Alles rein geschäftlich! von Hotepneith (Izayoi und der Höllenhund) ================================================================================ Kapitel 16: Izayois Alptraum ---------------------------- Izayoi duschte hastig, ohne zu realisieren, dass ihre Hände frei waren, sie einen kleinen Aufschub bekommen hatte. Sie wusste nicht, ob sie keine Tränen mehr hatte und diese durch das warme Wasser ersetzt wurden oder nur fortgespült. Sie wusste nicht, wie viel Zeit um war, bevor ihr Cousin, ihr Verlobter....nein, ihr Entführer und Takemarus Mörder, ehe Onigumo kommen würde. Dann wollte sie, musste sie, wieder angezogen sein. Nur das zählte noch, dem Befehl gehorchen, sich nicht weiteren, ungewissen Risiken aussetzen, nicht ... Sie wusste nicht, was ihr für ein Ende bevorstand. Sie wusste nur, dass sie in einem unlogischen, törichten, blinden Akt der Selbsterhaltung alles vermeiden würde, was das Ende noch grausamer oder schneller kommen ließ. So zog sie sich zitternd den Yukata an, froh, dass dessen Gürtel im Gegensatz zu einem Kimono nicht von jemand anderem gebunden werden musste, froh, dass sie wohl schnell genug gewesen war, denn ER war noch nicht gekommen... Froh – aber obwohl sie dieses Gefühl noch spürte, drang es nicht mehr wirklich zu ihrem Wesen durch. Als Onigumo die Tür öffnete fand er sie stehend, den gleichen leeren Blick, den schon andere vor ihr gehabt hatten. Sie würde ihm keine Schwierigkeiten bereiten, dachte er nur. Und sie würde einen besseren Preis erzielen. Er trat zu ihr. „Wie schade, Cousine, dass ich dich nicht küssen darf. Du siehst bezaubernd aus. Leider würden meine Kunden das merken und vermuten, dass du bei weitem nicht unberührt bist. Das senkt den Pries doch erheblich.“ Mit einem Ruck hatte er sie umgedreht und zog ihre Handgelenke wieder auf den Rücken, band sie fest: „Dieses Fessel würde sich übrigens nur in Salzwasser auflösen. Oh, habe ich dir schon gesagt, dass dein Takemaru sie auch trug?“ Takemaru! Izayoi spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog, aber sie war zu keiner Reaktion mehr fähig. Selbst, als Onigumo sie erneut umdrehte, mit einer raschen Handbewegung ein Klebeband über ihren Mund zog, bewegte sie sich um keinen Millimeter mehr. Alles in ihr schrie nur noch danach zu überleben und ihr Gehirn hatte bereits betäubende Drogen ausgeschüttet um genau das zu erreichen. Sie kam sich wie der einzige helle Punkt in einem schwarzen Universum vor, das Empfinden nur auf sich selbst gerichtet. Alles andere war ausgeschaltet. Zufrieden mit der Fügsamkeit seiner Gefangenen fasste sie der Hanyou am Arm: „Komm jetzt. Wir werden eine kleine Autofahrt zum Hafen machen. In gut einer Stunde werden die Interessenten kommen. Und ich hoffe doch, dass du ihnen gefällst, der Preis sich erhöht. Wenigstens einen Nutzen, den du mir noch bringst, nach all den Unkosten, die ich auf mich nehmen musste.