Beyblade in Love von nataschl91 (Staffel 2) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Die laute Musik drängte sich durch mehrere Schleier an ihr Ohr, kalter blauer Zigarettenrauch vernebelte ihr die Sicht und die kalte Luft legte sich wie eine feste Hand um ihre Arme, während sie tief in seine Augen blickte und die kleinen Schauer genoss, welche sich über ihren Rücken erstreckten. Es trennten sie keine drei Meter, vielleicht war es sogar schon sein maskulines Parfüm, welches sie in der Nase hatte? Ohne auch nur eine Sekunde den Blick von seinen Augen zu nehmen blies sie den Rauch aus ihrem Mund und schnippte kurz an der Zigarette, welche sie ursprünglich gar nicht rauchen wollte. Scheiß Gruppenzwang. Er hielt seinen glimmenden Nikotinstängel elegant zwischen Zeige- und Mittelfinger, den Ellbogen auf einem der Tische gelegt, die andere Hand steckte halb in der vorderen Tasche seiner schwarzen Jeans. „Wir gehen wieder rein, kommst du?“, drang es an ihr Ohr. Sie nickte, blieb jedoch noch für ein paar Sekunden stehen, zog noch zwei, drei Mal an ihrer Zigarette und ging ebenfalls nach einem Blick, welcher ihm so viel wie „ich erwarte dich später auf der Tanzfläche“ sagen sollte nach drinnen. „Hey da bist du ja! Wir bestellen noch eine Runde, willst du auch noch einen Tequila?“ „Nein danke“, winkte sie ab und lehnte sich lässig an das Treppengeländer, „ich denke ich hol mir noch einen Cocktail…“ „Du…bist doch rattig, oder?“, lachte eine der jungen Frauen. „Bin ich gar nicht!“, grinste sie. „Oh doch! Ich hab doch deinen Blick gesehen!“ „Hast du dir die Schnitte mal angesehen? Geiles Gerät!“ „Na dann...? Rann an ihn!“, applaudierte eine andere Frau. Sie grinste noch breiter und ging lässig an die Bar, wo sie sich auf den Tresen lehnte und dem Barkeeper zuwinkte. „Einen Touch Down“, rief sie ihm durch die laute Musik zu und reichte ihm einen Geldschein. „So siegessicher?“, fragte plötzlich jemand und lehnte ebenfalls an der Bar. Als sie sich zu ihm umdrehte blieb ihr fast das Herz für einen Moment stehen und ihr Atem ging unregelmäßig. „Wieso siegessicher?“, fragte sie nach ein paar Sekunden, als sie sich einigermaßen gefangen hatte. „Naja…Touch Down…sagt ja schon alles, oder?“, grinste er. Sie zuckte mit den Schultern und versuchte so elegant wie nur möglich dabei auszusehen. Der Barkeeper kam erneut zu den beiden und nickte dem jungen Mann zu. „Dasselbe wie sie“, meinte er und zeigte auf das Glas der Frau. „Ebenfalls siegessicher?“, grinste sie und nippte an ihrem Getränk. „Oh, dass hoff ich doch“, lachte er durch die Musik, „bist du öfters hier?“ „Eigentlich nicht. Heute feiert eine Freundin ihren Junggeselleninnenabschied.“ Er zog eine schmerzhafte Grimasse: „Die Ärmste…“ „Du hältst also auch nicht viel von heiraten?“ „Dann haben wir ja was gemeinsam!“ Die beiden prosteten sich zu und tranken einen großen Schluck. „Ich halte allgemein nicht viel von diesem Beziehungszeug…ich bin ehr der Spaßtyp. Hast du gerade jemanden?“ „Wow. Überspringen wir ‚was arbeitest du, wo kommst du her‘ und kommen wir gleich zum Wichtigsten“, lachte sie, um zu überspielen, dass er sie eiskalt erwischt hatte. „Ich bin eben siegessicher“, zwinkerte er ihr zu, „also? Hast du gerade jemanden?“ „Vielleicht?