Akai Yuki von Hoellenhund (Roter Schnee - ein Hörspiel) ================================================================================ Prolog: --------  (Kulisse: Das Schloss des Felicianus. Steinboden.) Sound: Aufgeregtes Herzklopfen Yukis. Yuki (atmet leise, aufgeregt). Sound: Leise, vorsichtige Schritte Yukis. Sound: Eine schwere Tür wird vorsichtig aufgedrückt, erneute Schritte, als Yuki in den Raum schleicht. Sound: Soundeffekt, als Yuki einen im Licht schimmernden Schlüssel entdeckt. YUKI (WEITER) (sehr leise, zu sich selbst) Das muss er sein... Sound: Erneute Schritte, als Yuki sich anschleicht, Klimpern eines Schlüssels, als Yuki ihn aufnimmt und einsteckt. Sound: Stimmen aus der Ferne, Schritte, die sich dem Raum nähern. Lehrling1 Hast du das gehört? Lehrling2 (desinteressiert) Was denn? Lehrling1 Na, dieses Klimpern! Lehrling2 (leicht überheblich) Das hast du dir eingebildet. Yuki (leise, zu sich selbst, ängstlich) Oh nein! Sound: Leise schnelle Schritte Yukis, als sie sich zurückzieht, der Fokus bleibt auf Yuki. Von einer anderen Tür wird der Raum betreten, in dem sich Yuki eben noch befunden hat. Felicianus (laut, donnernd) Der goldene Schlüssel! Wo ist er? Lehrling1 (erschrockenes Einatmen). Lehrling1 (WEITER) (bebend) M... Meister Felicianus... E...eben ist er noch hier gewesen! Lehrling2 (begreifend) Jemand muss ihn gestohlen haben! Felicianus (wütend, donnernd) Findet den Dieb! Das wird er mir büßen! Sound: In der Ferne beginnen Schritte zu rennen, auch Yuki beginnt zu rennen. Yuki (atmet schwer). Sound: Yuki bleibt stehen, zieht mit aller Kraft eine große und schwere Tür auf, die in die Freiheit führt. YUKI (WEITER) (stöhnt vor Anstrengung, leise) Geh auf, bitte geh doch auf! Sound: Tür öffnet sich, Yuki rennt hinaus in den Schnee. (Kulisse: Landschaft im Schnee.) (Nächstes Take In größerer Entfernung:) Lehrling1 (außer Atem) Da vorn! Yuki (panisch) Nein...! Sound: Yuki rennt durch den Schnee, stolpert und stürzt. YUKI (WEITER) (keucht schmerzerfüllt). Lehrling2 (außer Atem, lacht schadenfroh) Bist du über deine eigenen Füße gestolpert? Lehrling1 Ich kümmere mich um sie. Lehrling2 Nein, lass mich das machen! Trans Felis Mo... (Er wird unterbrochen.) Sound: Lehrling 1&2 beginnen miteinander zu ringen. Lehrling1 Du kannst sie doch nicht umbringen! Lehrling2 Der Meister hat gesagt, dass sie für ihre Sünden büßen soll! Lehrling1 SO hat er das nicht gesagt! Lehrling2 Lass meinen Zauberstab los! Lehrling1 Wir bringen sie zurück ins Schloss! Soll Meister Felicianus über sie richten! Lehrling2 Nein, wir...! Sound: Effekt, als sich ein Zauber aus dem Stab löst. Yuki (schreit lang gezogen auf). Sound: Yuki wird aus der Realität davongerissen. Kristallhöhlen-Sound setzt leise ein. (Nächstes Take In der Ferne, gedämpft:) Lehrling1 Was hast du getan?! Sound: Yukis Schrei verklingt, zugleich wird Kristallhöhlen-Sound lauter, vermischt sich mit dem Intro, bis nur noch das Intro zu hören ist. Erzähler Irgendwo weit draußen im Meer, an einem Ort, wo man einst Längen- und Breitengrade zu nummerieren vergaß, gab es ein Land, unter einem weißen Fleck auf der Landkarte verborgen. Dem letzten weißen Fleck, von der Menschheit längst vergessen und zu einem Teil des Ozeans erklärt. Dieses Land, noch immer voller Magie, ward von der Hand dreier mächtiger Magier geführt; ein Land, in dem der Winter nie ein Ende