Warum bist du es, der mein Herz berührt? von BloodyRubin ================================================================================ Kapitel 1: Alles neu -------------------- Hitze flimmerte durch die geöffneten Fenster in das Klassenzimmer. Müde und lustlos saßen die Schüler auf ihren Bänken und genossen den letzten Rest Ruhe, bevor der Klassenlehrer kommen und damit das neue Schuljahr einläuten würde. Auch Yukiteru Amano gehörte dazu. Von seinem Platz in der letzten Reihe hatte der sechzehnjährige Junge einen guten Blick zur Tür, doch sein Interesse galt dem sonnendurchfluteten Hof. Die Sommerferien waren viel zu schnell vergangen. Am liebsten wäre er zu Hause geblieben, doch schließlich hatte er sich zusammengerissen und auf den Weg gemacht. Es dauerte nicht lange, bis die Tür geöffnet wurde und der Lehrer den Raum betrat, gefolgt von einem Jungen, der sofort alle Blicke auf sich zog. Er hatte weiße Haare, die ihm bis zu den Schultern gingen, rubinrote Augen und eine schlanke Figur. „Guten Morgen, Klasse.“ begrüßte sie der Lehrer. „Guten Morgen, Herr Matsui.“ kam es einstimmig zurück. „Wie ihr seht, haben wir einen neuen Schüler. Willst du dich vielleicht vorstellen?“ Der Junge nickte und fing an, seinen Namen auf die Tafel zu schreiben. Als er fertig war, trat er zur Seite und lächelte sanft. „Ich bin Aru Akise. Freut mich, euch kennenzulernen.“ „Ich bin sicher, ihr werdet euren neuen Klassenkameraden in eurer Mitte aufnehmen. Dort hinten ist noch ein Platz frei, neben Amano. Setz dich, dann fangen wir an.“ Aru tat, was ihm gesagt wurde und warf Yukiteru einen kurzen Blick zu. „Also, wir beginnen mit einem neuen Thema. Heute werden wir einige Gedichte lesen und ihre Bedeutung erörtern.“ Sofort schweifte Yukiteru ab und widmete sich wieder der Aussicht aus dem Fenster. Irgendwann wurde ihm auch das zu langweilig und er konzentrierte sich mehr auf den Unterricht. Dann passierte, was passieren musste. „Amano, würdest du die letzten drei Abschnitte vorlesen?“ Nicht sehr begeistert stand Yukiteru auf, suchte die richtige Zeile und fing an: „`Auf leisen Schwingen kam die Liebe, in meine Welt hinein. Ein Blick aus deinen Augen, und ich wusste, ich bin dein. Mein Herz, das war erfroren, kalt und seelenlos. An dich habe ich es verloren, du lässt mich nicht mehr los. Lass uns zusammen fliegen, bis tief in die Nacht. Nur bei dir zu liegen, hat mich glücklich gemacht.´“ „Danke, Amano. Du kannst dich wieder setzen. Also, wie würdet ihr dieses Gedicht beschreiben?“ „Oberkitschig.“ murmelte Yukiteru leise, wofür er ein leises Glucksen von Aru erntete. Eine gefühlte Ewigkeit später klingelte es zur Pause und Yukiteru folgte den anderen Schülern in Richtung Pausenhof. „Yukiteru-kun.“ Verwundert drehte der Junge sich um und blickte geradewegs in zwei rubinrote Augen. „Ach, du bist es. Was ist los?“ „Wenn es dir nichts ausmacht, wärst du dann so nett, mir die Schule zu zeigen?“ „Sicher. Treffen wir uns nach dem Unterricht vor der Klasse?“ „Gerne.“ erwiderte Aru und lächelte erneut. Der Rest der Zeit verging schnell und eher als gedacht war der Schultag vorbei. Wie versprochen, führte Yukiteru den neuen Schüler durch das Gebäude und erklärte kurz die wichtigsten Bereiche. Danach verließen die beiden die Schule. „Vielen Dank, Yukiteru-kun.“ „Schon in Ordnung. Falls noch etwas unklar ist, kannst du mich fragen. Wir sehen uns dann morgen. Bis dann, Akise-kun.“ „Bis dann.“ Wieder zurück in seiner Wohnung, kümmerte der Braunhaarige sich um seine Hausaufgaben und machte sich eine Pizza warm, bevor er völlig erschöpft in sein Bett fiel. Als am nächsten Morgen sein Wecker klingelte, öffnete er verschlafen die Augen und seufzte. Es war nicht einfach, sich wieder an das frühe Aufstehen zu gewöhnen. Noch im Halbschlaf, zog er sich an, schnappte sich seinen Rucksack und machte sich auf den Weg. Wie schon am Tag zuvor, schien sich der Unterricht endlos hinzuziehen. Doch etwas Gutes hatte dieser Tag. Eine Lehrerin war erkrankt, weshalb die letzten beiden Stunden ausfielen. Diese Nachricht sorgte für viel Jubel. Auch Yukiteru freute sich darüber und überlegte, noch etwas in die Stadt zu gehen, bevor er heimkehrte. Nachdem er die Schule verlassen hatte, folgte er der Straße nach links und bog in eine menschenleere Gasse ein. „Hallo, Yukiteru-kun.“ erklang plötzlich eine Stimme hinter ihm und er zuckte zusammen. „Akise-kun. Du hast mich erschreckt.“ „Das tut mir leid. Bist du auch unterwegs in die Stadt?“ „Ja.“ „Darf ich dich begleiten?“ „Von mir aus.“ Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander, bis sich Aru zu ihm beugte. „Du wirst verfolgt.“ raunte er dem anderen zu. „Was? Von wem?“ „Drei Typen aus der Schule. Nein, nicht umdrehen. Benimm dich einfach ganz normal.“ Zitternd ging Yukiteru weiter und widerstand dem Drang, einfach loszurennen. „War das der Grund, warum du mich begleiten wolltest?“ „Die drei haben es anscheinend auf dich abgesehen. Solange ich bei dir bin, werden sie dich wohl in Ruhe lassen.“ „Du hättest das nicht tun dürfen. Was, wenn sie uns jetzt beide angreifen?“ „Mach dir deswegen keine Gedanken. Ich kann mich gut verteidigen, wenn es sein muss. Ignoriere sie einfach, dann werden sie von alleine verschwinden.“ Obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug, gehorchte Yukiteru und nach einer Weile atmete Aru erleichtert auf. „Sie sind weg.“ „Woher weißt du das?“ „Vertrau mir.“ Vorsichtig drehte sich der Braunhaarige um. Tatsächlich war niemand hinter ihnen. „Danke.“ „Immer wieder gerne.“ antwortete der andere und ein warmer Ausdruck flimmerte kurz in seinen Augen. Doch so schnell, wie er gekommen war, verschwand er wieder. „Hast du auch Hunger? Komm mit, ich lade dich ein.“ „Das ist wirklich nicht...“ begann Aru, doch Yukiteru unterbrach ihn. „Keine Widerrede. Schließlich hast du mich vor diesen Schlägern beschützt.“ „Na schön, wie du möchtest.“ Den Rest des Tages verbrachten die beiden Jugendlichen in der Stadt und begannen langsam, sich anzufreunden. Irgendwann sah der Weißhaarige auf die Uhr. „Wir sollten zurück. Ich muss in einer Stunde zu Hause sein.“ Yukiteru begleitete ihn noch eine Zeit lang, da sie denselben Weg hatten. An einer Kreuzung blieb er stehen. „Ich muss nach links.Nochmal danke und bis morgen.“ „Bis morgen. Sei vorsichtig, okay?“ „Klar.“ Wieder zurück in seiner Wohnung, dachte Yukiteru lange über alles nach, was heute geschehen war. Ihm erschien es merkwürdig, dass ihn jemand, der ihn kaum kannte, beschützt hatte. Aber er war trotzdem froh, mit heiler Haut aus der Sache herausgekommen zu sein. Trotzdem ging ihm eine Sache nicht mehr aus dem Kopf: der Ausdruck in den rubinroten Augen des anderen, als er sich bei ihm bedankt hatte. Vielleicht hatte es nichts zu bedeuten, aber Yukiteru beschloss trotzdem, mehr über diesen seltsamen Jungen herauszufinden. Schaden konnte es bestimmt nicht... Kapitel 2: Schutzengel ---------------------- Die Woche verging ohne weitere Vorkommnisse. Yukiteru und Aru hatten sich in der Zeit weiter angefreundet, was den Braunhaarigen mit einer Mischung aus Freude und Besorgnis erfüllte. Als er am Dienstag aus dem Schulgebäude trat, bemerkte er die drei Schläger, die ihn verfolgt hatten. Sie verschwanden in einer abgeschiedenen Ecke. Neugierig geworden, folgte er ihnen und sah mit Schrecken, dass sie sich Aru näherten. „Hey, du!“ rief einer der Typen wütend. „Oh, ihr seid es nur.“ meinte der Weißhaarige gelassen. „Du hast uns wie Idioten aussehen lassen, du Penner!“ „Das habt ihr auch ohne meine Hilfe geschafft.“ „Was sagst du da?“ Wie versteinert beobachtete Yukiteru das Geschehen,unfähig, etwas zu tun. Einer der Kerle wollte sich auf Aru stürzen, aber dieser blockte ihn mit Leichtigkeit ab. Mit einer Schnelligkeit, die Yukiteru ihm nicht zugetraut hätte, benutzte Aru einen Schulterwurf und der Schläger krachte schwer zu Boden. Sein Kumpan wollte ihm helfen, doch ein heftiger Tritt in den Magen ließ ihn stöhnend zu Boden gehen. Der dritte ergriff hastig die Flucht und der Weißhaarige baute sich vor dem offensichtlichen Anführer auf. „Ihr werdet Yukiteru-kun nicht mehr zu nahe kommen.“ sagte er mit eisiger Stimme. „Solltet ihr es wagen, ihn noch einmal zu bedrohen, werdet ihr nicht so einfach davonkommen.“ Geschockt wandte der Braunhaarige sich ab und floh, ohne zu wissen, wohin. In einem Park hielt er an und schnappte nach Luft. Er konnte nicht glauben, was Aru getan hatte. Die Kälte, die in seiner Stimme gelegen hatte, jagte ihm immer noch Schauer über den Rücken. Warum war Aru so weit gegangen? Und wie sollte er jetzt vorgehen? Lange überlegte er, bis er sich dazu entschied, ihn einfach zu fragen. Er zog sein Handy aus seiner Tasche und wählte die Nummer des anderen. Kurz darauf hörte er Arus Stimme: „Hallo?“ „Akise-kun? Ich bin es, Yukiteru.“ „Sofort bekam die Stimme einen herzlichen Klang. „Yukiteru-kun. Wie schön, dass du anrufst. Was gibt es?“ „Ich muss mit dir reden. Kannst du zum Park in der Nähe vom Rathaus kommen?“ „Ja, gerne.“ antwortete Aru leicht verwundert. „Ich bin in etwa zehn Minuten da.“ Während er wartete, bemühte sich der Braunhaarige, seine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Als Aru schließlich ankam, setzte er sich zu Yukiteru und blickte ihn abwartend an. „Worüber wolltest du mit mir sprechen?“ „Na ja, ich...ich habe dich vorhin gesehen. Warum hast du diese Schläger bedroht?“ „Ich habe niemanden bedroht. Ich habe ihnen nur gesagt, dass sie dich in Ruhe lassen sollen.“ „Und woher willst du wissen, dass sie es auch tun? Bestimmt werden sie mir trotzdem irgendwann auflauern. Was dann? Du kannst nicht ständig auf mich aufpassen. Wie hast du dir das vorgestellt?“ „Du bist zu ängstlich. Niemand wird dir etwas tun.“ Sekundenlang saß Yukiteru einfach nur da. „Hast du nicht zugehört?“ Aru hielt ihn an den Schultern fest und blickte ihm tief in die Augen. „Solange ich kann, werde ich dich beschützen. Ich verspreche es. Niemand wird dich herumschubsen, wenn ich es verhindern kann.“ Ungläubig starrte der Braunhaarige den anderen an. „Aber...“ Aru ließ ihn wieder los und stand auf. „Ich muss los. Und was unser Gespräch angeht: Sieh mich einfach als eine Art Leibwächter. Keine Angst, ich bin für dich da.“ Yukiteru sah ihm nach, bis er verschwunden war. In seinem Kopf drehte sich alles. Erst als die Sonne unterging, machte er sich auf den Weg zurück. Lange lag er auf seinem Bett, ohne Schlaf zu finden. Wie kam Aru nur auf den Gedanken, dass er sich als Leibwächter aufspielen sollte? Schließlich hatte Yukiteru ihn nie darum gebeten. Wirkte er denn wirklich so schwach? Kurz entschlossen ging er in den Flur und musterte sich im Spiegel. Braune, verwuschelte Haare, blaue Augen, etwas dünn vielleicht. Mit den leichten Muskeln, die er vorzuweisen hatte, ließ sich auch nicht gerade ein Blumentopf gewinnen. Trotzdem hatte er es eigentlich immer geschafft, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Er kam auch ohne Hilfe gut zurecht. Das war früher so gewesen und das würde sich auch nicht ändern. Der Gedanke, dass Aru bereit war, wegen ihm in Gefahr zu geraten, flößte ihm Angst ein. Wenn ihm irgendwas passierte, würde Yukiteru nicht viel tun können. Ihn nahm doch sowieso niemand wirklich ernst. Wütend auf sich, auf Aru und überhaupt auf die Welt, streckte Yukiteru seinem Spiegelbild die Zunge heraus und machte sich an die Hausaufgaben. Die hatte er in der Aufregung fast vergessen. Doch obwohl er es vermeiden wollte, kehrten seine Gedanken immer wieder zu dem Weißhaarigen zurück. Nach zwei Stunden gab er frustriert auf und nahm sich vor, etwas früher aufzustehen und den Rest zu erledigen. Doch am nächsten Morgen wachte er erst spät auf und musste sich beeilen, um überhaupt rechtzeitig zur Schule zu kommen. Dementsprechend mies war er gelaunt, was der gesamten Klasse aufzufallen schien. Niemand sprach mit ihm und sogar die Lehrer ließen ihn in Ruhe. Als es zur großen Pause klingelte, machte Yukiteru sich auf den Weg in die Schulkantine, wo er einem der Kerle begegnete, die ihn verfolgt hatten. Als dieser ihn erkannte, machte er sofort kehrt und ging hastig in eine andere Richtung. Mit seinem Mittagessen suchte der Braunhaarige sich einen freien Platz. Ohne auf seine Umgebung zu achten, begann er zu essen, bis er aus den Augenwinkeln einen vertrauten weißen Haarschopf bemerkte, der sich ihm näherte. Bevor Aru ihn begrüßen konnte, warf er diesem einen warnenden Blick zu. Kurz wirkte der andere erschrocken, doch dann huschte ein trauriger Ausdruck in sein Gesicht. Ohne ein Wort setzte er sich zu Yukiteru und schweigend aßen sie weiter. Nachdem er fertig war, stand der Braunhaarige auf und wollte gerade gehen, als Aru ihn kurz am Arm festhielt und ihm einen Zettel in die Hand drückte. Erst als Yukiteru das Tablett abgegeben hatte, las er sich durch, was dort stand. In kleiner, eleganter Schrift zog sich ein einziger Satz über das Papier: `Du siehst besser aus, wenn du lächelst.´ Yukiteru zerknüllte das Papier und warf es in den nächsten Mülleimer. Ihm war nicht nach Lächeln zumute. Heute schien alles schiefzulaufen und er konnte es kaum noch erwarten, endlich hier raus zu kommen. Als es dann soweit war, setzte er sich an seinen Schreibtisch und sorgte dafür, dass seine Hausaufgaben wieder auf dem neuesten Stand waren. Danach blieb ihm wenigstens noch genug Zeit, zu duschen und etwas fernzusehen. Allmählich beruhigte er sich wieder und empfand nun leichte Schuld, weil er sich Aru gegenüber so mies verhalten hatte. Aber eigentlich war der Weißhaarige auch selber schuld. Tauchte einfach auf, tat so, als wäre er Yukiterus verdammter Schutzengel oder für was er sich auch immer hielt und erwartete dann auch noch, dass dieser ständig fröhlich und gut gelaunt durch die Gegend lief. Jeder hatte doch mal einen schlechten Tag. Und wenn Yukiteru dann seine Ruhe haben wollte, war das mehr als berechtigt. Vermutlich wäre es besser, dem anderen vorerst aus dem Weg zu gehen. Wenn er Aru zeigte, dass er keinen Schutz brauchte, würde sich bestimmt alles wieder einrenken. Und er würde sich auch für heute entschuldigen, wenn es sein musste. Mit diesem Gedanken kuschelte er sich in die Kissen und war kurz darauf eingeschlafen. Kapitel 3: Sternschnuppen ------------------------- In der folgenden Woche hielt sich Yukiteru an das, was er sich vorgenommen hatte und hielt sich von Aru fern. Diesem fiel das natürlich auf, doch er schien es zu akzeptieren. Am Dienstag saß er gerade auf dem Pausenhof, als er ein Gespräch von zwei Mädchen aus seiner Klasse mitbekam. „Siehst du dir morgen den Meteoritenschauer an?“ „Ja, natürlich. Wer weiß, wann der nächste kommt.“ „So, wie ich dich kenne, nimmst du bestimmt Takuya mit, oder?“ Kichernd gingen die beiden weiter. „Yukiteru-kun.“ Der Braunhaarige schaute auf. „Was ist, Akise-kun?“ „Geht es dir besser? Du warst in letzter Zeit etwas durcheinander.“ „Ja, es geht schon.“ „Sehr schön.“ lächelte Aru, bevor er schlagartig wieder ernst wurde. „Hast du morgen Abend schon etwas vor?“ „Ich wollte mir den Meteoritenschauer ansehen.“ „Hast du etwas dagegen, wenn ich dabei bin? Ich würde gerne wieder etwas mit dir unternehmen.“ „Na gut.“ Den nächsten Nachmittag verbrachte Yukiteru damit, seine Wohnung aufzuräumen, bevor sein Besucher auftauchte. Der Weißhaarige kam pünktlich und musterte kurz die Wohnung, bevor er sich auf einem Stuhl niederließ. Yukiteru brachte ihm etwas zu trinken und setzte sich zu ihm. Sie unterhielten sich, bis es dunkel wurde. „Wir sollten nach draußen.“ schlug Yukiteru vor. „Hier drinnen kann man sich das Ganze nicht ordentlich ansehen.“ Zusammen traten sie auf den Balkon. „Du hast einen Strandkorb?“ „Ja, den habe ich mal günstig bekommen. Ich sitze gerne mal hier, um zu lesen oder zu lernen.“ „Ach so.“ Da der Strandkorb groß genug für zwei war, ließen sie sich darauf nieder und sahen gen Himmel, um die Sternschnuppen nicht zu verpassen. „Du, Akise-kun?“ „Ja?“ „Weißt du eigentlich schon, was du nach der Schule machen willst?“ „Ich will Detektiv werden.“ „Tatsächlich? Das ist doch bestimmt ziemlich anstrengend.“ „Und ob. Deshalb mache ich auch einen Selbstverteidigungskurs. Aber das ist mein großer Traum.“ Kurz blieb es ruhig, bis Aru wieder etwas sagte. „Was ist mit dir? Hast du irgendwelche Pläne?“ „Nein, noch nicht. Vielleicht werde ich Schriftsteller.“ Das brachte Aru dazu, ihn verdutzt anzusehen. „Du und Schriftsteller? Meinst du, du schaffst das?“ „Mal sehen. Wie gesagt, ich bin mir noch nicht sicher. Erstmal will ich mich voll und ganz auf die Schule konzentrieren. Schau, es geht los.“ Tatsächlich zogen die ersten Meteoriten über den wolkenlosen Himmel und beide Jugendlichen verfielen in Schweigen. Während er das Schauspiel verfolgte, dachte Yukiteru weiter nach. Er hatte nichts über Aru herausgefunden. Offenbar hatte er in der Schule außer ihm keine weiteren Freunde. Allerdings redete er auch kaum mit anderen und wenn, dann nur über das Wichtigste. Alle hielten ihn entweder für eingebildet oder schüchtern. Doch warum hatte Aru sich dann solche Mühe gegeben, sich ausgerechnet mit ihm, Yukiteru Amano anzufreunden? Wo war der Sinn dahinter? Schließlich blieb der Braunhaarige eigentlich auch gerne für sich und sprach ebenfalls nur wenig. Es fiel ihm schwer, auf andere zuzugehen. Das war auch der Grund, warum er in der Klasse immer ganz hinten und alleine gesessen hatte. Jedenfalls war es so gewesen, bis Aru aufgetaucht war. Er war der Erste gewesen, der auf Yukiteru zugegangen war. Offenbar sah er etwas in ihm, was der Jugendliche bisher nicht gesehen hatte. Es schien Aru auch vollkommen auszureichen, nur jemanden zum Freund zu haben, der genau so still wie er selbst war. Warum er sich nicht auch mit anderen angefreundet hatte, verstand Yukiteru ebenfalls noch nicht. Verstohlen warf er einen Blick auf den Weißhaarigen und fragte sich, ob er ihn darauf ansprechen sollte. Der Anblick, der sich ihm bot, ließ seine Gedanken kurz aussetzen. Das Licht des Halbmondes ließ Arus Haare silbern schimmern und verlieh seinen Augen eine Art...ja, eine Art Leuchten. Das Shirt, das er trug, ermöglichte eine gute Sicht auf die Muskeln, die sich unter der Haut abzeichneten. Zum ersten Mal fiel Yukiteru auf, wie gut der andere aussah. Sofort schüttelte er verwirrt den Kopf. Was dachte er denn da? Trotzdem schaffte er es nicht, sich abzuwenden. Aru schien seinen Blick zu spüren, denn er drehte den Kopf und ihre Augen trafen sich. „Ist etwas?“ fragte der andere und Yukiteru wurde klar, was er da eigentlich tat. Hastig winkte der Braunhaarige ab. „Nein, es ist nichts.“ „Wirklich? Du hast mich so merkwürdig angeschaut. Wolltest du mich etwas fragen?“ „Naja, nur...“ Verlegen brach Yukiteru ab und Aru lächelte sanft. „Schon in Ordnung. Du kannst mich fragen, was du möchtest.“ „Hast du eigentlich eine Freundin?“ platzte es aus dem Braunhaarigen heraus, bevor er sich erschrocken die Hand vor den Mund schlug. „Eine Freundin? Nein, wieso?“ „Tut mir leid. Das war unhöflich von mir.“ „Absolut nicht. Ich hätte nur nicht gedacht, dass du mich so etwas fragen würdest.“ „Ich war nur neugierig, ob es jemanden in deinem Leben gibt, den du sehr magst. So schlecht siehst du ja nicht aus und...“ Sofort brach Yukiteru ab und senkte den Blick. Jetzt hatte er es geschafft. Er hatte sich vor seinem einzigen Freund völlig zum Affen gemacht. Ein Lachen brachte ihn dazu, wieder hochzuschauen. Aru schien das Ganze lustig zu finden. Nach kurzer Zeit hatte er sich wieder unter Kontrolle und wieder erschien dieser warme Ausdruck in seinen Augen. „Danke, Yukiteru-kun. Es bedeutet mir viel, dass du so etwas sagst.“ „Machst du dich etwa lustig über mich?“ „Auf keinen Fall. Ich habe das ernst gemeint. Aber um deine Frage zu beantworten: Es gibt eine Person, die mir unheimlich viel bedeutet. Aber sie weiß nichts davon, weil ich es nicht schaffe, ihr meine Gefühle zu gestehen.“ „Tatsächlich? Kenne ich sie?“ „Ja, tust du.“ „Jemand aus unserer Schule?“ „Ja.“ „Okay, mal überlegen...Wie sieht sie aus?“ „Sie hat blaue Augen und braune Haare. Sie ist sehr verschlossen und öffnet sich fast niemandem. Ich habe sie geliebt, seit ich sie zum ersten Mal gesehen habe.