Imagine von Shizana (OTP-Bot-Challenge [Ikki & Kent]) ================================================================================ Besuchsregeln ------------- „Nngh!“ Genüsslich streckte Ikki alle Viere von sich. Ein kurzer Blick auf die Wanduhr verriet ihm, dass es bereits nach sieben war. »Mach es dir irgendwo bequem«, hatte Kento zu ihm gesagt, ohne von dem Berg von Zetteln aufzusehen, der vor ihm gelegen hatte. »Ich komme später zu dir.« Allmählich zweifelte Ikki daran. Eigentlich hätte er es sich gleich denken können. Die Tür war unverschlossen gewesen, als er zu Besuch gekommen war. Angekündigt, natürlich, anderenfalls wäre Kento nie so unvorsichtig gewesen. Er hatte ihn nicht einmal in Empfang genommen, auch die Begrüßung war äußerst knapp ausgefallen. Seit Ikki hier war, hatten sie kaum ein Wort miteinander gewechselt und Kento hatte sich noch kein einziges Mal blicken lassen, um sich nach dem Wohl des Freundes zu erkundigen. Nicht einmal den Grund seines Besuches hatte er hinterfragt, aber das war etwas, das nicht allzu selten bei ihm vorkam. Anfangs hatte Ikki noch versucht, den Freund von seiner Arbeit wegzuholen, es jedoch bald unterlassen, als er gemerkt hatte, dass es unnütze Müh war. Und seitdem saß er hier, in Kentos Wohnzimmer, und vertrieb sich die Zeit abwechselnd mit Lesen, Telefonieren und Fernsehen. Er hatte gewusst, dass Kento in den Auswertungsarbeiten der Studenten, welche er betreute, eingebunden war. Er hatte es ihm direkt am Telefon gesagt, doch das hatte Ikki nicht von seinem Besuch abgehalten. Dass es folglich ein einsamer Aufenthalt werden würde, war vorprogrammiert gewesen, doch dass die Aufsätze so viel Zeit in Anspruch nehmen würden, hatte Kento mit keiner Silbe erwähnt. Vielleicht sollte er gehen. Wie hoch standen die Chancen, dass er Kento heute noch dazu bewegen könnte, etwas mit ihm zu unternehmen? Das viele unnütze Warten hatte ihn zudem ermüdet, weswegen sich Ikki nicht einmal sicher war, ob er noch genug Eigenantrieb für einen Barbesuch oder Ähnliches aufbringen könnte. Kurzerhand schaltete er den Fernseher aus und erhob sich. Noch einmal streckte er seinen ganzen Körper durch, ehe er sich auf den Weg ins Nebenzimmer machte. „Ken? Was meinst du, wie lange du noch brauchst?“, warf er seine Frage in den Raum, kaum dass er die Tür geöffnet hatte. „Ich bin gleich bei dir.“ „Das hast du schon vor zwei Stunden gesagt“, seufzte er leise. „Ich habe noch zu tun.“ Ja, das konnte er sehen. Langsam ging er um den Schreibtisch herum, um sich hinter Kento zu gesellen. Nur kurz warf er einen Blick über dessen Schulter auf die Papiere, die vor ihm ausgebreitet waren und auf denen er markierte und notierte. „War schon etwas Gutes dabei?“, wollte er wissen. „Hm“, war alles, was er darauf erhielt. Nicht sehr aussagekräftig. „Sieht sehr aufwendig aus.“ „Nicht wirklich.“ „Magst du nicht mal eine Pause einlegen? Wir könnten noch weggehen.“ „Später.“ „Hast du mir vorhin eigentlich zugehört?“, machte Ikki seinen Zweifel lautend. „Du sitzt schon seit zwei Stunden an diesen Arbeiten und warst es auch schon vor meiner Ankunft. Willst du etwa alles heute noch fertig bekommen?“ „Ikkyu, ich muss arbeiten.