fand. Letalia - von der Zeit vergessen. Erzähler (WEITER) Roter Schnee Yuki (flüstert, zugleich) Akai Yuki Erzähler von Lilly Hidomi Sound: Intro endet, geht wieder in den Kristallhöhlensound über, dieser wird lauter und bis zum Ende gespielt, um dann zu verklingen. Kapitel 1: Vom Mensch zur Katz ------------------------------  (Kulisse: Draußen im Schnee.) Sound: Das Läuten eines Glöckchens. Yuki (stöhnt, als sie erwacht). Erzähler Es war eine unbarmherzige Kälte, welche die junge Frau mit eiserner Faust umfing und aus der Ohnmacht riss, in der sie sich beinahe verloren hätte. Als sich nun ihre Lider hoben, erblickte sie nichts als das Weiß des ewigen Schnees, der sich um sie her bis in die Unendlichkeit auszudehnen schien – doch dann, nur den Bruchteil einer Sekunde später, erkannte sie ein gelbes Paar Augen, den Blick starr auf ihr Gesicht geheftet. Adrian (sanft, leicht skeptisch) Guten Morgen, Prinzessin. Yuki (stöhnt noch einmal). Mauser (kichert) Sie ist nicht sehr gesprächig, wie? Adrian (besorgt) Alles in Ordnung, Prinzessin? Yuki (stöhnt, etwas wehleidig) Ich... (Kurze Pause.) YUKI (WEITER) ...glaube schon... Wieso nennst du mich immer Prinzessin? Adrian (leichthin) Nun ja, du ähnelst einer Prinzessin. Das strahlend weiße Fell und... ADRIAN (WEITER) (hält erschrocken inne). Yuki (irritiert) Was redest du da? Adrian (unterdrückt beeindruckt) Und das goldene Auge... Mauser (kichert) Wie ungewöhnlich! Ein blaues und ein goldenes Auge, sehr komisch. Yuki (perplex) Katzen... Ich spreche mit Katzen! Mauser (kichert) Hat sich wohl den Kopf angestoßen, die Prinzessin. Yuki (leicht trotzig) Ich heiße Yuki. Also nennt mich bitte auch so! Adiran (nachdenklich) Yuki... Also das ist der Name, den dir deine Menschen gegeben haben. Du bist wohl nicht oft unter Katzen. Yuki (trotzig) Also ehrlich gesagt bin ich NIE unter Katzen! Genau genommen hab' ich seit Jahren keine einzige mehr gesehen und dass ich mir den Kopf angestoßen habe, glaub' ich langsam auch. Sprechende Katzen – so ein Unsinn! Mauser (kichert) Sprechende Katzen... Yuki (trotzig) Hör auf zu lachen! Und wieso hab' ich eigentlich hier draußen geschlafen? YUKI (WEITER) (längere Pause, Nachdenken, dann aufgeregt) Richtig, ich habe...! Aber wo... Er ist weg! (Längere Stille.) Mauser (kichert). Adrian (unsicher, neu ansetzend) Wir haben uns noch nicht vorgestellt. Ich bin der Rote und... ADRIAN (WEITER) (leicht abtuend) das hier, das ist Mauser. Yuki (nachdenklich) „Der Rote“ - das kommt bestimmt von deinem roten Fell. Aber wieso „Mauser“? Mauser (kichert) Mauser kann sehr gut mausen. Adrian (zustimmend) Das stimmt. Yuki (leicht abfällig) Und dazu noch diese Fledermausohren – ja, das passt wirklich gut. Mauser (pikiert) Die Prinzessin ist nicht besonders nett zu Mauser. Yuki (total irritiert) Ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich mich mit Katzen unterhalte! Adrian (beruhigend) Als Katze mit Katzen zu sprechen, ist wirklich nicht ungewöhnlich. Yuki (lacht abtuend) So ein Unsinn, ich bin doch keine Katze! Ich bin ein Mensch! (Längere Stille.) Mauser (kichert). Yuki (aufgebracht) Was ist denn? Adiran (glaubt ihr nicht, ironisch) Ein Mensch, natürlich. Yuki (irritiert) Wieso schaust du mich so komisch an? Adrian (sanft) Komm mit. Sound: Läuten eines Glöckchens, als Adrian sich in Bewegung setzt. Yuki folgt ihm. Adrian (WEITER) Hier, wir spiegeln