My lovely Valentine von Tamanna (Geschichtensammlung zum Valentinstag) ================================================================================ Kapitel 10: Ich möchte geliebt werden ------------------------------------- Ich möchte geliebt werden     Es steht seit Ewigkeiten leer... Ich frag mich, wie lange schon. Ob hier überhaupt jemand nach dem Rechten sieht? … Egal, wenn niemand auftaucht – umso besser. Ich will allein sein... Ray zog eine kleine Schachtel aus der Jackentasche und betrachtete sie. Wenn mich keiner liebt... dann doch wenigstens sie...   Als Ray wieder nach Hause kam, herrschte mal wieder ein heilloses Chaos. Hilary war auf der Suche nach Tyson. Doch Ray wusste, dass der mit Max zusammen war. Kai hingegen folgte ihr auf Schritt und Tritt. Und genau das war es, was Ray so zu schaffen machte. Kai schien sich für Hilary zu interessieren, nur nicht für ihn. Hilary hingegen wollte etwas von Tyson, der allerdings mit Max in einer Beziehung zu sein schien. Was Kenny betraf, so war es mit ihm, wie mit Kai. Auch er wollte etwas von Hilary. Die einzigen, die zusammen gefunden hatten und glücklich waren, ganz ohne Probleme, waren Tysons Bruder Hiro und die hübsche Yuna. Ray stand im Wohnzimmer und beobachtete teilnahmslos das Theater. Kai stand neben Hilary und redete auf sie ein, während Kenny daneben stand und kein Wort hervorbrachte, außer irgendeinem Gemurmel. Kenny traut sich auch nicht, mal was zu sagen... „Kai...“ Ray wartete auf eine Antwort, doch der Angesprochene reagierte nicht. „Kai, hast du-“ „Nicht jetzt!“, fauchte Kai und lief hinter Hilary hinterher, die in den Flur verschwand. Ray sah ihm nach. Was habe ich denn auch erwartet... Ich interessiere dich ja auch nicht. Mich willst du nicht sehen, geschweige denn, mit mir zusammen sein... Seufzend ging Ray in sein Zimmer und setzte sich auf die Bettkante. Nach einem kurzen Moment, ohne jegliche Gedanken in seinem Kopf, stand er wieder auf und zündete die Kerzen an, die er an verschiedenen Punkten in seinem Zimmer zu stehen hatte. Jedes Mal hab ich das Gefühl, als wäre mir kalt, wenn Kai so ist... Nur dass die Kerzen mich nicht wärmen. Er lief ruhelos durch das Zimmer. Nach einer Weile pustete er die Kerzen wieder aus und verließ sein Zimmer. Er schloss es seit einiger Zeit immer ab, damit niemand einfach hineinging. Als er endlich unter der wärmenden Dusche mit dem fast heißen Wasser stand, beruhigte er sich etwas. Aber er wusste genau, sobald er aus der Dusche käme, würde ihm wieder kalt sein. Dennoch blieb ihm nach einer Weile nichts anderes übrig, als das Wasser abzustellen und das Bad für Max freizumachen. Wenigstens sind die beiden glücklich... Er schaute ihm wehleidig nach, ging dann aber in sein Zimmer zurück und verkroch sich unter der Decke. Ohne jemanden an seiner Seite war es trotzdem noch kalt, aber längst nicht so, wie sonst immer. Es war angenehm warm und er schlief schnell ein, was in letzter Zeit häufiger vorkam...   ...Er saß allein in seinem Zimmer, umgeben von Kerzen. Alles schien ruhig, doch plötzlich verschwand das Zimmer in einem grautönigen Wirbel und er fiel ins Bodenlose. Er wollte schreien, doch kein Ton war zu hören. Niemand reichte ihm eine Hand. Niemand war zu sehen. Nirgendwo. Er landete unsanft auf einem harten Boden in einem Nichts aus Dunkelheit. Es gab nur eine einzige Lichtquelle. Er ging darauf zu und schaute nach oben, in der Hoffnung den Ausgang zu finden. Doch es gab keinen und war auch niemand da, der ihm helfen könnte. Hören konnte ihn auch niemand, da seine Stimme wie verschwunden war. Dazu war es auch noch kalt, er konnte seinen Atem kondensieren sehen. Die Kälte drang ungewöhnlich schnell bis auf seine Haut und er begann zu zittern. Dann sah er ein kleines Stück hinter dem Lichtkegel eine kleine Schachtel liegen. Er hob sie auf und sah hinein. Es waren Streichhölzer darin. Er nahm eines heraus und entzündete es. Es wurde sofort wärmer. Er suchte nach etwas, um die Flamme zu halten, doch es gab sonst nichts. Die kleine Flamme brannte immer weiter herunter und er bekam Angst, dass er sich die Finger verbrennen würde. Doch irgendwie faszinierte ihn die Flamme und vergaß, dass sie herunterbrannte. Als sie seine Finger erreichte, erschrak er erst, doch dann nahm er die Wärme wahr. Es tat überhaupt nicht weh, es war einfach nur warm. Nach einer Weile war er vollständig von Flammen umgeben, die das dunkle Nichts erhellten und wärmten. Er selbst stand mittendrin. Hinter sich hörte plötzlich eine Tür aufgehen und jemanden seinen Namen rufen... „Ray! Ray, komm da raus!“ Die Stimme klang wie die von Kai, doch durch die Flammen konnte er nichts als einen Schatten erkennen. „RAY!“   Ray saß kerzengerade im Bett und sah sich erschrocken und hastig atmend um. Ein paar Teelichter, die er vorhin wieder entzündet hattte, brannten noch und warfen schummriges Licht an die Wände. Dieser Effekt erinnerte ihn überdeutlich an den Traum. Aber es war niemand in seinem Zimmer, der seinen Namen genannt hatte. Er stand enttäuscht auf, pustete die Kerzen aus und schlief dann weiter.   Tags darauf versuchte Ray erneut Kais Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie waren alle im Wohnzimmer versammelt. Max und Tyson saßen auf dem Sofa, Kenny auf dem Sessel und Hilary und Kai standen mitten im Raum. Ray hatte sich an die Wand gelehnt und sah zu. Kenny ließ offensichtlich gerade alle Hoffnungen fahren, dass Hilary je seine Freundin werden würde. Ray hörte nicht wirklich zu, was Kai Hilary zu sagen hatte. Erst als sie aus der Haut fuhr, horchte er auf und schaute zu ihnen. „Mein Gott, es interessiert mich nicht! Lass mich in Ruhe damit! Wieso versuchst du sowas überhaupt?!“, brüllte sie. „Du hörst mir wohl nicht zu!“, gab Kai genervt zurück und versuchte ihr zu erklären, dass sie bei Tyson einfach keine Chance haben konnte. Als zwischen den beiden Funkstille herrschte und sie wütend den Raum verlassen hatte, genauso wie Kenny, wandte Ray sich an Kai. „Hast du einen Moment Zeit?“, fragte er. Kai wirbelte wütend herum. „Jetzt nicht!“, fauchte er. Ray zuckte zusammen und ging dann wortlos in sein Zimmer. Er ließ die Tür ins Schloss fallen und sank auf sein Bett. Er hat doch nie Zeit... Er hört mir ja nie zu. Er will mir ja nie zuhören. Er lässt mich ja nicht mal reden. Er will nichts von mir wissen... Was muss ich denn tun, dass er mir endlich zuhört? Er blieb nicht lange dort, sondern ging nach einer Weile wieder zu dem alten Haus am See. Es stand seit Jahrzehnten leer und sah auch entsprechend aus. Nicht unbedingt verfallen, aber man