Von Abenteuern und dergleichen von Yosephia (Die Geschichte eines Hobbitmädchens) ================================================================================ Kapitel 17: Wunsch und Wirklichkeit ----------------------------------- Es ist keine Lüge in deinen Augen, wie ich befürchtet hatte… Ein Narr, aber ein ehrlicher Narr bleibst du… - Gandalf Als Eómer das Zimmer betrat, welches Goldfranse zur Verfügung gestellt worden war, war seine Jugendfreundin dabei zu packen. Ihr hölzernes Übungsschwert, der Kinderbogen und die kleine Axt lagen offen auf dem Bett. Offenbar hatte Goldfranse nicht mehr die Absicht, ihre kriegerische Natur zu verbergen. Der Gedanke bereitete Eómer Bauschmerzen, aber er straffte die Schultern und klopfte gegen den Türrahmen. Wie von ihm beabsichtigt, blickte Goldfranse von dem Bündel Bücher auf, welches sie gerade in Tuch einschlug, damit es bei der Reise keinen Schaden nahm. „Wir müssen reden, Goldi.“ „Ich wüsste nicht, worüber“, war die kaltschnäuzige Antwort. „Du denkst, ich bin auf Faramirs Seite, das stimmt auch, aber ich bin gleichzeitig auf deiner Seite. Ihr seid Beide meine Freunde.“ Goldfranses Augen blitzten vorwurfsvoll auf. „Davon habe ich in den letzten Jahren nichts mehr bemerkt.“ „Verzeih’, dass wir nicht nach jedem missglückten Versuch, deinen Vater zu überzeugen, dich mit uns ziehen zu lassen, zu dir gekommen sind“, erwiderte Eómer scharf. „Und verzeih’, dass ich mich nicht in deine und Faramirs Liebesangelegenheiten einmischen wollte.“ Eine verräterische Röte entflammte auf Goldfranses Wangen und bestätigte Eómers Vermutung. Als sei das nicht schon genug, senkte Goldfranse den Blick und nuschelte: „Da gibt es keine Liebesangelegenheiten…“ Eómer schnaubte. Seine bisherige Zurückhaltung hatte er aufgegeben. „Natürlich nicht… sonst hätte dir Faramirs tölpelhaftes Verhalten der letzten Monate ja etwas ausgemacht.“ Goldfranse wandte ihm brüsk den Rücken zu und legte das Bücherbündel in ihre Tasche. Eómer entging nicht, dass ihre Hände zitterten. „Du nennst das also tölpelhaftes Verhalten? Klingt ziemlich harmlos, wenn man bedenkt, was er alles getan hat.“ Mit wenigen Schritten war Eómer bei seiner Freundin, ergriff ihre Hand und zwang sie, ihm in die Augen zu blicken. „Er hat sich gewiss nicht mit Ruhm bekleckert, als er dir im betrunkenen Zustand ein ungeschicktes Geständnis gemacht hat, aber was du getan hast, war grausam.“ Goldfranses Blick flackerte. Tränen sammelten sich in den Augen, aber noch immer versuchte sie, sich stark und unerschütterlich zu präsentieren. Behutsam strich Eómer ihr über die goldenen Locken. Zuerst zuckte sie davor zurück, aber dann entkam eine Träne ihrer Kontrolle. „Goldi, es war zur völlig falschen Zeit, aber alles, was Faramir dir gesagt, hat er voll und ganz ernst gemeint.“ „Das ist ja das Problem!“, klagte Goldfranse und entwand sich seinem lockeren Griff. „Er will eine artige Frau, so wie Mutter eine artige Tochter will. Was ich will, ist ihm doch völlig einerlei.“ „Und was willst du?“, fragte Eómer ruhig. „Nein ehrlich, ich möchte wissen, was das alles bisher für einen Sinn hatte.“ Erklärend deutete er auf die Waffen und auf Goldfranses burschenhaften Aufzug. „Ich will frei sein“, krächzte sie, brach jedoch ab und senkte schon wieder den Blick. „Frei wovon?“, fragte Eómer unerbittlich weiter. Es war nicht rechtens, Goldfranse derart zu bedrängen, aber er hatte die Befürchtung, andernfalls bald nicht nur sie, sondern auch Faramir zu verlieren. „Von allem“, presste sie schwach hervor und kniff die Augen zu, sodass zwei weitere Tränen über ihre Wangen rannen. „Ich wollte doch immer nur… etwas von Mittelerde sehen und erleben… Wenn ich Faramirs Wunsch erfülle, bin ich wieder ans Auenland gefesselt.“ „Glaubst du denn, dass Faramir nach dieser Reise hier einfach sesshaft wird?“ Bei dieser Vorstellung schüttelte Eómer ungläubig den Kopf. „Irgendwann wird er der neue Tuk und Táin, aber bis dahin gibt es keinen Grund, ein normales Hobbitleben zu führen. Du weißt doch: Tuks sind keine normalen Hobbits.“ „Dann will ich, dass er endlich ehrlich zu mir ist und mich so anerkennt, wie ich bin“, murmelte Goldfranse nach einem nachdenklichen Schweigen. „Und ich will, dass weder Bier noch du noch sonst irgendjemand oder –etwas ihn dazu ermuntern. Wenn ihm diese Worte wirklich ernst waren, muss er aus eigenem Antrieb zu mir kommen.“ Goldfranse trocknete sich die Tränen und blickte beinahe trotzig zu Eómer auf. Dieser seufzte ergeben. Mit so etwas hatte er von Anfang an gerechnet. Im Grunde gab er seiner Kindheitsfreundin sogar Recht in dieser Sache, aber nach allem, was bereits geschehen war, würde es ihm wirklich schwer fallen, nichts zu unternehmen. „Ich werde ihm nichts sagen“, versprach er, sah Goldfranse dabei jedoch ernst an. „Aber mach’ es ihm bitte nicht noch schwerer, als es ohnehin schon ist.“ Sie nickte nur zaghaft, aber Eómer gab sich damit zufrieden und sprach eine andere Sache an, die ihm auf der Seele lag. „Es tut mir Leid, dass mir nie bewusst geworden ist, wie sehr dich das alles belastet. Ich habe mich innerlich immer damit raus geredet, dass sich die Dinge schon einrenken würden.“ „Und ich habe nie den Mut aufgebracht, meinen Eltern ins Gesicht zu sagen, dass ich nicht damit glücklich werde, in Mutters Fußstapfen zu treten“, gestand Goldfranse mit betretener Miene. „Ich werde das nachholen, wenn ich wieder im Auenland bin… nach der Reise zum Einsamen Berg.“ „Klingt gut“, erwiderte Eómer lächelnd und zog Goldfranse in eine geschwisterliche Umarmung. Zuerst spürte er, wie sich ihr Körper versteifte, aber nach wenigen Sekunden erwiderte sie die Geste inbrünstig. Eómer fühlte sich erleichtert. Vieles war noch ungewiss und das Glück seiner beiden Freunde war alles andere als garantiert, aber er verspürte dennoch Zuversicht und Vertrauen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)