Warum erwachsen werden von Amunet ================================================================================ Prolog: -------- Die Nacht über London war lau, obwohl der Herbst bereits die Blätter der Bäume verfärbt hatte. Rot und Gelb hingen sie an den Ästen, bereit beim nächsten Windhauch zu Boden zu fallen. Keine einzige Wolke war am Himmel zu sehen und so strahlten die Sterne um die Wette. Es war eine schöne Nacht. Eine, die man genießen konnte und doch… Peter Pan, der verborgen hinter einem Kamin hervor sah, fühlte sich nicht so gut und glücklich wie sonst. Ein merkwürdiges Gefühl hatte sich in seinem Herzen breit gemacht, seit er hier angekommen war und ein paar der verlorenen Jungs beobachtete, die Nachhause zurückkehrten. Sie waren zu ihm gekommen und hatten ihm erklärt, dass sie alle Abenteuer im Nimmerland erlebt hatten, die sie erleben konnten und das es nun für sie an der Zeit war zu gehen. Peter hatte es nicht verstanden. Verstand es noch immer nicht. Wie konnte man eine Welt voll Zauber, voll Magie und Abenteuer nur zurücklassen um Erwachsens zu werden? Gerade landete der letzte seiner Jungs auf dem Fenstersims seines Elternhauses. Zögerlich schob er mit der Hand das Fenster auf, das unverschlossen, aber angelehnt war. Noch einmal blickte der Junge zurück, nickte Peter lächelnd zu, welches dieser erwiderte auch wenn ihm gar nicht danach war und verschwand dann ins Innere. Peter war zurückgeblieben. Immer blieb Peter zurück. Alleine und mit diesem Gefühl im Herzen, dass mit jedem Abschied größer wurde. Aber Peter, der nicht wusste, dass dieses Ding in seinem Herzen ein Gefühl von solcher Tiefe war, der nicht ahnte, dass das was er empfand Trauer war, hielt sich nicht lange damit auf. Er schüttelte seinen Kopf, stupste Glöckchen an, die steht’s bei ihm war und grinste dann, ehe er in die Lüfte schwebte. Nun war es auch für ihn an der Zeit zu gehen. Das Nimmerland wartete auf ihn. Mit Glöckchen an der Seite flog er in die Nacht und mit jedem Meter den er zurücklegte vergaß er die verlorenen Jungs, die heimgekehrt waren, vergaß dieses unschöne Gefühl und ihm wurde leicht und locker ums Herz. Welche neuen Abenteuer wohl auf ihn warten würden? Mit welchen Piraten er kämpfen würde? Welche Kreaturen es noch zu entdecken gab? In Nimmerland war alles möglich, solange man nur daran glaubte. Doch kurz bevor auch der letzte Hauch von Erinnerung verblasste, tauchte in seinem Kopf die Frage auf: „Warum erwachsen werden?“ Einen Herzschlag später hatte Peter sogar vergessen, weshalb ihm diese komische Frage in den Sinn gekommen war, aber nur einen weiteren Herzschlag später hatte er sogar vergessen, dass es diese Frage gegeben hatte. Fortsetzung folgt… Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Die Sonne stand hoch am Himmel, wärmte ganz Nimmerland. Blumen regten sich der Wärme entgegen und manche von ihnen summten ein Lied, das die Bienen anlockte sich auf sie zu setzen. Vögel flatterten von Baum zu Baum heftig aufgeregt wie in einem wilden Tanz, der so ganz anders war, als die Tänze, welche die Feen in den klaren Sommernächten aufführten. Doch alleine waren die Vögel nicht. Peter Pan saß im Wipfel eines hohen Baumes, versteckt von dichtem Blätterwerk. Er beobachte. Lauerte mit scharfem Blick, dem nichts entging und registriere jede Tätigkeit, die auf dem Schiff, das an der Küste ankerte geschah. Piraten trugen leere Kisten von Bord, andere, volle, wurden an Bord geschleppt. Vorräte wie Peter vermutete, denn einzelne Trupps von Piraten kamen mit Säcken verschiedenster Früchte und mit an Schnüren hängendem, totem Geflügel zurück. Ein paar tapfere Männer hatten zwei Wildschweine erlegt, die sie an einer Holzstange gebunden zu zweit an Deck hievten. Mr. Smee stand mit einer Rolle Pergament daneben und schieb mit einem Kohlestift darauf. Offenbar überwachte er das emsige Treiben und kontrollierte die eingehenden Lebensmittel. Merkwürdig wie Peter fand, denn wenn immer er oder die verlorenen Jungs Hunger hatten, brauchte sie nur an Essen denken und schon wuchsen Sträucher mit Früchten vor ihnen, Schälchen fühlten sich mit den leckersten Speisen. Sie hatten Torten und Pudding, Braten und Soße, Würste und Pasteten. Immer war mehr als genug für sie alle da und nie brauchte einer von ihnen hungern. Weshalb mussten die Erwachsenen, dann nach Essen suchen? Unruhig schob sich Peter auf dem Ast hin und her, auf dem er saß. Den ganzen Tag war er bereits hier, lauernd, wartend. Geduld war noch nie Peters Stärke gewesen und doch, wenn es sein musste, dann konnte er geduldig sein und Peter musste, denn der Mann weswegen er hier war, war noch nicht aufgetaucht. Während alle seine Männer ihre Aufgaben erfüllten und schon mit dem ersten Hahnenschrei aufgestanden waren, hatte sich der Mann der diesen verlausten Trupp kommandierte noch nicht auf Deck der Jolly Roger blicken lassen. Ungeduldig schnalzte Peter mit der Zunge. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand bereits erreicht. Es wurde Zeit, denn Peter wollte heute noch ein Abenteuer erleben. Das war es doch, was ihn auf den Baum getrieben hatte. Die Aussicht auf einen neuen Kampf, darauf einen wunden Punkt bei seinem Erzfeind zu finden und ihn heimzusuchen, wie er es so gerne tat. Doch der Reiz des Wartens, der Vorfreude begann allmählich zu bröckeln und Peter überlegte, ob er heute nicht in einem anderen Teil von Nimmerland ein Abenteuer suchen und den Kampf mit den Piraten einfach auf den nächsten Tag verschieben sollte. Die Piraten rannten schließlich nicht weg. Er wollte sich gerade abwenden, als der Mann seiner Observation endlich an Bord auftauchte - Kapitän James Hook. Peter grinste. Jetzt konnte der Spaß losgehen. Freudig erhob er sich in die Lüfte, flog hoch und höher bis er von der Insel ausgesehen, wie ein großer Vogel wirken musste. Die Luft war angenehm kühl und er amüsierte sich, indem er durch einzelne kleine Wolken folg. Aber nicht einmal verlor Peter sein Ziel aus den Augen. Die Piraten, das Schiff, Hook – steht‘s hatte er sie im Blick, denn er wollte nicht vor seinem grandiosen Streich gesehen werden. Anschleichen war eines von Peters liebsten Spielen. Er war unglaublich gut darin. Wie viele Streiche er Hook schon mit diesem Talent gespielt hatte? Als Peter über das Schiff geflogen war, ließ er sich langsam absinken. Versteckt hinter den Segeln der Jolly Roger lauschte er den Gesprächen der Piraten, welche wüste Witze rissen. Einmal da musste sich Peter arg beherrschen, denn sie machten üble Witze auf Kosten der verlorenen Jungs und ihm. Doch der Schalk saß Peter im Nacken und so schlich er sich immer näher an Hook heran. Hinter einem großen Fass saß er dann, als er Hook reden hörte. „Smee, wie lange brauchen die Männer noch?“ „Nur noch fünf Kisten, Kapitän, dann sind sie fertig!“ „Hurtig, hurtig!“, brüllte Hook, „Ich will heute noch in See stechen.“ „Aber Kapitän“, wand Mr. Smee ein, „Was ist mit ihrem Plan bezüglich Peter Pan?“ Ein gemeines Grinsen stahl sich auf Hooks Lippen und Peter in seinem Versteck schauderte es ganz kurz. Doch nur einen Wimpernschlag später nahm er die unbewusste Herausforderung an und erwiderte das Lächeln verschlagen. „Peter Pan“, sagte Hook genüsslich, so als würde er sich den Namen auf der Zunge zergehen lassen wie ein Stück Schokolade. „Pan wird mir nicht entkommen, Smee. Mein Plan ist sicher, er wird in meine Falle tappen und dann… dann werde ich ihn töten. Mit meinen Händen!“ „Hand“, berichtigte Smee und kassierte prompt einen finsteren Blick von Hook. Vorsorglich duckte sich Smee, doch der Haken, welcher sich an Hooks linkem Arm anstatt einer Hand befand sauste nicht hinab. Nein, der Kapitän ignorierte den unnötigen und unverschämten Kommentar von seinem Steuermann und sah über das Schiff hinaus in die Ferne. Der Blick seiner Vergissmeinnicht-blauen Augen ruhte auf dem Ozean. Das blasse Gesicht trug einen ruhigen, fast schon sentimental wirkenden Ausdruck, der Peter befremdlich war. Ob dies etwas war, das nur Erwachsene konnten? Bei keinem seiner verlorenen Jungs hatte er dergleichen gesehen. „Dieses Mal werde ich ihn bekommen, Smee“, meinte Hook in unveränderter Pose und seine Stimme war merkwürdig sanft. „Ich werde diesen unverschämten Bengel dieses Mal von der Oberfläche verbannen, aufschlitzen werde ich ihn, ganz genüsslich.“ „Das werden Sie, Kapitän!“, bestärkte Smee ihn. „Doch, wie wollen Sie ihren Plan umsetzten, wenn wir heute noch ablegen? Pan lebt doch auf der Insel.“ Nun erst drehte sich Hook Smee wieder zu. „Wir werden Nimmerland einmal umrunden müssen, Smee. Um den Pan zu besiegen benötige ich das verwunschene Schwert, des alten Blackbeard.“ „Das verwunschene Schwert des Blackbeard“, murmelte Smee hochachtungsvoll. „So ist es!“, bestätigte Hook. „Hier sieh“, sagte er und holte aus der inneren Brusttasche seines roten Kapitänsrock ein kleines zusammengerolltes Stück Pergament hervor. Unter den neugierigen Blicken Smees und den verborgenen Peters, rollte er das Pergament auf. Eine Schatzkarte befand sich darauf, Peter erkannte es sofort. Peters Herz klopfte heftig. Oh, was für ein Abenteuer er gefunden hatte! Das lange Warten des Tages hatte sich mehr als nur gelohnt. Welch ein Spaß würde es sein, wenn er Hook die Karte abnahm und das verwunschene Schwert stehlen könnte? Oder wenn er Hook die Arbeit machen ließ und ihm dann das Schwert abluchste? Wenn er mit Hook darum kämpfen musste? Schon die Vorstellung an einen Kampf berauschte ihn. „Nun denn, Smee“, meinte Hook, rollte die Schatzkarte wieder zusammen und verstaute sie sicher in seinem Kapitänsrock, „Setzt die Segel sobald die letzten Kisten verstaut sind. Wir fahren Kurs zwo-zwo-null bei vollem Segel.“ „Aye Kapitän!“ Ohne sich nochmals umzusehen ging Hook wieder unter Deck. Peters Gedanken rasten. Wie nur sollte er es anstellen? Was war sein nächster Schritt? Zuerst entschloss er sich von der Jolly Roger zu gehen. Leise und ebenso unbemerkt wie er gekommen war, verschwand er vom Schiff, wenn gleich er beinahe von einem Piraten entdeckt worden war. Die Aussicht auf sein Abenteuer hatte ihn etwas unvorsichtig gemacht. Schnell flog er an Land und über viele verschlungene Wege zurück zu seinem Geheimversteck. Ein paar neue verlorene Jungs warteten dort mit Glöckchen auf ihn. Doch während ihn alle fragten, wo er denn den ganzen Tag gewesen war und erzählte, verschwieg er den Teil mit der Schatzkarte. Dieses Abenteuer wollte er alleine genießen, denn vielleicht war es sein größtes. Sie aßen zusammen, spielten und flogen um die Wette. Er ärgerte Glöckchen ein bisschen, nur um sich wieder bei ihr zu entschuldigen und die Stunden vergingen. Als die Sonne unterzugehen begann, da zog sich Peter zurück und legte sich in sein Bett. In seinem Kopf überschlug er die Ereignisse des Tages und beschloss in der Nacht Hooks Karte zu stehlen. Wie würde der Pirat gucken, wenn Peter das verwunschene Schwert vor ihm fände? Wenn er die Waffe in Händen hielt, mit der Hook ihn töten wollte? Langsam driftete Peter weg und schlief ein. Ein Lächeln lag auf seinen Zügen, denn selbst in seinen Träumen, erlebte Peter Abenteuer für Abenteuer. Fortsetzung folgt… Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Die Nacht herrschte über das Nimmerland als Peter erwachte. Vorsichtig und ohne die anderen Jungen zu wecken, sogar ohne Glöckchen in ihrem Schlaf zu stören, stand Peter auf, um aus ihrem geheimen Lager zu schleichen. Zweimal glaubte er, er wäre erwischt worden, doch Kugel, wie der dicklichere neue Junge genannt wurde, hatte nur im Schaf gesprochen. Erleichtert war Peter weitergegangen, hatte sich an allerhand Spielzeug vorbeibewegt und als er fast draußen war, war er mit dem Fuß gegen eine Kommode gestoßen. Doch das Glück war mit Peter und auch, wenn es im Raum ein paar einzelne Grunzer gegeben hatte, war niemand erwacht. Erleichternd aufatmend erhob er sich in die Lüfte. Mit dem Feenstaub von Glöckchen und mit einem wundervollen Gedanken im Kopf war es ein Leichtes für ihn der Schwerkraft zu trotzen. Nicht das Peter irgendetwas über Schwerkraft gewusst hätte, doch es war die Leichtigkeit seiner vergänglichen Gedanken, die ihn schweben ließ. Im Augenblick jedoch war sein Gedächtnis vollkommen intakt und er wusste wohin es ihn zog. Er wollte zu Hook. Obwohl Hook sein Erzfeind war und sie sich bei jeder Gelegenheit bekriegten, gab es da doch diese Anziehungskraft. Vielleicht auch genau deshalb. Piratenschätze, Abenteuer, Kämpfe, all dies waren Dinge, die einen Jungen wie Peter anlockten. Nun ja, Peter war ein Junge, Außenstehende hätten ihn wahrscheinlich für 14 Jahre und nicht älter gehalten, aber in Wirklichkeit war Peter doch schon sehr viel älter. Bereits als kleines Baby war er nach Nimmerland gekommen und er war gealtert. Hatte schon von Beginn an mit Glöckchen eine spannende Begebenheit nach der anderen erlebt. Groß hatte er werden wollen, denn mit den kurzen, stummligen Armen und Beinen eines Kleinkindes war er in vielen Dingen behindert worden. Schon das Schwingen eines Dolches war für ihn eine Herausforderung gewesen. Doch als er die Größe eines 10.-Jährigen erreicht hatte und mit seiner Körpergröße zufrieden war, da hatte Peter einfach aufgehört zu wachsen. Lange Zeit und viele verlorene Jungen später hatte Glöckchen bemerkt, dass Peter doch alterte, wenn auch nur sehr, sehr langsam. Sie hatte es ihm gesagt und Peter hatte sie mit den Armen hinterm blonden Lockenkopf ausgelacht und es ihr nicht geglaubt. Nichts von dem Gespräch hatte sich Peter anmerken lassen, doch als Glöckchen am nächsten Morgen aufwachte, stellte sie fest, dass Peter über Nacht zu einem 11.-Jährigen herangewachsen war. Aus Angst er könnte erwachsen werden, hatte Glöckchen, die Peter so sehr liebte geschwiegen und Peter selbst konnte sich nicht an ihre Unterhaltung erinnern. Im Laufe der vielen Jahre war Peter auf diese Weise, von ihm selbst unbemerkt, älter geworden und Glöckchen hatte besorgt feststellen müssen, dass immer, wenn in Peters Leben etwas Gravierendes geschah, er über Nacht stark alterte. So geschah es auch, nachdem er Wendy ins Nimmerland geholt hatte. Wegen ihr, der einzigen, der Peter jemals einen Kuss geben wollte, war Peter auf seine jetzige Größe herangewachsen. Oh, wie glücklich Glöckchen gewesen war, als Wendy wieder Nachhause gewollt hatte. Die Angst in ihrem kleinen Feen Herzen, dass Wendy ihr Peter stellen konnte, hatte schmerzhaft gepocht und als Wendy ging, da war eine unglaubliche Erleichterung über Glöckchen gekommen. Doch von all diesen Dingen ahnte Peter nichts. Und hätte er darum gewusst, so hätte er sie nicht verstanden, denn von Liebesdingen hatte Peter keine Ahnung. Nun aber flog er über das Nimmerland hinweg, schwebte durch die Nacht und eilte zur Jolly Roger. Eilte Kapitän James Hook auf der Fährte eines Abenteuers hinterher und rasch kam Peter an seinem Ziel an. Die Wachen an Bord waren eingeschlafen. Lediglich der Steuermann, der den Kurs hielt indem er nach den Sternen sah war wach, doch sein Blick war über den Ozean gerichtet und so bemerke er Peters Ankunft nicht. Leise schlich sich Peter unter Deck. Im Schatten hielt er sich verborgen, um unbemerkt in Hooks Kajüte zu schleichen. Seine Aktion war gänzlich unnötig, denn müde von der Schlepperei des Tages und einem üppigen Abendmahl schliefen die Piraten tief und fest. Die Tür von Hooks Kajüte quietschte leise, als Peter sie einen Spalt breit öffnete. Vorsichtig spitzelte er hinein und als er keine Reaktion vernahm, schob er sie noch ein Stückchen weiter auf, um sich hinein zu stehlen. Knarzend fiel sie hinter ihm zu. Ein Geräusch vom Bett war zu hören, aber es verstummte gleich wieder. Kapitän Hook schlief. Erleichtert atmete Peter auf. Er hatte gar nicht bemerkt wie er den Atem angehalten hatte. Seine Augen gewöhnten sich allmählich an das wenige Licht im Raum und er suchte nach Hooks Kapitänsjacke in der Hoffnung, dort die Schatzkarte zu finden. Peter fand sie über einem Stuhl hängend, die Karte jedoch war verschwunden. Missbilligend schnalzte er mit der Zunge, ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und blieb letztlich an einer Kommode hängen. Vorsichtig öffnete er die Schubladen, doch außer Kleidung und ein paar anderen persönlichen Sachen von Hook fand er nichts darin. Wo nur sollte er noch suchen? Ein erneutes Geräusch vom Bett ließ ihn herum fahren. Hook drehte sich gerade und Peter bekam einen Gedankenblitz. Sollte es wirklich sein? Konnte Hook den größten Schutz für die Schatzkarte tatsächlich bei sich vermuten? Peter lächelte. Wie konnte Hook nur so einfältig sein und glauben, dies würde ihn, den großen Peter Pan, abschrecken? Siegessicher schlich er zum Bett hinüber. Hook sah im Schlaf tatsächlich friedlich und entspannt aus. Er wirkte so viel jünger wie am Tage und Peter konnte zum ersten Mal in dem Gesicht das Kind entdecken, dass Hook irgendwann einmal gewesen sein musste. Das schwarze lockige Haar, von dem Peter stets geglaubt hatte es wäre eine Perücke, fiel dem Kapitän in einzelnen Strähnen ins Gesicht. Die Vergissmeinnicht-blauen Augen waren geschlossen und auf den Lippen, die tagsüber zu schmalen Strichen zusammengepresst waren, lag ein sanftes Lächeln. Für einen Moment beobachtete Peter diese Verwandlung mit einem merkwürdigen Gefühl. Es war neu, es war faszinierend und schien ein weiteres Abenteuer zu bedeuten. Das Abenteuer herauszufinden, wie Kapitän Hook tatsächlich war. Pirat und Mörder, oder erwachsenes Kind, mit einem freundlichen Wesen? Dies Abenteuer musste allerdings warten und Peter wand seinen Blick der kleinen, schmalen und hölzernen Kiste zu, die Hook im Schlaf mit den Armen umklammert hielt. Sie war gerade so groß, dass die Schatzkarte hineinpasste. Sich an seinem Ziel wähnend langte Peter danach. Behutsam, denn er wollte sie Hook abnehmen ohne diesen zu wecken. Die Holzkiste war jedoch zu fest umklammert. Mit etwas mehr Kraft zog Peter daran und tatsächlich glitt sie ein Stück aus Hooks Armen. Zentimeter für Zentmeter lockerte Peter sie nun aus Hooks Armen hervor und jedes Mal, wenn der Kapitän im Schlaf schnaufte und schmatzte, machte Peter eine kleine Pause. Schweiß rann ihm über die Stirn, denn es war eine anstrengende und nervenaufreibende Aktion. Schließlich seufzte Peter leise auf. Nur noch einmal, dann wäre die Kiste frei und er konnte sie nehmen. Nur noch einmal… Peters Finger umschlossen die Kiste. Mit pochendem Herzen, seinem Ziel so nahe, zog er dran und dann plötzlich geschah so vieles gleichzeitig. Er hatte die Kiste! Doch im selben Augenblick langte eine kräftige Hand nach seinem Handgelenk und blaue Augen blickten ihn eisig an. „Hallo, Peter.“ Fortsetzung folgt... Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- „Hallo Peter!“ Diese einfache Begrüßung, gepaart mit dem festen Griff, der seinen Arm umklammert hielt, löste Panik in Peter aus. Angesichts der Situation auch kein Wunder, dennoch bemühte er sich nichts von seiner Furcht anmerken zu lassen. „Hook!“, erwiderte er die Begrüßung und lächelte diesen an, als würden sie sich unter gänzlich anderen Umständen treffen und das Machtverhältnis zwischen ihnen, nicht gerade zu Hooks Gunsten verschoben sein. „Es ist schön, dass du mich besuchst“, sagte Hook und zog fest an Peters Arm. Durch den Ruck fiel Peter auf Hook, doch ehe er sich versah wälzte sich dieser herum und Peter lag unter Hook. „Aber findest du nicht, dass die Uhrzeit etwas unpassend ist?“ „Tick Tack. Tick Tack.“, provozierte Peter, dem es äußerst unangenehm war, Hooks Körper auf dem seinen zu spüren. , „Dir ist doch keine Uhrzeit recht, alter Mann.“ Nun war es an Hook zu lächeln. Peter fühlte sich unwohl. Das Grinsen war verschlagen, boshaft und schon alleine die Tatsache, dass er unter dem mächtigen Körper des Erwachsenen lag, war einschüchternd. Doch Peter war nicht umsonst der Pan. Sein Verstand suchte bereits nach einer Lösung. Nur weil Hook ihn ertappt, ihn gefangen genommen hatte, hieß das nicht, dass er nicht doch entkommen konnte. „Ach Peter“, seufzte Hook und strich ihm mit seinem Haken, den er offenbar selbst im Schlaf nicht abnahm eine vorwitzige Strähne aus dem Gesicht. Das kalte Metall fühlte sich bedrohlich auf Peters warmer Haut an. „Ich wusste, dass du kommst.“ „Woher?“, fragte Peter. „Weil du immer kommst. Die Aussicht auf ein Abenteuer zieht dich an wie das Licht die Motten.“ „Du bist auch nicht besser“, höhnte Peter, „Du lauerst mir auf wie ein Tier.“ „Wie eine Spinne, Peter, wie eine Spinne und du verfängst dich jedes Mal erneut in meinem Netz. Fast so, als bettelst du darum, dass ich dich fresse.“ Wütend funkelte Peter Hook an. Er war kein solcher Narr! Alles was er tat, tat er im stetigen Wissen, um die Gefahr. Ihm war bewusst, dass er eines Tages bei einem seiner Abenteuer den Tod finden würde. Aber lag der Reiz nicht genau darin? Bis an seine Grenzen zu gehen und darüber hinaus? Im Moment wollte er jedoch nur unter Hook hervorkommen. Das Gewicht des Piratenkapitäns erdrückte ihn fast und das Atmen fiel Peter zunehmend schwerer. Instinktiv versuchte er sich von dem schweren Körper zu befreien, doch alles was er erreichte war, dass Hook lachte. „Was denn, Peter? Bin ich dir etwa zu schwer“, neckte Hook verächtlich. „Geh runter von mir, fetter, alter Mann“, fauchte Peter, aber Hook lachte nur noch lauter. „Wenn du noch so keifen kannst, geht es dir gut“, sagte Hook belustig, doch plötzlich, von einer Sekunde auf die andere veränderte sich sein Tonfall abrupt. „Was soll ich mit dir machen, Peter? Dich aufknüpfen? Dich erschießen? Den Haien zum Fraß vorwerfen?“ „Kämpf mit mir!“, stieß Peter leidenschaftlich heraus. „Lass mich los und kämpfe mit mir. Von Mann zu Mann.“ „Das könnte ich“, entgegnete Hook nonchalant, „aber du bist kein Mann. Du bist ein Kind.“ „Ich bin ein Mann!“, zischte Peter zurück. „Wirklich?“, spottete Hook, „Dann sieh dich an, liegst unter mir wie ein Weib und kannst dich meiner körperlichen Kraft nicht erwehren. Und hier“, meinte er und fuhr mit seinem Haken über Peters Rippen, „nur Haut und Knochen. Ein nichtsnutziges, freches Bürschchen bist du, nichts weiter.“ „Wenn das so ist, weshalb fürchtest du mich so?“ Sie sahen einander in die Augen. Vergissmeinnicht-blau in stürmisches grau-grün. Peter konnte Wut in Hooks Augen erkennen und noch etwas anderes, welches er nicht zu deuten vermochte. Der Kapitän lächelte, genau dann wusste Peter, dass er ein Problem hatte. Grob wurde er vom Bett gerissen und durch den Raum gezerrt. Hook kramte in einer Schublade, welche Peter wenig zuvor noch durchstöbert hatte und holte etwas heraus. Abermals zog Hook ihn mit, dieses Mal jedoch zurück zum Bett, wo er ihn ziemlich grob mit einem festen Strick die Hände an einen der Bettpfosten fesselte. „Mach die Fesseln los!“ „Oh, das werde ich, aber erst morgen früh, wenn der Mart das Feuer geschürt hat und dann bekommst du ein paar hübsche Ketten um deine Hände.“ Peter war entsetzt! Er war gefangen und wusste nicht wie er dem Piratenkapitän entkommen sollte. Zwar bemühte er sich deine Fesseln zu lockern, doch Hook sah ihm nur amüsiert dabei zu. „Das sind Seemannsknoten, die bekommst du ohne Dolch nicht auf.“ Peters Gedanke musste so offenkundig auf seinem Gesicht abzulesen sein, dass Hook plötzlich nach seiner Taille griff und den kleinen, aber höchst wirksamen Dolch aus seinem Gürtel löste. Spielerisch ließ Hook das Stück über seine Finger wandern. „Nun Peter, die Nacht ist noch jung. Vielleicht solltest du ein wenig schlafen“, meinte Hook, während er den Dolch am anderen Ende des Raumes sicher verstaute. „Herrje, wenn Blicke töten könnten“, lachte er ihn aus. „Keine Sorge, ich werde gut schlafen können.“ Entschlossen ging der Kapitän zum Bett, stieß Peter, welcher auf der Kante saß, hinaus und zog das Seil so straff, dass dieser nur auf dem Boden sitzen konnte, die Hände über dem Kopf gestreckt. In seinem Hals hatte Peter einen unangenehmen Kloß als er den durch und durch zufriedenen Blicken Hooks ausgesetzt war. Ja, sein Erzfeind amüsierte sich königlich über ihn! Doch als sich dieser in sein Bett legte und so tat, als wäre er nicht hier, war selbst Peter fassungslos. Schlimm wurde es für ihn aber erst, als nach einer gefühlten Ewigkeit tatsächlich leise Schnarchgeräusche zu ihm vordrangen. Jetzt erst ließ Peter die eigene Erschöpfung zu. Dieses Abenteuer verlief anders als gedacht. Er war gespannt, was Hook nun mit ihm vor hatte. Dass er etwas von Fesseln gesagt hatte, konnte als Anzeichen gedeutet werden, dass er noch nicht mit seinem baldigen Ableben rechnen musste. Aber Peter wäre nicht Peter Pan, wenn er im Kopf nicht schon allerhand Möglichkeiten durchginge, die ihm die Flucht ermöglichten. Irgendwann jedoch wurden seine Gedankengänge langsamer und die Müdigkeit ergriff allmählich von ihm Besitz. Unbemerkt glitt er trotz der unbequemen Sitzposition und ungeachtet der Kälte, welcher er ausgesetzt war, so ohne Decke, in einen tiefen Schlaf. Auf diese Weise bemerkte Peter auch nicht, dass der Mann von dem er dachte, dass er schlafen würde sich ihm zuwandte und mit seinen stechenden Augen betrachtete. Fortsetzung folgt… Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Ein unsanfter Tritt gegen seinen Oberschenkel weckte Peter auf. Für einen Augenblick war er benommen und wusste nicht wo er sich befand, doch als er das hämisch grinsende Gesicht von Hook entdeckte, kamen die Erinnerungen schlagartig zurück. Automatisch zuckte er, wollte nach seinem Dolch greifen, doch die Fesseln an seinen Handgelenken hielten ihn davon ab. Schmerz wogte über ihn hinweg. Seine Finger waren taub, die Haut unter den Stricken offenkundig aufgeschürft. Peter konnte nicht verhindern, dass ihm ein Schmerzenslaut über die Lippen kam, doch gönnte er Hook keineswegs die Freude, dass er sich wegen dessen Behandlung beschwerte. Im Gegenteil, Peter biss sich fest auf die Lippen, um jegliches weitere Geräusch zu vermeiden, während er vorsichtig seine Hände und Finger etwas bewegte, um wieder ein Gefühl in diese zu bekommen. „Der Mart kommt gleich. Die Stifte für die Ketten sind vorbereitet, dann kommst du von den Stricken los.“ „Du tauscht eine Fessel gegen eine andere, kannst du mir sagen, was mich daran erfreuen soll?“ Peters Augen bohrten sich finster in Hooks. „Die Ketten bieten dir etwas mehr Freiraum.“ „Und wo willst du mich anketten? Hier an deinem Bett?“ Etwas in Hooks Augen leuchtete auf ehe er sprach. „Nun, Peter, genau das ist meine Absicht.“ Irritiert runzelte Peter die Stirn. Was wollte der alte Klabautermann damit bezwecken? Peter hätte es eindeutig verstanden, wenn er Kiel holen geschickt worden wäre. Dort zwischen bestraften Piraten und anderen Gefangenen, wäre der eigentliche Ort, an den er gebracht werden müsste. Peter hätte es sogar begriffen, wenn Hook sich über Nacht für eine der vielen Tötungsarten entschieden hätte. Wie war das noch gleich? Erschießen? Erstechen? Den Haien zum Fraß vorwerfen? So oder so ähnlich hatte es ihm Hook gestern doch aufgezählt. Weshalb zum Teufel sollte er in Hooks Kabine bleiben und dann noch an dessen Bett gekettet? Der Kapitän war jedoch so gnädig und erklärte es ihm, als er die Irritation bemerkte. „Ich wollte schon immer meinen eigenen Schiffsjungen haben, Peter und ich denke, du wirst die Rolle gut ausfüllen. Sieh es als ein Spiel“, sagte er blasiert, „Du spielst doch gerne. Solange ich meinen Spaß daran habe, wirst du innerhalb dieses Raumes zu meiner Verfügung stehen, wie ich es beliebe.“ „Was soll das heißen?“ „Du wirst das Zimmer fegen, den Staub von den Möbeln wischen und mir mir die Füße waschen, wenn ich es sage. Jeden Morgen und Abend wirst du mir beim an- und entkleiden helfen und mir die Haare bürsten, wenn ich es will.“ „Niemals!“, fauchte Peter. „Oh doch, du wirst!“ „Eher sterbe ich!“ „Das wirst du auch, wenn du dich nicht beugst.“ „Töte mich gleich, dass erspart dir Mühe und Zeit.“ Hook lachte – aus vollem Herzen. Diese zur Schau getragene Heiterkeit verunsicherte Peter. Es schien als wäre der Pirat sich seiner Sache so sicher. Was hielt er in der Hinterhand, dass er glauben konnte Peter würde sich beugen? „Du wirst, Peter.“ „Nenn mir einen Grund“, sagte Peter wütend. „Hunger, Durst, Kälte. Das sind sogar drei gute Gründe, oder nicht?“ „Ich kann mein Essen- “ „-Nein, kannst du nicht. Zumindest nicht an Bord meines Schiffes. Deine Fantasie hilft dir hier kein Stück weiter. Essen und Trinken gibt es nur, wenn ich es dir auftragen lasse. Stell dir doch nur vor wie es wär, wenn ich an meinem Schreibtisch sitze, einen fetten Fasan vor der Nase und du Peter, würdest nichts als den Duft inhalieren können, während dein Magen sich vor Schmerz zusammenzieht. Das Wasser würde dir im Mund zusammenlaufen, aber das ginge nicht, weil Kehle und Lippen vom Durst so trocken wären, dass du mir selbst die Spritzer der Gischt von den Stiefeln lecken würdest.“ Hook hielt mit seiner unheilvollen und gefühlskalten Rede inne. Peter ging es bei dem puren Gedanken, dass Hook ihm dies tatsächlich antun könnte, hundeelend. Ebenso konnte er nicht verhindern, dass es ihm eiskalt den Rücken hinunterlief, während Hook ihn herausfordernd ansah, so als wolle er, dass Peter sich ihm widersetzte. Für Peter war die Vorstellung vom Tod eine Herausforderung. Folter jedoch, war etwas, dass kein Mittel für einen Pan war. Niemals hatten er oder einer der verlorenen Jungs einen Piraten gefoltert. Zumindest nicht mit diesen harten, körperlichen Strafen. Sie machten keine Gefangenen. Wenn sie in den Krieg mit den Piraten zogen, dann töteten sie. Schnell und sauber. Der Tod war kein Spiel, das wusste selbst Peter. Mental fragte sich Peter, was er nun tun sollte. Sein Stolz pochte hart und unnachgiebig in seinem Inneren und schrie nach Kampf. Alles in ihm wollte einen fairen Kampf gegen Hook, dessen neues Spiel ihm überhaupt nicht gefiel, doch wusste er auch, dass der Kapitän sich derzeit nicht darauf einlassen würde. Dazu genoss Hook es zu sehr, dass Peter ihm ausgeliefert war. Sollte Peter also nachgeben? Er könnte austesten, wie ernst es Hook mit seiner Drohung war. Aber etwas ließ Peter zaudern. Vielleicht das Wissen, dass Hook seine Gegenwehr erfreuen würde. Aber als die Tür plötzlich geöffnet wurde und drei Mann das Zimmer betraten, richtete sich seine und Hooks Aufmerksamkeit dorthin. Zwei Matrosen schleppten einen Eimer, in dem sich auf einer dicken Sandschicht glühende Kohlen befanden, herein. Zwischen den Kohlen lagen Metallstifte, welche, wie Peter wusste, zum Verschließen der Ketten dienten. Hinter den beiden kam der Obermaat herein. Halb über den Schultern, halb in Händen trug dieser die Ketten und ein paar wenige, aber schwere Werkzeuge. Peter schluckte. Hook machte wirklich Ernst. Nachdem die Männer alles vorbereitet hatten, wurde grob an Peters Bein gezogen. Zwar versuchte Peter sich mit Tritten gegen die Männer zu wehren, doch da er nach wie vor mit den Händen an den Bettpfosten gefesselt war, ohne jeglichen Erfolg. „Kapitän, wie wollen Sie’s? Soll er am Stück bleiben, oder sind ihnen die Verletzungen egal?“, fragte der Maat. Nun erst richtete sich die Aufmerksamkeit wieder auf Hook, der die komplette bisherige Prozedur stumm beobachtet hatte. Einen Herzschlag lang, dachte Peter, dass Hook ihm sagen würde, dass ein paar Verletzungen mehr oder weniger nichts ausmachen würden. Einmal schon hatte Peter gesehen, welche Spuren das Anbringen heißen Metalls auf menschlicher Haut verursachte und selbst wenn sich die Verbrennungen nur auf das Minimum beschränkten, die Schläge, mit dem schweren Hammer auf die Stifte, konnten Knochen brechen. „Macht es schonend, wir wollen ja nicht, dass unserem werten Gast etwas zustößt.“ „Sind Sie sich Kapitän“, traute der Pirat sich wirklich nachzufragen. „Es ist Pan. Denken Sie nur an Ihre Hand.“ Tatsächlich blickte Hook auf den Stummel an dessen Ende sich der silbrige Haken befand. Ja, er, Peter Pan hatte Kapitän Hook die Hand abgeschlagen und sie dem Krokodil vorgeworfen. Doch Hooks Blick, der einen glasigen Ausdruck angenommen hatte, wirkte eher sentimental, denn nachtragend. Hook schwieg für einen Moment ehe er blinzelte und seinen Augen wieder normal wirkten. So hatte Peter ihn noch nie gesehen gehabt. „Ich bleibe dabei - geht sanft mit meinem Gast um.“ Damit wandte sich der Kapitän ab und verließ die Kajüte. Peter blieb mit den anderen Piraten zurück, die ihm nun raues Leinen um den Fußknöchel banden und den zappelnden Peter mit Gewalt festhielten. Unerklärlicherweise bekam er nun, da Hook fort war Angst. Richtige Angst. Das Metall schloss sich um sein Fußgelenk und Peter wusste, es gab nun keine Chance mehr auf Flucht. Obwohl er dagegen ankämpfte zitterte er am ganzen Körper, während der erste glühend heiße Stift in die Kettenhalterung geführt wurde. „Du solltest jetzt besser aufhören zu zappeln, Junge“, sagte der Obermaat. „Wenn wir abrutschen ist es das Ende deines Fußes und wir wollen doch nicht, dass Kapitän Hook sauer wird, oder?“ Peter wollte etwas sagen, wollte ihnen drohen, dass sie ihn freilassen sollten, sonst würden sie es bereuen, aber sein Stolz hielt ihn zurück. Noch bevor der erste Schlag mit dem Hammer sein Schicksal an Bord der Jolly Roger für lange Zeit besiegeln sollte, beschloss Peter die Herausforderung anzunehmen. Er würde Hooks neues Spiel spielen, doch würde er als der Gewinner hervorgehen. Kein Hook konnte ihn endgültig besiegen. Zwar mochte dieser stinkige, alte Piratenkapitän die Runde für sich entschieden haben, aber Peter war derjenige, der das Spiel gewinnen würde, denn er war der Pan. Fortsetzung folgt… Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Es war bereits Dunkel als Hook wieder ins Zimmer kam. Peter kauerte auf dem harten Boden vor dem Bett und war noch halb benommen. Sein Fuß und auch sein Bein schmerzten höllisch, denn obwohl die Piraten so vorsichtig wie möglich gewesen waren und das Leinen seinen Knöchel weitestgehend geschützt hatte, hatten sich die Schläge unnachgiebig in seinen Knochen angefühlt. Trotz Peters Kampf gegen die Schmerzen, hatte er nach dem zweiten Stift kapituliert und ihm mit lauten Schreien Ausdruck verliehen. Daraufhin hatten sie ihm ein dickes Stück Leder in den Mund geschoben, damit er sich nicht versehentlich die Zunge abbiss. Als der vierte und letzte Stift angebracht war, war Peter erschöpft und verschwitzt in sich zusammengefallen. Die Piraten hatten ihre Sachen gepackt und waren ohne ein Wort zu sagen gegangen. Danach gab es nur noch das Warten. Peter hatte lange gewartet, doch außer dass ein Schiffsjunge kam und ihm einen leeren Eimer für seine Notdurft brachte, war er den ganzen Tag alleine gewesen. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als den Geräuschen der Jolly Roger zu lauschen. Alles war ihm so fremd erschienen. Obwohl er die Piraten schon sehr oft beobachtet hatte, kannte er den Tagesablauf auf dem Schiff nur aus der Ferne. Da war ein ständiges Getrampel und Gepolter. Andauernd wurden Befehle gebrüllt, mal von Hook, mal von einem anderen Diensthabenden und zwischendurch sangen die Piraten ab und an ein Lied. Die Texte waren frivol und Peter, der keine Ahnung von der Liebe hatte, verstand ihre Bedeutung nicht. Ermattet und zermürbt von den Schmerzen und der Warterei war er dann irgendwann eingeschlafen und holte so ein bisschen von dem Schlaf nach, den er in der Nacht versäumt hatte. Mit den Händen und Armen über dem Kopf, an Hooks Bettpfosten gefesselt, hatte er mehr schlecht als recht geschlafen und war ständig aufgeschreckt. Doch nun, wo nur sein Fuß in Ketten an dem Pfosten hing, war das Schlafen angenehmer. Auch wenn er sich entschieden hatte, nicht in Hooks Bett zu liegen. Er hätte den Geruch des Piraten keine Sekunde ertragen können. Endlich wand Hook sich ihm zu. Er betrachtete ihn von oben bis unten, mit einem kalten Blick. Peter erwiderte diesen finster. „Steh auf!“, befahl Hook und fast hätte Peter sich geweigert, wenn da nicht der Umstand gewesen wäre, dass dies bedeutet hätte, der Kapitän würde weiterhin auf ihn herabblicken. Eine Unterhaltung in Augenhöhe schien Peter angemessener. Vorsichtig stand er auf. Vor Schmerz bis er sich auf die Lippe, doch er sagte nichts. Die Kette rasselte. „Komm her!“, ein erneuter Befehl. „Nein“, sagte Peter schlicht. „So stur? Hast du vergessen, was passiert, wenn du nicht gehorchst?“ „Nein, aber hast du vergessen, wer vor dir steht?“Peters Kinn reckte sich in die Höhe. Ein süffisantes Grinsen schlich sich auf Hooks Gesichtszüge. „Was ich sehe ist ein arroganter, schmutziger Bengel an einer Kette, der offenbar noch nicht begriffen hat, was es heißt mein Diener zu sein. Hier“, sagte er und hielt mit gutem Abstand einen Becher reinsten Wassers vor Peters Nase, dessen Kehle sich tatsächlich staubtrocken anfühlte. Peter zögerte. Zu genau konnte er sich noch an Hooks Drohung erinnern. Durst, Hunger, Kälte. War dies der erste Part? Wollte ihn der Pirat reinlegen? „Keinen Durst?“, fragte Hook und trank den Becher in wenigen Schlucken leer. Peter bereute augenblicklich, nicht nach dem Trinkbecher gegriffen zu haben. Nun erst, da er das Getränk in Hooks Rachen verschwinden gesehen hatte, nagte der Durst erst richtig an ihm. „Nun Peter, ich denke, du solltest mir helfen den Kapitänsrock abzulegen.“ „Was, wenn ich es nicht tue? Willst du mich dann langsam dahinsiechen lassen?“, hakte Peter nach, den Kiefer fest aufeinander gepresst. Es gab eine schnelle fließende Bewegung und schon hatte Peter den Säbel von Hook an seiner Kehle. Er musste schlucken, auch wenn ihm das angesichts des scharfen Metalls an seinem Hals schwerfiel. Seine Augen bohrten sich in Hooks, wie eine stumme Aufforderung es zu tun und ihn zu töten. „Mag sein, dass das mein Begehr ist, Peter, doch sei gewiss, dass ich dir das Warten noch versüßen werde. Meine Klinge sehnt sich nach deinem Blut.“ Sie kämpften mit ihren Augen. Duellierten sich ohne auch nur einen Finger zu krümmen und Peter, dessen Bein inzwischen extrem schmerzte und dem wieder einfiel, dass er Hook in seinem eigenen perfiden Spiel schlagen wollte, beugte sich ein weiteres Mal an diesem Tag. Nicht jedoch, ohne tiefen Groll zu empfinden. Hierfür würde Hook büßen müssen. Langsam und vorsichtig schob er mit seinem Handrücken den Säbel von sich weg. Hook ließ es gewähren. Ohne ein Wort zu sagen humpelte Peter auf ihn zu. Die Kette zerrte er hinter sich her. Direkt vor Hook, so nahe, dass sie einander die körperliche Präsenz spürten, blieb Peter für einen Augenblick stehen, schoss wütende Blitze aus seinen Augen, ehe er ihn umrundete. Zu seinem persönlichen Ärger zitterten seine Finger, als er sie auf Hooks Schultern legte. „Leg den Säbel weg, sonst kann ich dich nicht entkleiden“, sagte Peter. Die Stimme war kratzig. Zorn wogte darin ebenso wie die Splitter von seinem Stolz, welcher gerade zerbrochen war. „Das war eine kluge Entscheidung, Junge“, entgegnete Hook und legte den Säbel ab. „Wir werden sehen…“ meinte Peter verheißungsvoll. „…wer von uns den Fehler gemacht hat.“ Fortsetzung folgt… Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Hätte es an Bord der Jolly Roger eine Uhr gegeben, dann hätte Peter Pan gewusst, dass es genau 2 Stunden, 5 Minuten und ganze 43 Sekunden her war, dass sein Stolz zersplittert war. Denn genau vor 2 Stunden, 5 Minuten und 43 Sekunden waren seine Hände auf Hooks Schultern zu liegen gekommen, um dem verfluchten Kapitän beim Entkleiden behilflich zu sein. Doch auf der Jolly Roger gab es keine Uhren, denn das Ticken quälte ihren Kapitän und so wusste Peter auch nicht wie lange seine Demütigung bereits anhielt. Für ihn fühlte sie sich jedoch elendig lange an. Was Peter allerdings ganz genau wusste war, dass er sich endlich setzen musste. Sein Bein schmerzte derart, dass er kaum noch stehen konnte und ihm das Atmen immer schwerer fiel. Schweiß bedeckte Peters Stirn und sein Gesicht war blass. Doch diese Genugtuung wollte er Hook nicht auch noch schenken und so biss er die Zähne zusammen und folgte mehr oder minder genau den Befehlen, welche in einer Tour auf ihn einprasselten. Nachdem der Schlafrock entkleidet war, folgten Stiefel und Gürtel, auch musste Peter ihm die Strümpfe von den Füßen streifen. Sämtlicher Magie in Nimmerland dankend, hatte Hook zum Glück keine Stinkfüße. Dennoch brauchte es Überwindung für Peter, ihm anschließend die Füße zu waschen, abzutrocknen und mit einer Creme einzureiben. Nie zuvor hatte Peter sich so erniedrigt gefühlt. Für den Moment wusste er aber nicht was größer in ihm wog, die Wut oder die Scham. Irgendwie hatte er es sich einfacher vorgestellt, auf Hooks Spiel einzugehen. Nun nach 2 Stunden bemerkte Peter wie er immer wieder in Richtung von Hooks Säbel stierte, welcher auf dessen Schreibpult neben Peters eigenem Dolch lag. Peter machte sich aber keine falsche Hoffnung, selbst wenn er versuchen würde daran zu kommen, Hook wäre vor ihm da. Die Kette an seinem Fuß war verdammt schwer. Peter kämmte gerade Hooks lange, schwarze Lockenpracht, wenn gleich auch sehr widerwillig. Der Kapitän hatte intuitiv seinen Stuhl an eines der Kabinenfenster geschoben, das weit genug vom Pult entfernt war. Peter stand hinter ihm und wusste nicht mehr, was er noch gegen den Schmerz in seinem Bein machen konnte, weshalb er bemüht war sich abzulenken. Just tat er dies, indem er sich den Kapitän vor ihm genauer ansah. Schon beim entkleiden war Peter aufgefallen, dass der Kapitän keineswegs so alt war, wie er immer gedacht hatte. Der Körper, der unter der Kleidung hervorgekommen war, war fest und muskulös, jedoch nicht übermäßig massig. Hook hatte den Körperbau eines Mannes, welcher jahrelang zur See gefahren und im Schwertkampf geübt war. Seine Haut war von der Sonne braun gegerbt ohne jedoch alt und verbraucht auszusehen. Im Rückblick auf die Creme mit der er Hooks Füße eingecremt hatte, mutmaßte Peter, dass der Kapitän eitel war und seinen Körper pflegte. Seinen nackten Oberkörper zierten einige kleinere Narben, doch faszinierend fand Peter eine große, die aus zwei Teilen bestand. Wenige Zentimeter über Hooks Herz befand sie sich und mündete unterhalb seines Schulterblattes. Es war ganz Eindeutig eine Verletzung von einem Schwertstoß. Obwohl Peter so vieles von seinem Erzfeind wusste, war ihm diese Verletzung unbekannt. Sie musste aus Zeiten stammen bevor Hook nach Nimmerland gekommen war. Sie stimmte ihn nachdenklich, was überhaupt nicht Peters Art war. Selten verschwand er mehr als einen flüchtigen Gedanken für die Vergangenheit und lebte nur hier im Jetzt. Eine Hand legte sich plötzlich auf seine. Verdutzt blickte Peter auf. Hook hatte sich ihm leicht zugewandt. „Interessiert dich meine Narbe?“ Erst jetzt registrierte Peter, dass er schon eine Weile aufgehört hatte, Hooks Haare zu kämmen und stattdessen mit seinen Fingern die Konturen der Narbe nachgezeichnet hatte. „Nein“, log er und kämmte das Haar weiter. Röte kroch ihm in die Wangen und er war froh, dass Hook dies nicht sehen konnte. Ihm entging allerdings nicht, dass der Pirat ein spöttisches Lächeln auf den Lippen trug. „Du kannst aufhören. Für heute reichen mir deine Dienste, Junge.“ Erleichtert seufzte Peter auf. Er durfte sich gleich setzen. Der Fußboden kam ihm gerade wie ein kleines Paradies vor. Müde hinkte er zu seinem Platz neben dem Bett und ließ sich schwerfällig nieder. Endlich den Druck seines eigenen Körpers vom Bein zu haben, war eine wahre Erleichterung, dennoch massierte er die Muskeln sanft, um die Verkrampfung zu lösen. Plötzlich wurde er nach hinten geworfen, als eine Decke in seinem Gesicht landete. „Was?“, fauchte er, als das Kissen folgte und ihm der Aufprall für eine Sekunde den Atem raubte. Weshalb tat Hook dies? Irritiert suchte Peter Hooks Blick, doch dieser war bereits damit beschäftigt, die Kerzen zu löschen. Offenbar hatte Hook den Teil seiner Drohung, der mit Kälte zu tun hatte nicht ernst gemeint. Verwirrt hierüber und auch misstrauisch legte Peter das Kissen unter seinen Kopf als es an der Tür klopfte. „Herein.“ „Kapitän, hier ist das, welches Sie bestellt haben.“ „Stell es ihm hin und geh wieder.“ Da der Pirat, jedoch zögerte, setzte Hook nach: „Er beißt nicht. Zumindest nicht, solange er noch angekettet ist.“ „Aye, Kapitän“, murmelte der Mann und kam im Halbdunkeln auf Peter zu, ein Tablett in Händen haltend. Er stellte es neben Peter ab und verschwand so schnell, dass Peter trocken zu Hook sagte: „Hat dir wohl nicht geglaubt.“ „Wer kann es ihm verdenken?“, gab Hook leger zurück. „Du hast drei seiner Brüder getötet.“ „Wirklich?“, fragte Peter und klang dabei sehr arrogant. „Kein Grund darauf stolz zu sein oder ist töten etwas, das dir Vergnügen bereitet?“ Das Grinsen auf Peters Gesicht verblasste sofort. „Nein. Töten ist das was wir tun müssen, um uns vor euch zu schützen?“ „Tatsächlich?“, fragte Hook, kam schnell und geschmeidig auf ihn zu und beugte sich so tief zu Peter hinab, bis ihre Gesichter sich fast berührten. „Gilt das auch für die vielen Male, in denen ihr uns bestohlen habt, um euch zu amüsieren? Dafür das ihr Diebstahl als Auftakt zu einem Gewaltakt inszeniert?“ Peter schwieg, starrte Hook nur finster an. „Das dachte ich mir, Pan und jetzt iss, ehe ich es mir anders überlege.“ Abrupt ließ er Peter auf dem Boden sitzen und gab ihm nur so viel Zeit, dass Peter auf dem Tablett einen Krug Wasser, ein Stück Brot und ein wenig Schinken entdecken konnte, ehe die letzte Kerze verloschen war. Durstig und hungrig ertastete er im Dunkeln Essen und Trinken und hatte schon fast fertig gespeist, als seine Augen sich an das minimale Licht, dass durch die Kajütenfenster eindrang, gewöhnt hatten. Die innere Erleichterung, dass Hooks Drohung, Durst, Hunger und Kälte betreffend, nur ein Bluff gewesen war, machte sich bei ihm erst bemerkbar, als er seinen Durst gestillt, gesättigt und zugedeckt war und er trotz des harten Fußbodens in einen tiefen Schlaf überglitt. Fortsetzung folgt… Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Am nächsten Morgen wurde Peter früh geweckt. Der Tritt gegen seinen Oberschenkel, welcher offenbar eine Gewohnheit von Hook war, war nur kurz schmerzhaft und diente weniger einer Bestrafung, als mehr dem Umstand ihn zu aufwecken. Obwohl die Nacht kurz gewesen war, fühlte sich Peter ausgeruht. Sein Bein tat ihm nicht mehr weh, auch wenn das Metall um seinen Knöchel die Haut aufgeschürft hatte. Das Stück Leinen welches seine Haut zuvor geschützt hatte, war ihm verloren gegangen. Er entdeckte es am anderen Ende des Raumes. Es lag unter Hooks Schreibtisch. Vorsichtig stand Peter auf und war im Begriff es zu holen, als er grob an seinem Arm gepackt wurde. Hook starrte ihn an und ehe Peter sich versah wurde er auf das Bett geworfen. Die Kette zog unangenehm schwer an seinem Knöchel, so dass ihm vor Schmerz einen Augenblick die Luft wegblieb. Peter konnte sich nicht erholen, da lag Hook auf ihm. Zum Wundern blieb ihm keine Zeit, denn Hooks Haken lag auf seiner Wange und zeichnete sie nach. „Was hast du getan?“, fragte Hook und betrachtete ihn ganz fasziniert. „Was meinst du?“ Peter wusste nicht wovon der Pirat sprach. „Dein Gesicht…“ „Was soll damit sein?“ Nun musste Peter lächeln. „Bist du am frühen Morgen schon besoffen?“ „Nein!“, blaffte ihn Hook wütend an, dann rutschte er halb von Peter hinunter und begann ihn mit seiner gesunden Hand abzutasten. „Hey! Fass mich nicht an!“, fluchte Peter und tatsächlich hielt Hook inne. Einen Moment war er wie erstarrt, doch dann, fast so als wäre ihm bewusst, dass er gerade ein Kind betatschte und das obwohl er selbst nicht mehr trug, als eine Leinenhose, wand er sich wieder Peters Gesicht zu. „Du weißt es nicht, oder?“ „Was soll ich nicht wissen?“ „Du bist gewachsen.“ „Ist das ein Scherz? Ich kann gar nicht wachsen!“ Sie starrten sich stumm an. Peter fragte sich, was in den Kapitän gefahren war. Er verstand es jedenfalls nicht. Doch er war erleichtert, dass Hook nicht mehr auf ihm lag. Dieses Gefühl mochte Peter nämlich nicht. Er hoffte, dass es zu keiner Gewohnheit von Hook werden würde, denn sonst würde Peter ihm noch die andere Hand abschlagen müssen, sobald ihm sich die Gelegenheit bot. Hook stand auf und fuhr sich mit den Händen durch das Haar. Aus den Augenwinkeln betrachtete er Peter weiterhin, welcher sich langsam aufsetzte. Ihm war das Verhalten des Erwachsenen ein Rätsel. „Vielleicht hast du Recht“, murmelte Hook. „Natürlich hab ich Recht“, sagte Peter selbstgefällig. „Ich kann nicht wachsen. Wir verlorenen Jungs bleiben immer Kinder. Deshalb sind wir doch hier.“ „Ach, und was ist mit denen, die zurück gehen? Zu ihren Familien? Vor wenigen Tagen erst bist du mit ein paar deiner Jungen verschwunden, aber nur du bist zurückgekehrt. Was passiert mit ihnen? Bleiben diese Jungs auch immer Kinder?“ Peter sagte nichts. Seine Gedanken waren abgeschweift. Er war wieder in London auf den Dächern und beobachtete wie ein Junge nach dem anderen ihn verließ. Sie alle waren gegangen. Hatten Peter zurückgelassen, der einfach kein Verständnis dafür aufbringen konnte, weshalb man eine Welt voller Magie und Abenteuer den Rücken zukehren konnte. Dennoch war das unangenehme Gefühl in seinem Herzen wieder da. Das erste Mal, dass dieses Gefühl ihn in Nimmerland heimsuchte. Es verstörte ihn. Hier hatte dieses Gefühl nichts zu suchen. Es sollte aus seinem Herzen und wie von alleine wanderte seine Hand zu seinem Brustkorb, so als könnte er mit der Hand das Gefühl aus seinem Herzen saugen. „Du veränderst dich“, sagte Hook und es war eine schlichte Feststellung. „Nein“, entgegnete Peter verwirrt, „Ich sagte doch, das kann ich nicht. Ich werde immer so bleiben, wie ich bin.“ Hook kam erneut auf ihn zu, hob mit seinem Haken Peters Kinn an. Abermals betrachtete er ihn genau, doch was Hook dieses Mal in Peter gefunden hatte, bestärkte ihn in seinem Glauben. „Du kannst es sooft leugnen wie du magst, vielleicht erkennst du es selbst auch nicht, doch etwas in dir beginnt sich zu verändern und ich will wissen weshalb.“ „Selbst wenn du Recht hättest – was du nicht hast – wie willst du es herausbekommen?“ „Ich werde dich so lange hierbehalten, bis ich hinter dein Geheimnis komme.“ „Wirklich? Und ich dachte, dass du mich nur behältst bis du eine Waffe hast, um mich zu töten.“ „Meinst du das Schwert des alten Blackbeard?“ „Was denn sonst? Schließlich folgst du nicht umsonst der Schatzkarte.“ Plötzlich lachte Hook. Laut und aus tiefstem Herzen. Augenblick wusste Peter, dass der Kapitän sich über ihn lustig machte. Peters Gedanken überschlugen sich und noch ehe Hook wieder sprach, wusste er, wie töricht er gewesen war. „Die Schatzkarte ist eine Fälschung. Der alte Blackbeard hatte viel, aber kein verwunschenes Schwert. Du bist einfach zu arrogant Peter. Die Karte war meine Falle für dich und du, der du keinem Abenteuer widerstehen kannst, bist in sie hineingetappt. Aber du hast mich überrascht, ich dachte, wirklich du würdest nicht alleine kommen. Wo hast du deine verlorenen Jungs gelassen? Wissen sie überhaupt wo du hingegangen bist? Seit zwei Tagen bist du in meiner Gewalt und bisher gab es keine Reaktion von ihnen. Vielleicht denken sie ja, du bist wieder in diese andere Welt, neue Jungen suchen oder weshalb haben sie noch nicht nach dir gesucht?“ Wütend zerrte Peter an seiner Kette. In ihm brodelte es und das hauptsächlich, weil er wusste das Hook im Recht war. Es war dumm von ihm gewesen ohne Verstärkung an Bord der Jolly Roger zu gehen und noch dümmer war es, dass er niemanden gesagt hatte wohin er gegangen war. Das Schlimmste jedoch war, dass ihn wahrscheinlich wirklich niemand vermissen würde. In den letzten Wochen und Monaten war er oft für Tage verschwunden ohne sich abzumelden. Selbst Glöckchen, die sonst immer an seiner Seite war, hatte er öfters zurückgelassen. Es könnte also eine Weile dauern bis er vermisst würde, doch was musste er in dieser Zeit in Hooks Gefangenschaft alles ertragen? „So still, Peter?“, spottete Hook. „Hässlicher, alter Mann“, fauchte Peter, „Ich werde dir entkommen und dann werde ich mich rächen. Du wirst den Tag bereuen, an dem du mich in Ketten gelegt hast.“ „Werde ich das?“ Hook zog eine seiner Augenbrauen hoch. „Ich glaube eher, dass du bis zum Ende der Woche noch darum betteln wirst, dass ich dir die Kehle aufschlitze.“ „Niemals!“ „Das sagst du jetzt, aber wenn wir unser Ziel erreicht haben, habe ich etwas in Händen, dass dich noch mehr dazu bringen wird, als die Demütigung, die du als mein Kammerdiener hast.“ „Was soll das sein?“, giftete Peter zornerfüllt zurück. „Ein Gift, gewonnen aus dem Körper einer Meerjungfrau. Ein Tropfen davon genügt, dir die dunkelsten Geheimnisse zu entreißen. Wenn ich sie dann alle kenne und dich vor deinen verlorenen Jungs erst einmal bloßgestellt habe, dann wirst du mich um deinen Tod anbetteln.“ „Du weißt gar nichts über mich, Hook.“ „Du irrst, ich weiß vieles über dich und ehe diese Reise endet, weiß ich ALLES von dir. Und jetzt Peter Pan, wirst du mich ankleiden und mir die Haare schnatzen.“ „Nein“, sagte Peter einfach. „Nein?“, echote Hook und zog beide Brauen hoch. „Du verkennst wohl in welcher Situation du dich befindest.“ „Tue ich nicht.“ „Gestern war ich wohl zu nett zu dir. Vielleicht sollte ich dich wirklich verdursten und verhungern lassen.“ „Wenn du das machst, erfährst du nie, was du von mir hören möchtest. Es ist deine Entscheidung, wie wichtig dir meine Geheimnisse sind.“ Es war eine Patt-Situation. Die Frage war nur, wer den kürzeren ziehen würde. Doch dann schüttelte Hook einen Joker aus dem Ärmel. „Du hast Recht, ich werde dich nicht verdursten und nicht verhungern lassen. Ich will deine Geheimnisse wissen, aber die erhalte ich auch, wenn ich vorher noch ein bisschen mit dir Spiele. Du spielst doch gerne, Peter, oder?“ „Was soll das für ein Spiel sein?“ „Was erniedrigt Peter Pan am meisten.“ Fortsetzung folgt… Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- Als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, war Peter kurz davor aufzugeben. Er kämpfte mit sich, mit seiner Scham und einem dringenden körperlichen Bedürfnis. Doch war es Peter viel zu peinlich und unangenehm dieser natürlichen Sache nachzugehen, solange Hook im Raum verweilte und Hook hatte es sich gemütlich gemacht. Der Kapitän hatte sich das Vergnügen gegönnt, den ganzen Tag lesend in seiner Kajüte zu bleiben und Peter, wann immer ihm danach war, zu beobachten. Zweimal war ein Matrose erschienen und hatte für Hook und ihn Essen und Trinken gebracht. Erst nach dem zweiten Becher Wasser hatte Peter realisiert, was Hooks Absicht war. Danach hatte er keinen Tropfen Flüssigkeit mehr zu sich genommen, allerdings war es da längst zu spät gewesen. Sein Körper begann zu reagieren und Peter versagte sich die Erleichterung. Anfänglich ging es noch, doch allmählich bekam er Unterleibsschmerzen. Das ärgerlichste für Peter war jedoch, dass Hook genau von seinem Problem wusste und es mit einem gemeinen, hinterhältigen Grinsen bestätigte. Peters Versuch Hook ins Gesicht zu schlagen war kläglich gescheitert, als er über die Kette auf dem Boden gestolpert war. Das laute Lachen von Hook war eine weitere Demütigung. Seitdem saß Peter in seiner Ecke und starrte Hook stur an. Der Kapitän saß, die Beine auf dem Pult übereinandergeschlagen, auf seinem Stuhl und blätterte dann und wann in einem kleinen in Leder gebundenem Buch, dessen Inhalt Peter nicht einmal erahnen konnte. Lediglich zwei Mal hatte Hook das Buch zur Seite gelegt und war aus dem Raum gegangen. Beim ersten Mal hatte Peter sich nicht getraut aufzustehen und beim zweiten Mal, war Hook so schnell zurückgewesen, dass Peter noch nicht einmal den obersten Knopf seiner Hose öffnen gekonnt hatte. Das Bedürfnis nach körperlicher Erleichterung wuchs und Peter wog ab, was schwerer auf seinem Stolz lag – die Scham es vor Hooks Augen tun zu müssen oder sich herabzulassen und Hook um etwas Privatsphäre zu bitten. Am Tag zuvor war dies kein Problem für Peter gewesen, da Hook diesen vollständig an Deck verbracht hatte, doch heute… Es war die Strafe für seine Aufmüpfigkeit und auch wenn Hook es als Spiel betitelt hatte, so war es keines und noch dazu verdammt unfair. Mit einem lauten Geräusch schlug Hook das Buch zu. Unwillkürlich zuckte Peter zusammen, obwohl er den Kapitän im Blick hatte. Bedächtig stand Hook auf, streckte sich genüsslich und ging unter dem intensiven Blick von Peter zur Karaffe, in welcher sich das Trinkwasser befand. Ganz langsam ließ er die klare Flüssigkeit in einen Becher fließen. Das plätschernde Geräusch quälte Peter, der seine Beine zusammenpresste und sich auf die Lippe biss. „Möchtest du auch etwas?