Der Prinz . . . und die Diebin von irish_shamrock (Es war einmal . . . [Nami & Sanji]) ================================================================================ Kapitel 5: V ------------ Der Prinz und die Diebin ────────────────── Es war einmal . . . V Stimmen hallten über den belebten Markt. Sowie die Sonne über die Spitze des Glockenturmes im Osten des kleinen Städtchens schlich, boten Bürger und Bauern tagtäglich ihre Waren feil. Der Duft von frischem Brot erfüllte die Luft und das Aroma der frischen Früchte lockte, fein säuberlich in Körben aufgereiht, den Betrachter zum Kaufe. Viel gab es nicht, an jenem Ort, doch die Dorfbewohner begnügten sich mit jenen Gütern, die ihnen verfügbar waren. Nur wenig war dem jungen Prinzen über das allmorgendliche Treiben innerhalb seines Reiches bekannt. Umso mehr hatte ihn die Neugierde gepackt, ungeachtet dessen, dass es seinem engsten Berater nicht behagte, den Wunsch nach Neuem zu erhören. »Junger Herr«, leise, und beinahe von Angst durchwoben, drang die Stimme Duvals an seine Ohren. Noch immer vermochte der Diener nicht den Sinneswandel des jungen Mannes zu verstehen, als dieser ihm gebot, am frühen Morgen, nach dem Ankleiden und Speisen, in den Kern der Stadt zu gelangen. »Wenn man Euch erspäht, mein Herr.« Doch Sanji begegnete den Worten seines Begleiters nur eines eisigen Blickes. Sein Begehr, hinunter auf den Markt zu gehen und die schützenden Mauern des Schlosses zu verlassen, erschien seinem Lakaien bedenklich. Gab womöglich die entflohene Maid jenen Anstoß für den plötzlichen Aufbruch des Königssohns? War sie gar eine Hexe, der es auf magische, finstere Art gelang, sich nicht nur den schweren Ketten des Kerkers zu entwinden, sondern auch dem Stricke des Galgen? Besaß dieses Kind solch dunkle Kraft, dass es den Verstand des Jungen zu verdrehen wusste? »Lasst mich!«, zischte dieser und entwand sich den greifenden Händen des älteren Herren. »Wir gehen zum Markt!« Worte, die sein Vorhaben in Stein zu schmettern vermochten und keiner weiteren Silben bedurften. »Aber ...« Dennoch erlaubte es sich Duval, weitere Laute aus seiner Kehle empor dringen zu lassen: »Mein Prinz, zu Eurer Sicherheit. Bitte, lasst uns von den Wachen begleiten.« Mit der Zunge vernehmlich schnalzend, rollte der blonde Jüngling die Augen und gebot seinem Oberst mit einem ausladenden Handschwenk an seine Seite zu treten. Doch auch der Befehlshaber seiner Leibgarde begegnete dem Vorhaben des Schützlings mit Argwohn. Erleichtert entließ Duval die angehaltene Luft aus seinen Lungen, während der Oberst dem Prinzen begreiflich zu machen versuchte, dass er mit einem Heer in seinem Rücken mehr Aufmerksamkeit errege. Skeptisch hatte Sanji den Worten gelauscht. Nun, etwas in ihm riet sogar dazu, sich seinem Volke zu zeigen. Doch das energische Drängen seiner Garde ließ ihn sich besinnen. »So unauffällig wie möglich, mein Herr«, ereiferte sich Duval und wirkte sichtlich angetan von den Gewändern, die man seinem Prinzen bereitlegte. »Vortrefflich.« In flüsterndem Ton drang die Schmeichelei an seine Ohren, doch Sanji hielt den Blick nach vorn gerichtet. Noch immer schien es Deval nicht recht, sich in die Öffentlichkeit zu wagen, den Tarnkleidern zum Trotze, die dem Jungen das Aussehen eines Bürgers verliehen. Auf Befehl des Königssohnes hin, hatten sich Oberst Tetsu und Leutnant Shinobu unauffällig zu kleiden, da man diese als Begleitpersonen wählte. Beide marschierten sie hinter dem Prinzen und dessen Diener her, jedoch Blicke wechselnd, die keinerlei Zustimmung für das Handeln des Kindes gaben. »Sollten wir uns nicht um das flüchtige Mädchen kümmern?«, murmelte Shinobu an seinen Oberst gewandt. »Wozu?«, hakte dieser mit fester, energischer Stimme nach. »Vermutlich hat sie längst die Stadt, wenn nicht so gar das Land verlassen. Es wäre zu ihrem Besten. Es wäre zu unser aller Besten. Dieser dumme Junge, warum er gerade jetzt in Stadt gehen will, ist mir unbegreiflich. Nie hat er auch nur einen Fuß aus den Palast gesetzt und nun schau ihn dir an!« Ein schnaubender Laut entfloh dem Oberst, dann schüttelte er den Kopf und hielt seinen Untergebenen am Ärmel seines Hemds zurück. »Nun kein Wort mehr! Sollte sie noch hier sein, irgendwo, werden wir sie fangen. Und dann wartet der Strick am Galgen auf sie. Bis dahin leisten wir den Befehlen dieses Bengels folge.