Getöse von weiblichen Stimmen. “Hey! Was machen die denn da?!“, versuchte Nami das Thema zu wechseln und zeigte auf das Tor es Hofeinganges. Eine wilde Meute von Mädchen sammelte sich vor dem Tor und sie kreischten und schnatterten mit ihren schrillen Stimmen. „Was ist denn da passiert?“, fragte ich stumpf und stand neugierig auf. „Lass mal dahin gehen! Was ist denn passiert?!“, grinste ich Nami an. „Ich wusste, dass du deiner Neugier nicht widerstehen kannst!“, grinste sie und stimmte mir unterschwellig zu. Dann lief sie einige Schritte voraus. Ich folgte ihr. Doch blieb sie plötzlich wieder stehen. Sie starrte erschrocken zur Masse. „Oh verdammt… das gibt es doch nicht.“, hörte ich sie flüstern. „Was ist denn?“, fragte ich, als ich an ihr vorbei lief und mich fragen zu ihr umdrehte. „ACH weißt du! Ich habe noch etwas vergessen! Ich muss noch mal kurz in das Klassenzimmer! Geh du schon mal vor! Erzähl mir, was die Mädels haben! Bis später!“, stotterte sie ganz nervös und drehte mir den Rücken zu. Sofort lief sie fluchtartig in das Gebäude zurück. „Hey! Was ist denn jetzt los?!“, schrie ich ihr hinterher. Aber sie reagierte nicht auf mich und war schon in der Tür verschwunden. Ich zog fragend eine Augenbraue hoch und schaute ihr fragend hinterher. „Oke..?“ Dann hörte ich auch schon wieder das Gekicher der Mädchen am Tor. Ich drehte mich um und lief weiter auf die Masse zu. Wenn ich mich mit zwei Wörtern beschreiben musste waren es: Angst und Neugier. Zu sehr war mein innerliches Verlangen, alles zu erfahren, was ich nicht wusste. Manchmal übertrumpfte meine Neugierde sogar meine Angst. Langsam kam ich der lauten Masse näher. Die Mädchen waren ganz aufgeregt und freuten sich über irgendwas. Sie hatten sich um jemanden versammelt. Je näher ich kam, desto besser erkannte ich was geschah. Sie standen in einem Halbkreis um jemanden. Ein Junge stand bei ihnen, der wohl für diesen Wirbel sorgte. „OH! Wow! Du bist so hübsch! Darf ich deine Handynummer haben?“ „Nein ich will deine Handynummer!“ „Bist du neu hier?“ „Kommst du bald auf unsere Schule?“ „Du siehst so gut aus!“ „Hast du eine Freundin?“ „Du bist so süß! Woher kommst du?“ „Gehst du ins Fitnessstudio? Oder bist du Model?“ Sie redeten alle durcheinander und himmelten diesen Jungen an. Ich stellte mich abseits der Masse um mehr sehen zu können und rollte die Augen. „Hmpf… ich dachte, es passiert etwas interessantes.“, seufzte ich. „Die Mädchen an meiner Schule haben doch echt immer nur ein Thema im Kopf.“, grummelte ich und sah mir die gaffenden Gesichter an. Enttäuscht, nichts interessantes vorzufinden, blieb ich stehen und seufzte. Der Junge wirkte überfordert. Er wollte sie gar nicht um sich haben, doch es ließ ihn niemand ausreden. Dabei versuchte er sie zu beruhigen doch wich ständig zurück, als sie ihn berühren wollten. Der Junge wurde etwas zurück gedrängt und konnte sie einfach nicht besänftigen. Ich legte den Kopf schräg und sah noch mal genauer hin. Er war sehr groß, muskulös und hatte schwarze Haare. Er trug eine braune Lederweste. Seine Haut war so blass. -Moment!- „Du!!!?“, sagte ich laut und zeigte erschrocken mit dem Finger auf ihn. – Das ist der Schattenmann! Aber wie kommt er hier her?! Und warum ist er hier?! Also gibt es ihn doch! Also bin ich nicht verrückt geworden! – Mein geschocktes Gesicht wurde zu einem vergnügten Grinsen. Denn sein Auftreten zeigte mir, dass die Dämonenwelt kein Traum war. Ich hatte mir das alles nicht eingebildet. Ich musste also nicht an meinem Verstand zweifeln. Nachdem ich mich freute, den Schattenmann zu sehen, musste ich jedoch etwas lachen. Ich musterte den Schattenmann. Der sonst so sture und böse Dämon, war nun ein ganz schüchterner Junge. „Ich.. hey! Also! Was ist ein Handy? Was? Hey!“, hörte ich nur von ihm stammeln. Als er durch die Gesichter der kichernden Mädchen schaute, erkannte er mich schließlich in der Ferne stehen. Er musste zwei Mal hinsehen, bis er schließlich seinen Blick nicht mehr von mir abwandte. Dann schauten auch die Mädchen in meine Richtung. „Hey! Ist das nicht Yuki?“ „Was? Warum guckt er sie so an!“ „Hey! Hast du was mit dem zu tun?!“, wurde mir nun entgegen gebrüllt. Ich schreckte kurz auf. „Was?!“, antwortete ich überrascht. Doch der Schattenmann sah mit seinem finsteren Blick in die Masse. „Verzieht euch.“, sagte er wütend und blickte auf sie herab. Die Mädchen schauderten und sahen ihn mit erschrockener Miene an. Die bissen die Zähne zusammen, schluckten und suchten schnell das Weite. Schließlich stand er alleine da und wartete auf mich. Er schaute mich beruhigt an und ich lief langsam auf ihn zu. Irgendwie war unser Verhältnis nun anders zueinander. Viel friedlicher und angenehmer. Ich war überrascht ihn überhaupt hier zu treffen. War er wegen mir gekommen? Er steckte gelassen seine Hände in seine Hosentasche. „Das hast du nie gesehen…“, grummelte er. „Haha! Hast du viele Handynummern bekommen?