Er liebt mich, er liebt mich nicht von Hoellenhund ([Secret Love]) ================================================================================ Kapitel 23: ------------ In der Huan Oberschule waren die Vorbereitungen für das Turnier bereits in vollem Gange. Man hatte die Sporthalle zu einer Art Aufenthaltsraum für die Kämpfer beider Schulen umfunktioniert und während Takeda Hirakawa und die anderen Schüler der Seikô Gakuen dorthin begleitete, versammelten sich bereits einige Zuschauer draußen auf dem Hof, wo man eine große Show-Bühne für das Turnier aufgebaut hatte. Das Zusammentreffen von Seikô und Huan war offensichtlich ein richtiges Event. »Bist du nervös?«, fragte Takeda Hirakawa, der in der Sporthalle stehen geblieben war, statt sich auf einer der zahlreichen Sitzbänke niederzulassen und sein Bambusschwert zu prüfen schien. Er würde als einer der ersten auf der Bühne stehen. »Nein«, gab Hirakawa zurück, den Blick weiterhin auf sein Schwert geheftet. »Nervosität stört die Konzentration. Wer die Konzentration verliert, verliert auch den Kampf.« Takeda war überrascht, wie ruhig Hirakawas Stimme klang. Er schien tatsächlich zu meinen, was er sagte. »Alle, die nicht am Turnier teilnehmen, verlassen bitte sofort die Halle. Der erste Kampf beginnt in zehn Minuten«, dröhnte eine Frauenstimme künstlich verstärkt aus Lautsprechern in allen vier Ecken des Raumes. »Ich muss jetzt los«, bemerkte Takeda und warf einen letzten Blick auf Hirakawa. Er musste sich keine Sorgen machen, ihn allein zu lassen. Und doch, und doch... Bevor Takeda sich auf den Weg zum Ausgang machte, trat er einen Schritt näher an seinen Freund aus Kindertagen heran. Mit leiser Stimme, sodass nur Hirakawa es hören konnte, sagte er: »Viel Glück.« Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich um und ging halb, rannte halb, in Richtung Hof davon. Obwohl der Platz bereits voller Menschen war, fiel es Takeda nicht schwer, Ishida auszumachen. Sein blonder Haarschopf hob sich unübersehbar von der Menge um ihn her ab. »Hey! Wo bleibst du denn?«, rief Ishida Takeda zu sich, sobald er in Hörweite war. »Hatte noch was zu erledigen«, antwortete Takeda knapp. Er hatte keine Lust, Ishida alles lang und breit zu erklären. In diesem Augenblick betraten die ersten beiden Kämpfer die Bühne, gefolgt von einem Schiedsrichter in einem schwarzen Anzug. Er trug ein weißes Tuch in der linken und ein rotes in der rechten Hand, passend zu den Tüchern, die am Rücken der beiden Kämpfer befestigt waren. Ohne dieses Erkennungsmerkmal wären sie in der traditionellen Kendô-Kleidung und -Rüstung nicht zu unterscheiden gewesen. »Wir sind rot«, erklärte Ishida, als die beiden Kämpfer sich auf der Bühne gegenüberstanden und in die Hocke gingen. »Dann ist der mit dem roten Tuch also Hirakawa.« »Hajime!« Die Stimme des Schiedsrichters donnerte über den Hof und eröffnete das Turnier. Sofort standen Hirakawa und sein Gegner auf den Beinen. Es war eine ausgeglichene Partie. Hirakawa war zwar ein hervorragender Kendô-Kämpfer, hatte aber auch einen hervorragenden Gegner, wie es schien. Erst nach fast einer Minute gelang es ihm, den ersten Treffer zu erzielen. Ein sauberer Schwerthieb auf den Kopf, den der Schiedsrichter mit dem Heben des roten Tuchs quittierte. Doch der Kampf war noch nicht vorüber. Der Gegner von der Huan Oberschule schien fest entschlossen, zumindest einen Treffer zu erzielen. Hirakawa geriet in die Defensive, es gelang ihm jedoch, die Schläge des Angreifers immer wieder zu parieren. Dann, im richtigen Augenblick, ein gezielter Hieb mit dem Schwert zur Kehle. Das Rote Tuch erneut in der Luft. »Yame!