Warum bist du es, der mein Herz berührt? von BloodyRubin ================================================================================ Kapitel 10: Veränderungen ------------------------- „Hier ist es.“ Sofort blieb Yukiteru stehen und sah sich das Haus an. Gemeinsam mit Kosaka war er so lange durch die Gegend gelaufen, dass er irgendwann komplett die Orientierung verloren hatte. Beeindruckt musterte er das Gebäude. „Das ist kein Haus, das ist ein Palast.“ „Scheinen ja echt Kohle zu haben.“ „Lass uns mal sehen, ob jemand da ist.“ Sie traten vor die Tür und Kosaka betätigte die Klingel. Eine Weile blieb es still, dann wurde die Tür geöffnet und Arus Mutter stand vor ihnen, mit verweintem Gesicht und roten, verquollenen Augen. Sie erkannte Yukiteru und lächelte kurz. „Ah, Amano-kun. Schön, dich wiederzusehen.“ „Guten Tag.“ „Habt ihr Neuigkeiten?“ „Leider nicht.“ erwiderte Kosaka überraschend höflich. „Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würden wir uns gerne in Arus Zimmer umsehen.“ „Ich bin mir zwar nicht sicher, was ihr dort zu finden hofft, aber von mir aus könnt ihr reinkommen. Die Polizei hat das Zimmer auch schon durchsucht.“ Sie trat zur Seite und ließ sie in die große, geräumige Eingangshalle. „Arus Zimmer ist im ersten Stock. Die dritte Tür rechts.“ Ihr Ton wurde leiser und sie beugte sich etwas vor. „Ihr habt nicht viel Zeit. Mein Mann kommt in eineinhalb Stunden und ich möchte nicht, dass er euch entdeckt.“ „Verstanden.“ Der Raum von Aru war klein, aber gemütlich und sauber. Nichts schien am Zimmer ungewöhnlich: Ein Schreibtisch, ein Laptop, ein Fernseher und ein Radio, daneben ein CD-Ständer. „Sieht aus, als hätte Akises Mutter hier aufgeräumt, nachdem die Cops hier waren.“ sagte Kosaka und setzte sich an den Laptop. „Ich frage mich, warum sie den Laptop nicht mitgenommen haben.“ „Vielleicht haben sie nichts darauf gefunden, was für sie wichtig wäre.“ Kosaka fuhr den Laptop hoch und Yukiteru stellte sich neben ihn. Das Hintergrundbild – ein dunkler Engel aus einem Computerspiel – tauchte kurz auf, bevor Kosaka anfing, die Dateien auf dem Desktop zu durchsuchen. Lange Zeit geschah nichts, bevor Kosaka sich anspannte und so die Aufmerksamkeit des Braunhaarigen auf sich lenkte. „Sieh dir mal an, was ich hier gefunden habe.“ Inzwischen hatte Kosaka den Internetverlauf geöffnet und einige Tabs geöffnet. „Was tun gegen Liebeskummer... Wie kann ich ihn vergessen... Selbsthilfeforen...klingt so, als wäre es ziemlich ernst gewesen. Er hat sogar selber etwas hier geschrieben.“ Yukiteru beugte sich weiter vor und las halblaut vor. „Ich habe gesehen, was für gute Ratschläge hier auftauchen und dass niemand sinnlos auf anderen herumhackt. Das hat mich ermutigt, selbst über mein Problem zu schreiben. Vielleicht habt ihr ja eine Lösung. Mir ist seit etwa zwei Jahren klar, dass ich schwul bin. Bis vor kurzem habe ich diese Tatsache geheim gehalten, so gut ich konnte. Aber jetzt hat sich alles geändert. Ich habe mich in einen Mitschüler verliebt. Doch obwohl er meine Gefühle zweifelsfrei erwidert, hat er sich dazu entschieden, mich abzuweisen und mir damit das Herz zu brechen. Leider gehen wir in die selbe Klasse und sehen uns daher ständig. Wie soll ich damit umgehen, ihn jeden Tag vor Augen zu haben? Immer, wenn sich unsere Blicke treffen, habe ich das Gefühl, jemand zieht mir den Boden unter den Füßen weg. Und das, obwohl ich eigentlich immer dachte, ich wäre stärker. Falls euch etwas einfällt, schreibt bitte zurück. Vielen Dank im Voraus.“ „So etwas habe ich wirklich nicht erwartet.“ murmelte Yukiteru, als er zu Ende gelesen hatte. „Das hast du echt super hingekriegt. Selbst ich wusste, wie schlecht es Akise geht.“ Kosaka drehte sich etwas, um den Braunhaarigen anzusehen. „Sei ehrlich, Yukiteru: Als du dich entschieden hast, wie hast du dich da gefühlt?