“, kicherte ich. Der Schattenmann sah befangen zur Seite und holte drei kleine Zettelchen aus seiner Hosentasche. „Sind das Handynummern?“ Es war ihm sichtlich unangenehm und das merkte ich auch. Doch irgendwie machte ihn diese kindliche Unwissenheit sympathisch. Ich war wirklich glücklich ihn zu sehen und lächelte ihn an. „Hihi. Ja genau! Ich erkläre dir später mal was ein Handy ist.“, sagte ich mütterlich, um ihn zu ärgern. „Hmpf..“, schnaubte er und überkreuzte seine Arme. Aber ich hob die Hand fraglich und legte den Kopf schief. „Aber was tust du denn eigentlich hier?!“ Er stellte sich überrascht vor mich und sah zu mir hinunter. „Was? Was machst du denn überhaupt hier? Wir hatten besprochen, dass du wieder mitkommst!“, meinte er fragend. „Wann haben wir das besprochen? Ich erinnere mich nicht!“ Der Schattenmann verzog seine Stirn. „Moment. In der letzten Nacht, haben wir die Entscheidung getroffen, dass ich dich zurückbringe, damit du dich vorbereiten kannst für den nächsten Tag. Du hast mit keinem Wort erwähnt, dass du woanders hingehst!“ Er klang überrascht und sauer. Doch ich konnte mich nicht mehr an diese Vereinbarung erinnern. „Was..?“, fragte ich schockiert und dachte nach. Warum wusste ich davon nichts mehr? Was war letzte Nacht passiert? „Ich.. erinnere mich nicht, was noch passiert war. Du wurdest in der Bibliothek wach. Ich.. habe geweint..“, kam es leise von mir. Er schluckte und beobachtete mich zurückhaltend. „Du erinnerst dich gar nicht mehr? Auch nicht-“ Plötzlich klingelte die Schulglocke und ich blickte verschreckt auf. „Ah! Ohje. Der Unterricht..“, sagte ich laut. Sollte ich mit ihm gehen? Aber was meinte er mit Vorbereitung? Wollte ich etwa erst etwas regeln? Ich musste mich erinnern! Gespannt dachte ich nach. – Wenn ich noch den ganzen Schultag hätte, hätte ich mehr Zeit meine Erinnerung wieder zu finden. Vielleicht habe ich das alles nur verdrängt? Ich kann nicht mit ihm gehen, ohne zu wissen was ich gesagt habe. Aber ich kann ihm nicht sagen, dass ich alles vergessen habe! Wenn das so bleibt, könnte er das vielleicht ausnutzen. Was soll ich tun? – Nachdenklich sah ich hinter mich und schaute zu den Schülern die wieder in das Gebäude liefen. „Wenn die Schule vorbei ist, treffen uns wieder genau hier!“, meinte ich und sah über meine Schulter zu ihm. Doch er begegnete mir mit seinem genervten Blick und schwieg. „Eh.. das.. gehört noch zu meiner Vorbereitung!“, grinste ich ertappt und lief langsam von ihm weg. „Du hast gesagt, dass ich mich vorbereiten darf! Also. Wir sehen uns später!“, sicherte ich ihm zu. Er kniff etwas die Augen zusammen, als würde er merken, dass mit mir etwas nicht stimmte. „Hmmh.“ Doch sein Schweigen war eine unterschwellige Zustimmung. Unsicher lief ich von ihm weg und merkte seinen beobachtenden Blick in meinem Rücken. – Hat er etwas bemerkt? – Mich traf ein ungutes Gefühl, weil ich ihm nicht die Wahrheit gesagt hatte. Doch angelogen hatte ich ihn auch nicht. Immerhin, zählte ich meinen Versuch mich zu erinnern auch als Vorbereitung. Mit dem unangenehmen Gedanken, mich einfach von ihm weg zu schleichen, biss auf meine Lippe und ging in das Gebäude. Der Schattenmann stand noch am Tor uns sah mir nach. Als ich aus seiner Sicht verschwand, legte er wieder die Hände gelassen in seine Hosentaschen und zog eine Augenbraue hoch. „Und wann ist die Schule vorbei?“ fragte er sich selber und lief wieder vom Schulhof. Meine Gedanken schweiften umher. Ich setzte mich an meinen Platz im Klassenzimmer und schaute auf meinen Tisch. Die Tatsache, mich nicht mehr an den vergangenen Abend erinnern zu können, lag mir noch schwer im Magen. Es fühlte sich falsch an. Es war wie ein Black-Out nach einer Party. Es war einfach wie ausradiert. Betrübt sah ich auf und schaute aus dem Fenster. Zwischen meiner Grübelei musste ich wieder an den Schattenmann denken. Ich fürchtete mich vor ihm, doch auf einer neugieren Weise gewann er auch meine Aufmerksamkeit. Ich dachte kurz an die Situation am Schultor. Ich dachte an die Mädchen, die ihn ansprachen und ihn umgarnten. Nur weil er nach außen interessant und kräftig aussah, warfen sie sich an seinen Hals. Dabei hatten sie keine Ahnung wozu er fähig war. Und sie hatten keine Ahnung, was er wirklich war. „Dämonen... Dämon....“, sagte ich immer wieder leise um mich zu erinnern. - Es gibt die Dämonenwelt. Und es gibt Dämonen. Die Dämonen leben in der Dämonenwelt. Aberwas ist… - Dann schreckte ich auf. - Moment! Dieser Typ mit den Hörnern war auch ein Dämon. Aber ist es normal, dass Dämonen hier herum laufen? Warum erkannte sonst keiner seine Hörner? Und was war mit dem Vogel? Er wirkte auch, als gehöre er nicht in diese Welt. Aber warum fällt nur mir das auf? - So sausten meine Gedanken durch meinen Kopf ohne, dass mir eine Antwort nahe war. Natürlich ignorierte ich dabei den Unterricht. Ich wusste nicht einmal welches Fach gerade unterrichtet wurde. Mein Schädel brummte. „Warum.. erinner ich mich nicht..?