Tod im Turm von Hotepneith (Der28. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 1: Frauensache ---------------------- Sakura nahm ihr Frühstück wie immer drüben im Schloss im Aufenthaltsraum der menschlichen Diener ein. Wie schon einige Wochen zuvor bemerkte sie die andere, gewandelte, Stimmung, aber sie wollte auch nicht fragen. Als Neigis Schülerin stand sie außerhalb der Hierarchie der menschlichen und auch dämonischen Diener, so dass sie es mied sich dort einzumischen, zumal, da die Gerüchte um sie und Lord Sesshoumaru nicht verstummten. Nun, das würden sie auch kaum nach dessen letzter Aktion vor allen Leuten, die ganz bestimmt zu Missdeutungen geführt hatte. Gewiss hatten alle Beobachter angenommen, dass er sie gestreichelt oder gar geküsst hatte – woher sollte ein normaler Mensch auch auf den Einfall kommen, dass der Dämonenprinz damit ein schlichtes Danke verbergen wollte? Manchmal war er schon arg kompliziert. Aber er war eben auch ein Prinz, der Erbe des Hauses, und damit hatte er das Recht zu sein, wie es ihm beliebte. Entscheidungen des Fürsten oder auch seines Sohnes konnten nur akzeptiert werden, selbst, wenn man das Ganze als ungerecht empfand oder sich als unschuldig ansah. Das war in allen Schlössern so, aber Sakura wusste nur zu gut, dass weder der Inu no Taishou noch sein Sprössling ohne Grund handelten, nie aus einer Laune heraus. Das war in ihren Augen eindeutig ein Vorteil gegenüber einer menschlichen Herrschaft. Die junge Heilerschülerin stutzte erneut, als sie auf dem Weg zu ihrem Lehrer Yori erkannte. Diese Hundedämonin war die Hausmeisterin, die Vorgesetzte für alle dämonischen weiblichen Dienstboten, ja, auch die Hofdamen, eine respektierte, ältere Dame. Umso ungewöhnlicher war es, dass diese den Arm um eine menschliche Frau geschlungen hatte, die weinend an ihrer Brust lag. Yori war fähig und auch gegenüber Menschen recht tolerant, aber das war doch ungewöhnlich. Sie bemerkte, dass der Blick der Dämonin auf sie fiel, und neigte eilig ein wenig grüßend den Kopf. „Sakura-san,“ sagte Yori und die Heilerschülerin wunderte sich noch etwas mehr. Immerhin sprach sie kaum jemand an. „Yori-san?“ Sie blieb stehen. „Ich weiß, dass dich viele Pflichten bei unserem verehrten Heiler und auch dem mächtigen Lord Sesshoumaru erwarten, aber wäre es dir möglich heute Abend mich und Chiyoko zu empfangen?“ Oh, natürlich, die Doppeldeutigkeit auf den Prinzen gemünzt... aber das klang eher besorgniserregend. Soweit Sakura wusste, war Chiyoko Ito die Aufseherin über die menschlichen Dienerinnen. War etwas geschehen, dass die Frauen aus mehr oder weniger gutem Grund nicht ihrem Lehrer Neigi anvertrauen wollten oder gar dem Fürsten selbst? „Mein verehrter Lehrer wollte heute zu einer kurzen Reise in das Dorf von Herrn Mawashi aufbrechen, da einige Kinder krank wurden. Er gab mir Erlaubnis mich zurückzuziehen. Falls ihr dann in mein bescheidenes Zimmer kommen wollt?“ Sie bewohnte eine kleine Hütte neben dem Kräutergarten, kaum drei auf fünf Schritte messend, aber ein unglaublicher Luxus für jemanden, dem in seinem bisherigen Leben nicht einmal eine eigene Decke oder Matte zugestanden worden war. „Oh, ja, das lässt sich sicher ermöglichen. Danke, Sakura-san.“ Und an die Menschenfrau in ihrem Arm gewendet: „Sage das doch Chiyoko. - Jetzt gehe, ehe du deine Aufgaben vernachlässigst und der Drache einen guten Grund hat dich bestrafen zu können.