uns auf dem Eis. Und – was siehst du? Yuki (ungläubig, kann es nicht fassen) Da sind... Zwei Katzen... Die Rote, das bist du. Und die weiße mit dem goldenen Auge... Adrian (sanft) Das bist du. Yuki (panisch) Aber das...! Sound: Soundeffekt eines Zaubers, Kratzen, als sich eine Botschaft in den Schnee schreibt. YUKI (WEITER) (irritiert) D... Da! Was ist das denn? Adrian (analysierend) Eine Botschaft. Yuki (irritiert) Schreibt sich einfach von selbst in den Schnee... Ich muss mir wirklich den Kopf... (Kritzeln endet.) Adrian (analysierend) Was steht da wohl? Yuki (liest) „Gib zurück, was du mir gestohlen hast und ich werde dich erlösen. Felicianus...“ Adrian (überrascht) Du kannst lesen? Yuki (abtuend, in Gedanken wo anders) Natürlich kann ich! Meine Großmutter hat es mir beigebracht, noch bevor ich eingeschult worden bin! Adrian (langsam) Schule... Warst du wirklich einmal ein Mensch? Yuki (abtuend, abgelenkt) Na, das sage ich doch die ganze Zeit. Adrian (räuspert sich, dann eindringlich) Wie auch immer. Du solltest dich vor den drei Magiern in Acht nehmen – und vor Felicianus ganz besonders. Was hast du mit ihm zu schaffen? Was hast du ihm gestohlen? Yuki (abwesend, fern) Er weiß also, wo ich bin, richtig? Adrian (ernst) Nein, dieser Zauber ist personenbezogen. Wenn Felicianus ein Haar oder eine Hautschuppe von dir in die Finger bekommen hat, muss er nicht wissen, wo du bist, um dir so eine Botschaft zu schicken. Yuki (aufgeschreckt) Woher weißt du das? Adrian Was hast du Felicianus gestohlen? Yuki (wütend) Ich will eine vernünftige Antwort! Adrian (böse) Ich auch. Yuki (wütend) Wie könnte ich die dir geben? Ich kenne dich überhaupt nicht! Adrian (böse) Also gut. In diesem Fall... ADRIAN (WEITER) (ruft) Mauser! Es wird Zeit, die Prinzessin zu verlassen. Mauser (in der Ferne, kichert) Der Rote weiß schon, was er tut. Sound: Schritte und Läuten, als Adrian sich entfernt. Yuki (erschrocken) W... Wartet! Ihr könnt mich doch nicht einfach hier sitzen lassen! Ich weiß doch gar nicht, was es heißt, eine Katze zu sein! Hey! Sound: Schritte entfernen sich weiter. Yuki (WEITER) (wütend, schreit) Bitte! Ich komm' auch sehr gut allein zurecht! Vielen Dank für gar nichts! Mauser (in der Ferne, echot) Vielen Dank für gar nichts, ... Mauser (WEITER) (kichert) ...für gar nichts! Sound: Schritte klingen aus. Yuki (leise, resigniert, selbst zuredend) Ich komme sehr gut allein zurecht... Sound: Eine Windböe trägt die Worte davon. Kapitel 2: Familien-Verrat -------------------------- Erzähler Noch einen Augenblick länger stand Yuki reglos da und starrte auf die ferne Hausecke, um die ihre neuen Bekanntschaften soeben gestrichen waren. Irgendetwas in ihr hoffte nur einige winzige Sekunden lang, dass die beiden Katzen zurückkehren würden, doch schon einen Lidschlag später wandte sie sich ab, ehe sie von einem sehr kätzischen Bedürfnis übermannt wurde: Der Sehnsucht nach einem Plätzchen am warmen Kamin. Schon hatten sich ihre Pfoten wie von selbst in Bewegung gesetzt und führten sie zurück an den Ort, wo sie stets Wärme und Geborgenheit erfahren hatte, als sie noch ein Mensch gewesen war. Sound: Schritte von Yuki. (Stimmen aus der Ferne, kommen näher.) Aron (rechtfertigend) Ich hab' sie seitdem nicht mehr gesehen. Mira (wütend, laut) Das heißt gar nichts! Ich habe dir gesagt, ich will, dass sie verschwindet! Aron (besänftigend) Und