“ Er stieß ein schweres Seufzen aus. „Kein Wunder, dass du keine Freundin hast“, stellte er nüchtern fest. Kurz noch beobachtete er den Freund bei seinem Tun, bis ein erneuter Blick zur Uhr ihn mit dem Kopf schütteln ließ. „Iss zumindest etwas zum Abend“, wies er ihn an. „Es kann nicht gesund sein, wenn du vor lauter Arbeit dein eigenes Wohl vernachlässigst.“ „Später.“ Das bezweifelte er ebenfalls. „Du hörst mir wirklich nicht zu, oder?“, entließ er ein weiteres Seufzen. „Na schön, was hältst du davon: Ich mache uns etwas zum Abendessen und wir bleiben hier. Wir essen zusammen, reden ein wenig und im Anschluss bin ich weg. Danach ist es ganz dir überlassen, ob du noch weiterarbeiten magst oder stattdessen zur Abwechslung etwas Vernünftiges tust.“ „Mach nur.“ Das bestätigte nur Ikkis Aussage. Kento hörte ihm überhaupt nicht zu. Nicht im Geringsten. Ikki sah es bereits vor sich: Er würde sich in die Küche stellen und versuchen, etwas zu Essen zuzubereiten. Und am Ende würde es darauf hinauslaufen, dass er seinen Anteil stillschweigend im Wohnzimmer zu sich nahm und im Anschluss verschwand, ohne irgendetwas erreicht zu haben. Da hätte er auch gleich seine Zeit allein zu Hause totschlagen oder sich mit einigen Mädchen vom Fanclub verabreden können. Eigentlich hätte Kento eine Lektion dafür verdient, dass er ihn all die Zeit links liegen gelassen hatte. Nachdenklich beobachtete er, wie Kento eine weitere Arbeit auf den rechten Stapel ablegte und eine neue vom linken nahm. Während er sich bereits wieder über das Papier beugte und Ikki noch in seinen Überlegungen schwankte, fiel sein Blick auf den gestreckten Nacken des Freundes. Ein Stück des sensiblen Bereiches lag frei und ungeschützt, was Ikki auf eine Idee brachte. Mit einem vorfreudigen Grinsen auf den Lippen schlich er näher heran. Bestimmt legten sich seine Hände auf die breiten Schultern des Freundes, als er sich nach vorn beugte. Aus dem Hinterhalt nahmen seine Lippen die Stelle unterhalb des dunkelblonden Haaransatzes zum Ziel, als er sie mit sanftem Druck auf die nackte Haut legte. „Wa-wa-wa!?“ Ikki hatte zwei Sekunden, um sich nach seinem Überfall auf eine sichere Distanz zu bringen. In der dritten exakt hatte Kento auch schon seinen Stuhl zurückgeschoben, war zur Seite aufgesprungen und warf ihm einen überforderten Blick zu. Das allein zusammen mit der Schamesröte, die ihm unverkennbar ins Gesicht gestiegen war, ließ Ikki seinen kleinen Sieg bereits in vollen Zügen auskosten. „I-Ikkyu! W-war das etwa ein … ein …?!“ „Haha. Hach, zu herrlich! Du solltest dich sehen, Ken. Ich, haha, nein. Ich kann einfach nicht, haha.“ Dass sich Ikki so herzlich auf seine Kosten amüsierte, gefiel Kento sichtlich nicht. Doch die Situation überforderte ihn. Unwissend, wie er reagieren sollte, hob er die Hand an die Stelle in seinem Nacken und wagte doch nicht, sie zu berühren. „Ikkyu, dafür wirst du büßen!“ „Ach ja?“ Nur unter Mühe gelang es Ikki, sich aus seinem Lachkrampf zu befreien. Kapitulierend wischte er sich einige Lachtränen aus den Augenwinkeln. „Das werden wir noch sehen. Nichts für ungut, Ken.“ „Was sollte das überhaupt?