“, flüsterte ich mir verärgert zu und hielt meinen Kopf zwischen meinen Händen. Als ich knirschend auf meinen Tisch starrte, bemerkte ich plötzlich ein zusammengeknülltes Papier, dass auf meinem Tisch kullerte. „Hmh?“ Ich sah mir das kleine rollende Papier an. Dann traf mich ein zweites am Kopf. „Hey... psst!“, flüsterte Nami. Sie saß rechts von mir und versuchte meine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Ich drehte mich zu ihr. „Was denn?“ „Ist alles ok?“, frage sie. „Warum?“ „Ich mache mir Sorgen. Du bist so komisch“, antwortete sie flüsternd. Doch ich hob die Hand und fuchtelte leicht in der Luft. „Nein. Alles ist-“ „YUKI!“, unterbrach mich der Lehrer lautstark. Ich sprang auf und warf meinen Stuhl nach hinten. Schockiert starrte ich nach vorne. „J.. Ja!?“, fragte ich mit aufgerissenen Augen und strammen Stand. „Kannst du wiederholen was ich gesagt habe?“, forderte der Lehrer mich auf und sah mir wütend entgegen. Ertappt blickte ich ihn an. „Ehmm..“, dann huschte mein Blick durch den Raum, in die Augen der anderen Schüler. Ich hoffte auf Hilfe. Doch die Meisten wussten selber keine Antwort. Sie schauten entweder weg, oder grinsten mich breit an. Andere kicherten gehässig. Sie warteten darauf, dass ich mich weiter blamierte. „Du hast ja nicht einmal die richtigen Bücher auf dem Tisch! Was soll das?“, kam es mir wieder von dem Lehrer entgegen. „Ich.. also.. also...“, stotterte ich. „Nachsitzen!“, war sein letztes Wort. Ich biss die Zähne zusammen und wurde ganz starr. Im Hintergrund wurde das Gelächter immer lauter. „Ja...“, ich sah traurig auf meinen Tisch. Stumm setzte ich mich wieder und fummelte nervös an meiner Schleife. - Wie peinlich. Ständig gerate „ich“ in solche Situationen. – Grimmig sah ich dann zu meiner Rechten. Mir wurde ein ertapptes, jedoch mitfühlendes Lächeln von Nami entgegen geworfen. Doch es wäre unrecht gewesen, ihr die Schuld zu geben. Sie wollte mir nur helfen. Statt mich über sie aufzuregen, versuchte ich einfach ruhig zu bleiben. Somit schmollte ich also den ganzen restlichen Unterricht lang. Eine Unterrichtsstunde folgte der anderen. Bis zur letzten Stunde verging die Zeit so langsam wie nie. Wenn man eine schöne Zeit hat, verfliegen die Stunden stets schnell, doch sobald man unangenehme Erfahrungen sammeln musste, schien der Tag niemals zu enden. Es kam noch etwas Englisch, und Erdkunde dran. Zuletzt musste ich nur noch den Kochkurs überstehen. Obwohl mir meine Tagträumerei nur Probleme brachte, konnte ich nicht damit aufhören. Ich wollte meine Erinnerungen vom gestrigen Abend wiederfinden. Dazu versuchte ich einfach den gesamten Tag in meinem Kopf zu rekonstruieren. Mein Nachdenken an den letzten Abend, führte jedoch nur zu mehr Ärger. Ich hob gerade den Top mit den gekochten Nudeln und dem heißen Wasser. Während des Abgießens vergaß ich die Griffe richtig zu halten. – Ich hatte geweint und der Schattenman n hatte mich getröstet.. und dann…- Plötzlich floss das kochende Wasser über meinen Arm. „Ahh!! Heiß!“, schrie ich laut und ließ sofort den Topf fallen. Es schepperte laut und das Essen breitete sich am Boden aus. Meine Mitschüler begafften mich sprachlos, bis mein Lehrer zu mir rannte. „Yuki! Raus!“, wurde ich angeschrien. Beschämt blickte ich um mich. Erbost schließlich schickte mich der Lehrer zum Krankenzimmer. Essen durfte ich also auch nicht mehr mit den anderen. Nachdem ich allein durch die Flure schlenderte, war ich auch schon am Krankenzimmer angekommen. Nachdem ich mich mit einem Klopfen ankündigte, erkannte ich nach dem Öffnen der Tür, dass niemand dort war. Selbstständig kühlte ich meine Hand und rieb die Stelle mit einer Salbe ein. Nach all den Vorkommnissen, hatte ich keine Energie mehr. Ich setzte mich hin und blickte auch den Boden. Es war ganz leise. Niemand war bei mir. „Wenn Deeon nur hier wäre. Er würde sich wieder um mich kümmern. Er würde mir helfen.“, flüsterte ich mir zu. Als ich meine Hand sah, erinnerte ich mich an den Schnitt in meiner Handfläche für dieses Ritual für den Schattenmann. Er hatte diese Wunde sofort geheilt und mir geholfen. Wenn er da wäre, würde er mir nun auch helfen? Schon wieder landeten meine Gedanken bei ihm. Verärgert darüber biss ich die Zähne aufeinander. „SEINETWEGEN hatte ich den Schnitt überhaupt in meiner Hand!