Schicksalswege von Saph_ira ================================================================================ Kapitel 27: Sorge ----------------- Nachdem seine geliebte Oscar fort war, stieg auch André aus seinem Bett und zog sich an. Immer wieder schweiften seine Gedanken an die erfüllte Liebe zwischen ihr und ihm. Das war ein schöner und unvergleichlicher Erlebnis. Er hatte das Eis in ihr zum Schmelzen gebracht und ein loderndes Feuer entfacht, das weder gekünstelt noch verstellt war. In ebendiesem Feuer der Leidenschaft, hatten sie ihren Gefühlen freien Lauf gelassen und sich ihrer Liebe hingegeben. In seinen Ohren hallte ihr begehrliches Stöhnen und der Hunger nach mehr. Sie konnten sich noch formen und mehr von sich geben, wenn sich ihre Liebe im weiteren Verlauf noch mehr entfalten würde. André schmunzelte breit, zog sein letztes Kleidungsstück an und ordnete noch die Manschetten an seiner Ausgehjacke. Bevor er seine Wohnung verließ, wollte er noch sein Bett richten. Er nahm die Decke und schüttelte sie kräftig, dabei fiel sein Blick beiläufig auf das Laken und er erstarrte. Ein kleiner, etwas verschmierte Blutfleck, war darauf zu sehen. Woher der stammte, darüber musste er nicht einmal nachdenken. In seinem Leben hatte er schon genug von Entjungferungen gehört und dass es meistens Blut von der Frau gab, wenn eine gewisse Sperre durchbrochen war. In den früheren Jahrhunderten und auch noch in diesem gab es sogenannte Hochzeitsbettzeremonien, in denen man das frischvermählte Paar vor allen Augen entkleidete, unter den Segnungen der Kirchmänner ins Bett geleitete und am nächsten Morgen die blutbefleckte Laken an einer Wand in großer Speisehalle aufhing, um die Jungfräulichkeit der Frau zu bestätigen. Meistens geschah das in Adelskreisen, aber auch unter dem Volk gab es jene Gebräuche. Auch in ihrer Zeit hielt man an derlei Gebräuchen fest, wenn auch eher um den Wunsch des Mannes oder der Eltern des jungen Paares zu entsprechen. André war froh, dass sie nicht mehr im Mittelalter lebten und er seiner Geliebten das ersparen konnte. „Oscar...“, sein schlechtes Gewissen keimte in ihm auf. Er wollte ihr doch nicht weh tun und fragte sich insgeheim, ob er das nicht doch unbeabsichtigt getan hatte. Soweit er sich erinnerte, hatte Oscar kein verräterisches Schmerzenslaut von sich gegeben. Sie war leidenschaftlich und feurig. Also hatte sie vielleicht keine Schmerzen gespürt. Oder doch und wollte es nur nicht zugeben? Ihr unergründliches Wesen war ihm ein Rätsel. André atmete tief ein und aus. Was soll´s. Ihr hatte es gefallen, das war nicht zu Übersehen und das beruhigte sein plagendes Gewissen etwas. André zog die Laken ab, faltete sie zusammen und brachte sie zu Madame de Soisson zum Waschen. Das war nichts ungewöhnliches. Sie wusch für ihn die Sachen ebenso, wie für sich und ihre eigenen Kinder. Zusätzlich wollte er ohnehin bei ihr seine Uniform abholen. Und zum Abendbrot bei ihnen war er ebenfalls schon eingeladen, wie meistens - also ging er, sich nichts dabei denkend, hin. Alain öffnete ihm die Tür. „Wir dachten schon, du kommst nicht mehr!“, grinste er und ließ ihn herein. „Mich wirst du nicht so schnell los!“, witzelte André und grüßte die beiden Frauen mit einem freundlichen Nicken. Diane kam ihm entgegen und nahm ihm die Laken ab. „Ich lege das gleich zu uns in die Wäsche und du setze dich schon mal an den Tisch, das Abendbrot ist gleich fertig. Ich bringe dir dann gleich deine Uniform.“ „Danke.“, André tat wie ihm geheißen und schon im nächsten Augenblick saß er Alain gegenüber. „Wie war die Fechtübung?!“, wollte Alain sogleich neugierig von ihm wissen und fügte grinsend hinzu: „Hat die eiskalte Schönheit etwa schon wieder gewonnen oder hast du es ihr diesmal gezeigt?