Schicksalswege von Saph_ira ================================================================================ Kapitel 8: Frau Kommandant -------------------------- „Ist nicht wahr, oder?!“ Alains Augen wurden immer größer, als André ihm die heutigen Ereignisse schilderte. Schon allein die Tatsache, dass dieses Mannsweib die verschollene Rosalie bei sich aufgenommen und sogar die Mörderin ihrer Mutter gefunden hatte, war unglaubwürdig genug. Aber das Pferd, auf dem André vor kurzem angekommen war, stellte seine Zweifel und seinen Argwohn gegenüber dieser adligen Frau in Frage. „Willst du damit etwa sagen, dass diese eiskalte Frau so etwas wie Gefühl besitzt?“ „Sie hat Gefühle, Alain“, bestätigte André und wunderte sich insgeheim, warum er sich eigentlich schon wieder für Oscar einsetzte. Wie jeden Abend war er zum Abendmahl bei Alain und seiner Familie zu Gast. Nach dem Tod seiner Mutter hatte sich Madame de Soisson freundlich seiner angenommen. Dafür half André der Familie wo er konnte. „Wenn du meinst...“ „Im Übrigen möchte sie auch mit dir fechten.“ „Im Ernst?“ Alain lachte ungläubig auf: „Darauf kann sie lange warten! Ich setze keinen Fuß auf dieses Anwesen ein! Und ich kämpfe grundsätzlich nicht gegen Frauen!“ „Wie du willst...“ - - - Oscar beeilte sich, aber zu ihrem Überdruss kam etwas dazwischen. Es schien, als wollte man sie heute in Versailles festhalten. Natürlich ahnte kein Mensch, dass sie eine Verabredung hatte. Die Königin betraute sie mit nichtigen Aufgaben und Oscar musste sie wohl oder übel erfüllen. „Ihr seid aber heute gereizt“, bemerkte Graf de Grirodel, als sie aus einem der Gewölbe des Schlossen von Versailles auf den Hof heraustrat. Oscar sah ihn nicht einmal an und setzte ihren Weg fort. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, ihn für seinen unfairen Kampf von vor sechs Jahren zur Rechenschaft zu ziehen. Aber sie kam nicht dazu und ließ daher die Sache ruhen. Mittlerweile hatte sie ihn sogar als ihren Untergebenen zu schätzen gelernt. Er unterschied sich von diesen verkommenen Höflingen und stand ihr zur Seite, wenn sie ihn brauchte. „Ihr übernehmt heute die Befehlsgewalt für mich. Ich muss noch etwas für Ihre Majestät erledigen und komme heute nicht mehr zurück.“ Sie sagte nicht, dass sie zu Graf von Fersen musste. Die Königin hatte sie gebeten, ihm auszurichten, dass sie ihn heute an einem anderen Ort zum heimlichen Treffen erwartete als sonst. Das war im Grunde keine schwierige Aufgabe, aber für Oscars Herz schon. Es litt und stach schmerzlich. Girodel begleitete sie zum Stallhof. „Nehmt wenigstens ein oder zwei Soldaten zu Eurer Sicherheit mit.“ Seit dem Attentat auf sie, empfahl er dies oft. „Ich brauche keine Leibgarde!“ Oscars Schimmel wurde ihr schon entgegengebracht, kaum dass sie die Stallungen erreichte. „Ihre Majestät braucht mehr Schutz als ich.“ Galant stieg sie in den Sattel, nahm die Zügel an sich und ließ Versailles im gestreckten Galopp hinter sich. Sie brauchte etwa zwei Stunden, bis sie ihr Ziel erreicht und die Nachricht überbracht hatte. Von Fersen wollte sie zum Bleiben und auf ein Glas Wein überreden und Oscar hätte sein Angebot vielleicht sogar angenommen, aber eine gewisse Verabredung ließ dies nicht zu. „Entschuldigt mich, Graf, aber ich bin in Eile“, sagte sie bedauernd und verabschiedete sich. Auf dem Anwesen kam sie am späten Nachmittag an. Im Stall konnte sie das braune Pferd in keiner der Boxen entdecken, was sie etwas erleichterte und ihr gleichzeitig ein mulmiges Gefühl bescherte. Hatte André etwa