“ Erneut zog er eine schmerzhafte Grimasse, während sie an ihrem Cocktail nippte, sich heimlich in die Faust grinste und „1:0 für mich“, dachte. „Jetzt mal ehrlich…“, machte er einen neuen Versuch. „Wo ist denn dein Jagdtrieb?“ „Ah…wir sind also eine verspielte, hm?“ „Vielleicht?“, grinste sie erneut. 2:0 für mich. Er seufzte, setzte das Glas an seine Lippen und trank den Touch Down mit einem Zug leer. Sie staunte nicht schlecht, als er noch zwei Kurze hinterher kippte, wo immer er die jetzt auch herhatte. Dann streckte er ihr seine Hand entgegen und fragte: „Spielen wir?“ Ohne ihm die Hand zu geben folgte sie ihm brav ins untere Geschoss, wo sich eine riesige Tanzfläche befand. „Ich steh auf deine Piercings“, grölte er ihr durch die lauthämmernde Musik zu, während er seine Hände von hinten auf ihre Hüften legte. Sie grinste ihm über die Schulter hinweg zu und bewegte sich zum Takt der Musik. Irgendwann packte er ihr Handgelenk, zog es hoch und legte ihren Arm um seinen Nacken, während seine andere Hand an ihren Po wanderte und fest zupackte. „Willst du noch was trinken? Geht auf mich!“ „Da sag ich nicht nein“, lachte sie und folgte ihm erneut zu der Bar, wo der Junge dem Barkeeper ein Zeichen gab. „Ich bin übrigens Bryan“, grölte er und reichte ihr die Hand. „Ich weiß“, grinste sie, „du gehörst zu den Blitzkrieg Boys.“ „Oh, ein Fan?“ „Nicht unbedingt.“ Er kippte sich erneut einen Kurzen runter und wandte sich erneut an sie: „Ich hab deinen Namen nicht verstanden!“ „Ich hab ihn dir auch nicht genannt“, lächelte sie verschmitzt. „Das ist aber unfair!“ Sie lachte hell auf und trank ebenfalls ihren Kurzen: „Sind nur du und Tala hier?“ Bryan sah sie groß an. „Du hast Tala gesehen?“, lallte er und lehnte sich noch mehr gegen die Bar. „Draußen beim rauchen.“ „Du rauchst?“ „Jupp.“ „Rauchen ist ungesund“, kicherte Bryan, „schädlich, hörst du?“ „Das sind die Liebe und die Gesellschaft auch.“ „Ich suche Tala schon seit einer Ewigkeit!“ „Wie gesagt…er war beim Rauchen.“ „Ich sag dem Kerl seit Jahren…hieks…dassssss Rauchen…ungesund is…aber…er hört nicht uf mich!“ „So ein böser Junge…“ Bryan blickte sie verträumt an und grinste schief: „Du wärst voll mein Fall…“ „Danke“, erwiderte sie und winkte einem Mädchen aus ihrer Gruppe zu, „aber ich muss jetzt gehen…sorry.“ „Was? Schon spät?“ „Ehr früh…“, tätschelte sie Bryan auf die Schulter und ging zu der Gruppe Mädchen, ohne ihn auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen. Sie schloss die Haustüre auf, torkelte zum Aufzug und drückte den Knopf. Während das Mädchen auf diesen wartete rieb sie sich die Schläfen und schwor sich, wie nach jedem dieser Abende nie wieder so viel Alkohol zu trinken. Mit dem typischen „Ping“ Ton kündigte sich der Aufzug an, öffnete seine Türen und sie trat ein. Kurz bevor sich die Metalltüren schließen konnten griff eine Hand dazwischen und zog sie wieder auseinander. „Oh mein…“, raunte das Mädchen, als sie den jungen Mann mit seiner Begleitung eintreten sah. „Hey!“, lachte die Andere, „isch hätte nischt gedacht, dass du…ihr noch bekommst!“ „Tja“, war alles was er erwiderte. Dort stand er nun direkt vor ihr, sie müsste nur die Hand nach ihm ausstrecken. Verzückt stellte sie fest, dass es tatsächlich sein Parfüm gewesen war, welches sie vorhin gerochen hatte. „Tala! Ich will…dass du mich gleich so richtig nimmst!