“ Bei diesem Vergleich musste André breit schmunzeln. „Sie ist nicht eiskalt“, entfuhr es ihm. Alain machte sich nichts daraus. Es war nichts Neues, dass André diese Frau in Männerkleidern verteidigte. Zumal sein Freund in sie ohnehin unsterblich verliebt war. „Also, wie war nun die Fechtübung?“ „Sie hat nicht stattgefunden.“ Andrés Augen glänzten dabei eigenartig, geheimnisvoll. „Oscar war heute bei mir zu Besuch.“ Mehr sagte er nicht, als erkläre er damit alles. Madame de Soisson stellte einen Topf mit Kartoffelsuppe und kleinen Fleischstücken darin auf den Tisch. Sie verteilte sie auf die Teller, die auf einem kleinen Stapel daneben standen. Erst für André, dann für ihre Kinder und anschließend für sich selbst. „Diane! Komm, das Essen steht schon auf dem Tisch!“, rief sie dabei laut ihrer Tochter zu und hörte gleich die Antwort: „Ich bin gleich da, Mutter!“ Das junge Mädchen erschien gleich darauf und setzte sich zu ihrem Bruder. „Du bist heute irgendwie anders, so glücklich“, bemerkte sie zu André. Dieser winkte ab. „Ich bin so wie immer.“ „Wenn du meinst.“ Diane lächelte, was bedeutete, dass sie ihm zwar nicht richtig glaubte, aber nachhaken würde sie auch nicht. Es war nicht ihre Art und sie war nicht so hartnäckig beim Ausfragen wie ihr Bruder. Nach einem kurzen Dankesgebet begannen sie zu essen. „Nun, sag schon, was wollte sie denn von dir?!“, forderte Alain von seinem Freund zwischen zwei Bissen. „Nichts. Wir haben uns nur gut unterhalten.“ André biss in die halbtrockene Brotscheibe und schob sich ein Löffel Suppe in den Mund, um nicht weiter reden zu müssen. Obwohl Alain und seine Familie sehr vertrauenswürdig waren, wollte er die Wahrheit lieber doch noch für sich behalten. Zumindest vorerst. Die Liebe zwischen ihm und Oscar hatte doch erst begonnen! „André?“, Diane unterbrach ihn gleich als nächstes. Ihr fiel etwas ein, was sie doch noch neugierig machte und sie daher unbedingt wissen wollte. Sie musterte ihn ausgiebig, als suche sie etwas. „Hast du dich irgendwo verletzt oder so? Da war ein Blutfleck auf deinen Laken.“ André suchte schnell nach einer passenden Antwort. „Ein Blutfleck? Nein... das kann nicht sein... Ich weiß von nichts.“ Madame de Soisson sah ihn skeptisch von der Seite an, Diane verstand sein leicht verlegenes Stottern nicht und hatte das Gefühl, dass er etwas zu Verbergen versuchte. „Geht es dir gut, André?“ „Mir geht es bestens.“ André verfluchte sich innerlich für seine Aufregung, die ihn nicht nur mit kleinen Schweißperlen auf der Stirn verriet, sondern ihn auch als einen Lügner vor den Menschen darstellte, die für ihn wie eine Familie waren. Alain starrte ihn die ganze Zeit entgeistert an, während sein Löffel ihm immer mehr aus der Hand und mit einem lauten Scheppern in den Teller zurück fiel. „Sag nicht, dass es das ist, was ich jetzt gerade denke...“, formten seine Lippen im halblauten Ton. „Und was denkst du?“, fragte Diane neugierig, aber ihr Bruder hatte nur André im Visier. Dieser schaute abwechselnd zwischen beiden Frauen und dann zu seinem Freund. In seinen Blicken herrschte Verwirrung, als fühle er sich ertappt und versuchte sich nun herauszureden oder sich erfolglos zu verstellen. Alain klappte den Mund wieder zu und zog eine Braue in die Höhe. „Also doch! Du hast sie...“ „Und wenn?!“, konterte André direkt und entrüstet. Er konnte nicht mehr all diesen bohrenden, vorahnenden und erwartenden Blicken standhalten. Es kam jetzt nicht mehr darauf an, dass sein Geheimnis kein Geheimnis mehr war. „Wir lieben uns! Sie hat mir ihre Liebe gestanden und dann ist es passiert! Oder denkst du von mir, dass ich über sie hergefallen bin?!“ „Nein, mein Freund, du nicht.