ihre Verabredung vergessen oder warum verspätete er sich? Oder wollte er womöglich nicht mehr kommen? Solche Fragen schossen ihr durch den Kopf, während sie in das Haus und dann auf ihr Zimmer ging. Im Laufen zog sie ihre weißen Handschuhe aus und legte dann den Waffengurt ab. Anschließend begab sie sich in ihr Schlafzimmer, um sich dort ihrer Uniform zu entledigen. André ritt etwa eine Stunde später in den Hof des Anwesens ein. Sofort kam ein Stallbursche und nahm das Pferd bei den Zügeln. „Ihr werdet schon von Lady Oscar erwartet“, sagte er und André wunderte sich etwas über die höfliche Anrede zu seiner Person. Das war für ihn ein wenig ungewöhnlich. In der Küche begrüßte er seine Großmutter. Sophie war immer noch wegen gestern verstimmt und brummte den Gruß beinahe trocken unter ihrer Nase. „Ich habe geahnt, dass du kommst. Ein Raufbold wie du, wird sich doch keinen Kampf entgehen lassen. Aber wehe dir, wenn du Lady Oscar verletzt!“ Da André sich in dem großen Haus nicht auskannte, wartete er wohl oder übel bei seiner Großmutter in der Küche. „Seid beruhigt, ich werde sie schon nicht verletzen. Außerdem wollen wir heute gar nicht fechten, sondern das Schießen üben.“ „Trotzdem! Das kommt auf das Gleiche hinaus!“, ermahnte ihn Sophie streng, ohne ihn zu beachten. André sagte daraufhin nichts und seufzte nur leise. Er setzte sich an den Tisch und beobachtete sie stumm bei ihrer Geschäftigkeit. Minuten vergingen wie endlose Stunden. André wusste sich nicht zu helfen und seine Großmutter verlor an ihn auch kein einziges Wort mehr. So, als wäre er gar nicht da. Dann zeigte sich eine junge Frau an der Türschwelle und André sah auf. „Rosalie“, grüßte er sie und erhob sich mit einem Lächeln der Erleichterung von der Sitzbank. Egal was nun folgen würde, Hauptsache er würde hier nicht mehr tatenlos sitzen müssen. „Schön dich zu sehen, André.“ Rosalie lächelte auch erfreut. „Lady Oscar hat mich gebeten, dich in den Hinterhof zu geleiten. Du sollst dort bitte auf sie warten, sie kommt gleich nach.“ Wieder musste André lange Minuten warten. Diesmal allerdings im Hinterhof. Aber das war besser als in der Küche bei seiner Großmutter zu bleiben. Hier konnte er die frische Luft einatmen und sich die Füße vertreten. An dem kleinen Brunnen blieb er stehen und schaute verträumt in der Natur um. „Du bist spät dran“, sagte Oscar tonlos. Sie kam mit einer Waffenkiste auf ihn zu. „Entschuldigt.“ André verbeugte sich leicht zum Gruß und richtete sich wieder auf. Nun leuchtete es ihm gleich nebenbei ein, weshalb sie ihn so lange warten ließ. Womöglich war das ihre Art, es ihm für seine Verspätung heimzuzahlen. Oscar marschierte an ihm vorbei zu einem kleinen Tisch, und stellte dort die Kiste ab. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und André betrachtete ihr Profil flüchtig von den Schultern bis zu den Hüften. Die Hose lagen ihr eng an den Beinen und verdeutlichen noch mehr ihr kleines Hinterteil. André musste schlucken, ihm war heiß und kalt zu gleich. „Willst du dort Wurzeln schlagen oder das Schießen lernen?!“ Oscar sah sich nicht einmal um, trotzdem fühlte sich André irgendwie ertappt. Er bewegte seine Füße. Oscar öffnete derweilen den Deckel der Kiste und als er zu ihr kam, drehte sie sich um. „Hier deine Pistole!“ Ohne hinzusehen nahm sie eine in die Hand und reichte sie ihm. „Diese wird für heute deine sein. Ich zeige dir, wie man sie lädt, zielt und abfeuert.