“ Der Drache? Es war kaum davon auszugehen, dass Yori von einem wirklichen Wesen dieser Art sprach – der Inu no Taishou würde seine langjährigen Gegner kaum in seinem Schloss dulden. Abgesehen davon wären sie wohl schlicht eine Nummer zu groß für diese Räume. Die Heilerschülerin ging, jetzt wirklich neugierig geworden. Sakura erwartete die beiden Frauen der unterschiedlichen Arten, sobald der alte Heiler das Schloss verlassen hatte. Sie hatte sich extra Tee besorgt, weniger, weil sie annahm, ausgerechnet die Hundedämonin würde dieses Getränk zu sich nehmen, aber vielleicht doch die menschliche Hofmeisterin. Überdies wirkte das bestimmt gastfreundlich. Nur kurz darauf kamen auch die Beiden, die ein unbefangener Beobachter beide für Mitte Vierzig halten mochte – was natürlich in Bezug auf Yori sicher nicht stimmte. Chiyoko Ito verneigte sich ein wenig vor der Heilerschülerin, die das verwundert zur Kenntnis nahm. Das war doch die ranghöchste menschliche Frau im ganzen Schloss? „Bitte, nehmt Platz.“ „Danke,“ sagte Yori, damit unwillkürlich auch ihren Vorrang demonstrierend. „Chiyoko, vielleicht erzählst du? - Gut, ich fange an. - Wie du sicher weißt, Sakura, war Chiyoko für die menschlichen Frauen im Schoss zuständig. Vor genau zwei Monaten entzog ihr der mächtige Fürst, unser Herr, dieses Amt, um es Kameko Yamamoto zu überlassen. Diese stammt aus dem Dorf, aus dem die meisten Menschen hier stammen.“ „Dem des Grundherrn Mawashi,“ erklärte Sakura sofort. Aber warum eine solche Degradierung? Chiyoko seufzte: „Der Herr...nun, er hätte nichts dazu sagen müssen, aber er meinte, er sei mit mir sehr zufrieden gewesen. Ein Lob – und dann wird man ersetzt...Nun, gleich. Er befahl, ich gehorchte. Aber nun....“ Sakura bedachte die veränderte Stimmung im Haus: „Kameko Yamamoto ist wohl...übereifrig?“ „Sie ist ein Drachen,“ erklärte Chiyoko bitter: „Sie ...nicht nur, dass sie sehr auf ihrer Stellung pocht, sie verschreckt die Frauen, schreit, bestraft sie für Kleinigkeiten, wahrliche Kleinigkeiten, verehrte Sakua...und du weißt, dass jedem Menschen Fehler geschehen. Ich weiß inzwischen von einigen, die zurück in das Dorf möchten, aber es noch nicht wagen. Es wird hier doch gut bezahlt und der Herr, selbst Lord Sesshoumaru, sind recht gnädig....“ „Selbst die ersten Dämoninnen überlegen einen Wechsel,“ fuhr Yori fort: „Zuvor...nun, auch Chiyoko griff manchmal durch, das ist ihre Pflicht, aber wir beide kamen gut miteinander aus und ich wüsste auch nicht, dass die Menschenfrauen so unzufrieden waren, dass sie gehen wollten. Es steht uns natürlich nicht zu die Entscheidung des Herrn zu bemängeln, aber der Zustand ist....kritisch. Und ich bezweifle, dass es ihm aufgefallen ist. Kameko und auch ihr Mann werden sich ihm gegenüber anders benommen haben als gegenüber uns..vor allem, ihren...Untergebenen.“ Sakura ahnte Böses: „Und, was wünscht ihr nun von mir?“ Chiyoko senkte den Kopf: „Ich bitte dich ungern darum, glaube mir. Aber wenn ich mich bei dem Fürsten über Kameko beschweren würde, sähe das doch nach einer kleinlichen Rache aus, als ob ich neidisch wäre, dass sie meine Position einnimmt. Ich wüsste zwar gern warum, das gebe ich zu, aber....“ „Ich kann es ihm auch kaum erklären,“ ergänzte Yori: „Für Dämonen sind menschliche Gefühle verworren. Aber ich kenne Frauen beider Arten – und die Stimmung im Schloss war, seit ich hier arbeite, noch nie so schlecht. Wenn nicht etwas geschieht, wird der mächtige Herr bald keine Frauen mehr hier haben.“ „Lieber zur Fürstin,“ entfuhr es Sakura. „Ja,“ bestätigten ihre Besucherinnen unisono. Die Heilerschülerin seufzte: „Verstehe ich Recht, ich soll um Audienz bitten und darlegen, was ich nur von euch weiß? Ich kenne keinen Zwischenfall, kann nicht sachlich berichten...“ Chiyoko beugte sich vor: „Es ist mir bewusst, dass das für dich ein Risiko darstellt, verehrte Sakura. Und würde es nur um mich gehen,....aber die anderen Frauen, alle leiden unter Kameko. Sie ist nicht nur schlecht gelaunt, sie ist...boshaft.