Memories von Lina_ ================================================================================ Kapitel 12: You --------------- Gedankenverloren räumte Taka die zwei Bierflaschen, aus denen er und Takeru am Abend zuvor getrunken hatten, vom Tisch und beschloss dabei, in der gesamten Wohnung ein wenig für Ordnung zu sorgen, da neben den zwei Glasbehältern die Chipstüten und Coladosen, die wohl auf Torus Konto gingen, noch immer einen Teil der Dekoration im Wohnzimmer ausmachten. Geistig abwesend sammelte der Sänger die Dosen und Flaschen zusammen und stellte sie zu den restlichen leeren Pfandwaren in die Küche, wo er einmal mehr bemerkte, wie ruhig es doch ohne jegliche Gesellschaft in Torus Wohnung war. Wenn er Takeru darum gebeten hätte zu bleiben, wäre dieser wohl bei ihm geblieben, trotz seiner Arbeit? Hätte er ihm diesen Gefallen getan? Taka seufzte. Eigentlich hatte er versucht seine Gedanken um alles Mögliche, außer den hübschen Brünetten kreisen zu lassen, allerdings war dies nahezu unmöglich bei dem, was in der Nacht zuvor geschehen war. Was hatte er nun von Takerus Verhalten zu halten? Und vor allem von seiner eigenen Reaktion darauf? Resigniert seufzend griff er nach den Chipstüten, von denen er die noch halbvolle zurück in den Schrank legte und die leere in den Plastikmüll gab. Vielleicht wäre es das Beste, wenn er sich selbst erst mal fertig machen würde, ehe er sich all dem stellte, zumal die Vorstellung einer warmen Dusche geradezu verlockend war. Auf leisen Sohlen schleppte sich der junge Musiker ins Bad, wo er sich das erste Mal an diesem Tag im Spiegel betrachtete und nicht überrascht war, als er sah, wie zerzaust seine Lockenpracht doch war. Taka hatte seine Frisur anders in Erinnerung gehabt und auch die unzähligen Tattoos an seinen Armen waren ihm größtenteils fremd, doch mittlerweile hatte er sich an beide Dinge gewöhnt, schließlich waren seit seinem Erwachen gut zwei Monate vergangen. Der Schlaf stand ihm noch ins Gesicht geschrieben, woraus Taka schließen konnte, dass er nicht allzu lange geschlafen hatte, zumal er auch beim besten Willen nicht sagen konnte, wann er und Takeru in der Nacht zuvor ins Bett gegangen, beziehungsweise auf der Couch weggenickt waren. Takeru. Ungewollt stieg Taka die Röte in die Wangen und peinlich berührt schüttelte der Sänger den Kopf, als versuchte er die Erinnerungen loszuwerden, wobei er dies eigentlich ganz und gar nicht wollte. Ein starkes, aber angenehmes Kribbeln entstand in seinem Bauch, sowie er einen dunklen Fleck an seinem Hals entdeckte. „Oh nein.“, murmelte Taka seinem Spiegelbild entgegen und lief zurück ins Wohnzimmer, um dort nach seinem Pullover zu suchen, den er am Tag zuvor getragen hatte. Vielleicht hatte er diese Einstellung in den sechs Jahren eigentlich geändert, jedoch vertrat der Musiker jetzt gerade die Meinung, dass ihm derartige Auffälligkeiten, gerade solche, die auf Intimitäten hinwiesen, hochgradig peinlich waren, weswegen er nicht wollte, dass sie jemand sah. Auch er nicht. Zumindest nicht jetzt, wo er an alles außer Takeru denken wollte. Da der Lockenkopf seinen Kapuzenpulli im Wohnzimmer nicht fand, war er drauf und dran, sich einen anderen aus dem Schlafzimmer zu holen, als er im Vorbeigehen einen blauen Stoff, der über einem der Stühle im Esszimmer hing, bemerkte. Sowie Taka auf das Objekt zuging, wurde ihm klar, dass es Takerus Schal war, den der Jüngeren allem Anschein nach bei ihm vergessen hatte, was zugegeben ziemlich ungünstig war, da es - nach einem prüfenden Blick aus dem Fenster - nicht gerade warm draußen aussah. Vielleicht sollte er ihm das Kleidungsstück im Laufe