“, lallte die Blondine und knabberte dem Jungen genüsslich am Ohr. Er guckte durchgehend auf die Anzeige der Stockwerke, erwiderte nichts auf ihre eindeutig zweideutigen Anspielungen und würde er sie nicht im Arm halten, wäre sie schon längst umgekippt. Erneut ertönte das „Ping“ und die Türen öffneten sich erneut. Tala und die Blondine stiegen aus. „Fuck…“, fauchte sie, nachdem sie wieder für sich war, „ich hätte Bryan nehmen sollen!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Ein schwerer Seufzer entwich Daniellés Lippen, während er den Kittel auf seinen Stuhl ablegte und den Laptop hochfuhr. Von wegen die Position als Oberarzt der Chirurgie ist sehr verlockend und du hast so viel Freizeit, dass du Langeweile bekommst. Er konnte sich vor Arbeit kaum retten, mal abgesehen davon, dass er teilweise noch die Arbeit seines Assistenzarztes machen durfte. „Ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich das so richtig gemacht habe…könnten Sie es noch mal kontrollieren?“, fragte dieser immer dann, wenn Daniellé einmal pünktlich Feierabend machen wollte. Also jeden Tag. Er massierte sich die Schläfen und rieb seine Augenwinkel. Wie viele Überstunden hatte er nun bereits angesammelt? Vielleicht könnte man sie langsam mal abfeiern? „Aber Doktor Hiwatari…“, belächelte sein Chefarzt die Frage immer, „Sie sind für uns unersetzlich und die Assistenzärzte kommen immer zu Ihnen, selbst wenn diese nicht mal aus Ihrer Abteilung sind.“ „Klar, wenn mein Oberarzt ständig mit Augenringen und mieser Laune mit mir schreien würde, dann würde ich mir auch einen anderen suchen.“ „Wollen Sie damit sagen, dass Ihr Kollege der Inneren Medizin zu einem schlechten Lehrer mutiert?“ „Ich will nicht schlecht über einen Kollegen herziehen, und schon gar nicht über einen nichtsnutzigen Säufer und spielsüchtigen“, erwiderte Daniellé und hob beide Augenbrauen. Sein Chefarzt überlegte kurz noch mal, was er gerade gehört hatte und guckte ihn schließlich schief grinsend an. „Ich mag Sie“, meinte der ältere Mann und klopfte Daniellé wie ein stolzer Vater auf die Schulter, „aber bei Ihrem Vorhaben die Welt zu verbessern kann ich Sie leider nicht unterstützen, Danny. Schließlich habe ich ein Krankenhaus zu leiten.“ „Verstehe.“ „Trinken Sie heute Abend ein Glas Wein und verführen ihre Frau…ich kann Ihnen versprechen, dass die Welt morgen dann nicht mehr so düster und trostlos aussieht.“ Daniellé biss sich auf die Unterlippe, schenkte seinem Chef jedoch ein müdes Lächeln und ging mit dem Stoß Krankenakten wieder seiner Tätigkeit nach. Am Ende des Flurs drückte er den Knopf für den Aufzug und überflog die erste Akte. „PAPA!“, rief plötzlich ein kleines Kind durch die Flure. Daniellé sah ruckartig auf und beobachtete, wie das Kind zu seinem Vater eilte, welcher gerade entlassen wurde. „Papa ich habe dich so sehr vermisst!“, jauchzte es und fiel dem Mann um den Hals. Die Umarmung war schon beinahe Herzzerreisend, worauf Daniellé sich für das Treppenhaus entschied. Ein paar Minuten später klopfte er am Zimmer seiner Patientin und trat ein. „Ah…Doktor Hiwatari“, begrüßte ihn seine Kollegin, „wir wollten gerade anfangen.