“ „Ich kann nicht zum Herrn gehen und mich für Menschen verwenden,“ gab Yori zu: „Ich kenne die Stimmungen nicht so, auch, wenn ich weiß, dass jeden Tag die Eine oder Andere weint. Du hast das Ohr des Herrn und Lord Sesshoumaru würde dir doch auch zuhören Bitte.“ Na, wunderbar. Sakura dachte kurz nach, ehe sie fragte: „Ihr erwähntet, dass der Ehemann von Kameko auch hier ist? In welcher Funktion?“ „Taro Yamamoto arbeitet in der Kanzlei,“ erwiderte Chiyoko sofort: „Oh, du meinst, dass sie um seinetwillen ernannt wurde? Das glaube ich weniger. Er ist kein sehr ranghoher Beamter. Und ich vermute, er leidet unter Kameko ebenso wie jeder von uns.“ „Das ist eine Behauptung,“ erwiderte die dämonisch-sachlich trainierte Heilerschülerin: „Und alles, was ich dem Herrn sagen könnte, wäre, dass ihr beide nicht zufrieden seid.“ Yori verstand als Dämonin nur zu gut und seufzte: „Du meinst, wir sollen die Aussagen direkt vor dem Herrn machen, da wir auch einzelne Vorfälle berichten können?“ „Ja, denn, was sollte ich berichten? Ich war bei nichts anwesend, ja, glaube, habe sie noch nie gesehen.“ Und Vermittlerrollen brachten einen leicht in schlechtes Licht. Chiyoko verneigte sich noch tiefer, wie es eigentlich nur einer Fürstin zustand: „Ich flehe dich an, Sakura-san. Dich wird der Herr wenigstens ohne Vorurteil anhören....Kameko hat...sie will morgen Mayoko schlagen lassen, weil sie schlecht gearbeitet hätte.“ „Mayoko?“ wiederholte Sakura: „Ich weiß nur von einer....sie war doch nach der Geburt so krank?“ „Ja, sie ist immer noch sehr schwach und konnte doch den vollen Eimer unmöglich tragen....Sie würde die Strafe nicht überleben. Und sie hat doch drei andere kleine Kinder., ihr Ehemann ist so krank...“ Sakura wog kurz ab. Aber ihr Ruf unter den menschlichen Frauen und damit ihre Stellung wäre wohl noch schwieriger, wenn sie sie alle so im Stich ließ. Denn dass Yori und Chiyoko sie derart anlügen würden war auszuschließen,. Hoffentlich würde der Fürst das alles richtig sehen. „Nun gut, ich werde um Audienz bitten,“ sagte sie. Da Dämonin und Mensch vor ihr aufatmeten und sich bedanken wollten, winkte sie eilig ab: „Ihr beide kommt jedoch mit. Ich fange an. Aber die Geschehnisse müsst ihr berichten, ihr wart dabei, ihr kennt die Frauen.“ „Ja, natürlich,“ erwiderte Yori. Trotz aller menschlicher Hilfsbereitschaft würde sich das Mädchen kaum mit dem Herrn anlegen wollen. Immerhin hatten sie jedoch eine Fürsprecherin dabei – und, dem Vernehmen nach, jemanden, der jedenfalls nicht nur die besondere Gunst des Erbprinzen genoss sondern gar die des Fürsten besessen hatte, so sehr, dass sie immer noch hier lebte. Nun, Neigis Schülerin war ja offenbar auch ein Muster an Intelligenz, Diskretion und Zurückhaltung, zumal für ein Wesen dieser Art. „Danke,“ murmelte Chiyoko, von ähnlichen Gedanken bewegt. So würde der Herr doch einsehen, dass es ihr nicht um ihr früheres Amt ging sondern um die Frauen, Mayoko war da nur ein äußerstes Beispiel. Als die drei Frauen nach einer Stunde Wartezeit in das Arbeitszimmer des Hausherrn geholt wurden, hielten sich die Hofmeisterinnen hinter Sakura – nur, um ebenso wie die Heilerschülerin eilig zu Boden zu fallen und die Stirn auf die Bretter zu legen. Das wurde jetzt schwer. Denn offenkundig war der Inu no Taishou auswärts und hatte seinem Sohn alle Rechte eines Stellvertreters übergeben. Leider war der Hundeprinz nicht dafür bekannt Stimmungslagen im Allgemeinen und menschliche im Besonderen zu verstehen. Von Frauen ganz zu schweigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)