sah doch, dass es ungenutzt war. Allerdings interessierte sich auch niemand dafür, denn im Inneren des Gebäudes standen noch die Möbel, die unter weißen verstaubten Leintüchern abgedeckt waren. Ray zog eines davon weg und setzte sich in den alten dunkelgrünen Ohrensessel. Er schaute auf den verhüllten Tisch. Darauf lag eine kleine Schachtel, die nicht von Staub bedeckt war. Er nahm sie, zog ein kleines Hölzchen heraus und entzündete es. Genauso wie am Tag zuvor. Die Flamme strahlte ein bisschen Wärme aus. Wie in seinem Traum schien sie ihn zu beruhigen. Ein trauriges Lächeln trat in sein Gesicht, doch als die Flamme ihn beinahe berührte, schaltete sich seine Vernunft wieder ein und er pustete sie hastig aus. Seufzend legte er den Kopf an die Lehne des Ohrensessels und schloss die Augen. Hier konnte er sich wenigstens für eine kurze Zeit ausmalen, wie es wohl wäre, mit Kai zusammen zu sein. Doch im Moment konnte er nur daran denken, wie Kai ihn ständig abwies. Wenn er mir doch nur zuhören würde... Wenn er mich wenigstens verstehen wollen würde. Aber das tut er ja nicht... Er ignoriert mich total. Jedesmal wenn ich mit ihm reden will, schreit er mich an. Dabei möchte ich doch nur ein bisschen Aufmerksamkeit... Zuneigung... seine Liebe...   So ging es tagelang weiter, nur das Ray es aufgegeben hatte, Kai ansprechen zu wollen. Kai war noch immer sehr oft gereizt, also wollte er einem Wutausbruch auf diese Weise entgehen. Stattdessen hoffte er, dass Blicke deutlich machten, dass er mit ihm reden wollte. Dass es etwas gab, dass ausgesprochen werden musste. Blicke, die vielleicht auch seine Gefühle deutlich machten. Doch das ignorierte der Halbjapaner gänzlich. Also ließ Ray auch das bald bleiben und entschied sich letztlich dazu, zu schweigen. Was er auch sonst oft tat. Doch jetzt sagte er den ganzen Tag gar nichts und wiederum schien es niemanden zu interessieren. Weder Kai noch die anderen. Niemand fragte ihn, ob etwas passiert sei oder was mit ihm los war. Heute saß er am Tisch und rührte das Essen nicht an. Ich komm mir so überflüssig vor... Als wäre ich unsichtbar. Was soll ich hier? Keiner interessiert sich für mich. Sie ignorieren mich alle... Aber wo sollte ich hin? Zu den White Tigers? Nein. Aber eigentlich will ich hier doch gar nicht weg. Was soll ich denn noch tun? Muss ich erst irgendein Zeichen setzen, damit sie bemerken, dass ich auch noch da bin?? Ich bin nicht unsichtbar! Ich bin hier! Sie sehen mich, sie wissen, dass ich da bin und sie können mit mir reden. Aber keiner tut es! … Ich halte das nicht mehr lange aus... Während er nachdachte, hatte er im Essen nur herumgestochert. Niemanden hatte es interessiert, es hatte auch keiner gefragt, warum er nicht aß. Er hatte lediglich Hilary meckern gehört, als sie den Tisch abgeräumt hatte, aber da war er schon am gehen. Sein Weg führte ihn neuerlich zu dem alten Gutshaus am See. Kai warf einen Blick aus dem Fenster, als er die Tür ins Schloss hatte fallen hören. Er sah Ray den Weg entlanggehen. Von seinem Zimmer aus konnte er gerade so das Gutshaus erkennen. Nach einer Weile sah er Ray dort hinein gehen. Was macht er bloß dauernd in diesem alten Haus? Da gibt es doch nichts. Er war jetzt schon ein paar Mal dort... fast jeden Tag. Möchte mal wissen, was er da macht...   