Tod im Turm von Hotepneith (Der28. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 7: Überraschungen ------------------------- Geschwister? Ach du je, das wurde ja immer besser, dachte Sakura. Sie sah schon eine Menge Arbeit auf sich zukommen – inklusive einem Privatverhör durch Seine Lordschaft, der sicher die ihm eigenartig erscheinenden Sitten der Menschen durch sie erklärt haben wollte. Und das würde, konnte nur, peinlich für sie werden. Aber da musste sie wieder einmal durch, denn eine Nicht-Antwort würde Seine Eisigkeit als Provokation verstehen, mit allen schmerzhaften bis tödlichen Folgen. Und davor schützte sie, entgegen der Annahmen aller anderen in diesem Schloss, nichts. Sie konnte nur die Worte vorsichtig setzen, manchmal auch herumraten, aber gleich, wie unangenehm es ihr war – sie musste seine Neugier stillen. Er war der Prinz, der zukünftige Fürst noch dazu, und es war sein Recht. Der Wolfskrieger, der noch immer an der Wand kniete, verneigte sich eilig, und auch der Heilerschülerin wurde bewusst, dass es kalt im Zimmer geworden war – eindeutiges Symptom, dass die gewöhnlich verborgene Energie des Dämonenprinzen angestiegen war. Er war zornig. Und das konnte kaum etwas Gutes für alle anderen im Raum bedeuten. So legte auch sie lieber die Stirn auf die Bretter. Man musste es ja nicht als erster abbekommen. Taro Yamamoto hatte wenig Ahnung von dämonischer Energie, aber er sah die Reaktionen und warf sich hastig erneut flach auf den Boden. Vielleicht würde ihm das zwar nicht das Leben retten, aber doch einen raschen Tod bescheren....Sie hatten nun einmal den Fürsten angeschwindelt, ja. Und den Grundherrn gleich dazu. Sesshoumaru war es vollkommen gleich ob sich jemand verneigte oder nicht. Seine Gedanken galten allein der Reaktion seines Vaters, wenn dieser zurückkehrte und eine Erklärung für den ominösen Todesfall haben wollte. Sollte er ihm sagen: oh, jemand, den Ihr vor Wochen selbst ernannt hat, hat sich leider umgebracht, und ja, übrigens, sie haben Euch angelogen? Sie waren Geschwister und die Schwester wollte eigentlich den Hausmeister heiraten, aber diese Liebe wurde nicht erwidert und sie brachte sich deswegen um, als ich sie fatalerweise einsperren ließ? Der Inu no Taishou würde ihn ja für mental retardiert halten sich solch eine Geschichte zur Entschuldigung ausgedacht zu haben, oder eher, viel schlimmer, dass er ihn, seinen Herrn und Vater, für ganz schön naiv hielt. Das würde Konsequenzen haben. Konnte nicht irgendwer das Schloss angreifen und das wäre wichtiger als dieser Tod? Er selbst könnte sich abreagieren, Vater würde sich darum kümmern...Aber so viel Glück hatte er wohl wieder einmal nicht. Irgendwo musste mindestens ein Gott sitzen, der ihn hasste, und darum mit wachsender Freude Leichen zwischen die Beine warf. Er senkte den Blick zu dem Menschen vor sich: „Erklärung.