« Sowie sich das hohe, schmiedeeiserne Tor hinter ihnen schloss, sah sich der junge Prinz um. Wohl wahr, diese Umgebung erschien ihm fremd und er vermochte sich kaum noch daran erinnern, ob und wann er jemals den schützenden Mauern entkommen war. Vögel stießen in die Luft, verließen ebenso ihr Heim, um sich in den Morgen zu begeben. Er würde es ihnen gleichtun. Würde sich erheben und mit freudigem Blick dem Tage entgegengehen. »Nami«, hallte die Stimme des Fräuleins durch das Zimmer. Murrend wand sich die junge Diebin unter dem Laken, das ihr und ihrer Schwester als Schutz vor der nächtlichen, winterlichen Kälte diente. Wie immer schien Nojiko stets bestem Gemüts zu sein, ein Lächeln auf den Lippen und Lachen im Herzen. Doch Nami wusste um die Bürde, die sie mit sich trug. Als Älteste von ihnen oblag ihr die Verantwortung. Verantwortung für das Funktionieren des Haushaltes, das Florieren des Obsthandels und natürlich für das Kind, das früh schon ein Talent für das Stehlen zeigte. »Ehrliche Arbeit«, hatte sie fortan, und nach dem Tode der Mutter, gemeint, »ist der beste Weg, sich durch dieses Leben zu schlagen.« Nami jedoch hatte meist nur die Schultern gezuckt und beharrt, das nichts Verwerfliches daran sei, von den Reichen zu nehmen und diese um ein paar Münzen, Schmuck oder andere wertvolle Dinge zu erleichtern. Viel zu oft schon glaubte Nojiko, dass man ihre jüngste Schwester ergriffen habe, denn der Aufruhr an manchen Morgen und das Flüstern, welches den Lippen der Bürger entwich, hatte ihr Herz in Furcht, Angst und Besorgnis flattern lassen. Doch das Kind entwischte jenen Schwierigkeiten mit Leichtigkeit. Katzengleich und elsternschlau hatte sie sich den Fängen des Gesetzes entwunden, dennoch hatte man sich ihrer vor nicht weniger als zwei Tagen bemächtigt, hatte sie in die Kerker des Schlosses gesperrt, Säbel geschärft und Seile geknüpft. Die Ketten, schwer und unnachgiebig, die Fesseln kalt, hatten Spuren hinterlassen. Noch immer wanden sich rote Striemen um ihre Handgelenke, leuchtend wie Mahnmale und brennenden Warnungen gleich. »Du hättest sterben können. Sie hätten dich gefoltert!« Wieder und wieder spukten die Worte der Frau in ihrem Kopf umher. Trieben sie dazu, die Augen zu öffnen und zu erkennen, dass sie ohne Hilfe nie diesem Gefängnis, dem Galgen entkommen wäre. Sie war dem Tode entflohen. Hatte ihren bleichen Hals den Schlingen entwunden. »Bedecke deine Arme!«, ordnete das Fräulein an und reichte ihrer Schwester ein helles, langärmeliges Hemd. »Mach dir keine Gedanken, Nojiko.« Leise waren ihre Worte und ein zuversichtliches Lächeln zeigte sich auf ihrem blassen Gesicht, während der Stoff seinen Weg über Kopf und Schultern fand. »Nie wieder, nie wieder, hörst du? Bitte!« Die Diebin wich dem besorgten, drängenden Blick aus, der ihr entgegen eilte. »Ich habe doch nur noch dich und wir beide nur noch einander.« Nami hielt inne, wandte das Haupt und zwang sich dennoch, sich den gefallenen Worten zu stellen. Ihr Gegenüber weinte nicht, nicht mehr, seit dem man sie allein und sich selbst überließ, doch nun wirkten ihre Augen unruhig, flackernd und glitzerten im fahlen Licht des Morgens. »Rede mir kein schlechtes Gewissen ein«, fauchte Nami jedoch. »Ich will doch nur, dass es uns besser geht. Schau doch nur, wie viel ich bereits erreicht habe!« Nojiko folgte dem Fingerzeig der Jüngeren. Ihr Deuten verwies auf die Dielenbretter des Bodens, wo in einer Vertiefung jene Schätze verborgen lagen, die das Mädchen seit Jahren erbeutete. Doch kein freudiger Glanz trat in Nojikos Augen. Nami fuhr zusammen, als sie die kalten Finger ihrer Schwester bemerkte, die sich um ihre Arme legten. »Genug. Wir haben genug!«, sagte sie, doch das Mädchen wich ihrem Blick aus. »Ein Mal noch«, meinte Nami und blickte ihrer Schwester entgegen. »Nein, Nami!«, spie diese aus. »Nicht noch einmal. Nie wieder!« »Aber ...« Doch der Protest der jungen Diebin wurde jäh zum Schweigen gebracht. »Lass uns aufbrechen!«, forderte Nojiko und ließ von ihr ab. Noch immer verspürte sie die kalten Glieder auf ihrer Haut, als hätten sie sich durch den Stoff des Hemds gebrannt. Doch in dem Mädchen war bereits der glimmende Funken zu einem Feuer entfacht. Ein Mal noch, käme, was wolle. Arrest, Pranger, Galgen oder Tod auf anderen Wegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)