Es dauerte ungewöhnlich lange, bis Ray an diesem Abend zurückkam. Und keiner schien sich Gedanken zu machen, wo er überhaupt war. Nur Kai verschwendete noch einmal kurz einen Gedanken an ihn, doch fast im selben Moment ging die Tür auf und Ray huschte durch den Flur. Kai sah ihn gerade noch so. Was zum Teufel hat er so lange da gemacht? Da gibt es doch absolut nichts Spannendes! Kenny sah Ray fragend nach, als dieser wortlos in seinem Zimmer verschwand. „Was war denn das jetzt? Wo war er überhaupt?“, fragte er. Kai seufzte genervt. „Was weiß ich, was er jetzt schon wieder hat.“ Irgendetwas hat er definitiv... Da ist was passiert, er hat einen Verband an der Hand. Was macht er in dieser bescheuerten Bruchbude?? Kenny stand auf und klopfte an Rays Zimmertür. „Ray, ist alles in Ordnung? Was ist los?“ „Nichts, was soll schon sein? Alles ok!“, kam die Antwort, woraufhin Kenny mit den Schultern zuckte und wieder ging. Ray hatte gehofft, dass Kenny weiter fragen würde, dass er gezwungen sein würde, die Tür aufzureißen und eine Szene zu machen, nur damit er endlich einmal gehört würde. Doch Kenny war gegangen. Keine weitere Frage. Die Sorge um ihn war also nur kurz. So ist das... Das reicht also schon? Das reicht, damit ihr glaubt, es sei alles in Ordnung? So sehen sie mich also... Sie glauben, ich brauche keine Hilfe. Sie glauben, mich zu kennen... Vielleicht brauche ich wirklich keine Hilfe. Aber Freunde, Liebe... die werde ich doch brauchen dürfen...? Er berührte vorsichtig den Verband an seiner Hand. Es tat weh und es fing langsam an wieder zu brennen. Die Kühlsalbe verlor ihre Wirkung schon wieder. Diesmal war es doch passiert. Er hatte sich an der Hand verbrannt und weil die Schmerzen trotz Kühlen im Seewasser nicht auszuhalten waren, war in die Notaufnahme eines naheliegenden Krankenhauses gelaufen. Er hatte eine Notlüge erfinden müssen und hatte angegeben, dass niemand zu benachrichtigen sei. An und für sich war die Verbrennung nicht so schlimm, doch er wollte nicht dort bleiben. Also hatte sie ihm zwei Salben und Verbandsmaterial mitgegeben. Es würde noch einige Tage schmerzen, doch jetzt ignorierte er sie weitgehend, legte sich hin und schlief ein...   ...Flammen züngelten hoch. Wurden mehr und mehr und kreisten ihn immer weiter ein. Die Stimme hinter der Wand aus Feuer wurde lauter und verzweifelter, doch konnte der Besitzer nicht zu Ray vordringen. Ray hatte ihn außerdem auch aus den Augen verloren und drehte sich inzwischen hektisch suchend im Kreis. Doch er konnte keinen Ausweg finden und er rief auch nicht mehr um Hilfe. Die Person hinter diesem Flammenkreis sollte nicht in Gefahr geraten und was mit ihm geschah war ihm egal, er war hier sowieso gefangen. „Verschwinde! Hau ab! Lass mich allein!“, schrie er den Flammen entgegen, in der Hoffnung der Schatten dahinter würde aufgeben und verschwinden...   Mit einem pochenden Kopfschmerz wachte er mitten in der Nacht auf. Ihm war warm und es drängte sich ihm einmal mehr die Frage auf, wer das in seinem Traum war. „Ich brauche das nicht...“, murmelte er und ließ sich in die Kissen zurückfallen. Er wollte nicht mehr daran denken. Mit Erfolg, denn er fiel in einen traumlosen Schlaf.   