“ Ein leichter Rotschimmer erschien auf Arus Wangen und Yukiteru ging gedanklich alle Mädchen aus seiner Schule durch, auf die die Beschreibung passen würde. „Ist es Miko aus der Parallelklasse?“ „Nein.“ „Reiko Asai?“ „Auch nicht.“ „Dann fällt mir keine ein.“ „Verstehst du es nicht?“ „Was?“ Ohne zu antworten, kam Aru ihm näher. Offenbar traute er sich nicht, den Namen laut auszusprechen. Oder er... Weiter kam Yukiteru nicht, denn Aru war noch näher gekommen und hatte die Augen geschlossen. Nur Sekunden später spürte der Braunhaarige weiche Lippen, die sich auf seine eigenen legten. Fassungslos riss er die Augen auf, unfähig, sich zu rühren. Aru küsste ihn! Tausend Fragen und noch mehr Empfindungen prasselten auf ihn ein. Als er bemerkte, dass die Zunge des anderen über seine Lippen strich und um Einlass bat, schien die Zeit selbst anzuhalten. Was sollte er denn jetzt tun? Immer noch durcheinander, ließ er Aru gewähren und öffnete den Mund. Zaghaft erwiderte er den Kuss. Wie lange sie so dasaßen, wusste er nicht. Irgendwann löste sich der Weißhaarige von ihm. „D-du hast...ich meine, wir...“ stotterte Yukiteru, doch ein zweiter, sanfterer Kuss ließ ihn verstummen. „Die Person, die ich meine...bist du.“ Kapitel 4: Fragen und Zweifel ----------------------------- „I-ich? Aber wieso?“ „Es ist einfach so. Seit ich dich kenne, sind meine Gefühle für dich stetig gewachsen. Glaub mir, ich habe versucht, dagegen anzukämpfen, aber...ich kann es nicht.“ Yukiteru wusste nicht, was er darauf antworten sollte, doch nun wurde ihm einiges klar. Der warme Ausdruck, den er in Arus Augen bemerkt hatte...war Liebe gewesen. Diese Erkenntnis überforderte ihn noch mehr. Er hatte sich über Sachen wie Liebe nie Gedanken gemacht, sondern sie immer aus seinem Kopf verbannt. Alles andere war wichtiger gewesen: Schule, eine eigene Wohnung finden, seine Bücher, in denen er sich so leicht verlieren konnte und noch hunderte andere Dinge. So plötzlich zu erfahren, dass sich jemand in ihn verliebt hatte, war zu viel für ihn. Mal ganz davon abgesehen, dass Aru ein Junge war. „Yukiteru-kun?“ hallte die Stimme des Weißhaarigen und dieser schaffte es, sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Aru schien zu wissen, wie er sich gerade fühlte, denn er stand auf und blickte Yukiteru verständnisvoll an. „Mir ist klar, dass das alles gerade etwas viel für dich ist. Lass dir Zeit, um über die ganze Sache nachzudenken. Wenn es dir lieber ist, werde ich vorerst etwas Abstand zu dir halten. Aber um eines möchte ich dich bitten.“ „Und das wäre?“ „Bitte lass mich wissen, wie du dich entschieden hast, wenn es soweit ist. Egal ob du für oder gegen mich bist, ich werde deine Entscheidung respektieren.“ „S-sicher.“ „Danke. Ich sollte lieber gehen. Bis bald.“ „Ja, bis dann.“ Es wurde eine schlaflose Nacht für Yukiteru. Den Meteoritenschauer hatte er völlig vergessen, reglos saß er auf seiner Couch und starrte an die Decke. Erst als die Sonne aufging, schreckte er auf und schaute zur Uhr. Noch drei Stunden, bevor die Schule begann. In aller Ruhe zog er sich um und frühstückte, bevor er sich allmählich fertigmachte. Doch es fiel ihm schwer, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Ständig musste er an den Kuss mit Aru denken. Da half es auch nicht, dass dieser ja immer noch sein Sitznachbar war. So auffällig, wie sie sich benahmen, würde bestimmt jeder denken, dass zwischen ihnen etwas vorgefallen war. Immer wenn sich zufällig ihre Blicke trafen, schien Yukiterus Herz mit dreifacher Geschwindigkeit zu schlagen und er wandte hastig den Kopf ab. Deswegen war er auch froh, dass er dem Weißhaarigen nicht in den Pausen auf dem Schulhof begegnete. Nachdem die Schule vorbei war, hatte er es sehr eilig, aus dem Gebäude und nach Hause zu kommen. Dort lief er unruhig hin und her, bis er es nicht mehr aushielt und zu seinem Telefon griff. Mit leicht zitternden Fingern wählte er eine Nummer und lauschte ungeduldig dem monotonen Tuten. „Komm, nimm ab.“ murmelte er halblaut, als auch schon eine Stimme durch den Hörer zu vernehmen war. „Amano, hallo?“ „Papa? Ich bin es Yukiteru.“ „Yuki-kun. Wie geht es dir?“ „Nicht besonders. Hast du Zeit?“ „Sicher. Gib mir eine Stunde.“ Nachdem sein Vater eingetroffen war, brachte der Braunhaarige ihm etwas zu Trinken und sie setzten sich auf die Couch. „Was gibt es?“ „Es ist etwas schwierig...ich weiß nicht genau, wo ich anfangen soll...“ „Geht es um ein Mädchen?“ „W-was?“ „Warum solltest du mich sonst herbestellen?“ „Eigentlich ist alles komplizierter...“ Stockend berichtete Yukiteru, was vorgefallen war. Als er geendet hatte, blieb es lange still, bevor sein Vater wieder etwas sagte. „Dieser Aru hat dich geküsst und dir seine Liebe gestanden?“ „Ja, und jetzt weiß ich nicht, wie ich mich verhalten soll.“ „Was ist denn mit dir? Hast du Gefühle für diesen Jungen?“ „Das ist es ja. Ich habe keine Ahnung. Ich hätte nie damit gerechnet, dass sich überhaupt jemand auf diese Weise für mich interessiert.“ „Vielleicht liegt es daran, dass die Leute denken, du willst nicht mit ihnen sprechen. Schließlich redest du fast nie mit anderen und eine Freundin hattest du auch noch nicht...“ „Darum geht es im Moment nicht. Ein Junge hat sich in mich verliebt!“ fuhr Yukiteru auf. Resigniert seufzend blickte er zu Boden. „Woher soll ich wissen, ob ich ihn auch mag oder nicht? Mit so etwas habe ich mich nie wirklich auseinander gesetzt.“ „Als ich damals deine Mutter kennengelernt habe, stand ich vor dem gleichen Problem. Ich hatte vorher zwar auch schon Dates, aber nichts hat wirklich lange gehalten. Auch ich musste mich entscheiden, ob ich die Beziehung zulasse oder nicht. Und weißt du was? Ich habe mich für deine Mutter entschieden und das nie bereut. Ich glaube, wenn sich zwei Menschen treffen, die füreinander bestimmt sind, kann man nichts dagegen tun. Irgendwann verliert man sein Herz und dagegen, Yuki-kun, gibt es kein Heilmittel.“ „Aber ihr habt euch doch getrennt.“ „Glaube mir eines: Das war der schlimmste Tag in meinem Leben. Zwar konnte ich es verstehen, aber ich denke trotzdem ständig an sie. Merk dir eines, meins Junge: Liebe kann beides sein: wunderschön und zerstörerisch.“ „Und was rätst du mir jetzt?“ „Mach die Augen zu und entspann dich.“ Yukiteru tat, was ihm gesagt wurde. „Und jetzt lass deine Gedanken kreisen. Was ist das Erste, woran du denkst?“ Sofort tauchte Aru in Yukiterus Gedanken auf: Ihre erste Begegnung, ihre Gespräche, das sanfte Lächeln des Weißhaarigen, der warme Ausdruck in seinen rubinroten Augen, den Anblick, den er während dem Meteoritenschauer geboten hatte, ihr Kuss... Der Braunhaarige spürte, wie er rot wurde und öffnete die Augen wieder. „Ich muss dauernd an ihn denken.“ „Da hast du deine Antwort.“ meinte sein Vater lächelnd. „Aber...ich meine, wir sind beide männlich. Das ist doch unnormal.“ „So etwas solltest du nicht sagen. Denkst du wirklich, du bist der Erste, dem es so geht? Es ist doch völlig egal, wen du liebst, solange du glücklich bist. Was auch immer passiert, deine Mutter und ich werden deshalb nicht schlechter von dir denken.“ Dankbar umarmte Yukiteru seinen Vater. „Danke.“ flüsterte er und sein Vater lachte leise auf. „Das war doch selbstverständlich.“ Eine Weile blieben sie so sitzen, bevor Yukiterus Vater sich sacht von ihm löste. „Ich muss leider wieder los. Wenn etwas sein sollte, ruf mich einfach wieder an, ok?“ „In Ordnung.“ Bis zum frühen Abend überlegte Yukiteru weiter, was er tun sollte, bevor er sich dafür entschied, noch einmal mit Aru zu reden. Doch bevor er ihn anrufen konnte, klingelte es an der Tür. Verwundert hielt der Braunhaarige inne. Wer kam denn um diese Uhrzeit noch vorbei? Doch was ihn vor der Tür erwartete, ließ ihn wie versteinert dastehen. Aru stand vor ihm, völlig fertig. Tränen liefen ihm über das Gesicht, sein Körper zitterte und er war komplett außer Atem. „Akise-kun? Was...?“ Yukiteru-kun...“ Urplötzlich fiel der Weißhaarige ihm in die Arme, immer noch schluchzend. „Es tut mir so leid...Ich wollte dir doch Zeit geben...Aber ich wusste nicht, wohin ich sonst gehen sollte...“ „Komm erst mal rein.“ Aru gehorchte und ließ sich auf das Bett fallen. „Was ist denn passiert?“ erkundigte sich der Braunhaarige und stellte zwei Dosen Limonade neben dem Bett auf seinen Nachttisch. „Es geht um meinen Vater...i-ich habe ihm gesagt, was ich dir gegenüber fühle...er ist furchtbar wütend geworden...hat gemeint, dass er so etwas niemals akzeptieren würde...wir haben uns gestritten...dann bin ich aus dem Haus gestürmt u-und...“ „Hat er dir irgendetwas getan?“ „Nein...“ brachte Aru immer noch schniefend hervor. „Er...er ist eigentlich ein herzensguter Mensch, aber er will wohl verhindern, dass ein schlechtes Licht auf ihn fällt. Du musst wissen, mein Vater ist ein sehr erfolgreicher Ingenieur und dadurch ziemlich reich geworden. Deshalb ist er auch sehr altmodisch.“ Langsam bekam der Weißhaarige sich wieder unter Kontrolle und wirkte plötzlich schuldbewusst. „Könnte ich vielleicht bei dir übernachten?“ „Ich habe nichts dagegen.“ Ein Lächeln kam über Arus Lippen. „Vielen Dank.“ „Schon gut. Aber morgen rufst du bei deinen Eltern an, damit sie sich keine Sorgen machen.“ „Einverstanden. Morgen rede ich mit ihnen.“ „Also dann...hast du Lust auf ein Kartenspiel?“ Kapitel 5: Flucht vor der Wahrheit ---------------------------------- „Das darf nicht wahr sein. Du hast schon wieder gewonnen.“ sagte Yukiteru grinsend. „Und du bist sicher, dass du nicht schummelst, Akise-kun?“ „Niemals.“ gab dieser genauso gut gelaunt zurück. Seit etwa zwei Stunden spielten sie jetzt schon und bisher stand es zehn zu drei für den Weißhaarigen. Yukiteru freute sich, dass sich die Laune des anderen wieder verbessert hatte. Offenbar hatte ihm die Ablenkung gut getan. Doch allmählich wurde es spät, was den Braunhaarigen dazu brachte, gespielt geknickt den Kopf hängen zu lassen. „Ich habe überhaupt keine Chance gegen dich. Lassen wir es für heute gut sein.“ „Wie du willst. Ich bin kurz im Badezimmer.“ „Erste Tür links.“ rief ihm Yukiteru noch hinterher, bevor er das Spiel wegräumte und sich bettfertig machte. Er war gerade dabei, die Couch für seinen Gast vorzubereiten, als der unvermittelt an der Türschwelle auftauchte. Sofort wurde Aru knallrot und dem anderen wurde klar, dass er wie sonst auch immer nur in Boxershorts dastand. „Ah, g-gut, du b-bist fertig.“ stotterte er und merkte, wie auch seine Wangen anfingen zu glühen.“Ja...fertig...“ antwortete Aru wie in Trance. Yukiterus Herz schlug so wild, als wollte es jeden Moment aus seiner Brust brechen. Wie sollte er nun vorgehen? „D-dann kann ich ja ins B-bad.“ brachte er heraus und hastete an dem Weißhaarigen vorbei. Im Badezimmer wusch er sich das Gesicht mit kaltem Wasser und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Warum hatte er auch zusagen müssen, ohne richtig darüber nachzudenken? In seinem Kopf rasten die Tatsachen wild umher: Aru hatte ihn geküsst - nun, eigentlich gehörten immer noch zwei dazu und er hatte den anderen schließlich nicht weggestoßen,- ihm gesagt, dass er in ihn verliebt war und nun blieb er auch noch über Nacht. Bei diesem Gedanken begannen Yukiterus Wangen wieder zu glühen. Das Gespräch mit seinem Vater kam ihm in den Sinn. Aber trotz allem, was er gesagt hatte, lauerte der Zweifel tief in seinem Innersten. War es ihm wirklich ernst gewesen? Vielleicht war er nur deshalb so durcheinander, weil sich bisher keine Mädchen für ihn interessiert hatten. Obwohl...eine gab eigentlich schon. Yuno Gasai, ein Mädchen aus seiner Schule. Sie hatte langes, rosafarbenes Haar und Augen, die nur einen kleinen Stich dunkler waren. Er ahnte, dass sie ihn mochte, hatte sich aber nie getraut, sie anzusprechen. Ob er sie um ein Date bitten sollte? Das könnte seine aufgewühlten Gedanken in Ordnung bringen. Etwas beruhigt, kehrte er in das Wohnzimmer zurück, wo Aru auf der Couch lag. Sofort blickte Yukiteru verlegen zu Boden. „Ich mache jetzt das Licht aus. Schließlich haben wir morgen Schule.“ „Tu das.“ Nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, tastete er sich vorsichtig zum Bett. „Gute Nacht.“ hörte er Arus Stimme. „Gute Nacht.“ Langsam driftete Yukiteru ab, bis er in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel. Mitten in der Nacht wurde er durch einen lauten Knall geweckt und richtete sich benommen auf. „Akise-kun? Was ist denn los?“ „Ich habe mich zu stark bewegt und bin von der Couch gefallen.“ „Geht es dir gut?“ „Ja, einigermaßen.“ Yukiteru seufzte schwer und lehnte sich an die Wand. „Du kannst bei mir schlafen.“ Darauf folgte eine lange Stille. „Bist du dir sicher?“ „Na ja, immer noch besser, als wieder auf dem Boden zu landen, oder?“ „Ist auch wieder richtig.“ Kurz darauf lag Aru neben Yukiteru, dem das Ganze mehr als peinlich war. Hastig drehte er sich um und schloss die Augen, bevor er langsam bis zehn zählte. Diese Methode wirkte und er schlief wieder ein. Erst durch den Wecker wurde er wieder wach und kuschelte sich grummelnd in die Kissen. Nur noch fünf Minuten, dann würde er aufstehen und... „Aufwachen, Schlafmütze.“ erklang eine Stimme neben ihm, die sich so müde anhörte, wie er sich fühlte. Richtig, Aru war ja noch da. „Ja, schon gut.“ gähnte der Braunhaarige und setzte sich auf. Aru lag neben ihm, mit verschlafenem Blick sah er ihn an und lächelte kurz. „Guten Morgen, Yukiteru-kun.“ Dessen Herz spielte mal wieder verrückt, als er den Blick erwiderte. „M-morgen.“ nuschelte er undeutlich, während er hoffte, dass er dieses Mal nicht rot wurde. „Hast du gut geschlafen?“ erkundigte sich der Weißhaarige und setzte sich ebenfalls auf. „Ja, und-“ Abrupt brach Yukiteru ab und musterte Arus Oberarm. Dort prangte ein handtellergroßer, blau-violetter Fleck. „Wie ist das denn passiert?“ fragte er erschrocken. „Ich habe mich irgendwo gestoßen, als ich von der Couch gefallen bin. Keine Sorge, das geht wieder weg.“ „Sieht übel aus. Warte, ich kümmere mich darum.“ Bevor der andere widersprechen konnte, war Yukiteru schon über ihn geklettert, aus dem Bett gesprungen und raste in Richtung Badezimmer. Als er zurückkehrte, trug er einen Erste-Hilfe-Koffer bei sich. Behutsam griff er nach Arus Oberarm und dieser zuckte zusammen. Ganz so harmlos war der blaue Fleck wohl doch nicht. Yukiteru nahm einen kleinen Tiegel aus dem Koffer und strich etwas Creme auf die Verletzung. „Das ist Kühlcreme.“ erklärte er, als er den verwirrten Blick des anderen bemerkte. Als nächstes verband er den Arm und achtete dabei darauf, Aru nicht zu nahe zu kommen. Leichter gesagt als getan, denn immer, wenn er die Haut des Weißhaarigen berührte, setzte sein Gehirn sekundenlang aus. Entsprechend erleichtert war er, als er fertig war. „Das sollte vorerst reichen. Ist der Verband zu fest?“ „Nein, überhaupt nicht. Vielen Dank, Yukiteru-kun.“ „K-keine Ursache.“ antwortete der Braunhaarige und konnte förmlich spüren, wie er schon wieder rot wurde. Was war nur los mit ihm? Konnte Aru wirklich so eine Wirkung auf ihn haben? „Yukiteru-kun?“ riss ihn die sanfte Stimme des anderen aus seinen Gedanken. „Ja?“ Auch Aru war rot geworden, was Yukiteru verwunderte. „Nicht, dass es mich stören würde, aber...würdest du meinen Arm loslassen?“ Sofort schreckte Yukiteru zurück und seine Wangen glühten noch mehr. „I-ich..natürlich.“ Nun blickte Aru ihm direkt in die Augen, sehr ernst und gleichzeitig mit demselben warmen Ausdruck, den der Braunhaarige bereits so gut kannte. Wortlos griff er nach Yukiterus Wangen und zog ihn sacht zu sich. „A-akise-kun...“ Zu spät. Mal wieder. Sein zweiter Kuss mit Aru war noch verwirrender als der erste. Dabei war er nicht mal intensiv. Doch selbst diese leichte Berührung ihrer Lippen sandte Schauer über Yukiterus Rücken. Außerdem schien der Kuss länger zu dauern als der andere. Nicht, dass diese Tatsache beruhigend war. Als sich Aru endlich von ihm löste, kehrte der Braunhaarige wieder zur Wirklichkeit zurück. „W-w-wir...sollten uns für die Schule fertigmachen.“ stotterte er und flüchtete sich ins Badezimmer, um sich umzuziehen. Um ihn drehte sich alles. Das hätte nicht passieren dürfen. Er hatte sich doch vorgenommen, mit Yuno auszugehen, nicht, sich wieder von Aru küssen zu lassen. Warum hatte er nichts unternommen? Er wusste es nicht. Energisch schüttelte er den Kopf und kehrte zu dem anderen zurück, der sich auch umgezogen hatte und leicht schuldbewusst aussah. „A-also dann, gehen wir.“ „Ja.“ murmelte der Weißhaarige abwesend. In der Schule angekommen, schaffte es Yukiteru nicht, sich auf irgendetwas zu konzentrieren, sondern überlegte sich, was er zu Yuno sagen könnte. Gleich in der ersten Pause suchte er nach dem Mädchen. Er fand sie, auf einer Bank sitzend und in ein Schulbuch vertieft. „Ähm...“ fing er an und sie schaute hoch. Ein Lächeln trat auf ihr Gesicht, als sie ihn erkannte. „Hallo, Yukki.“ „Ich wollte dich etwas fragen.“ „Ja?“ „Würdest...würdest du vielleicht mal etwas mit mir unternehmen?“ „Bittest du mich um ein Date?“ „Wenn du nichts dagegen hast.“ erwiderte Yukiteru und wurde dabei immer leiser. „Auf keinen Fall. Wie wäre es dieses Wochenende?“ „Klar. Treffen wir uns Samstag um zwei Uhr am Stadtpark?“ „In Ordnung. Ich freue mich schon. Bis dann, Yukki.“ „Bis dann.“ Wieder in der Klasse, atmete der Braunhaarige erleichtert auf. Sein Plan hatte funktioniert. Es würde bestimmt ein wunderbarer Tag werden. Kapitel 6: Yukiterus Entscheidung --------------------------------- Der Samstag begann warm und sonnig. Durch das geöffnete Fenster waren die Geräusche der Straße zu hören, aber auch einige Vögel. Von all dem bekam Yukiteru nur wenig mit. Er war zu aufgeregt. Bestimmt zehnmal hatte er sich umgezogen und dabei ein heilloses Chaos in seiner Wohnung veranstaltet. Die Uhr schien sich gegen ihn verschworen zu haben. Unerbittlich schritten die Zeiger voran und viel zu früh war es Zeit, sich auf den Weg zu machen. Im Park wartete Yuno bereits auf ihn. Sie trug ein weißes Kleid, das in der Sonne leuchtete. Als sie ihn erkannte, begann sie zu strahlen und winkte ihm zu. „Da bist du ja.“ begrüßte sie ihn. „Wartest du schon lange?“ „Nein, ich bin auch gerade erst angekommen. Also, was möchtest du unternehmen?“ „Hier in der Nähe gibt es ein Aquarium. Hast du Lust?“ „Klar.“ lächelte sie und sie machten sich auf den Weg. Danach besuchten sie einen Burgerladen und setzten sich gegenüber auf die Holzstühle. „Also,Yukki...gibt es einen Grund, warum du mich eingeladen hast?“ Angestrengt dachte Yukiteru nach. Er konnte Yuno schlecht sagen, dass er sie eigentlich nur eingeladen hatte, um sich von Aru abzulenken. „Das hatte ich eigentlich schon länger vor.“ log er rasch und hoffte, dass sie nichts bemerkte. „Aber ich habe es bisher nicht geschafft, dich anzusprechen.“ „Ja, nach allem, was ich weiß, bist du sehr ruhig. Und was hat dich dazu gebracht, deine Meinung zu ändern?“ „Ich dachte einfach, dass es langsam an der Zeit ist. Schließlich gab es nur zwei Möglichkeiten: entweder du stimmst zu, oder du lehnst ab. Ich freue mich jedenfalls, dass du ja gesagt hast.“ Yuno entgegnete nichts, schien aber zufrieden mit seiner Erklärung zu sein. Als sie aufgegessen hatten, überlegten sie eine Weile, was sie als nächstes tun konnten. „ Heute endet doch das Fest am Moromi-Tempel. Wir könnten uns das Feuerwerk anschauen.“ meinte Yuno und griff nach seinem Arm. Ohne auf seinen leichten Protest zu achten, zerrte sie ihn mit sich. Das Festgelände war hell erleuchtet, voll und laut. Überall liefen Familien, Paare und besonders Kinder herum. „Lass uns zum Schrein, okay?“ Yukiteru nickte nur und sie traten vor den Schrein. Genau wie Yuno, klatschte der Braunhaarige zweimal in die Hände und schloss dann die Augen, bevor er ein kurzes Stoßgebet gen Himmel sandte. Als er die Augen wieder aufmachte, sah Yuno ihn an, lächelte dann wieder und hakte sich bei ihm ein. „Ich freue mich wirklich, dass du mich eingeladen hast, Yukki.“ „Habe ich doch gerne getan.