“, fragte Hook ihn provokativ und hielt ihm den Becher hin. In dieser Sekunde kapitulierte Peter. Hochrot vor Scham, eilte er zum Eimer, um seine Notdurft zu verrichten. Das schallende Gelächter von Hook dröhnte in seinem Schädel, während er sich erleichterte. Als er fertig war, getraute Peter sich zuerst nicht, sich umzudrehen, doch als er es tat, stellte er fest, dass Hook den Raum verlassen hatte. Offenbar besaß der Pirat doch noch einen letzten Funken Anstand. Selbst als Hook eine ganze Weile später wiederkam, glühten Peters Ohren noch immer vor Scham. „Möchtest du weiter spielen?“, fragte Hook ihn. „Das ist kein Spiel.“ „Doch, nur eines, welches du nicht gewinnen kannst.“ Wut loderte aus Peters Augen, dennoch schwieg er. Der Kapitän ging auf ihn zu und automatisch wich er zurück, bis er die Wand im Rücken hatte. Mit seiner körperlichen Präsenz versuchte Hook ihn einzuschüchtern und zum ersten Mal hatte er damit tatsächlich Erfolg. Peter zitterte leicht, auch wenn er sich bemühte, sich nichts anmerken zu lassen. „Wirst du jetzt meinen Befehlen gehorchen?“ „Nur denen als dein Kammerdiener?“ „Für den Anfang.“ „Du lässt mir-“ „-Privatsphäre für bestimmte, intime Momente? Gewiss.“ „Dann, ja – vorerst!“ Hook lächelte ihn an, ein komisches Lächeln, irgendwo zwischen sanft und siegesgewiss. Peter verunsicherte dieses Lächeln. Er wünschte sich so sehr, seinen Dolch zu haben und es Hook in sein schwarzes, verkommenes Herz zu bohren, doch er besaß es nicht. Inzwischen lag er in einer von Hooks Schubladen verstaut. Was Peter jedoch mehr als alles andere irritierte war, dass Hook trotz seines Sieges ihm nicht von der Pelle rückte. „Was willst du noch?“, wollte er wissen und zuerst dachte er, dass Hook ihm die Antwort verweigern würde, aber als der Kapitän dann antwortete, wünschte er, dass er es nicht getan hätte. „Ich bin mir sicher, dass du gestern noch jünger ausgesehen hast. Du wirkst auf mich wie ein 15.-Jähriger, doch gestern… Nicht nur gestern, seit ich dich kenne, waren deine Wangen fülliger.“ „Spinn nicht rum! Falls meine Wangen schmaler sind, dann nur von dem kargen Essen, das es bei dir gibt.“ „Nein, das ist nicht alles. Du bist auch ein Stück gewachsen.“ „Bitte?“, grinste Peter Hook stichelnd an. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich nicht wachsen kann.“ „Nicht kann oder nicht will?“ Schlagartig hatte Peter genug! Mit aller Kraft stieß er Hook von sich. Seine Miene hatte sich verfinstert und er war wahrlich sauer. Was fiel diesem unverschämten Piratenkapitän auch ein, ihm solch irrsinnigen Fragen zu stellen? Lächerlich! Peter Pan und wachsen? Peter Pan und älter werden? So einen Unsinn konnte sich auch nur Hook einfallen lassen. Wollte er ihn damit noch mehr verunsichern? Ihn noch mehr quälen? Ihn psychisch foltern? „Habe ich einen wunden Punkt getroffen?“ Peter sagte nichts. Sein Gesicht sprach gegen seinen Willen Bände. Ein unbekanntes Gefühl krallte sich mit aller Macht in sein Herz. Er hatte Angst! Richtige, intensive Angst. Der Junge der niemals erwachsen wurde, fürchtete nichts mehr, als doch eines Tages erwachsen zu werden. Niemals hatte er mit jemanden darüber gesprochen, weshalb er lieber ein Kind bleiben wollte. Niemals hatte er jemanden von seiner Angst Erwachsen zu werden erzählt, nicht einmal Glöckchen. Peter hatte stets das getan, was er so gut konnte, er hatte sämtliche Gefühle und Erinnerungen, die ihm unangenehm waren aus seinem Kopf verbannt und vergessen. Seit er jedoch in Hooks Gefangenschaft war, rüttelte der Pirat an dem geheimen Versteck in seinem Kopf. Er wollte das nicht! „Lass mich in Ruhe“, zischte Peter Hook an. „Deinen Unsinn brauchst du mir nicht sagen.“ „Du wirst wieder frech“, sagte Hook, die Stimme zu einem Grollen geworden. Blitzschnell schoss er auf Peter zu. Drückte ihn abermals gegen die Wand und presste seinen Arm an Peters Kehle. Von alleine versuchten Peters Hände sich gegen Hook zu wehren und ihn abermals von sich zu stoßen, aber der Kapitän war vorbereit, sein Körper zu einer unbeweglichen Säule geworden. „Ich sollte dir wirklich Manieren beibringen.“ „Von einem Pirat?“, höhnte Peter. „Manieren sind dir noch fremder, als mir.“ „Was für ein unverschämter Bengel, du doch bist!“ „Und du? Was für ein jämmerlicher Pirat, der sich von einem Kind provozieren lässt.“ „Du bist kein Kind.“ „Natürlich bin ich das.“ „Nein, auch wenn du es noch nicht bemerkt hast, aber du hast die Grenze längst überschritten. Du kannst erwachsen werden.“ „Nein!“ „Doch! Ich werde herausbekommen wie und weshalb und dann wirst du deine Macht verlieren. Magie verliert sich in Nimmerland mit dem Erwachsen werden. Nicht lange und du wirst gänzlich entmachtet sterben.“ „Ich werde immer ein Kind bleiben!“, fauchte Peter und es war mehr ein Schwur für ihn, denn alles andere. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu, der Hass auf Hook tat sein übriges dazu, doch er wollte dem Einhalt gebieten. „Du wirst älter werden, erwachsen. Deine Stimme wird tiefer, dein Körper in die Höhe gehen. Hier“, sagte Hook und befühlte Peters Oberarm, „wirst du Muskeln bekommen. Vielleicht wirst du dich sogar verlieben.“ „Niemals!“ „Natürlich! Das ist der Lauf des Lebens. Erwachsene verlieben sich, heiraten, bekommen Kinder.“ „Nein“, sagte Peter und es klang verzweifelt. „Lass mich in Ruhe. Erzähl mir keine Lügen.“ „Das sind keine Lügen.“ „Was sonst? Verlieben, Kinder bekommen… Was sind das für grausame Märchen?“ Pure Angst vor dem Erwachsen werden sprach aus Peter. „Die Wahrheit, aber was soll ich einem halben Kind schon von der Liebe erzählen, wenn es nicht einmal weiß was ein Kuss ist.“ „Ich weiß, was ein Kuss ist.“ „Einen Fingerhut kennst du, aber keinen Kuss!“, brüllte Hook ihn an. „Soll ich dir zeigen, was ein Kuss – ein richtiger Kuss - ist?“ Peter bekam keine Chance zur Antwort. Hooks Lippen pressten sich fest und fordernd auf seine. Erschrocken riss Peter die Augen auf! Fortsetzung folgt… Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- Die Augen vor Schock geweitet, war Peter erstarrt. Er spürte Hooks Lippen hart und unnachgiebig auf seinen. Als er verstand, was der Pirat gerade tat, wollte er ihn von sich schieben, aber Hook umfasste seine Handgelenke und bog Peters Arme über seinem Kopf zusammen, wo er sie festhielt. Die Anstrengung der Gegenwehr ließ Peter keuchen. Diesen Moment nutzte Hook aus und drang mit seiner Zunge plündernd in Peters Mund ein. Dem Angriff hielt Peter stand, zumindest solange, bis ihm der Atem ausging. Hoocks Attacke wurde für die Dauer eines Atemzuges unterbrochen, doch nachdem Peter Luft geschöpft hatte, waren Hooks Lippen erneut auf seinen. Noch immer waren sie fordernd, doch je schwächer Peters Gegenwehr wurde, umso sanfter wurden sie. Peter fühlte sich bedrängt, genötigt und doch, da war auch etwas anderes. Sein Widerstand erlahmte vollkommen. „So ist es gut“, murmelte Hook heiser, gegen seine Lippen, dann küsste er ihn abermals. Peter war von der plötzlichen Zärtlichkeit überrascht. Hooks Zunge stupste sanft gegen seine Lippen, bis er sie einen spaltbreit öffnete. Entdeckerisch glitt sie in das zuvor grob geplünderte Gebiet. Es war eine sanfte Erkundungstour und Peter wurde dazu ermutigt, es ihm gleich zutun. Ganz langsam folgte Peter diesem stummen Tanz, doch als eine wahre Flut von Emotionen über ihn hereinströmte, wurde er mutiger. Seine eigene Zunge rang mit der von Hook. Es war unglaublich! Ein neues, aufregendes Gefühl durchströmte Peter und er wollte mehr. Wie von alleine drängte sich sein Körper gegen Hooks, doch dann wurde der Kuss jäh unterbrochen. Hook blickte ihn entsetzt an. Abrupt fallen gelassen sackte Peter wie ein Stein zu Boden. Die Kette an seinem Fuß zog schmerzhaft, ein Keuchen löste sich von seinen Lippen. Automatisch langte er nach dem Fußgelenk und hielt es, so als könnte die Wärme seiner Hand den Schmerz lindern. Hook hingegen war zur Zimmertür geeilt und blickte ihn immer noch erschrocken an. „Was war das? Welche Magie hast du eingesetzt?“ „Was meinst du?“, fragte Peter, der nichts begriff. Seine Lippen waren von dem stürmischen Angriff noch ganz kribbelig, sein Innerstes aufgewühlt. Wäre da nicht der Schmerz gewesen, Peter wäre noch immer in diesem verlockend nebligen Zustand, in den Hook ihn versetzt hatte. Doch als er den Piraten jetzt vor sich ansah, kroch ihm die Scham den Nacken hoch. Was auch immer Hook mit ihm getan hatte, es hatte ihm zum Ende hin gefallen. Das durfte aber nicht sein! Hook war sein erklärter Erzfeind! „Du hast mich verhext!“, warf ihm der Kapitän vor. „Wovon sprichst du?“, wollte Peter jetzt gereizt wissen. Ihn so anzufahren, nachdem er gerade von Hook den ersten richtigen Kuss geraubt bekommen hatte, war verletzend. „Ich…“, stammelte Hook, „ich hätte nie dich nie… Nicht ohne Magie.“ Peter wurde jetzt richtig wütend und als er im Begriff war, wieder aufzustehen, geschah etwas Merkwürdiges. Wie von der Tarantel gestochen stürmte Hook bei der ersten Bewegung Peters aus dem Raum. Zurück blieb ein ganz verwirrter Peter Pan. ~~***~~ Peter schlief, als Hook zurückkam. Trotz der leisen Geräusche, die Hook machte, wachte er auf. Die Jahre in Nimmerland hatten Peter geprägt. Zu tiefer Schlaf konnte auf dem Eiland tödlich sein. Man musste immer mit dem Angriff eines Piraten rechnen, ebenso wie mit dem eines der wilden Tiere, die es auf der Insel gab. Stumm und regungslos beobachtete Peter, aus halb geschlossenen Lidern, wie Hook sich aufgrund des einfallenden Mondlichtes mühelos durch den Raum bewegte. Es war offenkundig, dass Hook die Räumlichkeit so vertraut war, dass er sich sogar blind dort zurecht gefunden hätte. Hook setzte sich auf den Gästestuhl vor seinem Schreibpult und zog sich mit einer Hand geübt, aber dennoch nicht so einfach die Stiefel aus. Peter fiel dabei zum ersten Mal auf, dass er sich noch nie Gedanken darüber gemacht hatte, welche Auswirkungen der Verlust seiner Hand auf Hook hatte. Es zu sehen, war für ihn unangenehm, dennoch blieb er weiter in seiner Position verharrend und sah dem Kapitän weiter zu, wie er sich Stück für Stück entkleidete. Nach Schuhen und Socken war die Oberbegleitung dran. Fasziniert sah Peter, wie Hook sich den Haken an seiner Hand abnahm und auf den Tisch legte, bevor er den Kapitänsrock ablegte und dann das weiße Hemd, das im Kontrast zu seiner gebräunten Haut stand. Obwohl Peter bereits Hooks nackten Oberkörper gesehen hatte, war gerade etwas anders. Peter fielen die muskulösen Schultern und Oberarme auf, die aussahen, als würden sie die Kraft in sich bergen, einen Menschen ebenso schützen, als auch vernichten zu können. Doch auch Hooks Brustkorb war von Muskeln geprägt. Ein feines Netz dunkler Haare breitete sich dort aus und lief immer schmaler werdend zu seinem Bauchnabel, bildete einen Kreis herum und wuchs dann weiter hinab, bis die Haare unter Hooks Hosenbund verschwanden. Peter fragte sich wohin die Haare wohl wanderten, da öffnete Hook den Knopf seiner Hose. Wärme legte sich auf Peters Wangen, dennoch konnte er seinen Blick nicht lösen. Der Stoff glitt über Hooks Hüfte, seinen festen Po und Peter hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Etwas geschah mit seinem Körper, es kribbelte, es pochte in seiner Lendengegend, es war ihm unangenehm. Als Hook im Raum stand mit nichts weiter bekleidet als seiner Unterbekleidung, war die Neugier in Peter enorm. Ohne zu wissen, weshalb, gierte etwas in ihm danach, dass Hook auch das letzte Kleidungsstück ablegte, doch der Kapitän wandte sich ab und ging zum Schrank an der Wand. Für einige Minuten konnte Peter nur Hooks Rückseite betrachten, was, wie er fand, auch kein schlechter Anblick war. Bei jeder Bewegung tanzten die Muskeln auf Hooks Rücken einen beeindruckenden Tanz im Licht des Mondscheins. Als der Kapitän sich wieder umdrehte, sah Peter, dass er ein Glas mit einer Flüssigkeit in der Hand hielt, die bräunlich war. Hook trank diese in genussvollen Schlucken, mit geschlossenen Augen. Noch immer hatte er nicht bemerkt, dass Peter wach war. Peter fühlte sich irgendwie anders. Was mochte bewirkt haben, dass er Hook plötzlich mit solchen Augen sah? Dass er so komische Dinge dachte und fühlte? War der Kuss daran schuld? Tatsächlich war der Kuss von Hook etwas ganz anderes als ein Fingerhut. Er war nass und feucht, erschreckend und schön, beängstigend und interessant gewesen. Nie würde er wieder an den Punkt davor zurück können. Hook hatte ihm diesen ersten, wirklichen Kuss geraubt, aber unerklärlicherweise war Peter nicht böse deshalb. Viel mehr quälte ihn die Frage, ob alle Küsse so waren. Ob es egal war, wer einen so berührte. Letztlich war Hook sein Feind, sie wollten sich schon so lange gegenseitig töten, dass es doch unnormal sein musste, dass es sich gut angefühlt hatte, oder? Außerdem hatte Peter stets gedacht, dass Männer nur Frauen küssten. Wäre Hook nicht Hook, dann hätte Peter ihn um eine Erklärung gebeten. Diese Blöße wollte er sich aber ersparen. Stattdessen sah er zu, wie Hook das leere Glas abstellte und zum Bett kam. Peter schloss die Augen und stellte sich schlafend. Er spürte, dass Hook vor ihm stand. Ein Geräusch war zu hören, und die körperliche Nähe spürbar. Hook kniete vor ihm. Warmer Atem streifte sein Gesicht, dann war da eine Hand, die ihm sanft eine Strähne zur Seite strich. Finger berührten zart seine Wange, fuhren leicht darüber und liebkosten seine Lippen. Peters Herz klopfte wahnsinnig schnell und es brauchte seine ganze Kraft, um weiterhin so tun zu können, als würde er schlafen. „Schon wieder“, murmelte Hook. „Er ist schon wieder gewachsen.“ Seine Lippen streiften einen Sekundenbruchteil Peters, ehe nur noch ein: „Du Teufel“ zu hören war und Hook aufstand. Kalte Luft umfing Peter, welcher angespannt den Geräuschen lauschte, die der Kapitän machte, als er sich ins Bett legte. Eine Weile später war Hook eingeschlafen, doch Peter lag noch lange wach, denn die Hitze, die Hooks kurzer Kuss ausgelöst hatte, brannte in seinem ganzen Körper. Fortsetzung folgt… Kapitel 10: Kapitel 10 ---------------------- Peter war schlecht gelaunt. Sehr schlecht. Es war bereits abends und die Dämmerung hatte eingesetzt, doch das war nicht der Grund für seine üble Laune. Den ganzen Tag war er alleine gewesen. Als er aufgewacht war, war Hook schon an Deck gewesen und hatte sich kein einziges Mal bei ihm blicken lassen. Nur einer der Matrosen war zwei Mal gekommen und hatte ihm Essen und Trinken gebracht und den Eimer für die Notdurft ausgewechselt. Doch davon abgesehen, war dies Peters einziger Besuch gewesen. Er war gelangweilt. So sehr es ihm missfallen hatte, von Hook kommandiert zu werden, es hatte ihm wenigstens für eine Weile die Langweile vertrieben und ihn beschäftigt. Aber ohne das wurde fast wahnsinnig, denn zum einen war Peter ein Junge, der es gewohnt war, den ganzen Tag umher zu streifen und Action zu haben, und zum anderen kannte er, nach zwei Tagen in der kleinen Kabine, jeden Winkel. Ein anderer und nicht unwesentlicher Punkt war sein Fußgelenk. Dort, wo er sich die Haut abgeschürft hatte, war die Wunde entzündet. Es tat weh und wurde immer schlimmer. Eigentlich hatte er es für sich behalten wollen, denn er wollte kein Stück auf Hooks Hilfe angewiesen sein, doch wenn es noch schlimmer wurde, musste er etwas sagen. Der Hauptgrund für Peters schlechte Stimmung war jedoch ein anderer. Peter war sauer, weil Hook ihm ganz offenkundig aus dem Weg ging. Dies brachte ihn wiederum dazu, an die gestrige Nacht zu denken, noch mehr, als er es ohnehin schon getan hatte und daran, was der Kuss bedeuten sollte. Er begriff, dass Hook ihn nur geküsst hatte, um ihm zu zeigen, wie wenig Ahnung er von Erwachsenen hatte. Zumindest traf dies beim ersten Kuss zu, doch was sollte der zweite, der flüchtige Kuss, ein paar Stunden später bedeuten? Sobald Peter daran dachte, bekam er ein merkwürdiges Kribbeln im Bauch. Der Appetit verging ihm und fast glaubte er, dass er seekrank wäre, wäre er nicht schlau genug, um zu wissen, dass seine Gedanken und Erinnerungen im Zusammenhang dieses Phänomens standen. Aber vielleicht wurde er doch krank. Dass Hook ihn geküsst hatte war ja das eine, das andere jedoch, dass es Peter gefallen hatte. Er fühlte sich schuldig deshalb. Wenn doch nur Glöckchen hier wäre. Glöckchen könnte ihm erklären, was hier geschah und ihn vielleicht befreien. Ein bisschen Feenstaub, sein Dolch und Peter würde irgendwie die Fessel lösen können und von Bord fliegen. Er hatte keine Lust, weiterhin hier zu versauern. Außerdem sollte er weg sein, ehe Hook das Wahrheitsserum in Händen hielt. Zwar wusste Peter nicht, was Hook dachte, über ihn oder von ihm zu erfahren, aber er wollte keineswegs herausbekommen, was sich tatsächlich in seinem Kopf befand. Vielleicht sollte er Hook einlullen? Ihn auf sicherer Seite wähnen lassen, nur um dann in einem günstigen Moment zuzuschlagen und abzuhauen? Die Tür wurde laut aufgestoßen und zwei Männer kamen herein. Erstaunt sah Peter zu, wie die Piraten einen hölzernen Zuber in den Raum stellten. Drei weitere folgten und kippten je zwei Eimer heißen Wassers hinein, kaum dass der Zuber stand. Eine ganze Weile gingen die Männer vom Deck hin und her, um immer neue Eimer heißen Wassers zu holen. Neugierig betrachtete Peter das Spektakel. Was sollte das werden? Erst als der Zuber zu Dreivierteln gefüllt war, verschwanden die Männer. Langsam stand Peter auf, lief hin und sah in den Bottich hinein. Da war nur Wasser, sonst nichts. „Ah, du hast mein Geschenk schon entdeckt.“ „Was für ein Geschenk?“ Ein unheilvolles Lächeln umspielte Hooks Gesicht. „Du darfst baden.“ „Baden? Warum das denn?“ „Nun, nimm es mir nicht übel, doch dein Gestank beleidigt meine Nase.“ Peters Hände ballten sich fest zu Fäusten aufgrund dieser Unverschämtheit. Er stank nicht! Gut, er hatte seit ein paar Tagen keinen Wasserkontakt mehr gehabt, aber das lag nur daran, dass er durch die Gefangenschaft weder unterm Wasserfall baden gekonnt hatte, noch in einer der kleinen Buchten von Nimmerland schwimmen gewesen war. „Du brauchst gar nicht so finster dreinschauen“, sagte Hook nonchalant. „Das Bad wird dir gut tun.“ „Und wie soll das gehen?“, antworte Peter eisig und deutete auf die Fußfessel. „Nun, tatsächlich stellt dies eine Herausforderung dar. Vielleicht bin ich geneigt, dir die Kette abzunehmen.“ „Abzunehmen?“, hakte Peter misstrauisch nach. „Natürlich wirst du verstehen, dass ich dir keine Chance zur Flucht geben kann und dir hiermit“, er deutete auf seine Pistole, „der guten alten Magarete, dein Todesurteil vor Augen halte, solltest du einen Fluchtversuch unternehmen.“ Peters Augen leuchteten auf, wenn das alles war, was Hook aufbot, um ihn an der Flucht zu hindern, dann war er schon so gut wie weg. Jedem auf Nimmerland war bekannt, dass Peter flink und geschmeidig fliegen konnte, wie ein Blatt im Wind. Keine Kugel konnte ihn im Flug treffen, denn sonst wäre er schon lange tot. Sollte Hook dies wirklich vergessen haben? Nun, hatte er nicht. „Selbstverständlich wirst du während deines Bades Fesseln tragen. Der Unterschied besteht schlicht daran, dass Seil im Gegensatz zu Metall nicht rostet. Doch das soll dich nicht kümmern.“ Abermals wurde die Tür aufgestoßen. Die Männer, welche nun hineinkamen waren die gleichen, die ihm ein paar Tage zuvor die Ketten angebracht hatten. Ihre Gesichter waren ernst und man konnte ihnen nur zu deutlich ansehen, dass sie keine Lust hatten, sich schon wieder um die Ketten ihres Gefangen zu kümmern. Brutal wurde Peter gepackt und festgehalten. Einer der Piraten legte ihm ziemlich grob an den Händen Stricke an, doch als wäre dies nicht genug, griff ein anderer nach seinem freien Bein und band auch dort ein Seil herum. Es war ein sehr langer Strick, länger noch als die Kette, die er trug. Erst als er so verschnürt war, kamen Hammer und Meißel zum Einsatz. Sie taten ihm weh, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Selbst Hook blieb dieses Mal im Raum und sah scheinbar gelangweilt zu, wie die Bolzen herausgeschlagen wurden und die Kette von Peters Knöchel entfernt wurde. Ihr Blick traf sich, als Peter versuchte, den Schmerz zu unterdrücken. Um jeglichen Schmerzensschrei zu unterdrücken, biss er sich auf die Lippe, bis diese zu bluten begann. Trotz und Sturheit starrten Hook an, der, ohne dass Peter dies wissen konnte, den Jungen in diesem Moment für seine Stärke bewunderte. Nach wenigen Minuten war alles vorbei. Die Piraten verließen den Raum und ließen Hook mit Peter alleine. „Komm her“, befahl Hook und Peter stand mit zittrigen Beinen auf, doch er blieb stehen. „Ich sagte, du sollst herkommen.“ „Warum? Dir kann es doch egal sein, wie ich rieche.“ „Du vergisst deinen Ton“, sagte Hook mit hochgezogenen Augenbrauen. „Und wenn schon“, gab Peter trotzig zurück. „Wenn ich dich holen muss, ertränke ich dich im Zuber.“ „Immer noch besser, als weiter gequält zu werden.“ „Ich quäle dich? Du hast doch keine Ahnung, was Folter und Qual wirklich ist. Das Einzige, was ich dich lehre, ist Demut.“ „Gehört küssen auch dazu?“ Obwohl Peters Frage mehr als nur berechtigt war, wurde Hook erstaunlich rot um die Nasenspitze. Peter fand das faszinierend, denn er verstand nicht, weshalb. Zumindest nicht im ersten Moment. Wenn er aber eine Sekunde darüber nachdachte, dann kam er zu dem Entschluss, dass es Hook peinlich sein musste. Konnte es sein, dass auch Hook Schuld wegen des Kusses empfand? Doch wenn ja, weshalb hatte er ihn überhaupt geküsst? Peter wurde jedoch die Möglichkeit genommen, noch weiter darüber nachzudenken, als Hook auf ihn zukam. Instinktiv versuchte er, Hook auszuweichen, aber seine wackligen Beine ließen ihn direkt in Hooks Arme stolpern. Der Kapitän roch gut. Nach Salzwasser und Sonne, stellte Peter fest, dann wurde er plötzlich auf die starken Arme genommen. Egal wie sehr er strampelte und schimpfte, kurz später wurde er platschend in den Zuber geworfen. Wie ein begossener Pudel stierte er Hook finster an, während das Wasser aus seinen blonden Locken über sein Gesicht tropfte. Der Piratenkapitän lachte genüsslich, ehe er zu seinem Schrank hinüberging und einen kleinen, flachen Koffer herausholte. Er öffnete ihn und murmelte mehr zu sich, als zu Peter: „Mal sehen, welchen Duft wir für dich finden.“ „Was für ein Duft?“ „Du glaubst doch nicht, dass das bisschen heiße Wasser den Gestank von deinem Körper wäscht?“ Nun, eigentlich glaubte Peter das schon, denn schließlich badete er immer nur im Wasser und bisher hatte sich noch niemand über seinen Geruch beschwert. Weder die Feen, noch die verlorenen Jungs oder Wendy. „Wir nehmen das hier“, sagte Hook triumphierend und hielt ein Fläschchen mit einer transparenten Flüssigkeit hoch. „Flieder dürfte sich an dir hervorragend machen.“ „Ich bin doch kein Mädchen!“, fauchte Peter. „Genau deshalb“, grinste Hook ihn unverschämt zufrieden an und tropfte wenige Tropfen der Flüssigkeit ins Wasser. Natürlich roch das Parfüm gut, aber Peter wollte es auf keinen Fall zugeben und beschwerte sich stattdessen recht kindisch über den Gestank. Falls er aber geglaubt hatte, Hook würde dies etwas ausmachen, irrte er sich gewaltig. Der Pirat holte aus einer anderen Schublade des Schrankes ein Stück Seife hervor und hielt sie Peter hin. „Was soll ich damit?“, zischte Peter erbost, „Wie du siehst, sind meine Hände gefesselt. Wie soll ich mich waschen?“ Tatsächlich sah Kapitän James Hook so aus, als hätte er diesen Umstand bei seinem genialen Plan unbeachtet gelassen. Mit der Hand führ er sich übers Haar, als würde er kurz nachdenken und dann kam ihm eine Idee. „Wenn das so ist, werde ich dir heute bei deinem Bad behilflich sein.“ Fortsetzung folgt… Kapitel 11: Kapitel 11 ---------------------- Irritiert blinzelte Peter ein paar Mal, doch so oft er auch blinzelte, es konnte das Gehörte nicht aus seinem Kopf streichen. Vorsorglich bohrte er sich mit dem Finger im Ohr, doch auch dies half nicht. Er war jung, fit und genau deshalb wusste er, dass er sich auf keinen Fall verhört haben konnte, oder doch? Hatte seine Phantasie ihm einen üblen Streich gespielt? Vielleicht träumte er ja einen dieser ganz seltenen Träume, die er ab und an hatte und in Wirklichkeit war er gar nicht Gefangener des Stockfisches und schlief nur tief und fest. Glöckchen würde ihn sicherlich gleich wecken und dann wäre dieser merkwürdige Traum auch schon vergessen. Hook bedienen, komische Küsse, die weder etwas mit Eicheln, noch mit Fingerhüten zu tun hatten, ein Hook, welcher ständig behauptete, dass er wachsen würde – alles Humbug. Nur ein Albtraum, nichts weiter. Kapitän James Hook war jedoch grausam genug, um Peter die Realität aufzuzeigen. „Ja, ich werde dir helfen. Ein einmaliger Service von mir für dich.“ „Fass mich bloß nicht an!“, knurrte Peter. Er hatte kein Interesse daran, von Hook angefasst zu werden. Schon gar nicht, wo dieser Mann ihn zurzeit so schnell durcheinander brachte. „Außerdem“, gab Peter gehässig zurück, „was soll es bringen? Ist dir aufgefallen, dass du mich samt Kleidung ins Wasser geworden hast?“ Hooks Augen leuchteten freudig erregt auf. „Soll das heißen, du möchtest, dass ich dich ausziehe?“ Peter wusste nicht genau, was, doch irgendwie hatte die Art, in welcher Hook dies sagte, einen so merkwürdigen Nachhall, dass er errötete. Ohne darüber nachzudenken, wusste er, dass er dies auf gar keinen Fall wollte. Nacktheit war nicht sein Problem. Die verlorenen Jungs und er waren oft gemeinsam baden. Keiner von ihnen scheute sich davor, nackt in einem See oder dem Meer zu baden. Für sie war es einfach natürlich, doch Peter bekam den Eindruck, dass es für Hook anders war. „Dazu müsstest du mir die Fesseln abnehmen“, erinnerte Peter und hoffte, dass dies ausreichen würde, um Hook auf Abstand zu halten. „Ich könnte dir die Kleidung auch einfach vom Leib schneiden. Im Pult liegt eine Schere.“ „Was soll ich dann anziehen?“, fragte Peter entsetzt über diese Idee. „Eines meiner alten Hemden.“ „Du hast sie doch nicht mehr alle!“ Peter hatte genug. Er wollte nur noch hier weg. Mit den Zähnen zerrte er an den Fesseln seiner Hände. Es war ihm egal, dass er sich dabei selbst verletzte, Hauptsache weg. „Lass das!“, befahl Hook ruhig, doch Peter ignorierte ihn. Selbst dann noch, als der Pirat vor ihm stand. „Hör auf!“ Wütend funkelte er Hook an und riss noch stärker an dem Strick. Brutal zog Hook an ihm, bis er seine Handgelenke nicht mehr erreichte. Was er jedoch mit dem Mund zufassen bekam, war Hooks Arm. Peter biss hinein. So fest er konnte. Hooks Schmerzensschrei war laut, dann bekam Peter einen Schlag Hooks ab. Seine Wange glühte von der Ohrfeige und er löste den Biss. „Du bist ein widerspenstiges Biest!“ „Ich bin DER Pan!“ „Ein rotzfrecher, starrköpfiger und hochnäsiger Bengel bist du!“ „Wenn ich dich nerve, dann lass mich doch gehen!“ „Dich gehen lassen? Damit du und deine verlorenen Jungs mir immer und immer wieder auflauern und meine Mannschaft aufknüpfen könnt? Niemals, eher lasse ich dich Kiel holen!“ „Leeres Geschwätz, wenn du mich töten wolltest, hättest du es schon längst tun können.“ Hook drehte sich abrupt um und ehe Peter sich versah, war er wieder zurück und hielt ihm einen Säbel an die Kehle. Angst tauchte schlagartig in ihm auf. Würde er jetzt wirklich sterben? Doch fast sofort dachte Peter nur, welch ein Abenteuer der Tod bedeuten würde. Das Größte, welches es zu erleben galt. „Es würde dir gefallen, wenn ich dir diese Reise schenke, oder?“ Hook sah ihm tief in die Augen. „Oh ja, ich sehe es dir an, dass würde dir gefallen. Glaubst du wirklich, ich würde dir so ein Geschenk bereiten? Das Bad war mehr Geschenk, als du verdient hast und genau deshalb werde ich dich jetzt von oben bis unten abschrubben.“ „Wehe, du berührst mich!“, drohte Peter. „Und was dann? Willst du mich aufspießen? Mit deinem Dolch vielleicht, der in meinem Schrank liegt?“ Hook verspottete und verhöhnte ihn. Unbarmherzige Wut schwoll in Peter heran. So sehr hatte er Hook nicht mehr gehasst, seit… Seit wann eigentlich? Sie hatten sich im Laufe ihrer vielen Kämpe schon derart aneinander gewöhnt, dass der Hass zu einer Gewohnheit geworden war, aber dieses intensive Prickeln, das in Peter empor kam, wann hatte er es zuletzt gefühlt? Er kam nicht mehr dazu, darüber nachzudenken. Hook zerrte roh an seinem Hemd, bis es riss. Peter konnte sich noch nicht einmal wehren, da der Säbel weiterhin an seiner Kehle lag. Ein kurzer Schmerz erfolgte, als Hook sich zu grob bewegte und Peter, der deshalb zischte, spürte, wie ihm Blut am Hals entlang lief. Hook selbst warf den Säbel zur Seite, als er bemerkte, was er getan hatte, hielt Peter aber mit dem Arm, in den dieser zuvor gebissen hatte, in Schacht. Nun war es nicht die Gefahr einer aufgeschlitzten Kehle, sondern die Furcht, erstickt zu werden, die Peter dazu brachte, sich nur mäßig zu wehren. „Hör auf damit!“, schrie Peter und Hook, der in diesem Moment Peters Oberkörper freigelegt hatte, hielt tatsächlich inne. Sie sahen sich an. Unterschiedlichste Gefühle wogten in Beiden hin und her und dann entluden sich die von Hook, indem er seine Lippen hart und fordernd auf Peters presste. Er küsste ihn rau, plündernd, wie es nur ein Pirat konnte und ebenso schnell, wie der Angriff begonnen hatte, hörte er auf und Hook verschwand aus dem Raum. Nicht jedoch, ohne Peter vorher die Seife in den Zuber zu werfen. Peters Herz raste, seine Lippen brannten und sein Hals schmerzte. Er war mit dieser Situation komplett überfordert. Verstand überhaupt nichts mehr. Sein Schädel dröhnte und in seinem Inneren war ein Chaos, wie er es nie zuvor verspürt hatte. Dann brachen auch bei ihm die Gefühle hervor und trotz der ganzen Wut, die er kurz davor noch verspürt hatte, weinte er. Tränen liefen ihm die Wangen hinab und er war froh, dass der elende Pirat verschwunden war. Gleichwohl alles in ihm sich dagegen sträubte, nahm er die Seife und begann sich und seine Kleidung zu waschen, soweit es ihm mit den Fesseln möglich war. Er konnte heute keine weitere Konfrontation mit Hook verkraften. Als er fertig war, stieg er triefend nass aus dem Zuber und langte nach dem Leinentuch, das man ihm zum abtrocknen hingelegt hatte. Dass das Tuch kaum bei der nassen Kleidung half, war Peter egal. Vollständig ermattet, ging er in seine Ecke, wo er so lange stumm vor sich hin weinte, bis er eingeschlafen war. Doch eigentlich hatte er gar nicht geweint, denn Peter Pan weinte niemals… Fortsetzung folgt… Kapitel 12: Kapitel 12 ---------------------- Unruhig wie ein Tiger im Käfig wanderte Kapitän James Hook über Deck der Jolly Roger. Sein Körper bebte vor unterdrückter Wut auf Pan und auf sich selbst. Der erste Pirat, der es gewagt hatte, ihn anzusprechen, war nach einem Stich mit seinem Haken über Bord geflogen. Seitdem traute sich keiner der Piraten mehr, ihn anzusprechen. Das war gut so. Er war kurz vorm explodieren. Was hatte er sich nur gedacht? Wie hatte er Pan küssen können? Wie ihm das Hemd von Körper reißen? Was in drei Teufelsnamen war nur mit ihm los? Hook dachte an die ganzen Frauen, mit denen er sich vergnügt hatte. Daran, wie sie in allen Häfen dieser Welt ihre Schenkel für ihn spreizten. An ihre übbigen Busen, ihre runden Hintern und das feuchte Vergnügen, wenn er sich in ihre Mitte versenkte. Was also zog ihn an diesem schrecklichen Kind derart an? Nun, auch als Mann konnte Hook nicht umhin, festzustellen, dass Pan hübsch war. Die Haut in diesem sanften, von Natur gebräunten Ton, das fast perfekte Gesicht, auf dem die meiste Zeit ein Lächeln lag. Mal spöttisch, mal böse, doch meistens mit rein kindlicher Freude. Pans blondgelocktes Haar war voll und wirkte so weich, dass es ihn Anstrengung kostete, nicht seine Hand hinein zu wühlen. Der Körper… Vor wenigen Tagen, hatte dieser ihn kein Stück angezogen. Vor Tagen, als Pan wirklich noch wie 14 Jahre ausgesehen hatte, doch der Junge war inzwischen gewachsen. Viel schneller, als Kinder es für gewöhnlich taten und noch ungewöhnlicher, da es sich hier um Peter Pan handelte. Es stimmte, Pan war der ewige Junge. Ein Kind, egal wie viel Zeit verstrich, aber weshalb wuchs er nun? Hook glaubte nicht, dass Pan von nun an gleichmäßig wuchs. Mehr wirkte es auf ihn so, dass Pans Wachstum in Schüben kam. Fast so, als hätte irgendetwas diese ausgelöst. Konnte das überhaupt möglich sein? Andererseits, was war auf Nimmerland unmöglich? Pans Alterung hatte aber das Gleichgewicht zwischen ihnen verändert. Natürlich wusste der Junge nichts davon, dafür war er noch immer zu kindlich. Für Hook hatte sich alles geändert, seit sein ewiger Feind den Körper eines 16.-Jährigen hatte. Es trieb ihn an den Rand des Wahnsinns. Vom ersten Streit an, als er in Rage kam, weil Pan die Erwachsenenwelt zur Lüge abstempelte, bis zu dieser schrecklichen Szene, in der er mit Gewalt Pans Hemd zerriss, wollte er ihm seine Arroganz austreiben. Er wollte ihm Demut lehren und was es hieß, sich einem Erwachsenen unterzuordnen, sich an Regeln zu halten. Aber jedes Mal, wenn Pan ihn ansah, mit diesen funkelnden Augen, in denen sein starker Wille aufloderte wie das Licht eines strahlenden Sternes, jedes Mal, wenn er die rosigen Lippen sah, über die so viele unverschämte Worten kamen, konnte er sich nicht länger beherrschen. Er musste ihn küssen. In Hooks Kopf setzte sich ein Schalter um, und er musste diesen Bengel küssen. Laut seufzte er auf. Sein Zorn war verraucht, hatte Melancholie Platz gemacht. Wie lange war es schon her, dass er an Deck geflüchtet war? Er war vieles, doch kein Feigling und dennoch… Über sein eigenes Verhalten zutiefst erschrocken, war er gegangen. Was hatte er tun wollen? Hatte er Pan wirklich die Kleider vom Leib zerren wollen? Hätte er ihn wirklich abgeschrubbt oder noch ganz andere Dinge getan? Nass, gefesselt und wie immer widerspenstig, hatte Pan in ihm etwas ausgelöst, das den Piraten ängstigte. Er wollte ihn! Wollte Pan komplett verschlingen und mit seinem Körper beherrschen. Doch weshalb? Männer im Allgemeinen interessierten Hook nicht auf diese Weise. In einsamen Nächten auf See jedoch, wenn die letzte Frau Wochen und Monate her war, akzeptierte er die Hand einen Mannes als Freundschaftsdienst. Gelegentlich war auch ein Matrose darunter, der Gefallen daran fand, seinen Mund einzusetzen. Nie jedoch hatte Hook das Bedürfnis verspürt, einen Männerkörper zu besitzen. Pan war der erste. „Kapitän?“, wurde er sanft von der Seite angesprochen. „Was gibt es, Smee?“ „Heute Nacht erreichen wir die Ostküste. Sollen wir dann Anker lichten?“ „Aye. Wir rudern bei Sonnenaufgang zur Insel hinüber.“ „Wie viel Mann?“ „Zwei Boote. Pan kommt mit.“ „Ist das nicht zu gefährlich?“ „Was soll passieren, Smee? Der Junge ist eingeschnürt wie eine Weihnachtsgans. Fliegen kann er auch nicht mehr. Er hat überhaupt nicht bemerkt, dass ich ihn deshalb mit Kleidern ins Wasser geworfen habe. Ohne Feenstaub kann selbst ein Pan nicht fliegen.“ Voll Bewunderung sah ihn Smee an. „Ein wahrlich gerissener Plan, Kapitän.“ „So ist es. Morgen wird es ihm dämmern. Sein Gesicht wird interessant anzusehen sein.“ Smee blickte unruhig zu seinem Kapitän, versuchte, dessen Laune einzuschätzen, ehe er sich traute weiterzusprechen. „Was habt Ihr mit dem Jungen vor?“ „Sobald er das Meerjungfrauengift getrunken hat, werde ich ihm seine tiefsten Geheimnisse entreißen.“ „Nein, Kapitän, das meinte ich nicht. Die Mannschaft, sie redet, wissen Sie. Wir können hören, dass Dinge in ihrer Kajüte vor sich gehen…“ „WAS hört ihr, Smee?“, fragte Hook und seine Stimme wurde gefährlich leise, sein Blick zu spitzen Dolchen. „Nichts genaues“, ruderte der Angesprochene sofort zurück. „Nur ein Flüstern, Schreie. Foltert ihr Pan?“ „Nicht mehr, als er mich“, die trockene Entgegnung. „Es geht euch nichts an, was ich mit Pan tue oder nicht. Er ist mein Gefangener und wird es bleiben, bis ich seiner überdrüssig werde. Danach kann er über die Planke gehen.“ „Ist das wirklich alles?“, traute sich Smee in einem Anfall von Wagemut zu fragen. „Was sollte es denn sonst noch geben?“ „Ihr habt Euch verändert, seit Pan an Bord ist.“ Hook sagte nichts darauf, sondern wandte sein Augenmerk wieder über die Reling. Das Meer schimmerte dunkel unter dem Licht des Mondes. Es wirkte ebenso friedlich, wie bedrohlich. Keiner wusste, welche Gefahren sich unter der Oberfläche verbargen. Es passte zu ihm, denn auch er wusste nicht, was sich noch unter seiner Oberfläche versteckte. Begierde für Pan hätte er niemals darunter vermutet und doch war sie da. Aufgetaucht mit dem körperlichen Erwachen des Jungen. Ob Pan noch älter wurde? Konnte ein Peter Pan tatsächlich Erwachsen werden und wenn ja, was für Auswirkungen hätte das auf Nimmerland? Auf sie alle? Er schloss seine Lider und atmete ein und aus. Die Gedankenkrämerei musste enden, zumindest für heute. Er sollte nach seinem Gefangenen sehen. „Smee, hat Pan schon sein Essen gebracht bekommen?“ „Nein, Kapitän, so wie Ihr es befohlen habt. Es hieß, solange der Bursche badet, müssen wir der Kajüte fern bleiben.“ „Bringt mir sein Tablett. Ich nehme es mit.“ „Aber, Kapitän, eure Hand?“ „Was?“, fauchte Hook nun wieder ungehalten. „Nur weil mir eine Hand fehlt, bin ich noch lange nicht untauglich. Und jetzt beeil dich gefälligst, sonst fliegt heute noch ein weiter Pirat über Bord!“ „Aye, Kapitän“, meinte Smee und rannte davon. „Nun zu dir, Peter Pan“, murmelte Hook leise vor sich hin. Was sollte er nur mit dem Burschen anstellen? Fortsetzung folgt… Kapitel 13: Kapitel 13 ---------------------- Leise knarzend wurde die Tür zur Kapitänskajüte geöffnet. Ein großer, dunkler Schatten huschte geschmeidig hinein, bemüht, kein unnötiges Geräusch zu machen. Fast war es, als würde er wissen, dass die einzige Person im Raum tief und fest schlief. Doch er hatte es nicht gewusst, es war mehr dem Umstand geschuldet, dass er Angst hatte, irgendeinen Gegenstand an den Kopf zu bekommen oder mit dem Säbel erstochen zu werden, den er bei seiner übereilten Flucht liegen gelassen hatte. Verwunderung machte sich in ihm breit, als er den Säbel noch an Ort und Stelle auf dem Boden liegen sah, wo er ihn hingeworfen hatte. Das Licht im Raum brannte. Niemand hatte die Laternen gelöscht. In der Kabine herrschte Chaos. Handtücher lagen achtlos auf den Boden geworfen. Um den Zuber herum war eine riesige Pfütze, die in etlichen kleineren durch den Raum zu wandern schien. Hook folgte der Spur mit seinen Blick bis zu dem grünen Knäuel, das mit seinem Seil befestigt war und welches sich nur minimal bewegte. Ebenso leise, wie er in den Raum gekommen war, schlich er sich, nachdem er das Tablett mit dem Essen, das er in Händen hielt, abgestellt hatte, nun zu dem Jungen und etwas zog an seinem Herz. Zuerst konnte er dieses schwache Gefühl nicht deuten, doch je länger er seinen Erzfeind betrachtete, der erschöpft in seiner nassen Kleidung schlief, umso mehr erkannte er, dass es ein Anflug von Reue war. Peter Pan wirkte im Schlaf so schwach, so verletzlich, wie er es ihm nie zugetraut hätte. Auf seinem Gesicht waren Anzeichen von Tränen, die Hook als absolut abwegig abtat. Pan war kein Weichei, kein Schwächling, er würde doch wegen ein paar Küssen nicht weinen. Oder? Das Gefühl in ihm wurde stärker, dennoch ließ er es sich nicht nehmen, sein Augenmerk ausführlich über den jungen Körper wandern zu lassen. Obwohl Pan älter geworden war, war er noch immer schmal und schlank. Seine Glieder waren allesamt wohl geformt und lockten Hook. Doch er schluckte die unsittlichen Gedanken in seinem Kopf mitsamt seiner Schuldgefühle hinunter. Was ihm jedoch nicht entging, war, dass Pan aus der nassen Kleidung herausmusste, falls er gesund bleiben sollte. Wie er es bereits angedroht hatte, holte er die Schere aus seinem Schreibpult. Eigentlich wollte er Pan dies nicht antun, aber er brachte es auch nicht fertig, den Jungen zu wecken, geschweige denn, ihm die Fesseln zu lösen. Vorsichtig, um ihm eine erneute, versehentliche Verletzung zu ersparen, zog er ihm die Kleidung aus, nur um sie dann mit Hilfe der Schere vollständig abzulösen. Sein Atem ging stoßweise, als er Pan komplett nackt vor sich liegen sah. Das dunkle Herz in seiner Brust raste vor Verlangen und schämenswerterweise hatte der pure Anblick des schönen Körpers sein Glied zum Anschwellen gebracht. Um sich von seiner Lust abzulenken, beschäftigte sich Hook mit zwei Fragen. Erstens, was setzte Peter derart zu, dass er, der sonst einen sehr wachsamen Schlaf hatte, trotz seiner Entkleidung weiterhin tief schlief? War es die Gefangenschaft? Die Küsse? Oder der Kampf? Die zweite Frage, die ihn beschäftigte, war, weshalb ihm nicht vorher aufgefallen war, dass Peters Knöchel geschunden von der Kette war? Die Wunde sah schlimm aus. Rot und entzündet. Es musste schmerzhaft sein. Irgendwie ärgerte es ihn, dass der Knabe geschwiegen hatte, doch wenn er darüber nachdachte, wie ihr Verhältnis war, dann konnte er die Starrköpfigkeit zumindest nachvollziehen. ‘Auf keinen Fall nachgeben‘ war Peters Motto und irgendwie musste Hook trotz der dummen Situation, in der er sich gerade befand, darüber Grinsen. Kopfschüttelnd ging er zu seinem Sanitär hinüber, holte etwas Salbe und einen Verband heraus und nahm aus der Anrichte den hochprozentigen Rum mit. Vorsichtig tupfte er etwas von dem Rum zur Desinfektion auf die Wunde. Pan zuckte, seine Lider flatterten. Einen Augenblick lang dachte Hook, er wäre aufgewacht, doch Pan schlief selbst jetzt noch weiter. Etwas ungeschickt, da er einhändig war, rieb er Pans Knöcheln ein, ehe er ihn verband. Mit seinem Werk nur halb zufrieden überlegte er nun, was er tun sollte. Er konnte Pan unmöglich auf dem nassen Holzboden liegen lassen. Decke und Kopfkissen waren feucht und Pan würde garantiert krank werden, etwas, das Hook nicht wollte, weil er dann niemals hinter die Geheimnisse von ihm kommen würde. Zumindest versuchte er, sich das selbst einzureden. Auch James Hook konnte stur sein, insbesondere, wenn es um Pan ging. Weshalb sollte er sich auch eingestehen, dass sich schnell und doch nachhaltig etwas in sein Innerstes schlich, was Pan betraf? Entschlossen nahm er den Jungen hoch und legte ihn in sein eigenes Bett. Wo der Junge zuvor einfach verletzlich und hübsch ausgesehen hatte, wirkte er in Hooks Bett verlockend. Der Kontrast, den die gebräunte Haut zu den weißen Bettlaken bildete, war entzückend. Hook wusste, er sollte ihn zudecken, ihm den Respekt erweisen, seine Blöße zu bedecken, aber er konnte sich nicht dazu überwinden. Eine ganze Weile stand er vor dem Bett und sah den schlafenden Pan einfach nur an. 16 Jahre – viel zu jung. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte sich Hook wie ein Perverser. Endlich riss er sich am Riemen und deckte Pan zu. Leise seufzte er auf. Was sollte er nun tun? Oder viel mehr, wo sollte er schlafen? Runter zu seiner Mannschaft kam für ihn nicht in Frage. Er würde keinem von ihnen die Gelegenheit auf dem Präsentierteller servieren, ihn kalt zu machen. Auch wenn seine Mannschaft meistens hinter ihm stand, hatte der ein oder andere Ambitionen. Letztlich war Pirat immer Pirat. Der Schreibtischstuhl wirkte auf Hook keinen Deut einladender, also blieb nur eine Option. Er würde sich neben Pan legen. Der Gedanke, in einem Bett mit dem Jungen zu liegen, wärmte seine Lenden. Eisern und mit plötzlicher Entschlossenheit drängte er das Brennen nieder, während er sich erst entkleidete und dann sämtliche Lichter löschte. Die Matratze gab unter seinem Gewicht nach, er konnte fühlen, wie Pan ein Stück näher an ihn heran rollte. Behutsam schob er ihn wieder ein Stück zurück, ehe er sich an den äußersten Rand des Bettes legte, mit dem Rücken zu Pan. Er benahm sich lächerlich fürsorglich, das wusste er, er wusste nur nicht genau, weshalb. Waren nur seine Schuldgefühle dafür verantwortlich? Hook hatte keine Ahnung, aber lange Zeit, darüber nachzudenken, während er die Wärme des Jugendlichen zu ignorieren versuchte, die ihm den Rücken fast zu verbrennen schien. Als seine Lider endlich zufielen, begann die Sonne am Horizont bereits ihre ersten Strahlen über das Meer zu werfen. Nicht lange später sollte Hook unsanft geweckt werden, doch er war unwissend, während er von süßen Küssen und liebestrunkenen, grünen Augen träumte. Aber daran würde er sich nach dem Aufwachen nicht erinnern können. Fortsetzung folgt… Kapitel 14: Kapitel 14 ---------------------- Das Erste, was Peter registrierte, als er allmählich aufwachte, war die Wärme, welche ihn umfing. Es fühlte sich an, als wäre er im Inneren eines flauschigen Watteberges. Um ihn herum war es weich und warm, doch da war noch etwas anderes. Er spürte, dass er nicht alleine war. Ein Körper drängte sich an seinen. „Ein verlorener Junge“, dachte er. Oft schliefen sie gemeinsam in einem Bett und so störte es ihn auch nicht, dass sich der Junge enger an ihn heran kuschelte. Etwas allerdings war komisch. Der Junge war sehr groß. Konnte das sein? Nun, gelegentlich kam es vor, dass einer der Jungen erwachsen wurde, dann verbannte Peter ihn aus Nimmerland, denn er duldete keine Erwachsenen in seinem Reich. Aber welcher von ihnen könnte das sein? Ein Arm legte sich um seine Taille und zog ihn näher an sich heran. Schlaftrunken bemerkte er, dass sich Haut auf Haut befand und nötigten Peter, der im Begriff war, wieder einzuschlafen, neugierig seine Augen zu öffnen. Er sah nur verschwommen und so musste er etliche Male blinzeln, ehe er erkannte, wer da vor ihm lag. Hook! Erschrocken stob Peter zurück, doch der Arm langte erneut nach ihm, während der Kapitän im Schlaf schmatzte. Erst jetzt bemerkte Peter, dass er vollständig nackt war. Sofort wurden seine Wangen dunkelrot. Er war nackt! Hier im Bett mit Hook! Was hatte dieser Pirat gemacht? Fragend ließ Peter, der sich etwas aufgerichtet hatte, seinen Blick durch das Zimmer gleiten. Er sah den Waschzuber und ihm fiel sofort ein, was Hook am Abend zuvor getan hatte. Er erinnerte sich dran, dass Hook ihn bedroht, ihn berührt hatte und Peters Augen zogen sich gefährlich zusammen. Noch immer waren seine Hände gefesselt und auch das Seil um einen Fußknöchel war da, doch er hatte mehr Bewegungsfreiheit, weil die Stricke leichter waren. Peter tat das Einzige, was er in seiner Wut auf diesen Piraten tun konnte. Mit aller Kraft trat er Hook aus dem Bett. Schon bevor Hook ziemlich unsanft auf dem Boden landete, war er wach. Peter hatte zielgenau seinen Unterleib getroffen und ihm somit horrende Schmerzen verursacht. „Was?“, fragte Hook schmerzverzerrt und vollkommen überrumpelt. „Was hast du mit mir getan?“, fragte Peter ziemlich laut. „Warum bin ich nackt?“ „Deine Kleider waren nass.“ „Wessen Schuld war das wohl?“ „Du hast geschlafen, ich konnte dich doch nicht liegen lassen.“ „Seit wann interessiert dich das?“ „Keine Ahnung!“, brüllte Hook zurück und dann war es still zwischen ihnen. Peter war gut im Schlussfolgern, doch konnte er aus dem eben gehörtem tatsächlich darauf schließen, dass es Hook interessierte, ob es ihm gut ging oder nicht? Skeptisch zog er eine Braue hoch, was wiederum Hook aus der Reserve lockte. „Ich hab nichts getan. Okay?“ Und nachdem auch Peters zweite Augenbraue nach oben geschossen war. „Ja, ich hab dich ausgezogen, mehr nicht. Wirklich!“ „Du hast mich also nicht heimlich im Schlaf geküsst?“ „Geküsst? Glaub mir, ich hätte ganz andere Dinge mir dir getan, wenn ich gewollt hätte.“ „Was für Dinge?“, fragte Peter verblüfft, der keine Ahnung hatte, was Hook damit andeutete. Die Reaktion des Piraten auf seine Frage war erstaunlich. Hook wurde tatsächlich so rot, dass Peter einen Moment lang glaubte, sein Kopf würde jeden Moment platzen. Doch bedauerlicherweise platzte Hook nicht. Stattdessen suchte er nach Worten, die er offenbar nicht fand und murmelte etwas von: „Was weiß ich?“, ehe er Peter aus einer der Truhen ein Hemd und eine Hose zuwarf. „Zieh dir lieber mal was an, oder willst du mich den ganzen Tag mit deiner mageren Figur belästigen?“ „Und wie soll ich das machen?“, fragte Peter so hochnäsig er konnte und hielt seine gefesselten Arme hoch. „Willst du die Kleidung zerschneiden und mir an den Körper nähen?“ „Auch wenn ich die Vorstellung entzückend finde, dich mit einer Nadel zu stechen, werde ich es vorziehen, dir die Fessel abzunehmen.“ „Keine Angst, dass ich fliehe?“ „Das Risiko bin ich bereit, einzugehen“, lächelte Hook und Peter kam es sehr verdächtig vor. 10 Minuten später wusste er auch weshalb. Missmutig, geschockt und auch ungläubig rieb sich Peter mit der einen Hand seine Nase, mit der anderen sein Knie. Er war gestürzt! Beim Versuch davon zu fliegen, war er auf die harten Dielen gefallen. Ein paar Mal hatte er es probiert, doch es hatte nichts geholfen. Hook, der Peters alte Kleidung in einen Sack gestopft hatte, sah ihn nur an. Ohne ein Wort, aber mit dem Anflug eines gemeinen, wissenden Lächelns auf den Lippen. „Was hast du gemacht?“, fragte Peter leise, in dessen Stimme Angst mitschwang. „Ich habe dich gebadet.“ „Aber weshalb kann-“, setzte Peter an. „-Feenstaub“, wurde er von Hook unterbrochen. „Das Wasser hat jedes Korn des Feenstaubes von dir gewaschen.“ „Meine Kleidung!“ Peter hatte einen Gedankenblitz. Vielleicht hing noch etwas vom Feenstaub an seiner Kleidung, aber Hook bewies ihm, dass er auch daran gedacht hatte. Ehe Peter auf den Beinen war, nahm er den Sack mit Peters Kleidung, legte ihn in seine Truhe und verschloss diese. Wut loderte in Peter empor, Wut gepaart mit Verzweiflung. Schnell war er bei Hook und versuchte, ihm den Schlüssel abzunehmen. Er trat, schlug und biss sogar, um an sein Ziel zu kommen, doch letztendlich überwältigte Hook ihn, verdrehte ihm die Arme derart, dass es fast aussah, als würde der Kapitän ihn umarmen. „Lass mich los!“, zeterte Peter und wand sich im Klammergriff. „Nein“, hauchte Hook ihm ins Ohr. „Ich werde deine Nähe ein wenig genießen.“ „Was?“ „Am liebsten würde ich dir mein Hemd wieder ausziehen“, raunte Hook. „Du siehst darin…“, und Hook ließ das Wort auf seiner Zunge zergehen, „verführerisch aus.“ Peter errötete. Obwohl er viele der unzüchtigen Piratenlieder kannte, obwohl er so manches Mal am falschen Fenster gestanden und statt schlafende Kinder, Väter und Mütter beim Küssen gesehen hatte, wusste er nicht genau, was Hook ihm damit sagen wollte. Er wusste nur, dass ihm Hemd und Hose vom Kapitän zu groß waren. Ein Stück Seil hatte Peter als Gürtel verwendet, damit ihm die Hose nicht von den schmalen Hüften rutschte. Das weiße Hemd, obwohl vollständig zugeknöpft, hing ihm halb über die Schultern und entblößte einen Teil seines Oberkörpers. Weshalb dies „verführerisch“ sein sollte, begriff Peter nicht. Allerdings hatte er keine Ahnung, was verführerisch in dieser Situation bedeutete. Er wusste, was es hieß, etwas haben zu wollen, das ihm verführerisch erschien, wie zum Beispiel ein Stück Kuchen oder einen Piratenschatz. Aber in Bezug auf Menschen? „Weißt du, was ich gerne machen würde?“, fragte Hook und zog Peter noch enger an sich heran. Peter wurde unruhig, als er Hooks Lenden an seinem Po fühlte. Das Kribbeln, das er schon einmal gefühlt hatte, als Hook ihn küsste, begann an dieser Stelle wieder. Seine Gegenwehr wurde schwächer. „Ich würde gerne herausfinden, mit was du mich verhext hast. Wie es dir gelungen ist, dass ich dich berühren möchte.“ „Ich habe nichts getan“, sagte Peter, dessen Knie sich schwach anfühlten. „Aber wehe, du fasst mich nochmal an!“ „Hab ich dich gestern erschreckt?“, fragte Hook amüsiert und sein warmer Atem streifte Peters Ohr zärtlich, ehe er neckisch hineinbiss. Peter rutschte ein Quieken über die Lippen. Hooks tiefes, brummendes Lachen ließ seinen Körper vibrieren und er schauderte. „Wenn ich dir auch nicht viele Zusicherungen machen kann, aber ich kann dir garantieren, dass es dir gefallen würde, wenn ich dich richtig berühren würde. Wenn ich mit meiner Hand über deinen Körper streicheln würde, wenn meine Lippen dich an Stellen küssten, von denen du nicht einmal ahnst.“ Er war hin- und hergerissen. Neugier waberte in ihm auf, als hätte jemand mit einem Streichholz Stroh entflammt. Auch wenn er Hook verabscheute, ihn hasste, er glaubte ihm. Was für ein Abenteuer versprach ihm der Pirat da? Würde er seinen eigenen Körper neu entdecken? Würde er eine neue Gefühlswelt erkunden? Waren die Küsse, gleich ob sie grob oder zärtlich waren, ein Vorgeschmack auf eine ganz neue Welt? Aber durfte er dies überhaupt? Hook war sein Feind und kein Feind sollte einem solche interessanten, fremden und doch auch irgendwie schönen Gefühle entlocken können. „Nein!“, sagte Peter. Seine Stimme klang dieses Mal fester. „Nein?“, fragte Hook belustigt und endlich lockerte er den Griff, um Peter in seinen Armen herumzudrehen. „Nein! Es würde mir nicht gefallen.“ Obwohl Peter vollständig überzeugt klang, war er dies nicht. „Wirklich?“, verspottete Hook ihn, der zu spüren schien, dass Peter nur bluffte. „Nun, wir werden sehen“, versprach er und dann legten sich seine Lippen sacht, aber sinnlich auf Peters. Der Kuss überraschte Peter keineswegs, es mehr das Feuer, welches ihn überrumpelte, das in seinen Adern aufloderte. So kam es für ihn ganz überraschend, als er auf dem Bett zu liegen kam, mit Hook auf sich. Ihm war gänzlich entgangen, dass Hook ihn dahin dirigiert hatte. Er wusste, er sollte Hook nicht zurückküssen, sich nicht darauf einlassen, aber die Zunge in seinem Mund war so samtig, so zärtlich, dass Peter mehr davon wollte. Dann jedoch bemerkte er etwas hartes, das sich an ihm rieb. Er öffnete seine Augen, um Hook anzusehen und als er dies tat, wurde er in die Tiefen von Hooks Augen hineingezogen, der ihn ebenfalls anblickte. Peter vergaß in diesem Moment alles, was er jemals für Hook empfunden hatte. Er wollte jetzt dieses neue Abenteuer erleben. Wollte herausfinden, wohin ihn diese Reise mit Hooks Hand auf seinem Körper führen würde. Fortsetzung folgt… Kapitel 15: Kapitel 15 ---------------------- Er bemerkte es sofort. Sah es in den wunderschönen, grünen Augen, spürte es an den weichen Lippen, die nachgiebiger wurden, und hörte es an dem kaum vernehmlichen Keuchen, das der jungen Kehle kam. Peter Pan ließ sich fallen. Ein Schauer rann Hook über den Rücken, ein Schauer tiefster Erregung. Dieser Junge würde ihm gehören. Er durfte ihn mit Haut und Haar vereinnahmen und schon die pure Vorfreude daran steigerte sein Verlangen nach dem willigen Körper. Ihm war bewusst, dass Pan von diesen Dingen, den körperlichen, den sexuellen Dingen, keine Ahnung hatte. Der Junge war unerfahren, aber wissbegierig. Die Abenteuerlust Pans kam ihm hier gerade recht, denn er war keine verschüchterte, weibliche Jungfrau, die sich ihres Körpers schämte und derer Hook recht bald überdrüssig würde. Nein, Pan war ein Junge, welcher genau wusste, was er wollte und gerade wollte er ihn. Abermals beugte er sich vor, um Pans Lippen einzufangen. Er zeigte ihm, dass es noch eine andere Form des Küssens gab als die, welche Pan bisher von ihm kennengelernt hatte. Dieser Kuss war keine Strafe, kein plötzlicher Ausbruch von Leidenschaft, keine sanfte Verführung. Dieser Kuss war Sünde, süße, zur Luststeigerung gedachte Sünde. All seine Erfahrung legte er in diesen Kuss, all sein Wissen, um Pan in einen Zustand der Erregung zu versetzen, der ihn willenlos machte. Schon der reine Gedanke daran, ließ Hook in den Kuss grinsen, doch das war nur der Anfang. Er wollte die wunderschöne Haut, die er am Abend zuvor bewundert hatte, berühren. Mit Hilfe seines Hakens und seiner Hand knöpfte er vorsichtig das Hemd auf. Pan zuckte zusammen, als das kalte Metall seine Haut berührte. Hook sah, wie der Oberkörper sich schnell atmend bewegte. Auch wenn Pan wahrscheinlich nicht wusste, wie ihm geschah, Hook sah ihm deutlich die Erregung an. Als das Hemd lose aufgeknöpft auf Pans Schultern lag, beugte er sich vor. Küsste die empfindsame Stelle an Peters Schlüsselbein und wanderte unter unzähligen Küssen weiter hinab zu dessen Brustwarze. Er leckte daran. Ein Wimmern glitt Pan über die Lippen. „Was machst du da?