Der Untergang der Familie Crouch von SweeneyLestrange ================================================================================ Kapitel 1: Verurteilt --------------------- „Nein! Bitte nicht. Ich hab denen nichts getan, ich war das nicht!“ Die panische Stimme hallte von den dreckigen Wänden wieder. Alle Bemühungen, sich aus dem eisernen Griff des Auroren zu winden, waren vergebens. Doch Bartemius Crouch Junior wollte nichts unversucht lassen. „Bitte!“, stieß er hervor und stemmte sich mit der Kraft der Verzweiflung gegen die Seile, mit denen man ihn gefesselt hatte. „Nicht Askaban…“ „Ruhe!“, knurrte Moody und funkelte den Jungen hasserfüllt an. Sein ohnehin schon zerfurchtes Gesicht war zu einer entsetzlichen Fratze des Abscheus verzogen. „Dein Vater wird entscheiden, was mit dir passiert.“ Barty stieß ein hysterisches Lachen aus. „Mein Vater hasst mich!“ „Grund dazu hat er allemal“, spie ein anderer Auror. Irgendjemand verpasste Barty einen groben Tritt. Er stolperte und schaffte es so gerade eben sich zu fangen. Er wollte nicht, er wollte nicht. Er wollte nicht! Seine Machtlosigkeit trieb ihn in eine ohnmächtige Verzweiflung. Jeder Schritt war eine Qual. Jeder Schritt brachte ihn tiefer ins Gefängnis. Er konnte nicht verstehen, wie die anderen ihrem Schicksal so ruhig entgegentraten. Sie hatten alles verloren. Alles! Die kleine Gruppe hatte eine Zelle erreicht. Grob wurden die vier Todesser hineingestoßen. Barty bemerkte kaum, wie Bellatrix einem der Auroren verächtlich vor die Füße spuckte, bevor die Zellentür geschlossen wurde. Zu sehr war er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Er wusste, was mit ihm geschehen würde. Er hatte das Prozedere oft genug in den letzten Wochen erlebt. Wahrscheinlich würden sie nicht einmal einen Prozess bekommen. Er war ein Nichts! Ein Niemand. Ein eisiger Schauer fuhr durch Bartys Glieder. Zitternd zog er die Beine an den Körper und schlang die Arme darum. Sein Blick verlor sich ins Leere. „Er ist fort!“ Barty konnte und wollte nicht glauben, was er hörte. Fassungslos lauschte er den Stimmen, die vom Verschwinden des Dunklen Lords berichteten. „Er ist fort!“ Seine Stimme war heiser, als er die Worte wiederholte. Er spürte Unglauben in sich aufwallen, Wut und Verzweiflung. Das durfte nicht wahr sein! Er sah in die drei Gesichter vor ihm und er konnte erkennen, dass es ihnen genauso erging. „VERARSCH MICH NICHT!“, schrie er wütend und stieß den kleinen Tisch um. Krachend zerbrach das Holz. Porzellan klirrte, als die edlen Teetassen auf dem steinernen Boden zerschellten. Aber das kümmerte ihn nicht. Was sollte es auch? Was sollte es ihn kümmern, wenn sein verdammtes Leben dabei war auseinander zu fallen? „WO IST ER?“ Die schwarzen wunderschönen Linien auf seiner bleichen Haut fingen an zu verblassen. Er tat, als würde er es nicht bemerken, doch irgendwann konnte er sich nichts mehr vormachen: Das Dunkle Mal schwand. „Wir müssen ihn finden!“ Sie mussten ihn finden! Nie hatte er sich mehr verachtet für das, was er tat. Er feierte den Sturz seines Dunklen Lords. Doch er hatte keine Wahl. Er musste. Sein breites Lächeln, seine Freudensbekundungen, sie alle öffneten ihm Türen. Niemand wollte von der Möglichkeit wissen, dass er noch leben könnte. Niemand … bis auf zwei Auroren. Sie wurden wieder aus Askaban herausgebracht und trotzdem klebten diese Parasiten an ihnen. Sechs Dementoren. Sie beraubten Barty jeglichen klaren Gedankens. Er hörte so viele Stimmen in seinem Kopf, Erinnerungen waren da, Erinnerungen, die ihn immer mehr in der Gewissheit bestärkten, dass nichts, rein gar nichts mehr gut werden würde. Er zitterte. Er hatte Angst. Seine Nerven lagen blank und sein Blick war starr auf die Tür gerichtet, die sie in den Gerichtssaal führen würde. Bellatrix neben ihm hatte Haltung angenommen. Sie wirkte beinahe erhaben, wie sie so auf ihr endgültiges Urteil zugehen würde. Und irgendwo spürte Barty Hoffnung. Ein winziges Fünkchen, an das er sich klammerte, denn ihnen wurde ein Prozess gewährt. Wenn er sich anstrengte, vielleicht konnte er dann doch seinen Richter überzeugen. Seinen Vater … Die Tür ging auf, Licht ergoss sich in den dunklen Raum, in dem die vier Angeklagten ausgeharrt hatten, dann wurden sie von sechs Dementoren in den Gerichtssaal gebracht. „Ich bin unschuldig.“ „Bitte schicke mich nicht zurück zu den Dementoren.“ „Mutter, Mutter, lass ihn das nicht tun. Bitte!“ „Ich bin dein Sohn!“ „Du bist nicht mein Sohn. Ich habe keinen Sohn!