das ist sie auch! Mira (wütend, laut) Nichts ist sie! Sound: Vase zerschellt klirrend. Sound: Kratzen mit der Pfote an der Haustür. Mira (WEITER) (wütend, laut) Ich habe... Mira (WEITER) (wütend, normale Lautstärke) Was war das? Sound: Kratzen mit der Pfote an der Haustür. Aron (irritiert) Das kommt von der Tür... Sound: Läuten eines Glöckchens. Mira (wütend) Sieh nach, Aron! Sound: Schritte nähern sich der Tür. Adrian (ruft bemüht leise) Yuki! Komm zu uns! Mauser (frech) Hier drüben! Yuki (irritiert) Roter? Mauser? Ich dachte, ihr... Adrian (eindringlich) Schnell! Sound: Schnelle Schritte, als Yuki zu Adrian geht. Sound: Tür wird geöffnet. Yuki (säuerlich) Du kannst mich ja doch bei meinem Namen nennen. Adrian (zischt) Pssst. Aron (irritiert) Da ist nichts. Vielleicht ein Vogel. Mira (wütend) Zeig' her! Sound: Schritte nähern sich. Mira  (WEITER) (schnaubt) Ich hätte schwören können... Mach die Tür zu, es zieht. Aron (besänftigend) Natürlich. Sound: Tür wird geschlossen. Mauser (abfällig) Böse Menschen! Yuki (aufgebracht) Böse Menschen? Also entschuldige mal! Das war mein Bruder! Und das hier ist mein Haus, ich lebe hier! Adrian (ernst) Du hast hier einmal gelebt – als du noch ein Mensch warst. Yuki (wütend) Ach, jetzt glaubst du mir also doch! Wir sind aber sehr wankelmütig heute, Mister! Adrian (offenkundig wütend) Ich glaube dir, weil keine normale Katze so dermaßen beschränkt sein könnte, einer Lyra direkt in die Arme zu laufen! Yuki (wütend) Du hast kein Recht, mich so anzuschreien! Eine Lyra, was soll das überhaupt sein? Mauser (ängstlich) Menschen, die Mauser das Fell über die Ohren ziehen wollen. Yuki (perplex) Was? Diese Frau? Ich hab' sie noch nie gesehen, ich weiß nicht, was sie mit Aron zu tun hat! Adrian (bemüht gefasst) Dein Bruder... Hast du nicht in seinen Augen gelesen? Hast du seine Absichten nicht erkannt? Yuki (zögerlich, beinahe ängstlich) A... also es hat sich anders angefühlt, in seiner Nähe zu sein, als ich es gewohnt bin... Es war unangenehm. Mauser (wieder aufgemuntert) Die Prinzessin muss sich nur vom Roten erzählen lassen, der Rote ist der beste Leser von Letalia! Adrian (geduldig) Hör zu: Es gibt eine Gabe, die jeder Katze innewohnt; die Macht, die wahren Absichten eines Menschen in seinen Augen zu lesen. Bei einigen Katzen ist sie stärker, bei anderen weniger stark ausgeprägt – du scheinst ein ausgesprochen unbegabtes Exemplar zu sein, Yuki. Yuki (wütend) Also das ist doch...! Adrian (sie übergehend, eindringlich) Wegen dieser Gabe werden wir von vielen Menschen gefürchtet. Vor allem die Magier glauben an unsere Macht – und die Lyra sind so fanatisch, dass sie Katzen in Scharen ausrotten, um vor ihnen sicher zu sein. DAHER sollst du dich vor ihnen in Acht nehmen. Yuki (langsam) Ach so ist das... Darum habe ich auch seit Jahren keine einzige Katze mehr gesehen! Aber... Das ist ja furchtbar! Mauser (murmelt) Das Leben als Katze ist nicht leicht, nein... Mauser (WEITER) (angetan) Aber der Rote beschützt Mauser, der Rote bringt alle Katzen in Sicherheit. Er merkt als erster, wenn sich ein Mensch mit bösen Absichten nähert! Yuki (aufgewühlt) Ja, böse Absichten, ja! Was hast du in den Augen meines Bruders gelesen, Roter? (Längeres Schweigen.) Adrian (fest) Ich weiß nicht, was zwischen euch geschehen ist, aber er wollte dich beseitigen, Yuki. Er hofft, dass er dich nie wieder