“ „Guten Morgen“, grüßte er zurück und lächelte die Patientin an, „wie geht es Ihnen, Nancy?“ „Ich…ich bin aufgeregt“, murmelte die junge Frau und rutschte in ihrem Bett unruhig hin und her. „Keine Sorge, Nancy. Doktor Hiwatari und ich werden beide während der O.P. dabei sein und Sie ständig überwachen. Sie sind in den besten Händen. Ich werde im Saal anrufen und Bescheid geben, wir können in einer Stunde loslegen…“, meinte Daniellés Kollegin und ging aus dem Zimmer. Die junge Frau lächelte ihn breit an und schien etwas gefasster. „Möchten Sie, dass wir ihren Mann benachrichtigen, wenn Sie aus dem O.P. kommen?“, fragte Danny. „Oh…ähm…der biologische Vater meines Babys ist zurzeit außer Lande…er wird also nicht kommen können“, lächelte sie müde. „Normalerweise sagen Frauen mit Ihrem Hormonhaushalt ‚mein Ehemann‘, ‚Schatz‘ oder ‚Bärchen‘…womit hat er sich denn diesen coolen Namen verdient?“ „Nun ja…er ist schwul.“ Danny sah sie ungläubig an: „Umgedreht für nur eine Nacht? Ist ja krass!“ „Eigentlich waren wir seit über fünf Jahren in einer schon fast ehelichen Beziehung, als mir gesagt wurde, dass ich schwanger bin. Ich habe ihn damit überrascht und er mich damit, dass er es seit über zehn Jahren mit Männern treibt.“ „Sie nehmen das ziemlich gelassen hin.“ „Ich fand schon immer, dass er viel zu hübsch für einen Hetero war“, lächelte sie und setzte sich auf, „können…können wir uns noch ein wenig unterhalten? Ich…es beruhigt mich nur…“ „Natürlich, Nancy.“ Daniellé legte seine Akten weg und setzte sich neben das Krankenbett: „Worüber möchten Sie denn reden?“ „Einfach über alles“, kicherte sie, „wenn…es Sie nicht stört?“ Er schüttelte nur den Kopf. „Also…sind…sind Sie denn verheiratet?“ „Ja.“ „Wusste ich’s doch“, grinste Nancy und schnippte mit den Fingern, „wie lange?“ „Wir hatten letzten Montag 12 Jähriges.“ „Was? Zwölf Jahre?“, rief Nancy beinahe erschrocken aus. Daniellé nickte grinsend. „Dann müssen sie beide sicher schon viele Kinder haben?“ „Einen vierjährigen Sohn.“ „Sie wollen mir jetzt nicht wirklich weiß machen, dass zwölf Jahre Ehe nur ein Kind hervorbringen?“ „Wir…sind beide beruflich sehr beschäftigt.“ „Sie ist also auch Ärztin?“ „Anwältin…für dieses Krankenhaus unter anderem.“ „Also arbeiten Sie mit ihrer Frau zusammen…?“ „Muss nicht unbedingt sein. Sie ist hauptsächlich für Kunstfehler zuständig.“ „Aber Sie planen noch weitere Kinder, oder?“ „Eigentlich nicht. Es ist etwas kompliziert…“, lächelte Daniellé müde und kratzte sich an der Nase. „Nicht komplizierter als meine Geschichte. Ich habe also gewonnen!“ „Sieht so aus.“ In diesem Moment kam Daniellés Kollegin wieder ins Zimmer. „Wir werden Sie jetzt mitnehmen, Nancy. Sie können Doktor Hiwatari später wieder sehen.“ „Ja…das wäre schön…“ Er lächelte ihr noch einmal zu, bevor er das Zimmer verließ. Auf dem Flur rief ihn die Ärztin zu sich und gab Danny seine Akten, welche er im Krankenzimmer vergessen hatte. „Oh…danke Françoise“, bedankte er sich und setzte erneut zum Gehen an. „Warte mal, Danny…“, bat sie und striff sich eine von ihren blonden Strähnen hinters Ohr, „du…hättest nicht zufällig Zeit vor der O.P. noch einen Kaffee mit mir zu trinken?