“, regte ich mich sinnlos auf. Nur um meine Gedanken vom Schattenmann abzulenken. Ich schnappte mir noch mehr Salbe und rieb großflächig meine Wunde damit ein. Als ich mich wieder beruhigte, strich ich vorsichtig über die Wunde und seufzte nachdenklich. Die Stelle fühlte sich noch immer warm an und es pikste wenn ich sie berührte. Dann nahm ich mir einen weißen Verbandsstoff und umwickelte grob meine Hand damit. Es sah nicht professionell aus, doch es schützte und hielt. Als ich fertig war, sah ich mich im Raum um. Es schien überall noch still denn der Unterricht war noch im Gange. Ich Nutzte die ruhige Zeit für mich und stellte mich träumend an das Fenster. Die Sonne näherte sich bereits dem Horizont. Es war schon spät. Die Schule sollte schon bald vorbei sein. Zumindest für die anderen. Nami wollte ich nicht mehr sehen. Ich war sauer auf sie und das wusste sie genau. Obwohl ich sie gerne um mich hatte, mochte ich auch manchmal die Einsamkeit ohne sie. Es war beruhigend keine Stimmen um mich zu haben. Es tat gut alleine zu sein und in Ruhe über Dinge nachdenken zu können. Ohne dem Zwang von anderen unterlegen zu sein. Hatte ich mich vielleicht schon daran gewöhnt alleine zu sein? Wenn Nami nicht bei mir war, war die Einsamkeit ständig mein Begleiter. Ich war niemand besonderes. Ich war jemand, den man ignorieren und schnell vergessen konnte. Ich war jemand, der Problemen aus dem Weg gehen wollte. Ich war jemand, der versuchte, einfach seine Ruhe zu finden. Ich verstand nicht, wie andere glücklich zu lebten, indem sie sich ständig für eine Gruppe verstellten. Dass man ständig etwas Besonderes sein wollte, nur um den Anderen zu gefallen. Doch nun war auch ich etwas Besonderes. Denn ich hatte einen Pakt mit einem Dämon geschlossen. Mein Leben würde nun anders sein. Doch ich hatte noch keine Ahnung, wie sehr sich mein Leben verändern würde. Ich blieb im Krankenzimmer und verbrachte den Rest der letzten Stunde dort. Nachdem es schon wieder klingelte, trottete ich geradewegs in das Beratungslehrerzimmer, denn mir wurden schließlich sonderstunden aufgezwungen. Genervt stellte ich mich vor die Tür. Dann atmete ich auf und klopfte an. „Herein.“, wurde mir direkt zugerufen. Ich schob die Tür vorsichtig auf und trat ein. Im Raum sah ich jedoch niemanden. Rechts stand ein großer Schreibtisch mit einem riesigen Stapel von Dokumenten und Blättern. Einige fielen schon auf den Boden und andere waren zwischen Seiten von Büchern gesteckt. Hinter diesem Haufen erkannte ich endlich die Glatze eines Mannes. „Ehm...“, überrascht lief ich näher zum Tisch. Ich hörte das Knacken seines Stuhls, als er sich langsam zur Seite lehnte um mir grimmig in die Augen zu schauen. „Yumiko Ohada! Ja, ja, ich habe schon gehört, dass Sie mal wieder kommen.“, sagte der ältere Mann und schob seine Brille auf seinen Nasenrücken. Meinen vollen Namen habe ich schon lange nicht mehr gehört. Aber sobald ich ihn hörte, gab es höchstwahrscheinlich Ärger. „Ich habe leider keine Zeit für Sie! Aber ich weiß, dass die Küche Hilfe braucht! Nehmen Sie sich so einen Schein von dort.“, sagte er weiter und zeigte neben der Tür auf ein Regal, „Dann gehen Sie zur Küchenleitung! Lassen Sie sich den Zettel dort ausfüllen. Sie wissen ja wie das geht! Los los! Ich brauche Ruhe hier!“, schob er mich ab. „Toll...“, schnaufte ich und schnappte mir garstig einen dieser Zettel. Dann ging es auch schon zur Küche. Die Treppe komplett wieder runter, sofort Rechts und den Flur entlang. Nur schleppend ging ich voran. Mit gesenktem Kopf setzte ich einen Schritt nach dem anderen. In Gedanken versunken und nur noch mit dem Wunsch nach Hause zu gehen. Gerade lief ich um die Ecke, da stieß ich plötzlich mit jemandem zusammen. Sein Gang war viel strammer. Darum verlor ich direkt den Halt auf meinen Beinen und fiel zu Boden. Überrascht sah ich wieder auf. „Oh.. eh! Entschuldige...“, stotterte ich. „Ach.. mein Tag kann doch nicht mehr schlimmer werden.“, fügte ich murmelnd hinzu und seufzte. Doch dann blickte ich in die Augen dieser Person. Ich erschreckte mich. Denn ich kannte diesen Jungen. Seinem Blick zufolge kannte er mich auch. „Hörner!“, sagte ich wieder laut und zeigte auf seinen Kopf. Es war dieser grimmig guckende, große aber dünne Junge, mit den ordentlich gekämmten Haaren und der dezenten Brille. Er hatte eine kleine Narbe auf der Wange aber wirkte wie ein Musterschüler. Und ganz besonders stachen seine schwarzen, gedrehten Hörner heraus. Eine angespannte Stille entstand als wir uns ansahen. „Wieso kannst du sie sehen?“, fragte er dann wütend und rückte seine Brille richtig. Doch schnell drückte ich mir meine Hände gegen den Mund. - Das hätte ich lieber nicht sagen sollen.- Mit einem ertappten Gesicht stand ich einfach auf und lief an ihm vorbei. Ich versuchte weitere Blicke zu vermeiden und spürte nur dieses bedrückende, gefährliche Gefühl, das von diesem Jungen ausgestrahlt wurde. Seine stechenden Blicke verfolgten mich weiter und machten mich nervös. Also lief ich etwas schneller. Nur noch den Gang runter. Ich hatte einen stumpfen Tunnelblick dessen Ende die Tür zur Küche war. Mit schnellen Schritten lief ich weiter ohne mich umzudrehen. Aber dieses bedrückende Gefühl wollte nicht aufhören. Wieso wirkte der Gang plötzlich so lang? Als wenn ich nie ankommen würde. Egal wie viele Schritte ich auch machte, ich kam nicht näher. Neben dem leisen, immer schneller werdenden Klopfen meines Herzens, hörte ich nicht nur meine Schritte, die durch den Flur hallten, sondern auch die Schritte dieses Jungen. Er bewegte sich in meine Richtung. Ich versuchte unauffällig hinter mich zu sehen doch traute mich nicht.