des Tages vorbeibringen, was jedoch voraussetzte, dass sich Taka bei dem Anderen meldete. Ob der Sänger dafür jedoch den Mut zusammenbekam, zweifelte er selbst stark an und so sah er nur, unsicher was zu tun war, auf den blauen Stoff in seinen Händen herab. Ob er wohl nach Takeru roch? Bei dem Gedanken daran, dass es schließlich der Schal des Jüngeren war und daher davon auszugehen war, dass er auch nach ihm roch, machte sich in Taka das Bedürfnis breit, dies zu überprüfen. Eine angenehme Wärme entstand in seinem Körper, als Taka feststellen musste, dass es wirklich Takerus Geruch war, der an dem Schal hing und während er diesen inhalierte, schossen ihm endlos viele Erinnerungen und Gedanken durch den Kopf, die seine Wangen geradezu glühen ließen. Vielleicht sollte er sich später doch noch bei dem Jüngeren melden. Vielleicht. Ein Klicken im Hausflur ließ den kleinen Lockenkopf zusammenfahren und sich darüber unschlüssig, ob er sich verstecken sollte, oder die Person, die gerade im Begriff war die Wohnung zu betreten, mit dem nächstbesten Gegenstand bewaffnet begrüßen sollte, blieb Taka einfach nur angewurzelt stehen und erinnerte sich in letzter Sekunde an den Knutschfleck an seinem Hals, schlang sich Takerus Schal gerade noch rechtzeitig um den Hals, ehe ein gewisser Blondschopf den Raum betrat. „Hallo, Taka.“ Fast schon verunsichert stand Toru um Raum, hatte eine Tüte Brötchen in der Hand und schenkte Taka ein Lächeln, welches dem Lockenkopf aus irgendeinem Grund missfiel. Taka konnte nicht benennen was genau ihn am Gesichtsausdruck des Jüngeren störte, vielleicht waren es die müden Augen mit ihren dunklen Ringen, vielleicht lag es aber auch gar nicht an dem Erscheinungsbild, sondern eher daran, dass noch immer eine gewisse Unstimmigkeit zwischen ihnen bestand. „Morgen.“, nuschelte der kleine Lockenkopf in den Schal und war geradezu dankbar dafür, dass er ihn sich ziemlich hoch ins Gesicht geschlungen hatte, da seine Wangen nun mit Sicherheit rot waren, wo ihm nun permanent Takerus Geruch in der Nase hing. „Du siehst…kaputt aus.“ „Ja, bin ich auch ehrlich gesagt.“ Nervös lachte Toru und kratzte sich etwas verloren am Hinterkopf, ehe seine Augen wieder die des Älteren fixierten. „Eigentlich…wollte ich fragen ob wir reden können, ich hab Frühstück mitgebracht.“ Die Tüte in seiner Hand hebend blickte der Gitarrist den Sänger fragend an, sodass dieser bei dem Hundeblick Torus gar nicht hätte ablehnen können, aber abgesehen davon wollte Taka dieses scheinbare Missverständnis ebenso sehr aus der Welt schaffen, wie der Jüngere, weswegen er zustimmend und mit einem angedeuteten Lächeln nickte. „Gerne, ich würde auch gerne reden.“ Bis der Tisch gedeckt war und die beiden Männer einander gegenüber saßen, herrschte angespanntes Schweigen und aus irgendeinem Grund entstand in Takas Kopf der Eindruck, dass sich Toru und er praktisch über Nacht ein ganzes Stück voneinander entfernt hatten, was gänzlich gegen das war, auf was er gehofft und was Takeru ihm eigentlich prophezeit hatte. Ein Räuspern seitens des Gitarristen ließ Taka von seinem Brettchen aufschauen. „Hast du dich erkältet?“ Erst sah er Toru etwas verwirrt an, realisierte dann aber, dass dieser damit indirekt hinterfragte, wieso er einen Schal trug. „Ah, nein, nicht direkt, ich hab nur seit gestern eine trockene Kehle, weißt du?“ Inständig hoffte Taka, dass sein bester Freund es ihm nicht ansah wenn er log, aber auch wenn er sich fast sicher war, dass der Blonde ihn für nichts verurteilen würde, so wollte er ihm nicht sagen, dass er sich die Nacht zuvor von einem anderen Mann hatte verführen lassen, obgleich dies doch in völligem Einvernehmen geschehen war. „Oh, achso. Ich kann nachher mal schauen, ob ich Halsschmerztabletten finde, okay?