Ein Hauch von Schicksal von Lilly_Mae ================================================================================ Past I – „Es tut mir Leid, meine Kleine. Aber es ist zu spät.“ -------------------------------------------------------------- ...-~~oOo~~-... Past I – „Es tut mir Leid, meine Kleine. Aber es ist zu spät.“ Anno 1516 Seit zwei Jahren forschte Ally nun an der 'Bernstein – Krankheit'. Sie war nun neun Jahre alt und besser denn je in ihrer Forschung. Viele Medikamente und Gegenmittel gingen auf ihre Kosten. Die junge Wissenschaftlerin war eine Koryphäe unter den Ärzten. Aber alle ihre Ergebnisse wurden unter anderen Namen veröffentlicht und andere bekamen den Ruhm. Doch interessierte es das blauhaarige Mädchen nicht. Konnte sie damit doch nichts anfangen. Noch immer lernte sie den Umgang mit den Alltag. Vieles hatte sie schon begriffen, doch die Umgangssprache war noch ein heikles Thema. Sie verstand die meisten Phrasen nicht oder falsch. TonTon lachte dann immer wieder, erklärte ihr dann aber die Bedeutung. So gut wie jeden Abend der letzten Jahre saß Ally an seinem Bett und lauschte den Geschichten und Erzählungen des alten Mannes. Aus seiner Erfahrung und erzählerischen Talent lernte die Blauhaarige viel von der Außenwelt und wollte diese dann auch mit eigenen Augen sehen. Faszinierend hörte sie immer zu und stellte danach Fragen, wenn sie etwas nicht verstand. Immer erklärte er es ihr oder Sari sprang ein. Die Blonde hatte ein sehr enges Verhältnis zu dem Mädchen aufgebaut. Sie brachte ihr das Lachen bei und auch den Umgang mit anderen Menschen. Wie sie ihre Gefühle zum Ausdruck brachte und noch ein paar andere Dinge. Heute stand sie allein in ihrem Labor und arbeitete weiter an ein Gegengift für die Bernstein – Krankheit. Vor ungefähr anderthalb Jahren hatte die Blauhaarige herausgefunden, dass es sich bei der Krankheit um eine Vergiftung handelt – und nicht um eine Seuche, wie die Regierung es deklariert hatte. Also versuchte sie ein Gegenmittel her zu stellen, um TonTon zu retten. Bisher war jeder Versuch ein Misserfolg. Das frustrierte das Mädchen sehr. Da sie heute zu keinem Ergebnis mehr kam, räumte sie ihren Arbeitsplatz auf und verließ das Labor. Ihre Schritte führte sie wie jeden Abend zu dem alten Patienten. Sie trat in das Krankenzimmer und wurde mit einem schwachen Lächeln begrüßt. Seit ein paar Monaten lag der Weißhaarige eher schwach im Bett. Schmerzen quälten seinen Körper und die weißen Flecken wurden immer größer. Wehmütig ging Ally auf das Fenster zu und schloss den Vorhang. Dann ging sie zu ihm und setzte sich auf dem Stuhl, der neben den Bett stand. „Ally – chan, was führt dich zu mir?“, kam die schwache Stimme von TonTon. Traurig sah sie ihn an. Dann senkte sie ihren Blick auf ihre Hände, die unruhig an ihren Shirt zupfte. Schwer fällig setzte sich der Weißhaarige auf. Seine Hand legte sich auf ihren Haarschopf und fuhr liebevoll durch die dichte Fülle. „Was ist los?“, fragte er sie und lächelte auf sie herab. Bedrückt sah Ally auf ihren Patienten. Tränenvolle Augen sahen in seine weisen. Dann entkam dem kleinen Mädchen ein Schluchzer. „Ich schaffe es einfach nicht.