“ Zusammen begutachteten sie die verschiedenen Stände, versuchten, Fische zu fangen, kauften seltsame Masken und warteten genau wie die anderen darauf, dass es endlich dunkel wurde und das Feuerwerk begann. Als die letzten Sonnenstrahlen am Horizont versanken, beeilten sie sich, um einen guten Blick zu haben. Kurz darauf leuchtete der Himmel in den verschiedensten Farben auf. Gebannt hing Yukiterus Blick am Himmel, so dass er zuerst gar nicht bemerkte, dass Yuno seine Hand in ihre genommen hatte. Als er es bemerkte, überkam ihn ein seltsames Gefühl, dass irgendwo zwischen Verlegenheit und Panik schwankte. Er tat so, als würde er es gar nicht bemerken und konzentrierte sich wieder auf das Feuerwerk. Mit einem lauten Krachen wurden die letzten Raketen gezündet und tauchten das Gelände in taghelles Licht. Und in diesem Licht sah der Braunhaarige etwas, was ihn dazu brachte, überrascht nach Luft zu schnappen. Etwas weiter entfernt stand Aru und starrte ihn und Yuno an, wie sie da Hand in Hand standen. Sein Gesicht zeigte Trauer und Fassungslosigkeit, dann wurde es wieder dunkel. „Ist alles in Ordnung, Yukki?“ „Ja, mach dir keine Sorgen.“ sagte er zerstreut. „Dann lass uns langsam los. Mein Bus fährt bald und ich habe morgen noch etwas vor.“ Auch die anderen Besucher machten sich auf den Weg. Immer noch Yunos Hand haltend, ging Yukiteru los. Wieder im Stadtpark, ließ Yuno ihn los und strahlte ihn ein weiteres Mal an. „Es war ein großartiger Tag. Das sollten wir wiederholen.“ „Oh...auf jeden Fall.“ Das Mädchen beugte sich vor und küsste ihn kurz. Yukiteru merkte, dass sein Herz trotz des Kusses ruhig und gleichmäßig schlug. Außerdem flackerte in seinem Inneren wieder das Bild von Arus Gesicht auf. Er hatte so verletzt gewirkt... „Gute Nacht, Yukki. Ich muss jetzt wirklich los.“ „Soll ich dich zum Bus begleiten?“ erwiderte der Braunhaarige und zwang sich, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. „Das brauchst du nicht. Es sind nur fünf Minuten von hier. Also, bis demnächst.“ „Ja, machs gut.“ Er blickte Yuno eine Weile nach und machte sich dann selbst auf den Weg nach Hause. Dort ließ er sich auf der Couch nieder und dachte über den Tag mit Yuno nach. Es hatte ihm wirklich gut getan, mal raus zu kommen. Yuno war wirklich ein interessantes Mädchen, mit einem Lächeln, das bestimmt schon einige Herzen gebrochen hatte. Trotzdem war nichts von dem passiert, was er bei Aru erlebt hatte. Das wilde Herzklopfen, das Gestotter, die Schauer, die ihm über den Rücken gelaufen waren, als der Weißhaarige ihn geküsst hatte. Nichts von dem war bei Yuno der Fall gewesen. Vielleicht würde das noch kommen, sollte er Yuno noch einmal einladen. Müde und ausgelaugt schlief er ein und wurde erst am Sonntagvormittag wieder wach. Gähnend tapste er zum Bad und duschte ausgiebig, bevor er sich anzog und mit einem Buch in seinen Strandkorb verzog. Die Stunden vergingen, ohne dass er etwas davon mitbekam. Als am Nachmittag sein Handy klingelte, stand er auf und las die Nachricht, die er von Yuno bekommen hatte. `Hallo, Yukki. Hoffe, es geht dir gut und du bist heil zu Hause angekommen. ;-) Wir sehen uns Montag. XXX, Yuno.´ Eine weitere Nachricht fiel ihm auf, diesmal von Aru. `Können wir uns treffen? Ich erwarte dich um fünf Uhr beim alten Brunnen.´ Anscheinend war diese Nachricht gekommen, als er noch geschlafen hatte. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er nur noch eine halbe Stunde hatte. Er streifte seine Schuhe über und verließ die Wohnung. Der Weißhaarige war schon da, als er am Treffpunkt ankam. Er lächelte, doch es wirkte nicht echt. „Yukiteru-kun.“ „Hallo, Akise-kun. Was gibt es?“ „Kannst du dir das nicht denken?“ Ist es wegen dem Fest gestern?“ „Wieso war ausgerechnet Yuno Gasai dabei?“ „Ist das nicht meine Sache?“ „Ich meine das ernst, Yukiteru-kun. Ich traue diesem Mädchen nicht.“ „Bist du etwa eifersüchtig?“ Aru wurde rot. „Eifersüchtig? Nein, bin ich nicht.“ „Wenn du es wissen willst: Ich war es, der sie eingeladen hat. Ich musste mir über einige Dinge klar werden.“ „Und da ist dir keine andere eingefallen, die du einladen konntest?“ „Ich habe keine Ahnung, was du für ein Problem mit ihr hast. Sie ist wirklich nett.“ Aru biss sich auf die Unterlippe. „Ich bin mir nicht sicher. Es ist nur so ein Gefühl. Irgendetwas stört mich an ihr.“ „Und du bist wirklich nicht eifersüchtig?“ Diesmal trat ein seltsamer Ausdruck in die rubinroten Augen des anderen. „Bitte sei vorsichtig. Meine Intuition hat mich selten getäuscht.“ „Hör auf, gleich das Schlimmste anzunehmen. Wie gesagt, ich musste mir über einige Dinge klar werden Und das...ist mir auch gelungen.“ Ach ja?“ „Ich habe eine Entscheidung getroffen. Wegen unseres...wegen dem, was du gesagt hast.“ Nun wirkte Aru ernsthaft überrascht. „Du hast dich entschieden? Wirklich?“ „Ja. Meine Wahl ist getroffen. Ich musste lange darüber nachdenken, aber nun steht mein Entschluss fest.“ „Jetzt spann mich nicht so auf die Folter, sondern sag es mir endlich.“ Yukiteru musterte seinen Gegenüber kurz und atmete dann tief ein. „Ich habe mich...für Yuno entschieden.“ Kapitel 7: Konfrontation ------------------------ Aru sah Yukiteru an, als hätte dieser ihn geschlagen. „Was?“ „Meine Wahl ist endgültig. Du hast versprochen, sie zu respektieren.“ Yukiterus Stimme war kühl geworden, trotzdem trat ein unangenehmes Stechen in seine Brust. Als wollte sein Körper ihm sagen, dass seine Entscheidung falsch war. Der Braunhaarige ignorierte es und redete weiter. „Ich bin einfach der Meinung, dass Yuno besser zu mir passt. Außerdem heißt das ja nicht, dass wir keine Freunde bleiben können.“ „Verarsch´ mich nicht.“ flüsterte Aru laut genug, dass der andere ihn hören konnte. Wieder liefen Tränen über seine Wangen, doch diesmal lag Wut in seinen Zügen. „Du hast doch nur Angst. Glaubst du wirklich, mir wäre nicht aufgefallen, dass du für mich dasselbe empfindest wie ich für dich? So dumm bin ich nicht. Aber gegen deine Wahl kann ich wohl nichts tun.“ Ein verbittertes Lachen folgte seinen Worten. „Also dann, viel Spaß mit deiner Freundin.“ Das letzte Wort stieß er hervor, als wäre es Gift. So hatte Yukiteru den Weißhaarigen noch nicht erlebt, überrascht trat er einen Schritt zurück. „Feigling.“ hörte er Aru noch sagen, bevor er sich umdrehte und davonging. Yukiteru stand noch eine Weile wie betäubt da, bis er sich ebenfalls zu seiner Wohnung aufmachte. Dort machte er sich an seine Hausaufgaben, war aber nicht wirklich bei der Sache. Er konnte nicht verstehen, warum Aru so feindselig auf seine Entscheidung reagiert hatte. Schließlich hatte er Yukiteru auch nicht gefragt, als er ihn das zweite Mal geküsst hatte. Und wenn man es genau nahm, hatte er bereits da sein Wort gebrochen. Trotzdem war seltsamerweise er es, der sich schlecht fühlte. Sobald sich Aru wieder beruhigt hatte, würde er ein ernstes Gespräch mit ihm führen. Bis dahin war es wohl am besten, ihn in Ruhe zu lassen. Viel zu aufgewühlt, um gleich schlafen zu gehen, schaltete er den Fernseher an, ohne auf den Film, den er erwischt hatte, zu achten. Am Sonntag ging es ihm bereits besser. Der Tag verlief ohne besondere Vorkommnisse und Yukiteru schaffte es sogar, rechtzeitig ins Bett zu kommen, um für die Schule auch ausgeruht zu sein. Als er am nächsten Morgen etwas zu früh in seine Klasse kam und sich an seinen Platz setzte, überkam ihn allerdings ein mulmiges Gefühl. Zwar war Aru noch nicht da, jedoch hatte Yukiteru beinahe vergessen, dass sie nebeneinander saßen. Angespannt blickte er zur Tür. Langsam füllte sich der Raum und nun kam auch der Weißhaarige in das Zimmer. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, klopfte er einem Klassenkameraden, Oji Kosaka, auf die Schulter und unterhielt sich kurz leise mit ihm. Dabei sah Kosaka immer wieder zu Yukiteru, nickte dann und ging auf diesen zu. Er setzte sich neben den Braunhaarigen und warf ihm einen abschätzenden Blick zu. „Du bist Yukiteru Amano, oder?“ „Ja.“ erwiderte der andere verwirrt. „Akise hat mich gebeten, mit ihm den Platz zu tauschen. Er meinte nur, ihr hättet euch gestritten.“ „Ja, haben wir.“ murmelte Yukiteru und musterte Aru, der ihn immer noch nicht beachtete, sondern stur die Tafel beobachtete. „Was ist denn los? Ich dachte, ihr wärt Freunde. Jedenfalls hatte es den Eindruck, als würdet ihr euch gut verstehen. Also, was hast du angestellt?“ „Wie kommst du darauf, dass es meine Schuld war?“ „Weil Akise wie ein Häufchen Elend aussieht. Du hingegen wirkst, als wäre alles wie immer. Man muss kein Genie sein, um daraus zu schließen, dass du ihm irgendwas Heftiges an den Kopf geworfen hast.“ Das stimmte wahrscheinlich, allerdings hatte Yukiteru keine große Lust, sich ausgerechnet mit Kosaka darüber zu unterhalten. Eine Antwort blieb ihm zum Glück erspart, da in diesem Moment der Lehrer hereinkam. Bis zur Pause hatte er Zeit, sich mit der neuen Situation zu arrangieren. Nach dem Klingeln beeilte er sich, um sich mit Yuno treffen zu können. Doch auf dem Hof war sie nicht. Der Braunhaarige fragte sich gerade, ob sie heute krank war, als er sie durch ein Fenster im Gang stehend sah. Aru stand vor ihr, die beiden schienen sich zu streiten. Alarmiert rannte er durch die Tür und folgte den Stimmen, die zwar nicht laut, aber dennoch wütend waren. „...mir jetzt sagen, was du mit Yukiteru-kun vorhast.“ kam es von Aru, der mit dem Rücken zu Yukiteru stand und ihn gar nicht bemerkt hatte. „Ich habe nichts mit ihm vor. Was ist nur los mit dir?“ giftete Yuno zurück. „Denkst du, du kannst mich für dumm verkaufen? Seit Jahren hast du so getan, als wäre er unsichtbar und jetzt, wo er einmal mit dir geredet hat, änderst du deine Meinung?“ „Ich habe ihn immer nett gefunden. Aber ich habe mich ihm nicht genähert, weil er den Eindruck erweckt hat, als würde er mich sowieso abweisen.“ „Und das soll ich dir glauben? Ich warne dich, Gasai-san. Wenn du es wagen solltest, Yukiteru-kun zu verletzen, wirst du es bedauern.“ Nun trat Überraschung in das Gesicht des Mädchens. „Bist du etwa in Yukki verliebt?“ „Und wenn es so ist?“ Die Stille, die darauf folgte, schien endlos. „Jetzt verstehe ich. Yukki hat dir einen Korb gegeben. Deswegen denkst du, ich will nur mit ihm spielen. Bist du wirklich so unreif?“ „Als ob es mich interessiert, was du denkst. Eines solltest du noch wissen: Ich werde nicht kampflos aufgeben.“ Yukiteru hatte genug gehört und räusperte sich vernehmlich. Sofort hörte der Streit auf und die beiden drehten sich zu ihm um. „Yukiteru-kun...“ „Yukki.“ Dem Braunhaarigen fiel auf, dass Kosaka nicht gelogen hatte. Aru war ziemlich blass und sah aus, als hätte er letzte Nacht kein Auge zugemacht. Ihm war deutlich anzumerken, wie sehr ihn Yukiterus Entscheidung getroffen hatte. Yuno schien zwischen Wut und Verblüffung zu schwanken, fing sich aber schnell wieder. „Hast du etwa alles mitbekommen?“ „Auf jeden Fall mehr, als ich wollte.“ Er ging zu Yuno, legte ihr den Arm um die Schulter und sein Blick fiel auf Aru. „Das reicht, Akise-kun. Nur weil ich mich gegen dich entschieden habe, musst du nicht auf Yuno losgehen.“ Wieder legte sich Trauer über die Züge des Weißhaarigen. Dann schlug er die Augen nieder und sprach mit leerer, tonloser Stimme. „Alles, was ich wollte, war, dich glücklich machen. Ich habe wirklich gedacht, du liebst mich auch. Offensichtlich habe ich mich geirrt. Du hast gewonnen, Gasai-san. Kümmere dich gut um Yukiteru-kun. Er ist ein wundervoller Mensch und verdient alle Liebe, die du ihm geben kannst.“ Damit wandte er sich ab und ging. „Geht es dir gut?“ erkundigte sich Yukiteru und Yuno nickte. „Tut mir leid, dass dir nichts über Akise-kuns Gefühle mir gegenüber erzählt habe.“ „Also stimmt es wirklich?“ „Ja.“ „Verstehe.“ Das Klingeln der Schulglocke unterbrach die beiden. „Sehen wir uns nächste Pause?“ „Gerne. Bis später.“ Sie küsste ihn kurz auf die Wange und verschwand dann ebenfalls. Gerade noch rechtzeitig betrat der Braunhaarige die Klasse und setzte sich. „Du hast echt Talent dafür, Situationen zu verschlechtern.“ raunte Kosaka ihm zu und nickte zu Aru hinüber. Dieser saß völlig apathisch da und reagierte nicht einmal, als der Lehrer ihm eine Frage stellte. „Ich war nur ehrlich zu ihm.“ sagte Yukiteru und ließ dabei die Tatsache außer Acht, dass ihn bei dem Anblick des anderen ein schmerzhaftes Gefühl überkam. Er konzentrierte sich auf den Unterricht und traf sich in der Pause wieder mit Yuno. Zusammen gingen sie in die Schulkantine und unterhielten sich dabei leise. „Ist zwischen euch denn irgendwas gelaufen?“ wollte das Mädchen wissen und brachte Yukiteru damit dazu, sich an seinem Getränk zu verschlucken. Als er aufgehört hatte zu husten, wurde er rot. „Wir... haben uns nur geküsst. Mehr war da nicht.“ brachte er endlich sehr verlegen heraus. Irgendwie war es ihm unangenehm, dass Yuno ihn danach fragte. Aber er hatte sich vorgenommen, ehrlich zu ihr zu sein. Sie erwiderte zwar nichts, schien dafür aber sehr nachdenklich. Während der nächsten Stunde schielte Yukiteru immer wieder zu Aru hinüber, der sich kein Stück bewegt hatte, seit er nach dem Streit in die Klasse zurückgekehrt war. Bald, so redete sich Yukiteru ein, würde der Weißhaarige bestimmt wieder der Alte sein. Und dann würde er auch mit der neuen Situation besser umgehen können. Er konnte ja nicht ewig so niedergeschlagen sein, oder? Kapitel 8: Ohne jede Spur ------------------------- Das erste, was Yukiteru am nächsten Morgen auffiel, war der Regen. Schwer trommelte er auf die Fenster und durchnässte alles, was ihm in den Weg kam. Ein Wetter, das gut zu Yukiterus Stimmung passte. In letzter Zeit war so viel passiert, dass er kaum hinterherkam. Alles fühlte sich so unwirklich an und erschuf eine tiefe Erschöpfung in ihm. „Nur noch ein paar Tage, dann ist Wochenende.“ sagte er, um sich etwas aufzumuntern. Dann ging er, bewaffnet mit einem Regenschirm, nach draußen und in in Richtung Schule. Seltsamerweise stand Kosaka am Ende der Straße. „Da bist du ja endlich. Bist du immer so spät dran?“ Völlig verdutzt beobachtete Yukiteru den anderen, der allmählich ungeduldig wurde. „Na los, beweg´ dich. Es schüttet wie aus Eimern und ich habe keine Lust, wegen dir zu spät zu kommen.“ „Was tust du hier?“ „Siehst du doch, mir eine Grippe holen.“ antwortete Kosaka sarkastisch. Der Braunhaarige trat zu ihm und zusammen liefen sie weiter. „Ich meine, warum hast du auf mich gewartet?“ „Weil ich immer noch wissen will, was zwischen dir und Akise passiert ist.“ Ein schiefes Grinsen zog sich über Kosakas Gesicht. „Schließlich muss es ja einen Grund geben, warum Akise so weit gegangen ist und sogar den Platz mit mir tauschen wollte.“ „Das war nur eine Meinungsverschiedenheit.“ beharrte Yukiteru. „Warum nur glaube ich dir das nicht? Naja, egal. Du wirst schon noch damit rausrücken.“ Der Braunhaarige beachtete ihn nicht und sie betraten den Schulhof. Dort stand Yuno und umarmte ihn stürmisch. „Guten Morgen,Yukki. Ich habe dich vermisst.“ „Hallo, Yuno.“ Kosaka grinste noch breiter und erntete dafür einen Schlag in die Rippen. „Wenn ihr beiden fertig seid, wollen wir dann rein?“ „Sehen wir uns nachher?“ „Ok.“ Im Klassenraum herrschte das übliche Geplauder wie immer, das sofort erstarb, als die Lehrerin hereinkam. Erst jetzt fiel Yukiteru auf, dass Aru nicht zu sehen war. Ob er krank war? Wahrscheinlich. Der weitere Schultag verlief ohne besondere Ereignisse. In den Pausen traf sich der Braunhaarige mit Yuno, im Unterricht wich er Kosakas Fragen aus. Und irgendwo, tief in seinem Inneren, machte er sich Sorgen um Aru. Zwar weigerte er sich, das zuzugeben, aber dennoch war es so. Diese Sorge steigerte sich, als der Weißhaarige auch am nächsten und übernächsten Tag fehlte. Er hätte Aru gerne besucht, wusste aber nicht, wo dieser wohnte. Kosaka hatte er immer noch nichts erzählt, doch dieser blieb hartnäckig. Ohne es zu bemerken, hatte sich Yukiteru mit dem teilweise ziemlich derben Jungen angefreundet. Laut Kosaka war er wohl „doch nicht so langweilig.“ Schwer zu sagen, ob das eine Beleidigung oder ein Kompliment war. Yuno schien diese Freundschaft nicht zu gefallen. Wohl wegen der Tatsache, dass Yukiteru ihr von seinem Kuss mit Aru berichtet hatte. Zwar sagte sie nichts, doch immer, wenn sie Kosaka sah, bekamen ihre Augen einen misstrauischen Ausdruck. Mittlerweile hatte offenbar die halbe Schule von der Beziehung zwischen ihr und Yukiteru gehört. Yuno schien das nur Recht zu sein, doch der Braunhaarige war es nicht gewohnt, so im Mittelpunkt zu stehen. „Ich hoffe, es gibt bald ein neues Thema.“ meinte er am Donnerstag, als zwei Schulkameraden in der Pause an ihm vorbeigingen und sofort anfingen, miteinander zu tuscheln. „Du bist doch selber schuld. Schnappst dir ausgerechnet eines der hübschesten Mädchen. Ist doch klar, dass das für Aufregung sorgt.“ erwiderte Koska und schlug ihm auf die Schulter. „Ich frage mich, was mit Akise-kun ist. Hoffentlich geht es ihm gut.“ „Warte, wie sind wir jetzt zu diesem Thema gekommen?“ „Machst du dir deswegen keine Gedanken?“ „Nicht wirklich. Akise kommt schon klar. Oder warst du noch nie über eine längere Zeit krank?“ „Schon, aber...“ „Aber was?“ „Nichts, nichts.“ winkte Yukiteru hastig ab. Doch dem anderen schien etwas aufgefallen zu sein, denn urplötzlich stand eine Mischung aus Erkenntnis und Fassungslosigkeit in seinem Gesicht. „Du machst dir wirklich Sorgen, richtig? Kann es sein...aber das ist unmöglich...“ „Was hast du plötzlich? Du wirkst, als hättest du einen Geist gesehen.“ „Natürlich. Yukiteru, du bist verliebt in Akise, oder?“ Wie auf Kommando wurde Yukiteru rot. „W-was redest du d-denn da? So i-ist es nicht.“ verteidigte er sich schwach. „Du lügst. Jetzt wird mir einiges klar. Warum ihr euch gestritten habt, warum Yuno so schlecht auf Akise zu sprechen ist...Darauf hätte ich echt früher kommen können.“ „A-aber wenn ich es dir d-doch sage...“ fing der Braunhaarige wieder an, doch Kosaka unterbrach ihn. „Nur eines verstehe ich nicht: Warum bist du mit Yuno zusammen? Findest du das ihr gegenüber nicht unfair?“ „Ich bin nicht in Akise-kun verliebt. Das versuche ich dir doch zu erklären. Es ist umgekehrt. Akise-kun ist es, der Gefühle für mich hat. Er hat es mir vor einiger Zeit gestanden und mir gleichzeitig die Möglichkeit gegeben, selber zu entscheiden, ob ich dem Ganzen eine Chance gebe. Ich habe mich dagegen entschieden. Mit Yuno ist es einfach...unkomplizierter.“ „Soll heißen, du hast Angst vor einer Beziehung mit einem Jungen. Für so verklemmt hatte ich dich gar nicht gehalten.“ „Das hat doch damit nichts zu tun.“ „Und ob das was damit zu tun hat. Mal ganz davon abgesehen, dass Akise viel besser zu dir passen würde. Yuno ist doch die totale Klette.“ Yukiterus Gesicht fühlte sich inzwischen an, als hätte er Fieber. „Was soll das denn jetzt wieder heißen?“ „Seit du mit ihr geredet hast, lässt sie dich überhaupt nicht mehr aus den Augen. Willst du mir ernsthaft sagen, das würde dich nicht nerven?“ „Nein. Ich bin gerne in ihrer Nähe.“ Seufzend rollte Kosaka die Augen. „Himmel, bist du stur. Aber wenn du möchtest: Ich weiß, wo Akise wohnt. Wir können morgen nach der Schule ja bei ihm vorbeischauen.“ „Woher weißt du denn, wo er wohnt?“ „Ich habe ihn zufällig getroffen, als ich einen Freund besuchen wollte.“ „Ach so.“ „Also, kommst du mit?“ „Ja, in Ordnung.“ Doch der nächste Morgen war äußerst merkwürdig. Herr Matsui schien ungewöhnlich nervös, als er die Anwesenheit kontrollierte. Als ihm auffiel, dass Aru nicht da war, wurde er blass und rannte ohne eine Erklärung aus der Klasse. „Was ist denn mit dem los?“ fragte Kosaka, der wie die anderen ratlos zur Tür sah. „Keine Ahnung.“ Eine Lautsprecherdurchsage ließ die Klasse aufhorchen. „Yukiteru Amano, melde dich umgehend im Büro des Direktors. Ich wiederhole: Yukiteru Amano, melde dich umgehend im Büro des Direktors.“ „Hast du was ausgefressen?“ murmelte Kosaka halblaut, um das einsetzende Geflüster zu übertönen. „Nein. Das ist bestimmt ein Missverständnis.“ Mit einem unguten Gefühl im Magen machte sich der Braunhaarige auf den Weg und stand kurz darauf vor dem Direktorbüro. Zögernd klopfte er an, atmete tief durch und betrat den Raum. Außer Herrn Matsui waren noch drei weitere Personen anwesend. Zum einen der Schulleiter, ein kleiner, pummeliger Mann, der die Angewohnheit hatte, ständig die Hände zu ringen. Bei den beiden anderen konnte es sich nur um Arus Eltern handeln. Arus Vater war ein Mann in den Vierzigern, mit strengem Gesicht und denselben rubinfarbenen Augen wie sein Sohn. Arus Mutter hatte langes, weißes Haar, dass ihr offen bis zur Hüfte fiel und das freundlichste Gesicht, dass Yukiteru je gesehen hatte. Jedoch wirkte sie im Moment besorgt und ängstlich. „Ah, Amano-kun. Bitte, komm rein.