Am nächsten Morgen überlegte Ray, Kai doch noch einmal anzusprechen. Aber nicht sofort, er wartete ab und sprach ihn erst am Nachmittag an. Kai wollte gerade ein weiteres Mal versuchen mit Hilary zu sprechen, die ihn jedoch einfach stehen ließ. Diesen Moment nutzte Ray. Er trat näher, doch Kai lief Hilary hinterher, nahm ihr Handgelenk und fing sich direkt eine Ohrfeige ein. Ray trat an seine Seite. „Hast du einen Moment?“, fragte er. Doch Kai wandte sich wütend zu ihm um und funkelte ihn an. „Nein habe ich nicht und warum zum Teufel fragst du mich das dauernd??? Seh ich gerade so aus, als würde reden wollen?! NEIN, will ich nicht!“, fluchte er lautstark. Ray schluckte. Wenn Kai wütend war, dann richtig. „Tut mir leid, ich wollte doch nur...“, begann er, legte er dann aber den Rückwärtsgang ein. Kai folgte ihm. „Ich hab grad überhaupt keinen Nerv dafür und was immer du willst, frag mich ein andermal!“, knurrte er und trieb Ray in den Flur. Kenny und Hilary sahen es aus dem Wohnzimmer. Ray ging eingeschüchert weiter rückwärts, während Kai zumindest stehen geblieben war, wenngleich sein Blick immer noch vor Wut sprühte. Ray atmete tief durch. Okay, das war eindeutig... Tut mir leid, dass ich dich liebe... Aber ich frage nie wieder, ob du Zeit hast... Dann ging er. Kenny sah ihm verwirrt nach und Kai ging wortlos in sein Zimmer.   Rays Weg führte ihn ziellos durch die Stadt. Doch als er spürte, wie wenig es ihm half, dass all die glücklichen Paare, die er überall zu sehen schien, ihn noch deprimierter machten, flüchtete er in einen alten Hausaufgang. Er wollte es nicht, dass irgendwelche Leute seine Schwäche so deutlich sehen konnten. Es war ruhig in dem Aufgang und roch nach abgestandener Luft und Staub. Ray fischte die Streichholzschachtel aus seiner Jackentasche und sah sie an. Während er das tat, sah er durch den immer wieder kehrenden Nebel seines Atems, der in der kalten Luft kondensierte. Der Aufgang gehörte zu einem leeren Gebäude, wie er feststellte, denn sonst würde das nicht passieren. Er zündete eines der Hölzchen an und sah an den Wänden Geschmiere. Er ließ die kleine Flamme herunter brennen, doch kurz bevor sie seinen Verband erreichte, schaltete sich sein Gehirn ein und er pustete sie aus. Etwas beruhigter verließ er den stickigen Aufgang. Dann erst führte sein Weg ihn zum alten Gutshaus. Dort wiederholte er dasselbe Spiel. Dann zündete er eine Stumpenkerze an, die er in einer der alten Kommoden gefunden hatte und stellte sie auf den Tisch. Einige Zeit später ging er in das Obergeschoss. Dort war er bisher nur einmal gewesen. In einem Raum am Ende des Ganges fand er ein riesiges verhülltes Bett und einige andere in Tücher gehüllte Möbel. Er war müde also ließ er sich auf das Bett sinken und schlief schnell ein...   ...Die Flammen wuchsen immer höher, kamen immer dichter und berührten ihn fast. Jetzt wurde es glühend heiß und der beißende Rauch nahm ihm den Atem. Die Person, die ihm zuvor helfen wollte, stand wieder irgendwo hinter den Flammen und rief seinen Namen. Diesmal wollte er rufen. Er wollte die Hilfe annehmen, doch aus seiner Kehle drang kein einziger Ton. Der Qualm brannte in den Augen und im Hals...   „Meine Güte, jetzt halt doch mal die Beine still!“, fauchte Kai Kenny an. Seit zehn Minuten wuselte Kenny nun schon aufgebracht durch das Zimmer. „Das sagst du so, Kai! Und Ray? Der ist immer noch nicht zurück!