“ Er redet zu viel, dachte sie irgendwann müde, als er auch bei der Autofahrt sprach, davon erzählte, dass und wie er Takemaru beseitigt hatte. Sie wusste nicht, dass der Ausbilder ihres Leibwächters durchaus Recht gehabt hatte: jeder sprach gern über seine Taten, zumal Erfolge, und Onigumo tat dies nun bei der einzigen Person, die er damit verletzen konnte, die aber auch nach seinem Wissen unfähig wäre, nur ein Wort darüber zu berichten – zumindest jemandem gegenüber, den das interessierte. Irgendwann sagte er etwas, dass in ihr doch einen Funken weckte: „Weißt du, Cousinchen, wenn der gute Taishou wüsste, was ich hier mache....wie überaus amüsant, dass ich ihn hier hinters Licht führe und ihm unter seiner Hundenase auch den ganzen Konzern wegschnappe. Das ist doch richtig zu lachen...nein, du lachst nicht? Humorlos auch noch...Nun, mir soll es gleich sein. Ich siege gegen einen arroganten Hund auf der ganzen Linie, der mir so unerwartet in die Quere kam“ Der Taishou. Irgendwie drang dieser Name durch die Schwärze der Verzweiflung wie der erste Stern am Abend. Izayoi klammerte sich an diesen vagen Lichtschimmer und versuchte nachzudenken. Der Taishou... Er war der Herr der Youkai, er hatte die Verträge unterschrieben, dass Dämonen und Menschen in Frieden miteinander leben sollten, er hatte versprochen sie zu schützen... Wenn sie den...oh, es war kaum zu denken....Kaufinteressenten sagte, dass der Taishou ihr Beschützer war....würden sie sie dann nicht laufen lassen? War nicht allein dieser Name schon Grund für einen Youkai zur Furcht? Sie sah mit ein wenig Hoffnung aus dem verdunkelten Autofenster. Keiner würde sie hier drin sehen können. Onigumo plante alles perfekt. Womöglich hatte er Recht und niemand würde je erfahren was aus ihr oder auch Takemaru geworden war....So kalt, wie ihr Cousin von dessen Tod erzählt hatte, davon, was im Meer mit der Leiche...mit dem Toten wohl geschehen würde, dass er einen Plan im Plan hatte....Onigumo hatte perfekt gedacht. Und womöglich auch den Taishou einberechnet. Das klang so. Sie hatte wohl wirklich keine Ursache zu auch nur einem Funken Hoffnung. Draußen glitten Menschen und Bürohäuser an ihr vorbei, keiner ahnte etwas von ihrer Lage. Die Häuser wurden immer einfacher, sie überquerten mehrere Gleise, dann erkannte sie langgestreckte Häuser, Lagerhäuser, dachte sie in Erinnerung an Filme, die sie hatte ansehen dürfen. Wo war sie nur? Die Sonne schien auf etwas Glitzerndes? Das Meer? Onigumo fuhr immer tiefer in das Gelände bis er offenkundig ältere Lagerhäuser erreichte, die nicht wie die anderen aus Stahl und Blech errichtet worden waren, sondern aus Ziegeln. Hier parkten auch keine Autos mehr, alles wirkte schrecklich still und einsam - so, wie sie sich fühlte. Die Fenster der oberen Stockwerke besaßen keine Scheiben mehr, als der Wagen endlich stoppte. Onigumo stieg aus: „Komm nur, Cousine.“ Er öffnete ihre Tür und zog sie aus dem Auto. Er wusste, dass, ließe er sie allein, sie womöglich doch noch einen Fluchtversuch wagen würde. Verzweiflung hatte schon manches seiner Opfer in blinder Panik davon rennen lassen. Und dort vorn lag das Meer. Nicht, dass er Izayois Selbstmord bedauern würde, aber seine Kunden wären ungehalten sich umsonst auf den Weg gemacht zu haben. Da das doch ein recht problematischer Abnehmerkreis war sollte er das vermeiden. Und schon morgen den besorgten liebenden Cousin spielen, vielleicht gar den Taishou anrufen und diesem beunruhigt erzählen, dass sich Izayoi samt ihrem Leibwächter eigenartig verhalten hatten und jetzt verschwunden waren. Ja, besser am Telefon, da konnte die feine Hundenase nicht alles wittern. Er fasste sie am Arm und zog die nicht Widerstrebende mit zu einer Tür, schloss diese auf: „So. Hier sind wir. Du brauchst auch gar nicht nach einer Nummer oder Bezeichnung suchen, diese Häuser werden nicht mehr benutzt und sollen abgerissen werden.