« Der Kampf war vorüber. Takeda ließ sich dazu hinreißen, in das Jubeln der Menge um ihn her einzufallen. Wenn Hirakawa so weiterkämpfte, würde er am Ende des Schuljahrs den Kendô-Club der Seikô übernehmen, da war sich Takeda sicher. Aber das Turnier war noch lange nicht vorbei. Es folgten zahlreiche weitere Partien, von denen Hirakawa nur eine, gegen den Club-Vorsitzenden der Huan, wie Takeda vermutete, verlor. Als am Mittag die Sonne gnadenlos auf Kämpfer und Zuschauer niederbrannte, gab es endlich die erste Pause. Im Anschluss daran würde ein K.o.-Turnier folgen, bei dem der Gesamtsieger ermittelt werden sollte. In der ersten Runde würden die Schüler, die vor der Pause eine ähnliche Anzahl an Siegen errungen hatten, gegeneinander antreten. Hirakawa hatte sich mit seiner Glanzleistung einen harten Gegner erkämpft. Es würde nicht einfach werden, aber Takeda wusste, dass sein Freund es schaffen konnte. »Lass uns Hirakawa suchen«, schlug Takeda Ishida vor, als sich das Publikum um sie her allmählich zerstreute und war schon auf halbem Weg in Richtung der Sporthalle, als Ishida ihn zurück rief. »Hey, warte mal, Takeda! Du weißt schon, dass wir da eigentlich gar nicht rein dürfen, oder? Außerdem ist Hirakawa gleich nach der Pause wieder dran, der ist bestimmt sowieso nicht da. « »Ein Versuch kann ja nicht schaden, oder? Außerdem sind wir Angehörige. Irgendwie zumindest.« »Also manchmal weiß ich wirklich nicht, was ich mit dir machen soll«, gab Ishida mit einem breiten Grinsen zurück und war der erste, der die Tür zur Turnhalle aufzog. Seit dem Turnierbeginn hatte sich der Raum geleert. Viele der Kämpfer mussten die Pause nutzen, um frische Luft zu schnappen oder sich mit ihren Mitschülern auszutauschen. Eine Dreiergruppe von Huan-Schülern kam Takeda und Ishida entgegen und drängelte sich grußlos an ihnen vorbei und auf den Hof hinaus. Dann war es still in der Halle. »Ich hab dir ja gesagt, dass er nicht hier ist«, meinte Ishida leichthin und wollte sich gerade wieder der Tür zuwenden, als sich eine Stimme über die Halle erhob. »Habt ihr was verloren?« Erschrocken fuhr Takeda zusammen. Er hatte gedacht, außer Ishida und ihm sei niemand mehr hier. Umso überraschter war er jetzt, als Kuroi aus den Schatten zwischen den hellen Streifen Sonnenlichts trat, die die hohen, schmalen Fenster in die Halle warfen. Seit dem Tag, an dem er versucht hatte, Hirakawa vom heutigen Turnier ausschließen zu lassen, hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen. »Ach so, verstehe. Hirakawa braucht wohl ein bisschen moralische Unterstützung. Das kann nicht schaden, mit seiner selbstgefälligen Art hat er sowieso keine Chance, das Turnier zu gewinnen.« Das Blut rauschte in Takedas Ohren. Mit einem Mal war alles wieder da – seine Wut darüber, von Kuroi instrumentalisiert worden zu sein, seine Abscheu, dass er ihn auf den Mund geküsst hatte, sein Hass, weil er ihn gegen Hirakawa ausspielen, weil er Hirakawa schaden wollte. Hirakawa... Takeda erwiderte Kurois kalten, harten Blick. Er würde keinen Millimeter vor diesem niederträchtigen Menschen zurückweichen. »Was hast du gesagt?