Gildenmomente von Yosephia (Auszüge eines Epos') ================================================================================ Seltsames - Beobachtungen einer Katze ------------------------------------- Seit Happy vor Jahren aus seinem Ei geschlüpft war, war er von Dingen umgeben, welche viele als seltsam bezeichnen würden. Seltsame Menschen, seltsame Magien, seltsame Orte, seltsame Tiere und Pflanzen. Ja, selbst seine Gilde wurde oft als seltsam eingestuft. Doch in Happys Weltbild war all das stets irgendwie normal gewesen. Nie war ihm in den Sinn gekommen, etwas davon tatsächlich als seltsam zu benennen. Im Grunde hatte er die Definition des Wortes Seltsam nie anhand eines klaren Beispiels begreifen können. Bisher zumindest. Seit einigen Tagen jedoch kam Happy genau dieses Wort immer wieder in den Sinn, wenn er seine beiden Teamkameraden beobachtete. Denn Natsu Dragneel und Lucy Heartfilia verhielten sich in der Tat seltsam… Vor einer Woche hatten sie Magnolia erreicht und all die anderen Mitglieder von Fairy Tail wieder getroffen, die von Lucy einen Brief erhalten hatten. In den Tagen, die darauf folgten, hatten sie begonnen, die Gildenhalle aufzubauen. Wieder einmal. Allmählich bekam Happy das Gefühl, dass die Gildenhalle häufiger in Trümmern lag, als dass sie intakt war. Jeden Morgen holten Natsu und Happy seitdem Lucy aus ihrer Wohnung ab – wobei sie jeden Morgen durchs Fenster stiegen und aus irgendeinem Grund war Lucy trotz allen Gebrülls, sie sollten doch gefälligst die Tür nehmen, bisher nie auf die Idee gekommen, das Fenster von innen zu verriegeln. Zu dritt gingen sie dann zur Baustelle und packten dort mit an, wo Hilfe gebraucht wurde. Bis in den Abend hinein arbeiteten sie dort, ehe Lucy sich auf dem Weg zu ihrer Wohnung machte und Happy mit Natsu nach Hause gingen. Das war an und für sich ein vollkommen normaler Tagesablauf. Nichts, was Happy jemals zu denken gegeben hätte. Doch da gab es diese Momente – oft nur ganz kurze –, die waren wirklich seltsam… Happy hatte das Gefühl, als würden Natsu und Lucy oft zueinander blicken. Immer zu anderen Zeiten, wenn der jeweils andere gerade nicht hinsah. Jedes Mal schienen sie dabei um Heimlichkeit bemüht zu sein. Und ihre Gesichtsausdrücke dabei wirkten auch nicht so wie sonst. Irgendwie wirkten Beide sehr viel sanfter, was für Happy sowohl bei Natsu als auch bei Lucy sehr ungewohnt war. Manchmal ließ Natsu seine Arbeit einfach liegen, um Lucy bei ihrer Arbeit zu helfen – und nicht immer schleppte sie dabei irgendetwas Schweres, zumal Happy sowieso der Meinung war, dass Lucy sehr viel mehr schleppen konnte, als viele es ihr zutrauen würden, auch wenn sie sich gerne anderweitig beklagte. Allerdings schien Lucy sich auch gerne von Natsu helfen zu lassen. Mitunter wirkte es sogar beinahe so, als würde Lucy nur so tun, als wäre ihr etwas zu schwer, nur damit Natsu ihr half. Vielleicht hatte das alles noch etwas mit Lucys Gefühlsausbruch zu tun, als sie Magnolia erreicht hatten. Happy hätte zwar an Natsus Stelle eher versucht, Lucy aufzuheitern, aber womöglich war Natsu zu dem Schluss gekommen, Lucy umsorgen zu wollen. Ganz so, als ob sie krank wäre. Und vielleicht war Lucy in gewisser Weise tatsächlich angeschlagen, wenn sie sich doch so ungewöhnlich zahm verhielt. Aber sobald einer der Anderen dazu trat, wirkten Natsu und Lucy wieder ganz normal. Natsu stritt sich jeden Tag mindestens dreimal mit Gray und lieferte sich mindestens eine Prügelei mit einem der Gildenmitglieder. Lucy wiederum steckte so wie früher oft mit Levy, Cana, Mirajane und Lisanna die Köpfe zusammen und redete mit ihnen über… nun gut, das war etwas, was Happy zugegebenermaßen schon immer als seltsam betrachtet hatte. Frauengespräche