“ Wieso sollte sie sich umsehen, dachte sie. Er hatte ja alles geplant. Es gab keine Hoffnung für sie, nur die Schwärze ihrer Verzweiflung, die sich wie ein dichter, aber kalter, Mantel um sie geschlossen hatte. Sie betraten einen kleinen Vorraum, von dem aus drei Türen abgingen. Ohne zu zögern ging Onigumo nach links und öffnete die Stahltür: „Hereinspaziert.“ Er griff zum Lichtschalter: „Leider kann ich deine Schönheit nicht in so ganz das rechte Licht setzen, sie haben nur noch eine Notbeleuchtung an,“ spottete er, als er sie in einen Raum von acht auf acht Metern führte, an dessen linker Wand sich eine Art Podest befand, das Izayoi nicht erkannte und auch nicht erkennen wollte. Es war aus Holz, aber sie hatte nie zuvor in ihrem Leben Paletten gesehen, erlebt, wie Dinge transportiert wurden. Drei dieser Holzpaletten lagen dort an der Wand nebeneinander. Onigumo zog sie hin: „Hier, setz dich dahin.“ Gehorsam kniete sie sich auf die angewiesene Palette. Nur nichts tun, was ihn verärgerte, nicht noch etwas Grässlicheres mit sich geschehen lassen...Ihm würde etwas einfallen, da war sie nur zu sicher. So sah sie bloß teilnahmslos zu, wie er aus einer Kiste Kissen besorgte, sechs davon in einem Halbkreis vor sie legte – die Plätze für die, die kommen würden... Auf die Holzpalette neben ihr stellte er einen erstaunlich hohen Tisch, selbst für westliche Maßstäbe, aber sie wunderte sich nicht einmal mehr, dass dieser Onigumo bis zur Brust reichte. Das sah so ähnlich aus wie im Fernsehen, wenn Leute eine Ansprache hielten. Dann warf er sich einen grauen, haarigen Umhang über, auf dessen Vorderseite halb das Gesicht eines Affen hing – künstlich, wie sie nach einem ersten Schrecken doch sah. Er wollte nicht wiedererkannt werden. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als der Hanyou innehielt: „Ah,“ sagte er: „Du kannst es natürlich nicht hören, Cousinchen, aber da kommen zwei oder drei Autos. Dann wird es eine richtige Versteigerung. Nun ja, ich habe auch Werbung für dich gemacht. Glaub mir, unberührte Prinzessinnen aus altem menschlichen Adel gibt es nicht so häufig, zumal du ja auch ganz ansehnlich bist.“ Warum nur redete er so viel, dachte sie müde, lauschte jedoch unwillkürlich auf das jetzt auch für sie wahrnehmbare Motorengeräusch, das stoppte, anfuhr, verschwand, ehe das nächste sich näherte. Die Youkai kamen einzeln. Als die Tür geöffnet wurde, sah sie instinktiv hin – und spürte einen scharfen Stich, als jähe Panik sie aus ihrer Teilnahmslosigkeit weckte. Dort kam ihr Ende, ihr Schicksal, herein, grässlich und sicher. Die Tatsache, dass die drei Unbekannten lange, schwarzen Umhänge trugen, deren Kapuzen auch ihre Haare und Ohren verbargen, ebenso, wie eine Maske ihre Gesichter, diente nur noch einer Steigerung. Alle trugen eine schmale Aktentasche oder einen -koffer in den Klauen Eine Hand auf ihrer Schulter verhinderte ihren unwillkürlichen Fluchtversuch: „Ja, genau, meine Liebe, sieh dir deinen zukünftigen Besitzer nur an. - Guten Abend, die Herren. Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, um dieses ungewöhnliche Stück für Ihre Sammlung zu erwerben. Bitte, nehmen Sie Platz. Wie Sie sicher wissen, ist der Termin für neunzehn Uhr angesetzt, und ich möchte doch fair sein. Warten wir, ob noch jemand kommt, der mitbieten möchte.“ Die drei Maskierten setzten sich und musterten Izayoi interessiert, die verlegen zu Boden blickte. Das war peinlicher, demütigender, als sie es sich zuvor vorgestellt hatte – und jedes Aufbegehren ihrerseits würde alles nur noch schlimmer machen. Nur zu Boden sehen, wenigstens diese Geste der Scham blieb ihr, bis jetzt. Sie wusste ja nicht, was ihr Cousin sich noch so alles ausgedacht hatte, was hier gewöhnlich passierte...Sie war allein und das war ihr Schicksal. Ein vierter Youkai, ebenso maskiert, kam herein und setzte sich schweigend zu den Anderen. Nur an den aus dem Umhang sehenden Fingern konnte man die zu langen Nägel erkennen, die Art der Fremden. Onigumo war zufrieden. Bei vier Kunden von gewöhnlich sechs, die überhaupt an derartiger Ware interessiert waren, konnte er davon ausgehen, dass zwei sich gegenseitig emporsteigern würden. Er warf einen Blick auf die Armbanduhr: „Es ist genau sieben, meine Herren, so dass wir nun beginnen. Schließlich möchte ich gerecht sein und wir können kaum auf jeden Nachzügler warten. - Sie sehen hier ein überaus seltenes Exemplar vor sich – gut erzogen, gewohnt daran sich unterzuordnen. Sie spricht japanisch. Bewundern Sie ihre langen Haare, das hat kaum ein Mensch, nicht wahr, zu allem Überfluss ist sie streng gehalten worden und absolut unberührt.“ Izayoi wusste nicht mehr, was sie empfand oder auch nur empfinden sollte. Alles versank in der Schwärze der Verzweiflung, der Demütigung, des Ausgeliefertseins. Sie starrte bewegungslos auf den Boden vor sich, spürte, wie ihr Cousin ihre schwarzen Haare emporhob, um deren Fülle zu zeigen. „So meine Herren, als Anfangsgebot möchte ich zehntausend. - Ja, das ist mehr als gewöhnlich, aber das ist auch eine außergewöhnliche Ware. Wem das zu viel ist kann ja auch schon gehen.“ „Sie ist noch Jungfrau, sicher?“ erkundigte sich einer. „Ganz sicher,“ bestätigte Onigumo fast vergnügt: „Immerhin ist sie meine Verlobte.“ Die Fremden lachten auf und er fiel ein. Höllenwesen, dachte Izayoi nur, die die Blicke förmlich spüren konnte: sie waren böse Geschöpfe der Hölle... „Elftausend,“ sagte einer der Youkai sachlich: „Wie vereinbart in bar und in gebrauchten Dollarscheinen.“ „Elftausend,“ bestätigte Onigumo nüchtern: „Weitere Gebote?“ „Zwölf.“ Das war.....Izayoi spürte, wie ihre Kehle sich zusammenzog. Aber sie konnte nicht weinen, konnte durch den verklebtem Mund nichts sagen, bitten...Es waren Höllenwesen. Und sie würden sie der Hölle ausliefern. „Fünfzehn,“ sagte einer, ohne, dass die Gefangene es ahnte, zu ihrem Glück. Zwölftausend waren Onigumo zu wenig und er hatte bereits überlegt, wie er das Interesse ein wenig anheizen könnte. „Fünfzehnfünf, wenn sie nicht unter Drogen steht,“ bot ein weiterer, ehe er beiseite blickte – wie alle Männer im Raum. „Das tut sie nicht,“ sagte Onigumo eilig, ehe er