“ „Wir haben das doch schon hundert Mal besprochen, Françoise…“, seufzte er genervt. „Ja aber…mit dir kann man sich so gut unterhalten…“, schmollte die Frau. „Die Therapeuten sind im dritten Stock, rechter Flügel. Ober bei dir zu Hause bei deinem Ehemann!“ „Hey Daniellé!“ Oh nein…das hatte ihm gerade noch gefehlt… Er drehte sich zu der Frau um und setzte sich ein Grinsen aufs Gesicht: „He mein Schatz.“ Die Frau küsste ihn und begrüßte Françoise mit einem leichten Lächeln. „Na, habt ihr beide im Moment nichts zu tun?“ „Wir wollten uns gerade für die Operation fertig machen“, erklärte Françoise. „Ah…na dann viel Spaß euch Schnipplern“, grinste Daniellés Frau, „ich musste Kai versprechen, dass du ihn später im Kindergarten einen Besuch abstattest. Er wollte eigentlich gar nicht rein.“ „Ich habe eine viel bessere Idee“, erwiderte Danny und umarmte seine Frau, „was hältst du davon, wenn ich den kleinen Racker aus dem Kindergarten hole und wir uns in fünf Minuten in der Cafeteria zum frühstücken treffen?“ „Aber ich muss gleich zu einem Konzil!“ „Du fängst doch erst in knapp 40 Minuten zu arbeiten an, Trudie.“ Trudie lachte kurz auf und willigte schließlich ein. Dann sah sie zu Françoise: „Möchten Sie auch mitkommen?“ „Françoise muss die bevorstehende Operation noch vorbereiten und hat deswegen keine Zeit“, meinte Daniellé und warf seiner Kollegin einen vielsagenden Blick zu. „Oh mein Gott, guck mal wer da schon sitzt, Kai!“ „Mama!“ Daniellé hob Kai auf seinen Schoß und reichte seinem Sohn den Löffel für den Pudding. Dann nahm er einen großen Schluck von seinem Kaffee und lächelte seiner Frau genüsslich zu. „Du siehst müde aus…“, bemerkte Trudie und biss in ihr Brötchen, „seit wann bist du diesmal wach?“ „Als ich dich in dem pistaziengrünen Outfit gesehen habe…“ „Das war vorgestern.“ „Dann bin ich anscheinend seit vorgestern wach.“ Trudie seufzte und legte eine Hand auf die ihres Mannes: „Du weißt, dass wir dieses Wochenende ein Familientreffen haben?“ „Oh bitte…erinnere mich nicht daran…“, stöhnte Daniellé und trank seinen Kaffee aus. „Du weiß, dass dieses Wochenende schon morgen ist?“ „WAS?“ „Wir haben heute Freitag.“ „Freitag, Papa, Freitag!“, wiederholte Kai. „Du hast es vergessen, hm?“ „Oh Trudie…ich bin so Urlaubsreif…“ „Das seh ich“, kicherte sie. „Ich geh morgen zum Vorstand…ich brauche dringend schlaf!“ „Tu das. So mein Kleiner wir müssen Papa jetzt wieder arbeiten lassen“, klatschte Trudie in die Hände und hob Kai von Daniellés Schoß, „sag noch Tschüss.“ „Tschüss Papa“, winkte Kai, während er an der Hand seiner Mutter wieder in Richtung Kindergarten ging. *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* Daniellé beugte sich vorsichtig über die Schulter seines Sohnes und linste auf dessen Schulaufgabe. Er hob erstaunt die Augenbrauen, sagte jedoch nichts. Aus Erfahrung… „Na komm…“, seufzte Kai, „frag schon.“ „Nö“, erwiderte sein Vater, „du machst das schon!“ „Dich juckt es doch schon in den Fingerspitzen, oder?“ „Japp“, erwiderte Daniellé, „doch bevor ich den Zorn des Kai Hiwatari auf mich ziehe halt ich lieber den Mund.“ „Wie soll ich das jetzt bitte verstehen?“ „Ist dir schon mal aufgefallen, dass du in letzter Zeit unheimlich genervt bist? Ich mein nicht dieses genervt sein, was du sonst immer hast. Ich meine richtig genervt!