“ „Ich weiß es nicht. Eigentlich war ich mir sicher, das Richtige getan zu haben. Aber trotzdem habe ich mich irgendwie...schuldig gefühlt. Wohl, weil ich geahnt habe, wie er auf meine Entscheidung reagiert. Deswegen wollte ich ja auch noch einmal mit ihm reden.“ „Hast du das auch getan?“ „Nein. Akise-kun hat das verhindert, indem er einen Streit mit Yuno angefangen hat. Danach war ich so wütend auf ihn, dass ich die Situation durch ein Gespräch nur schlimmer gemacht hätte. Und kurz darauf ist er verschwunden.“ „Ist zwischen euch mehr passiert?“ „N-nein!“ antwortete Yukiteru hastig. „Er hat mich zweimal geküsst, das war alles.“ Kosaka sagte nichts dazu, dachte aber lange nach. „Jup, du hast total Mist gebaut.“ sagte er dann so unvermittelt, dass es Yukiteru kurz die Sprache verschlug. „Was hätte ich deiner Meinung nach denn tun sollen? Mich für Akise-kun entscheiden, nur um seine Gefühle zu schonen? Wie es mir damit geht, scheint wohl keine Rolle zu spielen.“ „Du hast doch nur aus einem Impuls heraus gehandelt. Was wäre wohl gewesen, wenn du auf dein Herz und nicht auf deine Angst gehört hättest?“ Der Braunhaarige blieb stumm und nach ein paar Minuten seufzte Kosaka schwer und schüttelte den Kopf, bevor er sich wieder mit dem Laptop beschäftigte. „Interessant. Offenbar hat er, nachdem du ihm einen Korb gegeben hast, immer dasselbe Lied gehört. Außerdem habe ich das hier hinter dem Laptop gefunden.“ Er deutete auf eine Kamera, die Yukiteru vage bekannt vorkam. „Die hatte er dabei, als wir zusammen in der Stadt waren. Er hatte mich vor ein paar Schlägern beschützt und als Dank habe ich ihn zum Essen eingeladen. Damals hatte er auch diese Kamera dabei und hat einen Passanten gebeten, ein Foto von uns zu machen.“ „Sieht aus, als wäre das das einzige Bild.“ Kosaka gab die Kamera weiter und Yukiteru verkrampfte sich, als er sich und Aru vor einer Brücke stehen sah, lächelnd und unbeschwert. Dieses Bild schien Ewigkeiten her zu sein... Gitarrenklänge ertönten und er kehrte zum Geschehen zurück. „Was machst du denn da?“ „Ich überprüfe nur etwas.“ „Indem du Musik hörst?“ „Shhh.“ machte Kosaka nur und der Braunhaarige verstummte. I wanted you to know I love the way you laugh I wanna hold you high and steal your pain, away. I keep your photograph And i know it serves me well I wanna hold you high and steal your pain. 'Cause I'm broken when I'm lonesome And i don't feel right when you're gone away. You've gone away, you don't feel me, anymore. „Oh Mann, das ist hart.“ murmelte Kosaka und pausierte das Lied. „Ich kann mir gut vorstellen, wie Akise hier gesessen hat, die Kamera mit dem Bild in der Hand und dieses Lied im Hintergrund... Er hat dich wirklich geliebt.“ Yukiteru erwiderte nichts, doch auch er erkannte schmerzlich, wie sehr seine Entscheidung Aru getroffen haben musste. Er hätte mit Aru sprechen sollen. Aber er hatte so gehofft, der Weißhaarige würde das Ganze besser verkraften... Kosaka ließ das Lied weiterlaufen und beide hörten angespannt zu. The worst is over now And we can breathe again I wanna hold you high you steal my pain away. There's so much left to learn, and no one left to fight I wanna hold you high and steal your pain. 'Cause I'm Broken when I'm open And I don't feel like I am strong enough. 'Cause I'm broken when I'm lonesome And I don't feel right when you're gone away. Noch zweimal folgte der Refrain, dann verstummte die Melodie. Lange sagte keiner der beiden ein Wort, bis Kosaka schließlich zum Bildschirm zurückkehrte und erneut seufzte. „Sonst scheint hier nichts zu sein, was uns weiterhilft. Ich würde sagen, wir schauen uns noch ein wenig hier um und gehen dann wieder. So viel Zeit haben wir nämlich nicht mehr.“ „Ist gut. Dann an die Arbeit.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)