überrascht zur Tür sah. Izayoi erkannte als Mensch und in ihrer betäubungsähnlichen Stimmung erst, dass etwas geschehen war, als die Tür zufiel. So hob sie etwas den Kopf und blickte ebenfalls zum Eingang. Noch ein maskierter Youkai war gekommen, einen schmalen Lederkoffer in der Hand. Er musterte sie kurz, dann die anderen seiner Art, ehe er zu dem Auktionsleiter sah. Das Menschenmädchen starrte wieder zu Boden. Nichts hatte sich geändert. Sie war verloren, der Hölle ausgeliefert. „Wie viel ist geboten?“ Die Stimme klang fast gelangweilt. Der Hanyou wollte bereits antworten, ehe einer der bisherigen Bieter prompt meinte: „Sechzehntausendfünfhundert.“ Er wollte sich das nicht entgehen lassen. „Siebzehntausend.,“ warf der Nächste ein. Alle Youkai besaßen genug Instinkt um zu erkennen, dass dieser Artgenosse gefährlich war, auf die eine oder andere Weise. Der Neuankömmling nickte knapp und machte einige Schritte vor, scheinbar, um zu den Kissen zu gehen, ehe er noch einmal Izayoi betrachtete: „Fünfunddreissigtausend.“ Onigumo rang nach Atem. So viel hatte ihm noch keines seiner Opfer gebracht. Vorsorglich warf er einen Blick in die Runde, aber die anderen Kunden hoben die Hände. Das Bieten war für sie vorbei. Spaß war eine Sache – Wirtschaftlichkeit eine andere. So sagte er nur: „Wenn Sie, wie vereinbart, die Summe in bar und in gebrauchten Dollarscheinen dabei haben, gehört diese entzückende kleine Puppe Ihnen.“ Der Maskierte legte seinen Aktenkoffer wortlos auf den hohen Tisch. Der Hanyou öffnete und zählte geübt: „Vielen Dank. Sie haben ein ausgezeichnetes Geschäft gemacht. - Soll ich sie wie üblich transportfertig machen?“ Der maskierte Youkai nickte nur. Izayoi, die von dem Geschehen noch immer völlig erstarrt war, bekam, ehe sie auch nur begreifen konnte, einen schwarzen Sack über den Kopf gestülpt. Erst, als ihr Cousin sie emporzog, sie die Hand eines Anderen an ihrem Oberarm fühlte, begriff sie. Verkauft! Sie war verkauft worden! An einen Youkai, ein Höllenwesen, in dessen Hand sie sicher ihr Ende finden würde, nach, die Götter wussten allein was.... Ihre Kehle war wie zugeschnürt, ihre Augen brannten ohne Tränen. Verkauft! Aber sie hatte keine Wahl als mit dem Unbekannten mitzugehen oder eher zu stolpern, da sie nichts sah, keinerlei Orientierung besaß. Keine zwei Minuten später fühlte sie sich hochgehoben. Noch ehe ihre Panik ihre Betäubung durchdringen konnte, wurde sie sich abgesetzt, eine Tür schlug zu. Sie saß hinten in einem Auto begriff sie, während ihr ...Besitzer vorne einstieg und anfuhr, extrem schnell, als wolle er weg sein, ehe die Anderen das Lagerhaus verließen. Für einige Minuten bekam sie nichts mit, verloren in ihrer dunklen Welt der Verzweiflung. Sie zuckte erst zusammen, als das Auto hielt, der Motor erstarb. War es hier? Ihr Schicksal, was auch immer es sein mochte? Die Tür wurde geöffnet und sie spürte wieder den festen Griff des Höllenwesens an ihrem Arm. Sie wurde aus dem Wagen gezogen, fast nicht mehr in der Lage selbst zu stehen. Die Finger fassten ein wenig fester, als ob sie ihr Halt geben wollten. Ihr Käufer sagte ruhig: „Teile meinem Herrn und Vater mit, dass ich ihm eine nette Überraschung mitgebracht habe. - Kommen Sie.