“ sagte der Direktor und rang die Hände. „Du bist also dieser Amano-kun.“ kam es von Arus Vater und seine Augen verengten sich. „Aru hat viel von dir erzählt.“ „G-guten Tag.“ entgegnete Yukiteru, dessen ungutes Gefühl sich verstärkte. „Wir sind hier, weil Aru seit Montag weg ist. Weißt du, wo er sich aufhält?“ Kapitel 9: Die Suche beginnt ---------------------------- „Er...er ist weg? Aber ich dachte, er wäre nur krank.“ Nun meldete sich erstmals Arus Mutter zu Wort. „Mein Mann und ich waren bis gestern nicht da. Wir hatten eine wichtige Geschäftsreise. Als wir zurückgekommen sind, war Aru fort. Zuerst haben wir uns keine Gedanken deswegen gemacht, aber dann hat uns die Schule angerufen und gefragt, wann Aru wieder zum Unterricht kommt. Wenn ich daran denke, dass er schon fast eine Woche weg ist...“ Sie sprach nicht weiter, sondern begann zu weinen. Ihr Mann zog sie an sich und flüsterte ihr etwas zu. Dann ließ er sie los und fixierte erneut Yukiteru. „Falls du weißt, wo er ist, sag es uns.“ „Ich weiß es wirklich nicht.“ „Ich muss zur Klasse zurück. Amano-kun, du bist für diese Stunde entschuldigt.“ sagte Herr Matsui und verschwand. „Setz dich doch erst mal.“ kam es wieder vom Direktor. Yukiteru gehorchte und Arus Vater ergriff wieder das Wort. „Denk genau nach. Kann es sein, dass Aru weggelaufen ist?“ „Davon hat er nichts gesagt. Jedenfalls nicht zu mir.“ Arus Vater packte ihn an den Schultern und blickte ihm direkt in die Augen. „Die Situation ist sehr ernst, Amano-kun. Ist zwischen euch etwas passiert?“ „Aber, aber, so beruhigen Sie Sich doch bitte...“ warf der Direktor händeringend ein. „Ich will mich aber nicht beruhigen. Mein Sohn ist spurlos verschwunden!“ Yukiteru fühlte sich inzwischen wie bei einem Gerichtsverfahren. Als er erfahren hatte, dass der Weißhaarige auch nicht zuhause war, hatte sich etwas in seinem Herzen zusammengezogen. Trotzdem versuchte er, nicht die Beherrschung zu verlieren. „Wir hatten vor einigen Tagen einen Streit. Aber deswegen gleich fortzulaufen...dazu ist er einfach nicht der Typ.“ „Ich weiß von diesem Streit. Aru war deswegen völlig aufgelöst.“ Arus Vater lockerte seinen Griff, behielt Yukiteru dabei allerdings genau im Auge. „Ich weiß auch von Arus...Gefühlen zu dir. Es ist mir zwar schleierhaft, was er an dir findet, aber ich sage dir dasselbe wie ihm. Ich erlaube nicht, dass mein Sohn diese Art von Beziehung hat. Ich hoffe, du hast das verstanden.“ Der Direktor räusperte sich vernehmlich und lenkte so die Aufmerksamkeit auf sich. „Ich fürchte, diese `Beziehung´, wie Sie sie nennen, beruht auf Gerüchten. Nach allem, was ich weiß, bist du doch mit Yuno Gasai zusammen, Amano-kun?“ „Schon, aber...“ „Soll das heißen, mein Sohn ist ein Lügner?“ Die Stimme von Arus Vater klang schneidend und seine Miene wurde noch finsterer. Bevor die Situation eskalieren konnte, beschloss der Braunhaarige, Arus Eltern die Wahrheit zu sagen. Er erzählte ihnen alles, was passiert war, ohne jemanden anzusehen. Nachdem er geendet hatte, herrschte eine Zeit lang Schweigen. „Deswegen also der Streit. Inzwischen bin ich mir sicher, dass er deswegen auch verschwunden ist.“ „Aber wenn er seine Ruhe haben wollte, hätte er doch zuhause bleiben können. Warum sollte er fast eine Woche draußen durch die Gegend irren, wenn er wusste, dass Sie beide sowieso nicht da sind?“ „Wir sollten die Polizei benachrichtigen.“ meinte Arus Mutter. „Wer weiß, wo er inzwischen ist. Er könnte verletzt sein oder auch...“ Ein zweiter Weinkrampf schüttelte die Frau. Sofort ließ ihr Mann Yukiteru los und versuchte, sie zu beruhigen. Während er zusah, wurde dem Braunhaarigen klar, warum Aru seinen Vater als herzensguten Menschen bezeichnet hatte. Es war nur die Sorge, die ihm so zusetzte. Verständlich. „Gut, das war es erst einmal. Wir müssen jetzt zur Polizeiwache.“ Arus Vater griff in seine Tasche und nahm eine kleine, weiße Karte heraus. „Wenn dir noch etwas einfällt, melde dich bei uns.“ Achtsam nahm Yukiteru die Karte entgegen, steckte sie ein und erwiderte den Blick des Mannes. „Das werde ich tun. Ich hoffe, Sie finden ihn bald.“ „Das hoffe ich auch.“ Die beiden gingen und ließen Yukiteru mit dem Direktor alleine. „Nun, du solltest zurück in die Klasse.“ sagte der Direktor und rang wieder einmal die Hände. „Ja...sicher...“ Als der Braunhaarige schon fast aus dem Büro war, fiel ihm noch etwas ein und er drehte sich um. „Darf ich Sie noch was fragen?“ „Natürlich.“ „Woher wussten Sie das von mir und Yuno?“ Ein Lächeln tauchte in dem pummeligen Gesicht auf. „Nun, nicht nur Schüler bekommen solche Gerüchte mit. Bis bald, Amano-kun.“ „Wiedersehen.“ Zurück in der Klasse versuchte Yukiteru, die neugierigen Blicke und Kosakas leise Fragen auszublenden. Ihm war nicht nach Erklärungen oder Gesprächen. Viel zu sehr war er damit beschäftigt, darüber nachzudenken, wo Aru sein konnte. Dadurch, dass er geglaubt hatte, der andere wäre nur krank, hatte er sich kaum Gedanken um Aru gemacht. Das ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Selbst Yuno schaffte es nicht, ihn aufzumuntern. Schließlich war der Schultag vorbei und Yukiteru verließ das Gebäude, vor dem bereits Yuno auf ihn wartete. „Sehen wir uns am Wochenende?“ fragte sie, nachdem sie ihn umarmt hatte. „Warum nicht...ich rufe dich an...“ antwortete der Braunhaarige zerstreut. Schon spürte er die Lippen des Mädchens, die seine eigenen verschlossen. Erneut blieb sein Herzschlag ruhig und gleichmäßig, während er den Kuss erwiderte. „Ich muss los. Tschüss, Yukki.“ Er winkte, bis sie außer Sicht war und zuckte dann zusammen, als ihm jemand auf die Schulter schlug. „Kosaka. Musst du mich so erschrecken?“ „Verrätst du mir jetzt, warum du zum Direx musstest?“ „Nicht hier. Komm mit, wir reden bei mir.“ In seiner Wohnung stellte er seine Schultasche achtlos auf den Boden und holte für sich und seinen Gast etwas zu trinken. Gemeinsam mit Kosaka setzte er sich auf die Couch und berichtete ihm dann, was im Büro des Direktors vor sich gegangen war. „Also wissen selbst Akises Eltern nicht, wo er sein könnte?“ „Nein, genau das ist ja das Problem. Wenn er tatsächlich entführt wurde, warum ist dann keine Lösegeldforderung eingegangen? Ich kann mir einfach keinen Reim darauf machen.“ „Vielleicht geht es ja gar nicht um Geld.“ „Wie meinst du das?“ „Es kann ja immer noch sein, dass Akise tatsächlich abgehauen ist. Ausschließen können wir es nicht.“ „Aber über eine Woche wegbleiben und sich bei niemandem melden? Ich glaube nicht, dass er seine Eltern so sehr beunruhigen würde. Sie wollen die Polizei einschalten. Selbst Akise-kun würde nicht so weit gehen.“ „Da könntest du Recht haben. Und, was wirst du jetzt tun?“ „Was kann ich denn schon groß tun? Mir bleibt kaum was anderes übrig, als die Polizei ihre Arbeit machen zu lassen.“ Seine Antwort schien Kosaka nicht zu gefallen, denn er zog die Brauen zusammen und machte ein finsteres Gesicht. „Also, ich für meinen Teil werde nicht untätig herumsitzen. Mit etwas Glück finde ich heraus, wo Akise ist. Wenn du nichts tun willst, schön. Ich habe andere, die mich unterstützen werden.“ Wieder grinste er schief und taxierte Yukiteru mit einem Blick, der dem Braunhaarigen gar nicht gefiel. „Und ganz nebenbei werde ich bestimmt herausfinden, was zwischen Akise und dir so gelaufen ist.“ Sofort sprang Yukiteru auf. „Warte. Ich komme mit.“ „Ach, auf einmal? Du willst wohl nicht, dass ich etwas finde, wie?“ Kosaka kicherte, als Yukiteru rot wurde. „Ich bin auch mit Akise-kun befreundet. Außerdem: Wenn ich nicht dabei bin, kommst du nur auf dumme Ideen.“ „Ja, sicher. Das ist deine einzige Sorge.“ „Verrate mir lieber, was du vorhast, du Blödmann.“ „Ich werde bei Akise vorbeischauen und sehen, ob es irgendwelche Hinweise gibt, wo er sein könnte. Schließlich weiß ich, wo er wohnt.“ „Dann solltest du hoffen, dass sein Vater nicht da ist. Sonst werden wir kaum in seine Wohnung oder sein Zimmer gelassen.“ „Muss ja echt ein unheimlicher Kerl sein.“ „Eigentlich nicht. Er hat nur Angst, dass seinem Sohn etwas passiert ist.“ Kosaka nickte nur und dachte kurz angestrengt nach. „Ich werde meine Freunde benachrichtigen, dass wir uns morgen alle im Park treffen. Wenn zu viele Leute bei Akise auftauchen, würde das nur zu Problemen führen. Das schaffen wir beide auch alleine. Also, kommst du?“ „Schon gut, schon gut. Dann mal los.“ Damit verließen sie die Wohnung und machten sich auf den Weg. Kapitel 10: Veränderungen ------------------------- „Hier ist es.“ Sofort blieb Yukiteru stehen und sah sich das Haus an. Gemeinsam mit Kosaka war er so lange durch die Gegend gelaufen, dass er irgendwann komplett die Orientierung verloren hatte. Beeindruckt musterte er das Gebäude. „Das ist kein Haus, das ist ein Palast.“ „Scheinen ja echt Kohle zu haben.“ „Lass uns mal sehen, ob jemand da ist.“ Sie traten vor die Tür und Kosaka betätigte die Klingel. Eine Weile blieb es still, dann wurde die Tür geöffnet und Arus Mutter stand vor ihnen, mit verweintem Gesicht und roten, verquollenen Augen. Sie erkannte Yukiteru und lächelte kurz. „Ah, Amano-kun. Schön, dich wiederzusehen.“ „Guten Tag.“ „Habt ihr Neuigkeiten?“ „Leider nicht.“ erwiderte Kosaka überraschend höflich. „Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würden wir uns gerne in Arus Zimmer umsehen.“ „Ich bin mir zwar nicht sicher, was ihr dort zu finden hofft, aber von mir aus könnt ihr reinkommen. Die Polizei hat das Zimmer auch schon durchsucht.“ Sie trat zur Seite und ließ sie in die große, geräumige Eingangshalle. „Arus Zimmer ist im ersten Stock. Die dritte Tür rechts.“ Ihr Ton wurde leiser und sie beugte sich etwas vor. „Ihr habt nicht viel Zeit. Mein Mann kommt in eineinhalb Stunden und ich möchte nicht, dass er euch entdeckt.“ „Verstanden.“ Der Raum von Aru war klein, aber gemütlich und sauber. Nichts schien am Zimmer ungewöhnlich: Ein Schreibtisch, ein Laptop, ein Fernseher und ein Radio, daneben ein CD-Ständer. „Sieht aus, als hätte Akises Mutter hier aufgeräumt, nachdem die Cops hier waren.“ sagte Kosaka und setzte sich an den Laptop. „Ich frage mich, warum sie den Laptop nicht mitgenommen haben.“ „Vielleicht haben sie nichts darauf gefunden, was für sie wichtig wäre.“ Kosaka fuhr den Laptop hoch und Yukiteru stellte sich neben ihn. Das Hintergrundbild – ein dunkler Engel aus einem Computerspiel – tauchte kurz auf, bevor Kosaka anfing, die Dateien auf dem Desktop zu durchsuchen. Lange Zeit geschah nichts, bevor Kosaka sich anspannte und so die Aufmerksamkeit des Braunhaarigen auf sich lenkte. „Sieh dir mal an, was ich hier gefunden habe.“ Inzwischen hatte Kosaka den Internetverlauf geöffnet und einige Tabs geöffnet. „Was tun gegen Liebeskummer... Wie kann ich ihn vergessen... Selbsthilfeforen...klingt so, als wäre es ziemlich ernst gewesen. Er hat sogar selber etwas hier geschrieben.“ Yukiteru beugte sich weiter vor und las halblaut vor. „Ich habe gesehen, was für gute Ratschläge hier auftauchen und dass niemand sinnlos auf anderen herumhackt. Das hat mich ermutigt, selbst über mein Problem zu schreiben. Vielleicht habt ihr ja eine Lösung. Mir ist seit etwa zwei Jahren klar, dass ich schwul bin. Bis vor kurzem habe ich diese Tatsache geheim gehalten, so gut ich konnte. Aber jetzt hat sich alles geändert. Ich habe mich in einen Mitschüler verliebt. Doch obwohl er meine Gefühle zweifelsfrei erwidert, hat er sich dazu entschieden, mich abzuweisen und mir damit das Herz zu brechen. Leider gehen wir in die selbe Klasse und sehen uns daher ständig. Wie soll ich damit umgehen, ihn jeden Tag vor Augen zu haben? Immer, wenn sich unsere Blicke treffen, habe ich das Gefühl, jemand zieht mir den Boden unter den Füßen weg. Und das, obwohl ich eigentlich immer dachte, ich wäre stärker. Falls euch etwas einfällt, schreibt bitte zurück. Vielen Dank im Voraus.“ „So etwas habe ich wirklich nicht erwartet.“ murmelte Yukiteru, als er zu Ende gelesen hatte. „Das hast du echt super hingekriegt. Selbst ich wusste, wie schlecht es Akise geht.“ Kosaka drehte sich etwas, um den Braunhaarigen anzusehen. „Sei ehrlich, Yukiteru: Als du dich entschieden hast, wie hast du dich da gefühlt?“ „Ich weiß es nicht. Eigentlich war ich mir sicher, das Richtige getan zu haben. Aber trotzdem habe ich mich irgendwie...schuldig gefühlt. Wohl, weil ich geahnt habe, wie er auf meine Entscheidung reagiert. Deswegen wollte ich ja auch noch einmal mit ihm reden.“ „Hast du das auch getan?“ „Nein. Akise-kun hat das verhindert, indem er einen Streit mit Yuno angefangen hat. Danach war ich so wütend auf ihn, dass ich die Situation durch ein Gespräch nur schlimmer gemacht hätte. Und kurz darauf ist er verschwunden.“ „Ist zwischen euch mehr passiert?“ „N-nein!“ antwortete Yukiteru hastig. „Er hat mich zweimal geküsst, das war alles.“ Kosaka sagte nichts dazu, dachte aber lange nach. „Jup, du hast total Mist gebaut.“ sagte er dann so unvermittelt, dass es Yukiteru kurz die Sprache verschlug. „Was hätte ich deiner Meinung nach denn tun sollen? Mich für Akise-kun entscheiden, nur um seine Gefühle zu schonen? Wie es mir damit geht, scheint wohl keine Rolle zu spielen.“ „Du hast doch nur aus einem Impuls heraus gehandelt. Was wäre wohl gewesen, wenn du auf dein Herz und nicht auf deine Angst gehört hättest?“ Der Braunhaarige blieb stumm und nach ein paar Minuten seufzte Kosaka schwer und schüttelte den Kopf, bevor er sich wieder mit dem Laptop beschäftigte. „Interessant. Offenbar hat er, nachdem du ihm einen Korb gegeben hast, immer dasselbe Lied gehört. Außerdem habe ich das hier hinter dem Laptop gefunden.“ Er deutete auf eine Kamera, die Yukiteru vage bekannt vorkam. „Die hatte er dabei, als wir zusammen in der Stadt waren. Er hatte mich vor ein paar Schlägern beschützt und als Dank habe ich ihn zum Essen eingeladen. Damals hatte er auch diese Kamera dabei und hat einen Passanten gebeten, ein Foto von uns zu machen.“ „Sieht aus, als wäre das das einzige Bild.“ Kosaka gab die Kamera weiter und Yukiteru verkrampfte sich, als er sich und Aru vor einer Brücke stehen sah, lächelnd und unbeschwert. Dieses Bild schien Ewigkeiten her zu sein... Gitarrenklänge ertönten und er kehrte zum Geschehen zurück. „Was machst du denn da?“ „Ich überprüfe nur etwas.“ „Indem du Musik hörst?“ „Shhh.“ machte Kosaka nur und der Braunhaarige verstummte. I wanted you to know I love the way you laugh I wanna hold you high and steal your pain, away. I keep your photograph And i know it serves me well I wanna hold you high and steal your pain. 'Cause I'm broken when I'm lonesome And i don't feel right when you're gone away. You've gone away, you don't feel me, anymore. „Oh Mann, das ist hart.“ murmelte Kosaka und pausierte das Lied. „Ich kann mir gut vorstellen, wie Akise hier gesessen hat, die Kamera mit dem Bild in der Hand und dieses Lied im Hintergrund... Er hat dich wirklich geliebt.“ Yukiteru erwiderte nichts, doch auch er erkannte schmerzlich, wie sehr seine Entscheidung Aru getroffen haben musste. Er hätte mit Aru sprechen sollen. Aber er hatte so gehofft, der Weißhaarige würde das Ganze besser verkraften... Kosaka ließ das Lied weiterlaufen und beide hörten angespannt zu. The worst is over now And we can breathe again I wanna hold you high you steal my pain away. There's so much left to learn, and no one left to fight I wanna hold you high and steal your pain. 'Cause I'm Broken when I'm open And I don't feel like I am strong enough. 'Cause I'm broken when I'm lonesome And I don't feel right when you're gone away. Noch zweimal folgte der Refrain, dann verstummte die Melodie. Lange sagte keiner der beiden ein Wort, bis Kosaka schließlich zum Bildschirm zurückkehrte und erneut seufzte. „Sonst scheint hier nichts zu sein, was uns weiterhilft. Ich würde sagen, wir schauen uns noch ein wenig hier um und gehen dann wieder. So viel Zeit haben wir nämlich nicht mehr.“ „Ist gut. Dann an die Arbeit.“ Kapitel 11: Neue Freunde, neue Probleme --------------------------------------- Sie fanden nichts. Als eine halbe Stunde später Arus Mutter in das Zimmer kam und sie bat, zu gehen, waren sie kein Stück weitergekommen. Gefrustet machten sie sich auf den Weg in den Park, um dort Kosakas Freunde zu treffen. Diese stellten sich als zwei Mädchen heraus, die Yukiteru unbekannt waren. „Das sind Mao Nonosaka...“ Das linke Mädchen lächelte ihm zu. „Freut mich.“ „...und Hinata Hino.“ Das zweite Mädchen nickte kurz. „Und das ist Yukiteru Amano. Ich helfe ihm, seinen Liebsten wiederzufinden.“ „Er ist nicht mein Liebster!“ fuhr Yukiteru auf. „Glaubt ihm kein Wort.“ wandte sich Kosaka unbeeindruckt an die beiden anderen. Dann wurde er ernst. „Ein Klassenkamerad von uns, Aru Akise, ist verschwunden. Seine Eltern haben bereits die Polizei alarmiert, aber bis die etwas finden, kann es dauern.“ „Und deshalb sollen wir jetzt versuchen, ihn zu finden? Sollten wir das nicht lieber den Profis überlassen?“ fragte Mao zweifelnd. „Auf keinen Fall. Akise ist schon seit fünf Tagen weg. Keiner hat eine Ahnung, wo er sein könnte. Vielleicht finden wir ja etwas heraus.“ Der Zweifel in Hinatas und Maos Augen wuchs. „Und wo sollen wir mit der Suche anfangen?“ kam es schließlich von Hinata. „Wir haben weder einen Plan, noch irgendwelche Anhaltspunkte.“ „Das stimmt wohl. Aber wir haben ihn.“ Kosaka packte Yukiteru am Arm und grinste. „Wenn jemand Informationen hat, dann er.“ „Und warum hat er dann noch nicht mit der Polizei geredet?“ „Weil das, was wir haben, nur Vermutungen sind. Das wird denen nicht reichen.“ „Moment mal.“ mischte sich der Braunhaarige ein. „Wie kommst du darauf, ich hätte Informationen?“ „Ganz einfach: Weil du Akise am längsten von uns kennst. Wir müssen alles wissen, was du uns sagen kannst. Jedes Detail könnte wichtig sein.“ „Muss das sein?“ widersprach Yukiteru und merkte, wie er rot wurde. „Ja, muss es.“ Resigniert erzählte der Braunhaarige, was zwischen ihm und Aru alles vorgefallen war. Als er fertig war, schienen die anderen über das Gesagte nachzudenken. „Eigentlich gibt es nur drei Möglichkeiten.“ sagte Kosaka dann. „Erstens: Diese Schläger, die von Akise besiegt worden sind, haben sich gerächt. Zweitens: Es geht doch um Lösegeld. Allerdings glaube ich das weniger. Drittens: Yuno hat etwas damit zu tun, um bei dir freie Bahn zu haben.“ „Yuno? Unmöglich. So etwas würde sie nie tun.“ „Ach, wirklich? Woher willst du das wissen? Du kennst sie doch gar nicht richtig.“ „Aber du, oder was?“ „Hört auf zu streiten.“ ging Hinata dazwischen. „Das bringt uns auch nicht weiter. Ich würde vorschlagen, wir teilen uns auf. Da wir nicht von einer normalen Entführung ausgehen, werden Mao und ich diese drei Schläger beobachten und du, Yukiteru, wirst dasselbe mit Yuno machen. Kosaka,soweit ich weiß, hast du doch einen Onkel, der bei der Polizei arbeitet, richtig?“ „Ja, schon. Ich ahne, was jetzt kommt. Ich soll mich dort etwas umhören, nicht wahr?“ „Genau. Also, alle einverstanden?“ „Ich bin dabei.“ stimmte Mao sofort zu. „Klar mache ich mit. Mein Onkel behauptet sowieso, ich würde mich zu selten bei ihm melden.“ Alle Blicke richteten sich auf Yukiteru. „Also schön, einverstanden. Ich werde Yuno fragen, ob ich heute Abend zu ihr kommen kann. Trotzdem denke ich nicht, dass sie zu so etwas fähig ist.“ „Das werden wir ja dann sehen. Momentan bleibt uns gar keine andere Wahl.“ Schweren Herzens griff Yukiteru zu seinem Handy und wählte Yunos Nummer. Es dauerte nicht lange, bis sie abnahm. „Yukki. Vermisst du mich etwa schon?“ „Klar doch. Schließlich bist du meine Freundin. Ich möchte dich etwas fragen.“ „Was denn?“ „Ist es in Ordnung, wenn ich dich heute Abend besuche?“ „Mich besuchen? Heute Abend? Sicher, aber...warum denn erst so spät?“ „Ich würde dich einfach gerne sehen.“ erwiderte der Braunhaarige und spürte, wie er erneut rot wurde. Er wollte gar nicht wissen, was Yuno gerade von ihm dachte. Er ließ sich noch die Adresse geben und legte dann auf. „Echt ein super Plan. Bestimmt glaubt sie jetzt wer weiß was von mir.“ „Ach was. Eigentlich müsste sie doch wissen, dass du keiner von der Sorte bist, oder?“ „Trotzdem...