“, fragte ihn der Junge mit bebender Stimme. „Ich schenke dir neue Gefühle“, wisperte Hook und seine Lippen umschlossen die Knospe. Zärtlich knapperte, leckte und saugte er daran. Plötzlich waren Hände in seinem Haar, wühlten darin. In diesem Augenblick bekam Hook die Bestätigung, dass er richtig machte, was er mit Pan tat. Hätte er in diesem Moment seinen Verstand eingeschaltet, wären seine Schuldgefühle mit ihm durchgegangen und er hätte hier und jetzt in seinem Handeln gestoppt, doch Hook hatte seinen Verstand in der hintersten Schublade seines Kopfes zusammen mit dem letzten Rest Anstand verschlossen. Er wollte Pan, wollte ihn komplett vereinnahmen und war im Begriff, genau dieses zu tun. Nachdem er eine Weile auch die andere Brustwarze genüsslich verwöhnt hatte, glitt er an Pans Körper hinab. Seine Zunge zog eine feuchte Spur brennender Lust und stoppte erst, als er am Bauchnabel angelangte. Dort stippte er neckisch hinein, was Pan ein belustigtes Lachen entlockte, indem sich der Klang süßer Erregung versteckte. Nie zuvor hatte Hook etwas Lieblicheres gehört. Die Frage, wie Pan wohl klingen würde, wenn er das Zentrum seiner Lust mit den Lippen umschloss, tauchte in seinem Geist auf. Wenngleich Pan der Unerfahrene war, so hatte doch auch Hook ein neuartiges Erlebnis vor sich. Er wollte unbedingt wissen, wie es war den Jungen zu schmecken. Bisher war Hook in den wenigen Stunden männlicher Zweisamkeit immer derjenige gewesen, der verwöhnt wurde. Er selbst hatte nie Hand an einen der Männer gelegt. In ihrer Ergebenheit hatten sie ihm gedient und die wenigen, die mehr Freude daran verspürten, mit einem Mann zusammen zu sein, als mit einer Frau, hatten in der Ergebenheit ihre Befriedigung gefunden. Mit Pan war es jedoch gänzlich anders. Er begehrte ihn seit dem Moment, als der Junge angefangen hatte, älter zu werden. Seit er die optische Erscheinung eines Kindes abgelegt und zu einem Teenager geworden war. In Hooks Augen war Pan zur sprichwörtlichen Frucht gereift, die es zu galt und genau dies tat er auch. Mit den Lippen tastete er sich tiefer, streifte mit seiner Hand die locker sitzende Hose Millimeter für Millimeter herunter. Gleich war es soweit, gleich könnte… gleich würde er… Knock. Knock. „Kapitän?“, hörte er Mr. Smee‘s Stimme vor der Tür. Für einen Herzschlag hielt Hook den Atem an, zählte bis 10 und ignorierte das Pulsieren der Vene an seiner Augenbraue. Er brachte Smee einfach um. Dieser Witz von einem Gehilfen wäre zu verschmerzen. Wie konnte er ausgerechnet jetzt stören? „Kapitän?“, rief Smee erneut. „Wir sind soweit. Die Boote sind zu Wasser gelassen, wir können sofort an Land, wenn Ihr wollt.“ „Ich komme gleich“, antworte Hook und er log. Einen feuchten Kehricht würde er tun. Gerade jetzt wollte er nichts lieber, als mit Pan im Bett bleiben und den Jungen nach Strich und Faden verwöhnen. „Soll ich Euch noch eine Morgenration richten?“ „Nein.“ „Und für den Jungen?“ Das Pochen an seiner Stirn wurde stärker, dennoch sah Hook nun endlich zu Pan hoch. Was auch immer er im Sinn gehabt hatte, in Pans Miene sah er, dass seine Chance vergangen war. Erschrocken, vielleicht sogar schockiert sah er ihn aus funkelnden, grünen Augen an. Es war, als wäre ihm gerade bewusst geworden, dass er beinahe etwas Ungeheuerliches mit seinem Feind getan hätte. „Willst du was essen?“, fragte er ihn, nur um einen anderen Ausdruck auf dem Gesicht Pans zu sehen. „Nein“, antworte Pan, seine Stimme war kratzig. „Nein!“, rief Hook Smee zu, dann konnte man hören, dass sich die schweren Schritte des molligen Mannes entfernten. Noch immer sah Hook Pan direkt an. Ihrer beider Atem ging stoßweise und daran war nicht länger die Erregung schuld. „Geh runter“, meinte Pan und schob Hook mit seinen Händen fort. Unverzüglich gab dieser nach, rollte sich aufstöhnend von dem Jungen herunter. Seine Erregung lag schwer zwischen den Schenkeln. Nur zu gerne hätte Hook sich Erleichterung verschafft, wenn er schon nicht mit Pan schlafen konnte, doch er wollte ihn keinesfalls mit diesem Anblick erschüttern. Also tat er etwas anderes. Er dachte an so ziemlich alles, außer Pan, welcher sich das weiße Hemd wieder zuknöpfte. Hook dachte an faltige Damen mit purpurfarbenen Hüten, an Haferschleim, den er in seiner Kindheit ständig zum Frühstück essen musste und an nackte, haarige Piraten, die sich den Dreck von Wochen vom Körper wuschen. Es zeigte Erfolg. „Ich werde dir das Seil wieder umlegen, wenn wir gleich rausgehen“, sagte er. „Wohin gehen wir?“ „An Land.“ „Und weiter?“ „Wir holen das Gift der Meerjungfrau.“ „Du hast also noch immer vor, es mir zu geben?“, fragte Peter und Hook hörte etwas, das ihn aufhorchen ließ. War Pan verletzt? „Ja, außer natürlich, du möchtest mir deine Geheimnisse verraten.“ „Was glaubst du, was in meinem Kopf für Geheimnisse lauern?“, wollte er wissen und endlich sah er wieder aus wie Peter Pan – hochnäsig! „Du bewahrst die Geheimisse Nimmerlands, deshalb gehört die Insel auch dir.“ „Die Insel gehört doch nicht mir!“, kam es entrüstet, doch die stolz angeschwollene Brust zeigte überdeutlich, dass Pan entgegen seiner Worte so dachte. „Wirklich?“ Hook zog seine Braue hoch. „Dein Körper sagt etwas anderes.“ Fast sofort verschwand die stolze Haltung erneut aus Pan und der Junge sah ihn sehr ernst an. „Und was sagt mein Körper dir noch?“ Hook wusste, worauf Pan anspielte. „Dass es dir gefällt, wenn ich dich küsse und berühre.“ „Aber warum?“ „Diese Frage kannst nur du beantworten“, antworte Hook recht neutral. Er wollte dem Jungen nicht erklären, dass es gewisse körperliche Reize gab, die auch entstanden, wenn zwei Menschen miteinander intim wurden, die sich eigentlich hassten. Manchmal war gerade Hass ein großer Stimulator. „Nur ich?“, hakte er nach. „Ja?“ „Ja“, sagte Hook, der gerade unfair spielte. Aber so lange Pan glaubte, dass nur er es war, der ihm die physischen Freuden vermitteln konnte, waren seine Chancen, noch einmal auf Tuchfühlung mit Pan zu gehen, groß. „Kapitän? Kommt Ihr endlich?“, schrie Smee, welcher zurückgekommen war, abermals durch die Tür. Hooks Geduldsfaden riss. Blitzschnell war er an der Tür, riss sie auf und brüllte Smee an. „WAS GIBT’S?“ „Die Männer“, schluckte Smee eingeschüchtert, „Sie warten.“ „Ich komme gleich!“, dröhnte Hook und schlug die Tür wieder zu. Als er sich wieder Pan zudrehte, war jegliche Form von Unsicherheit verschwunden. Vor Kapitän Hook stand Peter Pan, sein Erzrivale. Fortsetzung folgt… Kapitel 16: Kapitel 16 ---------------------- Die Stimmung im Beiboot war angespannt. Keiner der fünf niederen Piraten traute sich, etwas zu sagen. Kein Wort kam ihnen über die Lippen, während ihre Blicke unsicher von Pan zu ihrem Kapitän wanderten. Falls sie jedoch gehofft hatten, Unterstützung in den Augen von Hook zu finden, dann irrten sie. Ihr Kapitän war unwillig, ihnen gegen die Furcht vor Pan behilflich zu sein. Aber auch die Neugier, welche sie verspürten, fand keine Nahrung. Wie gerne hätten sie gewusst, was in den letzten Tagen zwischen dem Jungen und Hook vorgegangen war. Die fragwürdigen Geräusche, die Sache mit der Kette, der Waschzuber, den sie hatten tragen und füllen müssen, und alledem voran der schlichte Fakt, dass Peter Pan noch lebte, beunruhigte sie. Zwar waren sie bemüht, sich nichts anmerken zu lassen, doch jede noch so kleine Bewegung Pans ließ sie zusammenzucken und selbst Mr. Smee schwieg ungewöhnlich lange. Doch wenn man von den ganzen Vorfällen an Bord der Jolly Roger absah, war es gerade Pans finsterer Gesichtsausdruck, der sie ängstige. Seit Pan mit gefesselten Händen und einem Seil um den Hals, was auf seltsam anmutende Art an eine Hundeleine erinnerte, aus der Kabine des Kapitäns gekommen war, war selbst dem ungebildetsten Piraten klar, dass der Junge gespannt war wie die Sehne eines Bogens. Eine Aura reinster Wut umgab ihn und sollte er auch die geringste Chance erhalten, anzugreifen, würde er dies tun. Kompromisslos. Schonungslos. Absolut tödlich. Er würde sich für jede Erniedrigung, jede Peinlichkeit, die Hook im angetan hatte, rächen. Aber auch der Kapitän trug eine düstere Laune vor sich her, wie ein Gewitter. Auf Mr. Smees Fragen antwortete er nur, wenn es nötig war und zudem auch noch sehr einsilbig. Die Leine Pans trug er um das Handgelenk seiner gesunden Hand gebunden und drohte jedem einen fürchterlichen Tod an, der auch nur den Vorschlag unterbreitete, ihm Pan abzunehmen. Der Maat, welcher als erstes den Schneid aufgebracht und Hook gefragt hatte, war nur knapp dem Haken des Kapitäns entkommen. Kein weiterer war lebensmüde genug, nochmals einen Versuch zu wagen. Die erste Befürchtung, Hook würde Pan verhätscheln, wurde jedoch rasch widerlegt. Der Kapitän ging außerordentlich grob mit dem Jungen um. Zog und zerrte an dem Seil, so dass Pan, ehe er auf dem Beiboot ankam, bereits zweimal heftig nach Luft ringen musste. Zwar lockerte der Kapitän das Seil, sobald er dies bemerkte, doch ging er dabei mit ebensolcher Brutalität vor, so dass Pans zarten Hals bereits jetzt rote Striemen zierten. Bei alledem verlor der Junge jedoch kein Wort. Er starrte stolz durch Hook hindurch, was diesen noch rasender zu machen schien und jeder an Bord erkannte, dass der Kapitän sauer auf Pan war. Peter Pan selbst brodelte innerlich, wenngleich er seine Miene verschlossen hielt. Obwohl Hook sich ebenso widerlich benahm, wie er es immer tat, fühlte sich Pan dieses Mal von ihm merkwürdig betrogen. Er konnte nicht ausmachen, woher dieses Gefühl kam, aber er vermutete, dass der Kontrast von Hooks Boshaftigkeit zu der erstaunlichen Zärtlichkeit, wenn er ihn berührte, Ursache hierfür war. Ihm wurde ganz mulmig, wenn er daran dachte, wo Hook ihn liebkost und geküsst hatte. Sein Körper jedenfalls hatte darauf reagiert. Er kannte zwar schon, dass sein Glied des Nachts gelegentlich anschwoll, dann jedoch ohne jeglichen Grund und der Zustand verging nach wenigen Minuten von selbst. Ihm war neu, dass dies auch durch Berührungen geschehen konnte. Offenbar gab es so einige Dinge, welche er erst noch entdecken musste. Weshalb war es ausgerechnet Hook, der ihm den Weg in dieses Abenteuer ebnete? Jeder der verlorenen Jungen wäre Peter lieber gewesen als dieser schreckliche Mann. Nur tief in sich drin, da ahnte er, dass nur Hook ihn derart fühlen und reagieren ließ. Gerade als er leicht aufseufzte, setzte das Beiboot an Land auf. In dem Geräusch ging sein Seufzen unter und er war froh darum, denn so bemerkte selbst Hook es nicht. Leichtfüßig, wie er es den Piraten keineswegs zugetraut hatte, stiegen die Männer aus, machten das Tau an einem einsamen Stein fest und liefen an den Strand. Hook folgte ihnen und zog Peter mit sich. Am liebsten hätte Peter Hook dafür erstochen. Das Seil um seinen Hals scheuerte und wenn er nicht schnell genug lief, schnürte es ihm die Kehle zu. Kein sehr schönes Gefühl. Oh, er wusste, dass er Hook bereits an Bord der Jolly Roger gereizt hatte, aber was hatte der Pirat erwartet? Dass er es hinnahm, dass Hook was auch immer mit ihm getan hätte? Dass er es toll fand, dass er noch immer das Gift zu sich nehmen sollte? Dass Mr. Smee gekommen war, hatte ihn lediglich wieder zu Verstand gebracht. Das Gefühl, endlich wieder zu Sinnen zu kommen, verstärkte sich, als er den Boden Nimmerlands unter seinen Füßen spürte. „Zuhause“, dachte er und spürte, wie die Magie des Eilands durch jede seiner Zellen floss. „Lauf schneller“, fauchte Hook ihn an. „Ich bin es leid, ständig das Tau zu lockern.“ „Ich dachte, es macht dir Spaß, mich fast ersticken zu sehen?“, konterte Peter liebenswürdig und voll Ironie. „Nein“, sagte Hook und zog so stark an dem Seil, dass Peter in seine Arme stolperte. „Es macht mir Spaß, dich nackt unter mir zu haben.“ Augenblicklich errötete Peter stark. Seine Augen weiteten sich und sein Blick suchte die anderen Piraten. Doch die Männer waren zu weit weg, um Hooks Geflüster an seinem Ohr gehört zu haben. „Lass das!“ „Was? Dass ich dir sage, was ich will? Du hast doch angefangen.“ „Ich…“, stammelte Peter, dem ungewöhnlicherweise auf diese Unverschämtheit nichts einfiel, doch dann richtete er sich wieder auf und straffte die Schultern. „So etwas wird es nie wieder geben.“ „Ach?“ „Ja. Es war ein…“, Peter schluckte an dieser Stelle das Wort Fehler hinunter und sagte stattdessen: „… Abenteuer, aber es langweilt mich.“ „Ist das so?“, lächelte Hook zynisch. „Aber das Abenteuer hat doch noch gar nicht richtig begonnen.“ Augenblicklich fühlte Peter sich unsicher. Was meinte der Kapitän damit? Gab es noch so viel mehr in Hooks Armen zu entdecken? Es lockte ihn, machte ihn neugierig, aber er musste standhaft bleiben. Durfte kein weiteres Mal schwach werden. Verdammt, er war Peter Pan und kein Spielball von Hook. Reichte es nicht, dass sein Erzfeind ihn die letzten Tage misshandelt, gedemütigt und durcheinander gebracht hatte? Schon als Hook sagte, er wollte ihm noch immer das Gift zu trinken geben, hatte er sich dazu entschlossen, gegen den Piraten zu kämpfen. Die törichte Vorstellung, etwas habe sich zwischen ihnen geändert, weil er sich so gut mit Hooks Küssen gefühlt hatte, war Vergangenheit und Peter vergaß in diesem Fall wissentlich und gerne. Hooks Küsse würden schon bald vergessen sein. „Ich bin nicht interessiert.“ „Natürlich bist du das“, grinste Hook ihn an. „Bin ich nicht!“, erwiderte Peter und war drauf und dran, dem Piraten das Knie zwischen die Schenkel zu rammen. „Kapitän? Gehen wir zur Nord- oder zur Westseite rauf?“ „SMEE!“, knurrte Hook gefährlich, dessen Augen noch immer auf Peter gerichtet waren und bedrohlich dunkel wurden. „Ist dir eigentlich bewusst, wie gefährlich du heute lebst?“ Hook wandte sich Mr. Smee zu und Peter war froh, dass die vergissmeinnichtfarbenen Augen sich von ihm abwandten. Die Kämpfe zwischen ihm und Hook wurden irgendwie immer anstrengender. „Kapitän“, stotterte Smee und wich vor dem Angesprochenen zurück. „Wenn du es wagst, mich noch einmal zu unterbrechen, während ich mich um Pan kümmere, dann wird dich mein Haken treffen!“ „Aber-“ „-kein aber!“, unterbrach Hook ihn. „Haben wir uns verstanden?“ „Aye, Kapitän“, sagte Smee, welcher deutlich irritiert und eingeschüchtert zugleich war von dem Verhalten seines Vertrauten. „Und nun“, sagte Hook plötzlich wieder viel liebenswürdiger, „werden wir uns zur Nordseite begeben. Der Aufstieg sollte dort einfach sein, mit unserem Freund hier.“ Er deutete mit seinem Haken auf Peter, dem die Galle schier überlief. Diensteifrig und weil er den Stimmungsschwankungen seines Kapitäns entkommen wollte, verschwand Smee und rettete sich zu den anderen Piraten, um ihnen Anweisungen zu geben. „Wohin gehen wir?“, fragte Peter Hook. „Wir gehen den Berg hinauf.“ „Warum?“ „Dort gibt es ein Geheimversteck. Eine Höhle, von der man sagt, sie soll die Geister Nimmerlands beherbergen.“ „Davon hab ich nie gehört“, sagte Peter skeptisch. „Und wenn es einer wissen müsste, dann wohl ich. Es gibt keine Stelle auf der Insel, die ich nicht kenne.“ „Nun, die Höhle kannst du aber nicht kennen. Nur Piraten haben dorthin Zutritt, denn es sind die Geister der Piraten, die dort hausen.“ „Woher weißt du das? Warst du schon einmal dort?“ „Einmal“, sagte Hook und strich sich gedankenverloren über seine Brust, genau an der Stelle, von der Peter wusste, dass Hook dort die große Narbe trug. Sofort wusste er, dass in der Höhle ein Geheimnis auf ihn wartete. Ein Geheimnis über Hook, welches er herausbekommen würde. Wie um unliebsame Erinnerungen zu vertreiben, schüttelte der Kapitän kurz seinen Kopf. „Es kann dir egal sein, was in den Höhlen ist. Du musst nur wissen, dass dort ein Flakon mit dem Meerjungenfrauengift auf dich wartet. Blackbeard selbst hat es aus dem Blut einer Meerjungfrau gewonnen. Es heißt, er habe sich gegen dieses Gift immunisiert, indem er das Fleisch der Meerjungfrau gegessen hat.“ „Ist es tödlich?“, wollte Peter wissen, denn bisher hatte Hook nur von der wahrheitssagenden Wirkung gesprochen. „Nun“, meinte Hook, „das werden wir wohl bald wissen.“ Fortsetzung folgt… Kapitel 17: Kapitel 17 ---------------------- Seit einer gefühlten Ewigkeit trottete Peter hinter Hook her. Die anderen Piraten hatten sie schon längst überholt, so dass Hook als Anführer voran ging. In seiner Hand hielt er ein altes Pergament, das auf einem Stück Stoff befestigt worden war. Gelegentlich blickte Hook darauf, wenn er an einer Kreuzung ankam. Sie liefen durch dichten Wald. Peter kannte dieses Gebiet und wusste, dass es Indianer-Territorium war. Hinter jedem Baum konnte eine Rothaut lauern und nach ihren Skalpen trachten. Da spielte es keine Rolle, ob es sich um einen Piraten oder einen verlorenen Jungen handelte. Wäre er bewaffnet und von den Fesseln befreit, würde er sich in dieser Ecke Nimmerlands wohler fühlen, doch da die Gegebenheit nicht vorhanden war, konzentrierte er sich darauf, Hooks Rücken anzustarren, so als könnte er ihn mit seinen Blicken aufspießen. Ihre Gangart war inzwischen langsamer geworden. Nun, es lag nicht an Peter, sondern eher daran, dass die Piraten ihr anfänglich sehr strammes Tempo nicht hatten halten können. Insgeheim amüsierte sich Peter sogar darüber, denn er hatte von Anfang an geahnt, dass die Piraten konditionell schwächer waren als er. Gleichwohl seine schlechte Laune immer noch anhielt, was angesichts des breiten Männerrückens vor ihm, auch nicht verwunderlich war, ging es ihm eigentlich ganz gut. Obwohl weiterhin gefesselt und angeleint, gewann er mit jedem Schritt Kraft und Energie durch die Insel. Nimmerland und er hatten eine ganz besondere Bindung. Es war fast so, als gehörten sie nach all den langen Jahren zusammen wie eine Symbiose. Die Vögel sangen Lieder, die Peter zwar nur lückenhaft verstand, weil die Sprache der Vögel so verschieden zu der seinen war, aber er hörte den Mut und die Zuversicht heraus, die sie ihm zusprechen wollten. Auf merkwürdig rührselige Weise war er ihnen hierfür dankbar, auch wenn er ihnen den Dank nicht sagen konnte, da sie seine Sprache ebenso wenig verstehen würden. Doch hier und da, wenn er einen Vogel auf den Ästen sitzen sah, nickte er ihm dankend zu. Die Strecke, welche Hook bisher ging, war leicht zu gehen, denn sie folgten alten, längst verlassenen Pfaden. Auf diese Art konnte Peter seine Gedanken schweifen lassen und ohne große Verwunderung drehten sich diese um den Mann vor ihm, dessen roter Kapitänsrock ähnlich auf Peter wirkte wie ein rotes Tuch auf einen Stier. Im Gegensatz zu einem Stier jedoch, konnte Peter sich gerade noch beherrschen und wartete auf seine Gelegenheit, Hook alles heimzuzahlen. Bald würden sie eine Pause machen, dessen war er sich sehr sicher. Die Piraten stöhnten und jammerten schon eine ganze Weile. Sie hatten Durst, Hunger und ihre Füße schmerzten. Bisher hatte Hook dieses nervige Verhalten seiner Männer ignoriert, doch Peter bemerkte, dass auch Hook bald soweit war, dass er eine Rast brauchte. Die Schritte des Kapitäns wurden allmählich kleiner, langsamer und Peter konnte in Hooks Nacken die Schweißtropfen sehen, da er sich sein dichtes Haar mit einem purpurnen Band zu einem Zopf gebunden hatte. Nun, auch Peter hätte gerne gerastet, wenngleich er die Hitze und die schwüle Luft des Nimmerwaldes besser wegsteckte. Das viele Laufen war auch für ihn ungewohnt, da er viel lieber flog, doch ohne Feenstaub war dies vorerst nicht möglich. Als hätte Hook seine Gedanken erraten, hielt er plötzlich an, so dass Peter, der noch immer mental versunken war, beinahe in ihn hineingelaufen wäre. „Männer, halt!“, rief der Kapitän. „Wir rasten hier.“ Unverzüglich kam Smee angelaufen. „Wie lange bleiben wir hier?“ „Bis die Sonne bei diesem Baum angelangt ist“, meinte Hook und deutete auf einen der Bäume, durch die etwas Sonnenlicht hineinfiel. Peter wusste, weshalb Hook auf diese Art die Zeit maß. Er hatte keine Uhr. Kein Pirat hatte eine Uhr. Nicht seit der Sache mit dem Krokodil. Unwillkürlich musste Peter grinsen. Wahrscheinlich würde das Krokodil ihnen schon längst folgen. Auf das Meer traute sich das Ungetüm nicht, doch hier an Land war es Zuhause und hier fand es Hook immer. Der Schiffskoch kam angerannt und brachte Hook einen Trinkbeutel mit klarem Wasser, ein Stück feinsten Brotes und einen Viertelleib Käse. Peter lief bei diesem Anblick das Wasser im Mund zusammen. Auch er hatte Hunger, doch falls er glaube, dass man ihm ebenfalls etwas zum Essen brachte, dann täuschte er sich. Doch da Peter die Magie Nimmerlands wieder fühlte, zuckte er lediglich mit den Schultern, ehe er sich auf den Waldboden setzte, die Augen schloss und an ein herrliches, warmes Brathähnchen dachte. Schon bevor er die Augen wieder öffnete, konnte er das frisch gebackene Huhn riechen. Unter den erstaunten Blicken der Piraten und des stechenden Hooks biss er genüsslich in einen Hähnchenschenkel, was etwas ungeschickt wirkte, da er ja Fesseln trug, doch dies störte ihn nicht. Peter bedauerte nur die Tatsache, dass er sich keine Waffe wünschen konnte. „Wie hast du das gemacht?“, wurde er gefragt. Ein Pirat mit verfaulten Zähnen, Dreck im Gesicht und einer hässlichen Narbe quer über seine Wange hatte sich an ihn herangewagt. „Das geht dich nichts an“, sagte Peter einfach. „Gib es mir!“, befahl er und ehe Peter sich versah, hatte der Pirat ihm das Hähnchen aus der Hand gerissen. Widerlich gierig machte sich der Pirat über das Huhn her, was auch die andern Piraten aufmerksam machte. Finster dreinschauend stellte sich Peter einen Schweinebraten vor und kurz darauf lag dieser auch schon vor ihm und genau das war sein Fehler. Angesichts der Leckereien vergaßen die Piraten ihre Furcht vor ihm und drängten sich jetzt alle vor ihn. Sie riefen ihm Dinge zu, die er herbei zaubern sollte, doch da Peter sich weigerte, zogen und zerrten sie an ihm, mit ihren dreckigen Fingern. Er versuchte sich zu wehren, trat und schlug nach ihnen, so gut es ging, biss zwei von ihnen sogar in die Arme, doch erst als ein Schuss ertönte, hielten sie inne. „Nehmt eure Finger von Pan!“ Hooks Befehl war kalt und drohend. Unwillig ging die Piratenmeute auseinander. Natürlich nicht, ohne Peter auch den Schweinebraten zu klauen. „Ihr lasst Pan gefälligst in Ruhe.“ Die Stimme des Piraten grollte wie der Donner nach einem Blitz. Sie war tief und dunkel, so hatte Peter ihn noch nie gehört und irgendwie verursachte dieser Tonfall ein merkwürdiges Ziehen in seinen Eingeweiden. „Aber warum, Kapitän?“, traute sich ein Todesmutiger zu rufen. „Weil ich Pan noch brauche. Ist das klar!?“ Hart, unmissverständlich, so wirkte Hook gerade. All seine Autorität, die er über das Piratenpack hatte, kam zum Vorschein. Peter verdrängte ab und an, dass dieser Mann ein Anführer war, einer, zu dem andere aufsahen, denn Peter konnte Anführer nicht ausstehen, obwohl er selbst einer war. „Aye, Kapitän“, murmelte die Menge. „Gut, denn ich werde mich kein weiteres Mal wiederholen. Der Nächste, der meine Anweisungen missachtet, wird aufgeknüpft.“ „Aye.“ Damit wandte sich Hook Peter zu, der sich von dem Schreck inzwischen erholt hatte. „Und du! Du hörst mit deiner Magie auf. Iss gefälligst das“, sagte Hook und warf Peter Brot und Käse in den Schoss. Erst danach beugte Hook sich zu Peter vor und sprach ihm leise ins Ohr. „Ich mag zwar ihr Kapitän sein, aber wie soll ich ihnen erklären, dass der Gefangene besseres Essen bekommt als sie? Wenn du nicht möchtest, dass sie über dich herfallen, hör gefälligst auf mich. Irgendwann kommt der Punkt, da kann ich dich vor der Meute nicht mehr beschützen.“ „Wenn du meine Hände losbinden würdest, bräuchte ich deinen Schutz nicht“, zischte Peter zurück. „Würde ich dies tun, dann würdest du wegrennen wie ein Kaninchen vor der Schlange.“ „Gib mir eine Waffe und ich beweise dir das Gegenteil!“, entgegnete Peter und ihre Blicken trafen sich zu einem mentalen Duell. „Ich glaube dir sogar, dass du das denkst. Aber sei ehrlich, wie willst du ohne Feenstaub gegen mich kämpfen? In der Luft magst du geschickt sein, doch hier am Boden bist du nichts als ein Kind. Du könntest mich niemals besiegen.“ „Ich werde wieder fliegen.“ „Vielleicht, doch bis es soweit ist, gehörst du mir. Und jetzt iss gefälligst. Unsere Rast ist in Kürze vorbei und wir haben noch einen langen Weg vor uns.“ Tatsächlich tat Peter wie ihm geheißen und er riss trotzig mit den Zähnen ein Stück von dem Brot ab. Hook lächelte ihn gezwungen an, setzte sich auf seinen Platz zurück und ließ sich neuen Käse und Brot bringen. Die restliche Ruhepause verlief ohne besondere Vorkommnisse und als sie endlich weitergingen, war Peter wachsamer als gewöhnlich. Er behielt die Piraten stets im Augenwinkel und ließ seine Sinne trotzdem noch durch den Wald wandern, denn er spürte, dass sie nicht alleine waren. Auch wenn er mit den Augen kein Anzeichen der Indianer erkennen konnte, so wusste er doch, dass sie da waren. Hook selbst schien, im Gegensatz zu seinen Männern, ihre Gegenwart auch zu wittern, denn auch er war stets wachsam. Doch beide, weder Peter noch Hook, konnten zu diesem Zeitpunkt das Ausmaß des Chaos abschätzen, welches in der Nacht über sie hereinbrechen würde. Fortsetzung folgt… Kapitel 18: Kapitel 18 ---------------------- Peter war müde. Sehr müde, auch wenn er es unter keinen Umständen zugegeben hätte. Hook hatte ihn und seine Männer vorangetrieben, bis die Sonne begonnen hatte, unter zu gehen. Dem Piraten war die Erschöpfung zwar anzusehen gewesen, doch hatte sein unerbittlicher Wille ihn angespornt, immer weiter zu gehen. Dass seine Männer erschöpft waren, hatte ihn ebenso wenig interessiert wie Peters Befinden. Zumindest war das der Eindruck, den Peter gewonnen hatte. Allerdings musste Peter auch einräumen, dass er sich nichts hatte anmerken lassen oder zumindest darum bemüht war. Durch seine ausgeprägte Fitness hatte er die Strapazen des Aufstieges anfänglich besser hinnehmen können, als die Piraten, doch nach der Rast mit vollem Magen war es Stunde für Stunde schlimmer geworden. Hooks Männer, denen es wesentlich schlechter erging wie ihm selbst, waren mit jedem weiteren Kilometer zurückgefallen, so dass Hook zwangsläufig sein Tempo hatte drosseln müssen, damit die Nachhut in ihrem Rücken weiterhin als Schutz diente. Peter war dankbar gewesen für die miese Kondition der Männer. In den wenigen Minuten, in denen sie außerhalb der Hörweite der Piraten waren, hatte Hook kein Wort mit ihm gesprochen. Er hatte ihn schlicht angesehen, doch dies auf eine Art und Weise, dass Peter sich nackt gefühlt hatte. Unwillkürlich hatte Peter schlucken müssen, denn er wusste, dass Hook sich gerne auf ihn gestürzt hätte. In seinem eigenen Kopf waren Bilder aufgetaucht, die Erinnerungen an kürzlich vergangene Leidenschaft waren. Er sah nochmals, wie das Hemd, welches er trug, von seinem Körper geschält wurde. Spürte, wie heiße Lippen seinen Körper entflammten und das neuartige Gefühl, das er entdeckt hatte, loderte erneut in ihm empor. Wie froh war Peter gewesen, dass die Piraten den Abstand überbrückt und Hook sich umgedreht hatte, um den Weg mit ihm im Schlepptau fortzusetzen. Er wollte unter keinen Umständen noch einmal in solch eine Situation geraten, wusste aber intuitiv, dass er unter Hooks Küssen schwach werden würde. Nun lag er keinen Meter neben Hook auf dem feuchten Waldboden. Sein Arm diente ihm als Kissen und er überlegte, ob er sich trauen konnte, einzuschlafen. Von den Piraten umgeben zu sein war unangenehm, zumal er keinerlei Waffe bei sich trug und falls einer von ihnen sich Peter im Schlaf näher sollte, möglicherweise tödlich. Peter vertraute nicht darauf, dass Hooks Autorität als Kapitän ihn zu 100% vor dem Pack schütze. Auf Hook persönlich konnte und wollte er sich dieses Mal nicht verlassen, da der Kapitän bereits wenige Minuten, nachdem er sich hingelegt hatte, die ersten Schnarcher von sich gegeben hatte. Verschiedenste Dinge wanderten durch Peters hübschen Kopf und drehten sich allesamt um seine Flucht. Seine Augen tasteten über den Waldboden, doch da es dunkel war und das Lagerfeuer sich auf der Seite von Hook befand, sah er kaum etwas. Dennoch entdeckte er einen Stein. Ob es ihm gelang, da ran zu kommen? Peter hegte die Hoffnung, dass der Stein eventuell eine scharfe Kante hatte, mit der er das Seil durchwetzen konnte und so tat er, als würde er sich im Schlaf bewegen. Er rollte sich erst auf Hooks Seite, sodass er Nase an Nase mit dem Piraten lag, dann, als wäre diese Position unbequemer, wieder zurück. Nur das Peter mehr Schwung einnahm und sich so dem Stein annäherte. Seine Hände fühlten sich über den Boden, doch er kam nicht weit. Das Seil war zu kurz. Beinahe hätte er frustriert aufgeseufzt, aber er verkniff sich den Laut und streckte seine Finger stattdessen soweit er konnte. Mit den Fingerspitzen erreichte er den Stein und obwohl dieser halb im Boden versunken war, gelang es Peter mit viel Feingefühl, den Stein besser zu greifen und aus der Erde herauszulösen. Erleichterung durchflutete ihn, als er ihn in Händen hielt. Er hatte Glück. Der Stein verfügte tatsächlich über zwei zackige, scharfe Kanten und Peter begann, vorsichtig, damit sein Handeln unbemerkt blieb, den Stein über das Seil zu ziehen. Ein paar Mal verrutschte der Stein und er schnitt sich in seine Handballen, doch Peter verzog weder eine Miene, noch machte er ein Geräusch. Die Kämpfe der vielen Jahre hatten ihn für solche Momente abgehärtet. Er fokussierte sich ganz auf die Aufgabe, aber es dauerte gefühlte Stunden, ehe er auch nur ein Drittel des Seiles aufgerieben hatte. Über die Hälfte musste er noch schaffen, ehe er auch nur daran denken konnte, den Rest mit bloßer Köperkraft zu zerreißen. Dies war etwas, das Peter aus Erfahrung kannte, wenngleich er nur es bei seinen verlorenen Jungen gesehen und nie selbst erlebt hatte. Also tat er einfach weiter, was getan werden musste, bis er aufschreckte. Im Wald war es schlagartig totenstill! Weder Eulen noch andere Nachttiere waren zu hören. Sogar die Piraten am Feuer schwiegen. Der Wind hatte aufgehört zu wehen. Die Blätter waren in ihrem Rascheln verstummt. Peter wusste es! Wusste es, bevor es geschah und genau aus diesem Grund verschwendete er keinen Gedanken mehr daran, ob er bemerkt wurde oder welche Geräusche er verursachte. Hektisch rieb er mit dem Stein über seine Fesseln und keine 10 Sekunden später brach auch schon die Hölle los. Mit Kriegsschreien auf den Lippen sprangen die Indianer aus dem Wald und attackierten die Piraten. Die Piraten selbst beeilten sich, auf die Füße zu kommen, ihre Waffen zu erreichen, doch bis es soweit war, lagen die ersten zwei mit durchschnittenen Kehlen auf dem Boden. Hook war ebenfalls wieder auf den Beinen, seinen Säbel in der Hand und kämpfte gegen die erste Rothaut, die sich an ihn heranwagte. Peter musste sich beeilen, um ebenfalls hoch zu kommen. Noch immer unbewaffnet hing er nach wie vor mit dem Seil um seinen Hals an Hooks Arm gefesselt. Das Seil wurde durch die Kampfbewegungen hin und her gerissen. Peter nutzte seine Flinkheit, um Hooks Bewegungen zu folgen, denn ansonsten wäre er erstickt. Der Indianer verlor den Kampf gegen Hook. Tot sackte er zusammen. Leere Augen blickten zu Peter auf. Er kannte den Ausdruck. Hatte ihn schon oft gesehen. Nimmerland forderte seine Opfer. „Komm mit!“, befahl Hook ihm und zog ihn mit sich Richtung Wald, doch dort wollte Peter nicht hin. Er brauchte ein Messer, ein Schwert, irgendetwas, womit er sich im Notfall verteidigen konnte. Den scharfen Stein hatte er dank Hook längst verloren. Ein weiterer toter Indianer lag ganz in seiner Nähe, neben ihm glänzte ein Messer. Gerade bückte sich Peter danach, als Hook fluchend hinter ihm auftauchte. Starke Arme schlangen sich um Peters Hüfte. Als würde Peter nichts wiegen, wurde er von dem Piraten aufgehoben und weiter in den dunklen Wald gebracht. „Lass mich los!“, schrie Peter zerrend und strampelnd, doch die verfluchten Fesseln hielten ihn noch immer gefangen. „Halt deinen Mund oder willst du, dass sie uns finden?“ Die Antwort wurde Peter erspart. Von einem Ast über sich ertönte ein leises Knacken und dann landete plötzlich ein Indianer auf ihnen. Es riss Hook von den Füßen, er und Peter landeten unsanft im Moos. Augenblicklich nahm der Pirat den Nahkampf auf. Er hielt den Indianer festumklammert und schlug mit seinem Haken immer und immer wieder auf den Mann ein. Peter selbst achtete nicht darauf. Er hielt das zuvor stibitzte Messer in der Hand und nutze die Gelegenheit endlich die Fesseln aufzuschneiden. Das Seil gab seine Handgelenke frei. Keine Sekunde später war auch das Seil um seinen Hals verschwunden. Kurz blickte er zurück. Hook war gerade dabei, das letzte Leben aus dem Indianer zu hacken. Es war ein grausamer Anblick. Das Blut spritze in großen Bögen, jedes Mal, wenn er seinen Haken hinaus zog, nur um ihn dann nochmals in das Fleisch hineinzujagen. Peter zauderte keine weitere Sekunde. Er stand auf, hielt das Messer weiter in der Hand und rannte. Äste und Sträucher schlugen ihm entgegen, zerfetzten das Hemd, das er trug, zerkratzen sein hübsches Gesicht, doch er beachtete es nicht. Aber er hörte, dass er verfolgt wurde. Hook schrie nach ihm. Er rannte einfach weiter. Wenn es ihm gelang, zu fliehen, dann konnte er Glöckchen suchen, die ihm mit ihrem Feenstaub half oder seine verlorene Jungen. Er musste nur Hook abhängen. 300 oder 400 Meter kam er weit, da stolperte er über eine Baumwurzel. Sich überschlagend kam er auf dem harten Boden auf. Für einen Moment fehlte ihm die Luft zum atmen. Schmerz zog sich durch seinen ganzen Körper, doch dann berappelte er sich und stand auf. Hook kam ihm näher. Hektisch suchte er nach einem Versteck, doch obwohl der Wald voller Bäume war, gab es hier keine Sträucher oder andere Versteckmöglichkeiten. Fluchend eilte Peter weiter, aber bereits nach dem ersten Schritt bemerkte er, dass sein Knöchel verdammt wehtat. Ganz offensichtlich hatte er sich diesen verstaucht. Hinkend eilte er weiter. Das Messer war ihm beim zweiten Sturz aus der Hand geglitten. Ganz plötzlich tauchte eine Gabelung vor ihm auf. Er hatte einen Pfad gefunden. Obwohl er die Insel aufs Genaueste kannte, musste er einen Moment innehalten, um zu überlegen welche Richtung die richtige war. Peter schaute zurück, doch von Hook war nichts zu sehen oder zu hören. Erleichterung durchflutete ihn. Der Kapitän war abgehängt worden. Doch da er wusste, dass jede weitere Verzögerung zu seinem Nachteil war, entschied er sich rasch für den linken Weg. Immer noch eilend, aber humpelnd lief er schleunigst weiter. Er kam gerade an einer Böschung vorbei, als sich etwas Schweres auf ihn stürzte und zu Boden riss. Mit Schock geweiteten Augen starrte er seinen Angreifer an. Fortsetzung folgt… Kapitel 19: Kapitel 19 ---------------------- Die Augen aufgerissen starrte er den Mann an, der auf ihm lag. Unglaube und Wut durchströmten ihn zugleich. Zorn wogte durch seinen ganzen Körper, brachte sein Herz dazu, noch stärker zu schlagen, als die Anstrengung seiner Flucht es ohne schon getan hatte. Wie hatte Hook es nur geschafft, ihn zu überholen? Peter war fassungslos. So fassungslos, dass er für einige Sekunden sogar vergaß, in welcher Gefahr sie sich befanden. Nicht so jedoch Hook. Der Kapitän lächelte ihn eisern an, stand auf und zog Peter mit auf die Füße. Peters Arm wurde mit einem so kräftigen Griff umklammert, dass er vor Schmerz stöhnte. „Hast du geglaubt, ich lass dich entkommen?“, fragte Hook ihn und der frostige Blick durchbohrte Peter wie spitze Dornen. „Ich konnte es immerhin versuchen“, sagte er und zog dabei seine Augenbraue hoch. „Du hättest sterben können!“ „Das kann ich noch immer.“ „Verflucht, Pan! Musst du spielen? Wir müssen hier weg!“, schnauzte Hook ihn an. „Ich wäre längst weg, wenn du mich nicht aufgehalten hättest“, giftete Peter zurück. Offenbar hatte der Pirat keine Lust mehr, mit ihm zu diskutieren, grob zerrte er Peter mit sich. Peter fluchte wie ein Rohrspatz. Sein Knöchel schmerzte, machte ihm das Gehen zur Qual, sein Oberarm wurde derart gequetscht, dass er schon förmlich spürte, wie ein Bluterguss entstand. „Lass mich los!“, brüllte er Hook an, als es ihm nach einigen Minuten endgültig reichte. Mit vernichtendem Blick im Gesicht drehte sich der Kapitän zu ihm um. „Hältst du deine Klappe, wenn ich dich loslasse?“ „Ja“, funkelte Peter temperamentvoll zurück. „Du wirst nicht abhauen, dass das klar ist! Ich habe keine Lust, dir hinterher zu rennen, werde es aber, solltest du nochmals versuchen, zu fliehen und wenn ich dich dann erwische, dann Gnade dir Gott.“ „Ist das eine Drohung?“ „Ein Versprechen!“ „Weißt du überhaupt, wo wir hingehen?“, fragte Peter ihn, da es nicht den Anschein hatte, Hook wüsste, wohin der Weg führte. „Ja, weiß ich“, knurrte der Pirat, „und lenk gefälligst nicht ab. Wirst du bei mir bleiben, wenn ich dich loslasse?“ Es widerstrebte Peter unglaublich, zuzustimmen, doch angesichts der Indianer, die ihnen wahrscheinlich noch immer im Nacken saßen, war Hook das kleinere Übel. „Für den Moment“, sagte er. Seine Antwort schien Hook vorerst zufrieden zu stellen, denn der Kapitän nickte ihm ernst zu und ließ seinen Arm dann los. „Komm, wir haben schon genug getrödelt.“ Schweigend, aber mit ausreichend Zorn im Bauch lief Peter ihm hinterher. Sie waren nun langsamer, da Peter ohne Zwang seinen Knöchel schonte, doch jedes Mal, wenn er glaubte, er könne nicht mehr, war Hook zur Stelle und drängte ihn, weiterzugehen. Mehrmals suchten sie Schutz, weil sie verdächtige Geräusche im dunklen Wald gehört hatten, doch ob es Tiere oder Indianer waren, sollten sie nie erfahren. Sobald die Geräusche verklungen waren, gingen sie weiter. Die Sonne spitzelte bereits durch die Blätter des inzwischen lichter werdenden Waldes, als sie ein halbverfallenes, kleines Häuschen fanden. Peter kannte es von seinen vielen Streifzügen über die Insel, wusste jedoch nicht, wem es gehörte. Falls er es einmal gewusst hatte, so erinnerte er sich längst nicht mehr daran. Hook jedoch beschloss, dass es gut genug für sie war und sie gingen hinein. In der Hütte gab es ein schmales Bett, ein kleines Tischchen und zwei Stühle. Ein kleiner Schrank stand in der Ecke, in dessen Innerem sich ein Eichhörnchen eingenistet hatte. Als das Eichhörnchen Peter und Hook in die Hüte kommen sah, schimpfte es eingeschnappt und rannte in den Wald hinaus. „Setz dich hin“, befahl Hook. Zum ersten Mal bemerkte Peter, wie erschöpft auch der Pirat war und kam der Aufforderung nach. Alleine schon, weil er kaum noch in der Lage war, stehen zu bleiben. Sobald sein Po den Stuhl berührt hatte, kniete sich Hook vor ihn und schob sein Hosenbein hoch. Mit unergründlichem Blick besah er sich Peters Knöchel, dann drehte und wand er den Fuß vorsichtig mit einer Hand hin und her, Peters schmerzerfülltes Gesicht dabei betrachtend. „Das Gute ist, dein Knöchel ist nur gestaucht. Das Schlechte, du wirst eine Weile noch Schmerzen haben und darfst ihn nur leicht belasten.“ „Meine Wunden heilen schnell“, meinte Peter. „Mag sein, aber auch nicht schneller als bei anderen. Was ist mit deinen Händen?“, wollte Hook wissen. „Was soll damit sein?“, erwiderte Pan, der seine Hände schnell zu Fäusten geballt hatte, damit Hook die Schnitte nicht sah. Aber es war zu spät, Hook langte nach ihnen und schaute sich die Schnitte an, welche jedoch nicht so schlimm schienen. „Ein Stein?“, fragte er. „Und wenn?“, die Entgegnung. „Du wolltest abhauen.“ „So ist das Spiel. Du fängst mich, ich fliehe, du jagst mich.“ Hook blickte ihn einfach nur an. Die Vergissmeinnicht blauen Augen suchten in seinen und Peter fühlte sich merkwürdig entblößt. „Was?“, wollte er wissen, als er es keine Sekunde länger ertrug. „Du machst mich wahnsinnig“, sagte Hook und stand auf. Peter legte sich gerade seine nächsten Worte zurecht, als Hook ihn auf den Arm nahm. „Hey! Was soll das? Lass mich runter!“ „Du bist manchmal so zänkisch wie ein Weib“, meinte der Kapitän lediglich trocken und legte Peter auf das schmale Bett. „Wir bleiben die nächsten Stunden hier und schlafen. Die Indianer dürften wir abgehängt haben. Wenn die Sonne hoch am Himmel steht, versuchen wir, zur Westseite hinüber zu gelangen. Von dort wird der Aufstieg zwar schwerer werden, aber die Indianer dürften dieses Gebiet nicht betreten.“ „Wer sagt dir, dass ich dann noch da bin?“ „Ich.“ Demonstrativ quetsche sich Hook zu Peter auf die Liege. Sein großer, starker Körper klemmte Peter zwischen sich und der Wand ein. „Wenn du aufstehen solltest, werde ich das bemerken.“ „Ich habe Durst“, sagte Peter, dem die ganze Situation gegen den Strich ging. „Wirklich?“, verhöhnte Hook ihn. „Warst du nicht der Junge, der meine Männer gegen sich aufgebracht hat, weil er sich Essen herbeigezaubert hat?“ Augenblicklich errötete Peter aufgrund seiner Fahrlässigkeit. „So kann ich das nicht, ich brauche Platz. Lass mich aufstehen.“ Seufzend setzte sich Hook nochmals auf. Als Peter Platz hatte, tat er es Hook gleich, schloss die Augen, stellte sich einen Krug frischen klaren Wassers vor. Nachdem sich der Krug in seinen Händen kristallisiert hatte, öffnete er die Augen und trank bis sich seine Kehle nicht mehr trocken anfühlte. Hook schaute ihn an und unwillkürlich drückte Peter ihm das restliche Wasser in die Hand. Nun stillte auch der Kapitän seinen Durst. Peter selbst legte sich wieder hin. Er war so erschöpft. So hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt. Toben und spielen kam einfach nicht an die Erschöpfung eines Kampfes und einer Hetzjagd heran. Insbesondere, wenn man unfähig war zu fliegen. Seine Lider waren bereits zugefallen, als Hook sich erneut an ihn drängte. Die Wärme des Körpers schwappte auf Peter über und er fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Stunden später wurde er wach, weil ihm heiß war. Ein paar Mal blinzelte er, ehe er begriff, wo er war und warum er sich so eingekeilt fühlte. Die Wand vor der Nase, versuchte er Hooks Arm von sich zu schieben, der schwer auf seiner Taille lag, aber der Kapitän grunzte nur im Schlaf und drängte sich noch enger an Peter heran. Peter seufzte auf, doch dann bemerkte er etwas, das ihn irritierte. Hart und fest presste es sich an seinen Po. Ja, Peter wusste, was es war, denn er hatte es schon zwei Mal gespürt, doch die Heftigkeit, mit der sein Körper reagierte, war ihm neu. Kribbeln breitete sich von der Stelle aus, die Hook so intim berührte, wanderte weiter, bis auch Peters Körper reagierte. Röte ließ seine Wangen glühen und dennoch… Peters Neugier war geweckt. Ob sich der harte Schaft in seinen Händen ebenso prall anfühlen würde, wie er es an seinem Po tat? Da er sich nicht umdrehen konnte, ließ er einfach seine Hand nach hinten zwischen sich und Hook wandern. Als er mit den Fingerspitzen an Hooks Hosenbund gelangte, zögerte er, aber hatte Peter sich jemals vor einer Herausforderung gescheut? Entschlossen schob er seine Hand in die Hose hinein und bekam warme Haut zu spüren. Sein Herz raste. Irgendwie hatte er das Gefühl, etwas Verbotenes zu machen und gleichzeitig war es auch so aufregend. Hook schmatze im Schlaf. Eine Sekunde dachte Peter, sein Herz würde stehen bleiben, weil er befürchtete, dass der Kapitän wach wurde. Jedoch irrte er. Der Pirat drehte sich lediglich auf den Rücken. Augenblicklich nutzte Peter die Gelegenheit, um sich selbst bequemer hinzusetzen. Nun hatte er einen guten Blick auf den Mann. Schlafend sah Hook sehr friedlich aus. Die Versuchung lockte ihn und für den Moment gab Peter nach. Er knöpfte Hooks Hemd auf. Legte die muskulöse Brust frei, welche er bereits einmal bewundert hatte. Mit zittrigen Händen streichelte er über den Oberkörper. Das dichte Brusthaar kitzelte ihn. Hooks Bauch war flach und Peter sah die feine Spur Haar, die unter seinem Hosenbund verschwand. Ob er sich wirklich trauen konnte, endlich nachzusehen, wohin es führte? Fast hätte er sich schuldig gefühlt, als er den Knopf der Hose öffnete, doch dann fiel ihm ein, wo Hook ihn schon überall berührt hatte und dachte, dass die Regeln dieses Spiels wohl für sie beide galten. Nach dem ersten Knopf folgte der zweite. Hooks Schlaf wurde unruhiger und Peter hielt kurz inne, bis der Kapitän wieder still dalag. Nur weil die Spielregeln die gleichen waren, hieß dies nicht, dass Peter bei seiner Erkundung erwischt werden wollte. Der dritte und letzte Knopf fiel seiner Neugier zum Opfer. Pochenden Herzens starrte er auf die Ausbeulung der Unterbegleitung, die Hook trug. Zweifel wurden abermals in ihm wach, aber er drängte sie zurück, er wollte sehen, was Hook vor ihm verbarg. Langsam schob er den letzten Rest störenden Stoffes hinunter. Peter war erstaunt! Hooks Glied war hart, dick und groß. So einen großen Penis hatte Peter nie zuvor gesehen. Er legte seinen Kopf schief, während er ihn betrachtete. Das Rätsel, wohin der Pfad feinen Haares führte, war gelüftete. Es umschmeichelte Hooks Genital und Peter fand es faszinierend. Erwachsene Männer unterschieden sich in gewissen Punkten von Jungen und Heranwachsenden. Die Frage, ob sich der Schaft in seinen Händen so prall anfühlen würde, wie er aussah, tauchte abermals in ihm auf. Er zögerte nicht, als er mit seiner Hand danach langte und seine Finger darum schloss. Ein Seufzen, das eigentlich mehr einem Keuchen gleichkam, entrang sich seiner Kehle. Peter wurde nicht enttäuscht. Es fühlte sich toll an. Wie von selbst bewegte sich seine Hand an dem Glied auf und ab. Ganz in sein Tun vertieft, erschrak er, als sich Hooks Hand auf seine legte. „Was tust du da?“, fragte Hook mit tiefer, rauer Stimme und Peters Herz stolperte vor Schreck, ertappt worden zu sein. Fortsetzung folgt… Kapitel 20: Kapitel 20 ---------------------- „Was tust du da?“, fragte Hook mit tiefer, rauer Stimme und Peters Herz stolperte vor Schreck, ertappt worden zu sein. Sein Gesicht brannte vor Scham. Automatisch wollte er seine Hand zurückziehen, doch Hook hielt sie an Ort und Stelle. „Also?“, hakte der Kapitän nach. „Ich…“, stammelte Peter, „ich…“ Die Röte ließ sein ganzes Gesicht glühen. Beschämt blickte er zu Boden. Erst Hooks kehliges Lachen brachte Peter dazu, wieder aufzusehen. Die Augen des Piraten funkelten ihn ebenso amüsiert wie hungrig an. Erleichtert seufzte Peter auf. Der Pirat war nicht verärgert über sein Verhalten. „Lass mich raten“, meinte Hook. „Du bist heute Morgen aufgewacht, hast meine Latte an deinem Hintern gefühlt und wurdest von Neugier gepackt?“ „Woher weißt du das?“ Peter war absolut verblüfft. Mit großen Augen schaute er Hook an. „Du bist jetzt in dem richtigen Alter für diese Art Neugier.“ Peter verkniff sich jeglichen Kommentar seines Alters betreffend. Sollte Hook doch weiter glauben, dass er älter geworden war; solange er wusste, dass der Pirat sich irrte, war dies in Ordnung. Außerdem hatte er keinerlei Lust, am frühen Morgen über derlei Dinge zu diskutieren. Ihm war es jetzt wichtiger, seine Hand wieder zu bekommen, die noch immer gefangen auf Hooks Glied lag. Abermals versuchte er, seine Hand zurückzuziehen und abermals stoppte ihn der Kapitän. „Ah, ich glaube, du bist einem Irrtum aufgelegen, Pan. Dieses Spiel hier gehört zu jenen, die man, einmal begonnen, zu Ende spielen muss.“ „Von so einem Spiel habe ich noch nie gehört“, sagte Peter, der ein Meister darin war, Spiele zu unterbrechen, sobald sie ihn langweilten. Wenn er mit den verlorenen Jungen Verstecken spielte und die Lust verlor, dann flog er oft einfach davon, ohne die Jungen zu informieren. Ihm war es dann sogar egal, dass sie ihn noch stundenlang suchten. Aber am Abend, wenn er dann in ihr Versteck zurückkehrte, mochte er es, wenn sie ihn für sein Talent zum Verstecken lobten. „Dann lass mich dich in die Regeln dieses ganz besonderen Spieles einweihen“, lächelte Hook ihn sanft an. „Wenn“, meinte der Kapitän und begann, Peters Hand vorsichtig auf und ab zu bewegen, „du einen Mann an dieser Stelle berührst, dann reagiert sein Körper. Sein Glied wird hart und steif, so wie meines.“ Peter nickte zustimmend. Soweit begriff er es, soweit sah er es. In seinem Unterleib loderte ein Feuer, sodass er am liebsten seine Hose geöffnet hätte, nur um der Hitze zu entkommen. Er wusste nicht genau, was es war, der eindringliche Blick von Hook, seine Hand, die über die samtige Haut rieb oder die lockende Stimme, mit welcher Hook sprach, aber es erregte ihn. „Und ist es soweit“, keuchte Hook, dessen Atem immer schneller ging, „dann musst du es auch zu Ende bringen.“ „Aber was passiert dann?“, fragte Peter, der den Sinn darin nicht fand. „Dann erreicht die Lust ihren Höhepunkt.“ „Ist das Lust, was ich fühle?“ „Komm her“, sagte Hook und sein Blick zog Peter derart an, dass er ohne zu fragen der Aufforderung nachkam. Hooks Hand, die die seine losgelassen hatte, griff an seinen Hinterkopf und zog Peter in einen tiefen Kuss. „Willst du, dass ich dich berühre?“, wollte er heiser von ihm wissen, kaum dass er Peter nach Luft schnappend losließ. „Ja“, keuchte Peter. Sein ganzer Körper glühte und brannte. Er begehrte etwas, das er nicht benennen konnte. War es dieser ‚Höhepunkt‘, den er so herbeisehnte? „Zieh dich aus!“ Obwohl als Befehl gesprochen, klang Hooks Stimme mehr wie ein Flehen. Dieses Spiel wurde immer interessanter. Zuerst wollte Peter sein Hemd öffnen, doch Hook griff nach dem Bund seiner Hose. Er versuchte, mit einer Hand das Seil zu lösen, das die Hose über Peters schmaler Hüfte zusammenhielt, als es ihm aber nicht gelang, half Peter nach. Ein Stöhnen entwich Hook, als er Peter sah. Verwundert blickte dieser ihn an. Der Pirat war über den Anblick ebenso entzückt, wie es Peter zuvor bei Hooks Glied gewesen war. Fast ehrfürchtig umschloss Hook Peters Glied. Beinahe wäre Peter zurückgezuckt, denn die Hitze von Hooks Hand war unerträglich, aber er wollte unbedingt wissen, was dieser ‚Höhepunkt‘ war. Von Hook dort gestreichelt zu werden fühlte sich noch besser an, als Hook zu berühren. Peters Lider flatterten und er schloss seine Augen, während er neben dem Piraten kniete, der ihn so intim berührte. Unwillkürlich bewegten sich seine Hüften der liebkosenden Hand entgegen und sein Denken versiegte vollkommen. Peter spürte nur noch. Die Laute, die seiner Kehle entschlüpften, registrierte er nicht. Ihn beherrschte das Feuer in seinem Unterleib vollends. Es wurde heißer und Peter merkte, wie sich etwas Großes, Mächtiges in ihm zusammen braute, doch dann plötzlich war Hooks Hand weg. Verwirrt öffnete er seine Lider ein Stückchen. Hook war vor ihn gerutscht. „Was?“, fragte er nach, doch dann sah er schon, wie Hook sich vorbeugte und sein Glied in den Mund nahm. Das Gefühl überwältigte ihn! Den Kopf in den Nacken geworfen, einen lauten Schrei auf seinen Lippen, kam er zum Orgasmus. Peter brauchte ein paar Minuten, ehe der neblige Zustand nachließ. Sein Körper bebte und eine befriedigte Mattheit machte sich in ihm breit. Er sah Hook an, dessen Vergissmeinnichtblaue Augen viel dunkler wirkten, fast wie eine stürmische See. „War das ein Höhepunkt?“ „Ja“, sagte Hook und Peter sah, wie er eine Art Flüssigkeit von seinen Lippen wischte. Auch ohne nachzufragen realisierte er, dass diese aus ihm herausgekommen war. Im Begriff, Hook danach zu fragen, sah er, dass Hooks Glied noch immer prall zwischen seinen Schenkeln lag. Scheinbar war nur er seiner Lust erlegen. „Hattest du keinen Höhepunkt?“ „Nein.“ „Warum?“ „Weil ‚er‘ noch ein bisschen berührt werden möchte.“ Ohne zu zögern langte Peter erneut nach Hooks Schaft. Seine Hand glitt rhythmisch an ihm entlang. Hook zeigte ihm, wie er es machen sollte, zeigte ihm, was ihm gefiel und Peter lernte gerne. Er war ganz fasziniert von seinem Tun. Erneut kribbelte es in ihm. Hooks Brustkorb hob und senkte sich immer schneller. Seine Augen fielen zu und seine Hand verschwand von Peters. Anhand dieser Reaktion wusste Peter, dass er das, was er tat, auch richtig machte. „Schneller“, bat Hook und Peter folgte. Seine Hand rieb immer schneller und schneller an Hooks Glied, bis dieser vollkommen erstarrte, sein Mund zu einem stummen Schrei verzogen. Zuckend kam er in Peters Hand. Voll Verwunderung starrte Peter auf das Sekret an seiner Hand. So etwas hatte er noch nie gesehen, doch bevor er es weiter inspizieren konnte, wischte Hook es mit seinem Hemd ab. „Kannst du uns Wasser herbei zaubern?“ „Ja“, antwortete Peter leicht verwirrt. Als der Krug vor ihnen stand, riss Hook den Ärmel seines Hemdes ab, benetzte ihn mit Wasser und begann Peters Körper zu reinigen. Unter den sanften Berührungen schwoll Peters Glied erneut an. Er wimmerte leicht, da eine neuerliche Lust durch ihn hindurch schwappte. „Beim Allmächtigen…“, seufzte Hook und nahm seine Hand von Peter weg. „Was ist?“ „Ich vergaß, wie potent junge Männer deines Alters sind.“ „Sind das Männer deines Alters nicht?“, hakte Peter nach und sah seinerseits nun zu, wie Hook sich ebenfalls von den Spuren seiner Lust reinigte. „Wir“, räusperte sich Hook, „brauchen einfach ein wenig länger, um wieder erigiert zu werden.“ „Ist das nicht hinderlich, bei so einem Spiel?“ „Peter“, sagte Hook da ernst, „du weißt doch, dass dies kein wirkliches Spiel ist, oder?“ „Aber was ist es dann?“, wollte Peter wissen, doch er ahnte bereits, dass es damit zu tun hatte, was zwischen Hook und ihm an Bord der Jolly Roger geschehen war. Damit, wie sie sich näher gekommen waren. Wie mit ihrem Hass aufeinander eine Änderung vonstattengegangen war. „Was wir gerade getan haben, Peter, das machen Menschen miteinander, die eine ganz besondere Verbindung teilen. Die einander zugetan sind.“ „Was heißt das? Einander zugetan?“ „Die sich verlieben.“ Peter fühlte sich, als hätte man ihn geschlagen. Als hätte Hook seine Hand gegen ihn erhoben und ihm eine Ohrfeige verpasst. Es war doch der Kapitän, welcher gesagt hatte, dass Erwachsene sich verliebten, heirateten und Kinder bekamen. Wenn das, was ihn mit dem Piraten verband, tatsächlich Liebe war, würde dies nicht bedeuten, er wurde erwachsen? Aber er war der Pan! Er war Peter Pan! Niemals wollte er erwachsen werden. Erwachsene waren phantasielos, sie waren ernst, sie verrieten ihre Kinder, so wie es seine Mutter getan hatte. Nein, das wollte er nicht! Auf keinen Fall! Er schnappte sich sein Hemd, stieg aus dem Bett und zog sich an, während er zur Tür hinkte. Sofort kam Hook ihm hinterher. „Was soll das, Junge?“ „Ich gehe!“ „Das lasse ich nicht zu, du gehörst mir!“ „Nein“, sagte Peter mit ungewohnt harter Stimme, „ich gehöre nur mir.“ „Was ist los mit dir? Erschrickt es dich so, dass du etwas für mich empfinden könntest?“ „Was, außer Hass, könnte ich dir schon entgegen bringen?“, höhnte Peter, der sich innerlich nur halb so stark fühlte, wie er äußerlich wirkte. Hook lachte kurz und bitter auf. „Du magst zwar inzwischen wie ein 16.- oder 17.-Jähriger wirken, innerlich bist du aber noch genauso stur und unreif wie bisher. Von Gefühlen verstehst du überhaupt nichts. Was für ein Narr war ich, dass ich glaubte, dir würde das Älter werden Verstand schenken.“ „Ein großer und jetzt lass mich gehen.“ „Wahrscheinlich wäre es das Klügste“, meinte Hook, „aber du vergisst, dass ich Pirat genug bin, um dir noch immer das Meerjungfrauengift zu geben.“ Blitzschnell reagierte Peter, riss die Tür auf und rannte, doch bereits nach wenigen Metern war der Schmerz in seinem verstauchten Knöchel so schlimm, dass Hook ihn einholte. Peter zeterte und schimpfte, doch Hook beachtete es nicht, schleppte ihn zurück zur Hütte und warf ihn auf die Pritsche. „Du bleibst hier!“, befahl Hook und suchte nach dem Seil, das Peter zuvor als Gürtel gedient hatte. Kaum dass er es gefunden hatte, schnappte Hook nach ihm und drehte ihm die Arme auf den Rücken, wo er sie ungeschickt, da Peter sich weiter wehrte, zusammenband. „Hör auf!“, knurrte Hook und schlug mit seiner Hand auf Peters nackten Po. Der kurze Schmerz ließ diesen zusammenzucken und tatsächlich war er auf einmal ruhig. „Ich werde abhauen, sobald sich mir die Gelegenheit bietet“, sagte Peter. „Ich weiß, aber ich werde dir keine Chance geben.“ „Was erwartest du nur davon?“, begehrte er auf. Hook drehte ihn um, so dass Peter ihm ins Gesicht sehen musste. Die Vergissmeinnichtfarbenen Augen trugen einen beängstigenden Blick, während sie Peter eindringlich von oben bis unten abtasteten. „Eigentlich“, sagte der Kapitän, „wollte ich nur deine Geheimnisse und die von Nimmerland erfahren, aber jetzt will ich mehr. Jetzt will ich dich!