“ „Ja,“ würgte der Kanzleibeamte hervor. Dem Tonfall nach war das ein Todesurteil: „Äh...ich flehe Euer Lordschaft an, lasst mich erklären...es ist ein wenig....kompliziert...Wir waren Waisen, Kameko und ich. Und nach dem unsere Eltern tot waren, mussten wir uns so durchschlagen, ich konnte meine Ausbildung nicht beenden, als Schreiber oder Beamter. Kameko kam dann auf die Idee in ein Schloss zu gehen. Sie..sie hoffte einen Beamten oder sogar einen Adeligen heiraten zu können und mich in einer Kanzlei unterbringen zu können. Das war aber nicht der Fall. Wir...wir zogen dann weiter zu einem anderen Schloss, immer weiter. Kameko wurde immer verbitterter, weil niemand sie heiraten wollte und sie immer älter wurde. Ich verstand das ja. Sie hatte so viel im Kopf und sorgte auch immer gut für mich...Als der Herr Mawashi uns hierher empfahl, sah sie darin ihre letzte Chance. Sie war doch schon sehr alt, Mitte Vierzig...“ „Unsinn,“ sagte Sesshoumaru: „Sie sucht einen Ehemann und dann gebt ihr euch als Paar aus?“ „Äh, ja. Das mit dem Paar war wegen der Einstellung für uns beide. Dann, wenn sie es geschafft hätte, hätten wir uns offiziell eben scheiden lassen. Waisen oder auch und vor allem Frauen allein haben es nicht einfach, Lord Sesshoumaru...Und ich, als Beamter einer Kanzlei, hätte ja immer wen gefunden. Es ging doch nur um Kameko.“ Womit auch klar war, wer der Kopf hinter dieser kleinen Betrügerei gewesen war, oder der dominantere Teil der Geschwister. Was für ein Irrsinn. „Und jetzt wollte sie Yuudai heiraten, aber der lehnte dankend ab.“ „Ja. Daraufhin wollte sie...ich weiß es nicht genau, Lord Sesshoumaru, ehrlich, aber sie sagte, sie würde ihn dazu bringen, dass er es täte. Und sie wollte sich auch dem...dem mächtigen Fürsten angenehm machen, ihm beweisen, dass er sie nicht zu Unrecht ernannt hatte...“ Na, da hatte sie genau den richtigen Weg gewählt, dachte Sakura zynisch. Sich alle im Schloss zu Feinden zu machen war sicher falsch. Aber auch die Idee mit der Heirat und dann von Schloss zu Schloss ziehen.. .Keinem Clan, keiner Familie anzugehören, das wusste sie seit ihren Takaeda-Zeiten, war praktisch ein Todesurteil. Sie selbst hatte alles mögliche auf sich genommen um ihre Clanzugehörigkeit nicht zu verlieren. Und diese zwei Narren machten das mit Absicht? Ein Wunder, dass sie so alt geworden waren. Ohne den Schutz eines Herrn konnte man kaum existieren. Seine Lordschaft dachte ähnlich, nahm sich allerdings davon aus. Er konnte für seinen Schutz selbst sorgen. Aber er überlegte. Kameko hatte sich also unbedingt einen Ehemann beschaffen wollen und war auf Yuudai verfallen – er war in einer guten Position und seine Frau war verstorben. Da der nicht unbedingt willig war, wollte sie ihn anders dazu bringen. Erpressung? Davon hatte Yuudai nichts erwähnt, aber er hatte da auch ziemlich herumgeredet, so dass er selbst ihn unterbrochen hatte. Also würde er wohl noch einmal mit ihm sprechen müssen. Leider. Hauptsache war jedoch, dass er den Selbstmord als Selbstmord bewies, damit wäre er selbst aus der Klemme. „Du bleibst hier,“ befahl er und wandte sich um, ging durch die Tür, die Sakura hastig vor ihm beiseiteschob, ehe sie ihm folgte. „Äh, Lord Sesshoumaru?“ Der Erbprinz erstarrte. Niemand sprach ihn eigentlich an. Überdies witterte er altes Blut. Langsam wandte er den Kopf und sah zu seiner Schulter. Tatsächlich saß dort der kleine Flohgeist, Myouga, den sein Vater zu seinem Berater gemacht hatte. Dieser zuckte unter dem Blick zusammen und erklärte lieber eilig seine Impertinenz: „Der verehrte Herr befahl mir Taro Yamamoto zu überwachen. Darf ich fragen wann der wieder an die Arbeit gehen kann?