“, jammerte er. „Setz dich hin, verdammt! Der kommt schon zurück!“ Kai stand auf und ging ans Fenster, während Kenny weiter jammerte. Kenny hat Recht... Ray ist ungewöhnlich lange weg. Zu lange. So lange war er noch nie weg. Wo ist er? Während Kai nachdachte, kamen nach und nach auch die anderen dazu, sich fragend, wo Ray war. Kurzerhand entbrannte eine Diskussion darum, die Kai zu nerven anfing. „Verdammt nochmal, haltet die Klappe! Ray wird von allein zurückkommen! Also kriegt euch endlich wieder ein!“, schrie er sie wütend an, Hauptsache sie hörten ihn in der Diskussion auch. Erschrocken sahen sie ihn an. Hilary war es, die vortrat. „Kai... Ehrlich gesagt bist du doch Schuld daran, dass er gegangen ist. Meinst du nicht, dass du etwas zu hart zu ihm warst?“, fragte sie. Kai atmete durch und beruhigte sich wieder. Sie hatte Recht und er wusste es. „Und?“ „Du könntest ihn suchen gehen.“, schlug Kenny leicht bissig vor. „Und wo? Ich weiß nicht, wo er sein könnte...“, gab Kai zurück. „Egal, er wird schon irgendwo sein... Es ist doch Valentinstag und wir wollen ihm auch was schenken... Jetzt mach schon.“, bat Hilary. Die anderen sahen betreten zu Kai und schwiegen. Einen Augenblick lang herrschte Stille und Kai sah zum Fenster. Natürlich... Da ist er... Da war in letzter Zeit so oft, warum nicht auch heute? Ohne ein Wort verließ Kai hastig das Haus, während die anderen ihm erstaunt nachsahen.   Sein Weg führte ihn direkt zum Haus am See hinunter. Schon von weitem sah er, das etwas nicht stimmte. Die untere Etage war hell erleuchtet. Aber nicht, als würden Lampen leuchten, sondern es flackerte und das war ungewöhnlich. Zum einen weil keine Lampen leuchten konnten, wenn es keinen Strom gab und zum anderen weil Lampen nicht flackerten. Als er ankam, war er geschockt. Das Haus brannte, die untere Etage stand in Flammen! Bitte lass ihn nicht dort sein!! Kai rannte zu den Feuerwehren, die bereits eingetroffen waren und fragte, ob jemand herausgeholt worden war oder noch drin war. Doch darum hatte sich offenbar niemand gekümmert, da das Haus allgemein als leerstehend bekannt war. „Warum sollte da jemand drin sein, es steht doch leer!“, war die Antwort. Kai forderte, dass man sich darum kümmern sollte, doch niemand interessierte sich dafür. Er wusste, Ray war da drinnen und er würde ihn ganz bestimmt nicht den Flammen überlassen! Hastig ließ er sich bis auf die Haut nass spritzen, während er unter einem der Wasserstrahle entlang lief und dort einen Moment verharrte. Dann rannte er hinein. Unten konnte er fast nirgendwo mehr hin, doch die Treppe nach oben war noch frei. Er hoffte inständig, dass Ray irgendwo oben war. Der Rauch überall erschwerte ihm die Sicht und das Atmen, doch er stieß jede Zimmertür auf, die er oben sehen konnte. In einem der letzten Zimmer fand er ein riesiges Bett auf dem er im Rauch einen dunklen Schemen auf dem weiße Laken ausmachen konnte. Ray! Er rannte zu ihm, schüttelte ihn, verpasste ihm Ohrfeigen und schrie ihn an. Nur für eine Sekunde gelang es Ray ihn anzusehen, doch dann schlossen sich seine Lider wieder. „RAY! Du verdammter Idiot!