“ Verlegen brach Yukiteru ab. „Oder hast du etwa vor, mit Yuno zu schlafen?“ „W-was? Natürlich nicht. Für so etwas ist es noch viel zu früh!“ „Na also. Außerdem hat das Ganze ja auch eine gute Seite.“ „Und die wäre?“ Kosaka trat dicht an Yukiteru heran und flüsterte: „Du hast die Möglichkeit, dir endlich über deine Gefühle klar zu werden. Obwohl selbst ein Blinder sehen würde, wem dein Herz wirklich gehört. Und es ist nicht Yuno.“ „Ich habe zwar keine Ahnung, wie du auf so etwas kommst, aber ich sage es dir gerne noch einmal: Du irrst dich.“ „Na klar...“ „Könnten wir das Thema wechseln?“ „Spielverderber. Also, wir treffen uns morgen um zwei wieder hier.“ „Gut. Ich muss mich sowieso noch umziehen. Dann bis morgen.“ „Bis morgen.“ Nachdem er sich verabschiedet hatte, kehrte Yukiteru in seine Wohnung zurück und hatte sich gerade umgezogen, als ein Piepen ihm sagte, dass er eine SMS bekommen hatte. Als er sich die Nachricht durchlas, wuchs seine Verlegenheit wieder an. `Mir ist noch was eingefallen. Wirst du bei mir übernachten? Dann müsste ich noch etwas erledigen. XXX, Yuno.´ In was hatte Kosaka ihn da nur rein geritten? Hastig schrieb er eine Antwort. `Wenn es dir nichts ausmacht, gerne. Bis gleich.´ Wenn er den Weg schon ging, dann auch bis zum Ende. Allerdings hielt dieser Gedankengang nur solange an, bis er vor Yunos Tür stand. „Das wirst du mir büßen, Kosaka.“ fluchte er halblaut, bevor er klingelte und sich das Haus genauer ansah. Es war größer, als er gedacht hatte. Wie sie sich so etwas wohl leisten konnte? Bestimmt bekam sie finanzielle Unterstützung von ihren Eltern. Die Tür öffnete sich und schon fiel Yuno ihm um den Hals. „Yukki...“ „Ich freue mich auch, dich zu sehen.“ erwiderte er und löste sich aus der Umarmung. „Ich muss zugeben, dein Anruf hat mich überrascht. Hätte ich vorher gewusst, dass du über Nacht bleibst...“ Sie brach ab und ein leichter Rotschimmer tauchte auf ihren Wangen auf. Ein Anblick, der eigentlich sofort jeden Jungen in seinen Bann gezogen hätte. Doch Yukiteru blieb gelassen, was ihn erstaunte. Immer, wenn Aru in seiner Anwesenheit rot geworden war, hatte Yukiterus Herz völlig verrückt gespielt... Sofort schüttelte er den Kopf, um diesen Gedanken zu verdrängen. „Ist etwas nicht in Ordnung?“ Der Braunhaarige schreckte auf und realisierte erst jetzt, dass Yuno ja immer noch vor ihm stand. „N-nein, es geht mir gut.“ „Komm mit, ich zeige dir das Schlafzimmer.“ Schweigend folgte er ihr durch lange Flure, an mehreren Türen vorbei. Das Schlafzimmer war groß genug für zehn Leute, wodurch die beiden Schlafplätze im Raum seltsam deplatziert wirkten. „Hast du Hunger? Ich habe extra noch eingekauft.“ „Etwas zu Essen wäre nett. Soll ich dir helfen?“ „Nein, das wird nicht lange dauern.“ Tatsächlich vergingen nur wenige Minuten, bis sie zurück war. In den Händen hielt sie zwei Becher mit Fertignudeln, aus denen Dampf aufstieg. „Also, gibt es einen Grund für deinen Besuch?“ „Muss es denn einen geben? Ich wollte Zeit mit dir verbringen, so einfach ist das.“ „Ach so.“ Seine Antwort schien nicht ihren Erwartungen zu entsprechen, denn während dem restlichen Abend blieb sie eher schweigsam. Als es Zeit zum Schlafen wurde, legte sich Yuno wie selbstverständlich neben ihn und küsste ihn sanft. „Gute Nacht, Yukki.“ „Gute Nacht...“ antwortete er und drehte sich um, damit sie sein aufgewühltes Gesicht nicht bemerkte. Auch diesmal hatte sein Körper kaum auf den Kuss reagiert. Warum nicht? Yuno war doch perfekt für ihn, oder? Unfähig, etwas Ruhe zu finden, lag er neben dem Mädchen, bis er schließlich den Versuch aufgab, zu schlafen und sich wieder umdrehte. Yunos Atem ging ruhig und gleichmäßig, ihre Augen waren geschlossen. Hinatas Worte kamen ihm wieder in den Sinn und er stand vorsichtig auf. Eine bessere Möglichkeit, sich hier umzuschauen, würde er nicht bekommen. So leise wie möglich ging er aus dem Zimmer und begann seine nächtliche Wanderung. Kapitel 12: Nichts als Lügen ---------------------------- Bleiches Mondlicht durchflutete den Flur. Yukiteru ging trotzdem vorsichtig und achtete auf jede mögliche Bewegung. In einer Hand trug er eine Taschenlampe, die er in der Küche gefunden hatte. Immer, wenn er an einer Tür vorbeikam, öffnete er sie kurz und leuchtete in das entsprechende Zimmer. Die meisten waren so gut wie leer. Nur ab und an fanden sich ein paar Möbel. Der Braunhaarige zitterte wegen dem kühlen Wind, der ihm entgegenkam. Immer noch fragte er sich, was er hier zu finden hoffte. Falls es überhaupt etwas zum Finden gab. „Was für eine dämliche Idee.“ schimpfte er und verschränkte die Arme fest über der Brust, um sich etwas aufzuwärmen. Schließlich fand er eine Tür vor, die versperrt war. Neugierig geworden, rüttelte er leicht an der Klinke. Sie gab nicht nach. Probeweise versuchte er sein Glück bei der nächsten Tür, die sich mühelos öffnen ließ. Ein mulmiges Gefühl überkam ihn. Warum sollte Yuno nur diese eine Tür verriegeln? Ob sie dahinter etwas Wichtiges aufbewahrte? Es musste eine Möglichkeit geben, das Schloss zu öffnen. Bestimmt war der Schlüssel irgendwo in der Nähe. Lautlos huschte er wieder zum Schlafzimmer. In der Nähe der Wand befand sich ein Nachttisch, den er sofort untersuchte. In einer der Schubladen fand er tatsächlich ein Holzkästchen, in dem sich der Schlüssel befand. „Volltreffer.“ flüsterte er triumphierend und wollte gerade wieder in den Flur, als er auf eine lose Bodendiele trat, die sofort ein protestierendes Quietschen von sich gab. Der Braunhaarige zuckte zusammen und drehte den Kopf in Richtung Yuno. Sie lag immer noch da, mit dem Rücken zu ihm und atmete weiterhin ruhig und gleichmäßig. Anscheinend hatte sie ihn nicht gehört. Er atmete erleichtert auf und lief aus dem Schlafzimmer zurück zur verschlossenen Tür. Das mulmige Gefühl verstärkte sich und er zögerte. Sollte er das wirklich tun? Yuno würde ihm bestimmt nicht so einfach verzeihen, wenn sie herausfand, dass er in ihrem Haus herumgeschnüffelt hatte. Allerdings war er jetzt schon zu weit gegangen und die Tür hatte eine Art hypnotische Wirkung auf ihn. Mit einem Ruck rammte er den Schlüssel ins Schloss und hielt den Atem an, als er ein Klicken vernahm. Die Tür schwang nach innen auf. Dahinter war es stockdunkel und still. Yukiteru betrat den Raum und schloss die Tür. Mit der Taschenlampe leuchtete er in das Zimmer. Als das Licht auf die Wand fiel, erstarrte der Braunhaarige. „Das ist doch nicht wahr...das kann nicht wahr sein...“ hauchte er, als er seine Stimme wiedergefunden hatte. Die ganze Wand war voll mit Bildern in Form eines riesigen Herzens. Er trat näher und wurde blass. Jedes einzelne Foto zeigte ihn. Yuno musste ihn verfolgt haben. Aber wieso? Dann fiel ihm noch etwas auf. Nicht nur er, sondern auch Aru war auf einigen Bildern zu sehen. Jemand hatte ihm mit einer Schere das Gesicht herausgeschnitten. Unwillkürlich musste er an die Worte des Weißhaarigen denken. `Irgendetwas stört mich an ihr...Bitte sei vorsichtig...´ Hatte er doch Recht gehabt? War Yuno wirklich schuld an Arus Verschwinden? Nein, das konnte nicht sein. Es gab bestimmt eine Erklärung dafür. Yukiteru nahm eines der Fotos von der Wand und kehrte in den Flur zurück. Er verschloss die Tür und versuchte das Zittern, das jetzt nicht mehr vom Wind kam, zu unterdrücken. Lange blieb er einfach dort stehen, bis er merkte, dass die Dunkelheit begann, zu verblassen. Er musste den Schlüssel an seinen Platz bringen, bevor Yuno aufwachte. Das tat er auch, wobei er gleich überprüfte, ob Yuno immer noch schlief. Glücklicherweise hatte sie von seiner Erkundungstour nichts mitbekommen. Da an Schlaf nicht mehr zu denken war, zog Yukiteru sich an und verstaute das Bild in seiner Hosentasche. Als er damit fertig war, stellte er sich an das Fenster und beobachtete, wie allmählich die Sonne aufging. Erst zwei Arme, die sich von hinten um seinen Hals legten, rissen ihn aus seiner Starre. „Guten Morgen, Yukki. Du bist ja schon auf.“ „Ja, ich konnte nicht mehr schlafen.“ erwiderte Yukiteru schnell. „Ich gehe kurz duschen. Lauf mir ja nicht weg, es gibt bald Frühstück.“ Es konnte an dem liegen, was er gestern Nacht gesehen hatte, doch irgendwie hatten ihre Worte etwas Unheimliches. Vielleicht sollte er sie doch auf die Fotos ansprechen, doch etwas sagte ihm, dass das eine schlechte Idee war. Schließlich hatte er keine Ahnung, wie Yuno reagieren würde. Und es graute ihm jetzt schon davor, mit Kosaka und den anderen zu reden. Garantiert würden sie das Mädchen jetzt erst recht als Schuldige anprangern. Jedoch – so wirklich würde er es ihnen nicht verübeln können. Immerhin schien es, als hätte sie ihn getäuscht. Das verletzte ihn mehr, als er geahnt hatte. „Yukki? Yukki!“ Die Stimme ließ ihn zusammenzucken. Yuno stand vor ihm und lächelte auf ihre süße Weise, die ihn nie wirklich berührt hatte. Nun kam es ihm falsch und gespielt vor. Sie trug einen hellgrünen Kimono und hielt zwei Teller in den Händen. „Warum träumst du vor ich hin? Es gibt Essen.“ „Tut mir leid. Ich bin wohl doch nicht so wach, wie ich dachte.“ Um sie nicht auf falsche Gedanken zu bringen, lächelte er zurück und folgte ihr in die Küche. Nach dem Essen stand Yuno auf und fing an, abzuwaschen, als ein Klingeln die Stille durchbrach. Mit verwirrtem Blick zog das Mädchen ihr Handy aus der Tasche. „Ja, hallo? Ja...ja...ich bin unterwegs...ja, bis gleich.“ Ihr Gesicht bekam einen bedauernden Ausdruck. „Es tut mir leid, Yukki. Das war eine Freundin von mir, die gerade unter Liebeskummer leidet. Sie braucht jemanden zum Reden. Wärst du sehr böse auf mich, wenn ich zu ihr gehe?“ „Nein, ist schon in Ordnung. Danke für die Gastfreundschaft.“ Yuno errötete leicht, was unter anderen Umständen wunderschön ausgesehen hätte. „Du machst mich ganz verlegen. Das war doch kein Problem.“ Zusammen traten sie vor das Haus und Yuno beugte sich vor, um ihn zu küssen. Eine seltsame Panik überkam Yukiteru und er drehte leicht den Kopf, sodass sie statt dem Mund seine Wange erwischte. „Na los, geh schon. Du willst deine Freundin doch nicht warten lassen, oder?“ „Du hast Recht. Also dann, bis bald.“ „Bis bald.“ Er sah ihr nach, bis sie verschwunden war und beschloss dann, einen Spaziergang zu machen, um seine aufgewühlten Gefühle zu beruhigen. Leider funktionierte das nicht. Als es Zeit wurde, sich mit Kosaka und den anderen zu treffen, fühlte er sich kein bisschen besser. Mao, Hinata und Kosaka waren schon da, alle mit ernsten Mienen. „Da ist ja unser Schwerenöter.“ begrüßte Kosaka ihn grinsend, als er sich der Gruppe näherte. „Hör auf, ihn zu ärgern.“ sagte Mao, bevor Yukiteru antworten konnte. Mit sorgenvollem Blick musterte sie den Braunhaarigen. „Du siehst blass aus. Geht es dir gut?“ „Nicht wirklich. Habt ihr etwas herausgefunden?“ „Diese Schlägertypen haben die Nacht in der Spielhalle verbracht. Erst am frühen Morgen sind sie raus gekommen und mit dem Bus weggefahren. Wir haben sie dabei aus den Augen verloren.“ „Ich habe meinen Onkel besucht. Laut seinen Worten gibt es noch keine Hinweise auf Akises Aufenthaltsort. Sie wollen mehrere Suchtrupps zusammenstellen. Dann ist der Hauptkommissar aufgetaucht und hat mich aus dem Gebäude geworfen.“ „Ich war bei Yuno.“ begann Yukiteru zögernd, als Kosaka geendet hatte und zog das Bild, das er aus dem seltsamen Zimmer hatte, aus der Tasche. Die anderen sahen es an und ihre Mienen wurden noch ernster. „Woher hast du das?“ „Aus einem abgeschlossenen Raum. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.“ Er streckte die Hand aus, um das Foto wieder an sich zu nehmen. „Yukiteru, was hast du mit deiner Hand gemacht?“ fragte Hinata plötzlich. Verwirrt zog er die Hand zurück und nun fiel auch ihm die blaue Farbe auf seiner Haut auf. „Was ist das denn?“ „Hattest du das gestern auch?“ „Nein, das wäre mir aufgefallen. Das kann eigentlich nur...“ Er stockte und wieder stieg diese Panik in ihm auf. „Das kann eigentlich nur passiert sein, als ich gestern den Schlüssel genommen habe, um den Raum zu öffnen. Und das bedeutet...“ Erneut stockte er, diesmal länger. „Yuno weiß, dass ich die Bilder gesehen habe.“ Kapitel 13: Klarheit -------------------- „Wovon redest du? Was ist genau passiert?“ Yukiteru schilderte, was er in der vergangenen Nacht entdeckt hatte. Totenstille herrschte, als er fertig war. „Das ändert einiges.“ stellte Kosaka schließlich fest. „Halten wir mal fest, was wir wissen: Yuno hat sich mit Akise gestritten. Ihr hat es bestimmt nicht gefallen, dass ihr euch geküsst habt und er noch Gefühle für dich hatte. Kurz darauf ist Akise verschwunden. Und dann sind da auch noch die Bilder, von denen du erzählt hast. Das wirft natürlich ein schlechtes Licht auf Yuno.“ „Trotzdem ist es kein ausreichender Beweis. Und selbst wenn die Polizei etwas unternehmen sollte, hat Yuno bis dahin alle Zeit der Welt, die Fotos zu zerstören. Dann hätten wir nichts.“ antwortete Hinata. „Und was machen wir jetzt?“ fragte Mao und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als Yuno unauffällig zu observieren. Wenn sie tatsächlich weiß, wo Akise ist, könnte sie uns direkt zu ihm führen.“ „Aber sie weiß doch, dass Yukiteru die Bilder in ihrem Haus gesehen hat. Bestimmt rechnet sie damit, dass so etwas passiert.“ „Genau darin liegt unser Vorteil. Sie hat mich und Yukiteru im Visier, aber von euch hat sie keine Ahnung. Das werden wir ausnutzen. Durch die Tatsache, dass Yukiteru von den Fotos weiß, haben wir sie aufgescheucht. Wenn sie weiß, wo Akise ist, wird sie bald überprüfen, ob er immer noch dort ist. Dann schlagen wir zu.“ Sein Blick wanderte zu Yukiteru und ein seltsamer Ausdruck, der zwischen Mitgefühl, Sorge und Entschlossenheit lag, trat in seine Augen. „Du wirst wohl erst einmal über alles nachdenken wollen. Wir sehen uns morgen in der Schule. Je nachdem, wie Yuno sich verhält, werden wir unsere nächsten Schritte planen.“ Kosaka wandte sich zum Gehen, blieb dann jedoch noch einmal stehen. „Und Yukiteru...bleib stark, ok?“ „Natürlich.“ Selbst in seinen eigenen Ohren klang seine Stimme leer und teilnahmslos. Ohne sich noch einmal umzudrehen, verschwand Kosaka, die beiden Mädchen im Schlepptau. Auch Yukiteru kehrte in seine Wohnung zurück und ließ sich in sein Bett fallen. Nun, endlich alleine, prasselten sämtliche Geschehnisse der letzten Stunden mit voller Wucht auf ihn ein. Fast in derselben Sekunde begann sein Kopf heftig zu schmerzen. Erschöpft schloss er die Augen und wieder tauchte Aru in seinen Gedanken auf. Aru, der ihn mit verweintem Gesicht ansah, Aru, der ihn als Feigling bezeichnete, Aru, der völlig apathisch dasaß, Aru, der mit gebrochenem Blick in den Himmel starrte, das Gesicht blutüberströmt... Heftig atmend setzte Yukiteru sich auf. Trotz der Hitze, die im Raum lag, liefen ihm eisige Schauer über den Rücken. Er ging ins Badezimmer und wusch sich Gesicht und Hände, bis die Farbe nur noch schwach zu sehen war. Danach musterte er noch einmal sein Spiegelbild. Tiefe Augenringe zeichneten sich unter seiner Haut ab, ihm war die schlaflose Nacht deutlich anzusehen und sein Körper wirkte müde und abgekämpft. Doch das war nicht einmal das Schlimmste. Das Schlimmste war die Sorge, die ihn zu umgeben schien wie eine dunkle Aura. Von den Bildern in seinem Kopf aufgescheucht, wollte er nichts dringender, als nach Aru zu suchen. Mit aller Macht hielt er sich davon ab und legte sich wieder ins Bett. Irgendwann schaffte er es tatsächlich zu schlafen, auch wenn es nicht lange war. Trotzdem fühlte er sich besser, als der Wecker klingelte und er sich für die Schule fertig machte. Vor dem Schultor stand Kosaka und winkte ihm zu, als er ihn erkannte. „Dir scheint es besser zu gehen.“ begrüßte er Yukiteru. „Etwas.“ „Immerhin siehst du nicht mehr aus wie eine wandelnde Leiche.“ „Unheimlich lustig. Ist Yuno schon da?“ „Ja, sie ist gerade angekommen, hat mich gesehen, kurz geschnaubt und ist an mir vorbei gerauscht.“ „Sie mag dich wohl wirklich nicht.“ „Vielleicht denkt sie, dass ich mich an dich ran machen will.“ antwortete Kosaka und kicherte los. „Lass den Unsinn. Dafür bin ich echt nicht in Stimmung.“ „Ist etwas passiert?“ Yukiteru berichtete dem anderen von seinen Sorgen, woraufhin Kosaka entschieden den Kopf schüttelte. „Wir dürfen den Mut nicht verlieren. Akise geht es bestimmt gut.“ „Hoffentlich.“ Den ganzen restlichen Schultag über behielt der Braunhaarige Yuno im Auge. Sie verhielt sich wie immer, was nicht dazu beitrug, seine angespannte Stimmung zu verbessern. Es kam ihm sehr verdächtig vor, dass sie kein Wort über die Farbe auf seinen Händen verlor. Eigentlich hätte er erwartet, dass sie wenigstens irgendetwas dazu sagte. Doch nicht nur, dass sie so tat, als hätte sie nichts mitbekommen, sie war offenbar sogar der Meinung, dass Yukiteru immer noch mit ihr zusammen war. Dieser war sich bei der ganzen Sache nicht mehr sicher. Sein ganzer Körper schien sich gegen Yunos Berührungen wehren zu wollen. Egal, ob sie ihn küsste oder nur umarmte, immer verkrampfte er sich unmerklich. „Da kann man nichts machen.“ war Kosakas einziger Kommentar, als Yukiteru ihm während der Mittagspause davon erzählte. „Eine Weile wirst du noch durchhalten müssen.“ fuhr er fort und aß weiter, bevor er ernster wurde. „Solange nicht bewiesen ist, dass Yuno nichts mit der ganzen Sache zu tun hat, dürfen wir ihr keinen Grund geben, Akise etwas anzutun.“ „Und wenn wir doch falsch liegen? Vielleicht haben doch diese Schlägertypen etwas damit zu tun.“ „Ach bitte. Die drei haben doch gar nicht genügend Grips, um eine Entführung zu planen oder durchzuführen. Spätestens nach zwei Tagen wären sie eingebrochen. Und vergiss nicht, dass Akise sie schon mal aufgemischt hat. So schnell sollten die ihm nicht mehr zu nahe kommen.“ Damit schien die Sache für ihn erledigt zu sein, denn den Rest der Pause schwieg er. Innerlich seufzend, fügte sich Yukiteru und tat weiter so, als ob zwischen ihm und Yuno alles wie immer war. Später am Abend bekam er eine kurze Nachricht von Hinata. `Hatten heute keinen Erfolg. Machen morgen weiter.´ Er spürte, wie sich wieder die Bilder bei ihm einschlichen und drängte sie zurück, bevor sie Überhand nehmen konnten. Müdigkeit überkam ihn und er verfiel in tiefen Schlaf. Seine Träume handelten ausnahmslos von dem Weißhaarigen. Ausnahmsweise waren sie ruhig und friedlich. Als er am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich glücklich und besorgt gleichzeitig. Und langsam wurde ihm klar, was sein Körper schon die ganze Zeit wusste und wogegen sein Geist immer schwächer ankämpfte. Er hatte sich rettungs- und hoffnungslos in Aru verliebt. Nein, das war nicht richtig. Eigentlich war es schon seit dem Meteoritenschauer so gewesen. Doch während er darüber nachdachte, schüttelte er den Kopf. Er wollte nicht, dass seine Gefühle die Überhand gewannen. Schließlich würde das letztendlich bedeuten, sich dem Hohn, dem Spott und der Verachtung der anderen auszusetzen. Sobald er mit Aru eine ernsthafte Beziehung einging, wäre er für immer gezeichnet. Und was, wenn es nicht funktionierte und sie sich trennten? Dann wäre auch ihre Freundschaft vorbei und er wieder alleine. Kosaka, Mao und Hinata waren zwar nett, aber bestimmt würden sie sich irgendwann aus den Augen verlieren. Da war es einfacher, alles beim Alten zu lassen, selbst wenn dieser Entschluss hieß, dass er die Liebe zu Aru für immer verschließen musste. Ihm blieb nur noch, den anderen zu retten. Danach sollte es ihm möglich sein, sein altes Leben wieder aufzunehmen. Durch diesen Gedanken ermutigt, duschte er und machte sich dann auf den Weg. Die Luft war heiß und stickig und bereits nach wenigen Metern war er komplett verschwitzt. Vor dem Schultor lehnte Kosaka und winkte ihn zu sich. „Da bist du ja. Gute Nachrichten. Es gibt für heute eine schwere Unwetterwarnung. Deswegen hat der Direx beschlossen, uns frei zu geben.“ „Was? Und dafür bin ich hergekommen?“ „Dafür vielleicht nicht. Aber vielleicht für deine Freundin, die gerade dabei ist, mit diesen Schlägertypen anzubandeln.“ Er grinste schief. „Offenbar hat sie weniger Geduld, als ich dachte.“ Auf einmal setzten sich Yuno und die drei Kerle in Bewegung. „Dann wollen wir doch mal sehen, was diese nette Gesellschaft vorhat...