“ Ein wenig warm wurde dem Lockenkopf dann doch ums Herz, sowie der Jüngere ihm dieses fürsorgliche Angebot machte und so nickte er dankend. Einige Sekunden herrschte wieder Schweigen, ehe der Gitarrist vorsichtig erneut das Wort ergriff und Taka ihn aufmerksam ansah, nicht zuletzt weil er so ungewohnt unsicher klang. „Aber…weswegen ich eigentlich mit dir reden wollte, Taka, ich wollte mich entschuldigen. Ich hätte dich gestern ehrlich nicht so anfahren dürfen, nur…ich hab in dem Moment einfach überreagiert, weil sich auf dem Handy einiges an persönlichem Material befindet und ich da generell sehr empfindlich bei bin, aber das konntest du ja nicht wissen…deswegen. Jedenfalls…es war nicht mein Recht dich so anzumachen und es tut mir ehrlich und aufrichtig leid.“ Deutlich spürte Taka seine Wangen wärmer werden und war sich nicht mehr sicher, ob dies nun wirklich ausschließlich am Geruch Takerus lag, oder auch daran, dass ihm der blonde Mann auf der anderen Seite des Tisches gerade sein Herz ein stückweit geöffnet hatte. So oder so konnte Taka kaum in Worte fassen, wie erleichtert er gerade darüber war, dass es scheinbar tatsächlich nicht seine Schuld gewesen war, sondern Toru einfach nur aus dem Affekt heraus unangemessen reagiert hatte. „Ah, Toru, ich hatte mir solche Sorgen deswegen gemacht und es tut mir auch leid, dass ich danach einfach abgehauen bin, anstatt dich vernünftig zu fragen, was los war. Du…bist mein bester Freund, ich will nicht, dass irgendwas zwischen uns steht. Ist jetzt auch okay, aber wenn demnächst irgendwas sein sollte, dann sag sofort was…ja?“ Erst als er sprach, bemerkte der kleine Sänger, wie erleichtert er scheinbar tatsächlich war, zitterte seine Stimme zum Ende des Satzes doch immer mehr und auch eine einsame Träne der Erleichterung fand schließlich ihren Weg über seine warme Wange. „Hey Kleiner…“, begann Toru und saß bereits wenige Augenblicke später neben dem Älteren, legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Jetzt ist ja alles wieder gut und ich verspreche dir, dass ich demnächst sofort zu dir komme. Dich so anzupflaumen war definitiv nicht richtig von mir, woher hättest du denn auch wissen können, dass ich was mein Handy angeht so empfindlich bin?“ Ganz vorsichtig zog Toru Taka in eine Umarmung, in welche sich der Sänger sofort lehnte, tat dieser Kontakt doch so gut, obwohl seine Gedanken sofort wieder zu Takeru abschweiften und an das Gefühl, welches der Brünette in ihm ausgelöst hatte, als er ihn so berührt hatte. Vielleicht sollte er Toru doch einweihen, immerhin konnte er gerade wirklich nicht klar denken, jedoch wollte er dieses Thema eigentlich lieber mit dem jungen Mann persönlich besprechen. Hin und her gerissen von seinen eigenen Gedanken, bekam Taka gar nicht mit, dass der Blonde stutzig an dem blauen Schal schnupperte. „Wessen Schal ist das? Der riecht weder nach dir noch nach mir.“, fragte Toru, ohne sich von ihm zu lösen. „Das ist…Takerus. Er ist gestern Abend vorbeigekommen, weil es gewittert hat. Ich dachte du willst lieber deine Ruhe, deswegen bin ich nicht zu Ryota gekommen.“ Leise nuschelte Taka diese Worte gegen Torus Schulter und drückte sich dabei unbewusst etwas dichter an den Gitarristen. „Wieso ist der Schal dann noch hier?“ „Weil er ihn vergessen hat. Und ich Halsschmerzen hatte.“ Beinahe hätte sich Taka verplappert, biss sich aber auch so auf die Unterlippe und verfluchte sich innerlich. „Er hat mir den gestern Abend gegeben und heute Morgen vergessen mitzunehmen.