“, fluchte Kai und wuchtete ihn über seine Schulter. Mühsam gelang es ihm, Ray auf seinem Rücken zu halten und dann trug er ihn aus dem Raum. Die Hitze und der Qualm drangen immer weiter nach oben und machten es ihm schwer, Ray sicher die Treppe hinunter zu bringen. Immer wieder fielen brennende Holzteile von der Decke herab, die sie knapp verfehlten. Kai beeilte sich. Er wollte das Haus verlassen haben, bevor der Dachstuhl in sich zusammenfiel. Ausgerechnet kurz vor dem Ausgang fiel ihm ein brennender Balken vor die Füße, der ihm den direkten Ausweg nach draußen versperrte. Nein... Wir müssen hier raus! Hastig sah er sich um und es blieb nur der Weg nahe an den Flammen vorbei. Vorsichtig lief er um den Balken herum, bedacht darauf, sich und Ray nicht zu verbrennen. Kaum, dass er die Schwelle übertreten hatte und ein paar Meter vom Haus weg stand, krachte ein weiterer brennender Balken herab der den Hauseingang nun ganz versperrte. Den Kopf wie leergefegt, sog Kai die frischere Luft ein und schaffte es irgendwie mit Ray zu einem der Feuerwehrwagen, wo er mit ihm zu Boden sank und Rays Kopf in seinen Schoß legte. Sofort kamen ein paar der Männer angerannt und Kai hörte irgendetwas von einem Krankenwagen, der gleich hier sein sollte. Der kam auch überraschend schnell, wie Kai empfand und kurz darauf war Ray auch schon mit Sauerstoff versorgt. Von einer Mund-zu-Mund-Beatmung hatte der Einsatzleiter ihn abhalten können, denn auch Kai hatte zu viel Rauch eingeatmet. Stattdessen hatte er es übernommen und Kai spürte noch jetzt den Drang ihn von Ray wegzureißen. Ich war nicht einmal halb so lang da drin wie Ray! Blödsinn! Kai beobachtete genau, wie die Sanitäter nach einer Weile die Beatmungsmaske wieder abnahmen. Ray hatte die Augen geöffnet. Sie überprüften seinen Blutdruck, die Pupillenreaktion und ob er reagierte und wandten sich dann Kai zu, als Ray keine Hilfe mehr benötigte. Kai bekam zwar keinen Sauerstoff, aber sie entdeckten leichte Verbrennungen an den Beinen, wo sie ihm eine kühlende Salbe auftrugen und ihm die Tube in die Hand drückten. Er hörte zwar, dass sie ihm erklärten, wie er sie anzuwenden habe, doch er achtete nur auf Ray, der ihn die ganze Zeit fixierte. Als endlich Ruhe um sie herrschte, glaubte Ray, sich in einem Traum zu befinden. Doch Kais Hand an seiner Schulter und seinem Arm belehrten ihn eines besseren. Es war wirklich so. Kai hielt ihn fest im Arm, dass er ihm ja nicht von den Beinen rutschte. Er wollte etwas sagen, doch Kai hielt ihn davon ab. „Du bist ruhig. Ich will kein Wort hören!“, sagte er energisch. Ray sah betreten beiseite. Ich wusste es... „Was hast du dir dabei gedacht? Du hättest draufgehen können!“, meckerte Kai mit hörbar besorgtem Unterton. Ray sah mit zusammengezogenen Augenbrauen und verwirrtem Blick zu ihm auf. „Wag es dir noch einmal, so etwas zu tun, dann kannst du was erleben!“ Der Schwarzhaarige auf seinem Schoß wollte etwas erwidern, sich verteidigen, doch Kai hielt ihn davon ab. „Erklär mir, was du hier zu suchen hattest! Du warst nicht das erste Mal hier, ich hab dich gesehen! Was hast du hier gemacht?“, fragte er. Ray schwieg einen Augenblick, doch dann sah er Kai in die Augen. „Immer, wenn ich mit dir reden wollte, hast du mich so angefahren... Nie hattest du Zeit...“ Kai seufzte. „...Warum wohl? Du weißt doch ganz genau, dass ich nicht reden will, wenn ich schlechte Laune habe.“ „Ich werd's mir merken...