“ Alain schüttelte fassungslos den Kopf. Er hatte sofort das Bild vom letzten Winter im Geiste. „Du bist zu so etwas nicht fähig. Ich frage mich nur, ob du dir gerade nicht selbst ein Grab schaufelst... Immerhin ist sie adlig und hoch angesehen, im Gegensatz zu dir...“ „Na und?!“ André verstand schon, was Alain damit meinte, aber er würde seine Liebe deswegen nicht aufgeben. Er würde für sie mit allen Mitteln kämpfen, auch wenn es sein Leben fordern würde. „Wir werden auf uns schon gegenseitig aufpassen!“ „Dann solltet ihr als erstes aufpassen, dass sie nicht guter Hoffnung wird und dir in neun Monaten ein Kind schenkt, André“, mischte sich Madame de Soisson mit Bedacht ein. Ein Kind? Ihre Worte trafen André mehr als die von Alain. Nun war er entgeistert. Ruckartig richtete er sein Augenmerk auf Madame de Soisson und brachte kein Wort mehr heraus. Daran hatte er nicht gedacht. Wie den auch?! Die Leidenschaft war einfach zu verführerisch und reizvoll, um über so etwas gleich beim ersten Mal nachzudenken. Er schluckte. Wenn Madame de Soissone recht haben und Oscar außerhalb der Ehe schwanger sein würde, dann würde man ihr etwas Schlimmes antun. Die Adligen waren da doch alle gleich und pochten auf die Familienehre mehr als auf die Gefühle ihrer Kinder. Besonders Töchter züchteten und hüteten sie streng, damit sie brav und gehorsam waren. Oscar wurde zwar wie ein Mann erzogen und konnte sich behaupten, aber sie war eine Frau und André bekam auf einmal Angst um sie. Madame de Soisson musste ebendiese Angst von seinem Gesicht abgelesen haben und schenkte ihm daher ein sanftes Lächeln. „Das muss aber nicht heißen, dass sie gleich beim ersten Mal schwanger wird, André“, versuchte sie ihn zu beruhigen: „Wenn ihr Bauch spätestens ab den vierten oder fünften Monat nicht gewachsen ist, dann ist es nichts passiert. Und zuvor muss ihr Monatsfluss ausfallen, aber das besprichst du lieber mit ihr selbst.“ André nickte kaum merklich und fühlte sich etwas leichter. Er würde beim nächsten Treffen mit Oscar darüber reden, das nahm er sich fest vor. Aber zuerst brauchte er etwas zu Trinken, um das Gehörte besser zu verdauen. „Hast du Lust auf ein kühles Bier?“, fragte er Alain und schielte zu ihm. „Aber klar doch!“ Alain grinste wieder breit und zwinkerte ihm mit einem Auge zu: „Immerhin müssen wir deinen Erfolg abfeiern!“ Und nicht nur das! Auf dem Weg zum Gasthof gab Alain seinem Freund noch gewisse Ratschläge auf Bezug des Beischlafes und wie man es verhindern könnte, dass die Geliebte danach kein Kind in sich trug. „...oder man geht eher raus, wenn du weißt was ich meine, und erledigt sein Geschäft außerhalb. Oder sie trinkt regelmäßig einen Petersilienwurzel oder benutzt Essig...“ Alain zählte noch mehr solche Methoden auf, wie die Frauen verhinderten, das sogenannten Saatgut eines Mannes zu empfangen. Nun ja, die Sorte von Frauen, von denen Alain sprach, bedienten ihre Freier in herkömmlichen Gasthäusern, billigen Spelunken oder auch vornehmen Freudenhäusern und mussten natürlich sich damit auskennen. Aber nicht doch eine vornehme, edle Dame aus adligem Hause! André schreckten manche Methoden ab, manche widerten ihn an und bescherten ihm ein flaues Gefühl im Magen, aber er sagte nichts dazu und prägte sich einige davon. Alain war eben erfahrener und gewandter mit Frauen als er. Allerdings woher Alain so viel Wissen hatte, was Frauen benutzen mussten, um kein Kind zu empfangen, blieb ihm ein Rätsel. Haben sie ihm das etwa bei seinem Geschäft ins Ohr geflüstert? André schüttelte sich - er würde Oscar niemals zwingen etwas zu trinken oder zu machen, was sie nicht wollte. Die unangenehme Dinge würde er selbstverständlich auf seine Kappe nehmen und niemals zulassen, dass seiner Geliebten etwas zustoßen würde! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)