- Bilde ich mir das vielleicht nur ein? Nein. Er verfolgt mich! - Dann rannte ich los, bloß nicht stehen bleiben. Wenn er nicht hinter mir her war, dann würden seine Schritte auch nicht schneller werden. Ich versuchte mir einzureden, dass diese Schritte nicht mir galten. Doch mein Verfolgter rannte schließlich auch. Panik erfüllte meinen ganzen Körper. Innerlich wollte ich nur schreien, doch nach außen verschloss die blanke Panik meinen Mund. Was sollte ich schon tun? Wegrennen war die beste Möglichkeit, Problemen zu entkommen. Also rannte ich einfach so schnell ich konnte. Die Tür kam endlich näher, nur noch wenige Schritte. Während des Laufens hob ich bereits meine Hand um nach der Türklinke zu packen. Ich spürte den Jungen direkt hinter mir. Ich spürte seinen Atem in meinem Nacken. Ich spürte wie er mir nichts Gutes wollte. Er hatte mich fast. Er griff nach mir. Und dann ging vor mir die Tür plötzlich auf. Sofort blieb ich stehen. Ich sah in ein erschrockenes, altes Gesicht einer dicken, kleinen Dame. Trotz der faltigen Haut und den kleinen Augen riss sie ihre Augenlider so weit auf, dass ich das Funkeln in ihren Augen sehen konnte. „Huch!“ Die Frau trat überrascht aus der Küche. Ich blieb stocksteif stehen. Schnell drehte ich mich um. Dieser Junge müsste direkt hinter mir stehen. Doch ich sah nur einen leeren Gang. Noch einmal sah ich mich genau um. Ich trat etwas zur Seite. Vielleicht hatte er sich hinter den kleinen Schränken im Gang versteckt? Oder ist in einen der anderen Räume gehuscht? Doch es war keine Spur von dem Jungen. Hatte ich mir das doch nur eingebildet? War ich zu paranoid? Doch es fühlte sich echt an. Auch wenn ich es nicht gesehen habe. Der Junge war wie ein Schatten, direkt hinter mir. „Was wollen Sie hier junges Fräulein?“, hörte ich die Dame hinter mir. Verwundert drehte ich mich wieder um und besann mich. Ich schüttelte leicht meinen Kopf um mich zu besinnen. „Ich... ehm... hier... der Zettel. Ich soll hier aushelfen.“, faselte ich. „Gut gut! Dann sind Sie das Mädchen! Man hat mir schon Bescheid gesagt. Hier. Dann können Sie diese Säcke schon mal in die Container bringen! Danach sofort wieder her kommen!“, befahl sie mit ihrer alten Stimme und zeigte auf zwei volle Müllsäcke, welche direkt neben der Tür standen. „Ehm, haben sie diesen Jungen hinter mir gesehen?“, fragte ich leise und griff mir die Säcke. „Welchen Jungen? Los los! An die Arbeit. Nicht quatschen!“, sie klatschte bestimmend in ihre Hände und lief zurück in die Küche. Noch einmal blickte ich in den Gang zurück. Anscheinend war dort wirklich kein Dämon. Mühsam schleppte ich die Säcke einen kleinen Weg, draußen hinter der Schule entlang. Der Weg führte zwischen der Umzäunung der Schule und dem Gebäude her. Ich war alleine. Nervös sah ich mich immer wieder um. Zwischendurch blickte ich panisch hinter mich. - Das kann nicht sein. Der Junge war direkt hinter mir. – Dieser Gedanke ließ mich nicht los. Vielleicht bin ich seit der Dämonenwelt einfach nur paranoid geworden? Ich blickte achtsam zu allen Seiten. Ich sollte vorsichtig sein. Denn ich hatte noch immer dieses ungute Gefühl. Langsam lief ich also den Weg weiter. Er war relativ eng, also musste ich schon von weitem sehen, wenn jemand auf mich zu lief. Nur noch um die Ecke, da standen dann auch die Container. Erneut blicke ich hinter mich, bevor ich die Säcke mit Schwung hinein werfen wollte. Es war niemand zu sehen. Dann hörte ich plötzlich ein lautes Geräusch aus einem der Fenster. Achtsam blieb ich stehen und lief zum Fenster aus dem das Geräusch kam. War es der Junge? Vielleicht war es jemand anderes? „Hallo..?“, fragte ich zögernd und spähte durch das Fenster. Es war dunkel im Raum. Also konnte ich kaum etwas erkennen. Dann sah ich einen Schatten durch das Zimmer huschen. „Da!“ Ich erschrak und hielt den Atem an. Dann spürte ich, wie plötzlich jemand hinter mir stand. Mir lief ein eisiger Schauer den Rücken herunter. Mein Puls wurde immer schneller. Ich merkte wieder einen Atem in meinem Nacken. Hinter mir wurde es plötzlich kalt. Dieses Mal war tatsächlich jemand hinter mir. Da war ich mir sicher. Was sollte ich tun? Ich konnte nicht schnell genug denken um eine kluge Entscheidung zu treffen. Meine Panik überkam mich erneut. Dann packte er mir an die Schulter. „KYAAA!“ Ich schrie und schlug entsetzt mit dem Beutel zu. Doch er wurde mir noch in der Luft aus der Hand geschlagen. Er löste sich und all der Inhalt verteilte sich auf dem Boden. „HEY!