“ Kapitel 14: Alte und neue Wunden -------------------------------- „Ich frage mich, wo sie hinwollen.“ murmelte Yukiteru eine Viertelstunde später. Immer noch folgte er zusammen mit Kosaka Yuno und den drei Schlägern. „Das gefällt mir nicht.“ erwiderte Kosaka genauso leise. „Wir dürfen sie keinesfalls aus den Augen verlieren.“ „Was ist mit Hinata und Mao-chan?“ „Uns bleibt keine Zeit, um auf sie zu warten.“ Ein Grollen schien seine Worte zu bekräftigen. Der Himmel begann, eine tiefgraue Farbe anzunehmen und der Wind wurde immer stärker. Bald würde das Unwetter seinen Lauf nehmen. „Die Gegend kommt mir bekannt vor.“ flüsterte Yukiteru Kosaka zu. „Ganz in der Nähe ist der Momori-Tempel. Bei meinem ersten Date mit Yuno haben wir dort das Festival besucht. Was will sie hier?“ „Gute Frage. Obwohl ich da so eine Ahnung habe.“ Ohne sich einmal umzudrehen, hielt Yuno auf den Tempel zu – und war verschwunden. „Was ist denn jetzt los?“ „Sie sind weg? Warum sind sie weg? Ich habe sie doch eben noch gesehen.“ „Lass uns nachsehen.“ Bevor Yukiteru antworten konnte, war Kosaka schon losgelaufen. Der Braunhaarige folgte ihm, bis sie vor dem Tempel standen. „Hier sind sie verschwunden.“ „Also ich sehe nichts Besonderes.“ „Du musst echt mehr auf deine Umgebung achten.“ Verwirrt schaute sich Yukiteru um, bevor ihm die verschlossenen Tore neben dem Tempel auffielen, vor denen zwei große Wächterstatuen standen. „Das ist der Eingang zur Grabkammer.“ erklärte Kosaka, ehe Yukiteru fragen konnte. „Vor Ewigkeiten gab es hier eine Schlacht, bei der viele Menschen ihr Leben verloren haben. Das hat ihm den Beinamen >Tempel der Toten< eingebracht.“ „Glaubst du etwa, Akise-kun ist hier?“ „Für eine Besichtigung ist dieses Gespann bestimmt nicht hier.“ „Und was nun? Rennen wir einfach da rein oder was? Wir sind nur zwei und die vier.“ „Jetzt krieg dich mal wieder ein. Vorerst überprüfen wir nur, ob unsere Vermutungen richtig sind. Dann können wir immer noch handeln. Und wir haben den Überraschungsmoment.“ Entschlossen trat Kosaka an eines der Tore und zog daran. Sofort schwang es auf und enthüllte einen langen, unterirdischen Gang. „Ganz schön dunkel. Du hast nicht zufällig eine Taschenlampe dabei, oder?“ Yukiteru schüttelte den Kopf. „Na gut, hatte ich auch nicht erwartet. Dann müssen halt unsere Handys ausreichen.“ Langsam trat Kosaka in den Gang und der Braunhaarige folgte ihm, auch wenn er furchtbar nervös und aufgeregt war. Scheinbar ewig liefen sie durch die Dunkelheit, bis Kosaka so abrupt stehenblieb, dass Yukiteru fast in ihn hineingelaufen wäre. Die Grabkammer war groß und mit schlichten Holzwänden und -böden ausgestattet. Yuno und die Schlägergruppe standen mitten im Raum. Und weiter hinten an der Wand, an einen Stützpfosten gefesselt, schwer lädiert, befand sich... „Akise-kun.“ hauchte Yukiteru entsetzt. Der Weißhaarige war nur noch ein Schatten seiner selbst. An seiner Stirn befand sich eine hässliche Platzwunde, seine Augen wirkten müde und kraftlos, seine Haare waren strähnig und zerzaust und er sah aus, als hätte er mindestens fünf Kilo abgenommen. Um seinen Mund war ein alter Schal gebunden, um ihn am Reden zu hindern. „Akise-kun...“ Wie betäubt starrte Yukiteru den Gefangenen an, bis Kosaka ihn leicht in die Seite stieß. Widerwillig verließ er den Gang. „Du hast ihn auch gesehen, richtig?“ „Ja.“ „Wir müssen etwas unternehmen, ihn da rausholen oder...“ „Yukiteru.“ sagte Kosaka scharf und dieser verstummte. „Du hast Recht, wir müssen etwas unternehmen. Ich werde meinen Onkel anrufen und ihm sagen, er soll sofort seine Männer hierherschicken. Du rufst bei Mao an und richtest ihr aus, dass sie mit Hinata zu uns stoßen soll. Dann erst können wir rein. Wir wissen nicht, ob einer der Leute bewaffnet ist. Kopflos reinstürmen bringt uns nichts.“ „Und wenn einer von denen in der Zwischenzeit rauskommt?“ „Das denke ich nicht. Da Hinata und Mao ja Yuno beschatten sollten, müssen sie ganz in der Nähe sein. Länger als fünf Minuten werden sie bestimmt nicht brauchen. Sobald sie da sind, retten wir Akise.“ „Glaubst du ernsthaft, die beiden haben eine Chance gegen einen der Schläger?“ „Die beiden sind nicht so schwach, wie du glaubst. Und falls einer von denen doch rauskommt...“ Kosaka stoppte und brach mit einiger Anstrengung zwei dicke Äste von einem der umstehenden Bäume ab. Dann warf er Yukiteru einen Ast zu und grinste schief. „...kriegt er damit einen auf den Schädel.“ Dem Braunhaarigen war klar, dass ihr Plan mehr als dürftig war, doch in seinem Kopf war zuviel los, als dass er sich selbst etwas hätte ausdenken können. Besonders die Frage nach dem Warum ließ ihn nicht los. Mit fahrigen Bewegungen nahm er sein Handy aus der Tasche und wählte Maos Nummer, die nach dem zweiten Klingeln abnahm. „Amano-kun? Ich wollte dich auch gerade anrufen. Wir sind Yuno eine Weile gefolgt, haben sie aber leider aus den Augen verloren.“ „Kosaka und ich hatten dieselbe Idee. Kommt so schnell wie möglich zum Momori-Tempel.“ „J-ja, in Ordnung. Bis gleich.“ Yukiteru und Kosaka legten fast gleichzeitig auf und es begann das Warten. Nur wenige Minuten vergingen, ehe Mao und Hinata auftauchten. „Ihr hättet uns auch sagen können, dass ihr selber unterwegs seid.“ „Dazu hatten wir keine Gelegenheit.“ Erst jetzt schien Hinata ihre todernsten Gesichter wirklich zu bemerken. „Er ist hier.“ Es war keine Frage. Der Braunhaarige nickte nur. „Wir sollten doch lieber noch warten, bis die Polizei auch hier ist.“ warf Kosaka ein. Die Mädchen nickten und Yukiteru schloss sich ihnen an, auch wenn seine Nerven bis zum Zerreißen gespannt waren. Weitere Zeit verstrich, bevor endlich ein Polizeiwagen in Sicht kam und vor ihnen hielt. Zwei Männer stiegen aus, von denen einer zweifelsfrei Kosakas Onkel war. „Ich hoffe, es gibt einen guten Grund, warum du mich herbestellt hast.“ „Aru Akise wird in dieser Grabkammer festgehalten. Reicht das als Grund?“ „Was?“ Kosakas Onkel wandte sich an seinen Begleiter. „Ruf Verstärkung. Wir schauen uns das mal an.“ „Verstanden.“ „Und ihr seid euch sicher, dass es wirklich Aru Akise ist?“ „Ja.“ sagte Yukiteru. „Wir haben ihn wiedererkannt.“ „Gut. Mein Kollege und ich werden reingehen. Ihr wartet hier und...“ „Auf keinen Fall.“ widersprach Kosaka. „Wir kommen mit.“ fügte Hinata hinzu. „Schließlich sind wir seine Freunde.“ kam es von Mao. „Ihr beiden kennt ihn doch gar nicht.“ meinte Yukiteru, bevor er den Polizisten vor sich ansah. „Wir kommen schon zurecht. Keine Angst, wir werden Ihnen nicht im Weg stehen.“ „Das will ich euch auch raten.“ brummte Kosakas Onkel, bevor er kurz lächelte. „Oji, offenbar bist nicht nur du mit furchtbarer Sturheit gesegnet.“ Er zog eine Taschenlampe hervor und leuchtete damit in den Gang, bevor er hineinging. Sein Kollege lief dicht hinter ihm. Yukiteru und der Rest der Gruppe hielt einen kleinen Abstand, während sie wieder dem verschlungenen Weg folgten. Dann waren sie in der Kammer angekommen und stürmten gemeinsam herein, wobei die Polizisten ihre Waffen im Anschlag hatten. „Keine Bewegung!“ „Verflucht, die Bullen!“ Das war einer der Schläger, der aufgeschreckt versuchte, zu fliehen, aber nicht weit kam. Kosaka hatte nicht gelogen. Hinata hielt ihn mühelos auf. Das alles geschah so schnell, dass es fast unwirklich schien. Doch für die Aufregung um ihn herum hatte Yukiteru nur einen kurzen Blick übrig. Er rannte zu Aru, dessen Augen vor Überraschung weit aufgerissen waren und ging neben ihm in die Knie. „Akise-kun. Geht es dir gut?“ Behutsam löste er den Knebel und der Weißhaarige atmete tief durch, ehe er antwortete. „Yukiteru-kun...wie hast du...“ „Später. Erstmal muss ich die Fesseln abkriegen.“ Das erwies sich schon als schwieriger. Trotzdem gelang es dem Braunhaarigen, den Knoten zu lösen. „Ich bin...so froh...dass du hier bist...“ nuschelte Aru und lächelte kurz, was Yukiterus Herzschlag sofort wieder beschleunigte. Nun war er es, der tief durchatmete. „Kannst du aufstehen?“ „Ich...kann es...versuchen...“ Yukiteru stützte ihn und sie erhoben sich langsam, bevor der Blick des Braunhaarigen zu Yuno wanderte, die zwar schweigend, aber mit wutverzerrtem Gesicht dastand. „Jetzt zu dir. Sag mir nur eines: Warum?“ Kapitel 15: Das, was bleibt --------------------------- Es kam keine Antwort. „Das kann ich dir sagen.“ kam es stattdessen von Aru, der zwar leise, dafür aber ernst sprach. „Sie ist von der Idee besessen, dass dir niemand zu nahe kommen darf außer ihr selbst. Auch wenn sie so getan hat, als wäre alles wie immer, hat sie innerlich vor Wut gekocht, als sie erfahren hat, was zwischen uns passiert ist. Die drei hier...“ Er zeigte auf die Kerle, die unschlüssig im Raum standen und nicht recht zu wissen schienen, wohin sie ihren Blick richten sollten. „...haben ihr geholfen, weil ich sie angeblich blamiert hätte.“ „Wie konnten sie dich überwältigen?“ wollte Kosakas Onkel wissen. „Das habe ich Gasai-san zu verdanken. Als ich am Montag etwas später als sonst nach Hause gegangen bin, ist sie wie aus dem Nichts vor mir aufgetaucht und hat mir irgendetwas ins Gesicht gesprüht. Dann wurde alles dunkel. Als ich wieder aufgewacht bin, war ich hier.“ Er schwankte und Yukiteru verstärkte seinen Griff. „Bringen wir dich erstmal hier raus. Kosaka, hilfst du mir?“ Sofort trat der an die beiden heran und legte sich einen Arm von Aru um die Schulter. Yukiteru nahm den anderen Arm und spürte die Körperwärme des Weißhaarigen. Sofort wurde er rot und hielt das Gesicht gesenkt, damit es niemandem auffiel. Dann betraten weitere Polizisten den Raum und kümmerten sich um die drei Schläger, während der Kollege von Kosakas Onkel immer noch Yuno in Schach hielt. Diese schien ihre Sprache wiedergefunden zu haben. „Yukki...“ Der Braunhaarige blickte sie an. Tränen standen in ihren Augen, ihre Lippen zitterten. „Bitte, lass es mich erklären...ich wollte doch nur...dass wir zusammen sind...ohne, dass jemand...zwischen uns steht...“ „Denkst du, das entschuldigt deine Tat? Du hast Akise-kun entführt. Du hast ihn über eine Woche hier festgehalten. Du hast zugelassen, dass er verletzt wird. Wahrscheinlich hast du es sogar angeordnet. Ich will dich nie wieder sehen, Yuno.“ Die Miene des Mädchens veränderte sich und schlug in blanken Hass um. „DU!“ schrie sie und deutete auf Aru. „DAS IST NUR DEINE SCHULD!!! WENN DU DICH NICHT EINGEMISCHT HÄTTEST...DU BIST SCHULD!!“ „Nein, Yuno.“ erwiderte Yukiteru. „Das hast du dir selber zuzuschreiben.“ Yuno versuchte, sich auf den Weißhaarigen zu stürzen, wurde aber von dem Polizisten zurückgehalten. „DAS WERDET IHR BEREUEN!! YUKKI GEHÖRT ZU MIR, HABT IHR VERSTANDEN? NUR ZU MIR!!“ Ohne sie anzusehen, gingen Kosaka, Aru uns Yukiteru weiter und traten hinaus in den strömenden Regen und den peitschenden Wind. Draußen standen nicht nur Polizeiwagen, sondern auch ein Rettungswagen sowie ein silbernes Auto, vor dem Arus Eltern standen. Als sie ihn sah, stürmte Arus Mutter auf diesen zu und umarmte ihn so heftig, dass er fast zu Boden fiel. „Aru! Oh, Aru, du lebst. Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist.“ Dann bemerkte sie die Platzwunde. „Dein Kopf...“ „Es geht mir gut, Mama.“ sagte der Weißhaarige schwach lächelnd. „Ich habe dich vermisst.“ Auch Arus Vater war an die kleine Gruppe herangetreten und schloss ihn nun selbst in die Arme. „Aru...“ „Hallo, Papa.“ Sanft löste der Mann sich von seinem Sohn. „Du siehst nicht gut aus. Bringen wir dich ins Krankenhaus.“ Dann fixierte er den Blick auf Yukiteru. „Woher habt ihr gewusst, wo er ist?“ Eine Antwort blieb dem Braunhaarigen erspart, da in diesem Moment Yuno und ihre finstere Truppe aus der Grabkammer geführt wurden. „Das sind sie wohl. Fast noch Kinder.“ Ein verächtliches Schnauben folgte den Worten. „Euch ist bewusst, dass wir euch mit zur Wache nehmen müssen, oder?“ mischte sich Kosakas Onkel ein. „Wir brauchen eure Aussagen.“ „In Ordnung, wir sind gleich soweit.“ „Ich gehe schon mal vor.“ kam es von Kosaka selbst und er ließ Aru los. Yukiteru ging weiter, wobei er sich noch einmal zu seinem Klassenkameraden umdrehte. Er war sich nicht sicher, doch er hätte schwören können, dass Kosaka ihm zugezwinkert hatte. „Geht es dir wirklich gut?“ fragte er besorgt. „Das wird schon wieder.“ erwiderte der Weißhaarige und lächelte wieder. „Das Ganze tut mir so leid. Nur meinetwegen musstest du so viel durchmachen. Aber ich wusste wirklich nicht, dass...“ „Du musst dich nicht entschuldigen.“ unterbrach Aru seine Tirade. Er wirkte, als wollte er noch mehr sagen, doch stattdessen wurde er rot und senkte den Blick. Am Krankenwagen standen eine Frau und ein Mann, die Yukiteru seine Last abnahmen und sich um die Platzwunde kümmerten, die auf Arus Stirn zu erkennen war. „Amano-kun.“ Die Mutter des Weißhaarigen hatte sich Yukiteru genähert. Bevor er wusste, wie ihm geschah, umarmte sie ihn und er roch ihr Parfüm. „Danke. Danke, dass du mir meinen Sohn wiedergebracht hast.“ „Gern geschehen...“ stammelte Yukiteru und sie ließ ihn los, bevor sie sich nun Kosaka widmete. „Ich muss mich auch bei dir bedanken.“ kam es von Aru und er umschloss eine Hand des Braunhaarigen mit seinen eigenen. Als hätte es nur darauf gewartet, spielte dessen Herz wieder komplett verrückt. „D-das ist wirklich n-nicht nötig...“ stotterte er. „Es stimmt aber. Wenn ich wieder völlig gesund bin, musst du mir alles erzählen. Versprich es, ja?“ „Von m-mir aus.“ Aru zog seine Hände zurück und kletterte in das Innere des Rettungswagens. Das Auto setzte sich in Bewegung. Yukiteru sah ihm nach, bis um eine Kurve fuhr und aus seinem Blickfeld verschwand. Dann erst stieg er selbst in ein Polizeiauto und fuhr mit den anderen zur Wache, wo er lang und breit alles erzählen musste, was seit Arus Verschwinden passiert war. Er beschränkte sich auf das Wesentliche, was niemanden wirklich zu stören schien. Dann erst wurde ihm gestattet, nach Hause zurückzukehren. Inzwischen war es früher Abend. Immer noch schüttete es wie aus Eimern, Blitze durchzogen den Himmel und der Donner war teilweise so heftig, dass er den Boden erzittern ließ. Müde und durchnässt fiel er auf sein Bett und versuchte, seinen Kopf wenigstens ein bisschen frei zu bekommen. Als ihm klar wurde, dass das keinen Sinn hatte, stand er wieder auf und gönnte sich eine lange, heiße Dusche. Danach ging es ihm zu mindestens ein klein wenig besser. Schlaf fand er trotzdem keinen, als hätte das Wasser seine Müdigkeit völlig aufgelöst. Als schließlich die Sonne aufging, vergrub er sein Gesicht in den Kissen, erhob sich grummelnd und machte sich für die Schule fertig, wo er überhaupt nicht aufpasste. Er wollte nur noch in Ruhe gelassen werden, um nachdenken zu können. Bevor er nach dem Unterricht heimging, beschloss er, bei Aru vorbeizuschauen, um zu sehen, wie es ihm ging. Offenbar hatte der Weißhaarige seine Entführung ganz gut verkraftet, denn er schlief tief und fest, als Yukiteru das Zimmer betrat. Leise setze er sich neben den Patienten und blickte auf ihn herab. Ein Verband war um Arus Kopf gewickelt und die ruinierte Kleidung, die er getragen hatte, war gegen ein sauberes, weißes Krankenhaushemd getauscht worden. Er wirkte friedlich und entspannt. Sofort kamen wieder Schuldgefühle in dem Braunhaarigen hoch. Unbewusst war nun er es, der eine Hand von Aru nahm und seine eigenen darum legte. Tränen stiegen ihm in die Augen und flossen ungehindert über seine Wangen. „Bitte verzeih mir...“ flüsterte er erstickt und gab sich nun völlig seiner Trauer hin. Als der schlimmste Weinkrampf vorbei war, kehrte nun die Müdigkeit zurück und er schlief ein, wobei er Arus Hand nicht losließ. Erst als eine Stimme leise seinen Namen rief, wurde er wach und hob den Kopf. Warme, rubinrote Augen erwiderten seinen Blick und er zuckte zusammen und ließ Arus Hand sofort los. „Wie spät ist es?“ murmelte er und rieb sich die Augen. „Kurz vor fünf.“ „Und...wie lange bist du schon wach?“ „Etwa eineinhalb Stunden. Ich hätte dich wecken sollen, aber ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht.“ „Tut mir leid. Ich sollte dann auch langsam mal los. Du willst bestimmt deine Ruhe haben.“ Doch bevor Yukiteru auch nur einen Schritt gemacht hatte, hielt der andere ihn zurück. „Warte noch, Yukiteru-kun.“ Er drehte sich um. „Ja?“ „Meine Gefühle zu dir haben sich durch diese ganze Geschichte nicht geändert. Ich liebe dich immer noch. Besteht auch nur die geringste Möglichkeit, dass du für mich doch dasselbe empfindest?“ Diesmal war der Stich, der Yukiterus Herz durchfuhr, noch schmerzhafter als je zuvor. „Ich...ich glaube, wir sollten nur Freunde sein.“ brachte er dann hervor und flüchtete regelrecht aus dem Raum, nicht in der Lage, Aru noch einmal anzusehen. Kapitel 16: Die Fassade bricht zusammen --------------------------------------- Der Rest der Woche verging, ohne dass Aru zur Schule zurückkam. Nach dem, was Kosaka erzählte, hatte man sowohl Yuno wie auch ihre Kumpanen der Schule verwiesen. Zusätzlich war Yuno zu einer Therapie verurteilt worden und durfte sich weder Aru noch Yukiteru nähern. Keiner konnte sagen, wo sie war oder wie es ihr ging. Allerdings schien auch keiner genau nachfragen zu wollen. Dafür schwirrten unzählige Gerüchte durch die Schule. Deswegen war Yukiteru mehr als froh, am Wochenende etwas ausspannen zu können. Allmählich ging es ihm besser. Er konnte die Nächte wieder durchschlafen und wirkte nicht mehr so müde und abgespannt. Das Wochenende verbrachte er damit, mal wieder zu lesen, fernzusehen und zu lernen. Zumindest hatte er das vor. Doch am Sonntag wurde er durch die Türklingel gestört, während er gerade an einer verzwickten Matheaufgabe saß. Er öffnete und Schmerz durchfuhr ihn, als ihm jemand einen Schlag an den Kopf verpasste. „Was soll denn das, Kosaka?“ fragte er und rieb sich die Stelle, an der dieser ihn erwischt hatte. „Ganz einfach: Ich habe von deinem Besuch bei Aru erfahren. Kannst du mir mal verraten, was dein verdammtes Problem ist?“ Bevor Yukiteru etwas sagen konnte, war Kosaka schon an ihm vorbei in die Wonung gegangen. Der Braunhaarige schloss die Tür und folgte ihm. „Du kommst eigentlich ungelegen. Ich wollte gerade meine Matheaufgaben fertig machen.“ Kosaka schnaubte nur, setzte sich ungefragt an den Tisch, griff nach einem der umliegenden Blätter und ließ den Bleistift darüber fliegen. Erstaunt beobachtete Yukiteru das Geschehen. Er hatte gar nicht gewusst, dass Kosaka so gut in Mathe war. Nur wenige Minuten vergingen, bevor der andere wieder aufstand. „So, das wäre erledigt. Setz dich dahin.“ Er deutete auf die Couch. „Du kannst nicht einfach hier reinkommen und...“ begann Yukiteru seinen Protest, wurde aber unterbrochen. „Ich sagte, du sollst dich hinsetzen.“ Vielleicht lag es an Kosakas Blick, doch der Braunhaarige gehorchte und ließ sich auf der Couch nieder. „Also? Was ist mit dir los? Ich war gestern noch bei Akise zu Hause, um nach ihm zu schauen. Er war schon wieder völlig geknickt. Als ich ihn gefragt habe, was los ist, meinte er nur, er könnte nicht mehr mit dir befreundet sein. Dann habe ich ihm gesagt, ich wüsste von euch und er hat mich gebeten, dir das hier zu geben.“ Kosaka nahm einen Umschlag aus der Tasche und reichte ihn an Yukiteru weiter. Dieser öffnete den Brief und begann zu lesen. `Ich hoffe, du liest diesen Brief. Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet, ihn zu schreiben. Bitte verzeih mir, aber ich kann unsere Freundschaft nicht weiter aufrechterhalten. Mir ist klar geworden, dass ich dazu noch zu viele Gefühle für dich habe. Auch wenn ich nicht weiß, warum du solche Angst vor einer Beziehung mit mir hast, habe ich versprochen, deine Entscheidung zu respektieren. Daher werde ich Abstand zu dir halten, bis ich es geschafft habe, dich wieder nur als Kameraden zu sehen. Ich hätte gerne mit dir über alles gesprochen, doch ich glaube nicht, dass das noch einen Sinn hätte. Es tut mir aufrichtig leid, dich in eine solche Lage gebracht zu haben. Ich hoffe, dass du es mir nicht übel nimmst, wenn ich weiterhin mit dir befreundet sein möchte. Und vielleicht schaffen wir es sogar, uns irgendwann wieder normal zu unterhalten. Ich wünsche dir alles Gute. Aru.´ Yukiteru legte den Brief auf den Tisch und Kosaka griff danach. „Das ist schlimmer, als ich gedacht hatte.