“ * Sein Kopf dröhnte. Noch immer schienen die Worte seines Vaters in ihm nachzuhallen. Sie verschwanden nicht. Sie steigerten sich zu einer unerträglichen Kakafonie. Er wollte es nicht hören. Er wollte gar nichts hören. Alles, was er wollte, war, dass die Welt endlich wieder in Ordnung werden würde. Doch das war sie nie gewesen. Er war an der Reihe. Sein Blick war vernebelt. Er spürte, wie man ihm das hölzerne Schild in die Hand drückte. Ein Blitz flammte auf. Das Sträflingsfoto war geschossen. Ein Schubs. Er stolperte, sah auf. Alles verschwommen, kalt, einsam, leer. Das Stechen an seinem Hals verlor sich in der tiefen Gleichgültigkeit, die ihn befallen hatte. Gleichgültigkeit, die Dementoren in ihn trieben. Der Schmerz war verklungen. Von nun an war er auf immer als Sträfling gezeichnet. „Mitkommen.“ Die Worte klangen so fern. „Mitkommen!“ Jemand stieß ihn. Schmerz explodierte in seiner Seite, Ketten klirrten, als man ihn unsanft zu dem Boot trieb, das geduldig auf ihn zu warten schien. Das Boot in die Hölle. „Wähnt euch nur in Sicherheit“, rief Bellatrix. Ihre Stimme hatte an Stärke verloren, doch in ihren Augen loderte nach wie vor ein entschlossenes Feuer „Der Dunkle Lord wird zurückkehren und euch widerliche Blutsverräter vernichten.“ Würde er das? Barty glaubte nicht daran. Er glaubte an nichts mehr. Er legte den Kopf in den Nacken und starrte in den dunklen Himmel. Schwere Wolken hingen dort oben und kündeten von einem aufkommenden Sturm. Der Wind zog an seinen Haaren und fuhr ihm in die leichte Sträflingskleidung; brachte seine Glieder zum Zittern. Er schloss die Augen und sog tief die frische Seeluft ein. Eine Träne rann sein blasses Gesicht hinab. Eine dunkle große Tür ragte vor dem keinen Jungen auf. In seiner Hand hielt er ein Zeugnis, auf das er so stolz gewesen war. Doch der Mann, der sich hinter dieser Tür verschanzt hatte, interessierte sich nicht für derlei Belanglosigkeiten. Der kleine Junge senkte den Kopf. Eine Träne fiel auf den kunstvollen Teppich. Die Wellen warfen sich gegen das Boot. Der schwarze Klumpen, der so schwer in seinen Eingeweiden zu liegen schien, wirkte mit einem Mal erschreckend real. Barty wurde schlecht. Der Boden unter ihm schwankte und schaukelte. Als er aufsah, blickten ihm leere Gesichter entgegen. Sie alle standen unter dem Einfluss der drei Dementoren an Bord. Selbst Bellatrix hatte den Kampf verloren. Barty merkte kaum, wie sich alles in ihm verkrampfte. Erst der galleartige Geschmack auf seiner Zunge zerrte Erkenntnis an den Rand seiner Wahrnehmung. Seine Augen blieben auf der Sauerei hängen, die seine Kleidung tränkte, und nahmen sie doch nicht wirklich wahr. „Ich hasse ihn!“, schrie er. Das ungerührte Gesicht seines Freundes blickte ihm entgegen. Die hellen Augen schienen ihn durchdringen zu wollen. Er hasste das. „Was ist?“, fuhr er ihn knapp an. „Nichts.“
Er war wütend. Er war so wütend, weil alles, was er tat, falsch zu sein schien. Niemand schien eine seiner Entscheidungen anerkennen zu wollen. Die schwere Zellentür fiel ins Schloss. Barty war kalt. Er war nass und durchgefroren und stank. Der eisige Nebel in seinen Gedanken lichtete sich allmählich wieder. Mit einem Mal sah er den winzigen Raum, der für die restliche Zeit seines Lebens seine Unterkunft sein sollte, glasklar vor Augen. Den Dreck, den Schimmel, roch den beißenden Gestank, er hörte Schreie und spürte, wie wachsende Verzweiflung ihm den Atem nahm. Er schrie. Blind vor Panik stürzte er an die Tür und klammerte sich an die kühlen Eisenstäbe, die in das vermoderte Holz eingelassen waren. „Bitte nicht! Ich war’s nicht. Holt mich hier raus. Holt mich hier raus. Bitte, holt mich hier raus!“ Plötzlich schüttelte es ihn. Jegliche Wärme verließ seinen Körper und mit ihm jegliche Erinnerung an die schönen Dinge. Die Welt verlor sich in gräulichem Matsch. Die Stärke wich ihm aus den Fingern. Sie wurden schlaff und konnten ihn nicht mehr halten. Er fiel auf den steinernen Boden. Benommen starrte er hinauf zu der Tür, hinter deren Gitterstäbe große schorfige Finger auftauchten und sich an ihnen festhielten. „Mutter“, wimmerte Barty. „Ich bin nicht gut genug“, sagte der kleine Junge mit tränenerstickter Stimme. „Er ist böse auf mich, weil ich nicht gut genug war.“ „Das stimmt doch gar nicht.“ Tröstend strichen ihm die zierlichen Fingerspitzen seiner Mutter durchs Haar und brachten ihn noch mehr zum Weinen. Denn es stimmte: Tief in sich drin wusste er einfach, dass er eine Enttäuschung war, dass er es nie würde richtig machen können. „Mutter, bitte, ich will hier raus.“ Ein ersticktes Schluchzen erklang, das in den Schreien seiner Umgebung unterging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)