sieht. Yuki (perplex) Das glaub' ich nicht! Wieso sollte er so etwas tun? Seit unsere Mutter gestorben ist, haben wir uns immer gegenseitig unterstützt! Adrian (fordernd) Wieso sollte er sich mit einer Lyra treffen, einer Frau, die ihr Leben nur darauf ausrichtet, eine möglichst große Anzahl von Katzen unter die Erde zu bringen? Yuki (perplex) Nein, nein, ich glaube das nicht! Adrian (leicht gereizt) Ich kann dir nur sagen, was ich gesehen habe! Yuki (leise) Das glaube ich nicht... Adrian (sanft) Und dir anbieten, dass wir dich ein Stück auf deinem Weg begleiten. (Kurze Pause.) Yuki (leise, wiederholend) Ich muss zurückbringen, was ich Felicianus gestohlen habe, damit er mich in einen Menschen zurückverwandelt. Nur dann ich meinen Bruder zur Rede stellen. Yuki (WEITER) (unsicher) Könnt ihr mir helfen, es zu finden? Adrian (ernst) Vielleicht. Aber dazu musst du uns endlich verraten, was es ist. Yuki (unsicher, als wüsste sie nicht, was das ist) Der... goldene Schlüssel. Kapitel 3: Der goldene Schlüssel -------------------------------- Yuki (aufgeregt) Roter! Das musst du mir noch mal erklären. Wieso tun wir das? Adrian (schlicht) Um herauszufinden, was mit dem goldenen Schlüssel geschehen ist, als du dich in eine Katze verwandelt hast. Erzähler Die Dunkelheit war bereits über das Land hereingebrochen, als Mauser, Adrian und Yuki auf der Rückseite eines mächtigen Backsteinbaus standen. Endlich hatte es aufgehört zu schneien, doch die Kälte war noch immer genauso klirrend wie noch einige Stunden zuvor. Yuki (aufgeregt) Das mit dem Suchen hab' ich mir irgendwie anders vorgestellt. Mauser (kichert) Sie hat wohl Angst, die Prinzessin Yuki (übergehend) Vielleicht liegt der Schlüssel irgendwo da draußen im Schnee! Sound: Kratzen, als Adrian versucht, Backsteine wegzuschieben. Yuki (WEITER) (aufgeregt) Das ist kriminell, was wir hier tun! Sound: Kratzen, als Adrian versucht, Backsteine wegzuschieben. Yuki (WEITER) (aufgebracht) Hörst du mir überhaupt zu? Wir können da doch nicht einfach einbrechen! (Kratzen endet.) Adrian (schlicht) Was sollen wir sonst tun? Denkst du, die Menschen würden drei Katzen einfach so am Empfang vorbei spazieren lassen? Und wer von uns dreien ist hier eigentlich die Diebin? Yuki (unsicher, leicht empört) Also... Sound: Kratzen beginnt erneut. Adrian (auf den Stein konzentriert) Außerdem ist es mitten in der Nacht, da sind alle Türen zur Stadtbibliothek fest verschlossen. Yuki (mit sich selbst ringend) Ja, das leuchtet mir ein, aber... (Kratzen endet erneut.) Adrian (leicht pikiert) Hier geht es nicht weiter. Sehen wir auf der anderen Seite nach. Sound: Schritte von Tatzen im Schnee, als Adrian sich entfernt. Mauser (angetan) Der Rote wird schon einen Weg finden. Wenn nicht er, dann keiner. Adrian (ruft) Kommt hier her, hier ist ein Lüftungsschacht! Mauser (kichert) Wie Mauser gesagt hat. Sound: Schritte. Sound: Klappern, als Adrian mühsam den Deckel vom Lüftungsschacht schiebt. Adrian (keucht). Yuki (in Gedanken) Und der goldene Schlüssel... Das ist also wirklich der Schlüssel zur Bibliothek des Wissens? Also dem Ort, an dem alle Wahrheiten aufbewahrt werden? Adrian (angestrengt) Wenn ich es sage. Felicianus hatte mit dem goldenen Schlüssel Zugang zu ihr. Daher ist er auch der mächtigste Magier dieses Landes – er allein kann bestimmen, was sich als bewiesene Tatsache verbreitet und was nur als