“ murmelte er schließlich und seufzte, bevor er sich ebenfalls auf die Couch setzte. „Gut, ich versuche mal, das auf die Reihe zu kriegen: Akise ist verliebt in dich. Du bist verliebt in Akise. Trotzdem wehrst du dich mit Zähnen und Klauen dagegen, dass es zwischen euch was Ernstes wird. Warum? Ich schnall es einfach nicht. Was läuft da falsch? Irgendwas muss es ja geben.“ Er seufzte noch einmal. „Hör zu, ich habe eine Idee. Ich spiele mal einfach den Seelenklempner für dich und du sagst mir, was los ist. Und keine Panik, ich werde schon nichts darüber ausplaudern. Aber ich habe auch keine Lust, mir dieses Theater weiter anzutun.“ Als er geendet hatte, blieb es eine Weile still. „Das Ganze ist kompliziert.“ „Wenn du noch einmal das Wort >kompliziert< benutzt, muss ich dir eine reinhauen.“ „Schon gut, schon gut. Also, es ist so...“ Stockend erzählte Yukiteru von allem, was ihm seit jener Nacht, in der Aru ihn zum ersten Mal geküsst hatte, durch den Kopf ging. Kosaka hörte schweigend zu, ohne ihn zu unterbrechen. Endlich war der Braunhaarige fertig. „Das ist dein einziges Problem? Was die anderen denken? Das ist einfach...das ist...“ Nach Worten ringend, hielt Kosaka inne und Yukiteru konnte sehen, wie er darum kämpfte, sich wieder zu beruhigen. „Aber dich scheint das tatsächlich zu belasten.“ brachte er dann heraus, obwohl Yukiteru merkte, dass er eigentlich etwas ganz anderes sagen wollte. Der Braunhaarige nickte und Kosaka warf kurz einen Blick zur Uhr, bevor er abrupt aufstand. „So spät schon? Ich muss los.“ „Und du wirst wirklich niemandem was sagen?“ „Nope. Ich habe andere Dinge, um die ich mich kümmern muss. Bis morgen.“ „Bis morgen...“ erwiderte Yukiteru verwirrt, doch Kosaka war schon weg. Der nächste Tag brach an und etwas früher als sonst machte sich Yukiteru auf den Weg zur Schule. Doch als er auf den Hof trat, fiel ihm die Menschentraube auf, die sich dort gebildet hatte. Neugierig geworden, trat er näher heran und ein seltsames Gefühl breitete sich in ihm aus, als er Aru inmitten der Leute stehen sah, zwar noch etwas blass, aber dennoch gut gelaunt. Der Weißhaarige bemerkte ihn und wurde schlagartig ernst. „Entschuldigt mich kurz.“ sagte er und bahnte sich einen Weg, bis er vor Yukiteru stand. „Du bist wieder da.“ meinte dieser nur und Aru nickte. „Das ist gut.“ „Yukiteru-kun...“ Wieder schien Aru etwas sagen zu wollen, doch er nickte nur erneut. „Ja, finde ich auch.“ „Hier bist du. Ich habe dich schon gesucht.“ erklang auf einmal Kosakas Stimme und die Menge teilte sich, um ihn vorbeizulassen. „Guten Morgen, Kosaka.“ „Akise. Hat man dich auch wieder raus gelassen.“ Ein Grinsen tauchte auf Kosakas Gesicht auf. „Ist das nicht super, Yukiteru?“ „Ja...super...“ „Was sollen die Trauermienen? Das ist ein Grund zum Feiern.“ sagte Kosaka und schlug Yukiteru heftig gegen den Rücken. Der stolperte nach vorne und ruderte wild mit den Armen, um nicht zu fallen. Instinktiv griff er nach etwas, um sich daran festzuhalten. Tatsächlich griffen seine Hände nicht ins Leere und er atmete tief durch, als er gegen etwas Warmes stieß. Das war knapp gewesen. „Yukiteru-kun. Alles in Ordnung?“ Sofort rutschte dem Braunhaarigen das Herz in die Hose. Er war regelrecht in Aru hinein gelaufen. Nun stand er direkt vor ihm, die Hände auf den Schultern des Weißhaarigen, der ihn ebenfalls festhielt. Knallrot zog er die Hände zurück. „T-tut m-mir leid.“ stotterte er unbeholfen und warf Kosaka einen Blick zu, der vergeblich versuchte, sich das Grinsen zu verkneifen. Dieser elende Blödmann hatte ihn absichtlich gestoßen. „W-wir sollten in die K-klasse.“ nuschelte Yukiteru, doch Aru ließ ihn nicht los. „Sieh mich an, Yukiteru-kun.“ sagte er stattdessen. Als dieser tat, worum er gebeten wurde, verdoppelte sich sein Herzschlag und er schaffte es nur mit Mühe, nicht wieder rot zu werden. „Das, was ich dir geschrieben habe, hatte ich eigentlich ernst gemeint. Aber ich werde es wohl nicht schaffen, mich daran zu halten. Bitte entschuldige meine Selbstsucht.“ Der Weißhaarige verstärkte seinen Griff und zog Yukiteru an sich heran. Dieser wollte etwas sagen, aber sein Gehirn schien vorläufig außer Dienst zu sein. Schon spürte er Arus Lippen auf seinen. Viel zu überrascht, um zu reagieren, stand er einfach nur da, bis er merkte, wie der andere den Kuss verstärkte. Er vergaß völlig, was um ihn herum geschah und erwiderte den Kuss erst zaghaft, dann sicherer. Zum ersten Mal interessierte es ihn nicht, was andere über ihn dachten. Dieser Moment war nur für ihn und Aru bestimmt. Und er würde jede Sekunde auskosten. Erst als sich Aru sanft von ihm löste, kehrte sein Denkvermögen wieder zurück und ihm wurde klar, was er da gerade eigentlich getan hatte. Er und Aru hatten sich vor der halben Schule geküsst. Panik überkam ihn und er blickte sich um. Kapitel 17: Liebe kann man nicht aufhalten ------------------------------------------ Auf dem Schulhof war es es mucksmäuschenstill geworden. Auf ausnahmslos jedem Gesicht hatte sich derselbe fassungslose Blick eingebrannt. Nur Kosaka wirkte völlig gelassen und hatte sein übliches Grinsen aufgesetzt. Wie aus weiter Ferne hörte Yukiteru die Schulglocke, die den Beginn des Unterrichts einläutete. Der seltsam wehklagende Ton brach das Schweigen und ein wildes Geflüster trat an seine Stelle. Der Braunhaarige hörte Dinge wie: „Ich dachte, Amano wäre mit Yuno zusammen...“ „...finde, sie passen voll gut zusammen...“ „Ganz schön mutig, sich mitten in der Öffentlichkeit zu küssen...“ „...total widerlich...“ „...unnormal...“ Auch Sachen wie: „Was für Schwuchteln...“ „...sich gleich erhängen...“ und ähnliches war vereinzelt zu vernehmen. Ihm traten die Tränen in die Augen. Genau deswegen hatte er geplant, sich nicht auf eine Beziehung mit einem Jungen einzulassen. Ohne ein Wort fuhr er herum und rannte davon, in die kühle Ruhe der Flure. Erst als er durch eine Tür aufgehalten wurde, blieb er stehen. Er war vor der Sporthalle gelandet. Ein Zettel hing an dem Eingang. `Der Sportunterricht findet heute draußen statt. Frau Sasaki.´ Ohne nachzudenken, betrat er den riesigen Raum und schloss die Tür hinter sich. Verzweifelt setzte er sich auf eine der Bänke, die an der Wand standen und vergrub das Gesicht in den Händen. Was sollte er denn jetzt tun? Bis zur nächsten Pause würde sich die Sache mit dem Kuss in der kompletten Schule herumgesprochen haben. Und dann wäre er nirgendwo mehr sicher. Er verfluchte Kosaka, der es mit seinem >Scherz< erst so weit hatte kommen lassen. Nun war er gebrandmarkt. Ohne dass er etwas davon mitbekam, öffnete sich die Tür zur Sporthalle. Erst als eine Stimme sagte: „Müsstest du nicht in deiner Klasse sein?“, fuhr er herum. Neben ihm stand der Schuldirektor. Wie von der Tarantel gestochen, sprang Yukiteru auf, trocknete sich mit seinem Hemdsärmel das Gesicht und verbeugte sich tief. „Bitte entschuldigen Sie. Ich bin schon unterwegs.“ Der Direktor begann zu lachen. „Ist schon gut, Amano-kun. Ich habe Herrn Matsui gebeten, dich für eine Weile zu entschuldigen.“ Er wurde ernst und musterte den Braunhaarigen. „Was auf dem Schulhof passiert ist, geht mich zwar nichts an, aber...willst du vielleicht darüber reden?“ „Sie haben es gesehen?“ „Unfreiwillig. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, vor dem Unterricht aus dem Fenster zu sehen, um den Kopf frei zu bekommen. Manche sagen, das wäre fast so schlimm wie die Tatsache, dass ich dauernd versuche, mir selber die Hände zu brechen. “ „Oh mein Gott...“ murmelte Yukiteru und setzte sich wieder hin. „Nun beruhige dich erst mal. Ich bin kein großer Freund von Vorurteilen und mir ist es herzlich egal, wer hier mit wem zusammen ist. Aber wenn es meine Schüler so sehr belastet, dass sie sich nicht mehr auf den Unterricht konzentrieren können, kann ich wohl schlecht schweigend daneben stehen.“ Auch der Direktor ließ sich auf der Bank nieder. „Also, was genau ist los?“ Wie ein Wasserfall sprudelte Yukiteru los. „...und jetzt werde ich bestimmt nur noch herumgeschubst. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll.“ schloss er nach einer Weile seine Erklärung ab. Der Schulleiter hob die Hände, ließ sie aber genauso schnell wieder sinken. „Ich verstehe. Nun, es mag dir wie eine hohle Phrase vorkommen, aber warum stehst du nicht einfach ehrlich zu deinen Gefühlen?“ Entgeistert starrte Yukiteru ihn an. „Dazu stehen? Aber...alle werden mich verspotten und auslachen.“ „Na und?“ Diese Worte trafen den Braunhaarigen völlig unvorbereitet. „Na und?“ wiederholte er, da er dachte, sich verhört zu haben. „Lass sie doch einfach. Irgendwann werden sie das Interesse verlieren. Und wenn es du ihnen den Eindruck vermittelst, dass es dir egal ist, was sie denken, wird sich der ganze Vorgang noch beschleunigen. Du wirst sehen, nach einer Weile werden sich deine Schulkameraden wieder gefangen haben. Sobald der erste Schock verflogen ist, kräht kein Hahn mehr danach, dass du mit Akise-kun zusammen bist.“ Der Direktor stand auf und rang nun doch die Hände. „Eine wunderschöne Turnhalle haben wir hier. Ich denke, ich werde noch so fünf Minuten hier bleiben. Es wäre sehr ärgerlich, wenn ich jemanden verwarnen müsste, weil er während des Unterrichts durch die Gänge wandert.“ Yukiteru erhob sich ebenfalls und verbeugte sich ein zweites Mal. „Haben Sie vielen Dank. Sie haben mir wirklich sehr geholfen.“ Das brachte den Mann zum Lächeln. „Ich würde mich beeilen, wenn ich du wäre. Falls du etwas auf dem Herzen hast, meine Tür steht jedem offen.“ Er wandte sich ab und musterte eingehend die Turnmatten. „Noch vier Minuten.“ Eilig rannte der Braunhaarige los. Vielleicht hatte der Schulleiter ja Recht, dachte er, während er die Flure hetzte. Es konnte ihm doch eigentlich egal sein, was andere über ihn dachten. Warum sollte die Gesellschaft über sein Leben und sein Glück bestimmen? Schließlich hatte er sich doch auch nie in die Angelegenheiten von Fremden eingemischt. Und wenn er mit Aru zusammen sein wollte, war das alleine seine Entscheidung. Er kam an der Tür zu seinem Klassenzimmer an, atmete kurz durch und klopfte. Ein gedämpftes „Herein“ ertönte und der Braunhaarige betrat den Raum. Wie auf ein Zeichen drehten sich sämtliche Gesichter zu ihm und ein kurzes Raunen ging durch das Zimmer. „Ah, Amano-kun. Mir wurde gesagt, dass du später kommst. Setz dich, ich würde gerne weitermachen.“ „Verzeihen Sie, Herr Matsui, aber es gibt da noch etwas, was ich vorher tun muss.“ Damit trat Yukiteru an Arus Tisch, beugte sich vor, griff mit beiden Händen nach dem Gesicht des Weißhaarigen und küsste ihn. Nicht lange, nicht intensiv, aber dafür mit umso größerer Bedeutung. Als er sich zurückzog, begann wieder das Geflüster, doch Yukiteru ignorierte es. „Es tut mir leid.“ sagte er zu Aru, der seinen Blick ziemlich verdattert erwiderte. „Ich bin ein unsensibler Idiot. Können wir später über alles reden?“ Nun strahlte Aru und er nickte. „Auf jeden Fall, unsensibler Idiot.“ „Ich unterbreche euer Geturtel ja nur ungerne...“ mischte sich Herr Matsui ein. „...aber ich meine mich zu erinnern, dass ich mit dem Unterricht fortfahren wollte. Amano-kun, du wirst nachher länger bleiben und den Raum saubermachen, verstanden? Und jetzt setz dich endlich.“ Der restliche Schultag verging. Während Yukiteru zusah, wie die Schüler aus dem Gebäude nach Hause strömten, war er damit beschäftigt, Müll aufzusammeln, die Tafel zu wischen und die Stühle hochzustellen. Ihn störte es nicht, dass er zum Putzdienst verdonnert worden war. Leise summte er vor sich hin, als er das Klassenzimmer fegte und ein letztes Mal überprüfte, ob er auch nichts vergessen hatte. Dann erst machte er sich selber auf den Weg. Vor dem Schultor wurde er bereits erwartet. „Das ging ja schneller als gedacht.“ „Akise-kun. Warum bist du noch hier?“ „Ich wollte dich ein Stück begleiten. Ist das schlimm?“ „Aber nein.“ „Außerdem wolltest du doch mit mir reden, oder?“ „Richtig. Ich muss dir wohl einiges erklären...“ Und so berichtete der Braunhaarige nun auch Aru von dem, was in der letzten Zeit um ihn herum und in seinem Inneren alles passiert war. Dieses Mal ließ er allerdings keine Details aus, wie er es bei Kosaka und dem Direktor getan hatte. Als er geendet hatte, wirkte Aru eine Weile sehr nachdenklich. „So ist das also.“ sagte er schließlich. „Nun wird mir einiges klarer.“ Dann lächelte er. „Ich finde es unheimlich mutig von dir, dass du dich trotz allem dazu entschieden hast, ehrlich zu deinen Gefühlen zu stehen. Trotzdem muss ich dich noch etwas fragen.“ „Ja?“ „Die nächste Zeit wird für uns beide nicht einfach. Kannst du mir versprechen, dass du trotz allem, was passieren wird, weiter zu mir hältst?“ Yukiteru antwortete nicht gleich, sondern nahm stattdessen Arus Hand in seine und küsste ihn kurz auf die Wange. Glück und Liebe überfluteten ihn und diesmal war er es, der lächelte. „Ja, das kann ich. Mir ist inzwischen eines klar geworden: Egal, wie steinig der Weg wird, der vor uns liegt, es kümmert mich nicht, solange ich ihn mit dir gehen kann. Ich liebe dich, Aru.“ Endlich hatte er ausgesprochen, was er schon so lange fühlte. „Yukiteru-kun...“ Der Weißhaarige umarmte ihn und schien ihn so schnell nicht mehr loslassen zu wollen. „Ich liebe dich auch. Zusammen werden wir alles durchstehen. Ganz sicher.“ Kapitel 18: Nachhilfe --------------------- Seit jenem Tag waren drei Wochen vergangen. Wie befürchtet, war es anfangs eine schwere Zeit gewesen. Jeder in der Schule wusste von Yukiterus und Arus Beziehung und jeder schien unbedingt seine Meinung dazu abgeben zu müssen. Diese reichte von absolutem Desinteresse über Akzeptanz bis hin zu Unverständnis und sogar Hass. Inzwischen hatte sich zwar alles so weit wieder beruhigt, aber vereinzelt begannen trotzdem die Leute zu tuscheln, wenn sie die beiden bemerkten. Yukiteru hielt sich an den Rat des Schulleiters und ignorierte einfach jedes Gerede konsequent. Dasselbe tat auch Aru. Irgendwann hatten ihre Mitschüler aufgegeben und ließen die beiden die meiste Zeit in Ruhe. Kosaka hatte sich als wahrer Freund erwiesen und heiterte besonders Yukiteru immer wieder durch seine frechen Sprüche und seinen unverwechselbaren Humor auf. Dadurch waren er, Yukiteru und Aru ein eingeschweißtes Team geworden. Auch außerhalb der Schule trafen sie sich, um gemeinsam zu lernen, zu reden oder einfach nur etwas zu unternehmen. Selbst wenn der Braunhaarige das nie laut zugeben wollte, so war er doch froh, dass Kosaka für ihn da war und ihn so tatkräftig unterstützte. „Du hast wieder den gleichen Fehler gemacht wie eben.“ beschwerte Kosaka sich gerade und tippte mit dem Kugelschreiber auf ein Blatt, das mit Zahlen geradezu übersät war. „Ich habe dir doch gesagt, du darfst den Nebenschritt bei der Aufgabe nicht vergessen.“ Yukiteru seufzte schwer und blickte zum Fenster. Es war Herbst geworden und leichter Nieselregen fiel aus dem wolkenbedecktem Himmel. Gemeinsam mit Aru und Kosaka saß er zu Hause und übte mit ihnen für eine Arbeit, die in drei Tagen fällig war. „Schon gut, ich mache es nochmal.“ gab er zurück und lehnte sich über das Papier. „Tu das. Akise, du hast es soweit raus, aber versuch, den Rechenweg etwas genauer auszuführen. Sonst bekommst du Minuspunkte, die dir die Note versauen können.“ „In Ordnung.“ Schweigend machten sie weiter, bis das lautstarke Klingeln eines Handys sie aus ihren Gedanken riss. „Warum gerade jetzt?“ fluchte Kosaka und ging ran. „Ja? Ach, du bist es...ja...jetzt noch? Hast du mal auf die Uhr gesehen? Ja, ist ja gut... Gib mir zwanzig Minuten, dann bin ich da... Ok, bis gleich.“ Damit legte er auf und erhob sich. „Das war mein Onkel. Ich soll noch Mal bei ihm vorbeikommen. Kommt ihr ohne mich zurecht?“ „Klar, wird schon. Danke für die Hilfe.“ erwiderte Yukiteru. „Gut. Akise, falls er wieder den Nebenschritt vergisst, hau ihn.“ Der Weißhaarige nickte nur, wieder völlig in seine Arbeit vertieft. „Dann bis Montag.“ „Machs gut.“ Weitere Zeit verstrich, bevor Yukiteru erleichtert seufzte und sich erhob. „So, ich bin durch für heute. Was ist mit dir?“ „Ja, fast.“ Geschafft, aber auch zufrieden ließ sich der Braunhaarige auf sein Bett fallen und sah hoch zur Decke. Erst als sich eine warme Hand auf seine legte, drehte er den Kopf und bemerkte Aru, der sich neben ihn gesetzt hatte. „Schon fertig?“ „Ich bin nicht so langsam wie du.“ stichelte der Weißhaarige grinsend. „Hey!“ „Tut mir leid. Du bist einfach zu niedlich, wenn du beleidigt bist.“ Aru beugte sich hinunter und Yukiteru genoss den folgenden Kuss. „Verzeihst du mir?“ „Na gut.“ antwortete der Braunhaarige gespielt gönnerhaft, bevor nun er den anderen zu einem weiteren Kuss zu sich zog. Erst als ihm allmählich die Luft ausging, löste er sich von Aru. Ohne etwas zu sagen oder seine Hand loszulassen, beugte der Weißhaarige sich erneut hinab. Dieses Mal allerdings landeten seine Lippen auf Yukiterus Hals, was diesen etwas verwunderte. Aru hingegen schien ein neues Ziel gefunden zu haben, denn er hauchte weitere, federleichte Küsse auf den Hals des Braunhaarigen. Ein seltsames Gefühl überkam Yukiteru. Zuerst konnte er es nicht einordnen, doch dann begriff er plötzlich, dass es sich dabei um Verlangen handelte. Diese Erkenntnis erschreckte ihn ein wenig und er versuchte, sich wieder zu beruhigen. Jedoch gab er dieses Unterfangen spätestens in dem Moment auf, in dem er spürte, wie Aru behutsam sein Shirt etwas anhob und die Haut darunter streichelte. Der Weißhaarige ging dabei äußerst langsam vor, anscheinend bereit, sich sofort zurückzuziehen, falls Yukiteru etwas sagen sollte. Diesem fiel es allerdings im Moment schon schwer, überhaupt zu atmen. Endlich löste Aru seine Lippen vom Hals des Braunhaarigen. Genauso langsam wie vorher griff er mit beiden Händen Yukiterus Oberteil, zog es über dessen Kopf und ließ es achtlos neben dem Bett auf den Boden fallen. Während er sich um die freigelegte Haut kümmerte, wuchs das Verlangen in Yukiteru weiter an und er konnte ein leises Keuchen nicht unterdrücken. Von dem Wunsch ergriffen, auch irgendetwas zu tun, fuhr er unbeholfen mit den Fingerspitzen über die Arme des anderen. Das brachte Aru zum Lächeln. Er richtete sich etwas auf und warf dem Braunhaarigen einen halb fragenden, halb herausfordernden Blick zu. Der verstand und ging nun selber daran, den Weißhaarigen von seinem Oberteil zu befreien. Nun etwas fordernder trafen sich ihre Lippen, während sowohl Arus wie auch Yukiterus Atem allmählich unkontrollierter wurde. Irgendwann spürte Yukiteru, wie der andere an dem Verschluss seiner Hose nestelte. Nun stieg doch Angst in ihm auf und begann, sich mit seiner Lust einen erbitterten Kampf zu liefern. Die Lust gewann und ohne Widerspruch sah er zu, wie nicht nur seine Hose, sondern auch seine Boxershorts den gleichen Weg nahmen wie sein Shirt zuvor. Mit glühendem Blick musterte Aru seinen Körper und Yukiteru merkte, wie er rot wurde. „Wunderschön...“ murmelte der Weißhaarige mit rauer Stimme, küsste Yukiteru wieder und fing an, eine Hand an der Brust des Braunhaarigen entlang ganz allmählich nach unten wandern zu lassen. Als warme Finger sich um sein Glied schlossen, stöhnte er auf und schloss die Augen. Er fühlte sich, als würde er unter Strom stehen, aber auf gute Weise. Arus Griff verstärkte sich leicht und er begann, seine Hand in einem ruhigen, stetigen Rhythmus zu bewegen. Yukiteru stöhnte wieder, während ihn das Verlangen vollständig einhüllte. Aru zog sich etwas zurück und entledigte sich nun auch seiner restlichen Kleidung, ehe er genau dort weitermachte, wo er aufgehört hatte. Yukiteru fühlte sich inzwischen, als würde er fliegen. Erst ein leichter, ziehender Schmerz brachte ihn wieder in das Hier und Jetzt zurück. Er wusste, was der andere tat und kniff die Augen zusammen, als der Schmerz sich etwas verstärkte. Lange dauerte es nicht, bis er sich mit der neuen Situation arrangiert hatte und sein Körper sich merklich entspannte. „Yukiteru-kun...“ Er öffnete die Augen, als Aru seinen Namen flüsterte und blickte in diese warmen, rubinfarbenen Augen, die er so liebte. „Bist du dir sicher, dass du das wirklich willst? Noch kann ich aufhören.“ Irgendwie gelang es Yukiteru, zu antworten. „Ich...will...es...du musst...dir...keine...Sorgen...machen...