“ Mit diesen Worten beugte Hook sich vor und küsste Peter brutal. Fortsetzung folgt… Kapitel 21: Kapitel 21 ---------------------- Fast wie im Wahn küsste er Peter. Seine Zunge plünderte im Mund des Jungen und gönnte ihm keine Pausen. Seine Hände fuhren unter das viel zu große Hemd, welches locker über den schmalen Schultern hing. Fahrig strichen sie über die nackte Haut. Es erregte ihn. Und obwohl er Pan zuvor gegenteiliges gesagt hatte, erwachte sein Körper von neuem. Bei den 7 Weltmeeren, er wollte ihn! Wollte Pan verschlingen! Hook registrierte kaum, wie Pan sich gegen ihn wehrte, denn die Gegenwehr war halbherzig. Mochten Pans Arme auch auf seinen Rücken trommeln, so war es doch sein Unterleib, der sich gegen ihn presste. Aber als die Schläge auf seinen Körper verstummten und der Junge regungslos dalag, sah er auf. Die Lippen von den groben Küssen geschwollen, die Wangen vor Erregung gerötet und mit einem Ausdruck in den Augen, welchen Hook nicht deuten konnte, lag Peter dort. Sofort erwachte in Hook ein Anflug von schlechtem Gewissen. Was hatte er getan? Der Knabe war noch so unschuldig, so unerfahren und er war gerade im Begriff, wie ein wildes Tier über diese Unschuld herzufallen. Seine Wut verpuffte angesichts dessen sofort. „Warum bringst du immer meine miesesten Seiten zum Vorschein?“, fragte Hook ihn. „Vielleicht bemerkst du sie in meiner Nähe nur selbst“, schlug Peter erstaunlich spitzfindig vor. „Was soll das heißen?“ „Schon mal daran gedacht, dass du dich bis zu einem gewissen Punkt in mir reflektierst?“ Überrascht starrte er Pan an. Seit wann war dieser so altklug? „Wie alt bist du wirklich? In welchem Jahr wurdest du geboren? „Warum sollte ich es dir sagen?“, konterte Peter. „Du willst doch meine Geheimnisse mit dem Gift aus mir rausziehen. Dann gedulde dich einfach, bis es soweit ist.“ Erneut glomm Zorn in Hook auf, doch noch hatte er sich im Griff. „Wenn du mir sagst, was ich wissen möchte, brauche ich das Gift nicht.“ „Vergiss es!“ „Ich könnte es mit Gewalt aus dir heraus pressen.“ „Warum dir die Hände schmutzig machen, wenn Gift so viel reinlicher ist?“ „Ich könnte dich foltern.“ „Tue dir keinen Zwang an, mit Schmerz kenne ich mich aus.“ „Ich könnte dich erniedrigen.“ „Noch mehr als bisher?“ „Und wenn…“ Hook zögerte einen Moment, in welchem er seinen Blick über Peters Körper gleiten ließ. Lust durchfloss seinen Körper noch immer. „Wenn ich dich vereinnahme? Wenn ich deinen Körper nehme, in dich dringe und dir eine nie gekannte Erregung schenke? Eine, die dich dazu bringt, meinen Namen zu stöhnen. Die dich um Erfüllung betteln und alle meine Wunsche erfüllen lässt?“ Verschiedenste Ausdrücke huschten sekundenschnell über Peters Gesicht. In seinen wunderschönen, grünen Augen flackerte Unsicherheit auf, die gleich wieder verschwand. Hook wusste, dass Peter versuchte, seine letzten Worte zu begreifen, was angesichts der Tatsache, dass er über Sex nichts wusste, keine leichte Aufgabe war. Als Peter jedoch sprach, da war es, als würde er mit jedem seiner Worte einen Dolch in Hooks Brust jagen. „Das könntest du. Möglicherweise würde ich sogar so reagieren, wie du das willst. Ich weiß es nicht, denn ich verstehe nur im Ansatz, was du damit meinst“, gab Peter unverblümt zu. „Aber würde das nicht die ‚besondere Verbindung‘, von der zu sprachst, zerstören? Würde es das, was an Bord deines Schiffes mit uns geschah, zerstören?“ Hook hasste es, wenn Peter im Recht war. Dieser Junge überraschte ihn immer wieder. Was war nur in den letzten Tagen alles geschehen? Er hatte Peter auf eine sture, starrköpfige Art kennengelernt, von einer verführerischen, einer sinnlichen Seite und nun stellte er fest, dass Pan manches Mal auch tiefgründige Gedanken in sich trug. In all den Jahren, war Pan ihm stets als vorlauter, unerzogener Bengel mit der Konzentrationsspannweite einer Fee vorgekommen. Und von Feen war es allgemein bekannt, dass sie nicht sonderlich klug waren, denn Feenkörper waren so klein, dass immer nur ein Gedanke oder ein Gefühl darin Platz hatte. Peter war ihm stets ebenso, nun, nennen wir es dümmlich, vorgekommen. Wobei der ein oder andere Schachzug Pans von Raffinesse gezeugt, Hook aber stets auf Glück zurückgeführt hatte. „Dein Geist passt sich allmählich deinem neuen Körper an“, sagte Hook und ließ von Peter ab. Ihm war ganz merkwürdig zumute. Nicht, weil die Lust in seinem Körper nur ganz langsam nachließ, sondern weil Pan einen Punkt in seinem Herzen berührt hatte. Fast sofort spürte er die scharfe, metallene Klinge wieder, die ihn durchbohrt hatte. Die Vergangenheit hatte ihn wieder. Schmerz erfüllte ihn, verdrängte die Erregung vollkommen und für einen Moment sah er die unschöne Szene, wie er zu seiner Narbe gekommen war, vor seinem inneren Auge. Unwillkürlich langte er auf seine Brust. Hielt sie, als wollte er die Blutung stoppen und den Verrat, der ihm angetan worden war, verkraften. Erst als Pan sich hinter ihm bewegte, erwachte er aus diesem Zustand. Fast als würde Hook sich schämen, zog er seine Hand zurück und stand auf. Seine Augen ruhten auf Peter, der unsicher auf der Pritsche saß. „Was hast du jetzt mit mir vor?“ „Was wohl?“, meinte er schroff. „Wir gehen zur Piratenhöhle, dort gebe ich dir das Gift und dann nehme ich dich wieder mit an Bord meines Schiffes.“ „Warum? Wenn du meine Geheimnisse kennst, kannst du mich doch laufen lassen.“ „Du hörst nicht zu, Peter.“ Hook lächelte, offenbar hatte Peter wieder zu seinem weniger klugen Ich zurückgefunden. „Ich sagte doch schon – ich will dich!“ „Erklär es mir“, sagte Peter. „Ich werde dich so lange behalten, bis ich deiner überdrüssig bin. Bis ich deinen Körper nicht mehr begehre und dein Wesen mich langweilt. Aber bis es soweit ist, gehörst du mir!“ „Was ist mit der Verbindung?“, hakte der Junge nach. „Lass uns doch herausfinden, wie weit die Verbindung reicht, sobald wir wieder auf der Jolly Roger sind. Ich bin mir sicher, du wirst ebenfalls deine Freude daran haben.“ Pan sagte nichts mehr. Seine Augen ruhten auf ihn und Hook wurde unruhig. Es war als wollte der Knabe ihn in eine tiefe See ziehen, ähnlich wie es die Meerjungfrauen taten. Er konnte es keine Sekunde mehr ertragen. Abrupt wandte er sich ab und verließ die Hütte. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und Hook wusste, wie dumm es war, Pan auch nur einen Herzschlag lang aus den Augen zu lassen. Wahrscheinlich durchsuchte er die Hütte jetzt schon nach einem Messer, um die Fesseln zu durchschneiden. Aber er konnte nicht mehr. Pan brachte ihn durcheinander, brachte ihn dazu, an seinem Willen zu zweifeln. War er wirklich im Begriff, die zarte, neugewebte Verbindung zwischen ihnen zu zerstören? Mit Sicherheit, doch wollte er sich wirklich… verlieben? Die Narbe auf seiner Brust schmerzte erneut. Nein, Liebe war etwas, das er niemals wieder wollte. Er würde Pan bekommen, so oder so. Nicht sein Herz, aber seinen Körper, doch zuvor galt es, endlich das vermaledeite Gift in die Hand zu bekommen. Grimmig lächelnd betrat er wieder die Hütte. Fortsetzung folgt… Kapitel 22: Kapitel 22 ---------------------- Bäume säumten ihren Weg. Ihr Blätterwerk war so dicht, dass kaum Sonnenlicht hindurch drang. Sollten Vögel in diesem Teil des Nimmerwaldes leben, so schwiegen sie beharrlich. Außer dem aggressiv wirkenden Blätterrauschen war nichts zu hören. Fast wirkte es, als wollten die Bäume sie verscheuchen, als würden sie Hook und ihm zurufen, dass sie verschwinden sollten. Vielleicht taten sie das auch wirklich, doch wenn es so war, verstand weder Kapitän Hook noch Peter ihre Sprache. Seit drei Stunden lief Peter vor Hook immer weiter in den Wald hinein. Zweimal hatte er versucht, fortzulaufen und zweimal hatte Hook ihn eingeholt. Dass Peter keinen weiteren Fluchtversuch unternahm, war seinem verstauchten Knöchel geschuldet. Durch das Rennen war er noch stärker strapaziert worden und schmerzte mehr denn je. Je weiter sie liefen, um so qualvoller wurde es, doch jedes Mal, wenn Peter kurz davor war, seinen Stolz beiseite zu schieben und um eine Rast zu bitten, ordnete Hook selbige an. Einerseits war Peter dafür dankbar, denn schließlich bedeutete dies, dass der Pirat keineswegs vorhatte, ihn zu quälen, andererseits wurmte es Peter, weil er so nicht wirklich sauer auf den Mann blieb. Dass Hook die ganze Strecke schwieg, außer er befahl Peter irgendetwas, gab Peter die Gelegenheit, über allerhand nachzudenken. Gleich am Anfang schon hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, was er überhaupt für den Piraten fühlte. Da war dieser Zwiespalt, dass er Lust unter Hooks Händen empfand und ihn im selben Atemzug dafür verabscheute, weil er ihm noch immer das Gift verabreichen wollte. Aber Peter war weniger wütend deshalb, als mehr zutiefst enttäuscht. Weshalb er allerdings derart enttäuscht war, wusste er nicht. Es war, als hätte Hook ein Versprechen gebrochen, das es niemals gegeben hatte. Eine ganze Stunde lang rätselte er auch, was genau diese Verbindung war, die sich mittlerweile zwischen Hook und ihm entwickelt hatte. Sie hatte etwas körperliches, das wusste Peter und ihm wurde noch immer ganz heiß, wenn er daran dachte, wo und wie der Kapitän ihn liebkost hatte. Die Gefühle, welche ihm entlockt worden waren, waren so unglaublich erregend und aufregend gewesen, dass Peter so gerne noch mehr darüber erfahren hätte. Ob es sich immer so anfühlte, wenn man an diesen Stellen berührt wurde? Oder ging es noch unglaublicher? Hooks süße Drohung, er würde ihm eine nie gekannte Erregung schenken, ließ Peter auf noch mehr hoffen. Doch was hatte Hook damit gemeint, dass er seinen Leib nehmen und in ihn eindringen wollte? An dieser Stelle setzte Peters Vorstellungskraft aus. Seine Gedanken schwirrten wieder zurück zur Jolly Roger und er sah sich in Hooks Kajüte. Die Gefangenschaft, die Demütigung tauchten in seiner Erinnerung auf und auch, wie sie sich zum ersten Mal geküsst hatten. Peter war so geschockt gewesen, dass es erstaunlich war, wie sehr er sich bereits an die fordernden Lippen auf seinen und der geschickten Zunge in seinem Mund gewöhnt hatte. Er mochte es nachwievor sehr, wenn Hook ihn küsste. Wobei er die zärtlichen und neckischen Küsse, den brutalen vorzog. Immer wenn Hook ihn auf diese liebevolleren Arten küsste, spürte Peter diese Verbindung am stärksten. Er fühlte dann, wie sich in seinem Herzen eine Wärme ausbreitete, die ihn vergessen machte, dass Hook sein Feind war. Fast als würde Hook das Vergessen in Peter spüren, tat er kurz darauf wieder etwas, welches Peter mehr als nur überdeutlich daran erinnerte, dass sie Feinde waren. Es war zum Haare raufen! Hook brachte ihn so durcheinander. Peter fühlte, dass er sich in einem inneren Aufruhr befand und dies behagte ihm absolut nicht. Das ganze Denken ermüdete ihn, nahm ihm ein bisschen seine Leichtigkeit und erinnerte ihn daran, dass er nicht länger fliegen konnte. Wenn doch nur Glöckchen hier wäre. Oh wie schön wäre es, wenn ihr glitzernder Feenstaub sein Hemd benetzen würde und er Hook einfach davon fliegen könnte. Leise seufzte Peter auf. Er selbst bemerkte es nicht, doch er seufzte alle paar Meter tief auf. So tief, dass Hook mittlerweile davon genervt war, aber angesichts seiner Mitschuld daran beharrlich schwieg. Selbstverständlich ahnte Peter kein Stück davon, denn wenn, dann hätte er sich nochmals herumgedreht und Hook an sein Schienbein getreten. Sie kamen an einer kleinen Verzweigung an und der Pirat bedeutete ihm, stehen zu bleiben. Widerwillig kam Peter der Aufforderung nach und setzte sich auf den nächsten Holzstumpf. Er beobachtete, wie Hook aus seinem Rock einen Kompass herausnahm, darauf klopfte und die Himmelsrichtung bestimmte. Irritiert runzelte der Kapitän seine Stirn. Offenbar gefiel ihm die Anzeige keineswegs. „Wie kann das sein?“, murmelte er und begann die Prozedur von neuem. Die Falten wurden tiefer. „Komm her!“, befahl er ihm und Peter folgte, wenn auch nur sehr langsam. „Sie dir das an! Die Kompassnadel dreht sich im Kreis. Wie soll ich jetzt den Norden finden?“ Peter verkniff sich jeden Kommentar. Als Seemann sollte Hook auch ohne Kompass in der Lage sein, die Himmelsrichtung zu erkennen. Was Peter allerdings nicht wusste, war, dass Hook dazu die Sterne brauchte. Für Peter selbst war die Orientierung kein Problem. Ein kurzer Blick auf das Moos an den Baumstämmen und er wusste, wo Norden lag. Er überlegte nur, ob er Hook verraten sollte, in welche Richtung sie laufen mussten, denn Peter hatte keine Lust, ihm einen Gefallen zu tun, anderseits war er aber auch auf die Geisterhöhle gespannt. Seine Abenteuerlust kämpfte gegen die Gefahr, tatsächlich das Gift verabreicht zu bekommen. „Wenn ich dir verrate, in welche Richtung wir müssen, was bekomme ich dann?“, fragte Peter und blickte Hook so herablassend an, wie er nur konnte. „Du weißt, wohin wir müssen?“ „Ja.“ „Das ist kein Trick?“ „Du bist doch derjenige mit den Tricks“, konterte Peter. „Ich traue dir nicht.“ „Ich dir auch nicht“, sagte Peter und setzte nach, „und ich habe viel mehr Grund dafür.“ „Was willst du?“ Hook sah ihn unverwandt an. Die Vergissmeinnicht blauen Augen blickten in dunkel an. „Mach mir die Fesseln los.“ Die Hände, nach wie vor auf den Rücken gebunden, taten ihm weh. Ein weiterer Grund, und dieser war wesentlich gewichtiger, er wollte sich eine Hose wünschen. Eine, welche ihm passte. Seit sie die Hütte verlassen hatten, trug Peter nichts weiter als das viel zu weite Hemd des Piraten. Die Hose hatten sie zurücklassen müssen, da sie an Peters schmaler Hüfte ohne das Seil nicht hängen geblieben war. Auch wenn Peter ein kühles Lüftchen ab und an schätze, in der Nähe von Hook, der mit seinem Körper die sonderlichsten Dinge trieb, war es ihm lieber, bekleidet zu sein. Mochte das Hemd auch so tief hinunterreichen, dass Peters Po bedeckt war, so fürchtete er sich doch davor, dass Hook ihn abermals berühren würde und sein Widerstand schmolz. Hook hatte einfach diese Wirkung auf ihn und genau deshalb wünschte er sich die Hose jetzt noch nicht. Wäre schon eine neue Hose da, dann würde Hook ihm schlicht beim Anziehen behilflich sein und der pure Gedanke, Hook würde ihn an Bein oder Po berühren, würde mit seinem gierigen Blick die Knöpfe über seinem Schritt schließen, machte Peter unruhig. Er leugnete es sich selbst gegenüber, doch er wollte schon wieder von dem Pirat berührt werden. So unglaublich das Erlebte vorhin gewesen war, es reichte Peter nicht. Er wollte mehr davon! „Du wirst nicht wegrennen?“ „Und das Abenteuer verpassen, vergiftet zu werden? Nein, niemals“, lächelte Peter höhnisch. Hooks Miene verfinsterte sich. „Wohin soll ich mit meinem Knöchel rennen? Du hast mich schon zweimal eingefangen, ein drittes Mal gönne ich dir nicht“, fauchte Peter. „Wenn das so ist… Dreh dich um.“ Peter tat wie ihm geheißen und dann spürte er Hooks Hände auf seinem Arm. Wärme ließ seine Haut kribbeln. Auch ohne zu sehen, was Hook tat, wusste er, dass der Kapitän ein Messer aus seinem Stiefel zog und das Seil mit selbigem durchtrennte. Als seine Arme frei waren, spürte er, wie das Blut nun besser zirkulierte. Zuerst tat es noch mehr weh, doch dann verblasste der Schmerz und Peter war erleichtert. Ohne auf Hook zu achten, setzte er sich ein paar Meter weiter auf den Waldboden, schloss seine Augen und wünschte sich frische Kleidung. Als er sie öffnete, blickte er sich um, denn im Gegensatz zu Speisen landeten Kleidungsstücke nie direkt vor einem. Sie hingen mehr in Büschen und Bäumen, manchmal auch auf Felsen oder Sandburgen, je nachdem, wo man sich eben gerade befand. Peter fand seine Hose von einem niedrigen Ast herabhängen. Schon besser gelaunt eilte er darauf zu und noch bevor Hook etwas sagen konnte, war er in das Stück Stoff geklettert. Ein Seufzer entrang sich seiner Kehle. Jetzt fühlte er sich sicherer. Sicherer vor Hook und sicherer vor sich selbst. „Was kannst du noch alles zaubern?“, fragte Hook, welcher plötzlich hinter ihm war. „Nichts weiter“, antworte Peter und wollte schon eine neuerliche Distanz zwischen sich und Hook bringen, als Hook ihn auch schon an den Händen packte und mit einem Ruck an den nächsten Baumstamm drückte. „Wirklich?“, fragte Hook und Peters Herz fing an zu klopfen. „Ja, nur Essen, Trinken und Kleidung.“ „Keine Waffen?“ „Nein.“ „Woher habt ihr eure Waffen dann?“ „Selbstgemacht.“ „Und dein Dolch? Er ist aus Metall.“ „Erbeutet“, antworte Peter und schluckte. Wirklich, er wollte es nicht, doch sein Körper reagierte sofort auf Hooks Nähe. Seine Lenden brannten. „Ich glaube dir“, sagte Hook. „Diesmal.“ Abrupt ließ Hook von ihm ab. Erleichtert atmete Peter mehrfach tief ein und aus. Sein Herzschlag wurde wieder langsamer, das Brennen in seiner Lendengegend schwächer. Was für ein Idiot er doch war! Schließlich hatte er geglaubt, Hook würde ihn wieder küssen, so wie immer in letzter Zeit, wenn er wütend auf ihn war. Fast war er enttäuscht, denn selbst ein zorngeladener Kuss des Piraten war besser, als keinen Kuss zu erhalten. Was sollte er nur machen? Irgendwie musste er diese komischen Gefühle für Hook wieder loswerden. „Also?“, fragte der Kapitän. „In welche Richtung müssen wir?“ „Hier entlang“, sagte Peter und schritt voran. Hook folgte ihm, nicht ahnend, dass Peter zwar den korrekten Weg einschlug, jedoch nicht, ohne noch einen kleinen Zwischenstopp einzuplanen. Auch Peter Pan kannte Waffen auf Nimmerland, die einen Krieger in die Knie zwingen konnten und im Moment dachte Peter nur noch an eine bestimmte Blume, die so blau leuchtete, wie das Vergessen selbst. Fortsetzung folgt… Kapitel 23: Kapitel 23 ---------------------- Es war Nacht. Ein Feuer knisterte leise auf einer winzigen Lichtung und die Bäume waren still. Ihr Blätterwerk, das am Tag noch so aggressiv geklungen hatte, war verstummt. Peter saß gegenüber von Hook am Lagerfeuer und blickte auf den Mann, der gerade dabei war, seine Landkarte zu studieren. Es war unnötig, dies wusste Peter, dann Hook hatte keinerlei Ahnung, wo sich befanden und wohin sie noch gehen mussten. Aber Peter vermute zurecht, dass es ein verzweifelter Versuch des Piratenkapitäns war, die Kontrolle über die Situation zu behalten. Zwecklos, wenn man bedachte, dass Peter die Kontrolle bereits vor Stunden mit der Führung ihres Weges übernommen hatte. Mochte der optisch gereifte Pan noch immer wie ein Gefangener wirken, so war dies ein weiter Trug. Das Ende seiner Gefangenschaft war greifbar. Der Ort, an dem sie ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten, war von Peter nicht umsonst gewählt worden. „Ich schlafe jetzt“, sagte Peter über das Feuer hinweg und Hook sah auf. Seine Augen leuchteten durch das Feuer rot und geheimnisvoll. Doch anstatt dass Peter sich davor fürchtete, zog es ihn nur noch mehr an. „Wie du meinst“, antworte Hook, aber der Blick des Piraten ruhte weiterhin auf ihm. Gemächlich stand Peter auf, jede noch so kleine Geste wurde von Hook beobachtet. Hunger blickte ihm entgegen. Innerlich befriedigte ihn der Ausdruck in Hooks Augen, denn es gab ihm die Genugtuung, dass Hook ihn ebenso sehr wollte wie er ihn. Für einen Wimpernschlag überlegte Peter, ob er zu dem Mann hinübergehen und ihm den Kuss rauben sollte, den er ihm seit den Mittagsstunden schuldete, doch er entschied sich dagegen. Es war seinem Plan nicht zuträglich. Stattdessen legte Peter sich zwei Meter weiter wieder auf den Boden, den Rücken Hook zugewandt, und tat so, als würde er schlafen. In diesem Moment begann das Warten. Fast wäre Peter tatsächlich eingeschlafen, ehe Hook sich ebenfalls niederlegte. Das Feuer loderte noch immer heiß und wärmte seinen Rücken, doch vielleicht bildete er es sich auch nur ein und es waren Hooks glühende Blicke, die ihn innerlich erwärmten. Irgendwann hörte er jedoch über das Knistern des Lagerfeuers hinweg ein leises Schnarchen. Hook schlief. Peter wurde augenblicklich hellwach. Das Abenteuer rief ihn. Geräuschlos wie ein Schatten stand er auf und schlich sich durch den dunklen Wald. Er musste nicht viel laufen, um an sein Ziel zu gelangen, denn die blauen Blumen wuchsen ganz in der Nähe. Peter hatte großes Glück, denn die Blumen blühten zwar ewiglich, doch zeigten sie sich nur in Vollmondnächten. Er war vielleicht 10 Minuten unterwegs, als er den ersten bläulichen Schimmer durch die Bäume registrierte. Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde breiter. Ein paar Meter später stand er vor dem faszinierenden Gewächs. Hätte Peter sich mit Blumen ausgekannt, dann hätte er gewusst, dass diese Blume in ihrer Optik einer Orchidee am stärksten ähnelte. Ihr kraftvolles Blau, in dem sie leuchtete, hatte sie schon vor so langer Zeit erhalten, dass das älteste Geschöpf in Nimmerland, ja das Nimmerland selbst sich kaum noch daran erinnerte, wie es dazu gekommen war. Doch tief in dem Wurzelwerk der Bäume, da schlummerte das Wissen, dass die Blume durch die Tränen einer Fee blau gefärbt worden waren. Wann immer ein magisches Wesen, das rein und edel war, weinte, dann legte sich ein Teil seiner Magie in die Tränen. Und einst war eine junge, schöne Fee hier gewesen, deren Herz vor Liebe schmerzte. Sie war so unglücklich und traurig, dass der Feenmann, den sie liebte, einer anderen das Herz geschenkt hatte, dass sie sich im düsteren Wald verirrte. Müde und erschöpft, mit Flügeln, die ihr wie das Herz in der Brust zur Last geworden waren, hatte sie sich auf einer Blume niedergelassen. Zuerst hatte sie nur geschnieft, doch schon kurz darauf war sie in Tränen ausgebrochen. Sie weinte stundenlang und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass sie den Mann, der ihr das Herzchen gebrochen hatte, doch vergessen könnte. So kam es, dass ihr inniger Wunsch sich mit ihren Tränen verband und die Blume blau färbte und mit einer ganz besonderen Magie versah. Natürlich wusste Peter hier von nichts. Hätte es, da es sich um Magie der Liebe drehte, wahrscheinlich auch kein Stück begriffen, denn Peter hatte noch nie geliebt. Zu sagen, dass sein Herz niemals auch nur den zarten Hauch der Liebe zu spüren kam, wäre jedoch falsch gewesen, denn Liebe gab es in so vielen verschiedenen Arten. Da war die Liebe einer Mutter, welche um ihr verlorenes Kind trauerte und den Schmerz erst mit der Geburt ihres Zweitgeborenen linderte, obgleich sie ihren Sohn Peter niemals vergessen sollte, auch wenn das Fenster für ihn geschlossen war. Dann gab es die Liebe von Brüdern. Vielen Brüdern, die mit dem Wind kamen und gingen. Und nun, fast unbemerkt, schlich sich eine neue Liebe an Peter heran. Noch begriff sein Herz nicht, worum es sich handelte, denn Peter war gut darin, alles, was ihm unbekannt war, zu verdrängen. Sein Körper jedoch hatte längst begriffen… Peter stand direkt vor dem Blumenmeer. Seine rechte Hand wanderte etliche Zentimeter über den Blumen hin und her. Die Augen geschlossen versuchte er, jene zu erfühlen, die für sein Vorhaben am ehesten geeignet war, denn auch wenn die Blumen „Die Blumen des Vergessens“ genannt wurden, hatte nicht jede von ihnen die gleiche Eigenschaft. Jede dieser wunderschönen Blumen stand für ein gebrochenes Feenherz, für einen Wunsch aus tiefster Verzweiflung. Ihre Unterschiedlichkeit war ein Grund, weshalb kaum ein Mensch jemals eine der Blumen gepflückt hatte. So manches Mal hatte der verborgende Zauber sich ins Gegenteil verkehrt, wenn die Blume nicht mit dem Herzen gewählt worden war. Bei Peter jedoch war es anders. Er suchte nach der Blume, die ihm im Bezug auf Hook helfen würde. Er dachte nicht daran, dass die Blume schwächen oder stärken sollte, nicht daran, dass sie Vergebung oder Vergessen bringen sollte, Peter suchte lediglich nach Hilfe. Einen Meter am Blumenfeld entlang gelaufen, blieb Peter plötzlich stehen. In seiner Handfläche fühlte er Wärme aufkommen. Langsam öffnete er die Lider und sah eine kleine, zarte Blume unter seiner Hand leuchten. Obwohl sie so jung und zerbrechlich wirkte, leuchte ihr Blau am intensivsten. In ihr lag eine besonders starke Magie verborgen. Lächelnd beute sich Peter herab und bedankte sich bei der Blume für ihre Unterstützung, ehe er sie abpflückte. Die Zauberkraft der schönen Pflanze kribbelte durch seine Finger und nun erst wurde Peter bewusst, dass er keinerlei Ahnung hatte, wie diese Kraft entfalten konnte. Doch darüber, so beschloss er, könne er sich noch Gedanken machen, sobald er zum Lager zurückgekehrt war. Verträumt, da die leuchtende Blume seine Aufmerksamkeit fesselte, lief Peter den Pfad, welchen er gekommen war, zurück. Weit kam er jedoch nicht. Hook trat hinter einem der Bäume hervor. „Wo warst du?“ Hooks Stimme klang wie ein Donnergrollen. „Spazieren“, antworte Peter keck, der sich von dem Kapitän nicht einschüchtern ließ und wollte sich an dem Piraten vorbeischieben, als dieser ihm den Weg blockierte. „Spazieren? Mit deinem verstauchten Knöchel? Wo du den ganzen Tag unterwegs warst und zum Schluss kaum noch einen Fuß vor den anderen gebracht hast?“ „Mir war danach“, antwortete Peter stur und versuchte abermals, seinen Weg fortzusetzen. Doch wie zuvor stellte Hook sich ihm in den Weg. „Was heckst du aus? Sind deine verlorenen Jungs hier? Wolltest du abhauen?“ „Würde ich dann zurücklaufen?“, stellte Peter die Gegenfrage. Hooks Blick blieb unversöhnlich. Laut seufzte Peter auf. „Sieh doch, ich habe nur eine Blume gepflückt.“ Mit einer Miene, so unschuldig, wie Peter nur konnte, hielt er dem Piraten die blaue Blume vor die Nase. „Was soll das?“ „Nichts, ich zeige dir nur, was ich gerade getan habe.“ „Denkst du, mich interessiert das Grünzeug?“, knurrte Hook und schlug Peters Hand weg, woraufhin dieser die Blume fallen ließ. Im Begriff sich danach zu bücken, fasste Hook nach seinem Kinn und zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen. Gier und Zorn standen gleichermaßen darin. „Du verführst mich mit jeder deiner Gesten. Lockst mich, deinem Ruf zu folgen und wenn ich glaube, deiner habhaft zu werden, entwindest du dich mir“, warf Hook ihm vor. „Heute Mittag erst hast du mir dies unschuldige Geschenk gemacht und nur wenige Minuten später hast du mich gebissen wie ein tollwütiger Köter!“ „Was willst du von mir?“, wollte Peter genervt wissen. Diese verschlungenen Sätze über Dinge, die ihm unbekannt waren, raubten ihm seine letzte Geduld. „Deinen Körper!“ „Meinen Körper?“ „Lass mich zu Ende bringen, was wir begonnen haben!“ Peters Körper bebte. Wieder waren es Hooks Worte, die ihm sinnliche Freunden versprachen, dass ihm ganz heiß wurde. Sein Herzschlag beschleunigte sich, sein Atem ging schneller. „Du hast mich verraten“, sagte Peter und dachte daran, dass es doch Hook war, der ihn verführte und dann mit dem Gift bedrohte. „Weshalb sollte ich dir geben, was du willst?“ „Weil es das ist, was du auch möchtest“, stieß Hook rau aus, nur um sich dann auf Peters willige Lippen zu stürzen. Hitzig küssten sie sich, während Hook fahrig an Peters Kleidung zerrte, um die zarte Haut darunter freizulegen. Er drängte Peter nieder, bis dieser auf dem Waldboden zu liegen kam, Hook auf ihm. Peter wehrte sich nicht gegen die Behandlung, im Gegenteil, er küsste Hook ebenso leidenschaftlich und ausgehungert zurück. So entging beiden, dass die längst vergessene Blume strahlendhell aufleuchtete, fast so, als wäre sie ein Stern am Abendhimmel. Der Zauber, welcher in ihr geruht hatte, breitete sich aus und als die Magie die Blume verließ, färbten sich ihre Blütenblätter rot, ehe die Blume zu silbrigem Staub zerfiel. Die Magie war verschwunden. Etwas an dem Kuss änderte sich. Irritiert löste sich Peter von Hook. Verwundert sah er den Kapitän an. Wohin war die Leidenschaft verschwunden? Und weshalb? „Was ist passiert?“, fragte Hook ihn. „Du hast mich geküsst“, antworte Peter verdutzt. Was war mit dem Mann los, der vor wenigen Sekunden noch so heißblütig war? „Ihr seid ein Knabe!“, die entrüstete Entgegnung. „Und? Bisher hat dich das auch nicht gestört.“ Ohne ein weiteres Wort, aber mit Ablehnung in den Augen stand Hook auf. Er überließ es Peter selbst aufzustehen. Im Kreis drehend sah sich Hook um. Die Augen groß vor Verwunderung. „Wo bin ich hier?“ „In Nimmerland“, sagte Peter, dem nun dämmerte, dass die magische Blume ihre Kräfte entfaltet hatte. „Und wer sind Sie?“ „Ich? Ich bin Peter. Peter Pan.“ „Und wer bin ich?“ Jetzt war es an Peter zu schlucken. Offenbar hatte die Blume nicht ganz genau das getan, was er sich von ihr erhofft hatte. Fortsetzung folgt… Kapitel 24: Kapitel 24 ---------------------- Seit geschlagenen fünf Minuten starrte Peter den Mann vor sich an. Nur dumpf registrierte er, wie die Miene Hooks permanent fragender und ungeduldiger wurde. Was sollte Peter ihm nur sagen? Oder war dies vielleicht eine neue List, die ihn verwirren sollte? Wenn ja, so funktionierte sie einwandfrei. Peter war verwirrt. Oder war es tatsächlich die Blume gewesen? Aber Peter hatte gänzlich anderes mit der Pflanze im Sinn gehabt. Die Blume sollte ihm helfen, Hook zu vergessen, nicht umgekehrt! „Junge“, forderte Hook da, ohne zu bemerken, dass er Peter inzwischen duzte, „sprich mit mir! Da du mich zu kennen scheinst, und sich hier niemand anderer befindet, der meine Fragen beantworten könnte – Sag mir wer ich bin!“ Peter räusperte sich. „Du bist Kapitän James Hook.“ „Hook? Bist du sicher, dass dies mein Name ist? Er ist so wenig vertraut.“ Auf die Frage antworte Peter galant, indem er lediglich seine rechte Braue hob und auf den Haken an Hooks Hand blickte. Hook folgte dem Blick. „Potzblitz! Was ist mit meiner Hand geschehen? Als ich das letzte Mal hinsah war sie noch da.“ Zum Glück war es so dunkel, dass Hook die erröteten Wangen Peters nicht sehen konnte. Der hatte nämlich keine Lust, Hook zu erklären, dass er es gewesen war, welcher dem Kapitän die Hand abgeschlagen hatte. Aber da Peter etwas in Hooks letzter Aussage aufgefallen war, konnte er den Piraten ganz gut ablenken. „Wann hast du denn zuletzt hingesehen?“ „Nun…“, überlegte Hook. „Ich war in London. Mir scheint, als hätte ich noch den Gestank der Themse in der Nase.“ „Erinnerst du dich an mehr?“ Voller Neugier blickte Peter Hook an. Er hatte noch nie etwas über Hooks Vergangenheit erfahren, doch sollte dieser sich gerade daran erinnern? Wenn ja, weshalb dann nicht an seinen Namen? „Mir war kalt“, sprach Hook weiter. „Meine Schulter schmerzte.“ Seine Hand wanderte zu seiner Brust, doch nur Peter wusste, dass sich unter dem Stoff verborgen jene Narbe befand, die Peter vor einer gefühlten Ewigkeit mit seinen Fingern liebkost hatte. „Schwäche steckte in meinen Gliedern, so als hätte ich tagelang nichts gegessen und ich konnte nicht richtig sehen. Ein roter Schleier lag über meinen Augen.“ Die Spannung in Peter wuchs. Diese Geschichte schien interessant zu werden, doch Hook hielt plötzlich inne. „Weshalb erzähle ich dir das überhaupt? Du bist ein Kind, wie könntest du mir helfen. Bring mich zu einem Erwachsenen.“ „In Nimmerland gibt es keine Erwachsenen. Nur dich und mich“, log Peter dreist und bog sich diese kleine Schummelei mit der Tatsache zurecht, dass sich in diesen Teil Nimmerlands tatsächlich kein vernünftiger Mensch wagte. „Du beliebst du scherzen.“ „Nein“, meinte Peter. „Komm mit, ich führe dich zu unserem Lager. Das Feuer müsste noch brennen. Dort kannst du mir sagen, woran du dich erinnerst und ich werde versuchen, deine Lücken zu füllen.“ Ohne auf Hooks Reaktion zu warten, ging Peter voraus. Er wusste, dass der Pirat folgte, denn er hörte die schweren Schritte hinter sich. Der Anflug eines Lächelns huschte für einen Sekundenbruchteil über sein Gesicht, ehe es wieder verschwand. Auch wenn Peter gut geblufft hatte, er war noch immer durcheinander, denn er wusste nicht, was er mit einem Hook ohne Erinnerungen anfangen sollte. Es war unmöglich, den Mann zu seinen Männern an Bord der Jolly Roger zu bringen. Sollten die Piraten erfahren, was mit ihrem Kapitän passiert war, würden sie die verlorenen Jungen unkontrolliert jagen. Hook hatte sie zumindest in Schach gehalten. Daran was geschehen würde, sollte ein anderer Pirat zum Anführer werden, wollte er überhaupt nicht denken. Ein Schauer lief ihm den Rücken hinab, und er drängte die düsteren Gedanken wieder zurück. Am Lager angekommen setzte Peter sich ans wärmende Feuer. Unentschlossen blieb Hook hinter ihm stehen. Erst eine Weile später gesellte der Pirat sich zu ihm, einen gebührenden Abstand einhaltend. „Das soll unser Lager sein? Wo sind die Zelte? Die Pferde?“, maulte Hook auf eine verwöhnte Art, die Peter an dem Kapitän nicht kannte. Hooks Zunge überschlug sich fast, als er nachsetzte: „Wo sind die Diener, der Wein, die Huren?“ „Huren?“, hakte Peter unwillkürlich nach. „Dirnen, Freudenweiber“, sagte Hook und hielt schlagartig inne, während er sich zugleich sein Gegenüber genauer betrachtete und sich Röte auf seinen Wangen ausbreitete. „Wie alt bist du, Bursche? 16, 17 Jahre? In deinem Alter war ich schon ein Fachmann derartiger, fleischlicher Gelüste. Du wirst doch wissen, was das ist? Hat dich dein Vater nicht in eines der Freudenhäuser mitgenommen?“ „Ich habe keinen Vater.“ „Verzeiht“, sagte Hook, sein Gesicht ehrlich bestürzt. „Ich wusste nicht…“ „Schon gut“, meinte Peter, der nicht vermissen konnte, was er nicht kannte. Da Peter aber bemerkte, dass Hooks Bestürzung weiterhin anhielt, wechselte er das Thema. „Erzähl mir von den fleischlichen Gelüsten. Erzählt mir von deiner Vergangenheit. Daran, woran du dich alles erinnerst.“ „Weshalb sollte ich dies tun?“ „Warum nicht?“, die Gegenfrage. „Beantwortest du dann auch meine Fragen?“ „Ich sagte doch, ich werde versuchen, die Lücken in deinem Kopf zu füllen.“ Peter blickte Hook direkt in die Augen. Der Mann vor ihm sah aus wie der Kapitän, der ihn kurz zuvor noch geküsst hatte, aber etwas an ihm war anders. Fast hätte Peter gesagt, dass Hook jünger aussah. So als wäre eine Last von seinen Schultern gefallen und er hätte einen Teil seines Lebens abgestreift, der ihn hatte vorzeitig altern lassen. Peter musste zugeben, dass er sich von diesem Hook ebenso stark angezogen fühlte, wie von dem alten. Doch das, was zwischen ihnen schwang, war so unterschiedlich. Der alte Hook war düster, bedrohlich und die Spannung zwischen ihnen war greifbar gewesen. Am neuen Hook hatte Peter bisher nichts bedrohliches finden können. Seine Augen waren offen und ehrlich, von List und Tücke war darin kein Funke zu erkennen. Die Energie war schwächer, hatte nicht diesen körperlichen Touch und doch fühlte zumindest Peter, dass auch jetzt noch etwas zwischen ihnen schwang. „Zu den Huren“, sagte Hook schmunzelnd, „sollten wir bis zum Schluss unseres Gespräches warten. Wenn du solange nichts darüber wusstest, kommt es auf ein paar Stunden länger auch nicht mehr an. Zumal du mir noch die Erklärung schuldig bist, weshalb du mich küsstest.“ Peter setze gerade an, um Hook über seinen Fehler zu belehren, denn schließlich war der es gewesen, welcher Peter geküsst hatte und nicht umgekehrt, doch dieser unterbrach ihn jäh. „Nein! Wenn du mich ständig unterbrichst und wie eine Frau von Thema zu Thema springst wie die Flöhe von Ratte zu Ratte, kommen wir nie an den Punkt, an dem ich dir meine Fragen stellen darf.“ Gereizt schnalzte Peter mit der Zunge. In einem Punkt waren der alte und neue Hook identisch – sie kommandierten Peter scheinbar gerne. Des lieben Frieden willens lächelte er den Mann vor sich an und schluckte jede noch so freche Entgegnung hinunter. Oh, dieses Abenteuer wurde immer ungeheuerlicher und verlangte eine Menge von ihm. Aber Peter fühlte sich zum ersten Mal seit Tagen in der Lage, es zu überstehen. Wenn der Hook ohne Erinnerungen an Nimmerland kein Interesse verspürte, ihn zu küssen, daran sogar etwas abstoßendes sah und seine Fähigkeiten lieber an Frauen verschwendete, würde er Peter weniger durcheinanderbringen. Die Vorstellung war wundervoll, insbesondere da ihm just einfiel, dass er nun jederzeit gehen und zu seinem Lager zurückkehren konnte. Hook würde ihn kaum aufhalten. Er sah sich schon in ihrem Versteck sitzen, die verlorenen Jungen um ihn herum, wie er ihnen erzählte, wie er den gefährlichen Piratenkapitän zähmte. Wie er ihm mit viel List das Gedächtnis raubte und ihn im unheimlichen Nimmerwald aussetzte. Oh, Peter würde von ihnen wie ein Held verehrt werden. Natürlich würde Peter nicht alles erzählen. Das Hook ihn küsste, ihn berührte, ihn Zuneigung empfinden ließ, nun, dies würde er den verlorenen Jungen verschweigen. Sie würden es nicht begreifen, denn selbst Peter begriff es nicht und er hatte es schließlich erlebt. „Wo soll ich anfangen zu erzählen?“ „Was ist deine älteste Erinnerung?“ Hook schloss seine Lider. Seine Züge waren entspannt, während er sich zurückerinnerte und Peter fand ihn in diesem einen Moment schön. Nicht schön, wie es Frauen waren, sondern auf eine ganz andere, männliche Art. Er blinzelte, um den Gedanken daran zu vertreiben. Woher dieser so plötzlich gekommen war? Und während er gegen die schlagartig aufgekeimte Feststellung kämpfte, tauchte der Wunsch nach dem alten Hook so heftig in ihm auf, dass Peter beinahe aufgesprungen wäre. Gerade so hielt er sich an Ort und Stelle, doch er war erleichtert, dass Hook vor ihm die Augen noch geschlossen hielt. Sein Gesicht hatte das ganze Gefühlswirrwarr deutlich abgezeichnet. Bemüht seine Emotionen wieder unter Kontrolle zu bekommen, war er froh, als Hook seine Augen öffnete und ihn angrinste. „Ich weiß es jetzt! Das erste, woran ich mich erinnere, ist das Getrampel von nackten Kinderfüßen auf knarzenden Holzdielen. Meine Gouvernante rannte mir hinterher, während ich durch das Herrenaus lief, um meinen Vater zu suchen. Mein Vater kam mir entgegen, angelockt von dem Radau, den die kleine Jagd verursachte.“ Hook hielt inne. Seine Augen wurden größer und größer. „Mein Name ist nicht Hook!“, sagte er verblüfft und ein freudiges Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Mein richtiger Name ist James Anthony Malloray. Ich bin der dritte Lord von Hemforth Shire.“ Fortsetzung folgt… Kapitel 25: Kapitel 25 ---------------------- London, viele Jahre zuvor James Anthony Malloray lief mit einem unglaublich geerdeten Gefühl durch die Flintstreet. Seit sehr langer Zeit fühlte er sich gänzlich mit sich und seiner Umwelt im Reinen. Lady Samantha Hiddelston hatte vor einer Woche seinem Werben nachgegeben und seinen Heiratsantrag angekommen. James konnte sein Glück kaum fassen. Lady Samantha war die begehrteste Junggesellin dieser Saison. Obwohl schon 20 Jahre alt, hatte sie jetzt erst ihr Debüt gefeiert und wenngleich sie nach eigener Aussage gefürchtet hatte, als alte Jungfer da zu stehen, so hatte doch ihre Schönheit und ihre charmante Art jegliches Küken in die zweite Reihe verbannt. Schon allein, wenn James an ihre strahlend blauen Augen, die von dichten schwarzen Wimpern umrandet wurden, an das dichte braun gelockte Haar und die vollen, geschwungenen Lippen dachte, wurde ihm ganz warm. Ihr Gesicht war fein und edel geschnitten wie das einer Puppe. Ihr Körper hingegen war mit verlockenden, weiblichen Rundungen gesegnet. Ja, James Anthony Malloray konnte sich wirklich glücklich schätzen, dass dieses Prachtweib eingewilligt hatte, die seine zu werden. Gerade hatte er beim Gouverneur eine Sondergenehmigung beantragt. Sollte seinem Gesuch nachgegeben werden, dann konnte er Lady Samantha bereits in 3 Tagen ehelichen. Sein Vater würde dies mitnichten gut heißen, denn schon aufgrund der Eile würde in den besseren Kreisen das Gerücht herumgehen, dass die junge Dame defloriert, wenn nicht gar geschwängert worden war. Nun, dies war nicht der Fall. Bisher war es James lediglich gelungen, der jungen Dame ein paar Küsse zu rauben, die kaum mehr als unkeusch betitelt werden konnten. Wann immer sein sinnliches Temperament mit ihm durchzugehen drohte, brachte ihn Lady Samantha wieder zur Vernunft. Die wenigen Tage bis zu ihrer Hochzeit würde er noch überstehen können, aber die Vorfreude auf die Hochzeitsnacht brachten ihn, der schon diverse Erfahrungen in den Bordellen der Stadt gemacht hatte, dennoch zum erröten. Nie zuvor hatte er mit einer Frau geschlafen, die er liebte. Die Befriedung seiner sexuellen Triebe kannte er, doch war er sich sicher, dass es etwas Besonderes sein musste, mit der Frau zu schlafen, die er mehr als sein eigenes Leben liebte. So sehr, dass er mit seiner Enterbung rechnen musste. Sein Vater, der derzeitige Duke of Hemforth Shire, war alles andere als angetan von seiner Wahl. Lady Samantha mochte die Eleganz und Schönheit einer Dame der Oberschicht haben, sogar der Titel im Hintergrund stimmte, doch trog dies seinen Vater nicht darüber hinweg, dass Lady Samantha‘s Familie verarmt war. Gerüchte machten die Runde, dass Samantha nur aufgrund eines Kredites ihr Debüt hatte erhalten können. Während seinem Vater Geld wichtig war, war es das für James nicht. Schon sehr früh hatte er gelernt, dass man Glück nicht mit Geld kaufen konnte. Nach dem jungen Tod seiner Mutter, die James über alles geliebt hatte, war er mit seinem Vater und seinen zwei älteren Brüdern alleine gewesen. Die Liebe, die der damals 6.-Jährige gebraucht hatte, hatte er weder von seinen etliche Jahre älteren Brüdern Geoffrey und Arthur, noch von seinem Vater erhalten. Alles was James bekommen hatte, war die Lektion, dass jeder Diener im Haus sich besser um sein eigenes Kind kümmerte, als sein Vater dies tat. Es grenzte an ein Wunder, dass James sein offenes, fröhliches Herz, welches er von seiner Mutter geerbt hatte, bis jetzt zu seinem 23. Lebensjahr beibehalten hatte. James wand sich durch die dicht besuchte Conradstreet, als er den Zweispanner seiner Liebsten entdeckte. Die prachtvolle Kutsche mit dem Familienwappen der Hiddelstons war unverkennbar. Ein freudiges Lächeln huschte über seine Lippen. So wie es für ihn ein positives Ereignis war, wollte er auch sie überraschen. Mit der Vorfreude auf ein baldiges Widersehen ging er zum Kutscher hinüber. Ein paar Kupfermünzen wechselten den Besitzer und schon wusste er, das sich Lady Samantha bei Cutter & Scissors aufhielt. Verwunderung huschte über sein Gesicht, da es sich bei dieser Adresse um einen renommierten Herrenschneider handelte. Kein Ort für eine junge, ledige Dame der Oberschicht. Doch von unerschütterlichem Optimismus geprägt, glaubte er, dass es hierfür sicherlich eine gute Erklärung gab. Die wenigen Meter zu Cutter & Scissors legte James mit schnell klopfendem Herzen zurück. Glück drängte aus jeder seiner Poren. Der pure Gedanke an Lady Samantha beflügelte ihn. Als er die Tür des Ladens öffnete läutete das Glöckchen an der Tür. Irritiert blieb James stehen. Der Verkaufsraum war leer. Zum ersten Mal an diesem Tag beschlich ihn das Gefühl, etwas Unschönes braue sich zusammen, doch die Vorahnung drängte er rasch zurück. Lady Samantha hatte sicherlich ihre Anstandsdame bei sich, weshalb alles in bester Ordnung sein würde. Dennoch blieb der Gedanke, dass dies Verhalten recht unziemlich war in seinem Hinterkopf verankert. Vielleicht jedoch war Lady Samantha schon längst weitergegangen. Da Mister Blunt der Geschäftsführer nicht auftauchte, glaubte James schon fast, dass der Laden geschlossen wäre und man schlicht vergessen hatte, die Tür abzuschließen, als er ein klares, helles Lachen aus den hinteren Räumen hörte. Nur zu gut kannte er es, um es als das seiner Verlobten zu erkennen. Mit einem tiefen Runzeln auf der Stirn, da es höchst unangebracht war, als verlobte Frau den hinteren Teil eines männerbetriebenen Geschäftes aufzusuchen, ging James nach hinten. Mit dem unguten Gefühl, das nun in seinem Magen wühlte, lüftete er den Vorhang, der den Hauptraum vom Geschäftsraum trennte. Sein Herz weigerte sich einen endlosen Moment anzuerkennen, was seine Augen sahen. Übelkeit kroch so plötzlich in ihm empor, dass er sich beinahe übergeben hätte. Scham und Schmerz über den Verrat, welcher ihm angetan worden war, brachten ihn dazu den Vorhang herunterzureißen. Erst jetzt wurde er von dem in flagranti erwischten Liebespaar entdeckt. „James!“, stieß Lady Samantha aus und schob Mister Blunt von sich, um ihre gelüfteten Röcke hinunter zu ziehen und ihre Blöße zu bedecken. Doch es brachte nichts. Längst hatte er gesehen, dass der Akt zwischen den beiden bereits vollzogen worden war. Seine Lippen verzogen sich abschätzig darüber, welch ein Narr er doch gewesen war und drehte ich um und ging. „James, so warte doch!“, rief ihm Samantha hinterher. „Ich kann dir alles erklären.“ Er hatte keine Erklärung mehr nötig. Sein Vater hatte Recht behalten. Lady Samantha, falls sie man sie noch so betitel konnte, hatte es nur auf sein Vermögen abgesehen. Mochte James auch nur der dritte Lord von Hemford Shire sein, so war es dennoch allgemein bekannt, dass sein Vater das angehäufte Vermögen auf alle drei seiner Söhne verteilt hatte. Die einzige großmütige Tat, die sein Vater jemals für James getan hatte. War sein Anteil als dritter Sohn auch geringer sein, als der von Geoffrey und Arthur, so war es dennoch mehr an Vermögen, als so mach ein Erstgeborener sein Eigen betiteln konnte. Neben einem wunderschönen Land- und einem Stadtsitz, konnte James ertragreiche Ländereien und ein nicht zu unterschätzendes Barvermögen sein Hab und Gut nennen. Doch jetzt zu erfahren, dass die Frau, die sein junges Herz gewonnen hatte, nichts weiter war als eine Dirne, die für einen schlichten Verkäufer ihre Beine spreizte, war weit mehr, als er zu ertragen vermochte. „Bitte“, sagte sie und hielt ihn am Arm fest, noch ehe die Tür erreicht hatte. Hochmütig drehte er sich zu ihr um. Das Gesicht, welches er so sehr liebte, blickte ihn flehend an, doch er konnte keine Liebe mehr für sie aufbringen. „Was willst du noch? Unsere Verlobung ist gelöst.“ Seine seelische Verletzung machte ihn hart. „Kannst du nicht darüber hinwegsehen? Es war nur dies eine Mal?“ „Eine Hure, mehr bist du nicht“, sagte er kalt. „Wie kannst du es wagen!“, fauchte Lady Samantha ihn wütend an. Ihr Gesicht zu einer Fratze verzogen, befand James, dass dies ihr wahres Gesicht war. „Wie ich es wagen kann? Für mich hattest du nicht mehr als ein paar Küsse übrig, die kaum mehr als Küsse unter Geschwistern waren und für einen dahergelaufenen Schneider spreizt du die Beine!“ Seine Stimme wurde lauter. „Deshalb nenne ich dich eine Hure! Ich hätte dir alles gegeben. Mein Geld, mein Ansehen, mein Herz, aber du hast es mit Füßen getreten.“ „James, bitte.“ „Nein, spar dir dein Flehen für den Gouverneur auf. Ich werde unverzüglich das Ende unserer Verlobung bekannt geben.“ „Das kannst du nicht tun! Die Leute werden reden. Sie werden glauben, ich wäre befleckt.“ „Sollen sie doch die Wahrheit kennen“, lächelte er grausam. „Das wäre mein Ruin. Ich könnte niemals mehr standesgemäß heiraten!“ „Wie man sich bettet, so liegt man“, sagte James und in seinen Augen stand nur Kälte geschrieben. „Das wirst du bereuen!“ „Bereuen? Weil ich die Verlobung mit einer liederlichen Dirne beende? Mitnichten.“ „Sir, tun Sie das nicht“, mischte sich nun auch Mister Blunt ein, der nun ebenfalls im Raum war. „Was geht Sie das an? Sie können sie haben. Genießen Sie die Früchte, die Sie bereits geerntet haben.“ „Ich kann das nicht zulassen. Das widerspricht unseren Plänen.“ „Welchen Plänen?“ „Reich zu werden und sich nach Spanien abzusetzen.“ „Ihr wolltet mich ausrauben?“ James war wirklich empört. Während er sich auf Mister Blunt konzentrierte, bemerkte er nicht, wie Lady Samantha die Vorhänge des Geschäftes zuzog und die Tür abschloss. Erst als er das Geräusch des sich umdrehenden Schlüssels hörte, drehte er sich ihr zu. „Was soll das? Lasst mich hinaus!“ „Du hättest nicht hierher kommen sollen, James“, sagte Samantha und sah ihn unterkühlt an. Das nächste, was James spürte, war die scharfe Klinge, die sich durch seinen Oberkörper bohrte. Geschockt blickte er auf das Florett, das aus seinem Körper ragte. Ein Keuchen huschte über seine Lippen. Schmerz breite sich in ihm aus. Das Blut, sein Blut, tropfte am Florett hinunter. Die Knie wurden ihm ganz schwach und er sank hinab. Aus seiner knienden Position sah er fassungslos in Samanthas Gesicht, als ein Ruck folgte und das Florett aus ihm herausgezogen wurde. Dieser Schmerz war noch unglaublicher, denn dieses Mal bemerkte er ihn sofort. Seine Lippen öffneten sich zu einem Schrei, doch aus seinem Hals kam lediglich ein Röcheln. Mister Blunt trat vor ihn. „Ich sagte doch, ich kann das nicht zulassen.“ Mister Blunt hob seine Hand und James bekam einen harten Schlag gegen seinen Kopf, der ihn für sehr lange Zeit bewusstlos machte. Als er wieder zu sich kam, war er verwirrt. Er lag in der Böschung der Themse. Ihm war schlecht, kalt und er konnte kaum sehen. Alles in ihm bestand nur noch aus Schmerz. Alleine das Aufstehen kostete ihn viel Kraft und Energie, doch sein Instinkt sagte, dass er sich bewegen musste, wenn er nicht sterben wollte. Also stand er auf, er wollte leben. Aus irgendeinem Grund wollte er leben. Dumpf erinnerte er sich, dass er Lady Samantha gesehen hatte, dass sie ihn betrogen und mit Mister Blunt hintergangen hatte. Ja, er erinnerte sich sogar an das Florett, das ihn töten sollte. James lachte kurz bitter auf. Das war es! Er wusste, weshalb er hier war. Die Themse. Sie hatten geglaubt, er wäre tot und wollten seinen Leichnam entsorgen. So eine Ironie, dass gerade der Gestank ihn geweckt hatte. Ohne recht zu wissen wohin er lief, ging er Schritt für Schritt weiter. Seine Beine trugen ihn, bis die Kraft seinen Körper endgültig verließ und er zur Boden sank wie ein Stein. Obwohl er sich keinen Millimeter mehr bewegen konnte, war er dennoch bei Bewusstsein. Er roch die Luft, die nun zwar noch immer stank, doch salziger war und den unverkennbaren Geruch von Fisch mit sich brachte. James musste sich in der Nähe des Hafens befinden. In seinem Zustand war er in die falsche Richtung gelaufen. Also würde er hier sterben. Fern von Zuhause, in der Gosse wie ein gewöhnlicher Dieb. Ob man seine Leiche finden und seiner Familie zur Beerdigung übergeben würde? Wahrscheinlich wäre er seine Kleidung bis zum Morgen los und würde als eine der vielen namenlosen Gestalten in einem Armengrab enden. Sein Vater und seine Brüder würden ihn wohl kaum vermissen und an das viele Geld denken, dass sie beim Ausbleiben einer Beerdigung sparen würden. Andererseits konnten sie sein Erbe dann erst nach Ablauf einiger Jahre, wenn man ihn offiziell für tot erklärte, vereinnahmen. Es war bitter, dass James im Angesicht des Todes derlei Dinge durch den Kopf gingen. Dann schwenkten seine Gedanken um und er dachte an das Weib, wegen dem er hier lag. Sie hatte ihn um den Genuss gebracht, auch nur einmal mit einem Menschen zu schlafen, den er liebte. Das war das Einzige, welches er wahrlich bedauerte. Nur einmal in den Armen eines geliebten Menschen zu liegen und die Wärme fühlen, die ihm seine Mutter als Kind entgegen gebracht hatte. Seine Lider flatterten und fielen zu. Ihm war kalt. So also fühlte der Tod sich an. Stimmen tauchten ganz in seiner Nähe auf. Er konnte sie hören, wollte um Hilfe rufen, doch nicht einmal ein heiseres Krächzen brachte er mehr zustande. Dann plötzlich stolperte jemand über ihn. „Was ist das?“ „Eine Leiche?“ „Nein, ich glaube, er lebt noch.“ „Kapitän, da liegt einer.“ Ein Ruf zu einer weiteren Gestalt, in der Nähe. „Lebt er noch?“ „Bin nicht sicher.“ „Smee, geh nachsehen.“ „Aye, Kapitän Blackbeard.“ Wer oder was dieser Smee ist, sollte James Anthony Malloray in dieser Nacht nicht mehr erfahren. Längst hielt ihn eine selige Ohnmacht umfangen. Fortsetzung folgt… Kapitel 26: Kapitel 26 ---------------------- Die Nacht begann bereits unter der rot erwachenden Sonne zu dämmern, als Hook in seiner Erzählung inne hielt. Peter war so gespannt, dass er unwillkürlich den Atem anhielt. Er wartete, harrte darauf, dass Hook weitererzählte, aber der Kapitän schwieg. Jetzt erst bemerkte Peter, dass Hooks Brustkorb sich schwer hob und senkte, als hätte er sich körperlich stark angestrengt. Das aristokratische Gesicht war von den quälenden Erinnerungen schmerzhaft verzogen. Etwas zog an Peters Herz, als er dies sah. Zum ersten Mal in seinem Leben empfand er tiefes Mitgefühl für den Piraten. Mochte Peter von der Liebe nach wie vor keine Ahnung haben, so begriff er dennoch den Verrat, den man Hook angetan hatte. Der Impuls, den Mann tröstend in die Arme zu nehmen, war so heftig, dass Peter sich erst in der letzten Sekunde bremsen konnte. Missbilligend runzelte er die Stirn. Er wollte nicht so für Hook fühlen, schon gar nicht nach allem, was dieser ihm angetan hatte, doch die wenigen Tage in Hooks Nähe hatten ihn verändert. Ihre Kämpfe waren noch immer real, aber weniger körperlich. Sie hatten ihren Disput verlagert auf die psychische Ebene. Peter kämpfte gegen die Versuchung, die Hook ihm mit sinnlichen Worten ins Ohr raunte. Kämpfte gegen die Begierde, die er seinen Körper lehrte und von der er ihm versprach, dass es noch viel mehr geben könnte. Die Sache mit dem Wahrheitselixier war zumindest vom Tisch, solange Hook sich nicht mehr erinnern konnte. Trotzdem wusste Peter nicht so recht, was er jetzt mit dem Mann anfangen sollte. Obwohl wahrscheinlich klüger, brachte er es keineswegs über sich, Hook alleine zu lassen oder gar zu töten. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich noch immer gefesselt, ja fast an Hook gebunden. Der Schrei einer Eule löste bei Peter die Erstarrung. „Wie hast du überlebt?“, fragte er Hook, nur um sich selbst von seinen abschweifenden Gedanken zu retten. „Das ist eine andere Geschichte“, lächelte Hook matt. „Ich erzähle sie dir, sobald ich etwas geschlafen habe. Meine Beine fühlen sich an, als wäre ich zwei Tage ununterbrochen gelaufen.“ Peter verkniff es sich, unter Berücksichtigung seiner eigenen Müdigkeit, ihn darauf hinzuweisen, dass es tatsächlich so gewesen war. Stattdessen machte er es sich soweit es ging auf dem Boden bequem. Er beobachtete, wie Hook sich ebenfalls hinlegte. Sein Körper zitterte, da die Wärme des Lagerfeuers längst verglüht war. Bald würde die Sonne, die durch die Bäume scheinen würde, ihre Körper wärmen, doch bis es soweit war, rutschte Peter zu dem Mann hinüber, der ihn mit verwunderten Augen ansah. „Nur, damit wir nicht frieren“, flüsterte Peter und schmiegte sich an Hooks Körper. Augenblicklich spürte er das Lodern in seinen Adern. Sein Körper erkannte Hook, wenngleich dieser zurzeit nicht er selbst war. Zögerlich legten sich zwei starke Arme um seine Schultern, zogen ihn dichter an die breite Männerbrust heran und Peter schloss seine Augen. Es fühlte sich wundervoll an, von diesem kräftigen Mann gehalten zu werden. Ja, Peter fühlte sich regelrecht geborgen. Er schlief schon fast, als er den Piraten sprechen hörte. „Aber wehe, du küsst mich noch einmal.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief Peter ein. Ein Rascheln weckte Peter, sofort stand er auf den Beinen und auch Hook war verteidigungsbereit. Mochten seine Erinnerungen fehlen, den lang trainierten Instinkt des Piraten war ihm durch die blaue Blume nicht genommen worden. Ein Busch, nur wenige Meter von ihnen entfernt, wackelte und dann huschte ein junges Wildschwein heraus. Erleichtert atmete Peter auf. „Wir sollten gehen“, sagte er. „Warum?“, fragte Hook. „Es ist doch nur ein Überläufer.“ „Überläufer?“, hakte Peter nach, dem der Begriff fremd war. „Ja, ein einjähriges Wildschwein.“ „Du kennst dich wohl gut mit Wild aus“, stellte Peter fest. „Mein Vater hat jedes Jahr eine Jagdgesellschaft organisiert. Also ja.“ „Dann solltest du auch sehen, dass das da vorne ein Weibliches ist. Weibliche Wildscheine gehören immer zu einer Gruppe. Wir sollten gehen, bevor die anderen hier auftauchen.“ Hook, erstaunlich rot um die Nase, stimmte Peter zu und so packten sie ihre zwei Habseligkeiten zusammen. In einem kurzen unbeobachteten Moment wünschte sich Peter noch etwas Proviant herbei und tat auf Hooks verwunderten Blick so, als hätte dieser den Vorrat einfach nicht bemerkt. Gut gelaunt, weil er sehr gut geschlafen hatte, schritt Peter voran. Hook folgte ihm, ohne zu murren. Ein Lächeln lag auf Peters Lippen. Der neue Hook war in einigen Punkten definitiv pflegeleichter als der alte. Sie liefen eine ganze Weile schweigend und an ihren Broten kauend nebeneinander her, als der Wald plötzlich lichter wurde. Die Baumreihen waren nicht mehr so dicht. Büsche und Sträucher mehrten sich und irgendwann hatten sie den Wald hinter sich gelassen. Vor ihnen lag der Hang eines Berges. Peter seufzte. Er konnte zum Ozean sehen. In weiter Entfernung sah er etwas, das er mit viel Phantasie als die Jolly Roger identifizieren konnte. Hatte das Schiff seinen Kurs geändert? Und vor alledem, sollte er wirklich mit Hook in die Höhle gehen und das Meerjungfrauengift an sich bringen? „Wohin gehen wir eigentlich, Junge?