“ Kai seufzte und rieb sich die Schläfen: „Ich weiß auch nicht…“ „Soll ich den großen Fehler begehen, und dich mal so von Vater zu Sohn fragen, was los ist?“ „Du meinst so ein typisches ‚Vater-Sohn-Gespräch‘, welches man in einem gewissen Alter führen sollte oder wie meinst du das?“ Daniellé lachte auf und warf sich das Küchentuch über die Schulter, mit welchem er gerade die Weingläser poliert hatte. „Was ist so lustig?“ „Ich lache, weil das Internet mittlerweile besser aufklären kann, als jeder Vater oder jede Mutter auf der ganzen Welt, Kai. Außerdem gibt’s da Anschauungsmaterial inklusive.“ „Du…wolltest dich also nicht mit mir über Sex unterhalten?“, fragte Kai argwöhnisch. „Das wäre sicher lustig geworden!“, kicherte sein Vater, setzte sich neben ihn und sah ihn ernster an, „möchtest du denn darüber reden?“ „N…nein!“ „Wieso läufst du denn rot an?“ „Tu ich gar nicht!“ „Ähm…doch?“ In diesem Moment ging die Tür zur Küche auf und eine schlanke Frau mit Pixicutfrisur trat herein, einen großen braunen Umschlag in den Händen haltend. Daniellé sah zu ihr auf, verzog keine Miene und sagte an seinen Sohn gerichtet: „Jetzt juckt’s mich in den Fingerspitzen…“ Kai schmunzelte erwiderte jedoch nichts. Die Frau kam zu den beiden rüber und drückte Kai einen Kuss auf die Wange: „Hallo mein Schatz.“ „Hallo Mama.“ Sie sah auf und überreichte das Kuvert weiter: „Daniellé…“ „Hiltrud.“ „Wie war dein Tag heute in der Schule, Spatz?“, fragte sie an Kai gewandt. „Wow…wieso ist es hier plötzlich so kalt geworden?“, wunderte sich Danny und rieb sich die Arme. „Lass deine dummen Bemerkungen. Du weißt ganz genau, dass ich jetzt nur hier bin, weil du den Termin beim Anwalt verpasst hast. Schon wieder.“ „Meine Liebe ich bin Arzt. Ich habe einen dicken Terminkalender und bin sehr beschäftigt. Und dann soll ich auch noch Zeit für so einen Schnösel haben, der mir Sachen erzählt, die ich eh schon weiß?“ „Wir hätten diese unangenehme Sache schon längst hinter uns bringen können, wenn du deine Termine einhalten würdest!“ Daniellé verdrehte die Augen, nahm das Kuvert erst jetzt entgegen und überflog die ersten Zeilen. „Wowowowowowo langsam! Du willst den Flügel haben? Du spielst noch nicht mal!“ „Na und?“ „Na und…? NA UND? Weißt du wie teuer der war?“ „Er ist ein Familienerbstück…“ „Eben!“ „Ich verbinde viele schöne Erinnerungen an diesen Flügel und deswegen möchte ich ihn gerne haben.“ „Tze!“ Kai sah von seinen Schulaufgaben auf und erwiderte tonlos: „Meinst du zufällig diese schönen Erinnerungen, als ich mit Großvater heulend am Flügel saß und lieber spielen gehen wollte, als Notenblätter zu üben?“ Seine Mutter lächelte ihn traurig an: „Aber jetzt bist du froh, dass du spielen kannst oder?“ Kai verkniff sich lieber die Antwort. Er wusste ganz genau wie theatralisch seine Mutter werden konnte. „Du könntest mir mal wieder etwas darauf vorspielen?“, bat Hiltrud und legte einen Arm um Kai. „Auf der Violine?“ „Nein…auf dem Flügel.“ „Er kann dir gerne das SpongeBob Friedzone Lied darauf vorspielen…“, schmunzelte Kais Vater. Sie sah Daniellé giftig an, doch dieser schmunzelte weiter und las weiter. „Den Salonsessel aus weißem Leder kannst du gerne haben…der war eh ein Geschenk deiner Mutter. Die Satinbettwäsche kannst du auch haben…in der konnte ich noch nie gut schlafen…ha!