“, brachte sie unter Schluchzern heraus. Tränen rannten ihr die Wangen herunter. Verzweifelt sah sie auf TonTon, der sie milde lächelnd ansah. Dieser legte ihr eine Hand an die Wange und wischte ihr die Tränen von der Wange, aber sofort kamen neue. „Kleines“, meinte er nur, nahm ihre Hände in seine und zog sie zu sich heran. Ally legte sofort ihre Arme um seinen Hals und weinte weiterhin. Schluchzer schüttelten ihren jungen Körper. Sanft strich ihr der Weißhaarige über den Rücken und versuchte sie zu beruhigen. Nach einer etwas längeren Zeit geschah dies aus. Ein Schluckauf hatte nun die Neunjährige. „Besser?“, fragte TonTon die kleine Blauhaarige, die ihn immer noch umarmte. Die Angesprochene hob den Kopf und sah zu dem älteren Mann auf. Einzelne Tränen lagen noch auf ihren Wangen und wurden durch TonTon weg gewischt. Noch immer lag Verzweiflung in ihren Augen, aber auch Erschöpfung vom vielen Weinen. Mit einem leisen Seufzer lehnte sich Ally wieder an TonTons Schulter und kuschelte sich in seine Umarmung. Kurz darauf war die Kleine eingeschlafen. Der Weißhaarige sah auf das kleine Mädchen in seinen Armen. Er hatte sie in den letzten zwei Jahren lieb gewonnen und so etwas wie eine Enkelin in ihr gesehen. Er wollte ihr Lächeln sehen und ihr Lachen hören. Waren es doch diese einfachen Dinge, die ihn aufheiterten. Schlimme Nachrichten wurden ihn hierher getragen, und er konnte nichts für seine Leute und seiner Heimat tun. War er doch hier eingesperrt, damit man ihn als Versuchskaninchen missbrauchen konnte. Seufzend strich er Ally über die Haare und lehnte sich mit ihr zurück. Kurz regte sie sich, schlief aber ruhig weiter. Die Tür zu seinem Zimmer ging ein weiteres Mal auf und Sari trat auf ihn zu. Lächelnd sah sie auf das ungleiche Paar und setzte sich zu TonTon ans Bett. „Wieder ein Geschichte?“, fragte sie leise, doch schüttelte der Weißhaarige den Kopf. Fragend sah sie ihn an. „Sie macht sich zu viele Gedanken“, meinte er nur. Dann sah er auf die Blondine vor sich: „Ich werde in nicht allzu langer Zeit sterben. Das wusste ich, seit ich diese Flecken am Körper bemerkt habe. Auch Ally – wie gut sie auch immer ist – kann mir nicht mehr helfen.“, und strich dem Kind über den Kopf. „Ich bitte dich sie hier heraus zu holen. Ich kann dir ein paar Kontakte geben, mit denen du dich und sie hier heraus bekommen kannst.“, und sah Sari ernst an. Diese hatte still zu gehört. Nickte dann. Schloss dann die Augen. „Das brauchst du nicht. Ich habe selber Kontakte. Es ist auch alles soweit schon vorbereitet. Aber wir sind noch nicht soweit. Sie ist noch nicht soweit.“, und die Blondine blickte auf das kleine Mädchen. „Ich werde sie hier herausholen, das kann ich dir versprechen.“ Die Ernsthaftigkeit in ihren Augen zeigte TonTon ihre Absichten und war zufrieden. „Gut“, meinte er nur und strich Ally ein letztes Mal über den Kopf. „Nimm sie mit“, forderte der Ältere und gab die Blauhaarige frei. Sari nahm das kleine Mädchen auf den Arm und sofort schmiegte sich die Kleine an sie. Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Dann sah die Blondine auf den Kranken. Mit einem Nicken verabschiedete sie sich von ihm und verließ sein Zimmer. Mit der Neunjährigen auf dem Arm lief sie durch die Gänge. Saris Gedanken wirbelten umher. Er hatte Recht. Helfen konnte ihm keiner mehr. Ein lautloses Seufzen entkam der Blonden. An einer Tür blieb sie stehen und öffnete sie. Schwaches Licht erhellte noch den Raum. Ein leises Geräusch ließ sie nach links schauen und ein verschmitztes Lächeln bildete sich auf ihre Lippen. Gebräunte nackte Haut war überzogen mit einem leichten Schweißfilm. Angespannte Muskeln vollführten komplexe Bewegungsabläufe. Geschlossene Augen zeigten die Konzentration für solches Training. Die Blondine betrat nun den Raum und legte das Mädchen auf das große Doppelbett ab. Dunkle Augen beobachteten jede ihre Bewegungen. Dann drehte sich die blonde Frau um und wurden von den Dunklen gefangen. Leise Schritte waren zu vernehmen und eine schwielige Hand legte sich an ihre Wangen. „Warum?“, wurde sie leise gefragt. „Ich konnte sie nicht in ihr Zimmer bringen“, gab sie als Antwort und lehnte ihre Stirn an seine Brust. Sanft legten sich starke Arme um sie und zogen sie näher an den männlichen Körper. „Du hast sie lieb gewonnen“, gab er von sich. Es war eine ausgesprochene Tatsache und keine Frage gewesen. „Wir müssen langsam tätig werden“, flüsterte Sari und sah zu ihren Liebsten auf. Nickend gab er ihr Recht. Sie waren schon viel zu lang hier. Zwar hatten sie Informationen weiter geben können, doch langsam mussten sie produktiver werden. „Dann fangen wir also an?“, fragte er nach und es wurde ihm nickend geantwortet. „Gut“, meinte er und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn. Dann wandte er sich ab und zog sich in das angrenzende Bad zurück, um zu duschen. Sari sah ihm nach. Seufzend drehte sie sich um und sah zu dem Mädchen im Bett. Die nächste Zeit wurde für sie alle schwierig werden. Die Blondine ging auf ihre Kommode zu und holte für sich und Ally Schlafklamotten. Schnell war sie umgezogen und zog auch Ally eins ihrer Shirts an. Danach legte sie sich zu der Blauhaarige – diese schmiegte sich an sie – und deckten sich zu. Nach einer Weile kam ihr Liebster aus dem Badezimmer – nur mit einer Pyjamahose – und legte sich zu ihr. Ally in der Mitte. „Das sollte hier aber nicht zur Gewohnheit werden“, sagte er zu ihr, drehte sich auf die Seite und stützte den Kopf auf die Hand. „Keine Sorge“, beschwichtigte sie ihn und lächelte liebevoll zu ihm. Eine Hand legte sich an ihre Wange und strich ihr die Haare von dieser. Ein liebevolles Lächeln legte sich auf seinen Lippen. „Schlaf jetzt. Wir brauchen es dringend“, meinte er lächelnd. Die Blonde gab nur ein Gähnen von sich und bestätigte damit die Aussage. Die nächsten Tage verbrachte Ally in ihrem Labor. Sie wollte – sie musste – endlich ein Gegenmittel finden. Ihr lief die Zeit davon. Verbissen machte sie sich an die Arbeit. Schlaf und Essen blieb weitest gehend außen vor, waren es doch Nebensächlichkeiten. Nicht einmal Sari konnte sie aus diesem Modus herausholen. Frustriert schmiss das blauhaarige Mädchen ihre Unterlagen von ihrem Schreibtisch und versenkte die Hände in ihren wirren Haaren. Ihr Zopf hatte sich schon vor längerer Zeit aufgelöst. Es fehlte nur noch ein bisschen. Ein winziges Detail, das sie nicht mit einberechnet hatte. Ein winziges Detail. Mit einem Seufzer erhob sie sich und sammelte die verstreuten Zettel wieder auf. Ein kurzer Schmerz und Ally sah auf ihre leicht blutende Fingerspitze. Sie hatte sich an einem der Blätter geschnitten. Seufzend wollte sie sich den Finger kurz in den Mund stecken – aus einem natürlichen Reflex -, hielt aber mitten in der