“ Der Weißhaarige küsste ihn sanft auf die Stirn. „Dann versuch, dich zu entspannen.“ hauchte er. Yukiteru nickte nur und spürte, wie die Schmerzen zurückkehrten, sehr viel heftiger als zuvor. Er krallte seine Finger in Arus Schultern und Tränen stiegen ihm in die Augen. Nur mit äußerster Anstrengung gelang es ihm, nicht zu schreien. Beruhigend strich Aru ihm über die Wange. Endlich verging das unangenehme Gefühl. Er lockerte den Griff um die Schultern des anderen und küsste ihn entschuldigend. Das nahm der Weißhaarige als Zeichen auf und fing an, sich langsam zu bewegen. Yukiterus Gedanken flogen auf und davon, während er sich nun vollständig Aru hingab. Dieser erhöhte das Tempo, leise keuchend, die Augen halb geschlossen. Dann, ohne jede Vorwarnung, durchflutete Yukiteru ein so heftiges Gefühl der Lust, dass er nun doch gedämpft aufschrie. Sofort hielt der andere inne. „Habe ich dir wehgetan?“ erkundigte er sich besorgt. „Nein...das war gut...“ antwortete der Braunhaarige, vor dessen Augen immer noch kleine Lichtpunkte flackerten. Aru lächelte, dann machte er weiter und traf ein weiteres Mal Yukiterus Lustpunkt. Wieder schrie dieser auf. Wenn der andere so weitermachte, würde er nicht lange durchhalten. Aber auch Aru schien sich langsam seinem Höhepunkt zu nähern. Er wurde noch schneller und trieb Yukiteru weiter auf den Abgrund zu. Kurz trafen sich ihre Lippen und alles in dem Braunhaarigen setzte kurz aus, während er mit einem letzten Aufschrei zum Höhepunkt kam. Aru folgte ihm nur wenige Sekunden später. Eine seltsam friedliche Stille trat ein. Erst nach einer ganzen Weile ergriff Aru das Wort. „Das war...unglaublich.“ sagte er, immer noch etwas außer Atem. „Idiot.“ erwiderte Yukiteru leise lachend. „Ich liebe dich auch.“ Der Weißhaarige zog sich zurück und legte seinen Kopf auf Yukiterus Brust. Eine wohlige Wärme überkam diesen und er gähnte. Neben ihm kicherte Aru und küsste ihn auf die Wange. Yukiteru umarmte ihn und die Körperwärme des anderen machte ihn nur noch schläfriger. Schließlich versank er in tiefen Schlaf und bemerkte nur am Rand, wie Aru ihn ein letzes Mal küsste. Dann legte sich Stille um die beiden. Kapitel 19: Nachhilfe (ohne Adult) ---------------------------------- Seit jenem Tag waren drei Wochen vergangen. Wie befürchtet, war es anfangs eine schwere Zeit gewesen. Jeder in der Schule wusste von Yukiterus und Arus Beziehung und jeder schien unbedingt seine Meinung dazu abgeben zu müssen. Diese reichte von absolutem Desinteresse über Akzeptanz bis hin zu Unverständnis und sogar Hass. Inzwischen hatte sich zwar alles so weit wieder beruhigt, aber vereinzelt begannen trotzdem die Leute zu tuscheln, wenn sie die beiden bemerkten. Yukiteru hielt sich an den Rat des Schulleiters und ignorierte einfach jedes Gerede konsequent. Dasselbe tat auch Aru. Irgendwann hatten ihre Mitschüler aufgegeben und ließen die beiden die meiste Zeit in Ruhe. Kosaka hatte sich als wahrer Freund erwiesen und heiterte besonders Yukiteru immer wieder durch seine frechen Sprüche und seinen unverwechselbaren Humor auf. Dadurch waren er, Yukiteru und Aru ein eingeschweißtes Team geworden. Auch außerhalb der Schule trafen sie sich, um gemeinsam zu lernen, zu reden oder einfach nur etwas zu unternehmen. Selbst wenn der Braunhaarige das nie laut zugeben wollte, so war er doch froh, dass Kosaka für ihn da war und ihn so tatkräftig unterstützte. „Du hast wieder den gleichen Fehler gemacht wie eben.“ beschwerte Kosaka sich gerade und tippte mit dem Kugelschreiber auf ein Blatt, das mit Zahlen geradezu übersät war. „Ich habe dir doch gesagt, du darfst den Nebenschritt bei der Aufgabe nicht vergessen.“ Yukiteru seufzte schwer und blickte zum Fenster. Es war Herbst geworden und leichter Nieselregen fiel aus dem wolkenbedecktem Himmel. Gemeinsam mit Aru und Kosaka saß er zu Hause und übte mit ihnen für eine Arbeit, die in drei Tagen fällig war. „Schon gut, ich mache es nochmal.“ gab er zurück und lehnte sich über das Papier. „Tu das. Akise, du hast es soweit raus, aber versuch, den Rechenweg etwas genauer auszuführen. Sonst bekommst du Minuspunkte, die dir die Note versauen können.“ „In Ordnung.“ Schweigend machten sie weiter, bis das lautstarke Klingeln eines Handys sie aus ihren Gedanken riss. „Warum gerade jetzt?“ fluchte Kosaka und ging ran. „Ja? Ach, du bist es...ja...jetzt noch? Hast du mal auf die Uhr gesehen? Ja, ist ja gut... Gib mir zwanzig Minuten, dann bin ich da... Ok, bis gleich.“ Damit legte er auf und erhob sich. „Das war mein Onkel. Ich soll noch Mal bei ihm vorbeikommen. Kommt ihr ohne mich zurecht?“ „Klar, wird schon. Danke für die Hilfe.“ erwiderte Yukiteru. „Gut. Akise, falls er wieder den Nebenschritt vergisst, hau ihn.“ Der Weißhaarige nickte nur, wieder völlig in seine Arbeit vertieft. „Dann bis Montag.“ „Machs gut.“ Weitere Zeit verstrich, bevor Yukiteru erleichtert seufzte und sich erhob. „So, ich bin durch für heute. Was ist mit dir?“ „Ja, fast.“ Geschafft, aber auch zufrieden ließ sich der Braunhaarige auf sein Bett fallen und sah hoch zur Decke. Erst als sich eine warme Hand auf seine legte, drehte er den Kopf und bemerkte Aru, der sich neben ihn gesetzt hatte. „Schon fertig?“ „Ich bin nicht so langsam wie du.“ stichelte der Weißhaarige grinsend. „Hey!“ „Tut mir leid. Du bist einfach zu niedlich, wenn du beleidigt bist.“ Aru beugte sich hinunter und Yukiteru genoss den folgenden Kuss. „Verzeihst du mir?“ „Na gut.“ antwortete der Braunhaarige gespielt gönnerhaft, bevor nun er den anderen zu einem weiteren Kuss zu sich zog. Erst als ihm allmählich die Luft ausging, löste er sich von Aru. Ohne etwas zu sagen oder seine Hand loszulassen, beugte der Weißhaarige sich erneut hinab. Dieses Mal allerdings landeten seine Lippen auf Yukiterus Hals, was diesen etwas verwunderte. Aru hingegen schien ein neues Ziel gefunden zu haben, denn er hauchte weitere, federleichte Küsse auf den Hals des Braunhaarigen. Ein seltsames Gefühl überkam Yukiteru. Zuerst konnte er es nicht einordnen, doch dann begriff er plötzlich, dass es sich dabei um Verlangen handelte. Diese Erkenntnis erschreckte ihn ein wenig und er versuchte, sich wieder zu beruhigen. Jedoch gab er dieses Unterfangen spätestens in dem Moment auf, in dem er spürte, wie Aru behutsam sein Shirt etwas anhob und die Haut darunter streichelte. Der Weißhaarige ging dabei äußerst langsam vor, anscheinend bereit, sich sofort zurückzuziehen, falls Yukiteru etwas sagen sollte. Diesem fiel es allerdings im Moment schon schwer, überhaupt zu atmen. Endlich löste Aru seine Lippen vom Hals des Braunhaarigen. Genauso langsam wie vorher griff er mit beiden Händen Yukiterus Oberteil, zog es über dessen Kopf und ließ es achtlos neben dem Bett auf den Boden fallen. Während er sich um die freigelegte Haut kümmerte, wuchs das Verlangen in Yukiteru weiter an und er konnte ein leises Keuchen nicht unterdrücken. Von dem Wunsch ergriffen, auch irgendetwas zu tun, fuhr er unbeholfen mit den Fingerspitzen über die Arme des anderen. Das brachte Aru zum Lächeln. Er richtete sich etwas auf und warf dem Braunhaarigen einen halb fragenden, halb herausfordernden Blick zu. Der verstand und ging nun selber daran, den Weißhaarigen von seinem Oberteil zu befreien. Nun etwas fordernder trafen sich ihre Lippen, während sowohl Arus wie auch Yukiterus Atem allmählich unkontrollierter wurde. Irgendwann spürte Yukiteru, wie der andere an dem Verschluss seiner Hose nestelte und alles versank um ihn herum... Viel Zeit war vergangen. Wie viel, wusste der Braunhaarige nicht. Eine friedliche Ruhe war eingetreten. Erst nach einer ganzen Weile ergriff Aru das Wort. „Das müssen wir unbedingt wiederholen.“ „Idiot.“ erwiderte Yukiteru leise lachend. „Ich liebe dich auch.“ Der Weißhaarige legte seinen Kopf auf Yukiterus Brust. Eine wohlige Wärme überkam diesen und er gähnte. Neben ihm kicherte Aru und küsste ihn auf die Wange. Yukiteru umarmte ihn und die Körperwärme des anderen machte ihn nur noch schläfriger. Schließlich versank er in tiefen Schlaf und bemerkte nur am Rand, wie Aru ihn ein letzes Mal küsste. Dann legte sich Stille um die beiden. Kapitel 20: Gemeinsamer Herzschlag ---------------------------------- Ein herrlicher Geruch brachte Yukiteru am nächsten Morgen dazu, die Augen zu öffnen. Mit einem Gähnen setzte er sich auf und bemerkte, dass Aru nicht mehr neben ihm lag. Gerade wollte er nach ihm sehen, als der Weißhaarige zur Tür hereinkam. Kurz bewunderte Yukiteru den freien Oberkörper des anderen. Wenigstens trug er eine Hose. „Ah, du bist wach. Wie geht es dir?“ „Es geht schon. Was riecht hier denn so gut?“ „Ich habe mir erlaubt, deinen Kühlschrank zu plündern. Du bist doch sicher hungrig.“ Wie als Bestätigung begann der Magen des Braunhaarigen zu knurren. „Das heißt wohl ja.“ lachte Aru und verschwand wieder in der Küche. Als er zurückkehrte, trug er ein Tablett in den Händen, das er auf dem Nachttisch abstellte. Yukiteru wollte das Bett verlassen, doch sein Körper protestierte heftig gegen die plötzliche Bewegung. „Schön liegenbleiben.“ wies Aru ihn an. „Ich bringe dir alles, was du haben willst.“ Er setzte sich zu dem Braunhaarigen und wartete geduldig, bis dieser von dem Essen probiert hatte. „Das schmeckt wirklich gut.“ Der Weißhaarige wurde rot. „Danke.“ Sein Gesicht nahm wieder einen ernsten Ausdruck an. „Ich habe Neuigkeiten für dich. Kosaka hat mich angerufen. Yuno ist wohl fortgezogen. Immerhin macht sie ihre Therapie weiter.“ „Bist du nicht noch wütend auf sie?“ „Nein.“ erwiderte Aru nach einiger Überlegung. „Trotz allem, was sie getan hat, bin ich dadurch mit dir zusammengekommen.“ „Weiß dein Vater eigentlich über uns Bescheid?“ wollte Yukiteru wissen. „Ja. Ich habe nochmal in aller Ruhe mit ihm und meiner Mutter gesprochen. Letztendlich hat mein Vater eingesehen, dass er mich nicht umstimmen kann. Also ist alles in Ordnung.“ Er zwinkerte dem Braunhaarigen zu. „Das heißt, solange wir es in seiner Anwesenheit nicht übertreiben.“ „Bestimmt nicht.“ sagte Yukiteru und reichte seinen leeren Teller an Aru weiter. „Es war köstlich. Vielen Dank.“ „Gern geschehen.“ Der Weißhaarige stellte den Teller weg, setzte sich dann erneut zu Yukiteru und küsste ihn auf die Wange. Sofort erschauerte dieser unter der Berührung. „Du hast noch gar nichts gegessen.“ stellte er mit leicht trockenem Mund fest. „Ich habe es auch mehr auf den Nachtisch abgesehen.“ hauchte Aru ihm ins Ohr und fuhr mit einer Hand über Yukiterus Brust. Der spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. „Akise-kun...“ Warme Augen suchten seinen Blick. „Aru. Schon vergessen?“ Der Braunhaarige erzitterte leicht, als der andere an seinem Ohrläppchen knabberte. Dann ging Aru tiefer, fuhr mit der Zunge über Yukiterus Hals bis zu seiner Brustwarze. Yukiterus Gehirn schaltete augenblicklich auf halbe Leistung und er zog scharf die Luft ein. Halbherzig versuchte er, den anderen von dessem Vorhaben abzuhalten und vergrub seine Finger in dessen Haaren. Ohne Erfolg. Aru war so auf das Geschehen konzentriert, dass er nichts mehr von seiner Umgebung mitzubekommen schien. Als die Lippen des Weißhaarigen seinen Bauch erreichten, veränderte sich das Gefühl in Yukiterus Körper und er begann zu kichern. „Lass das...ich bin kitzelig...“ prustete er hervor und Aru hielt inne, nur um ihn mit einem fordernden Kuss zum Schweigen zu bringen. Nach einer gefühlten Ewigkeit löste er den Kuss und entfernte langsam die Decke, in die Yukiteru gehüllt war. „Entschuldige. Ich mache es wieder gut.“ Wie schaffte er es nur, einen so normalen Satz so verrucht klingen zu lassen? Und was hatte er eigentlich vor? Diese Frage klärte sich auf, als Aru sich wieder hinabbeugte und ihm vereinzelte Küsse auf die Haut gab. Erst an seinem Hals, dann auf der Brust, dann auf die Hüfte. Schlagartig dämmerte Yukiteru, was der andere plante und er keuchte auf. „A-aru...w-warte...“ Der Rest seiner Worte ging in einem zweiten Keuchen unter, als der Weißhaarige noch tiefer ging und sich seiner Körpermitte näherte. Dann spürte Yukiteru, wie Aru ihm mit leichter Gewalt die Beine auseinander drückte. Erneut versuchte er, den anderen aufzuhalten – jedenfalls, bis sich Arus Mund um sein Glied schloss. Alles in ihm erstarrte, ehe eine so heftige Leidenschaft sein Inneres überkam, dass er nur mit größter Mühe einen Schrei unterdrücken konnte. Aru machte einfach weiter und verfiel in einen gleichmäßigen Rhythmus. Yukiteru gab seine leichte Gegenwehr auf. Er brauchte all seine Kraft, um nicht sofort zu kommen. Das Gefühl von diesen warmen Lippen brachte ihn beinahe um den Verstand. Der Weißhaarige schien seine Gedanken zu erraten, denn er erhöhte das Tempo und nun konnte Yukiteru seine Stimme nicht mehr zurückhalten. Stöhnend hob er die Hüften, wurde aber gleich wieder zurückgedrängt. Irgendwie schaffte er es, einige Worte hervorzupressen. „A-aru...ich...k-kann nicht...mehr...lange...“ Dieser überhörte das und wurde noch schneller. Mit einem halberstickten Schrei wurde der Braunhaarige über den Abgrund gestoßen und sackte zitternd zusammen. „Bitter...“ sagte Aru und richtete sich halb auf. Erst jetzt wurde dem anderen klar, was passiert war und flammende Röte durchzog sein Gesicht. „D-du hast...bist du verrückt?“ „Ich bin noch nicht fertig mit dir.“ erwiderte der Weißhaarige und küsste Yukiteru kurz. „Bereit?“ „K-klar...“ stotterte der Braunhaarige. Der Schmerz kehrte zurück, zum Glück schwächer als am gestrigen Abend. Schwer atmend blickte Yukiteru hoch. Kam es ihm nur so vor, oder war Aru noch schöner geworden? Ihm fiel es schwer, sich zu ordnen. Er schlang seine Arme um seinen Freund und verteilte Küsse auf dessen Wange und Hals. Dann passte er sich dem Tempo an, was nun Aru zum Keuchen brachte. Er schien sich, genau wie Yukiteru zuvor, nicht mehr sehr lange zurückhalten zu können. Einige Minuten hielt er noch aus, doch schließlich klammerte er sich an den Schultern des Braunhaarigen fest und schrie leise auf. Lange blieben sie so liegen, ehe sich Aru zurückzog und zur Seite drehte. „Ich liebe Süßes.“ hauchte er und umarmte Yukiteru. „Du bist unverbesserlich.“ tadelte dieser lächelnd. „Weißt du denn nicht, dass zu viel Süßes schlecht für dich ist?“ „Von dir bekomme ich nie genug.“ erwiderte Aru und streichelte ihm über den Kopf. „Keine Widerrede. Noch zehn Minuten. Dann wirst du auch mal etwas essen.“ „Gut, gut.“ Die beiden kuschelten sich zusammen und wieder legte sich die warme Schläfrigkeit über den Braunhaarigen. Er verdrängte sie und lauschte stattdessen Arus gleichmäßigem Herzschlag. Später würde er duschen gehen, ehe er -Aru im Arm- etwas fernsehen wollte. „Ich liebe dich.“ hauchte er dem Weißhaarigen zu und dessen Augen bekamen wieder ihren gewohnt warmen Ausdruck. „Ich liebe dich auch. Egal, was passiert und wer sich uns entgegenstellt. Für immer.“ „Ja. Für immer.“ Sanft berührten sich ihre Lippen, verschmolzen miteinander und Yukiteru spürte, wie sich sein Herzschlag leicht erhöhte. Genau so hatte er es sich vorgestellt. Nun war er sich absolut sicher, dass Aru perfekt für ihn war. Endlich war er restlos glücklich. Ende Kapitel 21: Gemeinsamer Herzschlag (ohne Adult) ----------------------------------------------- Ein herrlicher Geruch brachte Yukiteru am nächsten Morgen dazu, die Augen zu öffnen. Mit einem Gähnen setzte er sich auf und bemerkte, dass Aru nicht mehr neben ihm lag. Gerade wollte er nach ihm sehen, als der Weißhaarige zur Tür hereinkam. Kurz bewunderte Yukiteru den freien Oberkörper des anderen. Wenigstens trug er eine Hose. „Ah, du bist wach. Wie geht es dir?“ „Es geht schon. Was riecht hier denn so gut?“ „Ich habe mir erlaubt, deinen Kühlschrank zu plündern. Du bist doch sicher hungrig.“ Wie als Bestätigung begann der Magen des Braunhaarigen zu knurren. „Das heißt wohl ja.“ lachte Aru und verschwand wieder in der Küche. Als er zurückkehrte, trug er ein Tablett in den Händen, das er auf dem Nachttisch abstellte. Yukiteru wollte das Bett verlassen, doch sein Körper protestierte heftig gegen die plötzliche Bewegung. „Schön liegenbleiben.“ wies Aru ihn an. „Ich bringe dir alles, was du haben willst.“ Er setzte sich zu dem Braunhaarigen und wartete geduldig, bis dieser von dem Essen probiert hatte. „Das schmeckt wirklich gut.“ Der Weißhaarige wurde rot. „Danke.“ Sein Gesicht nahm wieder einen ernsten Ausdruck an. „Ich habe Neuigkeiten für dich. Kosaka hat mich angerufen. Yuno ist wohl fortgezogen. Immerhin macht sie ihre Therapie weiter.“ „Bist du nicht noch wütend auf sie?“ „Nein.“ erwiderte Aru nach einiger Überlegung. „Trotz allem, was sie getan hat, bin ich dadurch mit dir zusammengekommen.“ „Weiß dein Vater eigentlich über uns Bescheid?“ wollte Yukiteru wissen. „Ja. Ich habe nochmal in aller Ruhe mit ihm und meiner Mutter gesprochen. Letztendlich hat mein Vater eingesehen, dass er mich nicht umstimmen kann. Also ist alles in Ordnung.“ Er zwinkerte dem Braunhaarigen zu. „Das heißt, solange wir es in seiner Anwesenheit nicht übertreiben.“ „Bestimmt nicht.“ sagte Yukiteru und reichte seinen leeren Teller an Aru weiter. „Es war köstlich. Vielen Dank.“ „Gern geschehen.“ Der Weißhaarige stellte den Teller weg, setzte sich dann erneut zu Yukiteru und küsste ihn auf die Wange. Sofort erschauerte dieser unter der Berührung. „Du hast noch gar nichts gegessen.“ stellte er mit leicht trockenem Mund fest. „Ich habe es auch mehr auf den Nachtisch abgesehen.“ hauchte Aru ihm ins Ohr und fuhr mit einer Hand über Yukiterus Brust. Der spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. „Akise-kun...“ Warme Augen suchten seinen Blick. „Aru. Schon vergessen?“ Der Braunhaarige erzitterte leicht, als der andere an seinem Ohrläppchen knabberte. Dann ging Aru tiefer, fuhr mit der Zunge über Yukiterus Hals bis zu seiner Brustwarze. Yukiterus Gehirn schaltete augenblicklich auf halbe Leistung und er zog scharf die Luft ein. Halbherzig versuchte er, den anderen von dessem Vorhaben abzuhalten und vergrub seine Finger in dessen Haaren. Ohne Erfolg. Aru war so auf das Geschehen konzentriert, dass er nichts mehr von seiner Umgebung mitzubekommen schien. Als die Lippen des Weißhaarigen seinen Bauch erreichten, veränderte sich das Gefühl in Yukiterus Körper und er begann zu kichern. „Lass das...ich bin kitzelig...“ prustete er hervor und Aru hielt inne, nur um ihn mit einem fordernden Kuss zum Schweigen zu bringen. Nach einer gefühlten Ewigkeit löste er den Kuss und entfernte langsam die Decke, in die Yukiteru gehüllt war. „Entschuldige. Ich mache es wieder gut.“ Wie schaffte er es nur, einen so normalen Satz so verrucht klingen zu lassen? Und was hatte er eigentlich vor? Diese Frage klärte sich auf, als Aru sich wieder hinabbeugte und ihm vereinzelte Küsse auf die Haut gab. Erst an seinem Hals, dann auf der Brust, dann auf die Hüfte. Schlagartig dämmerte Yukiteru, was der andere plante und er keuchte auf. „A-aru...w-warte...“ Der Rest seiner Worte ging in einem zweiten Keuchen unter, als der Weißhaarige noch tiefer ging und sich seiner Körpermitte näherte... Der Morgen hatte sich in Mittag gewandelt. Zusammen lagen der Braunhaarige und Aru da. „Ich liebe Süßes.“ hauchte Aru endlich und umarmte Yukiteru. „Du bist unverbesserlich.“ tadelte dieser lächelnd. „Weißt du denn nicht, dass zu viel Süßes schlecht für dich ist?“ „Von dir bekomme ich nie genug.“ erwiderte der Weißhaarige und streichelte ihm über den Kopf. „Keine Widerrede. Noch zehn Minuten. Dann wirst du auch mal etwas essen.“ „Gut, gut.“ Die beiden kuschelten sich zusammen und wieder legte sich die warme Schläfrigkeit über den Braunhaarigen. Er verdrängte sie und lauschte stattdessen Arus gleichmäßigem Herzschlag. Später würde er duschen gehen, ehe er -Aru im Arm- etwas fernsehen wollte. „Ich liebe dich.“ hauchte er dem Weißhaarigen zu und dessen Augen bekamen wieder ihren gewohnt warmen Ausdruck. „Ich liebe dich auch. Egal, was passiert und wer sich uns entgegenstellt. Für immer.“ „Ja. Für immer.“ Sanft berührten sich ihre Lippen, verschmolzen miteinander und Yukiteru spürte, wie sich sein Herzschlag leicht erhöhte. Genau so hatte er es sich vorgestellt. Nun war er sich absolut sicher, dass Aru perfekt für ihn war. Endlich war er restlos glücklich. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)