“ Kai sah seinem Vater zu, wie er sich beim Lachen den Bauch hielt. Jetzt konnte nichts Gutes kommen… „Du willst das Ehebett?“ „Du brauchst es doch nicht mehr, oder?“ „Und du? Was willst du allein mit so viel Platz?“ „Wieso viel Platz? So groß war es nun auch wieder nicht…“, winkte Hiltrud ab. „Nicht…so…ich sag dir mal was, mein Schatz dieses Bett ist 2,35 Meter auf 2,12 Meter groß und du sagst mir, dass ich nicht groß? Himmel!“ „Nenn mich nicht mehr ‚mein Schatz‘!“, protestierte sie. „Solange die Scheidung nicht durch ist, kann ich dir noch sämtliche Kosenamen geben“, grinste Daniellé breit, „ne…? Hasenpfötchen!“ Kai unterdrückte ein Auflachen und biss sich in den Finger. Schnell sah er aus dem Fenster, damit seine Eltern nicht sehen konnten, wie schwer ihm das fiel. Daniellé setzte sich wieder auf den Stuhl gegenüber seines Sohne und meinte: „Ich werde mir die Liste in Ruhe noch einmal durchlesen…mal schauen, was sich machen lässt…“ „Danke“, nickte Hiltrud und drehte sich zum Gehen um, nachdem sie Kai einen weiteren Kuss auf die Wange gegeben hatte. „Ach und Trudie…?“, warf Daniellé plötzlich in den Raum. Die Frau dreht sich ruckartig herum und sah ihn groß an. „Das nächste Mal bring was zum Kaffee mit.“ Sie verdrehte die Augen und verschwand. Stille erfüllte den Raum, Kais Vater überflog noch einmal die Liste und gab zischende Geräusche von sich, wenn er an Objekten vorbeikam, die sehr wertvoll oder allgemein wichtig für ihn waren. „Hasenpfötchen…?“, wiederholte Kai dann ungläubig. „Hast du die Hände deiner Mutter schon mal gesehen?“, fragte Daniellé, „die sind winzig!“ Kai grinste breit und räumte seine Schulsachen zusammen. Als er gerade sein Mäppchen in die Tasche fallen ließ hielt er inne, senkte seine Schultern und sah aus dem Augenwinkel seinen Vater an. „Du willst doch reden…hab ich Recht?“ „Wie kommst du denn darauf?“, wollte Kai abwesend wissen. „Ich kenn diesen Blick von dir. Und das letzte Mal, als ich diesen von dir gesehen habe, hast du mit tränenden Augen darum gefleht, bei mir wohnen zu dürfen, denn du würdest es mit deinem Großvater nicht mehr aushalten…“, überlegte Danny und guckte Kai direkt in die Augen, „über was willst du reden?“ „Wenn die Scheidung durch ist…“, begann Kai, „wer bekommt dann das Sorgerecht?“ „Weißt du Kleiner…“, murmelte Daniellé und legte den Kopf auf die Hand, „du bist bereits 18…du könntest es dir also aussuchen, ob bei mir, deiner Mutter oder vielleicht sogar in deiner eigenen Wohnung.“ „Ja schon…aber laut unserer Familienvorschriften…heißt es ja auch…“ „Ach…darüber mach du dir mal keinen Kopf!“, warf Daniellé ein. „Aber die Einladung dazu liegt schon auf meinem Tisch.“ „Ich weiß. Ich hab ja schließlich auch eine bekommen.“ „Das ist schon in zwei Monaten…“ „Auch das weiß ich…aber wie gesagt. Dein Großvater lässt ja nicht von sich hören…“ „Ja…noch nicht…“ „Seit wann bist du so ein Schwarzseher?“ Kai erwiderte nichts darauf…aber auch nur, weil er vergessen hatte, seit wann er so dachte. „Hör mal…ja es stimmt. Es könnte sein, dass das passiert…muss es aber nicht. Mach dir jetzt noch keinen Kopf darüber…geh lieber mit Freunden was trinken oder ins Kino oder was die Jugend von heute sonst noch für Freizeitaktivitäten hat.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)