vages Gerücht kursiert. Zumindest WAR er der mächtigste Magier - bis du ihm den Schlüssel gestohlen hast. Yuki (Nachdenklich) Hmm... Sound: Klappern, als der Deckel bei Seite rutscht. Adrian (erleichtertes aufkeuchen) Geschafft. Der Weg ist frei. Bitte, Ladys First. Yuki (nachdenklich) Aber wieso wollte mein Bruder bloß, dass ich ihn stehle? Er hat mir gesagt, dass er eigentlich ein Familienschatz ist und zu dem alten Kästchen auf dem Dachboden gehört; ein Erbstück meiner Mutter. Adrian (abfällig) Und das hast du ihm geglaubt? Yuki (aufbrausend) Natürlich, er ist mein Bruder! Adrian (ernst) Er hat dich den Schlüssel stehlen lassen, weil er damit gerechnet hat, dass du erwischt wirst. Er wollte sich deiner entledigen, Yuki. Begreif' es doch! Yuki (aufbrausend) Aber wieso?! Mauser (unterbrechend) Mauser geht schon mal vor, Mauser hat keine Lust mehr, in der Kälte zu stehen. Sound: Geräusch, als Mauser durch den Schacht klettert. Yuki (irritiert) Was? Warte! Adrian (zynisch) Nach dir, Prinzessin. Yuki (murmelt) Mach ja schon... Sound: Geräusch von Klettern in den Schacht und Läuten eines Glöckchens. Kapitel 4: In der Bibliothek ----------------------------  (Kulisse: In der Bibliothek, bei Nacht.) Sound: Geräusch, als Yuki, Adrian und Mauser aus dem Schacht klettern. Adrian Da sind wir. Yuki (beeindruckt) Unglaublich – alle Wände voller Bücher... Das müssen Hunderte sein, nein, Tausende! Yuki (WEITER) Hier studiert also die Elite. Ich durfte nie in die Stadtbibliothek, dafür ist meine Ausbildung nicht gut genug. Mauser (kichert) Mauser fragt sich, wie der Rote finden will, was er sucht. Mauser sieht nur überall diese komischen Zeichen. Adrian (bestimmt) Yuki kann lesen, sie muss uns sagen, was die Zeichen bedeuten. Yuki (überfordert) Aber da sind unendlich viele Bücher! Wo sollen wir anfangen zu suchen? Und – wonach suchen wir überhaupt? Sound: Lautes Krachen, als ein Buch vom Regal fällt. Yuki (WEITER) (erschrockener Aufschrei.) Yuki Das Buch! Es ist einfach runtergefallen! Adrian (herrisch) Wer ist da? Sound: Geräusch, als eine Katze aus einem oberen Regal dem Buch nachspringt. Funkel Nja, Njaaa... Kann das denn der Rote sein? Adrian (freudig überrascht) Funkel! Funkel Und Besuch hat er mitgebracht. Wie geht es dir, mein Lieber? Du hast mich lange nicht besucht. Adrian (erfreut) Es gab viel zu tun. Adrian (WEITER) (ernst) Die Lyra haben ihr Jagdgebiet ausgeweitet, es ist nicht mehr so einfach, sich vor ihnen zu verstecken, wie es einmal war. Funkel Njaaa, verstehe. Und wer ist deine Begleitung? Adrian (vorstellend) Das sind Mauser und Yuki. - Yuki (neckisch) Eine Katze mit Brille auf der Nase, das ist mir auch noch nie untergekommen. Und „Funkel“ sicher wegen der smaragdgrünen Augen, stimmts oder hab ich Recht? Funkel (räuspert sich) Bedauerlicherweise sehe ich nicht mehr so gut wie damals, als ich noch ein Kätzchen war, Yuki mit dem goldenen Auge. Njaaa, die Brille brauche ich zum Lesen, mein Mensch nimmt sie ab, wenn er zu Bett geht. Mauser (kichert) Funkel ist schon die zweite Lesekatze, der Mauser begegnet. Funkel (erhaben) Oh ja! Lesen öffnet Tore zu fremden Welten, kleine graue Dame. Njaaa, gerade war ich dabei, in diesem Buch hier zu stöbern – eine sehr junge Aufzeichnung der Geschehnisse in der Kristallhöhle vor zehn Jahren. Yuki (neugierig) Geschehnisse in der Kristallhöhle? Adrian (erklärend, bitter) Das