“ André nickte und nahm die Waffe vorsichtig an sich. Irgendwie kam ihm Oscar heute anders vor als gestern. Sie war gereizt. Zwar verbarg sie das gekonnt, aber eine gewisse Schärfe in ihren Augen und der schneidende Unterton in ihrer Stimme, verrieten sie. „Gut.“ Oscar nahm daraufhin die andere Pistole aus der Kiste und führte ihm ein paar Griffe vor, bevor sie zum Aufladen überging. Sie richtete die Pistole auf eine bereits aufgestellte Zielscheibe und begann zu erklären: „Die Pistole sollte gut in der Hand liegen. Alles andere ist reine Übungssache. Die Atmung ist wichtig, sonst verfehlt man das Objekt, auch wenn man vorher gut zielt. Bleibe also immer ruhig, egal wie hektisch die Situation auch sein mag.“ Oscar feuerte instinktiv und traf ins Schwarze. „Du bist dran!“ André streckte seinen Arm mit der Pistole aus, kniff ein Auge zusammen und zielte angestrengt auf die durchlöcherte Zielscheibe. „Eins, zwei...“ „Halt!“ Oscar packte ihn rüde am Arm und verhinderte, dass er abdrückte. „So geht das nicht! Du stehst falsch!“ „Wie?“ André ließ seinen Arm sinken und Oscar entfernte sich von ihm, als hätte sie sich verbrannt. Bestimmt weil sie ihn berührt hatte, was für sie selbst überraschend war. So ähnlich wie gestern, als sie ihm das Reiten gelehrt und ihn kurz gestützt hatte. Sie schüttelte den Kopf, um mehr auf die Schießübung zu konzentrieren und zielte. „Du musst gerade stehen! Sprich: Bauch rein, Brust raus! Sonst wird das nichts! Und vergiss dabei nicht, ruhig zu atmen!“ André beobachtete erneut ihre Vorführung und versuchte sich mehr auf ihre Worte zu konzentrieren als auf ihre Haltung. Sie stand aufrecht, zog ihren Bauch ein und schob die Brust raus. Von der Seite konnte man zwar nicht viel von ihrer Oberweite erkennen, aber André war wie gefesselt. Um sich nichts anmerken zu lassen, zwang er sich, alles zu wiederholen, was sie ihm vorzeigte. Wenig später erschallten die ersten Schüsse. Zuerst von ihr, danach von ihm. Oscars zuvor gereizte Laune milderte sich, je mehr sie ihre Pistole abfeuerte und ihm immer wieder vorführte, wie er das am besten machen sollte. André warf ihr dabei seine Blicke zu. Wie sie da stand, die gesamte Zeit über hochkonzentriert, stabil und aufrecht. Ihre Muskeln waren angespannt und ihre Statur wirkte beinahe steif und unbeugsam. „Genug für heute“, meinte Oscar irgendwann später. „Es ist schon fast Abend.“ André gab ihr die Pistole zurück und Oscar legte sie zusammen mit der ihren in die Kiste. „Wie Ihr wünscht.“ Oscar schloss den Deckel. „Für den Anfang warst du nicht mal so schlecht.“ „Ich danke Euch.“ André wusste nicht mehr zu sagen. Auch während der Übung war er nicht gesprächig und hatte nur ihren Worten gelauscht oder ihre Körperhaltung unauffällig gemustert. Oscar nahm die Kiste vom Tisch. „Du kannst besser werden, wenn du jeden Tag übst.“ „Es wird mir eine Ehre sein, jeden Tag hierher zu kommen.“ „Komm morgen nicht zu spät! Wenn du willst, kannst du noch bei deiner Großmutter zum Essen bleiben.“ Sie ging einfach los und ließ ihn nicht weit vom Brunnen stehen. Sie gab André damit zu verstehen, dass sie seine Anwesenheit nicht mehr wünschte. Aber warum hatte sie sich dann auf diese Schießübung mit ihm eingelassen? Sie hätte auch absagen oder ihn wieder nach Hause schicken können. Oscars Wesen war André ein Rätsel. Er blieb nicht bei seiner Großmutter zum Essen, sondern verabschiedete sich von ihr und ritt Heim. Am nächsten Tag war er pünktlich. Und Oscars Laune war ebenfalls besser. Ob das an seiner Pünktlichkeit lag, wusste André nicht zu sagen. Es erfreute ihn, dass Oscar nicht so gereizt war wie gestern. Sie zeigte sogar ein übersichtliches, zufriedenes