“ „Er ist über Nacht geblieben?“ Vorsichtig löste sich der Blonde von ihm und sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. Wäre Takas Gesicht nicht schon am glühen gewesen, so sah er spätestens jetzt aus wie eine Tomate. „Uhm…ja, ich wollte nicht alleine sein. Aber wir haben auf dem Sofa geschlafen.“ Weswegen er den zweiten Satz auch immer angehängt hatte, der Lockenkopf wünschte sich, er hätte einfach die Klappe gehalten, zumal die Augenbraue des Gitarristen nun noch höher wanderte. „E-Es ist nichts passiert, okay? Wir lagen einfach nur nebeneinander. Wie Freunde das halt machen.“ Das unschuldige Lächeln, welches Taka versuchte aufzusetzen, kam ihm jetzt im Nachhinein mehr als dumm vor, ebenso wie einmal mehr das was er gesagt hatte. Das war’s. Er würde jetzt einfach die Klappe halten, ehe er sich noch völlig verriet. „Natürlich. Ich würde deine Heterosexualität niemals anzweifeln.“ Die Worte des Blonden trieften geradezu vor Sarkasmus und so warf Taka ihm ein böses Funkeln zu, sowie sich Toru vom Stuhl neben ihm erhob, um sich wieder auf seinen ursprünglichen Platz zu setzen. „Hey, was soll das denn heißen?!“, patzte Taka, da er sich in seiner Männlichkeit nun doch irgendwo verletzt fühlte. Wobei er sich auf einer anderen, tief in ihm verborgenen Seite, gleichzeitig irgendwie bestätigt fühlte. Worin genau wusste er jedoch zum gegebenen Zeitpunkt selbst noch nicht. Was er nun aber sicher wusste war, dass er definitiv noch mal mit Takeru reden sollte. „Nichts, nichts…“ Ein kleines Grinsen konnte sich der Blonde beim besten Willen nicht verkneifen, sowie er nach der Erdbeermarmelade griff, um sich sein Brötchen endlich zu beschmieren. Zwar hätte Taka auf diese Worte seines Freundes so vieles erwidern können, jedoch entschloss er sich dazu, dieses Bedürfnis herunterzuschlucken und es Toru einfach gleich zu tun, schließlich hatte er auch Hunger und Zeit mit seinem Leader herumzualbern, würde er in Zukunft immerhin auch noch mehr als genug haben. Jedoch war das Bedürfnis mit Takeru zu reden nun stärker denn je. Die Stunden nach dem Frühstück verliefen entspannt und Taka war heilfroh, dass dieses eigenartige Gefühl, welches er meinte zwischen sich und Toru herrschen zu spüren, verschwunden war. Nachdem er endlich geduscht hatte, beschlossen er und der Jüngere die Wohnung aufzuräumen, womit der Sänger ja bereits vor seinem Eintreffen angefangen hatte. Besonders dreckig war sie zwar nicht, da der Bandleader offensichtlich sehr sauber lebte, jedoch entschlossen sie sich dazu, auch mal ordentlich Staub zu wischen, da sie sonst nicht dazu kommen würden. »Hey, ich würde gerne mit dir reden. Kannst du mich gegen 2 abholen?«, hatte Taka an Takeru getextet, noch ehe er und Toru das erste Putzzeug in die Hand genommen hatten und prüfte jetzt immer mal wieder das Ziffernblatt, welches im Wohnzimmer hing, was jedoch von Toru nicht unbemerkt blieb. „Hast du noch was vor?“, fragte er, war allerdings primär damit beschäftigt die praktisch glänzende Küche zu betrachten und sich innerlich stolz selbst auf die Schulter zu klopfen. Den Putzlappen im Eimer versenkend blickte er schließlich zu Taka der sich auch, nachdem er den Couchtisch im Wohnzimmer fertig poliert hatte, erhob. Noch ehe Taka die Chance hatte zu antworten, klingelte es bereits an der Tür und wenn Toru nichts bestellt hatte, dann konnte der Lockenkopf mit ziemlicher Sicherheit sagen, um welchen Besuch es sich handelte. „Ehrlich gesagt ja. Das ist Takeru, ich wollte mich nur noch mal für gestern bedanken.