Der letzte Raubzug 2 von Cookie-Hunter (Die Suche) ================================================================================ Prolog: -------- Die blauen Augen blickten traurig auf den schlafenden Menschen, dessen Hand er fest umklammert hielt. Im Moment schlief sein Liebster sehr viel und Camui hatte jedes Mal Angst, dass sein Hideto seine Augen nie wieder öffnen würde. Angst davor, er würde gehen, ohne dass sie sich hatten verabschieden können. Sanft küsste er die Hand in seiner. Die alte Hand, mit der runzeligen Haut, den dürren Fingern und den vielen Flecken des Alters. Hier, in der Welt der Götter, war der Kleinere sehr alt geworden. An die 300 Jahre bereits. Aber für ihn gab es keine Ewigkeit. Kein 'für immer' wie sie es sich immer wieder versprochen hatten. Stattdessen hatte Camui mit ansehen müssen, wie sein Hideto immer älter geworden war. Sein Haar war zunehmend grauer geworden, die kleinen Fältchen immer mehr und tiefer und sein Gang langsamer und gebeugter. Bis vor ein paar Jahren hatte er sich auch noch an den warmen, braunen Augen erfreuen können, die ihn immer voller Liebe angesehen hatten. Doch mit der Zeit waren auch sie trüb geworden. Jetzt sah sein Gefährte nur noch ein paar Schatten. „Ich bedauere nur, dass ich dein Gesicht nicht mehr sehen kann“, hatte der Kleinere immer gesagt. „Aber niemals, dass wir uns getroffen haben.“ Seufzend streichelte der Gott über eine Wange des Schlafenden. „Ach, Hideto.“ Plötzlich bemerkte er eine Präsenz hinter sich. „Kannst... du ihn mir nicht noch eine Weile lassen?“, fragte er leise, wagte es nicht, die Göttin anzuschauen. Tränen stiegen ihm in die Augen. Er wusste, was ihre Anwesenheit bedeutete. „Ich habe ihn dir schon so lange gelassen. Es wird Zeit für ihn. Und er ist bereit dafür.“ „Nein! Ist er nicht“, widersprach Camui. Dabei war er es, der nicht bereit war loszulassen. Würde es auch nie sein. Mit einem mitfühlenden Seufzen trat die Göttin des Todes näher an den anderen heran. „Und darum waren wir damals so dagegen, dass du auf die Erde gehst. Wir hatten Angst, davor, dass du eine solch starke Liebe findest, dass sie dir jetzt solche Schmerzen zufügen würde. Diesen Moment haben wir voraussehen können.“ Fürsorglich legte sie ihm eine Hand auf die Schulter. „Gerne würde ich ihn bei dir lassen und ich bin mir sicher, er würde auch gerne noch länger an deiner Seite sein. Doch er ist am Ende seiner Kräfte. Er muss jetzt gehen.“ „Gewähre mir bitte noch ein paar Minuten. Ich möchte mich noch von ihm verabschieden.“ „Einverstanden.“ Schweren Herzens machte sich Camui daran seinen Liebsten zu wecken. Ein letztes Mal wollte er ihm sagen, dass er ihn liebte. Es dauerte ein wenig, bis sein Gefährte zu sich kam und die blinden Augen öffnete. „Camui?“, kam es krächzend von dem alten Mann, was dem Gott einen kleinen Stich in seinem Herzen verpasste. Er hörte sich so schwach an... „Was ist los? Und... wer ist da bei dir?“ Der Blauäugige musste ein wenig Lächeln. Seit sein kleiner Priester immer weiter erblindet war, hatte er ein Gespür dafür entwickelt, die Anwesenheit anderer Person wahrzunehmen. „Nun, das... das ist...“ Er konnte es nicht sagen. Denn dann müsste er ihm ja mitteilen, dass das Ende bevorstand. „Schon gut, mein Herz. Ich denke, ich weiß, wer unser Besucher ist.“ Langsam wandte er seinen Kopf zu der Göttin. „Und ich habe sie bereits erwartet.“ „Sag doch sowas nicht. Du weißt genau, das ich dich nicht hergeben will.“ „Ja, das weiß ich. Doch ich bin nur ein Mensch. Und meine Zeit ist einfach schon lange gekommen.“ Mit letzter Kraft versuchte er den Griff an seiner Hand zu erwidern. „Dank dir war mein langes Leben ein sehr schönes, ein erfülltes. Dafür bin ich dir auch unglaublich dankbar. Das weißt du auch, nicht wahr?“ „Hai“, nuschelte der Gott und senkte doch betrübt den Kopf. „Ich bin nur ein Egoist. Was mein ist, ist mein und niemand darf es mir wieder nehmen.“ Ein heiseres Lachen hallte leise durch den Raum. „Das weiß ich. Sehr gut sogar. Aber du siehst doch, dass ich nicht mehr kann. Ich bin müde.“ Weil die Kraft zum Zudrücken fehlte, begann Hideto stattdessen mit seinem Daumen über die Hand zu streichen, die seine hielt. „So lange du lebst, mein Herz, werde ich es in deinen Erinnerungen und deinem Herzen auch.“ Man konnte deutlich hören, wie der Mensch immer schwächer wurde. „Versprich mir bitte, dass du mich nicht vergisst.“ „Versprochen. Ich schwöre sogar, dass ich es niemals tun werde. Niemals wieder werde ich dich vergessen.“ „Gut. Und trauere nicht bis in alle Ewigkeit um mich. Verschwende nur hin und wieder einen Gedanken an diesen alten Mann.“ Mit einem leichten, sehr traurigen Lächeln beugte sich Camui zu dem Liegenden hinab und küsste ihn auf die Stirn. „Noch nie war ein Gedanke, der sich um dich gedreht hat, verschwendet.“ So liebevoll, wie er nur konnte, küsste der Unsterbliche seine große Liebe. „Ich liebe dich“, flüsterte er. „Ich liebe dich auch“, hauchte Hideto leise. Und sprach damit seine letzten Worte. Kein weiterer Atemzug ging mehr über seine Lippen. Das Leben hatte ihn verlassen. „Es tut mir Leid, Camui“, begann die Göttin des Todes, „doch länger ging es nicht mehr.“ Erbittert kämpfte Camui gegen seine Tränen an. Zitternd legte er eine Hand an das geliebte Gesicht, welches für ihn nie an Schönheit eingebüßt hatte. Jetzt schlief er den Schlaf der Ewigkeit. „Schon gut“, erwiderte er nach einer Weile. „Ich danke dir, das ich diese Worte noch ein letztes Mal hören durfte.“ „Das war doch das Mindeste, was ich tun konnte.“ Izanagi trat näher und legte eine Hand auf die Brust des Verstorbenen. Dadurch entzog sie dem Körper eine kleine, schwach blau leuchtende Kugel. „So schön hatte ich mir seine Seele schon immer vorgestellt.“ Fasziniert, aber auch unendlich traurig betrachtete er sie. „Pass gut auf sie auf. Versprich es mir bitte. Sie ist mir das Wertvollste, dass ich kenne.“ „Versprochen.“ Ohne auch nur ein weiteres Wort zu wechseln verließ die Göttin den Raum wieder, damit Camui sich gänzlich verabschieden konnte. Zärtlich strich er durch das ergraute Haar. „Ich vermisse dich bereits jetzt“, flüsterte er erstickt und erlaubte seinen Tränen nun zu fließen, während er sich noch weiter an die leblose Hand klammerte. „Was soll ich nur ohne dich tun?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)