“, wurde mir mürrisch entgegen gebrüllt. Ich öffnete meine Augen und stützte mich ängstlich an die Wand. Ein freundliches Gesicht sah mich verdutzt an. Der Schattenmann stand vor mir. Schockiert sah ich ihm lange in die Augen. Ich konnte mich nicht bewegen. Meine Beine zitterten. „Was hast du denn jetzt schon wieder?“, fragte er genervt. Doch ich antwortete nicht. Der Schock klapperte immer noch in meinen Knochen, obwohl ich wusste, dass mir nichts passieren würde und ich glücklich war ihn zu sehen. Immer noch stand ich nur da. Ich senkte schweigend meinen Blick. „Was ist geschehen?“, fragte er und nahm meine verbundene Hand besorgt. Der Schattenmann zog die Augenbrauen fraglich hoch. „Es wäre von Vorteil, Mal auf deine Umgebung zu achten. Denkst du das nicht auch?“, neckte er mich. Doch ich schwieg weiter. Schwach ließ ich auch den anderen Beutel fallen. „Wie soll mir so ein ängstliches Gör helfen können? Sei nicht so tollpatschig“ Er wollte einfach nicht aufhören auf mir herum zu hacken. Für mich war der Tag schon schlimm genug und nun auch noch so etwas. „Hey. Schweigen macht es nicht besser.“, meinte er und ließ meine Hand wieder los. Auch wenn seine Worte nicht böswillig waren, trafen sie mich tief. Ich biss die Zähne zusammen und sah weg. „Und was ist nun schon wieder?“, fügte er noch hinzu. „LASS MICH!“, schrie ich den Tränen nahe und ballte meine Hände. Entgeistert sah er mich mit aufgerissenen Augen an. „Ich hatte Angst...“, fing ich an zu weinen. Ich sah wieder herab. Meine Haare verdeckten mein Gesicht. Einige Tränen kullerten von meiner Wange direkt auf den Boden. „Vielleicht ist das für dich alles normal. Aber ich hatte das Gefühl, um mein Leben Angst haben zu müssen!“, weinte ich weiter. „Ts... typisch Menschen...“, motzte er und griff erneut behutsam meine Hand. Er wollte den Verband sanft abnehmen „Schwach... und ängstlich... Du solltest nicht immer flennen wenn du dich fürchtest!“ Schockiert starrte ich ihn an. Hatte er überhaupt begriffen wie es mir ging? „DU MUSST JA AUCH KEINE ANGST MEHR HABEN! DU LEBST JA NICHT MEHR!“, schrie ich ihn an und riss meine Hand von ihm weg. Ihm blieb kurz die Luft weg. Er starrte mich schockiert an. Doch egal wie sehr es ihn getroffen hatte, egal wie sehr ich ihn damit gekränkt hatte, ich stieß ihn von mir, rannte weg und ließ ihn dort alleine stehen. Weinend rannte ich den Weg zurück. Ich wollte weg von ihm. Ich wollte weg von allem, das mich belastete. Ich versuchte einige Tränen weg zu wischen, doch es folgten immer wieder neue. Ich konnte einfach nicht aufhören. Es brach aus mir heraus. Alle hatten es auf mich abgesehen. Alle verlangten ständig etwas von mir und nie war ich ihnen gut genug. Ich konnte es nicht mehr aushalten. Nach einigen Metern blieb ich winselnd stehen. Dann lehnte ich mich gegen die Mauer. Ich brauchte jemanden. Ich konnte das nicht alles alleine schaffen. „Deeon. Ich wünschte du wärst hier.“, flüsterte ich ins Nichts. Ich stand da und wartete darauf, dass jemand endlich kam und mich hier wegbrachte. Nicht aus diesem Ort. Sondern aus diesem Leben. In ein besseres Leben. Es dauerte, bis ich mich beruhigen konnte. Ich schniefte, streifte meine Haare weg und wischte mir durch mein Gesicht. Dann hörte ich etwas neben mir knacken. Das Fenster an dem ich stand wurde plötzlich aufgerissen. „Was?!“ Ehe ich mich umdrehen konnte, packte mich jemand an meinem Shirt und riss mich gewaltsam durch das Fenster. „AAHH!“, unsanft wurde ich auf den Boden geworfen. Dann stieß ich mir meinen Kopf an der Wand. Jemand griff mich am Hals und hob mich hoch. -Was passiert hier?- Ich konnte nicht klar denken. Meine Hände zitterten. Ich bekam keine Luft. Dann drückte man mich erneut brutal gegen die Wand. Ich konnte nichts erkennen. Mit aller Kraft krallte ich mich in den Arm der Person, die mich würgte. „Was haben wir denn hier?“, freute sich seine Stimme. Ich versuchte ihn zu treten und mich zu befreien. Aber nichts half. Mein Herz raste. Ich spürte meinen Puls bis in den Kopf. „Was für eine außergewöhnliche Seele in diesem schwachen, hübschen Körper ist.“, sprach die Person weiter. Der Druck an meinem Hals wurde stärker. Mir wurde schwindelig. „Nein.. bitte...“ Ich kratzte an seinem Arm. Doch ich wurde immer schwächer. Mit letzter Kraft erkannte ich sein Gesicht. Diese Augen, die Brille, die Hörner! Es war der Junge der mich verfolgt hatte. Er grinste mich verrückt, mit stechend roten Augen an. Dabei schien er noch hochmütig und fühlte sich überlegen. „Ich weiß zwar nicht, warum du in der Menschenwelt bist, aber dieser Ort gehört mir. Ich werde ihn mir nicht wegnehmen lassen. Und deine Seele werde ich mir als erstes nehmen.“ Der Dämon drehte sich um und warf mich mit voller Wucht auf einen Tisch. Stühle vielen dabei um und der Tisch knirschte einige Meter über den Boden nach hinten. Ich konnte mich nicht wehren. „Nein...“, flüsterte ich nach Luft ringend. Dann beugte er sich über mich. Mit seiner anderen Hand fuhr er an meinem Hals herunter. „Genau da.