“, antwortete er Toru, der bereits auf halbem Weg zur Tür gegangen war, ehe er ihm kurzerhand hinterherlief und gerade rechtzeitig den Flur erreichte, als der Gitarrist die Haustür aufzog. Das hübsche Gesicht des Brünetten sah ein wenig verwirrt drein, sowie Toru ihm die Tür öffnete und als er Taka erblickte, konnte man ihm geradezu aus den Augen lesen, wie er rekonstruierte, was in seiner Abwesenheit geschehen war. „Takeru, hi. Magst du reinkommen? Wir haben diesen Joghurt auf den du so stehst.“, bat Toru dem anderen freundlich an, welcher jedoch dankend ablehnte. Stimmt ja, Takeru und Toru kannten sich ja auch, das hatte Taka völlig vergessen. Wortwörtlich. „Eigentlich bin ich auf dem Sprung, ich wollte nur Taka abholen, aber danke für das Angebot.“, gab der Brünette zurück und während er sprach zog sich der kleine Lockenkopf bereits seine Schuhe an. „Wie jetzt, lässt du mich den Rest des Tages alleine?“ „Jetzt tu doch nicht so.“, grinste Taka und warf sich seine Jacke über. „Die Wohnung ist tip top und die paar Stunden wirst du auch ohne mich auskommen. Fackel nur bitte die Küche nicht ab, eine neue wird teuer!“ Auf das Augenrollen Torus hin musste Taka kurz auflachen, ehe er über die Türschwelle zu Takeru trat. „Bis später.“ Während Taka hinter dem Jüngeren die Treppen hinabstieg, musterte er immerzu dessen Rückseite und fragte sich, welcher Ausdruck wohl gerade auf seinem Gesicht lag. War Takeru wohl genauso nervös wie er selbst? Und war es überhaupt eine gute Idee gewesen, ihn um ein Treffen zu bitten? Taka spürte seine Hände feucht werden und auch seine Wangen wurden merklich wärmer. Wahrscheinlich würde er sich heute noch einige Male mehr blamieren. „Ist es okay, wenn wir zu mir fahren?“, fragte Takeru schließlich mit einem Lächeln auf den Lippen, als sie auf die Straße getreten waren, woraufhin Taka stumm nickte. - - - Der Jüngere wohnte mit dem Auto etwa 10 Minuten von Toru entfernt in einer recht ruhigen Ecke der Stadt, weniger zentral als Torus Wohnung und demnach auch viel ruhiger. Eine große Grünfläche war gegenüber dem weißen Apartmenttrakt angelegt, in welchem der junge Mann jeden Morgen joggen ging, wie er Taka auf der Fahrt erzählt hatte. Generell hatte er viel erzählt und Taka war sich nicht sicher, ob dies seine Art war, oder ob er dadurch versuchte seine Nervosität zu überspielen. Vermutlich letzteres, denn eigentlich hatte er Takeru als eine sehr ausgeglichene Person kennengelernt. „Geh ruhig schon ins Wohnzimmer. Möchtest du was trinken? Wasser? Cola? Tee?“, fragte Takeru, sowie er in der Küche verschwunden war. „Cola bitte. Wohnzimmer ist wo?“ Ein wenig orientierungslos schaute sich der Lockenkopf im Eingangsbereich um und traute sich kaum, ohne verbale Erlaubnis des Jüngeren, einen Fuß vor den anderen zu setzen. „Zweite Tür links.“ Der Anweisung Takerus folgeleistend schritt Taka leise in das beschriebene Zimmer und staunte nicht schlecht. Insgesamt war Takerus Wohnung kleiner als Taka sie sich vorgestellt hatte, jedoch auch viel gemütlicher. Unzählige Bilder zierten die Wände im Wohnzimmer und in den Regalen standen zig Souvenirs, Bücher, CDs, DVDs und Konsolenspiele. Fasziniert von all den Dingen schritt Taka näher an die Regale und beäugte ihre Inhalte. Besonders an den Filmen blieb der Kleine hängen und konnte bereits nach einigen Sekunden sagen, dass er und der Brünette in etwa denselben Geschmack hatten, was Hollywoodstreifen anging und direkt entstand im Kopf des Sängers das Bild von sich und Takeru, wie sie lange Filmabende machten, während sie auf dem Sofa saßen und- „Und? Was gefunden?“ Erschrocken zuckte Taka zusammen, hatte er den Jüngeren doch überhaupt nicht kommen gehört. „Ich…eh ja, schon. Ich kenne fast alle Filme die hier stehen, demnach hast du einen ziemlich guten Geschmack.