“ „Ach, ich wollte nur sehen, wie du reagierst“, zwinkerte er dem Freund schelmisch zu. „Weißt du, wenn du eine Frau wärst, würde ich ja sagen, dass es süß war, aber sagen wir lieber stattdessen, dass du meine Erwartung nicht enttäuscht hast.“ „Wie bitte?“, senkte er gefährlich die Stimme. „Drücke dich bitte verständlicher aus, wenn du damit sagen willst, dass es sich nur um einen Scherz gehandelt hat.“ „Ja, ja. Nur ein Scherz, nur ein Scherz“, winkte Ikki belächelnd ab. Die Szenerie, welche er geschaffen hatte, erheiterte ihn noch immer. Doch die Tatsache, dass Kento mit seinen Belehrungen bereits wieder zu seinem normalen Selbst zurückfand, zeigte ihm, dass die Gefahr vorüber war. „Du solltest künftig weniger achtlos sein, wenn du Besuch zu Hause hast“, erklärte er unschuldig, wobei er sich in Bewegung setzte. „Als Gastgeber ist es deine oberste Pflicht, dich deinem Besucher offen zuzuwenden und ihn beschäftigt zu halten, bevor er noch auf dumme Ideen kommt.“ Kento zog die Augenbrauen in Skepsis tief. „Möchtest du damit sagen, dass ich dich als meinen Besucher ansehen soll, solange du dich in meiner Wohnung aufhältst?“ „Hm.“ An der Tür hielt er inne, um der Frage eine kurze Überlegung zu zollen. „Ich bin zwar dein bester Freund und mit Sicherheit auch dein treuester Gast, der deine Wohnung wohlmöglich besser kennt als du selbst, aber ja“, lächelte er verschmitzt zurück. Kento hatte darauf keine Antwort parat und Ikki war wenig geduldig, um Weiteres abzuwarten. Indem keiner der beiden mehr etwas sagte, verließ er das Zimmer.   In der Küche inspizierte Ikki, was der Kühlschrank für ein einfaches Abendessen herzugeben hatte. Viel Brauchbares ließ sich darin nicht vorfinden. Der Inhalt bestand überwiegend aus Snacks, einigen Fertigsalaten und anderem, was für Kentos bekannte Essgewohnheiten sprach. Nichts, was Ikki auf Anhieb zusagte. Er war kein Freund von Fertiggerichten und konnte sich wahrlich nicht mit dem Gedanken anfreunden, mit einem der Supermarktverpackungen vorliebzunehmen. Seufzend holte er schließlich einige der Dinge hervor, die geradeso für das Hermachen einiger Brote genügen sollten. Er kannte jeden Schrank und jede Schublade in dieser Küche, als wäre sie seine eigene, so machte er sich unverzüglich an seine selbstauferlegte Arbeit. „Ich habe mir noch einmal durch den Kopf gehen lassen, was du gerade gesagt hast“, hörte er wenig später Kento in der Küche, der sich wohl dazu entschlossen hatte, ihm Gesellschaft zu leisten. „Ich schätze, es ist für mich zur Gewohnheit geworden, dass du hier bist. Dadurch, dass du mein Freund bist und mich oft besuchen kommst, habe ich aufgehört, dich als Besucher zu sehen. Ich hatte nicht gedacht, dass ich damit falsch liegen könnte.“ „Nimm dir das, was ich vorhin gesagt habe, nicht zu sehr zu Herzen“, entgegnete er, ohne sich nach ihm umzudrehen. In geübten Handgriffen verzierte er die Brote mit den Belägen, die er gewissenhaft vorbereitet hatte. „Es stimmt schon. Du solltest wirklich jedem anderen, der zu Besuch kommt, mehr Aufmerksamkeit entgegenbringen und weniger in Arbeit versinken. Bei mir verhält es sich jedoch ein wenig anders. Als dein Freund kenne ich dich und deine Gewohnheiten, daher kannst du entspannt sein. Würde ich solche Dinge nicht an dir respektieren, wäre ich nicht hier.