war der Beginn der Jagd auf uns Katzen. Die Lyra, ein damals schon sehr abergläubischer aber friedliebender Clan, begingen gerade ihre alljährliche Zusammenkunft in der sogenannten Kristallhöhle, einer Grotte aus purem Eis irgendwo hoch oben in den Bergen. Dort sprach ein kleines Mädchen die Prophezeiung aus, die unser Verderben bedeuten sollte. Yuki (erschrocken) Was war das für eine Prophezeiung? Adrian (ernst) Sie besagte, dass wir Katzen die wahren Absichten der Menschen in ihren Augen lesen können und diese Fähigkeit zum Ende der Herrschaft der Magier führen würde. Und davor fürchten sich die Lyra, weil sie ein von den Magiern hoch angesehener Clan sind. Yuki (fern) Damit hat also alles angefangen... Adrian (ernst) Die jüngste Generation der Lyra versucht, die Beziehung des Clans zu den Magiern noch zu stärken, um an ihrer Seite über Letalia herrschen zu können. Um ihre Macht zu erweitern, ist ihnen jedes noch so hinterhältige Mittel Recht. Und darum fürchten sie uns umso mehr; wir können ihre Intrigen enttarnen. Mauser (angetan) Aber der Rote beschützt Mauser vor den Lyra, er spürt ihre bösen Absichten noch bevor sie nahe sind. Er bringt alle Katzen in Sicherheit; er ist für uns, was für die Menschen die Magier sind. Yuki (erschrocken) Der Rote ist der Herrscher der Katzen?! Funkel Njaa, ich kann euch das Buch nur wärmstens empfehlen, meine Freunde. Aber nun sagt: Was führt euch hier her? Adrian (Yuki übergehend) Wir sind auf der Suche nach einem Hinweis, wie wir ein magisches Artefakt finden können. Es verschwand, als Yuki hier durch die Hand der Magier zu einer von uns wurde. Funkel (irritiert) Zu einer von uns? Nun, also von einem speziellen Phänomen, das magische Artefakte verschwinden lässt, habe ich nie gehört. Vielleicht liegt es irgendwo draußen im Schnee. Njaa. Yuki (pikiert) Genau das hab' ich auch gesagt... Adrian (überzeugt) Nein, das glaube ich nicht. Ich habe ein seltsames Gefühl, wenn ich an das Artefakt denke. Fast, als wäre es zum Greifen nahe Funkel (zögerlich) Hmm, wenn das so ist, stattet doch dem Sternenkater einen Besuch hab, meine Freunde. Wenn sich jemand mit magischen Phänomenen auskennt, dann er. Adrian (freudig) Eine sehr gute Idee, Funkel! Mauser (kichert) Schlau ist sie, die Lesekatz. Adrian Ich danke dir. Funkel Njaa, nicht dafür, mein Lieber, nicht dafür. Kapitel 5: Mitternachtsromantik ------------------------------- (Kulisse: Draußen im Schnee bei Nacht. Das Lager) Erzähler Der Morgen graute bereits, als Yuki, Adrian und Mauser den Ort erreichten, an dem sie sich ihren wohl verdienten Schlaf genehmigen wollten. Es handelte sich um einen alten, hohlen Baum ganz am Rande der Stadt – an der Baumgrenze zwischen dem, mit kleinen Häuschen übersäten, Grund der Clans und dem Schloss Felicianus'. Yuki (eher zu sich selbst) Ob uns der Sternenkater wirklich weiterhelfen kann? (Längere Stille) Sound: Atmosphäre der Nacht ist zu hören. Yuki (WEITER) (leicht unzufrieden) Schlaft ihr eigentlich immer hier draußen in der Kälte? Adrian (schlicht) Es ist windgeschützt und überdacht. Yuki (seufzt) Das heißt dann wohl „ja“. Hast du denn gar keine Familie, Roter? Du trägst doch ein Glöckchen um den Hals! Adrian (ernst) Doch. Meine Menschen sind es gewohnt, dass sie mich tagelang nicht zu Gesicht bekommen. Aber Mauser hat keine Familie und ich kann sie nicht mit in mein Haus nehmen. Sie