“ „Warum nennst du mich so? Sag Peter zu mir.“ Hook hielt kurz inne und sah ihn abschätzend an. „In Ordnung, aber nur wenn du mich James nennst.“ „James…“ Peter ließ den Namen auf seiner Zunge zergehen und er fühlte sich so fremd und falsch an, dass er schon im Begriff war, auf das Angebot zu verzichten, als Hook ihn beim Namen nannte. Ein Schauer rann über Peters Rücken. Mochte er seinen Namen schon etliche Male aus Hooks Mund gehört haben, niemals jedoch auf diese liebevolle Weise. „Ja, Peter gefällt mir“, lächelte der Mann ihn an und für einen Augenblick war der Angesprochene gänzlich verwirrt. Sein Herz hatte einen komischen Hopser der Freude gemacht und wärmte ihn nun innerlich. Sanfte Röte legte sich auf Peters Wangen und wie um sie ablegen zu können, streifte er eine imaginäre Strähne seines zotteligen Haares zurück. „Wir“, räusperte Peter sich, „wir gehen hoch zur Piratenhöhle.“ „Piratenhöhle? Ist das ein Scherz oder meinst du es ernst?“ „Ernst, natürlich.“ „Redest du wahrhaft von echten Piraten?“ „Natürlich!“ „Spinnst du? Weißt du, wie gefährlich das ist? Wir sind zu zweit, unbewaffnet und das… das ist lebensgefährlich!“ Peters Augenbrauen ruckten erstaunt nach oben. Unschuldig blinzelnd und mit echter Irritation gestraft, ergriff er das Wort. „Also, zum einen sind wir nicht unbewaffnet. Sieh mal an deinen Gürtel, du trägst einen Säbel, ebenso wie zwei Schusswaffen. Außerdem ist die Höhle verlassen.“ „Und wenn die Piraten zurückkommen?“ „Werden sie nicht. Das garantiere ich dir.“ „Hm…“ Hook wirkte nicht sonderlich überzeugt, hielt aber vorerst seinen Mund. Während Peter einfiel, dass er ja gar nicht genau wusste, wo die Höhle lag. Es war der Pirat, der den versteckten Eingang zu dem Geistergefängnis gekannt hat. Hook meinte, dass nur ein Pirat die Höhle sehen und betreten konnte. Ob dieser auch ohne Erinnerungen noch Pirat genug war? Peter musste sich wohl oder übel darauf verlassen, sonst würde er nie in die Hände des Meerjungfrauengiftes gelangen. Die Phase des Schweigens beendend, fragte Hook: „Und was wollen wir in der Höhle?“ „Das bleibt mein Geheimnis“, grinste Peter ihn frech und abwehrend an. „Wenn ich mein Leben für diese Aktion riskieren soll, dann ist es doch wohl das Mindeste, wenn ich erfahre, weshalb!“ „Du riskierst dein Leben nicht, James.“ Peter betonte den Namen. Er begann, daran gefallen zu finden, ihn auszusprechen. „Ich sagte doch bereits, die Höhle ist verlassen. Die Piraten sind fort. Es wird uns nichts geschehen.“ Nun, so ganz geschwindelt war dies nicht, nur dass Peter eben die Geister der verstorbenen Piraten verschwieg. „Mit scheint, ich habe keine Wahl, als dir zu folgen. Denn was könnte ich hier schon alleine machen, wenn du sagst, wir sind die einzigen Menschen hier?“ „Du wirst es nicht bereuen, James“, lächelte Peter und ging erneut voraus. „Das hoffe ich, Peter“, brummte dieser und lief dem Jungen missmutig und mit einem Gefühl hinterher, dass etwas auf sie zurollte, das sie nun nicht mehr aufhalten konnten. Fortsetzung folgt… Kapitel 27: Kapitel 27 ---------------------- Sie waren an diesem Tag nicht weit gekommen, als die Abenddämmerung einbrach. Beide wussten, dass es daran lag, dass sie viel zu spät aufgestanden waren und die Hälfte des Tages verschlafen hatten. Aber sie sprachen nicht darüber, denn dies würde bedeuten, dass sie ebenfalls über die vergangene Nacht reden mussten. Ihre Gründe, hierüber zu schweigen, waren unterschiedlicher Natur, doch für beide Grund genug, zu schweigen. Während Peter nicht reden wollte, weil er Hook möglicherweise ansonsten erzählen musste, dass er am Gedächtnisverlust des Kapitäns Schuld trug, war es bei Hook die Furcht vor der Erinnerung. Er hatte es gut überdeckt mit einer Maske aus Höflichkeit, doch die Erinnerung, an jenen Abend in der Gasse am Londoner Hafen, hatte James sehr verstört. Obgleich er wusste, dass viele Jahre bereits vergangen waren, dass die Wunde des Degens, die ihn fast getötet hätte, lange verheilt war und nur eine Narbe auf seiner Brust zurückgelassen hatte, war die Erinnerung so frisch. Fast war es, als könnte er den Schmerz in all seiner Intensität erneut spüren. Sein Herz fühlte wieder die Liebe für die Frau, die ihn so brutal verraten hatte, erkannte den Hass, den er geglaubt hatte, hinter sich gelassen zu haben und es ängstigte ihn. Ängstigte ihn, wie es ihn auch damals geängstigt hatte, als Blackbeard ihn aufgelesen hatte. Er hatte es dem Jungen, Peter, absichtlich verheimlicht, denn auch die Jahre unter dem Kommando von Blackbeard waren alles andere als leicht für ihn gewesen. Während der vielen Stunden, die er Peter hinterher gelaufen war, der vergnügt voran schritt, hatte James viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Er wusste zwar, wo seine Erinnerungen begannen, doch nun wollte er ergründen, wo sie aufhörten. In seinen Gedanken wanderte er die Jahre weiter vor. Übersprang seinen Überlebenskampf, die Wahl, die ihm Blackbeard gegeben hatte und wie sich sein Geist für immer veränderte, bis die Bilder in seinem Kopf immer nebliger wurden. Dumpf war da die Erinnerung an einen Sturm, mit der Gewissheit des Todes, die Feststellung des Überlebens und der Entdeckung eines neuartigen Landes. Doch noch bevor er auch nur einen Fuß auf die Insel in seinen Erinnerungsfetzen setzen konnte, verstummte alles und zurück blieb nur eine schwarze Leere bis zu dem Moment, an dem er süße Lippen auf seinen fühlte. Er sah die grünen, funkelnden Augen des Jungens vor sich, der ihn so verzückt angesehen hatte und empfand die Hitze zwischen seinen Lenden von neuem. Geschockt, erschrocken von dem Anblick des Knaben war er aufgestanden. „James“, rief Peter und riss ihn aus seinen Überlegungen, „hier sollten wir unser Nachtlager aufbauen.“ „In Ordnung“, grinste er schwach zurück. Die Stelle, die Peter ausgesucht hatte, war von der Meerseite mit einem etwas größeren Strauch geschützt. Dies würde ihnen in der Nacht sowohl Schutz vor dem Meereswind bieten, als auch davor, von den Piraten gesehen zu werden, sollten diese doch zurückkehren. Aus irgendeinem Grund konnte er Peter in diesem Punkt nicht trauen. Generell hatte er den Eindruck, dass Peter ihm einiges an Informationen vorenthielt, doch er wollte ihn mit seinen Fragen und Unterstellungen nicht verärgern. So sehr es ihm auch missfiel, aber für die nächste Zeit war er wohl von dem Jungen abhängig. „Lass das Feuer aus“, sagte er, als er sah, wie Peter ein paar Hölzer zusammentrug und auf einen Haufen legte. „Es wird kalt werden.“ „Ja, aber hier oben wirken wir wie ein Leuchtfeuer. Jeder Mensch im Umkreis von etlichen Kilometern kann uns sehen.“ „Wovor fürchtest du dich?“ „Vor unliebsamen Gästen. Ich weiß nicht, ob die Insel wirklich unbewohnt ist und ob tatsächlich keine Piraten in der Nähe sind, aber ich möchte kein Risiko eingehen.“ „Wir werden erbärmlich frieren! Wir haben keine Decken oder sonstiges, das uns wärmt.“ „Dann machen wir es wie heute Morgen. Du hast dich doch in meine Arme geschmiegt.“ Die Röte auf Peters Wangen war entzückend. Offen verlegen nuschelte der Junge etwas in seinen imaginären Bart und verschwand etliche Meter weiter hinter einer Böschung. Perplex von dem unerwarteten Verhalten blinzelte Hook ansonsten vollkommen regungslos. Es dauerte einen Moment, ehe die Erstarrung nachließ und er sich kopfschüttelnd hinsetzte. Aus einem Lederbeutel nahm er ein paar Schlucke Wasser zu sich und war erschrocken, als er bemerkte, dass es die letzten waren. Sie brauchten dringend weiteren Proviant. Sein Magen knurrte laut vernehmlich, doch James war wissend genug, dass nicht der Hunger, sondern der Durst das größere Problem war. Hier wuchs genug Grün, dass es irgendwo eine Bergquelle geben musste. Er haderte mit sich, ob er auf Peters Rückkehr warten sollte, doch dann stand er auf, den Beutel in der Hand und ging in die Richtung, in welcher Peter zuvor verschwunden war. Gut und gerne 10 Minuten später hörte er das zarte Plätschern eines Baches. Weitere 5 Minuten folgte er dem immer lauter werdenden Geräusch, als er auf den Bach stieß. Er beugte sich hinab und füllte den Lederbeutel, bis dieser zum Bersten voll war, erst dann gönnte er sich das Vergnügen, seinen Durst zu stillen, doch noch bevor er mit dem Trinken fertig war, vernahm er einen fröhlichen Singsang. Mit gespitzten Ohren und sehr neugierig folgte er dem Klang etliche Meter den Bach hinab. Zuerst glaubte er, zu träumen, doch je länger er unbemerkt dort stand, umso stärker brannte der Anblick sich in sein Gedächtnis ein. Peter stand bis zu den Knien im Bach, komplett nackt. Die gebräunte Haut glänzte im Licht der untergehenden Sonne fast golden. Doch Peter stand dort nicht nur, er planschte, lachte, spielte im Wasser mit etwas funkelndem, das James an tanzende Glühwürmchen erinnerte. Peter jagte den Glühwürmchen hinterher, doch jedes Mal schienen sie ihm zu entwischen. Sein Gesicht strahlte vor Lebensfreude und stand im kompletten Kontrast zu James derzeitiger Gefühlslage. Ihn quälten die Erinnerungen an sein Leben in London und dieser Junge? Dieser Junge tobte ihm Wasser und sang dabei ein Lied ohne wirklichen Text. Aber dieser Text war auch nicht nötig. James verstand den Inhalt auch so. Es ging um das Leben, um Abenteuer und das Nach-vorne-sehen. Zwei Gefühle erwachten in diesem Augenblick in ihm. Er wollte bei Peter sein. Wollte unbekümmert mit ihm planschen, vergessen, dass er Erwachsen war und dass ihm Leid zugefügt worden war. Allerdings war da auch das Bedürfnis, Peter in die Realität zu holen. Ihn an den Schultern zu packen und zu schütteln, bis er begriff, dass es ein solches Leben nicht gab. Sein Gesicht verfinsterte sich. Wurde zu einer starren Maske aus Neid. James bemerkte es nicht, doch dann entdeckte Peter ihn. Ihre Blicke trafen sich und der Neid, so schnell er in James aufgekeimt war, verschwand augenblicklich. Unwillkürlich trat ein Lächeln auf seine Lippen und als Peter ihn zu sich winkte, kam er der Aufforderung nach. „Komm ins Wasser“, rief Peter, noch ehe er bei ihm angelangt war. Die Glühwürmchen verschwanden eines nach dem anderen. „Warum sind sie weg?“, fragte James verblüfft. „Oh, na ja, sie trauen dir nicht.“ „Misstrauische Glühwürmchen? Was es hier nicht alles gibt. Diese Insel wird immer merkwürdiger“, murmelte er und begann seine Kleider abzulegen. „Beeil dich, das Wasser ist erfrischend.“ Peter spritze ihn mit dem Wasser nass und lachte dabei. „Du benimmst dich wie ein Kind“, sagte James und sah sich Peter dieses Mal sehr genau an. Die Statur des Jungen war eindeutig die eines Jugendlichen. 17 Jahre hätte er ihn geschätzt. Bildschön. Schlank, gebräunt, mit lockigem, honigblondem Haar. Ein hübsches, spitzbübisches Gesicht, ein paar einzelne Sommersprossen und unglaublich grüne Augen, die von dichten, dunklen Wimpern umrahmt wurden. Etwas zuckte in seinen Lenden und zum ersten Mal fragte er sich, was er gestern Nacht auf dem Jungen getan hatte. War es wirklich nur ein Kuss gewesen? Die Art, wie Peter ihn ansah, verriet ihm, dass es nicht das erste Mal war, dass dieser ihn nackt sah. Mit Erinnerungen gesegnet war Peter eindeutig im Vorteil. „Kommst du nun?“, wollte Peter wissen und tauchte mit dem Kopf unter Wasser. Mehr als nur die Luft anzuhalten und unter der Oberfläche zu schweben konnte Peter jedoch nicht, dafür war der Bach zu flach. Tatsächlich ging James jetzt ins Wasser hinein. Es war wirklich erfrischend. Nun erst bemerkte er, wie die Kühle seinen schmerzenden Füßen gut tat und wie sehr er von dem vielen Wandern stank. Das Wasser um seine Knöchel färbte sich braun von dem Dreck, der an ihm haftete. Was hätte er für ein gutes Stück Seife gegeben? Flieder war sein Lieblingsduft. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Flieder an Peter ebenfalls gut riechen würde. Nachdem er abgeschätzt hatte, ob der Platz für ihn ebenfalls reichte, tauchte er neben Peter ins Wasser. Verschwommen sah er, dass grüne Augen ihn anblickten. Das Gesicht zu seinem Lächeln verzogen tauchte Peter wieder auf und James folgte ihm. „Du bist ganz dreckig“, meinte Peter und sah ihn dabei merkwürdig an. „Und jetzt?“, fragte James, der bemerkte, dass sich zwischen ihnen eine komische Stimmung aufbaute. „Lass mich dir beim Waschen helfen“, lächelte Peter, rutschte hinter ihn und begann mit zarten, kreisenden Bewegungen den Schmutz von seinem Rücken zu waschen. Obwohl diese Berührung vollkommen unschuldig war, fühlte James sich mit einem mal so nackt wie er es war. Das Glied zwischen seinen Schenkeln erwachte, sein Puls beschleunigte sich. Was nur verband diesen Jungen und ihn, dass sein Körper so extrem auf ihn reagierte? „Peter“, sagte er heiser. „Peter“, räusperte er sich, „lass das.“ „Weshalb? Du bist noch dreckig. Lass mich dir die Haare waschen.“ Ohne wirklich zu wissen, weshalb, legte James seinen Kopf in Peters Schoß und schloss die Augen. Auch ohne Seife zu benutzen, massierten die schlanken Finger seine Kopfhaut, lockerten und lösten den Schmutz aus seinem Haar, bis das Wasser des Baches wieder klar um ihn floss. Derart entspannt war er fast eingeschlafen, als Peter sprach. „James“, hauchte Peter, „verzeih mir.“ Alles was James dann noch wusste war, dass sich zuckersüße, weiche Lippen auf die seinen legten und eine unerfahrene Zunge um Einlass bat. Obwohl seine erste Intuition sagte, er sollte Peter von sich stoßen, da ein solches Verhalten mehr als nur unziemlich und ungebührend war, verharrte er. James überließ es Peter, das Tempo des Kusses zu bestimmen, doch relativ schnell wurde ihm klar, dass er mehr von ihm wollte. Mit einer geschickten Bewegung drehte er sich um und lag auf ihm. Sein Glied hart und pochend an Peters reibend. Große Augen blickten ihn Lust verhangen an. „Hatten wir schon einmal das Vergnügen?“, fragte James ihn. „Haben wir schon einmal die Lust unserer Körper gemeinsam gestillt?“ „Wir… Du… Du hast mich berührt.“ „Und weiter? Sag mir, was wir getan haben?“ Peter wimmerte, während James seine Erregung an ihm rieb. „Verrate es mir?“, lockte er und küsste einen sehr empfindsamen Punkt an Peters Halsbeuge. „Du wolltest, dass ich dich berühre.“ „Wo hast du mich berührt?“ „Ich…“ „Zeig es mir! Fass mich nochmals an.“ „Nein, bitte“, winselte Peter. „Zeig es mir“, lockte James weiter und dann fühlte er, wie Peters Hand zwischen ihre Körper glitt und seinen erigierten Schaft umfing. James stöhnte auf. „Was hast du noch getan?“, fragte er keuchend und gerade als Peter begann, seine Hand auf und ab zu bewegen, hörten sie in der Nähe den Schrei einer Eule. Augenblicklich hielt Peter inne. „Was ist?“, wollte James wissen. „Warum hörst du auf? Das war nur eine Eule.“ „Nein, war es nicht“, sagte Peter und war derart ernst, dass mit einem Schlag die Erregung aus James verwand. „Wir müssen hier weg! Sofort!“ Peter kroch unter ihm hervor und ging zum Ufer hinüber, wo er hektisch begann, seine verstreute Kleidung einzusammeln und anzuziehen. „Beeil dich! Wir haben keine Zeit, zu trödeln!“ „Was ist denn los?“, begehrte er auf. „Das erklär ich dir unterwegs, aber wenn dir dein verdammtes Leben etwas wert ist, ziehst du dich jetzt sofort an!“ Irritiert und verärgert, weil der Junge sich einen Tonfall ihm gegenüber erlaubt hatte, der ihm gar nicht gefiel, tat er wie geheißen. Obwohl er sich dabei beeilte, bemerkte er, dass die Sonne schon fast untergegangen war. Die letzten Strahlen trafen auf Peters Kleidung und James fragte sich in diesem Moment, ob Peters Kleidung schon die ganze Zeit golden geglitzert hat. Dann verwarf er den Gedanken daran und rannte Peter hinterher, der es verdammt eilig hatte, von hier wegzukommen. Fortsetzung folgt… Kapitel 28: Kapitel 28 ---------------------- Peter fluchte, den ganzen Weg zurück zu ihrem erwählten Lager. Wie hatte er so dumm sein können? Wie hatte er, das kleine Genie, sich vor lauter James oder Hook oder wie der Pirat sich gerade nannte so töricht verhalten können! Er hätte es wissen müssen. Er hatte es gewusst! Nur… Er hatte nicht daran denken mögen. Doch es war von Anfang an klar gewesen, dass die Feen, mit denen er gespielt hatte, seine verlorenen Jungen aufsuchten. Der Ruf, der nach einer Eule geklungen hatte, war von ihnen gekommen. Es gab verschiedenste Tierlaute für unterschiedlichste Botschaften. Die Eule fragte, warum er nicht nach Hause kam. Ihm wurde ganz unangenehm bei dem puren Gedanken daran, dass sie ihn mit Hook gesehen hatten. Wie sollte er den Jungen erklären, weshalb er mit einem nackten Hook im Bach gelegen hatte? Wie ihnen sagen, weshalb sie sich berührten? Peter war bewusst, dass er sich bei ihnen blicken lassen musste, um sie zu beruhigen und von ihm fernzuhalten. Noch wollte er den Piratenkapitän nicht mit ihnen teilen. Sie würden es kein Stück verstehen, weshalb Peter ihn im Moment oder gar generell, am Leben lassen wollte. Das einzig Gute an der Sache war, dass die Feen seine Kleidung mit Feenstaub bestäubt hatten. Er konnte wieder fliegen. Etwas, das er mit grimmiger Entschlossenheit registrierte. „Was soll das?“, fauchte Hook ihn am Lager an, griff nach seinem Arm und drehte ihn grob um. „Was zur Hölle ist los mit dir?“ „Wir können hier nicht bleiben. Wir sollten die Nacht durchmarschieren“, sagte Peter und riss sich los. „Wer war das da draußen? Die Piraten?“ „Nein. Das waren die verlorenen Jungs.“ „Kinder? Weshalb rennen wir vor Kindern weg?“ James lachte auf. „Es sind nicht nur Kinder. Sie sind Kämpfer. Sie kämpfen gegen deinesgleichen.“ „Meinesgleichen?“, hakte James leicht spöttisch nach. „Piraten.“ „Ich bin kein Pirat.“ „Ach nein?“, höhnte Peter zurück. „Was hast du dann auf Blackbeards Schiff getan? Was wurde aus dir, nachdem Blackbeard dich gerettet hat?“ James‘ Miene wurde starr. Wut stand in seinen blauen Augen geschrieben und Peter erkannte das Bedürfnis darin, ihn zu schlagen. Offenbar war dies ein Wunsch, den sowohl der alte, als auch der neue Hook ihm gegenüber verspürte. Aber James konnte sich beherrschen. „Was Blackbeard und mich angeht, hat dich nicht zu interessieren.“ „Das spielt für mich auch keine Rolle, denn ich weiß, was du bist, seit du hier angekommen bist.“ „Und was bin ich?“, brüllte Hook. Seine Hände krallten sich in Peters Schultern und schüttelten ihn kurz, aber heftig. „Sag es! Gib mir meine Erinnerungen wieder!“Abrupt ließ er Peter los, dessen Knie wegsackten und der zu Boden fiel. „Nein“, meinte Peter lediglich. „Ich werde dir gar nichts sagen. Nicht heute.“ „Weshalb? Du hast mir zugesichert, die Lücken in meinem Kopf zu füllen.“ „Mag sein, doch ich sagte dir nicht, wann.“ „Du betrügst!“ „Nicht mehr und nicht weniger, als du es tust.“ Hook schrie kurz wutentbrannt auf. „Du machst mich wahnsinnig, Peter!“ „Das sagst du mir öfters“, antworte selbiger locker und streute damit noch Salz in James‘ Wunde. „Was genau ist passiert? Weshalb habe ich meine Erinnerungen verloren? Bin ich gestürzt? Habe ich mir den Schädel zu heftig gestoßen?“ „Nein, das war Magie.“ „Magie? Wir sind doch nicht in einem Märchen. Lass diese Kindereien.“ „In Nimmerland ist nichts unmöglich, wenn du nur daran glaubst“, antworte Peter stur. Den skeptischen Blick James‘ ignorierte er. „Wir sollten wirklich gehen, bevor wir Besuch bekommen.“ „Ich renne doch nicht vor Kindern weg.“ „Glaub mir, das würdest du bereuen.“ „Weshalb? Gleich was ich in meinem vorherigen Zustand getan habe, mit Vernunft müssten sie doch akzeptieren, dass man mich nicht für Dinge verurteilen kann, an die ich keinerlei Erinnerung habe.“ „Vernunft ist keine ihrer Stärken.“ „Woher weißt du das?“ „Ich kenne ihren Anführer. Ziemlich gut sogar.“ Frustriert wandte sich der Kapitän ab. Peter ließ ihn. Er verstand, dass dies für James nicht so einfach war, aber er wollte ihn nicht mit Informationen überschütten, schließlich konnte er keineswegs abschätzen, wie dieser reagieren würde, sollte er alles über seine Vergangenheit wissen. Je weniger er im Moment wusste, umso sicherer war Peter. Ein erneuter Ruf einer Eule brachte Peter zum zusammenzucken. Seine Jungs kamen immer näher. Er musste dringend zu ihnen fliegen. „Du hast Recht“, sagte James unvermittelt. „Ich bin ein Pirat.“ Er setzte sich auf den Boden und zupfte am Gras. Fast glaubte Peter, dass er sich genieren würde, ihn anzusehen, doch dann hob James seinen Kopf und blickte Peter intensiv in die Augen. Feuer loderte unter der Vergissmeinnicht blauen Oberfläche. „Blackbeard hat mir damals die Wahl gelassen. Ein Leben als Pirat oder sterben als Lord.“ James lachte rau auf. „Ich habe Samantha so gehasst, ich wollte leben, nur um sie zerstören zu können! Ich wollte zusehen, wie ihr alles genommen wird, das ihr so wichtig war, dass sie mich verraten hat. Mein Herz wollte Rache.“ „Und hast du sie bekommen?“, fragte Peter, welcher sich wider besseren Wissens neben James setze und angesichts einer neuen Geschichte seine verlorenen Jungs vergaß. „Ja, habe ich. Genau vier Jahre, drei Monate und fünf Tage, nachdem sie versucht hat, mich zu ermorden.“ „Was ist passiert?“ „Nachdem Blackbeard und seine Männer mich in der Gasse gefunden hatten, haben sie mich an Bord der Little Revenge gebracht. Blackbeards Zweitschiff. Nur damit war es ihm überhaupt möglich, in England anzulegen. Auf die La Concorde kam ich erst viel später. Blackbeards Koch Barbeque, auch Long John Silver genannt, hat sich um meine Wunden gekümmert. Vier Tage soll ich zwischen Leben und Tod gelegen haben, ehe ich mich dem Leben wieder näherte. Zwei weitere Wochen brauchte ich, um erstmals aufstehen zu können. Man brachte mich direkt zu Blackbeard, diesem zotteligen Ungeheuer, der mich vor die Wahl stellte.“ James lachte bitter auf. „Er hat nicht einmal nach Lösegeld gefragt. Viel später erst habe ich erfahren, dass er das schon getan hatte, als ich noch im Fieberwahn mit dem Leben kämpfte. Mein Vater, meine Brüder, keiner wollte eine Ablösesumme zahlen. Es war ihnen egal, was aus mir wurde. Aber es war kein Mitleid, das Blackbeard für mich empfand, als er mir die Wahl gab. Er wollte lediglich wissen, ob ich für die Unkosten, die ich ihm verursacht hatte, arbeiten würde. Nun, du siehst“, sagte er zu Peter, „ich lebe. Wie ich mich entschieden habe, ist offensichtlich. Ich wurde Blackbeards Bootsmann.“ „Wie bist du ihm entkommen?“, fragte Peter, auf ein Neues von Hooks Lebensgeschichte fasziniert. „Entkommen? Nein, entkommen bin ich ihm nie.“ James‘ Augen wurden dunkel, das Gesicht blass, als eine weitere düstere Erinnerung in ihm wach wurde. „Peter, das mit uns?“, wechselte er das Thema. „Habe ich das körperliche je von dir erzwungen?“ Überrumpelt wusste Peter nicht, was er darauf antworten sollte. Sicher, oft waren Hooks Küsse im Streit erfolgt, aber Peter hatte seinen Gefallen daran gefunden. Nur dieses eine Mal, im Badezuber, war die Situation eskaliert. Auf diese Erfahrung hätte Peter gerne verzichtet, doch er dachte nicht mehr daran. Er war ein Mensch, der stets in die Zukunft blickte und die Vergangenheit hinter sich ließ. Mit Sicherheit war dies ein Grund, weshalb er Dinge so schnell vergaß. Und angesichts der jüngsten Entwicklungen zwischen ihm und James, fand er selbst die Geschichte im Zuber nicht mehr ganz so schlimm. Im Gegenteil, wenn er daran dachte, was er noch vor wenigen Minuten mit James hatte machen wollen, wurde ihm ganz warm und er hatte erneut das Bedürfnis, James‘ Hände auf seinem Körper zu spüren. „Ist schon in Ordnung, wenn du es mir nicht sagen magst“, meinte James mit merkwürdigem Tonfall. „Nein“, antworte Peter endlich, der seine Stimme wieder gefunden hatte. „Das Körperliche ist gut bei uns.“ „Wirklich?“, fragte James nun schmunzelnd. „Und weshalb hast du es dann unterbrochen?“ Schlagartig fiel Peter wieder ein, weshalb er vom Bach geflüchtet war. Hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, James weiterhin zuzuhören und für dessen Sicherheit zu sorgen, stand er auf. „Es tut mir leid, James, aber ich muss kurz weg. Warte hier auf mich.“ „Du gehst zu den verlorenen Jungen.“ „Ja.“ „Weshalb? Ich dachte, sie sind eine Gefahr für uns?“ „Nur für dich“, murmelte Peter laut genug, dass James ihn verstand. „Wieso?“ „Du bist ein Pirat. Ich sagte dir, dass sie Piraten jagen und töten.“ „Und wenn ich ein Pirat bin, was bist dann du?“ „Ich bin Peter. Peter Pan.“ „Aber-“ „-Bitte“, unterbrach Peter ihn. „Ich muss wirklich mit ihnen reden. Später erkläre ich dir alles.“ „In Ordnung“, sagte James, der plötzlich ein Knacken im Gehölz hörte und sich kurz umdrehte. Nachdem er aber nichts entdecken konnte, wandte er sich Peter wieder zu, doch dieser war plötzlich verschwunden. Fortsetzung folgt… Kapitel 29: Kapitel 29 ---------------------- Wind sauste ihm um die Ohren. Kühler, frischer Wind, der die Hitze des Tages aus seinem Körper vertrieb. Peter fühlte sich frei. Unglaublich frei und leicht. Wie sehr hatte er das Gefühl des Fliegens vermisst! Für den Augenblick vergaß er James, das Meerjungfrauengift und sogar die verlorenen Jungs. Er drehte ein paar Kreise am Himmel, tanzte durch ein paar Wolken und flirtete mit den Sternen, die ihn anfunkelten, erfreut darüber, dass Peter ihnen endlich wieder so nahe kam. Erst nach einigen schleifenförmigen Loopings steuerte Peter das Versteck der verlorenen Jungen an. Mit einem Hahnenschrei, der am dunklen Abend wenig Sinn ergab, machte er sich bemerkbar. Der Ruf eines Kautz‘ folgte und Peter landete etliche hundert Meter weit von seinem und James‘ Rastplatz entfernt, im Wipfel eines Baumes. Red Curly saß in einem der oberen Äste und sah Peter an. Seine blauen Augen waren im schwachen Licht des Abends kaum zu erkennen. Peter nickte ihm zu und während Red Curly den Baum hinabkletterte, ließ sich Peter langsam nach unten gleiten. Kaum dass seine Füße den Boden berührten, kamen auch die anderen angerannt. Kugel, dessen kurze, dicke Beine ihn kaum zu tragen vermochten, Tweety, der mehr sprach als selbst die Vögeln in den Bäumen, Sleepy, der den halben Tag zusammengerollt in einer Ecke lag und vor sich hin träumte, Danny, der immer seine Kuscheldecke mit sich trug und auch Marti, der mit seiner Brille auf der Nase richtig gescheit aussah. „Peter!“, riefen die Jungen durcheinander. „Wo warst du? Was machst du mit Hook zusammen? Warum habt ihr gebadet? Weshalb warst du so lange weg? Was für ein Abenteuer hast du erlebt? Dürfen wir mitkommen? Bist du gewachsen?“ Da sie alle einander ins Wort fielen, verstand Peter nur die Hälfte von dem, was sie ihn fragten, aber schon alleine die Bewunderung, mit welcher sie ihn ansahen, tat ihm gut. Er hob seine Hand und pfiff durch seine Finger. Augenblicklich waren alle Jungen ruhig. Wie auf ein unsichtbares Kommando rannten sie um Peter herum, jeder seinen Platz suchend, und setzen sich auf den Waldboden. Inzwischen war auch Red Curly bei ihnen angelangt und ließ sich ebenfalls neben Peter nieder. Sie waren bereit. Denn jeder wusste, dass Peter nun von seinem Abenteuer erzählen würde. Keiner der verlorenen Jungen konnte ahnen, dass Peter zum ersten Mal überlegte, wie viel von seinem Abenteuer er erzählen und verraten durfte, wie viel er sagen wollte. Doch als er in ihre offenen, großen Augen blickte, da grinste Peter. Seit langem fühlte er sich wieder Zuhause. Hier war alles so, wie es sein sollte. Nichts, das ihn verunsicherte. Hier gab es Geborgenheit ohne schlechtes Gewissen. Und weil Peter sich so glücklich fühlte, setzte er sich ebenfalls hin und begann zu berichten. Peter sprach davon, wie Hook ihn gefangen genommen, wie er ihn in Ketten gelegt hatte, ließ jedoch die Grausamkeit der Schmerzen weg und erzählte auch nicht davon, dass er Hook beim an- und auskleiden behilflich sein musste. Er sagte ihnen, wie Hook beschloss, ihm mit dem Meerjungfrauengift seine Geheimnisse zu entlocken und auch, dass sie von den Indianern angegriffen worden waren. „Aber, Peter“, warf da Kugel ein, „weshalb bist du nicht einfach weggeflogen?“ Erst da gestand Peter, dass Hook mit einer raffinierten List den Feenstaub von seiner Kleidung gewaschen hatte und er somit der Fähigkeit des Fliegens beraubt worden war. Das Entsetzen stand groß in den Gesichtern der verlorenen Jungen geschrieben. Ein Peter Pan, der nicht fliegen konnte, war für sie etwas Ungeheuerliches. Doch keiner von ihnen konnte ahnen, wie sehr es Peter geängstigt hatte, wie sehr es ihn erzürnt hatte und wie sehr er unter Hook hatte leiden müssen. Oh, Peter war schlau. Er log seine Jungen nicht an, doch verschwieg er alles, das ihm, nun… zu privat erschien. Küsse und Berührungen unterschlug er ihnen ebenso wie die Tatsache, dass er inzwischen keinen Hass mehr für den Piratenkapitän empfand. Als er kurz in seiner Erzählung innehielt, um Luft zu schnappen, fragte Danny: „Weshalb hast du mit Hook im Fluss gebadet?“ Eine zarte Röte schlich sich auf Peters Wangen. Er schüttelte das Unbehagen dieser Frage ab und erklärte den Jungen, dass er sich an Hook für die Gefangenschaft gerecht hatte. Peter bog die Wahrheit zurecht, das konnte er wahrlich gut. Von einer Blume, die Erinnerungen löschte, erzählte er und auch, dass Hook nun lammfromm war. Dass es ein Streich ist, den er dem Piraten spielte und ihm Freundschaft vorgaukelte, wo keine war. Der Gedanke amüsierte die verlorenen Jungen. Für eine Weile spielten sie mit ihren Gedanken und überlegten, was sie Hook in seiner Unwissenheit alles machen lassen konnten. Allerdings wurden sie dieses Spieles rasch überdrüssig, weil Marti noch etwas anderes eingefallen war. „Und weshalb bist du gewachsen, Peter?“ „Ich bin nicht gewachsen“, lachte Peter und tat, als würde ihn diese Frage wenig kümmern, obwohl sie ihn in Wirklichkeit sehr fuchste. „Aber du warst doch immer genauso groß wie Sleepy“, meinte Tweety. „War ich nicht.“ „Natürlich“, widersprach Tweety. „Erinnerst du dich nicht, dass du einmal versehentlich mit Sleepys Baum in unser unterirdisches Haus gekommen bist?“ Nun, Peter erinnerte sich wirklich nicht daran, und weil er so hartnäckig leugnete, gewachsen zu sein, waren die Jungen sich nach einer Weile nicht mehr sicher, ob sie es sich nicht nur einbildeten. Stattdessen fragten sie Peter, was er noch alles mit Hook erlebt hatte und was er nun mit dem Kapitän vorhatte. „Ich werde jetzt wieder zurückgehen“, verkündete Peter. „Mit Hook an meiner Seite werde ich das Meerjungfrauengift holen.“ „Aber weshalb?“, wollten Marti, Tweety und Kugel gleichzeitig wissen. „Weil ich es Hook zu trinken gebe. Er wollte mir meine Geheimnisse klauen, jetzt klaue ich ihm die seinen.“ „Dürfen wir mit?“, wollte Kugel wissen. Obwohl Peter sofort wusste, dass er dies auf gar keinen Fall wollte, überlegte er kurz, bevor er antworte. „Nein, das ist mein Abenteuer.“ Die Enttäuschung war den verlorenen Jungen nur zu deutlich anzusehen. „Aber ich werde euch alles erzählen, wenn es vorbei ist und wer weiß, vielleicht brauche ich euch zum Schluss doch“, zwinkerte Peter seinen Freunden zu. Es mochte nur eine kleine Geste sein, aber die Hoffnung darin reichte ihnen und sie schmollten nicht länger. Da Peter öfters alleine Abenteuer erlebte und Hook sein größter Feind war, verstanden die verlorenen Jungen ihn oder taten zumindest so und beglückwünschten Peter für seinen grandiosen Plan. Zum Abschied umarmten sie einander wild und recht grob, wie das Jungen ebenso taten, sagten noch kurz ein paar zusammenhanglose Sätze und dann stieg Peter wieder in die Luft. Während die verlorenen Jungen immer kleiner wurden, ließ das Gefühl der Freiheit in Peter nach. Ihm war, als würde er einen Teil seiner Unbeschwertheit bei den Jungen zurücklassen. Seine Mundwinkel zuckten nur schwach und recht freudlos. Es kam ihm so vor, als würde eine Last auf seine Schultern gelegt und trotz der Schwerelosigkeit, die ihm das Fliegen bescherte, wog sie schwer. Das Stück Weg, welches er vor ein paar Stunden noch genossen hatte, zog viel zu schnell an ihm vorbei, obwohl er wesentlich langsamer flog. Nach kurzer Zeit schon sah er Hook an einem kleinen Feuer sitzen. Der Pirat hatte sich entgegen jeglicher Vernunft dazu entschlossen, ein Feuer zu entzünden. Dabei war es Hook gewesen, der noch vor kurzem Peter angehalten hatte, kein Lagerfeuer zu machen. Verärgerung wallte in ihm auf, aber als er hinter einem Gebüsch landete, damit Hook nicht sah, dass er fliegen konnte, war davon nichts mehr übrig. Nachdem er aus dem Gebüsch hervor trat, sah Hook auf. Die veilchenblauen Augen blickten ihn unergründlich an und Peter fühle sich unwohl. Tief in seinem Hinterkopf meldete sich sein schlechtes Gewissen, sodass Peter schluckte, ehe er sich neben den Kapitän auf den Boden setzte. „Du warst lange weg“, sagte James. „Nur ein paar Stunden“, rechtfertigte sich Peter. „Mir war kalt“, entgegnete Hook, „deshalb hab ich Feuer gemacht. Wenn wir von den Piraten gefunden werden, bist du schuld.“ „Ich? Weshalb? Du hast das Feuer angezündet.“ Peter war entrüstet. „Du hättest hier sein sollen, um mich zu wärmen.“ Ein molliges Gefühl breitete sich in Peter bei dem Gedanken aus, er könnte wieder den festen Leib Hooks an seinem spüren. Er war heilfroh gewesen, dass die verlorenen Jungen nicht begriffen hatten, was er tatsächlich mit dem Mann im Bach getan hatte. „Wir sollten weitergehen“, meinte Peter schwach. „Warum? Hast du mit den verlorenen Jungen nicht klären können, was du klären wolltest?“ „Doch.“ „Und warum dann?“ James sah ihn immer noch intensiv an. Peter spürte, dass etwas anders war als sonst. Etwas lag in der Luft, dass er nicht deuten konnte und es ängstigte ihn. „Ich…“ Peter räusperte sich. „Ich halte es für ratsamer.“ „Aber wir werden nicht verfolgt, oder?“ „Nein.“ Es entstand eine kurze Pause. Peter wurde unruhig. Sie sollten vielleicht wirklich schlafen. Inzwischen war es sehr spät. Noch einmal den halben Tag zu verschlafen wäre höchst unklug. Wenn sie mit dem Morgengrauen aufstehen würden, dann könnten sie die Höhle morgen erreichen und Peter könnte gegen Abend das Meerjungfrauengift in Händen halten. „Komm her“, sagte James und winkte Peter mit der Hand, damit er zu ihm ging. Peter wollte nicht, wollte wirklich nicht und doch… Seine Füße trugen ihn wie von alleine um das Feuer. Auf Zeichen von James setzte er sich auf dessen Schoß und sofort loderte wieder Erregung in ihm. Sein Körper hatte die Lust nicht vergessen. „Sieh mich an“, forderte James sanft und Peter kam nicht umhin, der Aufforderung nachzukommen. Er versank in den glänzenden Augen und spürte den zarten Fingerstreif von Hooks Daumen über seine Lippen. Unwillkürlich öffnete er diese einen Spalt. James‘ Hand glitt in seinen Nacken und zog ihn zu sich, um ihre Münder miteinander zu verschmelzen. Hooks Kuss begann sanft, wurde dann jedoch immer leidenschaftlicher, bis er Peter halb verschlang. Peter gefiel es. Peter genoss es. Er ließ sich ganz in dem Wirrwarr an Emotionen treiben, welches Hook in ihm auslöste. Kaum bemerkte er, wie der Kapitän ihn auf den Boden dirigierte, sich auf ihn legte. Alles ging so reibungslos ineinander über, dass Peter erst begriff, was geschah, als er Hooks Glied durch die Kleidung heiß und pochend an seinem eigenen reiben fühlte. Erschrocken keuchte Peter auf und blickte in Hooks Augen. Pures Feuer loderte ihm entgegen. Mehr eine Ahnung als alles andere wurde in Peter wach. Er sollte flüchten, sonst würde James etwas mit ihm machen, das ihre ganze Beziehung für immer verändern würde. Doch der Pirat war schneller. „Denk nicht erst daran, abzuhauen“, raunte er ihm heiser zu. „Du wirst mir nicht noch einmal entkommen.“ Peter bekam keine Gelegenheit, etwas dazu zu sagen. Ein erneuter Kuss versiegelte seine Lippen und alles woran er denken konnte, bevor seine Vernunft verstummte, war, dass die Last auf seinen Schultern zwar schwer wog, aber ihr Inhalt süß schmeckte. Fortsetzung folgt… Kapitel 30: Kapitel 30 ---------------------- Hitze. Unsagbare Hitze erfüllte Peters Leib. Er brannte unter James‘ feurigen Küssen. „Warte“, keuchte Peter, doch schon im nächsten Moment wusste er nicht mehr, weshalb. James‘ kundige Finger hatten sich unter sein Oberteil geschoben, sich über den flachen Bauch getastet, nur um auf seiner Brust neckisch die zarten Knospen zu reizen. Unwillkürlich zog Peter die Luft ein, bog sich Hook entgegen und der Kapitän stieß einen merkwürdig gutturalen Laut aus. Peters Hemd wurde ihm flink vom Körper gezerrt und die frechen Finger wurden durch heiße Lippen ersetzt. Stöhnend fiel Peters Kopf nach hinten. Er fühlte, wie James an ihm leckte und saugte und es überwältigte ihn. Erregung durchfloss seinen ganzen Körper. Was auch immer dieser elende Pirat da tat, er wollte mehr davon. Seine Hände fanden wie von alleine den Weg in Hooks dunkle Lockenpracht. Vergruben sich darin und durchwühlten sie, während er die geübten Liebkosungen genoss. „Du bist schön“, hörte er Hook rau flüstern. „So wunderschön.“ Die Lider halb geschlossen, blickte Peter ihn an. James‘ Augen glühten fast rot. War es eine Reflektion des Lagerfeuers oder eine Reflektion der Flammen, die in Peter wüteten? „Was tust du mit mir?“, fragte Peter und erschrak über den sehnsüchtigen Klang seiner Stimme. „Ich vereinnahme dich.“ „Und was heißt das?“ „Ich werde dich ausfüllen. Mit meinem Körper. Mit meinem Geist.“ Ein Schauer durchrann Peter. Diese Worte bargen so viel Kraft. Ließen ein Versprechen erahnen, das Peter keineswegs erfassen konnte. Sein Verstand suchte nach einer Antwort, die er, unerfahren wie er war, nicht finden konnte. Doch dies war kein Versäumnis, denn James war da, um ihm die Antwort mit seinen Zärtlichkeiten zu offenbaren. Die Augen nun geschlossen, genoss Peter, wie der Pirat an ihm hinunterglitt, sanfte Küsse auf seiner nackten Haut hinterlassend. Sein Körper schmolz unter den Liebkosungen und Peter wand sich unruhig unter James. Er glaubte, in der süßen Qual zu vergehen, bis Hook endlich beim Bund seiner Hose angelangte. Ein Bild tauchte in ihm auf. Eine Erinnerung daran, dass dieser Mann schon einmal sein Glied zwischen die Lippen genommen und auf diese höchst intime Art berührt hatte. Brennende Erwartung durchflutete ihn bei der Vorstellung daran, dass dies ein weiteres Mal geschehen konnte. Bebend öffnete Peter seine Augen und sah auf James, der mit zittrigen Fingern den Bund seiner Hose umfasste. Ihre Blicke trafen sich. War da ein Hauch Unsicherheit in James‘ Augen? Wenn ja, verflog diese sofort und er befreite Peter langsam von dem letzten Rest Stoff. James richtete sich auf und sah ihn an. Von oben bis unten, so als würde er seinen Körper studieren. Sich alles von ihm einprägen wollen. Doch dann bemerkte Peter etwas, das ihn erheblich störte. Auch er kniete sich nun hin. „Was machst du?“, fragte der Kapitän. „Ich möchte dich auch sehen“, sagte Peter, welcher gerade jeden einzelnen Knopf von Hooks Hemd löste, um die männliche Brust zu entblößen. Hooks Hände langten nach den seinen. „Willst du das wirklich?“ Da war ein ernster Klang in James‘ Stimme, der Peter fast beunruhigt hätte. „Ja“, antworte Peter und lächelte, den Kopf leicht zur Seite geneigt. Er wollte den Mann wirklich nackt sehen und außerdem wäre es ja nicht das erste Mal. Ihr Bad im Fluss war gerade wenige Stunden her. „Wenn du mich jetzt nicht aufhältst, dann gibt es kein Zurück mehr!“ Peter hatte keine Ahnung, von was es kein Zurück mehr geben würde, doch die Abenteuer, die Hooks Körper ihm beschert hatten, die, die er ihm noch versprochen hatte, lockten ihn. Er wollte wissen, was es noch Unglaublicheres geben konnte als das, was er bereits mit James geteilt hatte. Also war es dieses Mal an ihm, sich vorzubeugen und James zu küssen. Seine Zunge huschte vorwitzig zwischen James‘ Lippen, bemüht, diesen ebenso zu verwöhnen, wie es umgekehrt stets der Fall gewesen war. Hook brauchte nur eine Sekunde, ehe er Peter umschlang und wieder unter sich brachte. Am Rande registrierte Peter, dass Hook sich rasch von seiner Hose befreite und als ihre Glieder wieder aneinander stießen, waren sie beide vollkommen nackt. Das Gefühl von Haut an Haut überwältigte Peter. Es fühlte sich verboten gut an. Sanft rieb James seinen Körper an Peters und jede dieser leichten Berührungen steigerte das Verlangen in Peter. Seine komplette Umwelt war hinter einer dunklen Wand verschwunden, während er nur noch Hook wahrnahm, der sich auf ein Neues an ihm hinab gleiten ließ und dieses Mal tatsächlich sein Glied mit den Lippen verwöhnte. Peter zitterte am ganzen Leib, als er sprach, doch er musste es machen. Etwas in seinem Inneren zwang ihn dazu. „Nimm ihn in den Mund.“ Es hatte ein Befehl, eine Aufforderung sein sollen, aber es klang derart bettelnd, dass James kurz kehlig auflachte, ehe er den Wunsch erfüllte. Peter meinte, zu vergehen. Nichts zuvor erlebte reichte an den Hochgenuss heran, von James auf diese Weise liebkost zu werden. Kaum bemerkte er, wie sich Stöhnen um Stöhnen aus seiner Kehle rang. Längst war er nicht mehr Herr über seinen Körper und so war es kein Wunder, dass er sich schon wenige Augenblicke später heftig zuckend in der Süße von Hooks Mund ergoss. Sein Körper bebte, sein Atem ging hektisch, während eine bleierne Müdigkeit angerollt kam und Peter zu überwältigen drohte. James ließ jedoch nicht zu, dass Peter sich erholte. Er tauchte wieder im Blickfeld des Jungen auf und küsste ihn, den herben Geschmack der Flüssigkeit auf Peters Lippen hinterlassend, die Hook kurz zuvor geschluckt hatte. „Peter“, raunte Hook, „zauberst du ein Fläschchen Öl herbei?“ „Warum?“, fragte Peter, der dem Befehl bereits nachgekommen war. „Lass dich überraschen“, hauchte James und benetzte seine Finger mit dem Öl. Fasziniert betrachtete Peter, wie Hook sich zwischen seine Beine kniete und diese weit auseinander zog. Sein Herz machte einen heftigen Hopser nach dem anderen. Obwohl Nacktheit für Peter etwas sehr natürliches war, so war es ihm dennoch unangenehm, dass Hook ihn mit solch einem Verlangen in den Augen anstarrte. Peter schluckte. Seine Beine zuckten, in dem Widerspruch gefangen, sie wieder zu schließen und so dem Hunger des Piraten zu entgehen und der Neugier, was Hook ihn nun lehren würde. Die eingeölten Finger tasten sich vor. Umfassten Peters überreiztes Glied, bewegten sich an ihm auf und ab, ehe sie zielsicher die beiden Hoden umfassten, sie kneteten und massierten, bis Peter sich auf die Unterlippe bis, um nicht schon wieder zu stöhnen. James grinste ihn schief an und es hatte ein bisschen was Diabolisches an sich, das Peter in diesem Moment jedoch ignorierte, er wusste, gleich würde James etwas machen, das seine Vorstellung ein weiteres Mal übertreffen würde. Und so war es auch. Mit sinnlicher Genauigkeit tastete er sich weiter vor und berührte Peter an einer Stelle seines Körpers, über die dieser niemals zuvor nachgedacht hatte. Die Anspannung auf das Kommende wuchs in Peter und doch war es für ihn kaum verwunderlich, als sein Körper nachgab und James‘ Finger in ihn glitt. Empfindungen verschiedenster Art durchfluteten ihn. Ein leichter Schock darüber, dass man jenen Teil seines Körpers so benutzen konnte, ein Hauch Schmerz, welcher ebenso rasch verwand, wie er angeflogen gekommen war, und die Erwartung darauf, was James als nächstes machen würde. Nur wenige Herzschläge später erfuhr Peter es, als sich James‘ Finger behutsam in ihm zum bewegen begann. Die Reibung, das Gefühl, an dieser Stelle ausgefüllt zu sein, war merkwürdig und gut zugleich. „Schließ deine Augen“, bat James murmelnd, als er Peters interessierten Blick bemerkte. James‘ Wangen färbten sich mit Schamesröte. „Bitte“, der nochmalige Wunsch, offenbar war es ihm unangenehm, bei seinem Tun beobachtet zu werden. „Aber…“, setzte Peter an, der, seiner naturgegebenen Neugier unterworfen, sehr gerne dabei zusehen wollte, was der Pirat da mit ihm anstellte. „Vertrau mir“, sagte James, „mit geschlossenen Augen wird es schöner.“ Ein kurzer Moment des Zögerns verging, ehe Peter tat, worum James ihn gebeten hatte und er wurde nicht enttäuscht. Tatsächlich fühlte er nun noch intensiver. Ein weiterer Finger glitt in ihn und Peter keuchte vor Erregung auf. Wie ein kribbelndes Feuer breitete sich die Erregung von der Stelle seinen Leibes, den James penetrierte, aus und brachte die bereits fast erloschenen Flammen der vorherigen Leidenschaft erneut zum lodern. Sein Körper bog und drängte sich James entgegen, bis dieser sich plötzlich zurückzog. „Was?“, fragte Peter ganz verwirrt. „Schhh“, machte James, legte sich auf ihn und küsste ihn innig, während er sich zwischen Peters Schenkeln positionierte. Die Augen weit aufgerissen, begriff Peter, was James gleich tun würde und noch im Unglauben gefangen, ließ der Pirat sich langsam in ihn gleiten. Schmerz erfüllte ihn, als Hook in ihm war. Sein Körper krampfte, wehrte sich instinktiv gegen den Eindringling und seine Hände auf James‘ Brust wollten den Mann von sich stoßen. „Ganz ruhig“, raunte James ihm zu. Der beruhigende Klang in James‘ Stimme ließ Peter innehalten. „Zieh ihn raus! Das tut weh!“ „Ich weiß. Es tut mir leid, aber… beim ersten Mal ist das meistens so.“ Erstaunt blickte Peter den Mann an. „Heißt das, wenn man das öfters macht, wird es besser?“ „Ja“, sagte James matt und mit dem Anflug eines Schmunzelns auf den Lippen, bevor er Peter sehr sanft und lange küsste. „Schmerzt es noch?“ „Nein“, stellte Peter verwundert fest. „Dann darf ich mich jetzt bewegen? Ich halte es nämlich nicht mehr aus.“ „In Ordnung“, antworte Peter, der den gequälten Ausdruck auf James Gesicht sah. Ohne ein weiteres Wort, eine weitere abwartende Sekunde, begann James die Bewegung seiner Hüfte aufzunehmen. Peter blieb der Atem weg. Nichts hatte ihn auf diese Gefühle vorbereitet. Mochte er zuvor die Reibung der Finger als lustvoll erachtet haben, so war dies nur ein Abklatsch dessen gewesen, was er nun empfand, wo James‘ harter, pulsierender Schaft sich in ihm bewegte. Sein Kopf suchte verwirrt nach einem Wort, mit dem er dieses Gefühl beschreiben konnte, doch er fand keines und schon wenige Stöße später war es ihm gleich, denn nun fühlte er nur noch James, der sich rhythmisch in ihn hinein und hinaus gleiten ließ. Seine Beine schlangen sich wie von selbst um Hooks Hüfte, zogen den Mann enger an sich heran, damit er ihn noch tiefer, noch intensiver spüren konnte. Seine Hände, bislang untätig, streichelten wie ihm Wahn über die Muskeln von James‘ Rücken. Peter fühlte wie sich mit jedem Stoß etwas Unfassbares in sich zusammenbraute. Es wurde größer, stärker und als es sich entlud, schrie Peter aus voller Kehle James‘ Namen. Erst eine ganze Weile später kam Peter wieder zu sich. James lag noch immer auf ihm und es fühlte sich toll an, denn Peter hatte sich niemals zuvor einem Menschen derart verbunden gefühlt, wie James in diesem Augenblick. „Alles in Ordnung?“, raunte dieser ihm fragend zu, strich eine Strähne feuchten Haares aus Peters Gesicht und küsste zärtlich seine Stirn. „Ja“, antworte Peter. Selbst in seinen Ohren klang seine Stimme schnurrend wie die eines zufriedenen Kätzchens. James verlagerte leicht sein Gewicht und lustvolle Blitze zuckten durch Peter. James war noch in ihm! Im Begriff, sich aus ihm zurückzuziehen, hielt Peter ihn auf. „Noch nicht. Bitte!“ Tiefe Zärtlichkeit blickte ihm entgegen. „Du bist wundervoll“, lächelte James sanft. „Mir kommt es vor, als würden wir uns schon ewig kennen. Warte!“, sagte er, als Peter schon etwas erwidern wollte. „Ich weiß, dass wir uns vor meinem Gedächtnisverlust kannten, aber diese Form der Intimität war dir neu, nicht wahr?“ „Ist das schlimm?“ „Nein, nein, ist es nicht“, meinte James kopfschüttelnd. „Es ist wunderbar, dass du mir dieses Geschenk gemacht hast.“ „War es das? Ein Geschenk?“ „Das Schönste, welches du mir machen konntest.“ Peter sagte nichts mehr. Er zog James zu sich hinunter und küsste ihn. In diesem Augenblick hatte Peter gelernt, dass es Dinge gab, die mehr als tausend Worte sagen konnten und so legte er die ganze Wärme, die sein Herz gerade erfüllte, in diesen einen Kuss, der erst unterbrochen wurde, als James die Bewegung seiner Hüfte von neuem aufnahm. Fortsetzung folgt… Kapitel 31: Kapitel 31 ---------------------- Der köstliche Duft von Speck weckte James am nächsten Morgen. Benommen blinzelte er ein paar Mal, um den Schlaf zu vertreiben. Sein Blick fiel auf den Horizont, wo er sah, wie die Sonne begann, sich über den Rand des Meeres zu erheben. Sie färbte das Wasser golden. Der Aussicht war atemberaubend, doch da der Duft des Speckes ihn lockte, drehte er sich noch im Liegen um und was er dort entdeckte, war ebenso schön. Peter stand neben dem verglühten Lagerfeuer und richtete, nackt, wie er geboren worden war, Schüssel um Schüssel an. James sah frische Früchte, Pudding, Rühreier, Brot und Brötchen, aber auch süße Kuchen und viele andere Versuchungen. Auch wenn sein Magen sich bei diesen Köstlichkeiten zusammenzog und ihm signalisierte, dass er Hunger hatte, so erfüllte der Anblick Peters ihn mit einem noch größeren. Peter strahlte. Sein ganzer Körper leuchtete von innen heraus und James brauchte kein Hellseher zu sein, um zu erkennen, dass Peter durch und durch glücklich war. Schmunzelnd betrachtete er ihn eine Weile bei seinem Handeln und sah zu, wie Peter heiße Schokolade, warme Milch, Tee und sogar Kaffee herbei zauberte. Nur kurz fragte er sich, weshalb es ihm so selbstverständlich vorkam, dass Peter zaubern konnte. Aber er hatte es gewusst. Gestern Nacht, als er Peter um das Öl gebeten hatte. Ob dies eine Erinnerung seines früheren Ich’s war? Doch gleich wie, wie konnte es sein, dass Peter diese Gabe hatte? Doch hatte er nicht schon zuvor versucht, es ihm zu erklären? Ein Erinnerungsfetzen rauschte durch seinen Kopf. „Was genau ist passiert? Weshalb habe ich meine Erinnerungen verloren? Bin ich gestürzt? Habe ich mir den Schädel zu heftig gestoßen?“ „Nein, das war Magie.“ Genau dies hatte Peter gesagt. Magie. Dieses Wort, welches so unglaublich wirkte und dennoch von ihrer jetzigen Realität sprach, denn Peter benutzte Magie, um ihnen ein unglaublich opulentes Frühstück zu zaubern. Als Peter bemerkte, dass er wach war, grinste er ihn frech an. „Steh auf, alter Mann, das Frühstück wird sonst kalt.“ Über das ganze Gesicht lächelnd tat James, wie ihm geheißen, jegliche Gedanken an Magie und aufkeimende Erinnerungen verdrängend. Er stand auf, ging zu Peter hinüber, schnappte sich ein Stück Speck, doch noch bevor er hineinbiss, überrumpelte er Peter und stahl ihm den ersten Kuss am frühen Morgen. Nachdem er sich wieder von ihm gelöst hatte, sahen ihn lustverhangene grüne Augen an. James wusste, dass es nur eines weiteren Kusses bedurfte und das Frühstück wäre gänzlich vergessen. Einen so sinnlichen Jungen an seiner Seite zu wissen, erwärmte ihn innerlich. Fast hatte er den Eindruck, dass ein Teil der Kälte, die Samanthas Verrat in ihm hinterlassen hatte, verschwunden war. Denn hatte er sich nicht immer nur dies eine gewünscht? Einmal mit einem Menschen zu schlafen, den er von Herzen liebte? Nun, auch wenn er sich keineswegs sicher war, was genau er für diesen Jungen fühlte, so war auch James bewusst, dass es mehr war als nur pures Verlangen. Peter hatte etwas an sich, das ihn faszinierte, ihn fesselte und an ihn band, ohne dass dieser etwas dafür tat. Er trat ein Stück zurück, biss in sein Stück knusprigen Speck und griff gerade nach einem weiteren, als ihm Peters Blick auffiel. Die Augen des Knaben waren auf seine Körpermitte gerichtet. „Gefällt dir, was du siehst?“ Sofort verfärbte Röte Peters Wangen. Es war offenkundig, dass er nach Worten suchte, um zu erklären, was in seinem hübschen Kopf vor sich ging, doch erst als James fragend eine Augenbraue hob, riss sich Peter zusammen und schaute ihm wieder ins Gesicht. „Ich… Mir wird ganz anders, wenn ich daran denke, was du gestern mit mir getan hast. Ich habe nie zuvor so gefühlt. Hätte mir nie zu erträumen gewagt, dass man… das… machen könnte.“ „Nun…“, sagte James bedacht, „du weißt von vielen dieser Dinge nichts, aber es wäre mir ein Vergnügen, sie dich zu lehren.“ „Gibt es noch mehr?“, fragte Peter. „Gibt es noch mehr als das von letzter Nacht?“ „Ja“, lächelte James sanft. „Es gibt so viele Arten, wie man einander lieben kann.“ „Liebe…“, sagte Peter und das Strahlen seines Wesens erlosch ganz langsam. „Habe ich etwas Falsches gesagt?“, wollte James verdutzt wissen. „Nein“, entgegnete Peter entschlossen und schüttelte den düsteren Gedanken, der sich scheinbar in seinen Kopf geschlichen hatte, fort. „Lass uns frühstücken. Wir sollten heute nicht trödeln, dann sind wir noch vor der Abenddämmerung an der Piratenhöhle.“ „In Ordnung“, meinte James, den das Gefühl beschlich, dass er unbeabsichtigter Weise einen wunden Punkt bei Peter getroffen hatte. Sie aßen stillschweigend und erneut hatte James die Gelegenheit, Peter genau anzusehen. Etwas an seinem Gesicht war anders. Nicht viel, aber es war ein bisschen weniger rund, vielleicht so, als wäre er über Nacht ein paar Monate gealtert. Das konnte natürlich nicht sein, dennoch… Wenn der Junge zaubern konnte, dann vielleicht auch über Nacht altern. Der Gedanke ließ James nicht los. Er wünschte sich sehr, er hätte sein Gedächtnis zurück, doch für den Anfang hatte er lediglich das Grundbedürfnis, dass Peter wieder mit ihm sprach. „Erzählst du mir etwas über mich? Was habe ich auf der Insel getan, bevor ich mein Gedächtnis verloren habe?“ Peter sah von seinem Pudding auf. „Du warst ein Pirat.“ „Das war ich auch schon davor. Aber was habe ich hier gemacht? Seit wir auf das Meer blicken können, habe ich noch kein Schiff entdeckt. Ein Pirat, der nicht kapert, ist kein Pirat.“ „Doch. Als du auf die Insel gekommen bist, hast du angefangen, die Indianer und die verlorenen Jungen zu überfallen.“ „Indianer? Ich dachte, hier gibt es keine Erwachsenen?“ Peter rutschte unruhig auf seinem Po hin und her. Scheinbar hatte der Junge ihn in diesem Punkt belogen. Bei was hatte er ihm noch Märchen erzählt? James spürte den ersten Anflug von Ärger in sich aufkeimen, drückte ihn jedoch nieder, da er Peter inzwischen gut genug kannte, um zu wissen, dass er sofort mauern würde, sollte er zu hart angepackt werden. „Nur die Piraten und ein paar Indianer“, gab Peter murmelnd zu. „Wann wolltest du mir das verraten?“ „Gar nicht“, die unbekümmerte Antwort. „Warum? Hattest du Angst, ich verschwinde?“ „So in etwa“, gestand Peter und sah ihn mit direktem Blick an. „Was für ein Verhältnis bestand zwischen uns?“, fragte James, in dem Misstrauen erwacht war. „Wir waren intim, haben aber noch nicht miteinander geschlafen. Bin ich dein Gönner?“ „Müssen wir wirklich darüber reden?“, fragte Peter und schnappte sich ein Stück Mango, welches er sich in den Mund schob. Mit vollen Wangen sprach er weiter: „Reicht es nicht, dass wir uns jetzt verstehen?“ „Haben wir uns vorher nicht verstanden?