“, sagte Ray und wollte aufstehen, doch Kai zog ihn zurück. „Mach das nie wieder! Wie sonst sollte das Haus in Flammen aufgehen, wenn nicht jemand mit dem Feuer gespielt hat?“, forderte Kai und zog ihn dann in seine Arme. Ray spürte seinen warmen Atem an der Schulter und erschauderte. „Woher... Wie kommst du darauf?“ „Glaubst du ich bin blind? Ich habe Augen im Kopf und eins und eins kann ich auch zusammenzählen. Erstens bist du gestern mit diesem Verband nach Hause gekommen und zweitens hast du heute dein Zimmer nicht abgeschlossen. Ich bin kurz hineingegangen, bevor ich hierher kam und da war mir klar, was der Verband heißt und was du tust, wenn du nicht zu Hause bist.“, erklärte Kai. Ray schwieg darauf. Was sollte er auch sagen. Kai hatte Recht. „Wie lange, Ray? Wie lange machst du das schon?“, fragte Kai. „Nur wenn ich traurig und allein bin. Und allein war ich in letzter Zeit sehr oft.“ Kai drückte ihn noch fester an sich. „Das tut mir leid... Das hab ich nicht bemerkt.“, murmelte er. Ray antwortete nicht. Stattdessen sah er nur zum glitzernden See hinüber. Der Mond spiegelte sich darauf und das qualmende Haus warf seine Schatten. Plötzlich glaubte er ein leises „Ich liebe dich“ zu hören. „Was?“ „Nichts. Gehen wir nach Hause?“, sagte Kai und klang eindeutig ausweichend. Ray schüttelte den Kopf und sie standen auf. Wunschdenken... Das hat er bestimmt nicht gesagt. Oder doch? Am Krankenwagen erhielten sie die Erlaubnis nach Hause gehen zu dürfen. Sie hatten großes Glück gehabt, dass sie keine Rauchvergiftung bekommen hatten. Langsam liefen sie den Weg nach Hause entlang. Dort angekommen sahen ihre Freunde sie geschockt an. Ihre Gesichter waren verrußt und in Rays Gesicht konnte man noch den Abdruck der Sauerstoffmaske sehen. „Um Himmels Willen, wo wart ihr? Was ist denn passiert?“, fragten sie alle durcheinander. „Es ist alles in Ordnung, können wir das morgen erklären? Wir sind erledigt...“, bat Kai und ohne eine Antwort abzuwarten, zog er Ray mit sich ins Bad. Er ließ Wasser in das Waschbecken und wusch Ray dann behutsam den Ruß aus dem Gesicht und von den freiliegenden Hautstellen. Ray sagte nichts sondern beobachtete das Ganze nur perplex. Danach wusch sich Kai den Ruß ab. So standen sie sich gegenüber und Ray wusste nicht, was er sagen sollte. „Du siehst müde aus.“, bemerkte Kai. „Bin ich auch...“, gab Ray zu. Kai nahm seine Hand. „Dann sollten wir ins Bett gehen.“ Die Reaktion Rays ließ ihn schmunzeln. Er wurde rot. „Wie meinst du das?“ „Dir ist kalt, das sehe ich. Insofern meine ich das, wie ich es gesagt habe. Komm.“ Kai zog ihn aus dem Bad und in dessen Zimmer. Dort standen so viele Kerzen, doch keine von ihnen wurde angezündet. Im Halbdunkel, in das das Zimmer durch das Mondlicht getaucht war, führte er Ray zum Bett. Er zog sich und ihm die nach Qualm stinkenden Kleider aus und dann lagen sie auch schon unter der Decke. Kai zog Ray dicht an sich und Ray genoss die Wärme. „Du bist nicht mehr allein, ich hoffe du weißt das.“ Ray nickte nur. „Ach... Ich glaube heute ist Valentinstag oder?“ Wieder nur ein Nicken. Doch direkt im Anschluss spürte Ray einen sanften Kuss im Nacken, dann auf der Wange. „Ich glaube, ich hab mich verliebt...“     ~ owari ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)