wurde als Streuner geboren – musste einiges durchstehen. Yuki (gerührt) Obwohl du am warmen Ofen liegen könntest, übernachtest du also hier draußen im Schnee, damit Mauser nicht allein ist? Das ist wahnsinnig großzügig von dir. So hätte ich dich nie eingeschätzt. Adrian (bitter) Ja, das habe ich bemerkt. Yuki (reuevoll) Das... das vorhin war nicht persönlich gemeint. Ich wollte dich nicht anschreien! Ich... war nur etwas... Adrian (fern) Verstört? Ja, das sind wir alle... (Längere Stille) Sound: Geräusche der Nacht. Mauser (Lautes einmaliges Schnarchen). Yuki (erschrocken) Was war das?! Adrian (leicht amüsiert) Mauser. Sie muss eingeschlafen sein. Mauser (schnarcht leise und durchgängig weiter). Yuki (kichert) Eine schnarchende Katze... Hätte nie gedacht, dass es sowas gibt. Yuki (WEITER) (nach kurzer Pause, leiht unangenehm) Ich glaube, Mauser mag dich sehr... Adrian (zustimmend, wertfrei) Das tut sie. Wollen wir noch ein Stück gehen? Wenn Mauser sich auf die andere Seite dreht, hört sie auf zu schnarchen, aber das könnte ein Weilchen dauern. Yuki (kichert) Verstehe! Also geh'n wir. Sound: Schritte von Pfoten im Schnee.  (Schnarchen entfernt sich, ist bald nicht mehr zu hören.) Yuki (WEITER) (vorsichtig) Du hast gesagt, dass du eine Familie hast... Und als wir uns begegnet sind, meintest du zu mir, dass Katzen zwei Namen haben: Einen, mit dem sie andere Katzen rufen und einen, den ihnen ihre Menschen gegeben haben... Adrian (gescheit) Du willst wissen, wie mich meine Menschen nennen? Yuki (unbequem) Naja, du sagst ja auch „Yuki“ zu mir und nicht mehr „Prinzessin“. Und schließlich bin ich in Wirklichkeit ein Mensch, also... Adrian (schlicht) Adrian. Sie nennen mich Adrian. Yuki (bedächtig) Adrian... Ein wunderschöner Name... (Kurze Stille.) Adrian (sanft) Wir finden den goldenen Schlüssel. Adrian (WEITER) (kaum merklich bitter) Bald wirst du wieder ein Mensch sein. Yuki (unbequem) Ja... Adrian (schlicht) Aber erst MORGEN Nacht. Hörst du? ADRIAN (WEITER) (kurze Pause) Mauser hat aufgehört zu schnarchen. Yuki (schmunzelt) Ja, tatsächlich. Adrian (sanft) Dann roll dich dort hinten ein, in diese Ecke verirrt sich nie eine Flocke. Yuki (unsicher) Ja... Danke... Yuki (WEITER) (fest, jäh) Adrian? Adrian (gedämpft) Nicht so laut, du weckst Mauser noch auf. Was gibt es? Yuki (holt tief Luft) Als du mir erzählt hast, dass der goldene Schlüssel zur Bibliothek des Wissens führt... Da klang es so, als wenn du dir wünschst, einmal dort sein zu können. Oder hab' ich mich geirrt? Adrian (schmunzelt) Ich glaube, ich habe deine Fähigkeiten unterschätzt. Ja, ich würde tatsächlich gern einmal durch diese Tür treten und die Wahrheit über so vieles erfahren. Yuki (neugierig) Worüber zum Beispiel? Adrian (nachdenklich) Wieso der Winter nicht mehr endet. Ich glaube den Gerüchten, dass es einst eine Zeit gab, in der es anders war. Unser Land hat nicht immer in Eis und Schnee gelebt. Yuki (zweifelnd) Aber selbst wenn wir den goldenen Schlüssel wiederfinden und du es schaffen würdest, in die Bibliothek des Wissens zu kommen... Du könntest die Bücher dort doch gar nicht lesen. Adrian (leicht betroffen) Das ist wahr. Yuki (fröhlich) Aber weißt du was? - Ich würde dir dann vorlesen. Alles, was du willst. Adrian (schmunzelt gerührt, dann sanft) Gute Nacht, Yuki. Yuki (beseelt) Gute Nacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)