Bewegungen inne. Mit gerunzelter Stirn sah sie auf den Blutstropfen, der sich langsam an ihre Finger herunter lief. Dann kam ihr die Idee. Die aufgesammelten Blätter fielen wieder auf den Boden und Ally lief zu ihrem Arbeitsbereich. Schnell hatte sie alle Materialien zusammen und machte sich an die Arbeit. Die sich öffnende Tür nahm sie nicht war. Sari betrat das kleine Labor und sah die zurück gelassenen Blätter auf den Boden. Ihr Schützling stand an ihrer Arbeitsfläche und war in ihrer eigenen Welt vertieft. Seufzend hockte sich die blonde Frau hin und sammelte die Unterlagen auf. Diese legte sie auf den Schreibtisch und sah traurig auf das blauhaarige Mädchen. Sie war mit einer traurigen Nachricht zu ihr gekommen. Sie aber jetzt ansprechen, würde nichts bringen, da Ally zu sehr versunken war. Also setzte sich die Blondine und wartete. Wie lang, das konnte sie nicht sagen. Ihre Gedanken schweiften ab. Heute Morgen wurde sie plötzlich gerufen und zum Dekan zitiert. Mit verwirrten Gedanken – und auch leicht panischen – ging sie zu ihm. Doch ihre eine Sorge – dass sie auf geflogen waren – wurde zerstreut, aber durch eine andere schlimme Nachricht ersetzt. Ihr Patient, TonTon oder auch FL0357, war in der Nacht verstorben. Bedrückt hatte sie dem Dekan zu gehört und konnte sich die Reaktion ihres Schützlings kaum vorstellen. Schließlich hatte sie noch nie mit solchen Gefühlen ihre Erfahrung gemacht. Sie hoffte nur, dass die Blauhaarige nicht mehr in ihr altes Muster fiel oder sogar noch schlimmeres. Ein fragendes 'Nee – chan' holte Sari aus ihren Gedanken. Die Ältere blinzelte kurz und sah dann auf das freudestrahlende Gesicht von Ally. Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Doch war es ein trauriges. Als Ally die Aufmerksamkeit der Älteren hatte, schlang sie ihre Arme um ihren Hals und hüpfte auf und ab. „Ich habe es geschafft, Nee – chan“, schrie sie fast und lachte: „Ich habe ein Gegenmittel gefunden. Damit können wir TonTon retten.“ Ally, freudig wie noch nie, wurde nach dieser Aussage fest umarmt. Ein leises Schluchzen drang an ihr Ohr und sie wurde noch fester an den Körper der jungen Frau gedrückt. „Nee – chan?“, fragte sie, da sie die Reaktion nicht verstand. Nicht verstehen wollte. Leicht krampfte sich ihr Herz zusammen. „Nee – chan, was ist denn? Ich hab es doch geschafft. Warum weinst du?“, wollte sie leicht panisch wissen. Innerlich verspürte sie eine leichte Ahnung. Wollte sie aber nicht wahr haben. Konnte sie nicht wahr haben. Sollte nicht wahr sein. „Nee - chan?“, fragte sie mit erstickter Stimme. Kleine Tränen liefen schon ihren Wangen entlang. „Sag doch was, Nee – chan“, schluchzte sie und verbarg ihr Gesicht in die Bluse der Blondine: „Bitte.“ Sari schloss die Arme nur noch fester um sie und drückte sie an ihr Herz. Sie wollte ihr nicht die schlimme Nachricht über bringen, nicht nach ihrem Erfolg. Aber es war leider, leider zu spät. Kurz löste sie sich von der Neunjährigen und umfasste ihr Gesicht. Sah ihr fest und sanft zugleich in die Augen. Allys Augen weiteten sich und immer mehr Tränen entkamen ihr. Konnte die nächsten Sätze kaum verarbeiten. Ein herzzerreißendes Schluchzen stieß sie aus. „Es tut mir Leid, meine Kleine. Aber es ist zu spät.“ ...-~~oOo~~-... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)