“ „Was soll das heißen?“ „Du bist manchmal nicht sehr einfach“, sagte er ruhig. Ikki unterbrach seine Arbeit für einen Moment, in welchem er nachdachte, woraufhin er ein kurzes, leises Lachen entließ. „Aber ich glaube, genau das ist einer der Gründe, warum ich dich so sehr mag.“ Es wurde still im Raum, was für Ikki nichts Ungewöhnliches war. Er konnte hören, wie sich ihm Schritte näherten, wovon er sich nicht beirren ließ. Erst als er ein kurzes Streichen an seinem Nacken und den anschließenden weichen Druck auf seiner Haut spürte, der sich warm anfühlte, wusste er, dass er irgendeinen Schachzug verpasst hatte. Irritiert wandte er den Kopf, kaum dass dieses seltsame Gefühl verschwunden war. Er begegnete direkt dem Paar grüner Augen, die ihn hinter den Gläsern von Kentos schmaler Brille unverwandt ansahen. „Ken, was …?“ „Ich wollte nur sehen, wie du reagierst“, zitierte er exakt dieselben Worte, die Ikki vor wenigen Minuten als Begründung hervorgebracht hatte. „Davon abgesehen, muss ich dich darauf hinweisen, dass du dich als Besucher eines fremden Hauses meinem Wissen nach unangemessen verhältst. So wie ich das sehe, gibst du dich ein wenig zu sehr einem heimischen Gedanken hin, was zur Folge hat, dass du fremde Entscheidungen entgegen deiner Zulässigkeit zu übernehmen versuchst und dir dabei selbst gegenüber unachtsam wirst.“ Darauf wusste Ikki nichts zu sagen. Er sah ihn nur an, spulte das soeben Gehörte erneut in seinen Gedanken auf, bis er ein unsicheres „Wie?“ über die Lippen brachte. Kento derweil wurde bewusst, wie sehr sich diese Situation von der zuvorigen unterschied, was seinen Blick schmal werden ließ. „Hm, seltsam. Du nimmst das wesentlich gelassener hin, als es bei mir der Fall war“, stellte er fest. Nachdenklich verschränkte er die Arme vor der Brust und hob sich eine Hand ans Kinn. „Liegt es an deinen vielen Erfahrungen mit Mädchen? Hätte ich mich nicht ankündigen sollen? Die Bedingungen waren dieselben. Habe ich etwas falsch gemacht?“ Kentos laute Überlegungen, um dieses Rätsel zu entschlüsseln, waren es, die Ikki ins Hier zurückholten. Die Liste an möglichen Gründen für seine gefasste Reaktion setzte sich fort, wurde immer skurriler, was schlussendlich dazu führte, dass Ikki nicht länger an sich halten konnte. Er prustete los, lachte, bis er sich gegen die Küchenzeile lehnen und den Bauch halten musste, da er sonst befürchtete, unter dem Gelächter in die Knie zu gehen. „Warum lachst du? Was ist daran bitte so lustig?“ „Haha, weißt du …“ Bemüht richtete er sich in eine gerade Haltung, neue Zeugnisse seines Ausbruchs aus den Augen wischend. Er gab sich wirklich alle Mühe, den Freund mit einem ernsten Blick zu besehen, doch das Grinsen wollte einfach nicht aus seinem Gesicht weichen. „Einmal ganz von allem abgesehen: Weißt du eigentlich, was diese Geste bedeutet?“ Kento dachte sichtbar angestrengt nach. „Ich weiß nicht, worauf du hinaus möchtest.“ „Haha, nicht schlimm.“ Ikki rang sich ein aufmunterndes Schulterklopfen ab, welches er dem Freund zukommen ließ. „Ist nicht so wichtig. Vergiss einfach alles, was ich vorhin gesagt habe.“ Denn das würde er ihm gewiss nicht auf die Nase binden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)