“ Ertappt verzog Peter missbilligend das Gesicht, was angesichts seines vollen Mundes fast schon komisch aussah. James merkte sofort, dass er keineswegs vorsichtig genug gewesen war. Denn als Peter die letzten Bisse seiner Mango hinuntergeschluckt hatte, setzte er ein Lächeln auf, das unheilvoll wirkte. Geschmeidig wie eine Katze streckte er sich ihm entgegen, und obwohl es wirklich nicht in James‘ Natur lag, verharrte er wie gebannt in seiner Position. Peter kam immer näher und als ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren, verlor James die Beherrschung. Sein Blick rutschte hinab, blieb an den feucht schimmernden Lippen von Peter hängen und als der Junge die Distanz überbrückte und ihn küsste, verpuffte jeder Gedanke an Magie, Antworten und irgendwelche Ungereimtheiten. James registrierte nur noch, dass Peter, aufgrund just verspeister, süßer Frucht, noch lieblicher schmeckte, als er es ohnehin schon tat. Fortsetzung folgt… Kapitel 32: Kapitel 32 ---------------------- Peter lief einige Meter vor James. Seine Schritte wurden allmählich langsamer, denn er hatte ein unangenehmes bis leicht schmerzendes Ziehen in seinem Hintern. Er vermutete zu Recht, dass dies von den ungewohnten Aktivitäten, die er mit James getan hatte, stammte. Trotzdem hätte er auf diese Erfahrung keineswegs verzichten mögen. Am Morgen hatten sie ein weiteres Mal ihre Körper miteinander verbunden und schon der bloße Gedanke daran ließ Peter heiß werden. Er würde es sofort wieder machen. James hatte ihm Dinge gezeigt, die so lustvoll waren, dass er sich fragte, weshalb er nicht schon viel früher darauf gekommen war. Nachdem sie miteinander geschlafen und gefrühstückt hatten, waren sie zum Bach gegangen, um, wie James es nannte, die Spuren der Leidenschaft von ihren Körpern zu waschen. Im Bach hatte das gegenseitige Rückenwaschen dazu geführt, dass James ihn nochmals mit dem Mund verwöhnt hatte. Doch obwohl Peter bereit gewesen war, James dieses Vergnügen zu erwidern, hatte der Pirat abgelehnt und gemeint, dass sie sich fertig machen und zur Piratenhöhle laufen sollten. Natürlich hatte dies Peter gewurmt, denn schließlich war er es gewesen, der den Piraten hatte anhalten wollen, zur Höhle zu gehen. Ein klein wenig war aber auch der Umstand an seiner derzeit miesen Laune schuld, dass ihm aufgefallen war, wie leicht James ihn von den wichtigen Dingen ablenken konnte. Er hätte möglicherweise einräumen können, dass er zuerst James abgelenkt hatte, da er der Unterhaltung über James‘ früheres Ich hatte entkommen wollen, aber so viel Ehrlichkeit gestand Peter sich gerade nicht zu. Es war aber auch zu viel von ihm verlangt. In seinem Kopf war ein Wirrwarr unterschiedlichster Gedanken, sein Körper ein überquellender Topf voll neuer Emotionen, welche er erst noch verarbeiten musste. Gerade dachte Peter an die verlorenen Jungen. Wie einfach sein Leben bei ihnen gewesen war, bevor Hook ihn gefangen hatte. Die wenigen Tage kamen ihm gerade ewig vor. Seine Erinnerungen an die Zeit vor James drohten blasser zu werden, doch zum ersten Mal überhaupt klammerte sich Peter daran fest. Ihm war, als wäre er im Begriff, etwas ganz Wichtiges zu verlieren. So sehr er die Verbundenheit mit James genoss, was würde geschehen, sobald dieser das Gift getrunken hatte? Konnte James ihm überhaupt noch die Geheimisse von Hook verraten, wenn dieser doch nichts mehr über seine Vergangenheit wusste? Außerdem hatte er doch schon jetzt mehr über das Leben des Kapitäns erfahren, als er sich je vorzustellen vermocht hatte. Mit Sicherheit würde James ihm noch mehr erzählen, wenn er darum bat. Weshalb dann noch das Gift? Widersprüche kämpften in Peter. Er war sich seines Handelns nicht länger sicher. Das Spiel war keines mehr. Doch die Antwort auf die Frage, was es nun war, ängstigte ihn. Liebe… Dieses Wort – Warum hatte James es erwähnt? Wie ein Schlag in den Magen hatte es ihn an längst vergangene Worte des Piratenkapitäns erinnert. „Natürlich! Das ist der Lauf des Lebens. Erwachsene verlieben sich, heiraten, bekommen Kinder.“ Wenn das, was zwischen ihm und diesem Mann vonstattenging, Liebe war, bedeutete dies, er wurde tatsächlich erwachsen? War die Behauptung von Hook, von den verlorenen Jungen, dass er älter geworden war, die Wahrheit? Heimlich hatte Peter, als James sich nach dem Bad im Fluss angezogen hatte, sein Spiegelbild im Wasser angesehen. Trotz der wellenartigen Bewegungen hatte er sich wiedererkannt. Er hatte ausgesehen wie immer, nur dass er irgendwie andere Augen gehabt hatte. Peter konnte den Blick, mit dem er sich selbst angesehen hatte, nicht beschreiben. Seine Augen hatten vor Glück geglänzt und doch… ganz tief in ihnen drin hatte Peter etwas Neuartiges entdeckt. „Wie weit willst du heute noch laufen?“, fragte James, der plötzlich aufgeschlossen hatte und direkt neben ihm stand. „Bis wir die Höhle erreicht haben.“ „Weshalb? Was macht ein weiterer Tag schon aus? Meine Füße schmerzen und ich würde gerne rasten.“ Peter blieb stehen und sah James ins Gesicht. „Du hast heute Morgen darauf bestanden, zu gehen.“ „Aber doch nur“, sagte James und errötete leicht, „weil ich dich… Weil ich mich beherrschen musste, nicht noch ein weiteres Mal über dich herzufallen.“ „Wirklich?“, hakte Peter nach, den das Schnurren in seiner Stimme erschrak. „Ja“, lächelte James und zog ihn zu sich. „Hörst du dann jetzt auch auf zu schmollen?“ „Ich schmolle nicht.“ „Doch, tust du und ich finde es entzückend. Aber ich mag es dennoch lieber, wenn wir uns wieder vertragen.“ Darauf wusste Peter nichts zu sagen. Stattdessen lächelte er James schief an und ließ zu, dass dieser ihn eng an sich heranzog. „Frieden?“, hakte James zur Sicherheit nach und Peter nickte. Sekundenbruchteile später küssten sie sich. Peter seufzte selig in den Kuss hinein. Es kam ihm so lange vor, dass sie sich nicht derart berührt hatten. Gleichwohl der Kuss keusch und lediglich aus einem sinnlichen Zusammenspiel zweier Lippenpaare bestand, wurde Peter ganz weich in James‘ Armen. „Du bist herrlich“, wisperte James so leise, dass Peter es beinahe überhört hätte. „Du bist auch nicht übel“, kam die freche Entgegnung. James‘ Lachen hallte auf dem Plateau. Mit seiner Hand wuschelte er in Peters Haaren, welcher automatisch einen Schritt zurückwich. „Lass uns weiter gehen“, schlug der Pirat vor. „Ich dachte, deine Füße schmerzen?“ Skeptisch zog Peter seine Augenbrauen hoch und James bekam vom Flunkern rote Ohren. Ohne weiter darauf einzugehen, schnappte er sich Peters Hand und zog ihn mit sich, nur um die Hand eine ganze Weile später wieder loszulassen. Von da an gingen sie einträchtig nebeneinander her, während James einige lustige Anekdoten aus seiner Kindheit zum Besten gab, welche Peter so manches Mal erstaunte. Da waren so viele Dinge, die Peter James fragen wollte, aber gar nicht dazu kam, weil er den Mann in seinen Erzählungen nicht allzu oft unterbrechen wollte, um ja keine der Geschichten zu verpassen. Aber Peter bemühte sich sehr, sich all die Dinge zu merken, um James bei nächster Gelegenheit auszufragen. Während sie so liefen, vergaß Peter die Fragen zum Meerjungfrauengift. Er war ganz auf James konzentriert. Auf den Klang seiner Stimme, die Art, wie er sein Gesicht beim Sprechen verzog und auch auf den unvergleichlichen Geruch nach Sonne und Meer, den Peter tief in sich einsaugen wollte. Erst als James abrupt stoppte und auf einen nackten Felsen stierte, wurde Peter aus seiner verträumten Betrachtung gerissen. „Was ist los?“ „Siehst du es denn nicht?“ „Was denn?“, wollte Peter wissen. „Dort“, sagte James und deute auf den Felsen. „Der Eingang zur Piratenhöhle!“ Fortsetzung folgt… Kapitel 33: Kapitel 33 ---------------------- Peter starrte auf den Felsen, dessen Anblick James so verzückte. Doch egal wie lange und wie konzentriert er darauf blickte, ob er blinzelte oder nicht, er konnte keine Höhle entdecken. James neben ihm wurde ungeduldig, weil Peter scheinbar nicht begriff, was da vor ihnen lag, aber Peter verstand. Der Eingang zur Höhle war seinen Augen verborgen. Er war kein Pirat. Hook hatte doch gesagt, dass die Piratenhöhle seiner Neugier bisher entgangen war, weil die Höhle nur für Piraten war. Jetzt wusste Peter auch, was dies bedeutete. Nur mit den Augen eines Piraten war der Eingang der Höhle zu sehen. Mit den Zähnen auf der Unterlippe kauend, fragte Peter sich, ob es ihm überhaupt möglich war, die Höhle zu betreten, oder ob die Anstrengungen der letzten Tage vergebens waren. Was sollte er machen, wenn nur James hineingehen konnte? Was, wenn er das Gift niemals in Händen halten würde? „Und? Kannst du sie noch immer nicht sehen?“, fragte James, packte ihn am Arm und zog in voll Elan mit sich. „Nein.“ „Wie kann das sein? Der Eingang ist riesig! Drei Mann passen locker hinein. Ein Schild von der Größe eines Kalbs hängt über dem Eingang. Die Piratenflagge ist aufgemalt.“ „James…“, sagte Peter, stemmte seine Füße in den Boden und versuchte, seinen Arm zu befreien. „Was?“, meinte James gereizt und blieb plötzlich stehen, um Peter anzusehen. „Ich kann die Höhle nicht sehen, weil ich kein Pirat bin.“ „Aber wenn du sie nicht sehen kannst – wie gedachtest du dann, hinein zu kommen?“ Peters Schweigen war ihm scheinbar Antwort genug. „So ist das… Deshalb wolltest du mich nicht zu den anderen Erwachsenen lassen. Hast du mir deshalb auch Informationen über mein altes Leben versagt? Weil du befürchten musstest, ich würde dich alleine lassen?“ „Ein wenig“, gestand Peter, welcher den Hauptgrund ganz woanders sah. Wie hätte er einen Kapitän James Hook ohne Erinnerungen auf einer gefährlichen Insel wie Nimmerland alleine lassen können? Wie hätte er ihn, der ohne Gedächtnis so verwundbar wie ein Kind war, verlassen können? Vergessen waren alle seine Gedanken an Rache. „Ein wenig?“, echote James. Seiner Körperhaltung konnte Peter nur allzu deutlich entnehmen, dass er wütend war. „Weshalb dann noch? Weshalb sollte ich noch bei dir bleiben?“ James‘ Vergissmeinnichtblaue Augen durchbohrten Peter. Verzweifelt suchte er nach Worten, um James zu beruhigen, doch seine Zunge verweigerte ihren Dienst. So musste er hilflos mit ansehen, wie James‘ Zorn sich steigerte. „Hast du deshalb mit mir geschlafen?“ „Was?“, fragte Peter geschockt. „Hast du deshalb mit mir geschlafen? Damit ich bei dir bleibe? Dich in die Höhle lotse?“ „Nein!“ Wie konnte der Pirat ihm nur etwas Derartiges vorwerfen? „Wirklich?“, bohrte James nach, packte Peters Schultern grob, den der plötzliche Schmerz zum Aufstöhnen brachte. „Wirklich!“, schrie Peter und versuchte, sich aus dem brutalen Griff zu befreien, doch je mehr er sich wehrte, umso fester hielt James ihn. Tränen schossen ihm in die Augen und dann, von einer Sekunde auf die andere, ließ James abrupt los. Wimmernd fiel Peter auf seine Knie. Er wusste nicht, weshalb, aber er konnte seine Gefühle nun keine Sekunde länger unterdrücken und er weinte. Laut, schniefend, mit bebenden Schultern. Dumpf registrierte er, dass James ein paar Meter von ihm weg ging, nur um dann wieder umzudrehen und sich ebenfalls hinzuknien. Seine Hand zuckte vorsichtig von ihm zurück, aber letztlich legte er sie auf Peters Schulter, der den Körperkontakt befremdlich fand. Schlimm wurde es jedoch erst, als James ihn in seine Arme zog. „Es tut mir leid“, flüsterte er in Peters Haar. Peter hörte es, dennoch konnte er seine Tränen nicht mehr stoppen und letztlich wurde James‘ geflüsterte Entschuldigung, die solange in Peters Ohren klang, bis die letzte Träne vergossen war und Peter sich wieder beruhigt hatte, zu einem andauernden Mantra. Mit geröteten Augen sah Peter auf, direkt in James‘ Gesicht. Er sah das Bedauern in dem gebräunten Gesicht, sah die Reue für sein vorschnelles Verhalten und etwas in Peter begehrte auf und sagte, dass dies keine Rolle spielte. Auf ein Neues hatte der Pirat ihn verletzt. Welche Rolle spielte es, ob dieser Mann dabei Hook oder James war? Wenn lieben bedeutete, erwachsen zu werden, sich verletzlich zu machen, weshalb sollte er das wollen? Weshalb sollte irgendjemand das wollen? Aber Peter spürte auch diese andere Seite in sich, die, welche James verzeihen wollte. Die, welche es auch lieber hatte, wenn sie sich vertrugen. „Glaubst du das wirklich?“, fragte Peter und entzog sich der Umarmung, die bisher immer Geborgenheit vermittelt hatte und sich jetzt wie ein Gefängnis anfühlte. „Ich… Nein. Ich weiß, du könntest so etwas nicht tun.“ „Weshalb behauptest du es dann?“ Peter war verwirrt, geschockt, durcheinander. „Weil ich plötzlich Angst hatte.“ „Angst? Du? Wovor?“ Der Hook, den Peter kannte, ja sogar der James, den Peter hatte kennenlernen dürfen, hatte sich nie gefürchtet. „Versteh doch! Seit Samantha‘s Verrat habe ich nie wieder solch tiefe Gefühle zugelassen. Doch das mit dir – es unterscheidet sich. Bei dir zu sein fühlt sich realer an als alles, was ich jemals mit Frauen geteilt habe. Nur… Es verunsichert mich. In deiner Nähe fühle ich mich wieder wie der unreife Bursche, der in die Falle getappt ist. Kann ich dir trauen? Oder wirst du mich ebenfalls verraten? Wirst du mich eines Tages ebenso hintergehen, wie Samantha es tat?“ Peter war gerührt. Sein Herz verzieh James, wenngleich es vor Scham schier erstickte. Er betrog diesen aufrichtigen Mann bereits. Nicht mit seinem Körper, sondern mit seinem Handeln. Er agierte hinter James‘ Rücken und plante, den Mann, für den er so unerklärlich viel empfand, dem er seine Unberührtheit geschenkt hatte, zu vergiften, um ihm die letzten Geheimnisse von Kapitän Hook zu entlocken. Aber wollte er das überhaupt noch? War der Mann vor ihm nicht längst wichtiger geworden als das Abenteuer? Der Blick aus Peters grünen Augen wurde ganz weich, während er das Gesicht des Mannes vor ihm betrachtete. Er spürte, wie sein Herz für James überquoll mit einem wärmenden Gefühl, für welches Peter keinen Namen kannte. Was es auch war, es verleitete ihn zu den nächsten Worten. „Versprich mir, dass du nie wieder so etwas Schreckliches zu mir sagst.“ „Das verspreche ich.“ Die pure Erleichterung sprach aus James. „Dann ist jetzt wieder alles gut?“ „Ja. Nein. Da gibt es etwas, das ich dir sagen muss. Es geht um das, was wir in der Höhle finden.“ „Ist mir egal“, sagte James ernst. „Gleich, was es ist, es spielt keine Rolle, denn ich vertraue dir.“ „Darum geht es doch“, meinte Peter, dessen schlechtes Gewissen pochte. „Ich muss es dir sagen.“ „Dann sprich“, lächelte James ihn auffordernd an und die Schuld drückte Peter beinahe nieder. „In der Höhle, da finden wir ein Fläschchen-“ „Kapitän!“ Der Ruf von Smee unterbrach Peter mitten im Satz. „Kapitän, da seid Ihr ja!“ Alles was Peter noch hatte sagen wollen, ging in dem Getöse der Piraten unter, die nun als allen Ecken angestürmt kamen und ihn und James umzingelten. Fortsetzung folgt… Kapitel 34: Kapitel 34 ---------------------- Zorn loderte heiß in Peter. Seine Arme schmerzten, denn man hatte sie ihm auf den Rücken gefesselt. Alles war so schnell gegangen, dass er noch nicht einmal wegfliegen gekonnt hatte. Er wünschte sich innig seinen Dolch, damit er die Piraten, einem nach dem anderen, aufschlitzen konnte. Aber mehr noch als seine Rachegelüste, war da die Unsicherheit wegen James. Sie hatten den Mann, in dem sie ihren Kapitän sahen, von ihm getrennt. Peter war dank des Knebels in seinem Mund unfähig, James etwas zuzurufen. Zwar hatte James versucht, die Piraten davon abzuhalten, Peter gefangen zu nehmen, doch James war zu verblüfft gewesen, um energischer dabei vorzugehen. Das offenkundig vertraute Verhalten von Smee und den Piraten, hatte James augenscheinlich verunsichert. Peter konnte in seiner jetzigen Situation nichts anderes machen, als abwarten. Nur, dass Warten eben keine seine Stärken war. Er suchte mit den Augen nach einem Weg, sich von den Stricken zu befreien. Aber kein spitzer Stein lag in seiner Reichweite, kein Pirat stand bei ihm, dem er geschickt und heimlich den Säbel oder Dolch entwenden konnte. Seine Handgelenke ohne Hilfe freizubekommen war unmöglich, die Fesseln saßen so fest, dass seine Hände allmählich taub wurden. Peter, dessen Füße ebenfalls gefesselt waren, versuchte zu fliegen. Ihm fiel nur gerade kein schöner Gedanke ein. Die Furcht, was geschehen würde, wenn die Piraten entdecken, dass Hook sein Gedächtnis verloren hatte, lähmte ihn. „Kapitän, wo waren Sie so lange? Wir haben Sie gesucht?“ „Nun, ich war bei dem Jungen“, sagte James und Peter zuckte angesichts des verwirrten Tonfalls zusammen, doch noch schienen die Piraten keineswegs zu bemerken, dass an ihrem Kapitän etwas anders war. „Wir dachten schon, die Indianer hätten Sie erwischt.“ „Indianer?“ James runzelte irritiert die Stirn. Peter wurde ganz bleich vor Angst sein Lügengespinst würde nun zusammenbrechen. „Na ja, Sie wissen schon, die uns mit Pan gefangen genommen haben.“ „Ja… Ja, natürlich.“ „Sind Sie auf den Kopf gefallen, Kapitän?“, rief der bärtige Wulf aus der zweiten Reihe und erntete böse Blicke seiner Kameraden. Sie alle fürchteten Hoocks spitzen Haken. „In der Tat“, antworte James, der unwillkürlich wieder in seine anerzogene, gehobene Sprechweise verfiel, „habe ich mir den Schädel gestoßen.“ „Oh“, raunten die Männer im Chor, unwissend darüber, wie sie nun reagieren sollten. „Mir ist, als wäre noch nicht wieder alles an seinem Platz“, sagte James und hielt sich den Kopf, als würde er schmerzen. Peter musste schlucken. „Brauchen Sie was, Kapitän?“, fragte Smee sofort. „Kriecher, bring den Rum!“, befahl er und sprach zu James weiter: „Ein guter Schluck feinster Rum hat schon so manch einem Mann den Kopf zurecht gerüttelt.“ Skeptisch blickte James drein, doch die besorgten Blicke der Männer, drängten ihn, tatsächlich einen tiefen Schluck aus der Flasche zu nehmen, welche man ihm mittlerweile vor die Nase hielt. Fast wiederwillig führte er die Flasche an den Mund und nahm zwei große Schlucke. Ein Husten erschütterte seinen Körper und Tränen sammelten sich in seinen Augen. „Was für ein scheußliches Gebräu!“, fluchte er. Die Piraten lachten erleichtert. „Wenn Sie das noch erkennen“, klopfte ihm Smee breit grinsend auf die Schulter, „dann sind Sie noch ganz der Alte.“ Amüsiert schüttelte James den Kopf und nahm weitere Schlucke des Rums. Peter war für den Moment erleichtert. Auch mit Gedächtnisverlust hatte James sich wieder in sein Gefolge eingefügt. Die Frage war nur, wann würden sie es bemerken und was würden sie dann mit Peter machen? „Gehen wir heute noch in die Höhle?“, fragte Smee, welcher besorgt auf den Himmel blickte, der dunkler wurde. „Haben wir Fackeln?“, kam die Gegenfrage. Ein Kopfnicken von Smee folgte und die Männer bildeten eine schmale Gasse, an deren Ende man geschätzte 20 Fackeln sah. Das waren mehr, als es Piraten gab. „Dann gehen wir.“ „Aber was“, flüsterte Smee so leise, dass Peter es kaum verstand, „ist mit den Geistern?“ „Geistern?“ „Na ja, die in der Höhle. Ihr sagtet, dass die Höhle von den Geistern der verstorbenen Piraten bewacht wird.“ „Ist das so? Wovor fürchtet ihr euch? Die Geister waren unsere Brüder, unsere Kameraden. Für uns werden Sie sicheres Geleit sein.“ „Und der Junge?“, fragte Smee und sein und Hooks Gesicht wanden sich Peter zu. Peter blickte in James‘ Veilchenblaue Augen und war der Einzige, welcher darin die vielen Fragen sah. Doch unter der wissbegierigen Oberfläche konnte er das Aufflackern von Ärgernis erkennen. James war nicht dumm. Er wusste, dass Peter ihm vieles verheimlicht hatte und jetzt bekam er diese Geheimnisse auf einem Silbertablett serviert. Spielte er deshalb mit? Hatte er deshalb bisher verschwiegen, dass er sich an sein Leben auf Nimmerland nicht erinnerte? Peter hatte keine Ahnung. Es verunsicherte ihn und als Hook seinen Blick von ihm abwandte und Smee mit grimmiger Entschlossenheit anlächelte, lief Peter ein kalter Schauer über den Rücken. „Wir nehmen ihn mit. Sollen die Geister sich an ihm austoben.“ Die Piraten lachten und johlten. So kannten sie ihren Kapitän. Enttäuscht blickte Peter zu Boden. Er ertrug es keine Sekunde länger, James anzusehen. Es war erstaunlich, wie schnell die Grenzen zwischen James und Hook verschmolzen. Wie der Mann, mit dem er intim geworden war, wieder der Kapitän der Jolly Roger sein konnte. Wie er sein Feind sein konnte. Die Verwirrung in Peter wurde größer, im Augenblick wusste er weder, was er denken, noch was er fühlen sollte. In die Piraten kam Bewegung. Peter brauchte ihrem Treiben nicht zuzusehen, um zu wissen, dass sie ihre Sachen zusammenpackten und alles für den Marsch in die Höhle bereit machten. Ein großer Schatten tauchte neben ihm auf, griff nach seinen Fesseln und zog ihn daran hoch. Schmerz durchflutete ihn jäh. Seine Schultern waren beinahe ausgekugelt worden, bei dieser brutalen Aktion. Ein schmieriger Pirat sah ihn aus boshaften Augen an, während Peter der Gestank verfaulter Zähne, die ihn anlächelten, fast zum Erbrechen brachte. „Weiß nicht, weshalb der Kapitän dich am Leben gelassen hat. Aber eines sag ich dir, die Geister werden dich aufknöpfen. Hast zu viele von denen auf dem Gewissen, Pan.“ „Vielleicht werden es noch ein paar mehr sein, ehe der Tag vorbei ist“, entgegnete Peter kämpferisch. „Vielleicht…“, sagte der Pirat. „Aber vielleicht auch nicht. Mein Messer würde sich freuen, dir die Kehle aufzuschlitzen. So einen jungen zarten Hals hatte es schon lange nicht mehr.“ Und dann etwas Zeit versetzt: „Wobei, so jung bist du auch nicht mehr. Hast in den letzten Tagen ordentlich an Alter zugelegt, was?“ Peter schwieg beharrlich. Was sollte der darauf auch sagen? Er hatte dieses Thema satt. Wobei er sich verstärkt fragte, ob möglicherweise nicht doch etwas daran war, wenn es schon dem gemeinen Gefolge von Hook in den Sinn kam, derartiges zu behaupten. Das stinkende Gesicht kam immer näher, so als würde er ihn genauer betrachten wollen. Er schnüffelte an Peters Haut, dessen Magen sich gefährlich drehte, doch noch konnte er ein Erbrechen unterdrücken. „Du riechst anders. Du siehst anders aus und du bist gewachsen. Werden wir dein Geheimnis erfahren, wenn wir in die Höhle gehen und das Gift deine Kehle hinunter ätzt?“ „Lass mich los!“, knurrte Peter. Seine Augen verzogen sich zu Schlitzen. Mochte er auch gefesselt und unbewaffnet sein, doch er würde sich diesem Piratenpack niemals geschlagen geben. Eine dreckige Hand legte sich um seinen Hals. Peter spürte, wie der Druck ihm die Kehle zuschnürte. „Für dich brauche ich nur eine Hand“, spottete der Pirat. „Und ich nur einen Hieb meines Hakens!“ James war aufgetaucht. Wie ein bedrohlicher Schatten ragte er hinter dem Piraten auf. Seine Stimme war Warnung und Drohung zugleich. Der Griff um Peters Hals löste sich und Peter sank ein Stück hinab. „Kein Grund zur Sorge“, murmelte der Pirat kleinlaut. „Ich hätte Ihrem Schätzchen schon kein Haar gekrümmt.“ „Das will ich dir auch geraten haben. Pan gehört mir!“ James‘ Gesicht wirkte so gefährlich, dass der Pirat nur noch ein: „Aye, Kapitän“ murmelte und das Weite suchte, ehe sein Kapitän doch noch den Haken zum Einsatz brachte. „Und nun zu dir.“ Peters Körper bebte, doch zu seiner großen Verwunderung war es eine berauschende Mischung aus Furcht und Lust. Die Spannung zwischen ihnen war derart greifbar, dass sein Körper sofort darauf reagierte. James umgriff sein Kinn und kam ihm so gefährlich nahe, dass Peter für einen Herzschlag glaubte, er wolle ihn küssen. Aber James tat nichts dergleichen. Er brachte seine Lippen an Peters Ohr, sodass sein warmer Atem Peter kitzelte. „Ich glaube, mein Freund, du hast mir ein paar gravierende Dinge vorenthalten.“ „Ich-“ „Nein“, unterbrach James ihn. „Ich will deine süßen Lügen nicht hören. Du magst mich zwar für einen Idioten halten, aber ich versichere dir, dass du dich irrst. Wenn die Piraten mich für ihren Kapitän halten, dann werde ich dieses Spiel mitspielen, bis ich herausbekommen habe, was hier genau von statten geht. Und als Erstes werde ich wohl herausfinden, weshalb ich deine herrlichen Lippen mit Gift benetzen wollte.“ „James…“, flehte Peter. „Nein“, schüttelte dieser seinen Kopf und ließ Peter los. „Erklär mir nichts mehr.“ James blickte unnachgiebig. Wut und auch Verletzung standen darin geschrieben. „SMEE!“, rief er, welcher sofort angerannt kam. „Ja, Kapitän?“ „Du nimmst Pan und folgst mir“, kam auch sogleich der Befehl. Die Verwunderung von Smee währte nur kurz, dann griff er nach Peters Stricken und stupste ihn vor sich her. Aus den Augenwinkeln konnte Peter sehen, wie die anderen Piraten sich ihnen anschlossen und die wenigen Meter bis zum Felsen überbrückten. Das faszinierte Geraune verunsicherte Peter, da er noch immer keinen Eingang ausmachen konnte. Wenn die Piraten vorgingen, würde er sich gleich seinen Kopf am Felsen anschlagen? „Seid ihr bereit, Männer?“, brüllte James, das Gesicht dem verlotterten Haufen zugewandt. „Ja, Kapitän“, kam das Echo. „Dann lasst uns zwischen die Schatten der Verstorbenen treten und das Gift holen!“ Jubel brach unter den Piraten aus, während Peter sich schockiert fragte, ob dieser Mann überhaupt noch James war oder Hook bereits zurückgekehrt war. Der Gedanke verging jedoch, als James‘ breiter Rücken im Felsen verschwand. Peter hielt seinen Atem an und dann spürte er auch schon den Stoß von Smee, der ihn vorantrieb. Auf den schmerzhaften Aufprall wartete er jedoch vergebens. Fortsetzung folgt… Kapitel 35: Kapitel 35 ---------------------- Die Dunkelheit der Höhle verschwand mit der Fackel, die James in Händen trug und warf unheimliche Schatten. James‘ Herz raste. Der Jubel steckte noch in seinen Gliedern. Mochte er auch keine Ahnung haben, wer diese Piraten, wer dieser Smee war, so hatte er doch auf Silver’s Schiff genug Ansprachen gehört, wie diese, welche er gerade gehalten hatte. Merkwürdigerweise hatte sie sich seltsam vertraut angefühlt. So als hätte er schon oft in diese wettergegerbten Gesichter gesehen und Worte des Mutes und des Tatendranges gesprochen. James gönnte sich, jetzt, da er alleine war, den Luxus, einmal tief ein und aus zu atmen. Die Luft in der Höhle war modrig und dennoch entspannte ihn das bewusst ruhige Atmen ein wenig. Er dachte kurz an Peter. An das Gesicht des Jungen, der völlig betreten, ja fast schon leidend zu ihm gesehen hatte, weil er ihm die Möglichkeit geraubt hatte, sich zu erklären. Aber James wollte keine Erklärung von Peter. Nicht jetzt. Die Piraten hatten Peter wie einen Feind behandelt, ihn selbst als Kapitän bezeichnet, gleich was zwischen ihm und dem Jungen gewesen war, bevor er sein Gedächtnis verloren hatte, es war nichts, das man in der Nähe einer Piratenhorde aufklären konnte. Ein falsches Wort, eine falsche Gestik von ihm und das Kartenhaus aus Scheinwahrung fiel in sich zusammen. Nein, James musste sich konzentrieren. Es ging um das Gift in dieser Höhle. Das Gift, welches Peter hatte holen wollen und das Gift, hinter dem die Piraten und somit auch er her waren. Nun erst drängte er den Gedanken an Peter zurück und besah sich die Höhle genauer. Der Eingang war breit genug, dass drei Mann bequem nebeneinander laufen konnten. Die Decke war hoch und wenn James sich die Kanten der Gesteinsformation richtig besah, so wirkte es, als wäre der natürlichen Breite des Gangs mit Hammer und Meißel nachgeholfen worden. Im Abstand von ca. 30 Fuß waren Halterungen für Fackeln angebracht, was James zu Recht mutmaßen ließ, dass die Höhle weitläufig war. Malereien fanden sich ebenfalls. Es waren Warnhinweise für jeden Piraten, der es geschafft hatte, hier hineinzukommen. Er runzelte die Stirn. Sollte ihnen von den Geistern der Toten Gefahr drohen? Schritte und Gemurmel waren zu hören und James drehte sich um. Ohne es zu bemerken, war er ein gutes Stück vorangegangen, sodass Smee mit Peter im Schlepptau erst jetzt zu ihm aufschloss. Die Piratenmannschaft folgte noch einige Meter weiter. Ihre Mienen waren ängstlich. Der Mut seiner Ansprache war bereits nach wenigen Minuten verblasst. James verzog missächtlich seine Lippen. Wie konnten erwachsene Männer so feige sein, wenn ein Junge wie Peter mit hocherhobenem Kopf und gefesselt wie er war voran ging? Seine Achtung vor Peter wuchs, wenngleich er noch immer Wut auf diesen verspürte. Weshalb hatte Peter ihm die Wahrheit vorenthalten? Weshalb ihn mit Ahnungslosigkeit gequält? James merkte, wie seine Gedanken abzuschweifen drohten. Energisch drängte er die neuerlichen Gedanken an Peter nieder, straffte seine Schultern und wandte sich Smee und Peter zu, um seine Rolle zu festigen. „Wo wart Ihr so lange?“, blökte er Smee an, genau die richtige Mischung aus Gereiztheit und Ungeduld in der Stimme, die James haben wollte. Augenblicklich zuckte Smee zusammen und stammelte mit kriecherischer Ergebenheit eine Entschuldigung nach der anderen, bis James genervt die Hand hob und ihm Einhalt gebot. Smee und Peter kamen direkt neben ihm zum Stehen. Während Smee kommandoheischend zu ihm sah, war Peters Blick eisern auf den Weg gerichtet. James spürte deutlich den Stich, den dieses Verhalten verursachte, doch konnte er es durchaus nachvollziehen. Sie waren beide gerade nicht in bester Stimmung aufeinander. „Lasst uns weitergehen und zwar hurtig“, sagte James. „Ich möchte dieses vermaledeite Gift finden und diesen Ort so schnell wie möglich wieder verlassen.“ „Aye, Kapitän“, entgegnete Smee, drehte sich zum restlichen Trupp und schnauzte diesen an, sie sollen sich gefälligst beeilen. James, welcher die Szene beobachtet hatte, wandte sich mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht um – scheinbar erfüllte er seine Rolle als Piratenkapitän ganz gut. So hatten die schrecklichen Jahre unter Silver’s Kommando doch noch etwas Gutes gehabt. Eine ganze Weile gingen sie weiter. Der Weg führte sie tief in das Innere des Berges. Gespenstische Schatten flogen über sie hinweg, doch sobald eine Fackel gehoben war, verschwanden sie. Die ganze Zeit über meinten sie, ein aufgeregtes Geflüster zu hören. Mit jedem Schritt, den sie weiter vordrangen, wurde die Höhle gruseliger. Selbst James konnte die Gänsehaut auf seinen Armen nicht länger ignorieren. Gelegentlich warf er einen kurzen vorsichtigen Blick nach hinten, von ihnen allen wirkte Peter als Einziger so, als hätte er keine Angst. Woher nahm dieser Junge nur so viel Mut? Oder war es schlicht die Torheit der Jugend? Die Warnungen an den Wänden wurden mit jedem Meter eindringlicher, das Raunen der Gespenster lauter, doch erst als sie an einem Torbogen ankamen, welcher den Eingang zu einer breiten Grotte bildete und James die Worte „Zu Spät“ las, fragte er sich, ob es eine gute Idee gewesen war, hierher zu kommen. Er schluckte, als er durch den Bogen ging. Augenblicklich war ihm, als hätte man ihn mit kaltem Wasser übergossen. Obwohl trocken, fror er vom Kopf bis in die Zehenspitzen. Eine solche Kälte hatte er seit seinem letzten Winter in London nicht mehr gespürt. Doch nicht nur sein Körper war in Kälte gehüllt, auch sein Herz fand sich im Klammergriff einer tiefen Beklommenheit. Schwächere Männer als James hätte die Beklommenheit in Verzweiflung gestürzt. Wie als hätte James daran gedacht, sah er zu den Piraten. Ihre Gesichter waren unter der gebräunten Haut blass. Einige zitterten am ganzen Körper, sodass ihre Dolche, Degen und Schwerter leise schepperten. Bei einem war deutlich zu hören, wie die Zähne aufeinander klapperten. Mit Erleichterung stellte James fest, dass dieses Mal sogar bei Peter eine menschliche Reaktion zu sehen war. Peter, beileibe nicht so ängstlich wirkend wie der Rest, war vorsichtig. Seine Augen wanderten lauernd durch die Höhle, so als könnte er deutlich die Gefahr spüren, welche auch James empfand. Die Härchen an seinen Armen hatten sich aufgerichtet und James konnte deutlich die Gänsehaut erkennen. Der Impuls, Peter wärmend zu umarmen, kam ganz plötzlich und heftig. Gerade so konnte James an sich halten. Keiner hätte verstanden, weshalb der Kapitän dem Jungen Wärme geben wollte. Nun war er wütend auf sich selbst. Gleich wie Peter ihn belogen und ihm Dinge verschweigen hatte – er fühlte noch immer Zuneigung für ihn. Bei Samantha war die Liebe just erloschen, als er ihren Verrat bemerkt hatte. Bedeutete dies, dass Peters Trug nicht so schwer wog? Oder gar, dass seine Gefühle für ihn tiefer waren? Plötzlich flammte am Ende der Grotte Licht auf und riss somit die Konzentration von James an sich. Ein Meer aus Kerzen hatte sich magisch entzündet. James‘ Augen weiteten sich, als der den gläsernen Kasten sah, welcher von den Kerzen beleuchtet wurde. Fasziniert, aber langsam bewegte er sich darauf zu. Nur am Rande registrierte er, wie ihm der Rest folgte. Einen Meter vor dem Kasten blieb James stehen. Er suchte nach einem Hinweis, der auf eine Falle hindeutete, und es kostete ihn viel Energie, seinen Verstand zu nutzen. Das, was er ihm Glaskasten sah, war so unglaublich, dass er glaubte zu halluzinieren. Ein leises Schnauben entfleuchte ihm, er blinzelte und rieb sich sogar über die Augen, aber es änderte nichts an der Tatsache, dass sich wunderschön und grazil eine Meerjungfrau in dem Kasten befand. Ihre Haare waren rötlich, die Lippen sinnlich, aber fast genauso farblos wie ihre Haut, die ovalen Augen waren ungewöhnlich Türkis. Sie blickte ihn mit einem puppengleichen Gesicht an. Regungslos, gefühlslos und doch lauernd, als würde sich hinter ihrer Schönheit Gefahr verbergen. Wie lange sie hier wohl schon gefangen war? Wie hatte sie überleben können ohne jemanden, der ihr Nahrung brachte? Ob sich die Geister um sie kümmerten? Aber wie? Die Piratengeister konnten die Höhle nicht verlassen. Gespannt hob James seine Hand und legte sie auf den Kasten, direkt in der Höhe ihrer Wange. „Nicht!“, schrie Smee, doch da war es schon zu spät. Von einer Sekunde auf die andere verwandelte sich das hübsche Gesicht in eine monströse Fratze mit spitzen Zähnen. Erschrocken stob James zurück. „Zum Teufel!“, fluchte er. Sein Atem ging stoßweise. „Meerjungfrauen, Kapitän. Bösartige Biester“, sagte Smee. „Sieht jemand das Gift?“, frage James und alle außer Peter blickten sich um, doch nirgends war ein Gefäß zu entdecken, in dem das Gift sein könnte. „Meint Ihr“, wollte Smee wissen, „wir müssen das Gift aus der Meerjungfrau pressen?“ Sein Blick schweifte ängstlich zu dem noch immer aggressiv schauenden Wesen. „Unwahrscheinlich“, entgegnete James. „Wäre dies so, dann würden wir hier Liter um Liter Gift und kein Monster vorfinden. Nein, die Anwesenheit der Meerjungfrau muss eine andere Bedeutung haben.“ „Schade, dass wir sie nicht fragen können“, meinte Smee. „Wieso nicht?“, wollte James wissen. „Ihr wisst doch, Kapitän“, antworte Smee deutlich verwirrt, „Meerjungfrauen kommunizieren nur mit ihren Gedanken und auch nur mit denen, die sie fressen.“ „Stimmt“, sagte James, so als wäre ihm aufgrund seiner fehlenden Erinnerungen kein Fauxpas passiert. „Ich könnte mir ihr reden“, sagte Peter da und alles starrte ihn an. Für einen Augenblick schien die Zeit stehen zu bleiben. James sah Peter direkt in die Augen. Er meinte es ernst. Absolut. Und weshalb sollte der Junge, der auch zaubern konnte, was James merkwürdig normal vorgekommen war, nicht auch mit einem Geschöpf reden können, das James für eine Legende gehalten hatte? „Du?“, hakte er vorsorglich nach. „Ich“, meinte Peter. „Wie kann ich dir vertrauen, dass du uns auch richtig übersetzt und nicht in eine Falle lockst?“ Der Pirat kam in James durch. „Kannst du nicht. Lass es darauf ankommen. Oder hast du kein Interesse mehr, mich zu vergiften?“ Die Frage war provozierend und doch steckte mehr dahinter, als jeder außer Peter und ihm wusste. „Rede mit ihr!“, befahl James, das Ziehen in seinem Herzen ignorierend. Peter nickte nur und ging auf die Meerjungfrau zu. Die Aufmerksamkeit sämtlicher Piraten war ihm gewiss. James taxierte den schmalen Rücken, so als wartete er nur darauf, erneut von diesem Jungen verraten zu werden. Aber Peter machte keine Anstalten. Stattdessen blieb er vor dem Glaskasten stehen und nahm Augenkontakt zur Meerjungfrau auf, die sich dieses Mal nicht verwandelte. Was auch immer Peter da mit dem Geschöpft tat, es dauerte eine ganze Weile, bis er sich wieder umdrehte. „Und, was hast sie gesagt?“, platze Smee heraus. Das Lächeln, welches auf Peters Gesicht erschien, war unheilvoll. Fortsetzung folgt… Kapitel 36: Kapitel 36 ---------------------- „Und was hat sie gesagt?“, fragte Smee ungeduldig. Peter konnte nicht anders, er musste grinsen. Ihre Stimme in seinem Kopf erfüllte ihn und er konnte die Boshaftigkeit in ihren Worten noch immer intensiv spüren. Die Meerjungfrau hatte ihm gesagt, was getan werden musste, um an das Gift zu kommen. Hatte es ihm erzählt, weil er der Pan war und weil er ihr geben konnte, wonach es sie seit Ewigkeiten sehnte – nach Freiheit. „Sprich!“, forderte James ihn auf. In diesem Moment sah James ganz so aus, wie Peter es von Hook gewohnt war. Die Weichheit der Gesichtszüge, die Peter als erstes nach dessen Gedächtnisverlust aufgefallen war, die Tatsache, dass die Härme vergangen und der Mann jünger wirkte als je zuvor, all dies gehörte gerade der Vergangenheit an. James war auch ohne Erinnerungen wieder zu Hook geworden. Schmerz wütete in Peters Herz, denn er wusste, er selbst hatte zu dieser Verwandlung beigetragen. „Was bekomme ich, wenn ich es euch verrate?“ „Nichts“, sagte James und lächelte blasiert, so als wäre die Forderung an sich schon närrisch. Peter begann innerlich zu brodeln. Wut war besser als dieser Schmerz. „Weshalb sollte ich es dann verraten?“ Sein Kinn hob sich trotzig. Die Antwort kam schnell und energisch. James überrumpelte ihn, presste ihn, den gesunden Arm gegen Peters Kehle drückend, gegen den Glaskasten. Die Meerjungfrau zuckte aufgeregt an das Ende ihres Gefängnisses. „Weil ich dich sonst töte!“ „Das tust du doch ohnehin.“ „Aber ich könnte dich dabei ein wenig mehr leiden lassen.“ „Dieses Gespräch hatten wir so oft“, sagte Peter, der wusste, dass diese Entgegnung sowohl James als auch Hook ärgern würde. „Wirst du es nicht langsam leid?“ „Dann willst du es so? Dass ich dich quäle?“ Peter schnaubte kurz auf. Eine körperliche Reaktion, die ihm dank des ohnehin schon geringen Atems noch mehr Energie raubte. „Was kannst du mir antun, das du mir noch nicht angetan hast?“ Die Frage stand zwischen ihnen wie ein Wall aus Eis. Die Zeit schien stillzustehen, während sich saftiges Grün in Vergissmeinnichtblau bohrte. Peter versuchte in den Augen zu lesen. Versuchte hinter die Oberfläche bestehend aus einem Piraten zu dringen und den Mann zu entdecken, der so zärtlich küssen, der den Groll zurücklassen und mit ihm lachen konnte. Doch Peter entdeckte ihn nicht. „Was habe ich dir denn bisher angetan?“, fragte James. „Es gibt so viele Dinge, die ich dir antun könnte, von denen du nicht einmal ahnst.“ Der Pirat beugte sich vor zu Peters Ohr, sein Atem streifte das empfindsame Läppchen und unwillkürlich erschauerte Peter. „Ich könnte dich nehmen. So wie heute Morgen. Vor ihrer aller Augen.“ Fassungslos weiten sich Peters Augen. „Das würdest du nicht!“ „Sagt wer? Du hast mich verraten. Mich ausgenutzt. Denkst du nicht, dass ich dir diese Lektion mit gleicher Münze heimzahlen sollte?“ „Ich wollte nie-“ „Was? Mir verschweigen, dass mein wahres Ich und du miteinander befeindet sind? Hast du jemals wirklich mit mir schlafen wollen? Wie war es, das Lager mit seinem Feind zu teilen?“ „Hör auf damit.“ Pure Erschöpfung sprach aus Peter. „Ich will diese Gemeinheiten nicht hören.“ „Willst du nicht?“ „Nein.“ „Dann verrate mir, wie ich an das Gift komme.“ „Selbst wenn ich es dir sage, du wirst nicht an das Gift kommen.“ „Lass dies meine Sorge sein“, lächelte James schmierig und Peter hätte ihm dieses widerliche Grinsen zu gerne aus dem Gesicht geschlagen. Er war enttäuscht und höchst verletzt durch James Worte. Hier würde es noch ein Nachspiel geben, sobald er die Fesseln los war. „Das Gift verbirgt sich im Inneren der Meerjungfrau.“ James löste den Körperkontakt zu Peter und starrte ihn an. „Dann müssen wir die Meerjungfrau nur aufschlitzen?“ „Nein.“ Nun war es an Peter, boshaft zu lächeln. „Das Gift ist Teil ihres Wesens. Nur ein Kuss kann es ihr entlocken und sie wird es freigeben, wie eine Muschel ihre Perle.“ „Ein Kuss? Was ist daran schrecklich?“ „Weil noch niemand den Kuss einer Meerjungfrau überlebt hat, Kapitän.“ Smee hatte sich dazugesellt. James verarbeite die Information offenkundig einen Augenblick, ehe er antwortete: „Dann lassen wir unter den Männern auslosen, wer diese Ehre bekommt.“ „Das wird nicht funktionieren“, meinte Peter. Etwas Gehässiges war auf seinen Zügen. „Nur derjenige, der das Gift der Meerjungfrau verwenden möchte, darf von ihr geküsst werden. Es ist deine Aufgabe, Hook.“ Peter genoss das Entsetzen von James. Er genoss es, weil James ihm mehr genommen hatte, als er glaubte, weil er ihn schlimmer verletzt hatte, als er es jemals zugeben würde. Sollte James doch in den gläsernen Kasten zur Meerjungfrau steigen, sie küssen, aber das Gift würde er niemals erhalten. Der Kuss einer Meerjungfrau war tödlich. Sie ernährten sich von Seefahrern und all jenen, die töricht genug waren, in ihre Nähe zu gelangen und diese hier war sehr hungrig. Seit Jahrzenten wartete sie darauf, frei zu kommen. Ihr Hunger war so groß, dass selbst Peter ihn spüren konnte. Er hatte ihr zugesagt, sie zum Meer zu fliegen, sobald er seine Fesseln und die Piraten losgeworden war. Schon immer war seine Beziehung zu den Meerjungfrauen besonders gewesen. Sie sprachen mit ihm, tanzten ihre verführerischen Wassertänze für ihn und manchmal da sangen sie. Lieder mit den sinnlichen Stimmen, welche schon so manch einen Seefahrer über die Reling seines Schiffes gelockt und so manch ein Schiff auf einem Riff hatte auflaufen lassen. Merkwürdigerweise war Peter gegen diesen Zauber immun und dies faszinierte die Meerjungfrauen. „In Ordnung“, sagte James und begann sich zu entkleiden. Mit Schreck in den Augen sah Peter dabei zu. Er hätte nie geglaubt, dass James sich tatsächlich darauf einließ. Doch James Stiefel, Waffe und Kleidung fielen rasch zu Boden, bis der Kapitän nur noch in seiner Unterbekleidung vor ihnen stand. Peters Herz begann zu rasen. Würde James wirklich zur Meerjungfrau steigen? Es wäre sein sicherer Tod. Trotz seiner Wut, trotz seiner Verletzung, spürte Peter ein heftiges Ziehen in seiner Herzgegend. „Smee, komm her und hilf mir.“ Mit wackliger Räuberleiter von Smee gelang es James tatsächlich, zur Meerjungfrau zu steigen. Sie alle hielten ihren Atem an. Jeder einzelne Pirat, sogar Peter. Ihre Augen hingen wie gebannt auf der Szene vor ihnen. Man sah, wie James unter Wasser die Luft anhielt. Die Meerjungfrau taxierte ihn mit ihren türkisfarbenen Augen. Es war fast, als würde sie ihn hypnotisieren, denn seine Bewegungen, mit denen er sich in Position hielt, hörten auf. Langsam sank er auf den Grund des Kastens. Grazil wie ein Raubtier schwamm sie um ihn herum. Ihre Hände legten sich von hinten auf seine Schultern. Tasteten sich über seine breite, behaarte Brust. Eifersucht durchbohrte Peter. Niemand sollte James so anfassen dürfen außer ihm. Überrascht von den eigenen Gefühlen, versuchte er diesen jähen Anfall von Eifersucht niederzudrücken. James rang inzwischen mit dem Sauerstoff und die Meerjungfrau schien dies zu spüren. Ihr Gesicht bekam einen gierigen Ausdruck, der Fischschwanz zuckte aufgeregt. Plötzlich war es, als würde James aus seiner Starre erwachen. Die restliche Luft verließ seine Lungen und er wollte zur Wasseroberfläche. Sein Körper kämpfte darum, zum lebensnotwenigen Sauerstoff zu gelangen, doch die Meerjungfrau drückte ihn unbarmherzig nieder und dann plötzlich ging alles ganz schnell. Ihre Lippen pressten sich auf seine. Die Augen weit aufgerissen, ließ James es über sich ergehen. Es wirkte, als würde er durch den Kuss mit Luft versorgt werden oder sie aber nicht mehr zu benötigen. Peter konnte kaum hinsehen. In seinem Herz brannte die Eifersucht wie ein rasendes Feuer. Offenkundig genoss James die Zärtlichkeit der Meerjungfrau. Der Kampf um den Sauerstoff war verschwunden. Alles war Peter geboten bekam, war ein James, dessen Hände nach dem schönen weiblichen Geschöpf langten. Seine Hände fassten in ihr langes Haar. Ihre Lippen waren genießerisch miteinander verschmolzen. Zu gerne hätte Peter weggesehen, doch er konnte nicht. Er musste diesen Schmerz ertragen. Dann legte die Meerjungfrau ihre Magie frei. James schwarze Haare bekamen weiße Strähnen. Seine Haut wurde immer blasser, während die Haut der Meerjungfrau rosig wurde. Die Augen weit aufgerissen begriff Peter, weshalb der Kuss einer Meerjungfrau tödlich war – sie saugten ihren Opfern die Lebenskraft aus. Ungeachtet der anderen Piraten, ungeachtet seiner Fesseln und seiner verletzten Gefühle rannte er zum Kasten. Er wollte dagegen schlagen. Wollte die Meerjungfrau davon abbringen, James Leben zu rauben, doch die Stricke verhinderten, dass er mit seinen Händen gegen den Glaskasten schlagen konnte. Peters Blick wurde wild. Er sah sich um. Smee stand ihm am nächsten. Sofort eilte er zu ihm. „Binde mich los!“ „Was?“, fragte Smee verdattert. „Zerschneide gefälligst die Fesseln. Siehst du denn nicht, dass sie ihn umbringt?“ Perplex kramte Smee nach seinen Dolch. Peter kam es unglaublich lange vor, bis die Stricke zerschnitten waren. Ein paar Piraten waren geistesgegenwärtig genug gewesen, um in dieser Zeit anstatt Peter gegen das Glas zu hämmern, doch ihre Bemühungen waren umsonst. Die Meerjungfrau ließ sich davon nicht abhalten, James weiterhin auszusaugen. Endlich waren die Fesseln weg. Mit einer fließenden Bewegung entwendete Peter Smee den Dolch und er hob ab, flog zum Wassertank und tauchte hinein. Die Magie, welche durch das Wasser floss, überwältigte Peter beinahe. Sie war so stark, dass Peter einen Herzschlag brauchte, um sich ihrer zu erwehren. Mit dem Dolch zwischen den Zähnen, kam er bei James und der Meerjungfrau an. Sich zwischen die beiden quetschend, stemmte er sich gegen den Körper der Meerjungfrau. Er wollte sie mit den Füßen von James schieben, aber die physische Kraft der Meerjungfrau war überwältigend. Ein kurzer Blick auf James, ließ die Panik in Peters Herz wachsen. Seine Haut war inzwischen so blass, dass sie fast durchscheinend wirkte, seine Haare waren schneeweiß und sogar das Vergissmeinnicht Blau seiner Augen, die inzwischen geöffnet waren, schien zu schwinden. Noch einmal probierte Peter mit aller Kraft und Energie, die Meerjungfrau von James zu bekommen, doch als es ihm nicht gelang, nahm er den Dolch und schnitt ihr in den Arm. Ein schrilles Kreischen, das das Glas zum Vibrieren brachte, erfolgte und die Meerjungfrau löste sich, mit dem Gesicht erneut zu einer widerlichen Fratze verzogen, von James. Ihr Blut färbte das Wasser rötlich und Peter konnte weniger sehen. Er wusste nur, dass sie wütend war. Rasender Zorn hatte sie erfüllt, da sie beim Essen gestört worden war und wie Peter erkannte, hielt ihre Magie die Lebensenergie eines Menschen nicht, solange dieser noch lebte, denn während James Haare allmählich wieder ihre Farbe erhielten, wurde sie ganz blass. Zu Spät erkannte Peter die Gefahr, welche von ihr ausging, denn er selbst hatte nie zuvor schlechte Erfahrungen mit ihrer Art gesammelt. Allerdings hatte er keine Zeit, darüber nachzudenken, denn schlagartig griff die Meerjungfrau an. Ihre scharfen Krallen stoben auf Peter zu, zerkratzen ihm den Oberarm, da er im Wasser nicht so wendig wie an Land war. Im Gegenzug hieb er mit dem Dolch nach ihr und sie fochten miteinander, sich gegenseitig verletzend und plötzlich versank alles im Blut. Das Wasser war rot und Peter konnte nichts mehr sehen, er spürte nur noch, wie starke Hände nach ihm griffen. Der Sauerstoff ging ihm aus, dennoch kämpfte er gegen die Hände an, auch wenn er keine Ahnung hatte, gegen wen sich seine Gegenwehr richtete. Das Glas knirschte und plötzlich verschwand der Wasserdruck. Der Glaskasten zerbarst, Peter wurde hinaus geschwemmt. Das Wasser trug ihn über Boden und Glasscherben. Peter konnte spüren, wie seine Haut aufgerissen und verletzt wurde. Schmerz erfüllte seinen Körper. Als er zum liegen kam, öffnete er seine Augen. Er sah den Schwanz der Meerjungfrau nur wenige Meter neben sich zappeln. „James“, dachte er, „Wo ist James?“ Da kamen die Piraten angerannt. Sie zückten ihre Schwerter und Dolche und hieben auf die Meerjungfrau ein. Peter wollte etwas sagen, wollte sie davon abhalten, doch seine Energie reichte nicht aus. Im Gegenteil, er wurde von seinem schmerzenden Zustand mit einer seligen Ohnmacht erlöst. Fortsetzung folgt… Kapitel 37: Kapitel 37 ---------------------- Peter erwachte von leisem Gemurmel. Irgendwo in seiner Nähe unterhielten sich mehrere Menschen leise. Die Augen geöffnet, sah er nichts als grauen Stein. Er wollte den Kopf heben, um zu sehen, wer da sprach, doch da ihm jäh Schmerz hindurch jagte, ließ er den Versuch rasch wieder sein. Verschiedenste Eindrücke prasselten auf ihn herein. Nicht nur sein Kopf tat ihm weh, sondern auch Arme und Beine. Die Glieder waren schwer und irgendwie fühlte er sich, als wäre er einmal ordentlich durch gewirbelt worden. Wann hatte er sich das letzte Mal so mies gefühlt? Hatte er sich überhaupt schon einmal so mies gefühlt? Erschöpft schloss er seine Lider wieder. Nun wurden die Stimmen lauter. Peter konnte vereinzelte Sprachfetzen erkennen. „Was machen wir mit Pan?“ „Ist der Kapitän schon erwacht?“ „Nein.“ „Wir sollten ihn töten, solange er so geschwächt ist.“ „Aber er hat den Kapitän gerettet!“ Drei verschiedene Stimmen sprachen, aber Peter erkannte nur die von Smee. Ihm reichte es, dass er gehört hatte, dass James noch lebte. Ein schwaches Lächeln legte sich auf seine Lippen. Erleichtert fiel er erneut in eine tiefe Dunkelheit, die sein ermatteter Körper dankend annahm. Auf diese Weise bemerkte er nicht, dass er von mehreren Händen hochgehoben und auf eine provisorische Liege, die mehr einer Hängematte glich, gelegt wurde, welche die Piraten aus ihren zusammengeknoteten Hemden gebildet hatten. Auch bekam er keinesfalls mit, dass sie mit James ebenso vorgingen. Sie wollten die Höhle einfach nur verlassen und wäre Peter oder James bei Bewusstsein gewesen, so hätten sie den Piraten in ihrer Entscheidung absolut zugestimmt. Dieser verfluchte Ort, war kein Ort, an dem sie länger verweilen wollten, aber der Zugang war versperrt. Wie von Geisterhand hatte sich ein Fels vor den Gang gelegt, aus welchem sie gekommen waren. Der kurzen Panik war die Erkenntnis gefolgt, dass sich dafür an einer anderen Stelle ein neuer Zugang geöffnet hatte und auch ohne einen weisen Anführer, entschieden sie sich, den einzigen Weg zu gehen, der ihnen blieb, gleich ob dies eine Falle war oder nicht. Die Piraten gingen weiter in den Berg hinein. oooOOOooo Als James zu sich kam, machten die Piraten gerade eine Rast, von der ihr Anführer wahrlich nichts wissen konnte. Sein Kopf war wie in Watte gepackt und doch war alles in ihm hektisch. Er sah Bilder, welche er im ersten Moment nicht zuordnen konnte. Sobald er innerlich an das Gesehene dachte, kamen die Erinnerungen. Sie kamen rasch und ergaben keineswegs immer Sinn, aber allmählich fügten sie sich zu einem Gesamtbild zusammen. James wurde gänzlich schlecht. Am liebsten hätte er sich übergeben, aber sein Körper reagierte nicht auf das mentale Bedürfnis. Im Gegenteil, er verweigerte jede Bewegung und als er schon fast befürchtete, dass sein Körper zerschmettert, sein Geist in einem Albtraum gefangen war, gelang es ihm endlich, seine Glieder zu bewegen. „Smee…“ James war selbst erschrocken, wie schwach seine Stimme klang. „Smee!“ Besser. Ein Keuchen war zu hören. Bewegungen erfolgten und schon war sein Speichellecker da. Doch James musste noch ein paar Mal blinzeln, ehe er Smee deutlich sehen konnte. Sein Blick zuvor war verschwommen gewesen. „Kapitän, Ihr seid wach!“ „Scheint so“, brummte James. „Wo sind wir hier?“ „Noch in der Höhle, Kapitän.“ Smee klang, als hätte er ein schlechtes Gewissen. „Was ist geschehen, nachdem mich dieses Monster geküsst hat?“ Smee wurde ganz blass um die Nase. „Woran könnt Ihr Euch erinnern?“ Hoocks Blick wurde mörderisch stechend. „Die Frage ist nicht, woran ich mich erinnere, sondern die Reihenfolge.“ In kürzester Zeit erzählte Smee Hook die Vorkommnisse. Er ließ nichts aus, von dem versperrten Ausgang, über den Tod der Meerjungfrau bis hin zum Marsch durch die Höhle. James hörte die ganze Zeit zu. Gelegentlich hakte er nach, um etwas genauer zu erfahren und ein anderes Mal wedelte er mit der Hand, wenn Smee zu sehr ausuferte mit seinen Erzählungen. Als sein Bootsmann fertig war, war James still. Einige Minuten, äußerster Anspannung für Smee vergingen, ehe sein Kapitän sprach. „Wo ist Pan?“ „Dort hinten.“ James stand auf. Seine Knochen schmerzten. Die Auswirkungen vom Kampf gegen die Meerjungfrau steckten noch in ihnen. Pan hatte ihn tatsächlich gerettet. Mit wenigen Schritten war er bei dem Jungen angekommen und eine Woge Mitgefühl überrollte ihn, als er ihn sah. Pans Haut war aufgeschürft, schlimmer als es seine eigene war. Immerhin hatten die Piraten die Glassplitter und den Dreck entfernt. Ein paar tiefere Wunden von den Klauen der Meerjungfrau waren mit Stofffetzen verbunden worden. Das Blut, welches diese notdürftigen Verbände durchdrungen hatte, war jedoch inzwischen getrocknet, sodass auch die Blutungen gestoppt sein dürften. Pans Lippe war aufgeplatzt und angeschwollen. Mit dem Finger strich James darüber und der Junge bewegte sich in seiner Ohnmacht. „James“, hauchte er, ohne es zu bemerken und dann war er wieder regungslos. „Was sollen wir mit ihm machen?“, fragte Smee leise, der sich angeschlichen hatte und dem der merkwürdige Gesichtsausdruck seines Kapitäns nicht entgangen war. „Wir werden ihn mitnehmen. Zurück zur Jolly Roger. Es wird Zeit, dass wir die Höhle verlassen. Was wir wollten, haben wir nicht erhalten.“ „Ihr irrt, Kapitän“, entgegnete Smee und hielt Hook seine geöffnete Hand hin. Dort lag rot und funkelnd, wie ein Edelstein, eine Perle. „Was ist das?“ „Ihr habt es ausgespuckt, ehe Ihr nach Eurem Kampf das Bewusstsein verloren habt.“ „Soll das heißen…?“ „Ja, ich glaube, dass dies das Gift der Meerjungfrau ist.“ Die Perle wechselte seinen Besitzer und James blickte abwechselnd von ihr zu Pan. Seine Gefühle tanzten in wilden Wirbeln. Zwei Herzen schlugen in seiner Brust. Das eine, das diesen Jungen hasste und das andere, welches ihn liebte. Er konnte sich wieder erinnern. An alles! An die Zeit, bevor er sein Gedächtnis verloren hatte und auch an die Zeit danach. Er spürte dieses wilde Verlangen, Pan zu vereinnahmen, ebenso deutlich wie die Zärtlichkeit, mit der er ihn bereits einmal geliebt hatte. Doch er erinnerte sich auch daran, dass Pan ihn im Unwissen gelassen hatte, ja sogar daran, dass er ihn ausgenutzt hatte, um das Gift vor ihm zu erhalten. Freund und Feind stritten in seinem Inneren miteinander und er wusste nicht, ob er Pan erwürgen oder nochmals mit seinem Körper lieben sollte. All dies waren jedoch Dinge, über die er sich an Bord seines Schiffes Gedanken machen konnte. Wenn Pan erst einmal wieder dort war, gefesselt an seinem Bett, dann würde ihm schon einfallen, wie er mit seiner Geisel umgehen sollte. Und er freute sich schon darauf, wie Pan reagieren würde, sobald er erwachte und erfuhr, dass er sich wieder an alles erinnern konnte. Mit Sicherheit würde Peter ein gehöriger Schreck in seine Glieder fahren. Aber dann musste er James erklären, weshalb er ihn vor der Meerjungfrau gerettet hatte, ungeachtet der Tatsache, dass er sein eigenes Leben für den Piraten aufs Spiel setzte. Es wäre die einmalige Gelegenheit gewesen, seinen Feind ein für allemal los zu werden. Doch Pan hatte sie nicht genutzt, im Gegenteil. Möglicherweise waren da ein paar Dinge, die James trotz der Rückkehr seiner Erinnerungen nicht verstand. Jedoch war er begierig, die Antworten zu erfahren und wenn es sein musste, auch mit Gewalt. Abermals fiel sein Blick auf die kleine, rote Perle in seiner Hand. War dies nicht sein Ziel gewesen? Alle Geheimnisse von Peter Pan zu erfahren? Nun, jetzt war nur ein weiteres dazugekommen und mit diesem Gedanken schob James die Perle in die Innentasche seines Wams. „Männer! Bewegt eure faulen Ärsche! Das Meer wartet auf uns. Die Jolly Roger wartet auf uns!