“, grinste Taka verlegen und nahm sein Glas Cola dankend entgegen, ehe er dem anderen aufs Sofa folgte. „Tatsächlich? Hab bisher noch niemand anderes getroffen, der sich den ganzen Action Kram in einem solchen Ausmaß auch freiwillig gibt.“ „Verstehe ich! Ich glaube Star Wars guckt Toru auch nur aus Mitleid mit mir.“ Sowie sie beide auf Takas Kommentar hin lachten, bemerkte dieser, dass er noch immer den Schal des Jüngeren trug und stellte sein Glas ab, um ihn sich vom Hals zu wickeln. „Den hast du bei mir vergessen. Tut mir leid, dass ich ihn umgemacht hatte, ich wollte nur…nicht, dass Toru was mitbekommt.“ Die Stimme des Lockenkopfes war leise und sowie dieser seinen Kopf ein Stück zur Seite neigte, sah Takeru auch, worauf der Kleinere anspielte. Zaghaft hielt Taka diesem seinen Schal hin, fühlte aber anstatt dass er aus seinem Griff genommen wurde, nur eine warme Hand, die sich auf seine legte. Sich unschlüssig darüber wie er zu reagieren hatte, sah der Sänger daraufhin nur auf und traf auf den Blick des Jüngeren, der so ehrlich und gleichzeitig intensiv war, dass Taka meinte, Takeru könnte aus seiner Seele lesen. Röte stieg ihm in die Wangen. „Deswegen…“, begann Takeru und räusperte sich. „Ich wollte mich für gestern entschuldigen. Ich hätte es nicht ausnutzen dürfen, dass du in dem Moment auf mich angewiesen warst. Ehrlich, das tut mir unwahrscheinlich leid, ich hätte mich besser im Griff haben sollen.“ Hatte sich Taka schon mal in einer solchen Situation befunden? War er mit einer solchen in der Luft liegenden Angespanntheit vertraut, die ihm beinahe die Luft zum Atmen abdrehte? Der Lockenkopf wusste es nicht mehr, doch wahrscheinlich hätte ihm dieses mögliche Wissen auch nicht geholfen, war er doch nicht mal dazu fähig seine Gedanken richtig zu ordnen, geschweige denn sie in Worte zu fassen. Ein Schauer durchfuhr seinen ganzen Körper, sowie der brünette Mann ihm gegenüber begann, seinen Handrücken langsam zu streicheln. „Doch…naja…“ Der Blick Takerus löste sich von Takas und fixierte irgendeinen Punkt auf dem Sofa unter ihnen und der Ältere meinte zu erkennen, wie sich die Wangen seines Freundes leicht färbten. Nun stoppte dem Lockenkopf doch der Atem und gleichzeitig beschleunigte sein Herzschlag auf mindestens das Doppelte, ahnte er doch irgendwo in einer Ecke seines Verstandes, was Takeru da im Begriff war ihm zu sagen. „…doch ehrlich gesagt…dadurch, dass wir uns geküsst haben, ist mir bewusst geworden, dass ich…mehr als Freundschaft für dich empfinde, Taka.“ Ganz langsam und vorsichtig atmete der Kleinere aus, als fürchte er, dass er das Kartenhaus, welches sie zu errichten begannen, andernfalls wieder zum Einsturz brachte. „Ich bringe dich damit wahrscheinlich gerade total in Verlegenheit, vor allem weil ich ein Mann bin, hm?“ Jetzt wo Takeru wieder zu Taka aufschaute, erkannte dieser doch eine deutliche Röte auf seinen Wangen und spürte den eigenen, schnellen Herzschlag überall in seinem Körper pulsieren. Was hatte er darauf nun zu antworten? Sollte er sich bedanken? Gar nichts sagen? Oder doch einfach ehrlich das aussprechen, was er fühlte? Noch viel angespannter konnte die Situation ohnehin nicht mehr werden. „N-Nein…nein, eigentlich…ich weiß nicht, ich fühle mich…glücklich?