“ Die unerwartet höfliche Anrede beruhigte das verängstigte, seelisch geschockte Mädchen tatsächlich soweit, dass sie selbstständig mitgehen konnte, geführt durch scheinbar endlose Gänge. Etwas sirrte, klang metallisch, dann schob sie der Youkai vor sich und zog ihr diesen schrecklichen Sack vom Kopf. Sie erkannte erst auf den dritten Blick ein Zimmer, ausgelegt mit Tatamimatten, an der Mitte der einen Kopfseite jedoch ein Bett im westlichen Stil, gegenüber eine andere Tür, kein Fenster.... Während sie noch Zeit benötigte um etwas zu sehen und gar zu begreifen, spürte sie schmerzhaft, dass ihre Fessel gelöst worden war. Ihre Arme, plötzlich wieder in Normalhaltung fallend und von Blut durchflossen, taten weh. Sie fuhr herum, als etwas hinter ihr klappte und starrte erschreckt auf die Metalltür vor sich. Sie war gefangen. Hilflos und panisch wollte sie dagegen schlagen, ehe ihr immerhin zu Bewusstsein kam, dass sie nicht mehr gefesselt war – und, dass sie allein war. Was auch immer der Youkai oder gar sein Vater mit ihr vorhatten passierte erst später. Eine Gnadenfrist von ungewisser Länge. Jetzt erst dachte sie daran, dass sie sich den Klebestreifen vom Mund abreißen könnte und tat dies, ehe sie versuchte die Tür zu öffnen. Aber die war aus Metall und sie besaß keine Möglichkeit sie beiseite zu schieben oder auch eine westliche Klinke zu benutzen. Langsam drehte sich Izayoi um. Die andere Tür.... Es war ein reiner Fluchtinstinkt, der sie dort hinüber stolpern ließ. Sie fand sich in einem kleinen Bad wieder, mit Dusche, einer Eckbadewanne, Waschbecken. Aber kein Fenster. Keine Chance. Sie brach neben der Toilette auf die Knie, würgend, körperlich und geistig am Ende ihrer Kräfte. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als sie sich mühsam erhob. Sie wollte sich den Mund ausspülen, als sie entdeckte, dass am Waschbeckenrand alle möglichen Artikel standen, klein, aber verpackt und sichtlich neu, wie sie es aus Hotels kannte. Sie war froh, sich ein wenig frisch machen zu können, aber ihr war klar, dass sie wieder hinüber sollte. Die Badezimmertür konnte nicht verschlossen werden, aber sie bot auch keinen Schutz gegen ein Höllenwesen. Sie wollte doch keine Strafe heraufbeschwören, die sicher noch schlimmer wäre... Fast taumelnd ging sie in das Zimmer, ließ sich in die vom Eingang entfernteste Ecke des Raumes fallen und zog zitternd vor Erschöpfung und Angst die Knie an, umarmte sich selbst – der einzige Schutz, der einzige Halt, der ihr geblieben war. Diesmal konnte sie wieder weinen. Sie schrak förmlich zusammen, als die schwere Tür beiseite glitt. Durch den Tränenschleier erkannte sie eine dunkle Gestalt – der Youkai oder sein Vater? „Nein,“ brachte sie irgendwie heraus. Er sagte etwas, das sie in ihrer Aufgelöstheit nicht verstand. „Nein,“ flüsterte sie und streckte die Hände aus, als würde diese lächerliche Abwehr auch nur gegen einen Menschenmann helfen, geschweige denn gegen ein Höllenwesen. „Nein!“ Der dunkle Schemen erstarrte, als sei dieses Wort ein starker Bannfluch, dann war er weg. Izayoi wagte kaum aufzuatmen, aber als sie über ihre Augen rieb fand sie sich wieder allein. So kauerte sie sich zusammen und wartete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)