“ Sesshoumaru schnippte den Winzling von seiner Schulter: „Warum sollst du ihn überwachen?“ „Das....das darf ich niemandem sagen. Und es war keine Rede, dass ich bei Eurer Lordschaft eine Ausnahme machen darf.“ Der Flohgeist schloss die Augen, zum einen, um die Schweißperlen auf seiner Stirn nicht hinein zu bekommen, zum anderen, um nicht zu sehen, was da wohl auf ihn zukam. „Taros Schwester Kameko starb an einem Messer,“ geruhte Seine Eisigkeit jedoch zu erklären – in der sicheren Überzeugung, dass der loyale Myouga auch schweigen würde, wenn er ihn in Stücke schnitt. „Ach du je.“ Der Berater dachte hastig nach, während er aufstand und sich erneut verbeugte: „Nun ja, das ist dann wohl....Akimaru Mawashi sandte die Yamamotos mit dem Einverständnis des Herrn her. Er hatte sie im Verdacht, dass sie sein Geld unterschlagen würden. Sie waren fremd und benahmen sich wohl etwas auffällig. Der Herr stellte darum beide ein, als Falle. Taro in der Kanzlei erhielt Geld anvertraut, den soll ich überprüfen. Aber bislang hat er nichts Verdächtiges unternommen, in den wenigen Monaten in denen er hier ist. Mit Verlaub, Lord Sesshoumaru, ich halte ihn nicht für intelligent genug um eine Unterschlagung zu planen.“ „Kameko wollte sich verheiraten.“ „Wenn, dann hat sie es gut verborgen. Überdies gaben sie doch an, sie wären miteinander verheiratet? - Soweit ich informiert bin, hat Kameko die Frauen, vor allem die Menschen, die ihr unterstellt waren, recht verärgert. Womöglich liegt dort ein Motiv?“ „Ich stelle keine Theorien auf, wenn ich nicht alle Fakten habe,“ erklärte der junge Hundedämon kalt, umso eisiger, als ihm klar wurde, dass er genau das getan hatte. Selbstmord – oder doch Mord? Er war von Selbstmord ausgegangen – da war der verschlossene Turm, die Wachen vor der Tür. „Unterschlagung.“ „Wie gesagt, bislang fand ich nichts, das werde ich dem Herrn bei seiner Rückkehr auch berichten.“ „Und Kameko?“ „Bei den Mawashis arbeitete sie als Aufseherin in der Weberei. Sie hatte keinerlei Zugang zu Geld. Auch hier ja nicht. Wenn ich meine Meinung sagen darf...Danke. Es wird wohl eine Verleumdung bei Mawashi gewesen sein. Die Yamamotos waren fremd, das macht sie immer verdächtig.“ Oder es war eine Rache gewesen, dachte Sakura. Ganz sicher hatte Kameko auch als Aufseherin in einer Weberei gezeigt wer das Sagen hatte und jemand war froh gewesen sie wegzubekommen. Möglich. Je mehr Informationen er erhielt, desto verworrener wurde der anfangs scheinbar so simple Selbstmord. Hätte er doch die Klauen davon gelassen, das einfach als Selbstmord hingestellt und fertig. Jetzt musste er durch. „Yamamoto bleibt einstweilen hier.“ Myouga nickte nur. Das musste dann der Sohn mit dem Vater ausmachen – nichts, wo man sich als armer kleiner Flohgeist einmischen sollte. Sesshoumaru ging auch bereits weiter. Er musste noch einmal mit Yuudai sprechen und.... „Sakura.“ Er sah sich nicht um, aber er hörte, dass sie sofort niederkniete: „Geh zu Chiyoko. Hat die Hofmeisterin hier mit Geld zu tun?“ „Ja. Wo darf ich Euer Lordschaft Bericht erstatten?“ Wenn er weiterhin so durch das Schloss lief wäre es schwer ihn zu finden. „Im Arbeitszimmer.“ Er sah einen Diener: „He, du: wo ist Yuudai?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)