“, lächelte er wie besessen. In der Mitte Meiner Brust drückte er seine flache Hand gegen meinen Brustkorb. Plötzlich spürte ich einen schrecklichen Schmerz. Die berührte Fläche begann zu leuchten und wie Feuer zu brennen. Mir wurde schwindelig. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Kraftlos ließ ich meine Hände am Tisch herunter hängen. Meine Augen verdrehten sich. Ich fühlte mich so kraftlos. So hilflos. Das einzige was ich empfand war der schreckliche Schmerz in meiner Brust. Ich konnte nicht einmal Schreien. Er griff in mich hinein. Seine Hand verschwand in meinem Körper. Dieser Schmerz war so schrecklich. Sollte sich so der Tot anfühlen? Der Dämon griff sich mein Inneres, meine Seele. Ich hatte es gespürt, wie er mit seiner glühenden Hand mein Inneres packte. Meine sanft schwebende Seele, die von seinem Schatten fast zerquetscht und herausgerissen wurde. Er packte zu. Er hatte es fest in der Hand und lachte. „Jetzt gehört sie mir! Sie sieht so lecker aus.“ Dann begann er daran zu reißen. Er zog mich aus meinem Körper. Er zog meine Seele aus meinem Körper. Mein Körper war paralysiert. Ich spürte nur noch ein immer stärker werdendes Pochen in meinen Adern. Mein Blick wurde schwarz. Es war ein grässlicher Schmerz, als er mein Leben aus mir herausreißen wollte. Sein Lachen wurde immer dumpfer. „Warum ist sie so schwer? Diese Seele! Ich will sie!“ Er zog und zog, doch meine Seele blieb in mir. „Warum geht das nicht?!“ Doch dann stoppte er erschrocken und starrte mich entsetzt an. „Was?!“, er riss seine Hand aus meinem Körper und sprang zurück. Mit einem Mal konnte ich wieder atmen. Der Druck in meiner Brust war weg. Voller Panik drehte ich mich zur Seite und schnappte hustend nach Luft. Mir war schwindelig. Ich röchelte nur noch und hielt mir meinen Hals fest. Doch egal wie ich mich bewegte, in meiner Brust steckte noch immer der Schmerz. „Wie ist das möglich! Das ist nicht deine Seele!“, schrie er außer sich. „Wer bist du!?“ Doch ich konnte nicht darauf reagieren. Wieder wollte er auf mich zu rennen und hob seine Hand. „Sag mir wer du-“ Noch bevor er mich jedoch packen konnte, zischte ein Dolch durch den Raum. Er traf seine ausholdende Hand und durchbohrte sein Fleisch. „AARGH!“ Der Dämon hielt sich entsetzt seinen Arm in welchem der Dolch steckte und schrie entsetzt. „Wer ist da?!“ Er brach zusammen und sah zur Tür. Der Schattenmann stand dort. „Du hast recht. Es ist meine Seele.“, sagte er locker und lief mit langsamen Schritten auf ihn zu. Die durchbohrte Hand blutete extrem. „Wer bist du? Moment. Das kann nicht sein!“, mit panischem Blick sah er den Schattenmann an. „Dich gibt es doch noch? Ich werde mich aber nicht von dir besiegen lassen!“ Dann atmete er immer tiefer. Seine Augen wurden finsterer und sein Körper änderte die Form. Er röchelte und lachte mit einer finsteren Stimme. Der Dämon wurde immer größer, seine Haut begann zu rot zu qualmen und seine Hände formten sich zu Krallen. Seine Zähne wurden spitzer, seine Augen angsteinflößender. Seine Kleidung riss an einigen Stellen und die Brille fiel von seiner Nase. Verrückt grinste er den Schattenmann an. „Ich lasse mich nicht aufhalten!“ Dann rannte er auf ihn zu. Mit seiner gesunden Hand wollte er ihn angreifen und holte zu einem kraftvollen Schlag aus. Er war nun viel größer als der Schattenmann und sah auch stärker aus. Doch der Schattenmann hob blitzschnell seine Hand und wehrte ohne großen Aufwand die Faust seines Gegners ab. „Was?!“, erschrak der Dämon panisch. Er fletschte seine Zähne und versuchte erfolglos seine Hand wieder zurück zu ziehen. Der Schattenmann lächelte kurz mit seiner emotionslosen Miene. Dann packte er die Faust fester, drehte sie und brach ihm damit das Handgelenk. Der Dämon riss fassungslos die Augen auf, fiel auf die Knie und schrie wie am Spieß. „AAH!! Du Monster! Das wirst du bezahlen! Du mieser Dreckskerl!“ Unbeeindruckt von seinen Worten, legte der Schattenmann einen Finger auf die, von Schmerz verzogene Stirn des Dämons. Dann schnipste er dagegen. Mit enormer Kraft wurde der Dämon an die Wand geschleudert. Er prallte an ihr ab und fiel auf die Knie. Ich sah wie der Schattenmann durch den Raum schritt. Langsam. Voller Geduld. Diese bedrohliche Aura kam wieder von ihm. Sollte ich auch Angst vor ihm haben? Er wirkte anders. Es wirkte gefährlich. Ich konnte mir nicht sicher sein, was er vor hatte. „Du mieses Schwein!“, zitterte der Dämon. „Achso?“, fragte der Schattenmann und kniete sich zu ihm. Mit gelangweilter Miene griff er nach seinem Messer, das noch immer in der Hand des Dämons steckte. „Nein!“, bettelte dieser. Schließlich riss der Schattenmann sein Messer in die Vertikale und spaltete die riesige Pranke des Dämons. Ein heftiger Blutfleck spritze auf die Tapete. Der Dämon brach zu Seite. Er kreischte wie verrückt. „Gaaar! Meine Hand!!