waren definitiv ein Mysterium für sich. Das alles hätte Happy ja noch als Einbildung abtun können, wenn Natsu nicht seit dem fünften Tag jeden Abend Lucy nach Hause begleitete – und dabei Happy auch nachdrücklich dazu aufforderte, schon mal nach Hause zu ihrer Hütte zu fliegen, anstatt ihm und Lucy Gesellschaft zu leisten. Natsu schien sehr viel Wert darauf zu legen, Zeit alleine mit Lucy zu verbringen, und diese schien das ebenfalls so zu wollen. Von kameradschaftlicher Fürsorge konnte dabei nun wirklich keine Rede mehr sein, denn Lucy war nun wirklich nicht schwach und musste daher nicht beschützt werden, das hatte sie oft genug – und auch seit dem Wiedersehen – unter Beweis gestellt. Ganz zu schweigen davon, dass in Magnolia sowieso keine Gefahr drohte. Auch lag Lucys Wohnung nicht unbedingt auf dem Weg, wenn man von der Gildenhalle zu Natsus Hütte wollte. Es passte einfach hinten und vorne nicht, dass Natsu die Stellargeistmagierin unbedingt jeden Abend begleiten wollte. Und dann war es ja keineswegs so, dass er sie einfach nur bei der Wohnung absetzte und dann zur Hütte kam, nein, jeden Tag kam er etwas später nach Hause und jedes Mal wirkte er noch ein wenig zufriedener. Das Lächeln, welches jeden Abend auf Natsus Lippen lag, wenn er schließlich nach Hause kam, war so unnatsuhaft, dass es für Happy beinahe schon verstörend war. Normalerweise verstand Happy immer, wie sein Partner und Ziehvater sich fühlte, wenn er lächelte, aber dieses Lächeln konnte er partout nicht einordnen. Es war schlicht und einfach seltsam. Am siebten Tag kehrte Natsu erst mitten in der Nacht in die Hütte zurück. Happy stellte sich schlafend und bekam so mit, wie der Drachentöter sich summend der Weste entledigte und sich dann in die Hängematte sinken ließ, ehe er einen Seufzer von sich gab. Einen Seufzer! Seit wann seufzte Natsu? Happy konnte sich nicht erinnern, wann sein Freund das jemals zuvor getan hätte! Und dann war dieser Seufzer auch noch so – ja, schon wieder – seltsam. Nicht so wie die resignierten Seufzer, die man häufiger mal von den vernünftigeren Gildenmitgliedern zu hören bekam. Auch nicht so wie Lucys frustrierte Seufzer. Sondern einfach anders. Ganz und gar untypisch für Natsu Dragneel… „Natsu und Lucy verhalten sich seltsam!“, beklagte Happy sich am nächsten Morgen bei Pantherlilly und Charly, nachdem er alleine hatte zur Gilde fliegen müssen, weil Natsu der entschieden hatte, er würde Lucy alleine abholen gehen. Aufgelöst wedelte der blaue Ekceed mit den Armen vor seinen Freunden herum, die jedoch eher unbeeindruckt wirkten. „Kannst du das konkretisieren?“, fragte Charly. Sehr umständlich schilderte Happy all seine Beobachtungen und nahm währenddessen verwirrt zur Kenntnis, wie Pantherlilly ahnungsvoll zu grinsen begann, während Charly beinahe gelangweilt wirkte. „Irgendwann musste es ja so weit kommen. Sogar Gazille hat es schon bemerkt“, stellte Pantherlilly schließlich fest. „Die ganze Gilde hat es bemerkt. Es ist Thema Nummer Eins, wenn die Beiden nicht da sind“, erklärte Charly und schüttelte verständnislos den Kopf. Verwirrt blickte Happy von einem zum nächsten. „Aber was ist denn nun mit ihnen? Sind sie krank?“ „So könnte man es auch nennen“, gluckste Pantherlilly und tätschelte beinahe gönnerhaft Happys Schulter. „Irgendwann wirst du es auch noch verstehen, Happy.“ Und ohne eine weitere Erklärung kehrte der schwarze Ekceed zur Gildenbaustelle zurück. „Es ist wirklich nicht weiter spannend. Ignoriere es einfach“, riet Charly ihm und ging auch einfach. Schmollend schüttelte Happy den Kopf. Er verstand die Andeutungen seiner Freunde nicht. Er verstand das alles nicht! Alles war seltsam! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)