“ Taka entschied sich für Letzteres und dachte gar nicht weiter über sein Tun nach, sondern drehte seine Hand nur so, dass er seine Finger mit denen des anderen verschränken konnte. „Ich war gestern so froh, dass du bei mir warst, ich hab mich in deinen Armen so sicher gefühlt und…der Kuss…ich kann nicht aufhören daran zu denken und immer wenn ich mich diesen Gedanken hingebe hämmert mein Herz so stark und…keine Ahnung…“ Langsam atmete Taka ein und wieder aus, versuchte sich zu beruhigen und vor allem seine Gedanken zu ordnen. Doch jetzt, wo er Takeru wieder so nah war und die Atmosphäre, die der vorhergegangenen Nacht so ähnelte, fiel es ihm so unwahrscheinlich schwer sich genau darauf zu konzentrieren. „Mir fehlen sechs Jahre meines Lebens und ich weiß, dass es in dieser Zeitspanne jemanden gab, der mir offensichtlich alles bedeutet hat, jedoch weiß ich nicht, wer diese Person war und auch nicht, ob es sie noch gibt…“ „Und wenn du von der Gegenwart ausgehst? Was fühlst du jetzt gerade?“ Takerus Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, dessen Klang Taka eine Gänsehaut bescherte. Ja, was fühlte er? Was verlangte er von den Menschen um sich herum und vor allem von sich selbst? Und was war es denn, was er fühlte? Was war der Grund dafür, dass er den Jüngeren nicht mehr aus seinem Kopf bekam? Vielleicht war die Antwort auch viel zu banal, als dass Taka sie sofort erkannte. „Wenn ich bei dir bin fühle ich Geborgenheit, glaube ich. Ich fühle mich wohl und…ich weiß nicht, alles fühlt sich so…richtig an.“ Taka selbst nahm seine Stimme nur verschwommen war, konzentrierte er sich doch so sehr darauf, einen logisch klingenden Satz auf die Reihe zu bekommen, wo ihn doch sein eigener Herzschlag so sehr von allem ablenkte. „Hat sich…der Kuss auch richtig angefühlt?“, fragte Takeru zaghaft und drückte dabei die Hand des Älteren so sanft, dass dieser es kaum gespürt hätte, wäre der Mann ihm gegenüber nicht das Zentrum seiner Aufmerksamkeit gewesen. Ganz langsam nickte der Sänger. „Ja, das hat er. Heute Nacht…hat sich alles richtig angefühlt. Der Kuss, deine Berührungen, dass ich mich dir so geöffnet habe…Takeru ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich mit all dem umzugehen habe, ich weiß ja nicht mal, wie ich mit mir umzugehen habe, dafür fehlt mir einfach die Erfahrung, diese sechs Jahre. Aber…aber ich denke, dass da etwas ist, was ich für dich empfinde, was auch…über Freundschaft hinausgeht. Und…und wenn du wirklich bereit bist, es mit mir zu versuchen, dann…lasse ich mich da gerne drauf ein.“ Zum Ende des Satzes brach Takas Stimme dann doch, fiel ihm doch der zweite große Brocken Erleichterung an diesem Tag vom Herzen, als er endlich das aussprach, was ihm die ganze Zeit über im Kopf herumgeschwirrt war. Als Takerus Augen sich ein Stück weiteten, war der Lockenkopf dann doch nicht mehr fähig den Blickkontakt aufrecht zu erhalten, sah stattdessen zu Boden und fand den roten Perserteppich mit einem Mal unwahrscheinlich interessant. „Taka,“ Sanft hob der Jüngere das Kinn des Angesprochenen an, sodass dieser seine Aufmerksamkeit wieder gänzlich ihm schenkte. „danke. Ich danke dir so sehr. Ich bin mehr als bereit es mit dir zu versuchen und ehrlich gesagt kann ich kaum glauben, dass du meine Gefühle erwiderst. Ich-“ Mitten im Satz wurde der Brünette dann doch unterbrochen, hatte Taka nach langem Ringen mit sich selbst diesem einen Bedürfnis, welches wohl eher ein unterdrückter, inniger Wunsch gewesen war, endlich nachgegeben und seine Lippen auf das hübsche Paar des anderen gedrückt. Etwas unsicher war der Lockenkopf dann doch, schließlich hatte er keinerlei Erfahrung im Küssen, zumindest keine an die er sich erinnern konnte, aber auch so genoss er diesen zärtlichen Kontakt, nach welchem er sich seit der letzten Nacht unbewusst gesehnt hatte in vollen Zügen, sodass er sich irgendwann von Takeru nach hinten in die Sofakissen drücken ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)