Lächeln als er das Ziel traf. Er lernte schnell und das bereitete ihr eine heimliche Freude. Nach dem Schießen blieb noch etwas Zeit bis zum Abendeinbruch. Oscar wollte noch mit ihm Fechten, als hätte sie immer noch nicht genug. Vielleicht stimmte das auch... André wusste von ihr nicht viel. Er kannte nur die Beschwerden seiner Großmutter über ihre ungerechte Erziehung. Es reizte ihn, mehr über sie zu erfahren und daher stimmte er zu. Während des Fechtens fragte sie ihn plötzlich nach seinem Freund Alain. „Nun, er kämpft nicht gegen Frauen“, meinte André. Oscar krauste kurzzeitig ihre Stirn, sagte aber nichts dazu und André hakte auch nicht weiter nach. Jeden Tag, auch wenn es nur ein paar Stunden waren um mit dieser etwas außergewöhnlichen Frau Zeit zu verbringen, erfuhr Andre ein Stückchen mehr über ihre Persönlichkeit. Sie war eigensinnig, aber sie wusste sich auch zu beherrschen und nicht gleich tollwütig um sich toben. So, wie ein disziplinierter und kontrollierter Soldat, der all seine Emotionen unter einem undurchdringlichen Deckmantel verstecken konnte. André fragte sich des Öfteren, ob das bei Oscar auf Dauer gut gehen würde. Immerhin war sie eine Frau und noch dazu eine recht ästhetische. Dass sie ihm auf diese Art gefiel, verbarg auch er lieber unter seinem Taktgefühl. „Heute reiten wir aus“, schlug Oscar vor, kaum er dass mit Rosalie den Hinterhof betrat. Meistens wartete sie an dem kleinen Brunnen auf ihn. Rosalie, die auch ihre Knabenkleider angezogen hatte, freute sich sichtlich. „Das können wir natürlich machen, Lady Oscar! Und wo geht es diesmal hin?“ „Ich dachte vielleicht an den See. Dort können wir genauso das Fechten üben, wie hier.“ Oscar sah von Rosalie zu André: „Oder hast du Einwände?“ „Nein, Lady Oscar“, erwiderte dieser aufrichtig, was Oscar ein Aufleuchten von Freude in den Augen entlockte. „Gut, dann zu den Pferden!“ Bis zu dem genannten See ritten sie um die Wette. Das mochte Oscar sehr. Mitten im schnellen Ritt streckte sie ihr Gesicht dem Wind entgegen. Ihr goldgelbes Haar flatterte wild nach hinten und ihr Oberkörper beugte sich leicht nach vorn. André flankierte sie auf seinem Braunen von der einen Seite und Rosalie auf ihrem Grauen von der anderen, ohne sie dabei zu überholen. Sie hatten sich nie dabei abgesprochen, aber sie ließen Oscar meistens den kleinen Vorsprung und es war ihnen gleich, dass sie deswegen den Wettritt gewann. Oscars Freude und Hochgefühl waren es ihnen das Wert. Am See stiegen sie ab, ließen die Pferde unter einem alten Baum grasen und Oscar lieferte sich ein Übungsduell mit Rosalie. André ließ sich derweilen im grünen Gras nieder und beobachtete Oscar ausgiebig. Das hatte er sich zur Gewohnheit gemacht, wenn Rosalie und Oscar gegen einander antraten. Mit ihrer Anmut und den geschmeidigen Bewegungen glich Oscar einem listigen Fuchs und Rosalie einem unerfahrenen Rehkitz, dass lieber den Hieben auswich, als selbst Angriffe zu verüben. Rosalie war soweit sehr gut im Umgang mit dem Degen, aber sie würde Oscar dennoch nie das Wasser reichen können. Für André war Oscar in diesem Sinne unschlagbar. Er streckte seine Beine der Länge nach aus, lehnte sich auf seinen Arme zurück und spürte das weiche Gras unter den Handflächen. Es war ein angenehmes Gefühl, das ihn an seine Kindheit zurückdenken ließ: Als Kind war er oft im Sommer mit Alain und seinen Freunden barfuß durch die Straßen oder außerhalb der Stadt durch die Wiesen und Felder gelaufen. Sie hatten dabei immer ihren Spaß gehabt. André verspürte plötzlich den Wunsch, seine Stoffschuhe auszuziehen um sich wieder wie ein unbeschwertes Kind zu fühlen. Oscar wehrte mühelos Rosalies letzte Hiebe ab und unterbrach dann die Fechtübung. „Du bist viel besser geworden. Aber wir sollten André nicht länger warten lassen. Ich will ja auch sein Können unter Beweis stellen. Als nächstes fechtest du gegen ihn und anschließend ich.