“ Ich realisierte nur noch die Schreie des Dämons. Wie er immer lauter wurde. Wie die Schmerzen immer tiefer gingen. Und ich spürte die kalte Freude des Schattenmannes. „Nein...“, flüsterte ich und kam langsam wieder zu mir. „Stopp..“ Ich drehte mich weiter und streckte meine Hand nach ihm aus. Ich wollte nicht, dass er so etwas grausames tat. „Bitte...“, schwach versuchte ich mich aufzustemmen. Doch der Schmerz in meiner Brust brannte weiter und hielt mich zurück. Jede Bewegung schmerzte. Jeder Ton aus meinem Mund feuerte das Brennen an. Doch der Schattenmann hörte mich nicht. Er legte seine Hand auf das Kinn des Dämons und drehte sein Gesicht etwas. Mit kaltem Blick schaute er ihm arrogant in die Augen und lächelte. „Mieser Bastard..“, krächzte der Dämon schmerzerfüllt. „Du sagst ja immer noch so schmutzige Worte“, antwortete der Schattenmann. Dann griff er den Kiefer des Dämons. „Nein! Nein!“, schrie sein Gegner. Es knackte laut, dann folgte ein Schreien und schließlich riss der Schattenmann mit einem Ruck den Kieferknochen aus seinem Gesicht. Im Hintergrund schallten noch immer seine schrecklichen Schreie. Ich konnte mich noch immer kaum bewegen. „Nein!“, mit letzter Kraft wollte ich aufstehen. Ich setzte mich also auf und stellte meine Füße auf dem Boden ab. Ich stemmte mich zitternd auf meine Beine. „Aufhören...“ Egal was der Dämon getan hatte. Ich wollte nicht, dass er ihn quälte und ich wollte nicht, dass er ihn tötete. Langsam verlor ich die Kraft aus meinen Beinen. Erst einen Schritt, dann den zweiten. Doch ich wackelte schwach. Mir wurde übel. Mein Magen krampfte sich zusammen. Alles kam mir so dunkel vor. Verschwommene Bilder umgaben mich. Ich versuchte mich auf einen Stuhl zu lehnen, doch warf diesen direkt um. Auch ich verlor den Halt auf meinen Beinen und fiel zu Boden. „Hör auf..“, waren meine letzten Worte, als ich mich am Boden liegend wieder fand und erschöpft die Augen schloss. Plötzlich verstummten die Schreie. Es war leise. Einen Moment lang geschah nichts. Als ich verwirrt aufsah, kniete der Schattenmann vor mir. „Alles in Ordnung?“, fragte er erschrocken. Sein Gesicht war voller Blut. „Hör auf... bitte.“, stotterte ich kraftlos, als er mich auf meinen Rücken drehte. Seine kalten Hände hoben mich sanft in seinen Schoß. Ich fühlte mich müde und ließ mich einfach von ihm halten. Noch immer hatte ich diesen tiefen Schmerz in meiner Brust der mich nicht verließ. Dieser Schmerz zerrte an mir. Er zerrte noch an meinem Leben. Es waren Flammen die unermesslich in mir loderten und mich von innen verbrannten. Doch sollte mich der Schmerz beängstigen? Was hatte der Schattenmann vor? Würde er mich nun auch quälen? Würde er sich rächen, nachdem ich ihn doch beleidigt hatte? Würde er mir noch mehr Schmerzen bereiten? „Ich.. habe Angst...“, flüsterte ich zögerlich, doch konnte mich nicht von ihm wegdrücken. Er sah mich behutsam an. „Ich bleibe bei dir. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.“ Dann legte er seine kalte Hand auf meine warme Stirn. „Ich habe vor dir .. Angst...“, zitterte aber meine Stimme. Er starrte mich verständnislos und erschrocken an. „Du hast ihn getötet.“, erklärte ich wimmernd. Aber er schüttelte seinen Kopf. „Nein... Nein! er lebt noch. Er ist weg. Alles ist gut.“, antwortete er besorgt. „Es tut mir leid...“, gestand er. „Es war meine Schuld... bitte verzeih mir.“ Ich war überrascht. Hatte er den Dämon doch nicht getötet? Hatte er auf mich gehört? Kam er doch zur Vernunft? Nun beugte er sich langsam vor. „Das wird etwas kalt...“, flüsterte er. Dann legte er seine eisige Hand an die brennende Stelle. Seine Berührung war beruhigend, sanft und lindernd. Der stechende, heiße Schmerz verging. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Diese sanfte Kälte löschte langsam das stechende Feuer in meinen Körper. Endlich konnte ich wieder atmen. Diese Eiseskälte durchfuhr meinen gesamten Körper. Ich merkte das leicht stechende Gefühl der Kälte bis in die Fingerspitzen, als würde ich in Schnee packen. Ich fühlte mich sicher. Nachdem ich tief einatmen konnte, hauchte ich nun eisige Luft aus. Dann blinzelte ich und sah in seine Augen. Das Blut in seinem Gesicht war verschwunden. Alles was ich sah war er. Er hielt mich fest und blieb bei mir. Wir sahen uns eine Zeit lang schweigend an. Behutsam hielt er mich sicher in seinen Armen und bemerkte die Linderung des Schmerzes in meinem Gesichtsausdruck. „Besser?“, seine Stimme klang ruhig und meine Hände hörten auf zu zittern. Ich lächelte ihn an. „Ja...“ Auch er lächelte. Dieses liebevolle Lächeln kannte ich nicht von ihm. „Danke.“ flüsterte ich erleichtert. Er nickte mir zu. „Hmh“ Wir schwiegen einen Moment und vergaßen alles um uns herum. Es gab nur ihn und mich. Doch auf einmal sah er ertappt weg. Er räusperte sich und legte sofort wieder seine ernste Miene auf. „Du solltest wieder laufen können!“, sagte er streng. „Los, steh auf.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)