« »Takeda, lass uns abhauen«, raunte Ishida ihm zu und tat einige Schritte in Richtung Tür, doch Takeda hielt ihn zurück. »Warte.« An Kuroi gewandt fuhr er fort: »Wovor hast du eigentlich Angst? Wenn du doch angeblich ein so viel besserer Club-Vorsitzender als Hirakawa bist, wieso lässt du ihn nicht einfach in Ruhe?« Als Kuroi antwortete, war seine Stimme ruhig und kalt: »Kämpfen wir doch darum. Hier.« Damit griff er nach einem der Kendô-Schwerter, die unweit von ihm entfernt an der Wand lehnten und warf es Takeda zu. Ohne sich bewusst dazu entschieden zu haben, griff dieser danach. »Wenn du gewinnst, mische ich mich nie wieder in eure Angelegenheiten ein. Du hast mein Wort.« »Und was ist das wert?«, mischte Ishida sich ein, doch Takeda schenkte ihm keine Beachtung. In diesem Augenblick wünschte er sich nichts sehnlicher, als Kuroi genauso zu demütigen, wie er ihn gedemütigt hatte. »Ich habe keine Rüstung«, stellte er fest, den Blick auf das Schwert gerichtet, das in seinen Händen ruhte. »Ich auch nicht«, gab Kuroi zurück. Ein schiefes Grinsen durchschnitt seine harten Züge. »Das ist fair, oder?« »Lass dich bloß nicht auf diesen Scheiß ein«, fuhr Ishida dazwischen, doch Takeda überging ihn abermals. »Also gut. Zwei Punkte zum Sieg.« Im selben Augenblick betrat Hirakawa draußen auf dem Hof die Show-Bühne. Er ließ seinen Blick über die Menge schweifen, doch er konnte Takeda nirgends entdecken. Wo steckte dieser Kerl bloß? Aber was soll's, er brauchte ihn nicht, um diesen Kampf zu gewinnen. »Hajime!« Kurois Bambusschwert zischte nur knapp an Takedas linkem Ohr vorbei. Seine Schläge waren kräftig und gezielt, aber Takeda war flink und wendig. Seine Wut fokussierte all seine Kräfte auf den Kampf, auf seinen Gegner, sein Ziel. Vielleicht hatte er tatsächlich eine Chance, Kuroi hier und heute zu schlagen und die Machtkämpfe innerhalb des Kendô-Clubs ein für alle Mal zu beenden. Hirakawa parierte einige harte Schläge, versuchte selbst einen Angriff und wurde abgeblockt. Seine Augen schweiften über die Schulter des Gegners hinweg, hinüber zum Publikum. Vielleicht hatte Takeda sich in Schwierigkeiten gebracht. Zuzutrauen wäre es ihm, oder nicht? Kurois nächster Angriff verfehlte sein Ziel nicht. Mit der Kraft eines Raubtiers schlug er auf Takedas verletztes Handgelenk ein. Ein Schrei des Schmerzes entrang sich Takedas Kehle. Sein ganzer Körper vibrierte, doch er würde das Schwert nicht loslassen. Dieses Mal nicht. Hirakawas Gegner nutzte seine Chance und landete einen sauberen Treffer an Hirakawas Kehle. Verdammt, er musste sich zusammenreißen und sich wieder auf den Kampf konzentrieren. Mit dem nächsten Treffer würde Hirakawa nicht nur diese Partie sondern das ganze Turnier verlieren. Wie hatte Takeda nur auch nur eine Sekunde lang glauben können, dass Kuroi dieses Mal fair bleiben würde? Verzweifelt rang er nach Luft und versuchte, sich wieder zu voller Größe aufzurichten. Doch Kuroi ließ ihm dazu keine Zeit. Hirakawa sah das Schwert seines Gegners auf sich zurasen. »Hört sofort auf!« »Yame!« Ishida stürzte auf Kuroi zu, um ihn von Takeda fortzustoßen, doch es war zu spät. Mit der Kraft eines Löwen bohrte sich die Spitze des Schwertes in Takedas Bauch. Einen Augenblick lang erschütterte ihn ein Schmerz, weit jenseits von allem, das Takeda je gefühlt hatte. Dann wurde es schwarz um ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)