“ „Jawohl, Lady Oscar.“ Rosalie war einverstanden und machte eine Verschnaufpause, während Oscar zu André ging. Oscars Augen weiteten sich, als sie André ohne Schuhe im Gras sitzen sah. Und als wäre das nicht schon verwunderlich genug, rollte er das eine Hosenbein bis zum Knie nach oben und entblößte seine Wade. „Was machst du da?“ André tat ungerührt das Gleiche mit dem zweiten Hosenbein und stand auf. Er ließ einzelne Grashalme zwischen seine Zehen streifen und seufzte wohlwollend. „Hmm, herrlich... Ich habe das als Kind oft getan, als ich mit meinen Freunden Fangen gespielt habe...“ Oscar runzelte daraufhin verdrossen die Stirn. „Aber jetzt bist du doch kein Kind mehr!“ „Schaden tut es aber auch jetzt nicht.“ André lachte auf. Er machte sich aus ihrem verdutzten Gesichtsausdruck nichts. Oscar würde ihn deswegen nicht maßregeln, das wusste er genau. In der Zeit, die er schon mit ihr verbracht hatte, glaubte er sie schon ein wenig näher kennen gelernt zu haben. Sie war selbst der Meinung, dass er tun und lassen sollte, was er wollte. Er war in ihren Augen ein freier Mann und sie zwang ihn nie zu etwas. „Im Gegenteil. Das tut den Füßen gut“, fügte er hinzu und grinste flegelhaft. „Bin ich jetzt mit Fechten dran?“ Oscar nickte und gab ihm einen Degen. „Du fechtest erst mit Rosalie und dann gegen mich.“ „Wie Ihr es wünscht.“ André sah ihr direkt in die Augen, während seine Finger ihren Degen an sich nahmen und fest den Griff umschlossen. Und wieder ertappte er sich dabei, dass ihm dieses unergründliche Azurblau gefiel. Um nicht länger darin zu versinken, ging er pfeifend und leichtfüßig zu Rosalie. Diese kicherte verhallend in die Hand. „Wenn ich ein Junge wäre, würde ich auch gerne meine Schuhe ausziehen und barfuß laufen...“ André hörte mit dem Pfeifen auf und stellte sich vor ihr in Angriffsposition. „Das kannst du doch auch machen. Ich werde schon nicht auf deine Füße schauen, versprochen“, neckte er. „Vielleicht ein anderes Mal.“ Rosalie ging in Verteidigungsposition. „Und nun zum Kampf! Ich bin bereit!“ „Ich ebenfalls!“ André führte den ersten Angriff aus und Rosalie parierte geschickt. Oscar saß nicht weit von ihnen unter einem Baum, wo auch die Pferde grasten, und beobachtete die zwei Duellanten aufmerksam, um sich ihre Fehler zu merken und sie später darauf hinzuweisen. Der erste Fehler war, dass keiner von beiden die Fechtübung ernst nahm und sich stattdessen dabei amüsierte. Sie schlugen auch nicht mit Härte zu, sondern gingen sogar eher spielerisch miteinander um. Und da waren noch Andrés nackte Beine. Oscar wusste nicht, was sie davon halten sollte. Aber die Vorstellung, das sanfte Gras unter ihren Fußsohlen zu spüren und dieses herrliche Gefühl zu teilen, das André so genießerisch zur Geltung gebracht hatte, reizte sie. Aber es ging nicht! Das würde doch die Grenze der Schicklichkeit überschreiten! Und wie Rosalie es so vortrefflich angedeutet hatte: So etwas ziemte sich nicht für Frauen! Oscar überlegte kurz. Eine gewöhnliche Frau war sie aber nicht! Und wenn André sowieso nicht auf die Füße schaute, dann vielleicht... Hosted by Animexx e.V. 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