“, feuerte er seine Mannschaft an. „Aye, Kapitän“, jubelten sie ihrem Anführer zu, erleichtert darüber, dass sie diesen albtraumhaften Ort tatsächlich verlassen durften. Sie schnappten ihre 7 Sachen und gingen mit einem Stein weniger auf dem Herzen weiter. Was jedoch weder die Piraten noch Kapitän Hook wissen konnten, war, dass sie diese Höhle nicht so einfach verlassen würden, wie gedacht. Fortsetzung folgt… Kapitel 38: Kapitel 38 ---------------------- Peter starrte an die Decke der Höhle. Sie bewegte sich im gleichmäßigen Takt an ihm vorbei. Die beiden Piraten, welche ihn, der auf zusammengeknoteten Hemden lag, trugen, liefen im Gleichschritt mit ihren Kameraden. Gemeinsam sangen sie ein ebenso düsteres, wie beschwingtes Lied. Wir rauben, wir plündern, wir nehmen uns Gold. Habt acht, habt acht, habt acht. Wenn die schwarze Flagge weht, dann flieht. Wie tosend‘ Sturm da kommen wir, nehmen alles mit, selbst Wein und Weib. Habt acht, habt acht, habt acht. Der Tenor des Liedes hallte ihn Peter wider, doch solange ihn niemand beachtete, war es ihm gleich. Im Gegenteil, er war heilfroh, dass sie ihn nicht zwangen, selbst zu laufen. Noch immer tat ihm alles weh und zu seinem persönlichen Ärgernis hatte er feststellen müssen, dass er schon wieder seiner Flugfähigkeit beraubt worden war. Er verabscheute Wasser allmählich. Zumindest, wenn er bekleidet war. Außerdem konnte er niemandem für dieses Dilemma die Schuld geben. Er war aus eigenem Willen ins Wasser gestiegen. Nun, wenn er es genau bedachte, dann war James daran schuld. Weshalb hatte er sich auch darauf eingelassen und sich von der Meerjungfrau küssen lassen? Bewusst verdrängte Peter den Umstand, dass er bei James Entscheidung, das Gift zu holen, mitgewirkt hatte. Seine Gedanken schweiften jetzt aber tatsächlich zu dem Mann ab. Wie erleichtert er doch gewesen war, als er nach seiner Ohnmacht festgestellt hatte, dass es James gut ging. Der Pirat mochte zwar ebenso ein paar Schürfwunden davongetragen haben und in sein dichtes, schwarzes Haar hatte sich eine weiße Strähne geschlichen, die ihm als dauerhaftes Mahnmal dienen würde, aber ansonsten ging es ihm gut. Er war es, der den Zug von Piraten anführte. Einmal nur hatte James ihn angesehen, seit er erwacht war. Peter hatte sich von dem Verhalten zurückgewiesen gefühlt, doch was hatte er erwartet? Es war unmöglich, dass James ihn hier vor aller Augen in den Arm nahm, ihn küsste oder ihm für seinen Heldenmut dankte. Doch bedeute dies nicht, dass Peter sich nicht trotzdem danach sehnte. Was würden ihre nächsten Schritte sein? Er war wieder Gefangener der Piraten. Ihr Weg führte durch den Berg. Die Grotte hatten sie hinter sich gelassen und das Gift der Meerjungfrau schien mit ihrem Tod verloren. Was also bewog die Piraten, noch weiter durch den Berg zu laufen? Den wenigen Wortfetzen, die Peter aufgeschnappt hatte, wenn die Piraten gerade nicht sangen, entnahm er, dass sie einen Weg hinaus suchten. Nun, er war gespannt, ob sie den Ausgang finden würden. Denn Peter sah etwas, das ihnen allen entging. Er war derjenige mit dem Blick nach oben und dort unter der Decke schwebten still und stumm die Geister der verstorbenen Piraten. Wie Dunst hingen sie dort. Neblig und doch mit Kontur. Peter mochte ihre Gesichter zwar keineswegs erkennen, aber dafür andere Einzelheiten. Mal hier und dort ein Säbel oder ein Kopftuch, das sich deutlicher hervor bildete. Mal das Muster eines seidenen Hemdes, das zu Lebzeiten von einem Edelmann geklaut worden war. Doch es war keinesfalls die Tatsache, dass sie ihnen folgte, welche Peter ein merkwürdiges Gefühl in den Eingeweiden wachsen ließ, sondern der Fakt, dass es immer mehr wurden. Sie kamen durch die Wände, durch die Decke und auch durch den Boden. Peter fragte sich zu Recht, weshalb er die Geister so deutlich sehen konnte, wenn ihm doch im Gegenzug der Eingang zur Höhle verwehrt gewesen war. Ohne James und seinesgleichen hätte er niemals den Weg hinein gefunden. Ihr Raunen und Gemurmel ging in dem Singsang der Piraten vollständig unter. Wenn man es überhaupt wahrnehmen sollte, dann wäre es mehr wie der Klang des Windes, der sich an den Kanten des Felsens brach und in den Winkeln der Höhle verirrte. Vielleicht hätte Peter die Piraten über die sich zusammenbrauende Gefahr warnen sollen, doch er war zu sehr davon fasziniert, was geschehen würde, wenn die Geister bereit waren. Dass auch er sich in Gefahr befand, wollte er nicht glauben. Längst hätten die Geister ihn angreifen können, denn sie wussten, dass er sie sah. Er bemerkte es in der Art und Weise, wie ihre gesichtslosen Köpfe zu ihm sahen. „Halt!“ James Ruf erscholl und der Trupp Piraten kam zum stehen. Peter drehte sich auf seiner Liege um, damit er nach vorne sehen konnte. Viel erkannte er nicht, da ihm einige Piraten unbeabsichtigt den Blick versperrten. Vorsichtig stand er auf. Kurzer Schmerz wallte auf. Doch sobald er verharrte, blieb auch dieser aus. James starrte auf den Eingang einer weiteren Grotte. Sie schien ebenso groß zu sein wie die erste und ebenso dunkel. Er sah wie James kurz mit Smee tuschelte, ehe eine Vereinbarung mit einem Nicken geschlossen wurde. Smee drängte sich lautstark an den anderen vorbei. „Ihr zwei“, sagte er befehlend den Piraten neben Peter, „ihr bringt Pan nach vorne.“ Erst jetzt bemerkten sie, dass Peter nicht länger auf seiner Trage lag. Vier grobe Hände packten ihn und verfrachteten ihn wieder zurück. Unter deutlichem Gewackel wurde Peter erneut hochgehoben und zu James getragen. Obwohl die Behandlung der Piraten geschmerzt hatte, war Peter recht still, er war zu sehr von der Neugier geplagt, was nun passieren würde. Sollte er als erstes in die Grotte gehen? „Peter, mein Freund!“, begrüßte James ihn theatralisch. „Wie ich sehe, bist du wohlauf.“ Lächelnd legte der Kapitän ihm einen Arm auf die Schulter und Peter spürte, dass etwas anders war. Dieser Mann war anders. „Ich habe ein Abenteuer für dich parat.“ „Ein Abenteuer?“, fragte Peter, dessen Augen aufleuchteten. Wusste es James nicht? Er befand sich doch schon in seinem größten Abenteuer. Weshalb ein neues? Sicherlich war dies eine Falle, aber Peter wurde gelockt. Seine Natur war einfach stärker. „Ja“, lächelte James ihn an. Peter wusste nicht, weshalb, doch er erkannte Hook in diesem Lächeln. Seine innerliche Aufregung wurde gedämpft. Konnte es sein? Konnte es sein, dass Kapitän Hook zurück gekehrt war? „Du wirst mit Mr. Smee“, und er deutete unnötigerweise auf seinen Steuermann, „voraus gehen.“ „Weshalb?“, fragte Peter wie aus Reflex. „Hast du Angst vor den Geistern?“ „Nein“, antworte Hook und Peter sah, dass dieser log. Etwas in Peters Innerem drohte zu zerbrechen. James hatte keine Furcht vor den Geistern gehabt. „In Ordnung“, entgegnete Peter. Vielleicht gelang es ihm, trotz seiner Verletzungen in dem kurzen Augenblick mit Smee alleine zu flüchten. Wenn Hook seine Erinnerungen zurückerhalten hatte, war es besser, wenn er ging. Peter hatte kein Interesse daran, herauszufinden, was Hook mit ihm machen würde, sobald sie alleine waren. Er ahnte schlimmes. „In Ordnung?“, echote Kapitän Hook. Es war offensichtlich, dass er von Peters fügsamem Verhalten mehr als nur überrascht war. Peter stand unter Schmerzen auf und lief los. Ihm war gleich, was die Piraten dachten. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Smee sich beeilte, mit ihm Schritt zu halten und dann war Peter auch schon in der Grotte. Hook sah ihm hinterher, als würde jeden Moment etwas Ungeheuerliches geschehen. Der Eingang der Grotte war gut einsehbar und Peter stellte zu seiner eigenen Verwunderung fest, dass diese Grotte der ersten sehr ähnlich war. Fast hätte er geglaubt, dass sie in derselben waren, aber hier brach das Licht von oben herein. Peter sah hoch. Über Spiegel, die an verschiedensten Stellen angebracht waren, wurde Sonnenlicht ins Innere transportiert. So etwas hatte er noch nie zuvor gesehen und er wünschte sich, dass er doch nur wieder fliegen konnte, um herauszufinden, woher das Licht kam. Denn wo Licht war, war auch ein Ausgang. Bedauerlicherweise hatte er seine Flugfähigkeit für James geopfert, als er zur Meerjungfrau in den Tank gestiegen war. Leise seufzte er auf. „Was ist?“, fragte Smee, der am ganzen Körper vor Furcht zitterte. „Nichts“, entgegnete Peter und ging weiter, bis er sich in der Mitte der Grotte befand. Jetzt erst stellte er fest, dass die Geister ihm gefolgt waren. Sie wandten sich an der Decke entlang, überall dort, wo Schatten waren. Ihre neblige Substanz schien das direkte Sonnenlicht nicht zu vertragen. Peter wartete darauf, dass die Geister etwas unternahmen, doch sie blieben ruhig. „Was ist, Smee?“, rief Hook zu seinem Bootsmann, welcher sich inzwischen beruhigt hatte. „Alles in Ordnung, Kapitän“, brüllte der Mann zurück und nun kam Hook mit seinen Piraten nach. Wie ein dichtes Knäul standen sie beisammen und blickten sich um. Peter selbst hatte etwas am Ende der Höhle entdeckt, das seine Aufmerksamkeit fesselte. Unbemerkt von allen anderen ging er darauf zu. Etwas kleines Funkelndes lag dort auf dem Boden und als er angekommen war, kniete er sich hin und hob es auf. Es war eine Glasscherbe, an der ein einzelner Tropfen Blut haftete. Der Tropfen war noch feucht. In seinem Kopf rasten die Gedanken. Seine Augen huschten schnell durch die Halle und dann erkannte er, was den Piraten noch verborgen war. Sie waren wirklich in der gleichen Grotte wie zuvor! Die Geister hatten sie in die Irre geführt. Magie hatte die Höhle gereinigt, bis auf diesen einen Splitter. Was zum Geier ging hier vor? „Was ist das?“, fragte James, der plötzlich bedrohlich wirkend hinter ihm stand. „Ein Stück Glas“, antworte Peter und erhob sich. „Zeig her!“, befahl der Piratenkapitän, griff nach Peters Hand und betrachtete den kleinen Splitter genau. Auch Hook schien zu verstehen. Seine Vergissmeinnicht farbenen Augen bohrten sich in Peters. Peter hatte das Gefühl, von dem Mann verschlungen zu werden. Als würde er gewaltsam in sein Innerstes dringen und seine Seele, nackt und zerbrechlich, mit seiner eigenen auffressen. Wie von selbst entrang sich seiner Kehle ein leises Keuchen. Das Geräusch unterbrach den mentalen Angriff und James blinzelte. „Du weißt, dass du mir gehörst?“, fragte der Kapitän mit leiser, rauer Stimme, von den anderen unbemerkt. „Ich gehöre niemandem“, konterte Peter, welcher nur zu genau die Spannung zwischen ihnen spürte. Sie war heiß, prickelnd und gänzlich unpassend hier unter all den rauen Matrosen. „Du leugnest noch immer“, stellte Hook fest. „Nach allem, was wir geteilt haben, leugnest du noch immer.“ Röte kroch Peters Hals hoch und färbte seine Wangen. „Ich…“, setzte er zum reden an, doch dann erschütterte ein lauter Knall die Höhle. Erschrocken wandte Peter sich um. Der Ursprung des Geräusches war dank des Echos nicht auszumachen. Automatisch fiel sein Blick auf die Piraten, welche sich ebenfalls erschrocken umblickten. Etliche Sekunden vergingen, ehe einer von ihnen, von einem tödlichen Schuss getroffen, zu Boden fiel. Sie sahen sich um, wer für den Toten verantwortlich war, doch der Schuss war nicht aus ihren Reihen gekommen. Wenige Schritte entfernt materialisierte sich der Geist eines Piraten vor ihren Augen. Seine Gestalt wurde klar und deutlich. Deutlicher, als selbst Peter sie bisher wahrgenommen hatte und dennoch war der Körper durchscheinend. Ein zweiter Schuss löste sich und ein raues Lachen ertönte. Augenblicklich brach Panik unter den Männern aus. Sie wollten zum Eingang stürmen, doch dieser war mit einem Felsen versperrt. Die Waffen gezogen, stellten sie sich zitternd den Geistern, die sich rasant vermehrten, entgegen. Hook versuchte, mit Peter, den er grob am Handgelenk gepackt hatte, zu seinen Männern zu gelangen, doch die Geister blockierten ihm den Weg. Das Klappern von Säbeln und weitere Schüsse waren zu hören und dann setzte ein einfacher Satz dem Kampf ein abruptes Ende. „Mein lieber James, es ist schön, dich wiederzusehen.“ Fortsetzung folgt… Kapitel 39: Kapitel 39 ---------------------- „Mein lieber James, es ist schön, dich wiederzusehen.“ In der Höhle war es plötzlich ruhig. Kein Pirat, kein Geist rührte sich mehr. Selbst Peter stand stumm und sah zu dem angesprochenen Mann. Doch James war wie versteinert. Er hatte die Stimme, sowie die nonchalante Sprechweise sofort wieder erkannt. Sein Inneres sträubte sich dagegen. Wollte nicht wahrhaben, was sein Verstand längst begriffen hatte. Er hatte ihn gefunden! Seine Flucht hatte ein Ende. Blackbeard war zurückgekehrt. „Möchtest du mich nicht ansehen?“, fragte der Geisterpirat. „Ist es dir so zuwider, mich zu sehen?“ Ein glucksendes Lachen ertönte und James, der Blackbeard keinesfalls die Genugtuung gönnte, mit seinen Worten Recht zu behalten, drehte sich gemächlich um. „Blackbeard“, sagte James, dessen Herz einen unruhigen Tanz tanzte, wenngleich man ihm äußerlich nichts ansah. Blackbeard hatte sich äußerlich kein Stück verändert, seit James ihn zum letzten Mal gesehen hatte, sah man davon ab, dass seine Erscheinung nun geisterhaft transparent war. Sein Bart war beeindruckend lang und schwarz, die braunen Augen funkelten von einem ebenso intelligenten wie boshaften Geist und seine schlanke, schmale Gestalt verbarg gut die Kraft, die in den Muskeln hauste. Blackbeard war nach wie vor eine imposante Person. Der Tod stand ihm gut. „Du bist alt geworden, mein Freund“, sprach Blackbeard weiter. „Meine kleine Meerjungfrau scheint dir nicht bekommen zu sein. Oder entspricht es inzwischen der neuesten, britischen Mode, die Haare derart zu tragen?“ „Was willst du?“, fragte James gereizt. „Das, was ich immer schon gewollt habe“, lächelte Blackbeard, „dich.“ „Vergiss es, ich werde nicht zurückkommen.“ „Aber du bist bereits zurückgekommen.“ „Wie kommst du auf Nimmerland?“, wollte Hook wissen, der in all den Jahren auf der Insel niemals ein Schiff oder einen Mann seines ehemaligen Kapitäns gesehen hatte. „Ich bin dir gefolgt“, sagte Blackbeard und seine Augen wurden gefährlich schmal. „Schon bevor du von meinem Schiff geflohen bist, sagte ich dir, dass du mir niemals entkommen wirst. Du hast mir dein jämmerliches Leben zu verdanken, ohne mich wärst du verblutet.“ „Und doch war es Smee, der mich entdeckt hat.“ „Aye, aber meiner Großzügigkeit verdankst du es, dass Silver dich aufpäppeln durfte.“ „Ja, weil du mich verkaufen wolltest!“ „Nennst du es so, dass ich dich für eine Entschädigung meinerseits in den werten Schoß deiner Familie zurückgeben wollte? Wer hätte ahnen können, dass du deinem Vater und deinen Brüdern mehr Last als von Nutzen warst?“ „Bist du hier, um über meine Vergangenheit zu reden?“ „Nein, ich bin hier, weil alle Seelen der verstorbenen Piraten gezwungen werden, in dieser Höhle zu hausen!“ „Was willst du?“, fragte James abermals. „Liegt das nicht auf der Hand? Ich will hier raus. Meine Männer und ich wollen wieder rauben und plündern. Ich sehne mich nach dem Geruch von frischem Blut, dem Meer und der Freiheit, dorthin zu gehen, wohin ich möchte.“ „Du bist tot, wie soll ich dir dabei helfen?“ „Ah“, seufzte Blackbeard nun zufrieden. „Ich brauche dein Schiff. Gib mir die Jolly Roger, kehre zurück als mein Bootsmann und wir können die Welt erobern.“ „Nein! Ich werde niemals mehr unter dir dienen.“ „Wahrlich, du bist aufsässig geworden, wo ich mich noch zu gut erinnere, dass du mir des Nachts gerne gedient hast.“ James schauderte es. Deutlich erinnerte er sich an die Avancen, die Blackbeard ihm immer und immer wieder gemacht hatte. Daran, dass er ihn zwang, die Nächte in seiner Kajüte zu verbringen, unwissend, ob der Kapitän seine Androhungen wahrmachen würde und ihn nahm, wie die gemeinen Piraten die Weiber beim Rauben. Doch Blackbeard hatte mit ihm gespielt. Es hatte ihm ein unsagbares Vergnügen bereitet, ihn zu demütigen, ihn mit seinen Worten Furcht zu leeren. Ihn des Nachts des Schlafes zu berauben, weil James ständig wartete. Darauf wartete, dass Blackbeard seinen Worten Taten folgen ließ und die wenigen Male, da die Hände dieses Mannes auf seinem Körper gewesen waren und er sich fragte, ob es endlich soweit war, da hatte James fast darauf gehofft, dass ihm Gewalt und Schande angetan wurden, nur um den unerträglichen Zustand des Unwissens loszuwerden. Doch wie groß wäre seine Schande gewesen? Die Männer an Bord der La Concorde und auch auf der Little Revenge dachten ohnehin, dass er sich seine Stellung als Bootsmann durch Hurendienste verdiente. Aber Blackbeard, dessen sexuelle Veranlagung der eines normalen Mannes entsprach, genoss die Angst, die er in James erweckte. Es schien sein Inneres zu befriedigen, einen Mann von adliger Abstammung zu demütigen und ihm genügte es, James nach jedem körperlichen Übergriff zitternd wie Espenlaub auf seiner Pritsche liegen zu lassen, wissend, dass dieser sich nach Flucht und Rache sehnte. „Was heißt das?“ Peters Stimme erklang in der Stille und James schloss kurz die Augen. Er hatte nicht gewollt, dass Pan die Aufmerksamkeit von Blackbeard auf sich zog. „Du!“, knurrte Blackbeard und richtete seinen Säbel auf Pan. „Fast hätte ich dich nicht erkannt. Du bist gewachsen seit unserer letzten Begegnung.“ „Ich kenne dich nicht.“ „Du kennst mich nicht?“, hakte Blackbeard ungläubig nach und rief dann: „Sieh dich um, die meisten von uns sind deinetwegen hier.“ Die Arme weit aufgerissen, deutete er auf die anderen Geister, die ihre Messer und Klingen rhythmisch aneinanderschlugen und so die Halle zum beben brachten. Erst ein Handzeichen von Blackbeard brachte die Bande zum erneuten verstummen. „Du weißt nicht, wer ich bin? Ich bin Kapitän Blackbeard! Der größte und schrecklichste Pirat der sieben Weltmeere.“ „Und trotzdem bist du tot“, sagte Peter lapidar, den die Ansprache unbeeindruckt ließ. „Pan“, stöhnte James und zog den Jungen hinter sich. „Ihr zwei“, meinte Blackbeard mit zusammengekniffenen Augen. „Was verbindet euch?“ „Nichts“, antworte James, „außer, dass er mein Gefangener ist.“ „Dein Gefangener, sagst du? Und dennoch stellst du dich beschützend vor diesen Burschen. Hast du ihn gekostet? Hat er dich deshalb vor dem Tod durch meine Meerjungfrau gerettet?“ James schluckte. Er wusste, dass er vorsichtig sein musste. Blackbeard war durchtrieben und er würde seine Chancen nutzen, wenn er sie bekam. Aber es war trotzdem in James Interesse, Pan zu schützen. Dieser Junge gehörte ihm! Er würde derjenige sein, der Pan tötete, wenn der Junge sterben sollte. Er würde derjenige sein, der diesen Körper erneut verzückte und sich an der Süße ergötzte. Gleich wie er Pan haben wollte, kniend als Gefangener oder voll Leidenschaft als Liebhaber - Peter Pan war sein! „War er es?“, konterte James. „War er es, der dich getötet hat? Ist es das, was dir zu schaffen macht? Der größte Pirat der sieben Weltmeere, getötet von einem Knaben?“ „Schweig!“, blaffte Blackbeard ihn an. „Nicht er war es, der mich getötet hat.“ „Wer dann? Nimmerland ist zwar eine gefährliche Insel, aber wenn es selbst den verlorenen Jungen gelingt, hier zu überleben, dann dir doch wohl auch.“ Sein Hohn brachte James eine erstaunlich harte Ohrfeige ein. Offenbar konnten diese Geister Materie anfassen. „Nur weil du meine Buhle bist, solltest du nicht vergessen, in welchem Tonfall du mit mir sprichst.“ „Ich habe nie das Bett mit dir geteilt.“ „Und wer soll dir das glauben?“ Blackbeard wandte sich an seine Geisterpiraten. „Ihr etwa? Was ist mit dir, Phelps, glaubst du deinem Kapitän oder dem Bootsmann? Oder du-“, und er drehte sich unmittelbar zu Mr. Smee. „Erinnerst du dich noch, wie viele Nächte dein Kapitän bei mir in der Kajüte geblieben ist? Wie oft er morgens aufgewacht ist, mit Augenrändern unter den Augen, weil ich ihn die Nacht wachgehalten habe?“ „Ich…“, Smee stammelte. „Ich… Ich…“ „Du weißt es“, lächelte Blackbeard und wandte sich wieder an Hook. „Du siehst, selbst deine eigene Mannschaft weiß, dass du meine Hure bist.“ Demütigung, Scham und unbändige Wut herrschten in James. Er fühlte sich wie ein reißender Tiger, der in einem Käfig eingesperrt war. Am liebsten hätte er nach jedem geschnappt und seine Krallen in jeden gejagt, der tatsächlich glaubte, dass er diesem Teufel auf diese Art gedient hatte. Seine Hand griff nach seinem Säbel. Niemals würde er zulassen, dass Blackbeard ihn wieder zu einem hilflosen Opfer machte, da spürte er eine warme Hand auf der seinen. Irritiert blickte er hinab und sah Peter. Peter, welcher ihn mit großen grünen Augen ansah, in der Liebe und Zuneigung stand und etwas, das Hook stärker traf, als alles andere – Vertrauen. Ausgerechnet Peter Pan vertraute und glaubte ihm. Seine Hand löste sich vom Schaft und das Beben in seinem Herzen wurde durch ein viel Angenehmeres ersetzt. „Selbst wenn ich dir mein Schiff überlassen sollte, wie willst du diese Höhle verlassen? Du selbst sagtest, die Seelen der verstorbenen Piraten würden gezwungen, in dieser Höhle zu hausen.“ „Aye, dies sagte ich“, antworte Blackbeard, „aber du hast alles mitgebracht, um diesen Fluch zu brechen.“ „Was?“, fragte James verständnislos. „Du besitzt das Gift der Meerjungfrau, hast Pan hierher gebracht und genügend Menschenopfer, die unseren Platz einnehmen können.“ „Was bedeutet das?“ „Das wir wieder lebendig werden können!“, rief Blackbeard und brach in ein unheilvolles Lachen aus, dem sich die Geister anschlossen. Fortsetzung folgt… Kapitel 40: Kapitel 40 ---------------------- Noch immer hallte das Gelächter der Geister in Peters Kopf wider. Obwohl schon einige Zeit vergangen und Hooks Mannschaft ans Ende der Halle gebracht worden war, gefesselt und geknebelt von Geisterhand, hörte Peter das grausame Lachen. Er selbst war an Hook gebunden worden. Rücken an Rücken. Ihre Füße waren ebenso gefesselt und sie saßen auf dem Boden inmitten der Halle. Blackbeard befehligte seine Piraten, die seinen Anweisungen gehorsam folgten. Irgendetwas bereiteten sie vor. Weitere Spiegel waren aufgestellt worden, doch im Gegensatz zu denen an der Decke, brachen sie das Licht nicht. Dennoch huschten die Geister vorsichtig an den Lichtkegeln vorbei. Der pure Kontakt der Strahlen auf ihrer Haut brachte die astralen Gestalten zum brennen. Zwei Mal war Peter Zeuge dessen geworden, als ein Pirat nicht aufmerksam genug war. Peter rätselte noch darüber, weshalb Blackbeard die Spiegel benötigte, wenn das Licht für sie doch tödlich war. Sofern man bei Untoten überhaupt vom Sterben sprechen konnte. „Kannst du deine Fesseln lösen?“, wisperte James ihm zu. „Nein. Und du?“ „Auch nicht“, meinte Hook, nur um kurz später zu fragen: „Weißt du wirklich nicht, wer Blackbeard ist?“ Peter zögerte. Es widerstrebte ihm, James darauf zu antworten und doch… Selbst wenn dieser Mann erneut zu Hook geworden war, hier und jetzt waren sie Verbündete gegen einen gemeinsamen Feind. „Nein.“ Ein enttäuschtes Seufzen folgte. „Warum?“ Nun war es an Hook zu zaudern. Aber auch er sprach seine Gedanken aus. „Ich wünschte, ich wüsste, wie er gestorben ist. Ob du es warst, der ihm den Dolch ins Herz gestoßen hat.“ „Und wenn es so wäre?“ „Dann wäre ich dir etwas schuldig.“ „Wie bedauerlich, dass ich es nicht weiß. Einen Gefallen von dir hätte ich gerne gehabt.“ „Du bist unverbesserlich“, stöhnte Hook und Peter musste grinsen. So lange Hook sich noch necken ließ, war die Hoffnung nicht verloren. „Ich glaube dir“, sagte Peter ganz unvermittelt und sprach den Gedanken aus, der ihm auf der Seele lag. „Ich weiß“, entgegnete James. Seine Stimmte zitterte. „Du hast mehr Vertrauen in mich, als meine Männer.“ „Ich kenne dich eben.“ Damit hatte Peter natürlich recht. Er hatte Hook schon vor ihrem großen Abenteuer gekannt, denn ihre Fehde hatte sie in all den Jahren näher gebracht, als sie beide jemals für möglich gehalten hatten. Ihre neugewonnene Intimität hatte das Band zwischen ihnen noch enger geschnürt, ihre Schicksale noch enger miteinander verknotet. „Diese Dinge“, fragte Peter, „die Blackbeard dir unterstellt – weshalb sind sie so schlimm?“ „Erinnerst du dich noch, als ich von Huren sprach?“, wollte James mit zusammengebissenen Zähnen wissen. „Ja.“ „Huren verkaufen ihren Körper für Gold oder Gefälligkeiten.“ „Verkaufen?“ „Sie… sie schlafen mit den Männern. Spreizen ihre Beine ebenso, wie du für mich. Nur dass dies zwischen uns etwas anderes war. Du hast nichts von mir verlangt, kein Gold, keine Gefälligkeiten, selbst wenn ich dir in meiner Wut anderes unterstellte. Wir taten es aus Gefühl.“ Hooks Worte berührten Peter in seinem Herzen und er lauschte weiter der Stimme, die vor Scham bebte. „Blackbeard suggeriert, dass ich eine Hure bin. Dass ich mein Ansehen an Bord seines Schiffes durch meinen Körper erschlafen habe. Dass ich voller Wollust in sein Bett gekrochen bin. Du kannst es wahrscheinlich nicht begreifen, doch in unserer Welt schwächt es das Ansehen eines Mannes. Macht ihn zu etwas verachtenswertem.“ „Dann verachtest du mich, weil ich mit dir geschlafen habe?“ Der Pirat schwieg verblüfft einen Moment und Peter wünschte, er könnte James Gesicht sehen. Könnte sehen, was der Piratenkapitän gerade dachte. „Nein“, antworte James. Seine Stimme trug nun etwas Sanftes. „Ich verachte dich nicht. Nicht dafür. Du hast mir etwas Besonderes gegeben, als du bei mir lagst.“ „Warum grämst du dich dann, wenn Blackbeard dir dergleichen unterstellt?“ „Weil… Weil er mich damit erniedrigen möchte. Da ist kein Gefühl. Nichts, dass ihn mit mir verbindet außer Verachtung und Hass. Er will, dass ich schwach wirke wie eine Frau und das kann und will ich mir nicht gefallen lassen.“ „Verstehe“, entgegnete Peter, welcher tatsächlich begriff. Beschützerinstinkt wurde in ihm wach. Auch wenn Hook ein Erwachsener war, selbst er hatte eine verletzliche Seite und diese rührte Peter. Was für ein Abenteuer es wäre, diesen Mann zu schützen? Eine Herausforderung wahrlich, sah man, wie gefährlich ein Geisterpirat wie Blackbeard war. Aber es würde Peter eine grimmige Freude sein, Blackbeard die Schmach, die er James antat, abzugelten. Mit neuem Tatendrang suchte er nochmals seine nähere Umgebung ab und dann sah er es. Ungefähr 20 Meter von ihnen entfernt glitzerte etwas auf dem Boden. Die Glasscherbe lag dort. Geisterpiraten gingen an ihr vorbei, streiften sie und brachten sie immer näher an ihn und James heran. „Kannst du weiter nach rechts rücken?“ „Weshalb?“ „Vertrau mir, ich habe vielleicht die Möglichkeit, uns zu befreien.“ „In Ordnung“, raunte James ihm zu. Erleichtert atmete Peter auf. Für einen Moment glaubte er schon, Hook würde die Zusammenarbeit verweigern. „Dann bei drei. Eins, zwei, drei.“ Gemeinsam schoben sie sich vor. Sie kamen nur mühsam voran und mussten immer wieder innehalten, um von den Geistern unbemerkt zu bleiben. Doch der pure Fakt, dass das Glasstück ohnehin in ihre Richtung wanderte, erleichterte Peter sein Vorhaben. Die Scherbe lag nach kurzer Zeit nur noch wenige Zentimeter von ihnen entfernt. Peter brauchte lediglich versuchen, mit seinen Füßen danach zu hangeln, als eine Hand die Scherbe hochhob. „Wirklich? Dachtet ihr, es wäre so einfach, euch von den Fesseln zu befreien?“ Blackbeards Hohn traf Peter mit voller Wucht, auch wenn er sich nichts anmerken ließ. Der Pirat ließ die Glasscherbe in der Tasche seines Wamses verschwinden und ging kopfschüttelnd, laut lachend weiter. „Peter?“ „Ja?“ „War dies dein Plan? Wolltest du unsere Fesseln mit der Glasscherbe zerschneiden?“ „Ja.“ Peter brauchte Hooks Spott nicht dazu. Seine Wangen glühten bereits vor Scham, da sein Plan gescheitert war, da konnte er keine weitere Erniedrigung gebrauchen. Er senkte seinen Kopf, unwissend, wie er und James aus dem Schlamassel herauskommen sollten. „Kannst du hier zaubern?“ Überrascht hob Peter den Kopf. „Nur Lebensmittel.“ „Ja, aber erinnere dich. Essen und Getränke kannst du auch in Behältnissen herbei zaubern, oder?“ Augenblicklich hellte sich Peters Gesicht auf! Weshalb war er nicht sofort darauf gekommen? Wie töricht er doch gewesen war. Er dankte James für seinen Einfall und wünschte sich einen kleinen, gläsernen Krug mit Wasser, welcher sich zu seiner Seite materialisierte. „Lass ihn mich kaputt machen“, flüsterte James ihm zu. „Aber wie soll das gehen?“ „Keine Sorge, ich weiß schon, wie“, kam die Antwort und Peter spürte, wie James sein Gewicht verlagerte, da Peter aufgrund seiner Fesseln dieser automatisch folgte. „Was tust du da?“, wollte er wissen, aber James schwieg und zog nochmals an den Fesseln. Ein Knacken war zu hören, ebenso wie ein unterdrücktes Stöhnen. „Hast du dir weh getan?“ „Schon in Ordnung“, sagte der Kapitän. „Ich habe die Scherbe.“ Die Scherbe wanderte zwischen sie und sie rieben abwechselnd am Seil. Es war sehr, sehr anstrengend. Die festen Fasern gaben nur sehr langsam nach und Peter befürchtete schon, dass sie sich nicht schnell genug befreien konnten, da die Geisterpiraten mit dem Aufstellen der Spiegel fertig waren. „Was, denkst du, haben sie vor?“, fragte Peter, der ein wachsames Auge auf ihren Wärter hatte. Die Geisterpiraten hatten zehn Spiegel aufgestellt, welche schräg standen und Schatten auf den Boden malten. Peter bemerkte, dass die Spiegel in einem Kreis zueinanderstanden. Merkwürdigerweise berührten sich ihre Schatten, obwohl dies aufgrund des Lichteinfalls der Höhle eigentlich unmöglich war. Auch hier war Zauberei im Spiel. Ein Blick zur Decke zeigte Peter, dass die oberen Spiegel das Licht so brachen, dass sie ebenfalls einen Kreis bildeten. Einen Kreis, der genau über dem unteren thronte. Aber an der Höhlendecke war noch ein elfter Spiegel, der bislang unbenutzt dort oben hing. Eine Ahnung machte sich in ihm breit, wofür der letzte Spiegel zu gebrauchen war und die Härchen in seinem Nacken stellten sich auf. „Ich weiß nicht, wie sie ins Leben zurückkehren wollen, aber mir schwant nichts Gutes“, meinte James mit einem Blick auf den Altar, den die Geisterpiraten jetzt auf Geheiß von Blackbeard errichteten. Stein für Stein wurde aufgetürmt, um am Ende eine große Platte darauf zu legen. „Wie weit bist du?“ „Fast fertig.“ „Hast du auch eine Idee, was wir machen, sobald wir frei sind? Wir können kaum gegen 30 Geister kämpfen, zumal diese uns auch noch töten können, wir sie aber nicht.“ „Als erstes befreie ich deine Männer.“ „Und dann? Die Höhle ist versperrt!“ „Uns wird schon was einfallen.“ „Ich hoffe es, Peter. Früher glaubte ich zwar fest daran, dass einer von uns im Kampf sterben wird, aber nicht, dass wir eines Tages Seite an Seite den Tod finden.“ „James…“ Doch was immer Peter hatte sagen wollen, ging im lauten Ruf Blackbeards unter. Die Geisterpiraten hatten alles für die Zeremonie vorbereitet. Fortsetzung folgt… Kapitel 41: Kapitel 41 ---------------------- „Bringt mir Hook und Pan!“, befahl Blackbeard, welcher am Altar stand, einen spitzen Dolch in seinen Händen. Grob wurden Peter und James gepackt und zu dem Kapitän der Geisterpiraten geschleift. Irgendwie gelang es Peter, die Scherbe in den Händen zu halten, denn gerade war er daran, an den Fesseln zu schneiden. Sie waren schon weit gekommen und brauchten vielleicht nur noch eine Minute oder zwei und sie wären frei gewesen. Nun aber standen sie vor dem Altar, vor Blackbeard, der sie genussvoll anblickte, als wären sie eine Süßspeise. Das fiese, kleine Lächeln, das um Blackbeards Mundwinkel spielte, war verheißungsvoll. Was auch immer der Mann machen musste, um aus dem Totenreich aufzuerstehen, würde ihnen nicht gefallen. Ein Schauer rann Peter den Rücken hinab und doch weigerte er sich, Angst zu haben. Peter Pan hatte vor nichts Angst! „Du hast doch nichts dagegen?“, fragte Blackbeard und seine Hand schlüpfte in James Wams. Peter konnte es nur aus dem Augenwinkel erkennen, was er aber deutlich spürte, war das Zucken von James Körper. Die pure Berührung des Piraten löste in James Abscheu aus. Unwillkürlich musste Peter daran denken, was dieser Mann James angedroht hatte, wie er ihn hatte demütigen und zerstören wollen und abermals überrollte ihn eine Welle aus Mitgefühl und Zorn. Unbemerkt rieb er weiter mit der Scherbe an den Fesseln. Blackbeard schien gefunden zu haben, was er wollte. Er hielt eine funkelnde, rote Perle in seinen Händen. „Vielen Dank, James“, sagte er und lachte, so als hätte er einen Witz gemacht, den niemand sonst verstand. „Was jetzt?“, wollte James wissen. „Wirst du uns vergiften?“ „Vergiften? Ich euch? Nein, wie kommst du darauf“, konterte Blackbeard höhnisch. Er schnipste mit den Fingern und ein Geist reichte ihm eine kristallene Schale. „Gift wäre eine viel zu angenehme Art für euch zu sterben.“ „Was dann? Willst du uns erschießen, erhängen?“ „Du wirst sehen“, meinte Blackbeard und mit einem Mal wurde der Mann ernst. Jeglicher Spott, jegliche Belustigung verschwand und plötzlich war er ganz der Mann, der die 7 Weltmeere zum erzittern gebracht hatte. Seine Aura war so dunkel, sein Gesicht finster und dem Keuchen von Hooks Piraten zu urteilen, bemerkte es jeder. „Bringt die Gefangenen in Position“, wies er seine Männer an und die aneinander gefesselten Piraten wurden getrennt und vor den Spiegeln positioniert. Erst jetzt fiel Peter auf, dass die Anzahl der Spiegel nicht nur mit den Spiegeln an der Decke, sondern auch mit den Piraten übereinstimmte. Hinter jeden Piraten stellte sich ein Geist, einen Dolch in seinen Händen und an die Kehle der Lebenden gehalten. Peter wusste, wie die Männer von Hook sterben sollten. Aber was war mit ihm und James? Wenn James Blackbeards Opfer war, was war dann er? Peter konnte nicht weiter darüber nachdenken, denn er und James wurden auf den Altar gehievt. Noch immer Rücken an Rücken lagen sie auf der Seite und es war Peter, dessen Gesicht zu Blackbeard sah. „Wo möchtest du denn bluten, Pan? Soll ich dir dein hübsches Gesicht filetieren oder die Kehle aufschlitzen? Möchtest du vielleicht ein Stück Brust oder Bauch?“ Blackbeard strich mit dem Dolch über Peters Körper. Die scharfe Schneide zerteilte das Hemd, welches er trug und Blackbeard legte seinen Oberkörper frei. „Ich kann verstehen, was James an dir findet. Du hast etwas Reines und Unschuldiges an dir. Es hat James bestimmt Spaß gemacht, dich zu beschmutzen. Nicht wahr, James?“ Doch James schwieg. Peter konnte den Zorn in ihm brodeln fühlen. „Bist du deshalb gealtert? Weil James schmutzige Dinge mit dir getan hat?“, fragte er nun wieder Peter. „Du bist noch nicht erwachsen, aber an der Grenze von Junge zu Mann. Das ist mein Glück und dein Pech. Wärst du schon ein Mann, wärst du unbrauchbar für mich, aber so… Es ist dein Blut, das ich brauche, Pan. Dein reines, unverfälschtes Blut. In ihm ist die Kraft der ewigen Jugend. Dies ist ein Grund, weshalb ich Nimmerland nicht verlassen habe, obwohl ich James hier nicht fand. Diese verfluchte Insel hat mich innerhalb kürzester Zeit die Hälfte meiner Männer gekostet. Diese verfluchten Indianer! Und die andere Hälfte? Nun, dann kamst du und deine verlorenen Jungen. Erinnerst du dich wirklich nicht daran?“ „Nein.“ „Interessant. Mir scheint, du vergisst alles, was für dich ohne Bedeutung ist.“ „Ich weiß nicht, was du meinst.“ „Wie kannst du diesen Jungen ertragen, James? Wenn ich dich töten würde, was glaubst du, wie lange Pan sich noch an dich erinnert? Wird er dich in ein paar Wochen vergessen, in ein paar Tagen oder sogar in ein paar Stunden?“ „Er wird mich nicht vergessen“, sagte James und Peter fühlte das Vertrauen, welches James ihm entgegen brachte. „Woher willst du das wissen? Er erinnert sich ja auch nicht daran, wie wir gegeneinander gekämpft haben. Er erinnert sich genauso wenig daran, dass er uns als Gefangener zu den Meerjungfrauen führte.“ Peter versuchte wirklich, sich zu erinnern, aber er konnte nicht mehr als graue Schleier in seinem Kopf finden. Hatte er Blackbeard tatsächlich schon einmal getroffen? Aber er war es nicht gewesen, welcher Blackbeard getötet hatte. Weshalb hasste ihn dieser Mann dann? „Wir hatten schon eine gefangen und in die Höhle gebracht“, sprach Blackbeard weiter, „und wir wollten noch eine weitere fangen gehen, Pan nutzen wir als Köder, da die Meerjungfrauen an ihm Gefallen gefunden hatten, aber dann ging alles schief.“ Wo Peter die Erinnerung fehlte, war sie in Blackbeard gerade höchst lebendig. „Sie haben uns abgeschlachtet mit ihren Kallen. Haben uns das Leben ausgesaugt. Widerliche Biester! Aber ihre Königin haben sie nie zurückbekommen“, ein bitterböses Grinsen zierte Blackbeards Lippen, dann schüttelte er seinen Kopf und vertrieb die düsteren Gedanken. Urplötzlich drückte er Peters Kopf fest auf die steinerne Platte, schnitt mit dem Dolch einen langen Riss in die zarte Haut am Hals, ohne dass Peter schlimmeres geschah, und fing das Blut mit der Schale auf. Peter stöhnte vor Schmerz, biss aber die Zähne zusammen. Er wollte Blackbeard keineswegs die Genugtuung gönnen, dass er litt. Als er die Augen wieder öffnete, sah er, dass Blackbeard die Perle zu dem Blut in die Schale legte. Sofort leuchteten dunkelrote Flammen auf. Blut und Meerjungfrauengift verbanden sich und als die Flammen erstickten, stieg übelriechender Rauch auf. Peters Augen tränten, doch nicht nur seine Augen brannten. Etwas Beißendes lag in dem Rauch und alles in Peter sträubte sich dagegen, zu atmen. Er hatte den Eindruck, dass wenn er den Rauch einatmen würde, er das Gift inhalieren würde. Scheinbar war er keineswegs der Einzige, welcher so empfand. James an seinem Rücken würgte und hustete ebenfalls. Dann war der Rauch verschwunden und endlich konnte Peter wieder normal atmen, doch noch immer hingen ihm Tränen in den Augenwinkeln. Blackbeard quittierte dies mit Erheiterung. Den Geistern schien die Magie, welche gerade zusammengebraut wurde, nichts auszumachen. Blackbeard nickte und augenblicklich wurden James und Peter aus ihrer liegenden Position in eine Sitzende gebracht. Etwas zuckte in Peters Gesicht, doch sofort verschloss er seine Miene wieder. Der Strick, der ihn und James zusammenband, war endlich gerissen. Doch sie blieben weiterhin an Ort und Stelle. Sie mussten den richtigen Augenblick abwarten und jetzt war er noch nicht gekommen. Stattdessen beobachteten sie, wie Blackbeard zu seinen Geisterpiraten schritt. Er lief im Kreis von Pirat zu Pirat und riss sowohl den Geistern, als auch den Lebenden jeweils ein Haar aus, um es in die Schale zu werfen. Der Inhalt der Schale bewegte sich, schlug Blasen, entwickelte neuerlichen Dampf. Peter konnte die Magie spüren, wie sie sich im ganzen Raum ausbreitete. Boshaft, unheilvoll und er musste sich anstrengen, damit er sich nicht übergab. Die Magie, die er stets auf Nimmerland gefühlt hatte, die ein Teil von ihm geworden war, wehrte sich gegen die Dunkelheit, welche Blackbeard heraufbeschwor. „James“, stöhnte er, „wir müssen etwas tun.“ „Noch nicht“, flüsterte James zurück. Als Blackbeard mit seiner Runde fertig war, ging er zurück zum Altar. Er stand vor James wie ein riesiger Schatten, der selbst Peter überragte. Peter drehte seinen Kopf, er musste sehen, was Blackbeard vorhatte. „James, mein teurer James“, sagte Blackbeard und besah diesen voll Zärtlichkeit. „Es hätte einen anderen Weg für dich gegeben. Noch kannst du dich für mich entscheiden.“ „Niemals!“ „Überleg es dir“, lockte Blackbeard, beugte sich vor und küsste James vor ihrer aller Augen hart und fest. Peters Verstand setzte aus. Ob es Eifersucht oder Beschützerinstinkt war, er wusste es nicht, doch er sprang über den Altar und stieß Blackbeard von Hook weg. Der Piratenkapitän reagierte sofort und noch bevor James ebenfalls aufspringen konnte, schlug er Peter so heftig, dass dieser zu Boden fiel und liegen blieb. James hielt er den Dolch, welchen er plötzlich wieder in Händen trug, vor die Nase. „Wen er deine Wahl ist, dann wird es mir ein Vergnügen sein, dein Leben für das meine zu nehmen.“ „Er ist meine Wahl.“ Die beiden Männer starrten sich an. So viele Emotionen standen zwischen ihnen und doch fand all dies ein Ende, als Blackbeard erneut sprach. „Ein Haar, James.“ Mit wutfunkelnden Augen zupfte sich James ein Haar aus und ließ es in die Schale fallen, die Blackbeard ihm hinhielt. Ein letztes Mal brodelte der Inhalt. Der rote Qualm verwandelte sich und die Flüssigkeit in der Schale war nun klar. „Was machst du jetzt?“, fragte James Blackbeard. Peter beobachtete das alles vom Boden aus. Seine Brust bebte und die Anspannung zerrte an seinen Nerven. Es musste doch einen Weg geben, sie alle zu retten. Wenn es ihm gelang, die Schale zu zerstören, wenn das Elixier vernichtete wäre, dann könnte Blackbeard den Zauber nicht zu Ende führen. „Wir werden euch töten. Ein Leben für ein anderes.“ Entsetzt keuchten Hooks Männer auf. Sie alle wussten nun, dass sie sterben würden. „Was ist mit Pan?“, wollte James wissen. „Er wird der Erste sein, den ich töte, wenn ich wieder lebe.“ „Lass ihn gehen.“ „Um dir einen Gefallen zu tun?“ Er überlegte kurz und sah zu Peter rüber, der unter dem Blick des Geisterkapitäns schauderte. „Hast du ihn gut eingeritten? Ich könnte es mir überlegen, wenn er mir dient.“ „Du Scheusal!“ Blackbeard lachte. „James, so viel Temperament noch im Angesicht des Todes?“ Dann holte er aus. Hook glitt zur Seite und blieb bewusstlos liegen. Er schritt um den Altar und Peter konnte James liegen sehen. Noch immer rasten seine Gedanken, während sein Herz vor Panik fast zersprang. Irgendeine Möglichkeit musste es doch geben. Es gab immer einen Ausweg. Verflucht, er war Peter Pan! Peter Pan gewann immer! „Sieh ihn dir noch einmal gut an“, sagte Blackbeard. „Es werden seine letzten Atemzüge sein.“ Von grausamer Faszination ergriffen sah Peter zu, wie Blackbeard die Schale neben James auf den Altar legte und einem seiner Männer zunickte. Ein Spiegel an der Höhlendecke wurde von unsichtbarer Hand bewegt und das Licht traf auf jeden Spiegel. Die Geister verzogen schmerzhaft ihre Gesichter, weil ihre Substanz von den hellen Strahlen getroffen wurde. Sie begannen zu verdampfen. Blackbeard sah zur Decke empor, hob den Dolch erneut und sprach mit ehrfurchtvoller Stimme: „Ihr Leben für unser Leben. Ihr Tod für unseren Tod.“ Seine Geister wiederholten den Schwur und dann sah Peter, wie der erste Geist zu seinem Entsetzen einem von Hooks Männern die Kehle aufschlitze. Noch während der Pirat blutspritzend niedersank, konnte er sehen, wie der Geist, welcher ihn ermordet hatte, fest wurde. „Es ist soweit, Männer, töten wir sie!“, feuerte Blackbeard seine Meute an und holte mit dem Dolch in beiden Händen aus. Peter reagierte rein intuitiv. Er schrie, als er sah, wie die Klinge auf Hook niedersauste und kam blitzschnell auf die Beine. Seine Füße trugen ihn zum Altar. Doch alles, was Peter sah, war die Klinge, die James Herzen immer näher kam. Zu Spät erkannte er, dass er nicht rechtzeitig bei ihm sein würde, um sein Leben zu retten, aber dann ging alles sehr schnell. James drehte sich zu Blackbeard und warf dabei die Schale zu Boden, wo sie in tausend Stücke zerbrach. Das Elixier brodelte und blubberte auf dem Fußboden, ehe es sich in Nebel verwandelte und auflöste. Blackbeard stürzte sich zornentbrannt auf James, um diesen doch noch zu töten und Peter selbst suchte nach einer Waffe. Irgendwer musste einen Dolch oder einen Säbel für ihn haben. Er sah die Geister mit den Piraten kämpfen, die sich inzwischen befreit hatten. Mehrere Leichen lagen auf dem Boden. Wiederbelebte Geister wie Hooks Leute. Endlich sah er einen Säbel. Entschlossen hob er ihn auf. Die Waffe kaum in Händen, musste er schon den ersten Angriff kontern. Dieser Pirat war ein Geist. Peter konnte ihn zwar mit dem Säbel durchbohren, wie er feststellte, woraufhin sich der Geist auflöste, um gleich darauf wieder eine Gestalt anzunehmen. Peter wusste, sie konnten das Gemetzel nicht überleben, auch wenn die Geister weiterhin Geister blieben. Erst jetzt bemerkte er, dass das Licht nicht länger von der Decke hereinbrach. Einer der Spiegel war aus dem Kreis herausgeschoben und hatte die Reflektion unterbrochen. Peter versuchte zum Spiegel zu gelangen, doch die Geister stellten sich ihm in den Weg. Da sah er, dass er den Piraten, der dem Spiegel am nächsten war, kannte. Seine rote Wollmütze würde Peter immer und überall erkennen. „Smee“, rief er. „Smee, der Spiegel!“ „Pan? Was ist mit dem Spiegel?“, brüllte Smee zurück, der gerade dem Hieb eines Geisterpiraten auswich. „Du musst ihn zurückdrehen. Das Licht!“, schrie Peter, welcher sich nun gegen zwei Gegner behaupten musste. Es war sein Glück, dass Smee dieses eine Mal verstand. Nach einem weiteren Schlag mit dem Dolch gegen seinen Angreifer, huschte der Mann hinter den Spiegel und drehte ihn zurück in den Kreis. Sofort wanderte das Licht von Spiegel zu Spiegel und erneut dampften die Piraten. Sie schrien vor Schmerz, aber niemand kam ihnen zu Hilfe. Nicht einmal Blackbeard, der, wie Peter feststellte, über James gebeugt stand, einen Dolch in dessen Körper gebohrt. Angst erfüllte Peter wie nie zuvor, dann gab es ein gleißendes Licht, das sie alle blendete, und als er die Augen wieder öffnete, waren sämtliche Geister fort. Die Piraten der Jolly Roger jubelten, bis sie ihren Kapitän niedergestochen sahen. „James?“, fragte Peter mit zitternder Stimme und ging auf den Mann zu, der noch immer auf dem kalten Boden lag. „James?“, wiederholte er, kniete sich neben ihn, besah den großen Blutfleck, der auf Hooks Hemd prangte. Die ersten Tränen sammelten sich bereits in Peters Augen, als James Lider sich öffneten. „Du hast den Mistkerl besiegt“, grinste James schwach. „Es war Smee.“ „Guter Mann“, murmelte James. „Lass uns Nachhause gehen.“ „Ja“, antworte Peter, der sah, wie eine selige Ohnmacht James einholte. Fortsetzung folgt… Kapitel 42: Kapitel 42 ---------------------- Er träumte. Von süßen Küssen und von sanften Händen, die zärtlich über seinen Körper strichen. Ihn berührten, als wäre sein Leib etwas ganz besonders, als wäre er etwas ganz besonderes. „Warte“, sagte er, denn er wollte wissen, wer da war und ihn so liebevoll behandelte. Fast glaubte er, dass es Samantha, seine Verlobte, wäre, doch die großen Augen, die ihn ansahen, gehörten zu einem hübschen Knaben. „Wer bist du?“, wollte er wissen, doch der Junge lächelte ihn nur keck an und fragte stattdessen: „Wer bist du?“ „Ich… Ich weiß es nicht.“ Der Träum löste sich langsam auf. Bäume und Gräser, sogar der kühle Bach, in dem er saß, verwandelten sich in weiche, weiße Wolken. Doch bevor auch er sich verwandeln konnte, erwachte er. Sonne blendete ihn. Es musste später Nachmittag sein. Er blinzelte ein paar Mal, ehe er bemerkte, dass er auf einem Schiff war. Seinem Schiff. Der Jolly Roger. Trotz des Nachklangs seines Traumes wusste er, wer er war. Er war Kapitän James Hook, Schrecken der Meere, Pirat aus Ehre. Erst als ein Geräusch aus dem anderen Ende des Zimmers zu hören war, erkannte er, dass er sich nicht alleine im Raum befand. „Wer da?“, begehrte er und richtete sich auf. Schmerz, der seine Atmung lähmte, brachte ihn dazu, erneut in die Kissen seines Bettes zu sinken. „Ich bin es, Kapitän.“ Smee schob sich in sein Blickfeld. „Was ist passiert?“ „Wir haben Euch zurück aufs Schiff gebracht. Blackbeard… hatte Euch verletzt.“ Hooks Arm, an welchem der Haken fehlte, wollte zu seiner Verletzung tasten, doch war es ihm nicht möglich. Aber er brauchte es auch nicht. Selbst ohne hinzusehen, wusste er, dass Blackbeards Dolch die Narbe, die er Samantha verdankte, aufgerissen hatte. Seine Wunde war geöffnet und schmerzte mehr wegen der seelischen Komponente, als vor körperlichem Schmerz. Es kostete viel Energie, um weiterhin mit Smee zu sprechen. „Ist Blackbeard vernichtet?“ „Aye, Kapitän. Blackbeard ist wie alle anderen Geister in der Höhle verdampft. Pan war es, der die Idee mit den Spiegeln hatte.“ „Pan“, sagte James leise und riss sich wiederum zusammen. „Wie lange war ich bewusstlos?“ „Drei ganze Tage.“ „Drei Tage“, wiederholte er die Worte, als hätten sie eine Bedeutung. Blackbeards Frage hallte in seinem Kopf. „Was glaubst du, wie lange Pan sich noch an dich erinnert?“ James musste es wissen. Musste wissen, ob Pan gegangen war. Ob er ihn vergessen würde. Den Mut, zu fragen, hatte er jedoch nicht. Smee seinerseits, war schon von jeher gut darin gewesen, die Gedanken seines Kapitäns erahnen zu können. Also sprach der Bootsmann von alleine, als er den traurigen Blick Hooks bemerkte, welchen dieser so dringend zu verbergen versuchte. „Er ist zurück zu den verlorenen Jungen. Wir haben ihn gehen lassen.“ „In Ordnung“, krächzte James, dessen Kehle mit einem Mal staubtrocken war. Peter hatte ihn also verlassen. Irgendwie glaubte er nicht, dass der Junge nochmals zu ihm zurückkehren würde. Nur auf die Wucht des Schmerzes war er keineswegs vorbereitet gewesen, den diese Erkenntnis mit sich brachte. Das war doch lächerlich! Er war James Hook, der erklärte Feind von Peter Pan. Weshalb schmerzte sein Herz dann so, weil dieser verführerische Teufel weg war? „Ihr solltet etwas essen und trinken, damit Ihr wieder zu Kräften kommt“, meinte Smee und stellte ein Tablett mit Speisen auf den Nachttisch, nur um Hook einen Kelch mit Wasser an die Lippen zu führen. Gierig trank James, bis er sich verschluckte. „Wie viele Männer haben wir dort verloren?“ „Drei. Wir hatten großes Glück.“ „Wir sollten schleunigst neue Männer anheuern. Bei den Indianern haben wir auch schon ein paar Mann verloren.“ „Aye, Kapitän. Ich werde mich darum kümmern.“ „Gut. Jetzt lass mich alleine.“ „Wie Ihr wünscht, Kapitän“, entgegnete Smee und ging zur Tür. Den Griff bereits in der Hand, drehte er sich nochmals zu James, der ihn verwundert ansah. „Was noch?“ „Ihr sollt wissen, dass das, was Blackbeard in der Höhle sagte, nicht wahr ist. Wir wussten immer, dass er Euch nicht entehrt hat. Wir wussten, dass Ihr niemals seine Hure wart. Und selbst wenn er Euch gezwungen hätte, das Lager mit ihm zu teilen – ein Mann mit größerer Ehre, als Ihr sie tragt, ist mir noch nie begegnet.“ James fühlte sich merkwürdig bei diesen Worten. So viel Demütigung hatte er unter Blackbeard ertragen, so viel Verachtung gefürchtet. Nun zu hören, dass es immer jemand gab, der im Stillen an ihn geglaubt hatte, war erleichternd. „Danke, Smee“, sagte er und in einem weiteren stillen Einverständnis nickten sie sich zu, ehe Smee die Kajüte verließ. Nun war es an James, sich einen dieser wenigen Momente zu gönnen, in dem er seinen Gefühlen freien Lauf ließ. Er hielt die Tränen, die aus seinen Augenwinkeln flossen, nicht auf. Lediglich seinen Arm legte er über die Augen. James weinte stumm und ruhig. Er weinte vor Erleichterung, weil er wusste, dass der Mann, der ihn so viele Jahre tyrannisiert hatte, endgültig besiegt war. Weinte, weil sein früheres Leben als James Anthony Malloray und sein Leben als James Hook sich vermischten und ihn durcheinander brachten, aber er weinte auch, weil Peter Pan gegangen war. Und während sein Kummer ihn gefangen hielt, schlief er abermals ein. oooOOOooo Peter saß am Lagerfeuer und sah den verlorenen Jungs zu, wie sie halbnackt darum tanzten. Sie imitierten die Tänze und den Gesang der Indianer auf eine recht treffende Art und Weise. Er selbst tanzte nicht mit, doch er spielte auf seiner Flöte. Wie lange hatte er dies schon nicht mehr getan? Die Melodie war fröhlich, vermischte sich mit dem Lachen der Jungen und doch fühlte sie sich falsch an. Ohne dass Peter es bemerkte, veränderte sich sein Spiel. Die Töne, zuvor stark und kräftig, wurden weicher, fast schon zart. Erst jetzt war es sein Herz, das die Musik erschuf. Sein Spiel schwebte sanft zwischen dem Trommelschlagen und war kaum zu hören, doch die Magie, welche er dabei erzeugte, liebkoste die verlorenen Jungen, die sich seltsam an die warme Umarmung ihrer Mütter erinnert fühlten. Trommeln und Tanzen verstummte und die Jungen, die sich mit einem Mal nach der Nähe eines liebenden Menschen sehnten, setzten sich um das Feuer, Hand in Hand. Sie sprachen nicht, denn ein jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken und Erinnerungen nach. Red Curly sah sich im Garten seines Elternhauses auf einer weißen Decke sitzen. Seine Mutter saß hinter ihm und während seine ältere Schwester ganz aufgeregt von dem netten, jungen Mann erzählte, der ins Nachbarhaus gezogen war, kämmte seine Mutter ihm die roten Locken. In seiner Erinnerung konnte er zwar nicht die Gesichter erkennen, aber er konnte sich durchaus daran erinnern, wie weich und liebevoll die Hände seiner Mutter in seinem Haar waren. Der kleine Tweety, der sonst kaum eine Minute seinen Mund halten konnte, schwieg, während er an die Vögel dachte, die im Wohnraum seines Zuhauses lebten. Es waren keine exotischen Vögel, wie sie auf Nimmerland lebten, sondern schlichte, freche Spatzen, so wie sie im Sommer auf den Bäumen saßen und die Kirschen klauten. Aber Tweety hatte die Vögel immer besonders geliebt und ihnen heimlich Brotkrummen in den Käfig geworfen, die er beim Frühstück gesammelt hatte. Seine Mutter hatte ihn mehr als einmal dabei erwischt, aber mit einem neckischen Zwinkern hatte sie das Geheimnis für sich behalten. In Kugels Gedanken schwebten Torten. Große Torten, kleine Torten. Bunte Torten und einfarbige. Kugels Eltern waren Inhaber einer kleinen Konditorei und während Kugels Vater den Ofen feuerte, um die Böden zu backen, hatte Kugel immer im Verkaufsraum helfen dürfen, wo seine Mutter, eine kleine, rundliche Frau, die Waren feilsch geboten hatte. Sie hatte ein warmes, helles Lachen und immer, wenn Vater nicht hingesehen hatte, hatte sie Kugel etwas Süßes zugesteckt und ihn zum Spielen nach draußen geschickt. Marti und Danny hatten keine Mutter, denn sie waren in einem Waisenhaus aufgewachsen und dort gab es nur eine Mutter Oberin. Mutter Oberin war eine strenge, harte Frau. Keines der Kinder im Heim bekam eine Extrawurst. Sie wurden alle gleich behandelt, von den großen zu den ganz kleinen. Ein jeder hatte seinen Beitrag zu erbringen und wer gegen die Regeln verstieß, wurde bestraft. Aber Marti und Danny hatten rasch gemerkt, weshalb Mutter Oberin so war. Ihr Herz war voller Liebe und Mitgefühl und sie ertrug es nicht, wenn es einem Kind auch nur schlecht ging, so hatte sie von ihrem eigenen Ersparten Marti die Brille gekauft und aus ihrer Mitgift, welche sie als Nonne wahrlich nicht länger gebrauchte, Danny die Kuscheldecke geschenkt. Sie beide dachten an die Opfer, welche Mutter Oberin für sie erbracht hatte. Sleepy hingegen war in einem wohlhabenden Haushalt aufgewachsen. Er hatte alles besessen, wovon Kinder nur träumen konnten. Puppenwagen, Bälle und sogar ein Fahrrad. Doch was ihm stets gefehlt hatte, waren seine Eltern. Immerzu waren diese beschäftigt und so hatte Sleepy sich angewöhnt, viel zu schlafen, denn wann immer er schlief, waren seine Eltern bei ihm. In seinen Träumen hielt seine Mutter ihn im Arm und summte ihm ein Lied, während sie ihn hin und her wog. Daran erinnerte sich Sleppy am liebsten. Peters Lied verebbte mit leisen Tönen. Ein Seufzen stahl sich auf seine Lippen und als er die Augen, welche er in den letzten Minuten geschlossen gehalten hatte, öffnete, sah er, dass seine Freunde eingeschlafen waren. Es sah so drollig aus, wie sie aneinander gekuschelt vor dem Feuer lagen und selig schlummerten. Das Lächeln, das über sein Gesicht huschte, war schwermütig. Obwohl er hierhin gehörte, fühlte er, dass er sich verändert hatte. Seine Zeit mit Hook hatte ihn geprägt. Fast war es, als würde ein Teil von James in ihm stecken. Ihn erfüllen und deshalb hatte er auch das Gefühl, dass ihm der Mann fehlte. Er stand auf, sah zum Himmel. Die Nacht war dunkel, aber klar. Sterne funkelten belustigt zu ihm hinunter, als wollten sie ihn mit ihrem Strahlen aufheitern, doch Peter lächelte nicht. Seine Gedanken hingen noch immer bei James. Tief atmete er die frische Nachtluft ein. Etwas in seinem Inneren erfüllte ihn und er erkannte ein Wort, welches ihm bisher von der Bedeutung fremdgeblieben war – Sehnsucht. Peter war nicht entsetzt über seine Erkenntnis, doch er wollte dieses Gefühl loswerden. Vielleicht sollte er einfach eine Runde fliegen. Nirgends spürte er die Freiheit stärker als in den Momenten, in denen er durch die Lüfte glitt. Mit einem wehmütigen Blick sah er auf die verlorenen Jungen, die noch immer selig schliefen, und schob seine Flöte in die Tasche an seinem Gürtel. Es kam ihm so unendlich lange vor, dass er das letzte Mal neben seinen Freunden gelegen und geschlafen hatte, obwohl in Wahrheit erst wenige Tage vergangen waren. Mit einem Ruck straffte er sich, vertrieb jeden weiteren melancholischen Gedanken und erhob sich. Augenblick spürte er einen Hauch von Erlösung. Je höher er stieg, umso losgelöster wurde er. Mit geschlossen Lidern schoss er nach oben, drehte sich um seine eigene Achse, bis er abrupt die Arme ausbreitete und sich rückwärts fallen ließ. Aber Peter fiel nicht. Er trieb durch die Luft, ähnlich einem Schwimmer, der rückwärts schwamm. Sein Blick ruhte nun auf den weiterhin funkelnden Sternen. Jetzt erst erwiderte er ihr Lächeln. Und obwohl er wieder die Freiheit fühlte, konnte er James nicht aus seinem Kopf drängen. Die Bilder waren nun jedoch andere. Peter durchlebte die Momente süßer Verzückung von neuem und ihm wurde ganz warm ums Herz. Eine Möwe schrie, aufgeschreckt von seinem Arm, der eine der Palmen streifte. Ohne es zu bemerken, war Peter langsam abgesungen und hatte den Strand erreicht. Er drehte sich, damit er sah, wo er sich befand und sein Herz machte einen Hopser. Nur wenige hundert Meter vom Strand entfernt ankerte die Jolly Roger. James war zum Greifen nahe. Alles was es bedurfte, war, dass Peter über seinen Schatten sprang. Angespannt kaute er auf seiner Unterlippe. Sollte er wirklich an Bord gehen? Was, wenn James nun wirklich Hook war? Wenn er ihn erneut gefangen nahm? Sein Verstand schrie laut und deutlich „Nein“, aber sein Bauch… Sein Bauch sagte „Ja“ mit einer Vehemenz und einer Zärtlichkeit, die seinen Verstand niederdrängte. Peter flog auf die Jolly Roger zu. Fortsetzung folgt… Kapitel 43: Kapitel 43 ---------------------- Unbemerkt von all den Piraten an Bord, schlich Peter unter Deck. Den Weg zu James Kajüte kannte er nur zu gut. Beinahe wäre er durch das Fenster gestiegen, doch zu Peters Bedauern war es verschlossen gewesen. Er öffnete leise die Tür und huschte in den Raum. Es war dunkel und vom Bett konnte Peter ein gedämpftes Schnarchen hören. Die Tür fiel ins Schloss. Kurz fragte er sich, wann die Scharniere geölt worden waren, denn die Tür knarzte nicht länger. Aus Gewohnheit wanderte er wie ein Schatten an der Wand entlang, bis er vor James Bett stand. Der Pirat schlief. Sein Schnarchen verstummte mit einem letzten schmatzenden Geräusch und dem leichten Justieren seiner Schlafposition. Er sah blass aus unter seiner gebräunten Haut. Peters Blick wanderte über sein friedliches Gesicht. Streichelte mit seinen Augen über das dichte schwarze Lockenmeer, den geschwungenen Augenbrauen bis zu den sinnlichen Lippen, von denen Peter wusste, wie herrlich sie schmeckten. Er tastete über den kräftigen Hals entlang zum entblößten Schlüsselbein und blieb am Verband seiner Schulter haften. Ein Kloß machte sich in seinem Hals breit. Wie knapp es doch gewesen war. Blackbeard hätte James beinahe getötet. Der Kloß wurde größer und Peter musste den schlafenden Mann berühren. Seine Hand zuckte zögerlich vor, damit seine Finger vorsichtig über das grobe Leinen des Verbandes streichen konnten. Er bemerkte nicht, dass er James immer näher kam, ebenso wenig, wie er registrierte, dass sein Blick allmählich verschwamm. Tränen voller Mitgefühl sammelten sich in seinen Augen, tropften letztendlich hinab, um auf James breiter Brust ihren süßen Tod zu finden. Er sollte hier weg! Bevor James bemerkte, dass er überhaupt gekommen war. Peter wusste nicht, was er hier gesucht hatte, doch gefunden hatte er Schmerz. Sein Herz drohte an seinen Rippen zu zerbersten. Was waren das doch nur für neuartige Gefühle, die Hook in ihm weckte? Vor ein paar Tagen noch war Peter mit sich im Reinen, ohne Zweifel, ohne Unsicherheiten. Welchen Zauber hatte der Pirat über ihn gelegt? Mit einem Schniefen zog Peter die Nase hoch und wischte sich energisch mit dem Arm die Tränen vom Gesicht. Er drehte sich um, doch er kam nicht dazu, auch nur einen Schritt zu gehen, als ein fester Griff um sein Handgelenk ihn aufhielt. „Hallo, Peter.“ Diese Begrüßung, sie war ein Déjà-vu. Rüttelte an dem Moment, in welchem sich sein Schicksal geändert hatte. In seiner Bewegung versteinert, harrte Peter dessen, was kommen würde. Sein Herz pochte heftig, tanzte einen unruhigen Tanz. „Du bist wieder gekommen? Weshalb?“ „Es war ein Fehler, ich werde gehen“, antworte Peter und kämpfte damit, seiner Stimme Kraft zu geben. Er wollte tatsächlich gehen, doch falls er gehofft hatte, Hook würde ihn gehen lassen, dann irrte er sich. Mit einem Ruck zog Hook ihn zu sich und Peter fiel aufs Bett. Das Gefühl eines Déjà-vu verstärkte sich, als er sich kurz darauf unter James befand. Ihre Blicke trafen sich und Peter konnte nicht verhindern, dass sein Körper bebte. Sein Körper erinnerte sich an die Leidenschaft, die James ihn gelehrt hatte. „Ich fühle mich geehrt, über deinen Besuch“, meinte Hook, nahm Peters Hand, als wäre es die einer Frau, und führte sie zu seinen Lippen, damit er jeden einzelnen Knöchel zärtlich küssen konnte. „Aber hatte ich dir nicht schon einmal gesagt, dass die Uhrzeit deiner Besuche etwas unpassend ist?“ „Vielleicht wollte ich dich ja überhaupt nicht besuchen? Vielleicht wollte ich dich im Schlaf einfach erdolchen?“ James zog süffisant seine rechte Augenbraue hoch. „Ist das so? Dann frage ich mich, Pan“, neckte er, „wo dein Dolch ist.“ Jegliche Form der Entgegnung blieb Peter im Halse stecken, als James Zunge hervor glitt und genüsslich an seinen Fingern leckte und saugte. Peter zitterte. Brennende Erregung loderte in ihm. Ohne Gegenwehr ließ er es zu, dass Hook seine Lippen eroberte, ihn ausraubte und plünderte, als hätte er dies noch nie zuvor getan. Wie von alleine drängte sich Peters Hüfte James entgegen. Er wollte mehr und seine Hände streichelten über die starken Schultern, als James mit einem Schmerzenslaut den Kuss unterbrach. „Was ist?“, wollte Peter besorgt wissen. Seine Augen suchten James Wunde. Auf dem Verband erschien eine Spur Blut. Augenblicklich huschte Peter unter dem schweren Männerkörper hervor, damit er James mit dem Rücken aufs Bett drücken konnte. „Du bist verletzt, du musst dich noch schonen!“ „Was, wenn ich mich nicht schonen will?“ „Sei kein Narr, du könntest verbluten, wenn die Wunde vollständig aufreißt.“ „Machst du dir Sorgen um mich?“ Peters Wangen wurden rot. „Und wenn?“ „Dann frage ich mich, was aus uns geworden ist.“ „Was meinst du?“ „Komm schon, Peter! Du hast doch längst bemerkt, dass ich meine Erinnerungen zurück habe. Glaubst du allen Ernstes, ich könnte dir verzeihen, dass du mich meines Gedächtnisses beraubt hast, nur um die Gelegenheit zu haben, mich zu verführen?“ James Griff wurde hart und unnachgiebig. „Ich habe dich nicht verführt!“ „Hast du nicht? Schon als du an Bord meines Schiffes kamst, dich von mir hast fangen lassen, hast du damit begonnen. Du hat mich angesehen mit deinen unschuldigen, reinen Augen und mich dazu gebracht, dich zu küssen.“ „Dafür kann ich nichts! Ebenso wenig dafür, dass du dein Gedächtnis verloren hast. Die blaue Blume sollte mir nur helfen, dich aus meinem Kopf zu bekommen.“ „Ich bin kein Narr! Ich bin nicht James Malloray!“ „James war kein Narr“, antworte Peter tonlos. „Wenn er kein Narr war, was dann?“ Peter zögerte einen Herzschlag lang, während er sich seine nächsten Worte mit ungewohnter Achtsamkeit zu Recht legte. Ihm war absolut klar, dass Hook in diesem Moment unberechenbar war. Eben noch hatte er ihn so zärtlich geküsst und nun war er wieder der grobe Pirat. Dieser Mann war weder Hook noch James. „James war warmherzig, liebevoll.“ „Ist das alles?“, spottete Hook. „Nein. James war tapfer und er konnte etwas, das dir fremd ist.“ „Was?“ „Trotz all der Schmerzen, welche er erlebt hatte, war er immer noch in der Lage, das Gute zu sehen. Im Leben, in den Menschen.“ Hook sah ihn an und der harte Griff um Peters Handgelenk lockerte sich langsam, bis der Pirat ihn losließ. Obwohl ihm seine Instinkte zur Flucht rieten, blieb Peter genau da, wo er war – neben Hook auf dem Bett kniend. „Warum gehst du nicht?“ „Weshalb lässt du mich gehen?“ „Du bist eine Plage, Pan!“ Ein spitzbübisches Grinsen zuckte um Peters Mundwinkel. „Aber genau das gefällt dir, oder?“ Ein vorwurfsvoller Blick traf ihn. „Ich gestehe, dass es einen gewissen Reiz auf mich ausübt. Nur weiß ich leider nie, ob ich dich küssen oder dir den Hintern versohlen soll.“ „Nun“, meinte Peter neckisch, während seine Finger über James Hakenfreien Arm tänzelten, „ich kann mich nicht daran erinnern, dass deine Hand etwas anderes mit meinem Hintern angestellt hat, als darüber zu streicheln, aber ich erinnere mich noch sehr gut an die vielen Küsse, welche du mir geschenkt hast.“ „Ich erinnere mich auch an etwas“, sagte Hook und bekam einen süffisanten Ausdruck im Gesicht. „Ich glaube, es hatte etwas damit zu tun, dass ich tief in dir versank.“ Röte schlich sich auf Peters Wangen und er wurde bei der puren Vorstellung daran, die Leidenschaft könnte sich wiederholen, ganz unruhig. „Zieh dich aus“, lockte Hook ihn. „Und wohin wird es uns führen?“ „Zu einem Ort der Glückseligkeit.“ „Und danach? Wirst du mich Kiehl holen lassen?“ „Lass uns nicht reden.“ „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ „Du bist kein Mann der Worte.“ „Du schon und doch schweigst du jetzt.“ „Mach es nicht so kompliziert.“ „Das ist es doch schon.“ James Hand langte in Peters Nacken und zog ihn zu sich, damit er ihn küssen konnte und Peter ging darauf ein. Er fühlte selbst den Zwiespalt, den auch der Kapitän spüren musste, aber sobald sie sich auf diese Art nahe waren, verstummten die lästigen Gedanken in seinem Kopf. Bei James fühlte er sich ähnlich frei wie beim Fliegen. Seufzend glitt er auf den muskulösen Körper, bedacht darauf, Hooks Wunde nicht zu berühren. Er grinste in den Kuss, kaum dass er James Hand auf seinem Po spürte und diesen massierte. Peter war unschlüssig darüber, ob es gut oder schlecht war, sich auf den Piraten einzulassen und sei es nur körperlich, denn er ahnte, dass er noch längst nicht alles über die Sinnlichkeit gelernt hatte, die James ihm versprochen hatte. Doch es fühlte sich so verdammt richtig an, hier zu sein und unter Hooks Küssen zu schmelzen. Seine Sehnsucht hatte ihn zurückgeführt und auch wenn die Missstände zwischen ihnen keineswegs bereinigt waren, so waren sie sich beide einig, dass ihre Körper nacheinander verlangten. Die wachsende Ausbeulung Hooks, die an seinen Schenkeln rieb, verdeutlichte dies Peter nur zu genau, aber auch sein eigener Leib erwachte. „Zieh dich aus“, flüsterte Hook erneut und knabberte dabei zärtlich an seinem Ohr. „Soll ich wirklich?“, zog Peter ihn auf, entzog sich ihm und tatsächlich schnaubte Hook frustriert auf. Ein Kichern Peters erfolgte, nur um es sich dann auf Hook bequem zu machen. Er saß breitbeinig auf Hooks Hüfte, so dass sein Unterleib an James rieb. Mit halb geschlossenen Lidern blickte er auf den Piraten hinab. Seine Zunge leckte über seine Lippen, während seine Hände über die breite Männerbrust strichen. Die harten Muskeln unter seinen Fingern fühlten sich gut an. Aber Peter behielt James Verletzung ebenso im Blick. Auch wenn er erregt und im Begriff war, ein weiteres Mal mit diesem Mann zu schlafen, so wollte er keinesfalls, dass dessen Verletzung weiter aufriss. „Peter“, drängelte Hook mit rauer Stimme und Peter erkannte, dass er Macht über James hatte. Ein entzückender Gedanke blitze in seinem Kopf auf. Die Idee für ein neues Spiel. Eines, von dem sie beide etwas hatten. Seine Finger fanden den ersten Knopf seines Hemdes. Hook zog erwartungsvoll die Luft ein und Peter war von seiner Idee überzeugt. Knopf für Knopf, ganz langsam, öffnete er sein Hemd. Die ungeduldige Hand von Hook, die ihm zu Hilfe kommen wollte, schlug er sacht, aber bestimmt weg. Erstaunlicherweise unternahm der Pirat keinen weiteren Versuch, ihn zu entblößen, sondern sah mit vor Erregung glänzenden Augen einfach zu. Als das Hemd geöffnet war, beugte Peter sich vor. Küsste James, während das aufklaffende Hemd ganz sanft über dessen Haut streifte. Er wusste, dass Hook brannte, dass er seine Haut spüren wollte und dass es ihn störte, dass Peter noch bekleidet war. James küsste ihn so gierig, dass Peter schwindlig wurde und er fast das Spiel vergessen hätte, nur um schnellstmöglich genommen zu werden. Abermals entzog er sich dem Mann. Gequält stöhnte Hook auf. Peter, nun wieder aufrecht sitzend, streifte sich das Hemd von den Schultern. „Bei den Göttern der Meere, du bist so schön!“, keuchte James heiser. „Bin ich das?“, lächelte Peter, welcher sich nie Gedanken darüber gemacht hatte, ob er schön war oder nicht. „Ja“, winselte James. „Komm her, lass mich dich berühren.“ „Meinst du nicht“, neckte Peter, „ich solle erst meine Hose ausziehen?“ Mit seinem Hintern rieb er auffordernd über James Erregung. „Du treibst mich in den Wahnsinn!“, fluchte Hook, richtete sich mit einer schnellen, fließenden Bewegung auf und brachte Peter dazu, erschrocken zu quieken. Während Peters Mund grob geplündert wurde, wurde er abermals Zeuge davon, wie geschickt Hook mit nur einer Hand sein konnte, denn seine Hose war alsbald von seinen Schenkeln gezerrt und Peter saß nackt auf James, der sein eigenes hartes, pochendes Glied aus dem Gefängnis von Stoff befreite. „Nicht“, bettelte Peter. „Du machst das Spiel kaputt!“ „Ein Spiel?“, horchte Hook auf. „Du folterst mich doch nicht, um zu spielen?“ Unangenehme Röte schoss in Peters Wangen. Aber James hatte kein Interesse daran, ihm eine Standpauke zu halten. „Wenn ich wieder gesund bin, dann zeige ich dir, weshalb man hiermit keine Spiele treibt!“ Wie eine süße Drohung schwebten die Worte zwischen ihnen. Aber Peter bekam keine Möglichkeit, weiter darüber nachzudenken, was für eine Möglichkeit in ihnen steckte. „Das Öl, Peter!“ Sofort kam er der Aufforderung nach. Er wusste, was darauf folgen würde und es gierte ihn danach. Nur kurz später tasteten James Finger vor, verteilten das Öl zwischen seinen Pobacken. Genießerisch legte Peter seinen Kopf auf James Schulter, um die sinnliche und intime Massage vollständig auf sich einwirken zu lassen. Ein Finger tauchte in ihn und Peter, der zwar mental darauf vorbereitet war, aber den kurzen ersten Schmerz vergessen hatte, zuckte zusammen. „Entspann dich“, raunte James ihm zu und Peter entspannte sich wirklich. Er rieb seinen Kopf in der Beuge von James Hals, als wäre er ein verschmustes Kätzchen. Sein Atem ging stoßweise, als James ihn weiter dehnte, ihn auf die kommende Lust vorbereitete. „Ich kann nicht mehr!“, wimmerte der Pirat da plötzlich und Peter hob seinen Kopf, um ihn anzusehen. „Willst du mich so sehr?“ „Ja“, stöhnte Hook. „Obwohl du nicht James und nicht Hook bist?“, fragte Peter, der dem Kapitän durch die verschwitzen Locken strich. „Ich bin sie beide“, gestand James. „Und beide wollen dich!“ „Nein, ich glaube, du bist es, der mich will.“ „Und wer bin ich?“ „Du bist der Mann, den die Erinnerungen und Erfahrungen an zwei Leben hervorgebracht haben. James war unvollkommen und Hook ebenso. Du wurdest aus ihren Scherben gebaut und nun bist du wieder ganz.“ Was seine Worte in Hook bewirkten, sollte Peter in dieser Nacht nicht mehr erfahren, denn James dirigierte ihn sanft, aber bestimmt auf sein erigiertes, pochendes Glied. Nun war es an Peter, zu keuchen, als er fühlte, wie sein Körper langsam nachgab und den Schaft Stück für Stück in sich aufnahm. Sein Stöhnen wurde durch Küsse erstickt und als er vollständig gepfählt auf James saß, zitterten seine Schenkel heftig. „Reite mich, Peter. Beweg dich auf mir“, forderte James ihn lockend auf. „Ich kann das nicht.“ „Doch, du kannst. Nimm dir einfach, was du brauchst“, sagte Hook und legte sich wieder aufs Bett, Peter noch immer auf ihm sitzend. Ein letztes Wimmern huschte über Peters Lippen und dann ließ er seine Hüfte vorsichtig kreisen. Heiße Schauer der Erregung durchflossen ihn. Er wurde mutiger und bald schon nahm er hitzige Bewegungen auf. Seine Gedanken waren vollständig verstummt, Peter fühlte nur noch. Alles fokussierte sich auf den Quell der Erregung, darauf, immer mehr davon zu spüren. Seine Schenkel waren irgendwann erschöpft, doch James unkontrolliertes Stöhnen und Keuchen hielt ihn an, durchzuhalten. Sie waren beide kurz davor. Auf und ab, auf und ab, bewegte er sich. Es war so unglaublich! Plötzlich packte James Hand zu, presste ihn so fest es ging auf sein Glied und ergoss sich heiß und heftig in ihm. Und Peter? Peter folgte, mit einem lauten Schrei auf den Lippen. Fortsetzung folgt… Kapitel 44: Kapitel 44 ---------------------- Wohlige Wärme war das erste, was Peter registrierte, als er allmählich erwachte. Er fühlte sich gut, matt und rundum zufrieden. Der Körper, an den er sich kuschelte, war groß, warm und gehörte zu dem Mann, dem er sich seit neustem verbunden fühlte. Er mochte die Nähe von James und er genoss sie, mit der gleichen Glückseligkeit, mit der er mit ihm geschlafen hatte. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, wenn er daran zurück dachte, was für Freuden ihn der Pirat in der Nacht gelehrt hatte. Trotz Hooks Verletzung hatten sie zwei Mal miteinander geschlafen, aber er hatte auch gezeigt bekommen, dass es andere Wege gab, um Erlösung zu finden. Sicherlich hatten sie das ein oder andere bereits miteinander geteilt, aber für Peter war jede dieser Begegnungen neuartig. Eine Hand streichelte zart über seine Schulter. Hooks Zärtlichkeit genießend, drängte er noch näher an diesen heran. „Du bist wach“, raunte Hook und drehte sich. Blinzelnd öffnete Peter seine Lider. „Ja.“ Ihre Blicke trafen sich. Peter versank in den Veilchenblauen Augen, es stand so viel Gefühl in ihnen, dass er beinahe darin ertrank. „Was für ein anschmiegsames Kätzchen, du doch sein kannst. Hätten wir das früher gewusst… Wie viel Zeit uns entgangen ist?“ „Vielleicht ist unsere Zeit jetzt erst gekommen?“ „Möglich…“, seufzte Hook, „doch was sollen wir jetzt tun? Du wirst wohl kaum an Bord meines Schiffes ziehen. Oder möchtest du ein Pirat werden?“ „Niemals!“, sagte Peter mit lauter, kräftiger Stimme und der altgedienten Verachtung darin, während er sich aus Hooks Umarmung aufrichtete. „Siehst du.“ „Komm mit mir! Komm zu den verlorenen Jungen!“ „Was soll ich bei Kindern? Sie würden mich fürchten. Außerdem… Das Krokodil jagt mich. Nur hier an Bord der Jolly Roger bin ich vor ihm sicher.“ Sie schwiegen sich an. Die Wahrheit überrollte sie mit all ihrer Unbarmherzigkeit. Peters Herz wurde umklammert von einem kalten Griff und er fühlte den Schmerz der Hoffnungslosigkeit. „Heißt das“, fragte er und musste gegen die Tränen kämpfen, die in seinem Inneren empor steigen wollten, „heißt das, das hier wird enden?“ James Hand legte sich auf seine Wange. „Hat es denn jemals begonnen?“ „Ich will nicht!“ „Was?“, wollte James sanft wissen. „Ich will nicht, dass das hier zu Ende geht. Ich will nicht darauf verzichten, bei dir zu liegen.“ Die Ehrlichkeit eines Kindes sprach aus ihm heraus. Ein Kind, das noch tief in Peters jugendlichem Körper steckte. „Du bist so unschuldig, so jung“, meinte James und küsste Peter zärtlich auf die Stirn. „Wie solltest du das alles verstehen? Du hast keine Erfahrungen mit der Liebe.“ „Liebe?“ Hooks Lächeln wurde nachsichtig, ehe er sprach: „Was, glaubst du, tun wir hier?“ „Wir… Du bringst mir die Leidenschaft des Körpers bei…“ „Nein“, lachte James auf. „Ich zeige dir, was es heißt, einen Menschen zu lieben. Ich habe dich mit meinem Körper geliebt, aber… ich liebe dich auch mit meinem Herzen.“ Peters Atmen stockte. Liebe? Hook liebte ihn? Wie konnte das sein? Sie hatten sich doch immer gehasst! Liebe? Aber war Liebe nicht das, was nur Erwachsene taten? Hooks Worte hallten in ihm wider. „Du wirst älter werden, erwachsen. Deine Stimme wird tiefer, dein Körper in die Höhe gehen. Du wirst Muskeln bekommen. Vielleicht wirst du dich sogar verlieben. Das ist der Lauf des Lebens. Erwachsene verlieben sich, heiraten, bekommen Kinder.“ Angst erfüllte ihn und Peter hielt die Nähe von James plötzlich nicht mehr aus. Er stand auf. Suchte mit wildem Blick nach seiner Kleidung. Es war an der Zeit, zu gehen. Vielleicht sogar ein Fehler, überhaupt zu kommen. „Was ist los?“, fragte James, stand ebenfalls auf. „Nichts“, entgegnete Peter unwirsch und schlüpfte in seine Hose, die er gefunden hatte. „Peter!“, knurrte der Kapitän und packte ihn am Arm. „Sieh mich gefälligst an!“ Nur widerwillig kam Peter dem Befehl nach. „Was ist los? Ich sagte, ich liebe dich und jetzt drehst du durch?“ „Ich… ich will das nicht.“ „Was? Dass ich dich liebe?“ Hook war offenkundig verdutzt. „Ja. Liebe, das bedeutet, dass ich erwachsen werde. Ein Mann. Ich will kein Mann sein!“ „Verstehe“, antworte der Pirat und ließ Peters Arm los. Peter zitterte. Der Tonfall in James Stimme verunsicherte ihn. Er hatte so traurig geklungen. Mit gemischten Gefühlen sah er zu, wie James sich auf die Bettkante setzte. Seine Hand fuhr durch das dunkle, lockige Haar. Als er Peter wieder ansah, entdeckte dieser, dass Hooks Augen feucht glänzten. Augenblicklich spürte Peter einen Kloß im Hals. „Du hast noch immer Angst davor, den letzten Schritt zu gehen“, sagte James leise. „Seit deiner Gefangenschaft bei mir bist du gewachsen. Von einem Kind bist du zu einem Jugendlichen geworden und nun, wo du an der Grenze zum Mann sein stehst, fürchtest du dich davor, den letzten Schritt zu gehen.“ „Ich wollte nie…“ „Ich weiß. Du bist Peter Pan, der ewige Junge. Wie könnte ich dir das nehmen?“ Hooks Worte standen zwischen ihnen. Ihre Blicke verbanden sich miteinander und während Schweigen den Raum erfüllte, sahen sie sich nur an. Peter versuchte, in Hooks Augen zu lesen, zu verstehen, was in dessen Kopf vonstattenging, doch alles, was Peter erkennen konnte, war Schmerz. Einen Herzschlag lang glaubte er, dass die Wunde aufgerissen war und James schmerzte, doch er begriff, dass dieser Schmerz tiefer in den Piraten eingedrungen war, als es ein Säbel jemals hätte tun können. „Bist du mir böse?“, fragte er, weil er kein neues, böses Blut zwischen ihnen wollte und weil er hoffte, den Schmerz in James irgendwie lindern zu können. „Nein.“ Erleichtert atmete Peter auf, doch das flaue Gefühl in seinem Magen blieb. „Nein, ich bin dir nicht böse, aber ich bin enttäuscht.“ „Von mir?“ „Nein“, sagte James und lachte bitter auf. „Von mir selbst. Davon, dass ich aus den Fehlern meiner Vergangenheit nicht gelernt habe. Samantha hatte es mir eindringlich gezeigt, dass ich nicht für die Liebe geschaffen bin. Weshalb musste ich mich dann also in dich verlieben?“ Was sollte er darauf antworten? Peter hatte keine Ahnung. Liebe war für ihn ein Mysterium. Etwas, das ihn ängstigte, denn nur Erwachsene kannten Liebe. Das Bedürfnis, James zu trösten, ihm zu sagen, dass er sich irrte und auch er es verdiente, geliebt zu werden, schnürte Peter die Kehle zu. Aber er konnte sich nicht dazu durchringen, etwas zu sagen. Jedes Wort, jeder Satz wäre lediglich eine leere Hülle gewesen, eine Floskel ohne Substanz, denn er begriff das alles nicht im Mindesten. „Lässt du mich gehen?“, fragte Peter. „Geh. Du bist längst kein Gefangener mehr an Bord meines Schiffes.“ „Du wirst mich nicht verfolgen? Nicht gegen mich und meine verlorenen Jungs kämpfen?“ „Nicht heute und auch nicht morgen“, entgegnete James und dann wurde sein Blick intensiv und hart. „Aber ich verspreche nicht, dass diese Waffenruhe ewig andauert. Solltet ihr uns auflauern, werden wir uns wehren. Solltet ihr mir im Weg stehen, werden wir euch töten. Ich versichere dir nur, dass nicht die Piraten es sein werden, welche euch zuerst angreifen. Es liegt also an dir, wie lange der Frieden zwischen uns währt.“ Die Großzügigkeit von Hooks Angebot ehrte Peter. Obwohl er dieses großzügige Geschenk von dem Kapitän bekam, stimmte etwas nicht. Erleichterung, dass er vor seinen Gefühlen und vor James Hook flüchten konnte, mischte sich mit dem schrecklichen Eindruck, einen großen Fehler zu begehen. Sein Fortgehen glich einer Flucht, dessen war er sich bewusst, aber nicht, weshalb ihn dieser Trieb so drängte. Was hatte James mit ihm getan? Weshalb schlug sein Herz so unruhig, so verzweifelt, dass ihm übel wurde? „Ich gehe“, sagte Peter, nachdem er James zunickte und wandte sich zum Fenster. Der Eindruck, einen Fehler zu machen, verstärkte sich, trotzdem öffnete er es weit. „Warte“, hielt Hook ihn auf und warf ihm sein Hemd zu. „Wir möchten doch nicht, dass du halbnackt zum Lager zurückkehrst. Was würden die verlorenen Jungen denken?“ Röte schlich sich auf Peters Wangen. Sicherlich würden die Jungen überhaupt nichts denken, doch Peter verstand diese Anzüglichkeit und ihm wurde erneut heiß, wenn er daran dachte, dass er noch vor kurzem das Bett mit Hook geteilt hatte. Es war an der Zeit, er musste gehen, bevor er sich vergaß. Er schwebte bereits im Fenster, als Hook nochmals sprach. „Eines noch – Was fühlst du für mich?“ Sein Herz stand still, für einen Moment nur und dann schlug es so heftig, dass ihm schwindlig wurde. „Ich…“, setzte er an, doch Hook unterbrach ihn. „Wenn du weißt, was es ist, dann komm wieder.“ „Und wenn ich es niemals weiß?“, wollte Peter wissen. „Wir sind in Nimmerland. Hier, wo Zeit keine Rolle spielt. Eines Tages wirst du es wissen, sofern du mich nicht vergisst, und dann komm zurück.“ Peter blieb stumm. Er schloss kurz seine Lider, ließ die Worte in sich einwirken und als er die Augen wieder öffnete, flog er von dannen. Mit Erleichterung in seinem Herzen, von Hook wegzukommen. Doch je näher er seinem Heim bei den verlorenen Jungen kam, umso drängender wurde die Frage in ihm, weshalb sein Herz dann so schmerzte. Fortsetzung folgt… Kapitel 45: Kapitel 45 ---------------------- Die Uhr des Glockenturms schlug an und das unverwechselbare Glockenspiel erklang. Die Melodie, welche zu jeder Viertelstunde spielte, war ebenso unverkennbar, wie der schwere Ton, den Big Ben erzeugte, sobald die Stunde voll war. Peter kannte das Glockenspiel gut, denn jedes Mal, wenn er nach London kam, konnte er es vernehmen. Er mochte es, um den Turm zu fliegen und zuzusehen, wie die vielen verschiedenen Glocken sich im Rhythmus ihrer Mechanik bewegten. Für ihn war dies faszinierend. Heute jedoch hatte er keine Lust, dem Spiel zuzusehen. Glöckchen neben ihm flog glitzernd und flink um ihn herum und er sah die kleine Fee, die ihn immer begleitete, an. „Was ist?“, fragte er sie und sie blieb in der Luft stehen, was wiederum Peter zwang, ebenfalls anzuhalten. Über das Klirren und Surren ihrer Flügel, sowie ihrer umfangreichen Gesichtsmimik versuchte sie mit ihm zu kommunizieren. Peter kannte Glöckchen lange genug, um zu verstehen, was sie sagen wollte. „Nein, ich kehre zurück nach Nimmerland“, antwortete er ihr auf ihre Frage. Zufrieden, dass Peter bei ihr bleiben würde, sauste die Fee funkelnden Feenstaub verteilend voraus. Nun alleine erlaubte sich Peter die Gedanken an die Ereignisse, die gerade hinter ihm lagen. Er hatte Sleepy und Kugel zu ihren Eltern zurückgebracht. Sie waren ein paar Tage, nachdem er selbst von der Jolly Roger zurückgekommen war, zu ihm gegangen und hatten ihn gebeten, sie Nachhause zu bringen. Peter war furchtbar böse geworden. Erst hatte er mit ihnen geschimpft, dann sie Dummköpfe genannt, weil sie Nimmerland verlassen wollten. Aber als er schließlich erkannte, dass er gar nicht auf die Jungen, sondern auf sich wütend war, hatte er aufgehört und ihrer Bitte zugestimmt. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass ihn verlorene Jungen verließen. Manche waren bei den Kämpfen gegen die Piraten und Indianer gestorben, manche waren Erwachsen geworden und wieder andere waren heimgekehrt. So war nun mal der Lauf der Dinge, die Peter kannte. Dennoch war Peter zornig auf sich selbst. Er beneidete Kugel und Sleepy, weil sie in die Arme derer zurückgingen, die ihnen Wärme gaben. Eine Wärme, die Peter selbst erst durch James kennengelernt hatte. Hier war auch das eigentliche Problem. Er hatte geglaubt, wenn er Hook zurücklassen, ihn nicht mehr sehen würde, dann würden die Gefühle in seinem Inneren verstummen. Doch je länger er von dem Piraten weg war, umso stärker wurde das Ziehen in seinen Gedärmen. Peter wollte es nicht zugegeben, doch die Sehnsucht nach James wurde mit jedem Tag größer, nagte an ihm und er litt. Zwar spielte und tobte er mit den Jungen, ging mit ihnen auf Abenteuersuche, doch wenn er ehrlich zu sich war, dann war er nicht mit ganzem Herzen dabei. Immer wieder ertappte er sich dabei, dass er an Hook dachte. Wenn sie den Indianern einen Streich spielten und wegrennen mussten, dachte er an seine Flucht mit Hook. Daran, dass sie in der alten Hütte gelandet waren und wie er seiner Neugier nachgegeben und den Mann berührt hatte. Wie James ihm ins Ohr raunte, dass dieses Spiel eines von denen war, die man zu Ende spielen musste. Oder wenn sie über die Felsen des Berges kletterten und so taten, als wären sie berühmte Bergsteiger, da dachte er an die Piratenhöhle, welche nun wieder für seine Augen verborgen war. Dachte an den Kampf mit der Meerjungfrau und die unheimlichen Geisterpiraten, aber mehr noch an die Angst, die er verspürt hatte, als James schwer verletzt am Boden lag. Selbst in seinen Träumen wurde Peter von Veilchenblauen Augen verfolgt. James, der ihn anlächelte, bevor er seine Hände verführerisch über seinen Körper gleiten ließ, ihm süße Dinge der Lust ins Ohr raunte und ihn mit seinen Liebkosungen verbrannte. Doch jedes Mal, bevor Hook ihn in seinen Träumen vollständig vereinnahmen konnte, da erwachte Peter. Sein Körper vor Erregung bebend und leidend unter der ungestillten Sehnsucht. Sein Glied, welches dann heiß und pochend an seinem Bauch lag, nahm Peter in die Hand. Er kannte einen Weg, um sich Erlösung zu breiten, weil Hook ihn ihm gelehrt hatte und doch fühlte er eine merkwürdige Leere, nachdem er seinen Samen vergossen hatte. Die Unruhe wollte ihn einfach nicht verlassen. Glöckchen tauchte wieder neben ihm auf. Schalt ihn, weil er so lange brauchte und endlich riss Peter sich aus den düsteren Gedanken. Er sollte wirklich nach Hause fliegen. Nimmerland würde ihn heute wieder wie einen Freund empfangen und wenn auch das Lager der verlorenen Jungen nicht mehr dasselbe sein würde wie am Morgen, so war dort auch Hook. Ein trauriges Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Umschmeichelte sie auf eine Art, wie man es von Peter Pan nicht kannte. Der ewige Junge, dem der Ruf vorauseilte, ebenso flüchtige Gedanken wie eine Fee zu haben, mit dem sonnigen Gemüt eines Kindes, war nicht für die Schwermut geeignet. Sein Glanz drohte dadurch zu verblassen. Plötzlich rief Glöckchen aufgebracht und Peter begriff erst nicht, worum es ging, doch dann bemerkte er, dass er langsam absank. Seine Fähigkeit zu fliegen schwand. Kurz griff Panik nach seinem Herz, denn er war in unglaublicher Höhe, als er sich auch schon wieder fing. „Fröhliche Gedanken“, sagte er sich. „Fröhliche Gedanken!“ Das erste Bild, welches ihm in den Kopf schoss, war die Nacht, in der Hook ihn seiner Jungfräulichkeit beraubte. Glöckchen schwebte erleichtert vor seinem Gesicht. Ihre Flügel schlugen noch immer sehr schnell von der Aufregung und Peter lächelte ihr schwach entgegen. „Schon gut“, sagte er, „lass und Heim fliegen.“ Peter wartete gar nicht erst ab, ob Glöckchen etwas erwidern würde, sondern flog voraus. Er wollte nicht noch einmal riskieren, von den trüben Gedanken herabgezogen zu werden. London war schon halb hinter ihnen, als die Big Ben die volle Stunde einläutete, aber Peter interessierte dies nicht mehr. Sein Blick war auf den zweiten Stern von links gerichtet, der ihm freudig zurief: „Komm, Peter, Komm.“ oooOOOooo James Anthony Malloray stand mit dem Rücken zum Steuerrad und blickte über das Schiff hinaus auf Nimmerland. Die Luft war eisig kalt. Das Meer um das Schiff herum gefroren und die Insel lag im tiefsten Schnee. Er wusste, dass dies hieß, dass Peter Pan Nimmerland verlassen hatte. Nun, nicht immer verwandelte sich die Insel in ein eisiges Reich, wenn Peter fortflog, doch manches Mal und James vermutete aufgrund neuester Erkenntnisse, wenn Peter sehr aufgewühlt war, dann fror seine Abwesenheit die Insel ein. Sie würde erst wieder mit Sonne und Wärme erfüllt werden, wenn Peter die Macht Nimmerlands zurückbrachte. Es war schon seltsam, wie sehr die Insel mit dem Jungen verbunden war. Aber James dachte darüber nicht nach. Sein Kopf war merkwürdig leer, während er einfach nur auf das Eis starrte. Seit Stunden stand er hier. Trug über seinem nachlässig zusammengeknoteten Hemd nur ein Wams, das lose über seinen Schultern hing. Lippen und Hände trugen eine bläuliche Färbung und er holte sich wahrscheinlich den Tod, doch jeder Versuch von Smee, dem Kapitän eine Decke zu bringen, war fehl geschlagen, ebenso wie der wärmende Grog zu mehreren Tassen neben ihm mittlerweile gefroren war. James wollte die Kälte, begrüßte sie, die er immer gehasst hatte, wie einen Freund. Sommer und Sonne erinnerten ihn an Pan. An diesen fröhlichen, frechen Jungen, der ihm das Herz geraubt hatte. Er wollte Pan nicht in seinem Kopf haben. Nicht in seinem Herzen, denn es schmerzte ihn. Zweimal war er töricht genug gewesen, sich zu verlieben. Samantha hatte seine Liebe mit den Füßen getreten, ihn töten wollen. Aber er hatte sich gerächt. James erinnerte sich noch genau daran, wie entsetzt und angstvoll sie drein gesehen hatte, als er wie ein Geist vor ihr gestanden hatte. Sie war noch immer wunderschön gewesen. Ihre braunen Haare waren kunstvoll frisiert gewesen, der Hut, den sie trug, war in perfekter, farblicher Harmonie zu ihren blauen Augen abgestimmt gewesen und an ihrer Hand war ein Kind. Ein hübsches, kleines Mädchen, das eine entzückende Kopie ihrer Mutter abgab. Die Angst hatte sie veranlasst, das Kind eng an sich heran zu drücken, als befürchtete sie, James würde dem Kind etwas antun. Aber James war kein Monster, welches unschuldige Kinder für die Fehler ihrer Eltern büßen ließ. „Du lebst?“, hatte sie gesagt, bemüht, das Zittern ihres Körpers zu kontrollieren. „Offenbar“, war seine Antwort gewesen. „Du weißt, weshalb ich hier bin?“ „Ja“, hatte Samantha geseufzt. „Um Gnade zu bitten, wird erfolglos sein, nicht wahr?“ „Ich werde dir so viel Güte entgegenbringen, wie du und dein Liebhaber es bei mir taten.“ „Das ist gerecht, will ich meinen. Aber bitte tue es nicht vor meiner Tochter.“ „Keine Sorge, deine Tochter wird von alldem nichts mitbekommen.“ „Danke“, hatte sie gesagt und ihn zum ersten Mal voll Aufrichtigkeit angesehen. Er hatte sich abgewandt, um zu gehen. „James“, hatte sie ihn aufgehalten, „ich weiß, für Vergebung ist es längst zu spät, doch du sollst wissen, dass ich immer bereut habe, was wir dir angetan haben. Marcus und ich haben uns kurz nach dieser Sache getrennt. Ich bin jetzt verheiratet.“ Ein glückliches Lächeln hatte ihre Lippen umspielt. „Mein Mann ist ein guter Mann. Ich liebe ihn. Liebe ihn so, wie ich dich hätte lieben sollen.“ „Dein Gerede wird dich nicht schützen.“ „Ich weiß, aber… Ich wollte nur, dass du weißt, dass auch du jemanden verdienst hat, der dich aufrichtig liebt.“ Mit ihren letzten Worten in den Ohren, hatte James sie stehen lassen. War zurück zu Blackbeards Schiff gekehrt, voller Wut, weil diese Frau kein Stück mehr das falsche Biest war, welches er hatte töten wollen. Die Art von James Rache wurde so nur perfider. Ein ganzes Jahr ließ er sie im Glauben, dass er sie töten wollte. Ein Jahr, in dem sie sich vor dem eigenen Schatten fürchtete, weil ihr immer wieder kleine Nachrichten zugetragen wurden, dass ihr Ende kurz bevor stand. Samantha hatte unter der Last gelitten und dennoch hatte sie das Einzige getan, das James ihr nie verzieh. Um ihren Mann und ihre Tochter zu schützen, hatte sie ihre Familie verlassen. Wollte ihre Familie nicht in die Fehde mit hineinziehen. Monate hatte sie auf dem Land in einer kleinen Hütte verbracht, fern von Wohlstand und Reichtum, den sie immer so geschätzt hatte, bis James zu ihr gekommen war und sie frei gegeben hatte. Er hatte sie noch immer verabscheut, doch die Rechtschaffenheit in ihm konnte nicht länger verantworten, dass ein Kind ohne seine Mutter aufwuchs, so wie es bei ihm der Fall gewesen war. Voll Dankbarkeit hatte Samantha sich vor seine Füße geworfen und das Gemisch an Gefühlen, das ihn in diesem Moment heimgesucht hatte, ließen ihn England für immer verlassen. „Kapitän?“, hörte er Smee hinter sich. „Was?“ „Wollt Ihr nicht doch einen Grog trinken? Er wird euch wärmen.“ „Nein.“ „Bitte, Kapitän, Ihr werdet sterben, wenn Ihr so weiter macht.“ „Verschwinde, Smee!“ „Er wird zurückkommen, wisst Ihr“, sagte Smee. „Natürlich wird er das. Nimmerland ist sein Zuhause.“ „Nein, das meine ich nicht. Er wird zu Euch zurückkehren.“ Zischend atmete James ein, schloss für einen Augenblick die Lider, nur um sich dann zu seinem Bootsmann umzudrehen. „Rede keinen solchen Unsinn.“ „Er kommt, Kapitän, ich weiß es“, beharrte der ältere Mann. „Ich könnte dich für deine Worte kielholen lassen.“ „Ja“, grinste Smee unbeirrt, „doch Ihr werdet es nicht tun, weil Ihr ahnt, dass ich recht habe.“ „Woher nimmst du diese Zuversicht?“, fragte James, der Smee für die Hoffnung, die er ihm machte, am liebsten bestraft hätte. „Weil Pan Euch ebenso liebt wie Ihr ihn.“ „Aber er versteht es nicht. Er hat Angst davor!“, polterte James. „Und ich… Ich kann ihn nicht zwingen, sich seiner Angst zu stellen. Täte ich es, würde ich die Schuld daran tragen, falls Peter Erwachsen wird. Was wäre Nimmerland ohne Peter Pan? Was würde mit der Magie geschehen, die der Junge in sich trägt? Sieh dich doch um!“, schrie James und drehte sich mit weit ausgestreckten Armen um. „Die ganze Insel richtet sich nach ihm. Wartet darauf, dass er die Sonne zurückbringt. Darf ich wirklich so egoistisch sein und Pan für mich alleine fordern?“ Nachsichtig sah Smee ihn an, ehe er ihm sanft eine Decke um die Schultern legte, die er mitgebracht hatte. Seine Hände lagen auf James Rücken und er streichelte mit einer beruhigenden, väterlichen Geste über James Arme, der nun zum ersten Mal wahrnahm, wie ausgekühlt sein Körper war. „Wisst Ihr, Kapitän, manche Probleme lösen sich von alleine. Ihr müsst die Verantwortung nicht alleine übernehmen. Pan hat auch einen Teil davon zu tragen.“ „Er ist ein Kind.“ „Nein, er ist weder Kind, noch Mann. Ein wenig von der Last, die Euch drückt, kann sein schmales Kreuz schultern.“ „Smee“, setzte James an. „Veränderung ist keineswegs immer etwas Schlimmes. Wartet doch einfach ab, was passiert, sobald Pan den Weg zu Euch zurückfindet.“ Wie auf ein geheimes Stichwort, schoben sich die grauen Wolken langsam auf die Seite. Sonnenstrahlen drangen durch die dicke Wolkendecke und fielen auf Land und Meer. Die Strahlen waren warm und das Eis funkelte darin wie Kristall. „Seht doch“, sagte Smee, „Pan kommt Nachhause.“ Fortsetzung folgt… Kapitel 46: Kapitel 46 ---------------------- Obwohl Peter keine rechte Lust hatte, spielte er mit den verlorenen Jungen ‚Verstecken‘. Dieses Spiel war eine echte Herausforderung, galt es doch, die besten und zugleich gefährlichsten Verstecke zu finden. Marty hatte das Los gezogen und durfte heute die anderen suchen. Auch wenn ihre Truppe geschrumpft war, so waren sie alle schnell im Vergessen und da Sleepy und Kugel nun schon ein paar Tage fort waren, wurden sie langsam zu Schatten, die zu verblassen drohten. Dies war ein Grund, weshalb die verlorenen Jungen heute wieder spielen gingen. Ein anderer, dass das warme Wetter lockte. Nun, da Peter aus London zurückgekommen war, war die Insel aufgetaut und erfüllt mit neuem Leben. An Peter selbst war die Reise keineswegs spurlos vorüber gegangen. Er selbst war ungewöhnlich nachdenklich. Manche Gedanken ließen sich einfach nicht abschütteln, egal, wie sehr er sich bemühte. Das Gesicht Hooks schwebte vor ihm. Längst hatte Peter den Punkt erreicht, an dem er sich eingestand, dass er den Mann vermisste. Mit einem fast schmerzhaften Ziehen sehnte er sich nach dem Piraten. Nach seinen Zärtlichkeiten und seinen süßen Versprechungen, doch dann fiel ihm wieder ein, dass Hook von Liebe gesprochen hatte und Peter drängte die Gedanken mit aller Gewalt zurück. Ein Vogel kreischte plötzlich laut in seiner Nähe. Erschrocken bemerkte Peter, dass er schon wieder geträumt hatte. In seinem Versteck richtete er sich auf. Die Beine taten ihm vom langen sitzen weh. Schon seit ein paar Stunden harrte er hier. Sein Versteck hatte er in der Nähe der Landebucht von Hooks Piratenschiff gewählt. Von dort aus war es ihm möglich, heimliche Blicke zum Schiff zu werfen und nach dem dunklen Lockenkopf zu spähen. Aber die Piraten waren ausgeschwärmt. Mit dem Erwachen von Nimmerland waren sie losgezogen, um ihre Vorräte erneut aufzufüllen und genau dies war der Grund, weshalb Peters Versteck für den Moment das gefährlichste war. Jederzeit konnten ihn die Piraten überraschen, doch Peter war vorbereitet. Sein Dolch hing an seinem Gürtel, die Klinge war so scharf wie eh und je. Natürlich wusste er, dass die Piraten ihn nicht angreifen würden. James Ermahnung klang in seinen Ohren nach. „Es liegt also an dir, wie lange der Frieden zwischen uns währt.“ Ja, es war in Peters Macht und auch wenn er das Risiko einging, erwischt zu werden, so wollte er das wacklige Friedensabkommen doch nicht gefährden. Es war für ihn nahezu unvorstellbar geworden, seine Waffe gegen James zu erheben. Wie oft hatten sie schon miteinander gefochten, stets bemüht, den anderen zu töten? Peter wusste es nicht mehr. Aber die pure Vorstellung, seinen Dolch in James Herz zu bohren, schmerzte ihn, überlagerte ihn mit der Erinnerung daran, wie Blackbeards Schwert dies getan hatte. Nie würde Peter die Furcht vergessen, welche er in dem Moment verspürt hatte. Ein lautes Seufzen verließ seine Lippen. Er ahnte, was mit ihm geschehen war. Ahnte es mit einer Deutlichkeit, die ihm die Erkenntnis brachte, dass er es keineswegs noch lange leugnen konnte. Doch die Konsequenz? Was würde mit Nimmerland geschehen? Was mit ihm oder den verlorenen Jungen? Abermals griff Angst nach Peters Herz, jene Angst, die ihn hatte von Hooks Schiff flüchten lassen. In der Nähe knackte ein Ast! Erschrocken drehte sich Peter um, doch er sah nichts. Stattdessen hörte er die Stimmen von mehreren Piraten näher kommen, welche sich laut fluchend durchs Unterholz bewegten. Offenbar hatten sie sich auf der Suche nach Früchten des Waldes verlaufen. Einen Herzschlag lang überlegte Peter, ob er sie weiter necken und noch tiefer in den Wald locken sollte, doch spontan entschied er sich, heute den Rückzug anzutreten. Auf ‚Verstecken‘ hatte er auch keine Lust mehr. Die anderen würden ihn nicht vermissen, denn schließlich brach er das Spiel des Öfteren ab. Mit dem Blick hinter seinen Schultern, schlich er aus seinem Versteck hervor. Von den Piraten war jedoch nichts zu sehen. Gleichwohl er hätte fliegen können, lief er. Seit er aus London zurück gekehrt war, war er vorsichtig geworden, was das Fliegen betraf. Seine Gedanken waren wenig fröhlich. Ein paar Minuten schlenderte Peter durch den Wald. Er war alleine, keine Piraten, keine Indianer und auch keine verlorenen Jungen waren da. Von den Büschen klaubte er sich Blätter, welche er zwischen seine Finger gleiten ließ, bevor er sie zerrupfte und wegwarf. Erneut in seinen Gedanken versunken, vergaß Peter jegliche Vorsicht, weshalb er fürchterlich erschrak, als urplötzlich ein lautes Rascheln ertönte, das direkt auf ihn zukam. Rufe folgten und dann sah er auch schon ein Wildschwein auf sich zurasen. In letzter Sekunde konnte er der Sau ausweichen, doch bevor er sich wundern konnte, was das Tier aufgebracht hatte, wurde er zu Boden gerissen. Mit geweiteten Augen blickte er in Vergissmeinnicht blaue. Sein Herz pochte heftig. Zuerst vor Aufregung, dann, weil er James erkannte. Überall dort, wo ihn James berührte, fing sein Körper zu brennen an. Hitze machte sich in ihm breit und das Bedürfnis, die schönen Lippen zu küssen, wurde übermächtig in ihm. Doch bevor Peter sich vergaß, riss Hook ihn herum und sie rollten in ein Gebüsch. Laute Stimmen waren direkt neben ihnen. „Wo ist der Kapitän?“ „Keine Ahnung! Wo ist das Wildschwein?“ „Sieh doch, wir müssen hier entlang!“ „Und was ist mit dem Kapitän?“ „Der wird schon zurechtkommen.“ Die Stimmen verschwanden ebenso schnell wieder, wie sie gekommen waren. Peter danke James Geistesgegenwart, welche ihn vor einer erneuten Gefangenschaft bewahrt hatte, doch dann fiel ihm auf, dass er mit dem Mann alleine war. Sie sahen sich an, doch es gelang Peter nicht, die Gedanken von James zu erkennen. Was er spürte, war, dass auch Hook die körperliche Nähe kein Stück unberührt ließ. „Vielleicht solltest du aufstehen?“, schlug Peter vor, welcher sich genau das Gegenteil wünschte. Unter dem Piratenkapitän zu liegen, fühlte sich so verlockend erotisch an. „Vielleicht“, antworte James und strich mit seiner Hand Peter eine Strähne seines Haares aus dem Gesicht. „Wie war es in London?“ „Soweit“, entgegnete Peter, der nicht darüber reden wollte. Hook verstand auch so, denn er zog seine rechte Augenbraue hoch. „So schlimm?“ „Was machst du nun mit mir?“, wechselte Peter das Thema. „Ich könnte dich wieder an Bord schleppen und dir die Fußfessel anlegen, welche dir so gut gestanden hat“, sagte James, nur um dann lüstern zu ergänzen: „Oder ich nehme dich gleich hier und jetzt.“ „Dann tue es doch“, forderte Peter ihn auf und bewegte sich mit sinnlichen Bewegungen unter James. Ein Stöhnen kam über James Lippen. „Du Teufel!“, stieß er aus, ehe seine Lippen auf die Peters herabsanken und er ihn heiß und heftig küsste. Peter fühlte sich so gut. Genau nach diesem Moment hatte er sich gesehnt. Gierig erwiderte er Hooks Kuss und hatte auch nichts dagegen, als dieser die Knöpfe seiner Hose öffnete. Etwas Neuartiges passierte. Es war ruppig, ungeduldig und unglaublich erregend. Ohne sich groß zu liebkosen, drängte Hook erregt an ihn. Ein Keuchen kam aus Peters Mund. Oh ja, er wollte es! Ihre letzte Vereinigung war viel zu lange her. Peter war ebenso von Ungeduld erfüllt wie James. Von alleine zauberte er das Öl herbei, welches Hook das Eindringen erleichtern sollte. Große Vorbereitung bekam Peter jedoch nicht, als Hook sich gegen ihn drängte. Ein Schmerzenslaut kam über seine Lippen und James hielt in seiner Bewegung inne. „Hör nicht auf“, bat er und schob seine Hüfte dem heißen Schaft entgegen. James Augen blitzen vor gesteigertem Verlangen auf, dann war es um seine Beherrschung geschehen. Schwer keuchend versank er in Peter. Ihre Körper agierten von alleine. Es war wild und heftiger als alles, was Peter bisher mit James erlebt hatte, aber er konnte nicht genug davon bekommen. Er wand sich vor Erregung, warf seinen Kopf hin und her, doch die Lust hatte längst die Oberhand gewonnen und Peter schrie seinen Höhepunkt laut hinaus. Dumpf bemerkte er, dass er die Vögel und Tiere im Umkreis mit seinem Schrei aufgeschreckt hatte, aber die matte Befriedigung, welche ihn heimgesucht hatte, ließ ihn dies mit Gleichgültigkeit hinnehmen. Stattdessen hob er träge seine Hand, damit er James Locken streicheln konnte, der schwer atmend auf ihm lag, nachdem er sich aus Peter zurückgezogen hatte. „Wird es immer so sein?“, fragte Peter. „Was?“ „Wenn wir miteinander schlafen. Wird es immer so schnell und heftig sein?“ „Werden wir denn weiterhin miteinander schlafen?“, konterte James und richtete sich ein Stück auf, damit er Peter in die Augen sehen konnte. „Ich mag es, wenn du in mir bist“, gestand Peter freimütig. Ein schiefes Grinsen zierte Hooks Lippen, als er sprach: „Deine Unverblümtheit in Ehren, doch du weißt, dass dies nicht so weitergehen kann.“ „Nein“, sagte Peter, dessen Stimmung schlagartig getrübt war. Auch ohne weitere Worte darüber zu verlieren, wusste er, dass sie schon jetzt an dem Punkt angelangt waren, wo sie beim letzten Mal aufgehört hatten. „Hast du wenigstens darüber nachgedacht?“, wollte James wissen. „Müssen wir darüber reden?“, wich Peter aus. „Wir könnten doch einfach noch eine Weile so beieinander sein.“ „Ich kann nicht“, meinte James sanft, stand auf und richtete seine Kleidung. „Weshalb?“, wollte Peter wissen, der es James gleichtat. „Weil es schmerzt.“ Irritiert runzelte Peter die Stirn. „Habe ich dir wehgetan?“ „Nicht körperlich.“ „Aber was dann?“ „Ich sagte dir, dass ich dich liebe, Peter. Liebe schmerzt.“ „Dann hör auf damit.“ James lachte traurig auf, wuschelte durch Peters Haar, ehe er ihm einen kurzen Kuss gab. „So einfach ist das nicht. Liebe ist wie eine Pflanze. Sie keimt langsam, reift allmählich heran und blüht sie auf, wird sie zu einer wunderschönen Blume, doch wenn sie angegriffen wird, bekommt sie Dornen, die stechen.“ „Habe ich deiner Blume Dornen gegeben?“ Allmählich begriff Peter, was es mit der Liebe auf sich hatte. „Das ist in Ordnung. Ich hätte wissen müssen, dass diese Blume nicht ewig blühen kann.“ „Aber wenn“, fragte Peter, „wenn die Blume welkt, was passiert dann mit dir?“ Seine grünen Augen bohrten sich in James. Er wollte es wirklich wissen. Was würde mit James geschehen, wenn die Liebe in ihm starb? Peters Herz schlug hart und unangenehm gegen seine Brust. Das Blut rauschte laut in seinen Adern, dass er befürchten musste, James nächste Worte zu überhören. Sein Körper zitterte, während die Anspannung ihn quälte. „Ich weiß es nicht“, antworte James ganz offen. „Aber ich werde wohl nie wieder so empfinden können. Ein Herz kann brechen und heilen, doch je öfter und schlimmer die Verletzungen sind, umso schwieriger wird es, es wieder zu kitten.“ Einen Moment hielt er inne, ehe sein Blick Peter fast umwarf vor Intensivität. „Du bist dabei, mein Herz in tausend Stücke zu zerreißen.“ Obwohl kein Vorwurf in diesen Worten mitklang, schluckte Peter heftig. Alles in ihm schrie, dass dies nicht geschehen durfte. Er wollte James auf keinen Fall verletzen oder ihm Schaden zufügen. Er wollte, dass es diesem Mann, den er einst gehasst hatte, gut ging und dass er glücklich war. Die Last, welche Samantha und Blackbeard James aufgehalst hatten, wollte er mindern. In jenen Momenten, wo dieser tapfere, starke Mann Schwäche zeigte, wollte Peter da sein, um ihm Trost und Kraft zu spenden. Peter wünschte sich für James Leichtigkeit, fern von jeder Bitterkeit des Lebens, damit dieser jenes ebenso unbeschwert genießen konnte, wie er selbst und die verlorenen Jungen es taten. „Ich will nicht, dass dein Herz zerreißt“, sagte Peter, dessen Stimme ganz leise war. „Ja“, lächelte James, „das glaube ich dir, doch so spricht nur ein Kind.“ „Ich bin ein Kind.“ „Nein, du bist mehr.“ „Aber nicht erwachsen?“ „Nein, du stehst irgendwo dazwischen. Nicht Mann, nicht Junge.“ „Darf ich so bleiben?“, wollte Peter wissen. „Darf ich? Wenn ich deine Blume weiterhin blühen lasse, darf ich so bleiben?“ Peter hörte selbst, wie brüchig seine Stimme klang, registrierte, wie sein Blick langsam verschwamm und die Furcht vor der Antwort sich um sein Herz legte wie eine eisige Hand. Er wollte bei James sein, wollte es so sehr, aber er durfte nicht erwachsen werden, denn das hätte bedeutet sich selbst zu verlieren. „Du darfst so bleiben, wie du bist.“ Auch James Stimme war vom Aufruhr seiner Gefühle ganz wacklig. „Genauso liebe ich dich doch.“ Erleichterung traf Peter mit solch einer Wucht, dass ihm einen Herzschlag lang der Atem ausblieb. Doch als er wieder Atmen konnte, als er begriff, was James ihm gesagt hatte, flog er ihm in die Arme. Sie küssten sich unter Lachen und Weinen, bis ihnen die Luft ausging. „Wird jetzt alles gut?“ Erwartungsvoll sah er in die wunderschönen Augen von Hook. „Ich… Wo wollen wir leben? Auf der Insel? Der Jolly Roger? Was sagen meine Piraten? Was deine verlorenen Jungen? Ich…“ „James“, unterbrach Peter ihn sanft. „Zerbrich dir nicht den Kopf. Wir finden schon einen Weg.“ „Was macht dich so sicher?“ Unsicherheit brach durch James hindurch. „Weil ich dich auch liebe.“ Die Worte schwebten zwischen ihnen und wo Peter schon längst voller Zuversicht war, legte sich dieses Gefühl nun auch auf James. „Wir sind verrückt“, stöhnte der Pirat, der Peter nur noch fester an sich presste, „wenn wir glauben, dass das funktioniert.“ „Wir wären verrückt, wenn wir es nicht täten“, meinte Peter keck. Unwillig brummte James auf, während seine Lippen am zarten Hals von Peter knabberten. „Sag es nochmal.“ „Was?“, stichelte Peter frech. „Du weißt es.“ „Was denn?“, neckte er weiter. „Peter!“, knurrte James und biss ihm spielerisch ins Ohrläppchen, sodass Peter erschrocken fiepte. „Okay, okay“, lachte er. Abwartend schaute der Piratenkapitän auf ihn und obwohl Peter noch weiterhin die Lust verspürte, ihn zu ärgern, tat er ihm den Gefallen, zu antworten, denn endlich ausgesprochen, erfüllten die Worte auch Peters Herz mit Wärme. „Ich liebe dich, James Hook.“ ENDE Epilog: Epilog -------------- Mit dem Blick auf das Meer gerichtet, das unter dem Licht der warmen Sommersonne in einem intensiven Blau leuchtete, wartete er. Ein paar Boote hatten vor kurzem von der Insel abgelegt und kamen auf die Jolly Roger zu. Heute war ein besonderer Tag. Nun, eigentlich war jeder Tag inzwischen ein besonderer Tag. Die Piraten bekamen Besuch. Hohen Besuch, wie ihr Kapitän ihnen ständig einbläute, weshalb die Mannschaft damit beschäftigt war, das Deck des Schiffes auf Vordermann zu bringen. Zu viert hatten sie den Boden geschrubbt. Zwei Mann waren damit beauftragt worden, das Schiff mit Blumen und Bändern zu dekorieren, während andere jeden Tisch, den es an Bord gab, hochgetragen hatten, damit der Schiffskoch später auftafeln konnte. Ja, es war ein besonderer Tag. Kapitän James Hook lächelte, als er endlich unter den Insassen der kleinen Boote entdeckte, was er so sehnsuchtsvoll erwartete. Zwischen Piraten und Kindern saß Peter Pan, der eine reizende Mischung aus Mann und Knabe war. Auch Peter hatte ihn entdeckt, sagte etwas zu dem Jungen, der neben ihm saß und erhob sich dann. Hooks Herz machte einen freudigen Hopser, als Peter grazil in die Lüfte schwebte und unter verspielten Drehungen auf ihn zuflog. „Hallo“, sagte Peter, als er bei ihm angelangte, landete sanft und so dicht vor James, dass er den warmen Körper des Jungen auch ohne Berührung spüren konnte. „Hallo“, antworte auch James. Sie blickten sich tief in die Augen. In Peters grünen Augen konnte James so viel Gefühl entdecken, dass es ihm auf ein Neues so unglaublich schien, dass sie sich vor nicht allzu langer Zeit gehasst hatten. Doch all dies war vergessen, als Peter die knappe Distanz überbrückte, sich auf die Zehenspitzen stellte und ihn sanft küsste. Glücklich seufzte James in den Kuss hinein, bevor er ihn vertiefte. Erst ein Räuspern brachte ihn dazu, sich widerwillig von Peter zu lösen. „Smee“, brummte James und sah seinen väterlichen Freund an. „Verzeiht, Kapitän, aber…“ Smee nickte leicht mit dem Kopf und James Augen folgten. Eine sanfte Röte legte sich auf seine Wangen, als er die Blicke der Piraten sah, welche ihn und Peter anstarrten. Sofort schob er Peter ein Stück von sich fort und die Männer machten sich hastig wieder an die Arbeit. „Haben sie sich noch immer nicht an mich gewöhnt?“, fragte Peter keck. „Nicht so wirklich“, räumte James ein. „Du hattest bei deinen verlorenen Jungen eben Glück.“ „Möglich“, erwiderte Peter frech, der in dieser Sekunde froh war, dass James keinerlei Ahnung davon hatte, welche Mühe es ihn gekostet hatte, die verlorenen Jungen davon zu überzeugen, dass Hook nicht länger ihr Feind war. Jedoch hatte Peter bessere Möglichkeiten besessen, die Jungen an die Neuerung zu gewöhnen. Schließlich waren sie Kinder, Jungen, die wie er das Abenteuer liebten und ob das Abenteuer nun darin bestand, gegen die Piraten zu kämpfen oder mit den Piraten das Krokodil zu töten, das James seit Jahren verfolgte, war ihnen herzlich egal. Außerdem konnten die Piraten herrlich spannende Geschichten erzählen, die den Jungen unbekannt waren. Dies war ein Grund, weshalb Peter und James beschlossen hatten, dass die verlorenen Jungen einmal im Monat zum Abendessen an Bord kamen. Allerdings war dies nicht alles. Oft trafen sie sich auf Nimmerland zum Spielen. Es war amüsant, zu sehen, wie erwachsene Männer ihre spielerische Seite wiederentdeckten. Selbst James wurde immer lockerer, wenngleich er und Peter oft einfach während des Spielens verschwanden. Mochten die verlorenen Jungen auch keine Vorstellung davon haben, was ihr Anführer mit dem Piratenkapitän machte, so wussten es die Piraten umso genauer, schwiegen aber ganz beharrlich darüber, in stetiger Hoffnung, das Schweigen würde das Wissen irgendwann übertünchen. In Augenblicken wie diesen jedoch, wo ihr Kapitän seine Zuneigung zu Pan ganz offen bekundete, war dies schlicht unmöglich. „Sie sind da“, sagte Smee und verschwand, um bei der Ankunft der verlorenen Jungen dabei zu sein. „Scheint, als wären wir wieder alleine“, meinte James, der seine Aufmerksamkeit erneut dem entzückenden Teufel widmete, der vor ihm stand. „Hm“, gab Peter von sich, dessen Fingerspitzen über den Stoff von James edlem Wams wanderten. „Was hast du vor?“, fragte James neckisch und zog seine rechte Augenbraue hoch. „Ich?“, tat Peter unschuldig. „Nichts.“ Doch der schelmische Ausdruck auf seinem Gesicht sprach Bände. Sofort schloss James wieder auf. Er beugte sich zu Peters Ohr hinunter und hauchte raunend hinein: „Willst du mich verführen?“ „Und wenn es so wäre?“, reizte Peter weiter. „Dann sollten wir schleunigst in meine Kajüte verschwinden, bevor Smee uns nochmal aufhält.“ Peter lachte laut auf und auch James kam gegen das breite Grinsen auf seinem Gesicht nicht an. Er war glücklich. Wirklich und absolut glücklich und er wusste, dass es Peter ebenso erging. Jeder Tag war für sie ein neues Abenteuer voller Liebe und mit jedem Tag spürte James, wie ein Teil seiner Verbitterung, die er Samantha und Blackbeard verdankte, schmolz. Peter brachte sein Herz zum Heilen. „Dann komm, alter Mann“, forderte Peter, ehe er James einen heftigen Stoß gab, sodass dieser nach hinten stolperte und rannte fort. Einen Herzschlag lang verdattert, zögerte James, ehe er die Herausforderung grinsend akzeptierte und die Verfolgung aufnahm. Ja, ein Leben mit Peter Pan war alles, nur nicht langweilig. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)