Leben nach dem Waisenhaus von Nightprincess ================================================================================ Kapitel 4: Verzweifeln ---------------------- ~~~~~ Rebecca Kaiba ~~~~~ Rebecca beobachtete ihren Sohn Eric, der ausgelassen durch den Schnee tobte und mit Schneebällen auf Bäume zielte, aber meistens nicht traf. Sie war glücklich. Doch war es nicht immer so. Es gab Zeiten, da war sie kurz vor dem Verzweifeln. Das erste Mal fühlte sie sich so, als ihre Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen, damals war sie gerade mal fünf. Ihre Eltern waren damals auf irgendeiner Geschäftsreise, während sie selbst bei ihrem Opa blieb. Das zweite Mal zerriss es ihr fast das Herz, als der Pharao Yugis Seele bei einem Duell gegen einen von Dartz Männern verlor. Beim dritten Mal war sie mehr als nur verzweifelt, als sie einsehen musste, dass Yugi Tea liebte und sie selbst nie eine Chance bei ihm haben würde. Damals war es Mokuba, der sie aus dieser Verzweiflung wieder rausholte. Und heute war es außerdem auch ihr Sohn, ihr kleiner Eric, ihr Sonnenschein. Sie würde alles für ihn tun. Wenn ihr Sohn etwas wollte, dann konnte sie ihm meistens nichts abschlagen, nicht dass das nötig gewesen wäre, denn was auch immer Eric wollte, Rebecca konnte es sich leisten und Mokuba war genau derselben Meinung. Sie Beide waren sich einig darüber, dass sie Eric genau das geben würden, das sie selber nicht in ihrer Kindheit hatten, eben eine glückliche Kindheit mit Mutter und Vater, mit Eltern, die immer da waren, wenn sie gebraucht wurden. Sie Beide hatten sehr früh ihre eigenen Eltern verloren, Rebecca hatte damals noch ihren Opa und Mokuba seinen Bruder, aber es war eben nicht dasselbe. Eltern waren halt doch etwas ganz Besonderes. Und sie Beide wollten gute Eltern sein, für Eric, ihren gemeinsamen Sohn. Natürlich war das nicht immer leicht. Eric war manchmal einfach zu verwöhnt und es war wirklich schwierig, aufzupassen, dass er nicht zu arrogant wurde. Da den richtigen Mittelweg zu finden, war wirklich schwer. Und trotzdem konnten Mokuba und Rebecca den Wunsch ihres Sohnes nach einem eigenen Musikkeller nicht ausschlagen. Aber damit es trotzdem noch eine Überraschung für ihn wurde, hatten sie ihm nicht gesagt, ob sie seine Bitte erfüllen würden oder nicht. Rebecca hatte Eric nur gesagt, dass sie mit seinem Vater darüber reden würde und sie würden es sich dann vielleicht überlegen. Mokuba hatte natürlich sofort zugestimmt, sich um alles zu kümmern. Aufgrund von Platzmangel im Keller hieß das allerdings, dass er erstmal einen Lagerraum ausräumen müsste und zwar so, dass Eric es nicht merkte, der spielte nämlich zu gerne im Keller mit seiner riesigen Modeleisenbahn, die er erst letztes Jahr zum Geburtstag bekommen hatte. Also hatte Rebecca beschlossen einen Ausflug mit Eric zu machen und damit Mokuba ein paar Tage mehr Zeit hatte, den Lagerraum zum Musikkeller umzubauen, hatte sie Eric vorgeschlagen, dass sie doch mal wieder seinen Onkel Seto besuchen könnten, um hier in den Bergen etwas im Schnee herumtollen zu können, da in Domino zurzeit kein Schnee lag. Eric war natürlich sofort begeistert, nicht nur, weil er im Schnee spielen konnte, sondern auch, weil er seinen ‚coolen Onkel‘, wie er Seto nannte, wiedersehen durfte. Er hatte sich zwar gewundert, warum Mokuba nicht mitwollte, aber dieser hatte seinem Sohn einfach nur gesagt, dass er noch zu tun hätte und vielleicht später nachkommen würde, wenn es ihm möglich war. Eric hatte das akzeptiert, kam häufiger vor, dass entweder Mokuba oder Rebecca so mit der Arbeit in der Kaiba Corporation beschäftigt waren, dass ein gemeinsamer Ausflug kaum möglich war. Allerdings achteten beide darauf, dass wenigstens einer von ihnen immer bei Eric war, es sei denn, es trat mal ein absoluter Notfall ein, dann kümmerte sich Seto um Eric, was beide natürlich super fanden. Allerdings machte Rebecca sich Sorgen um ihren Schwager. Denn der sah Eric manchmal mit ganz traurigen Augen an, besonders wenn Eric lange Zeit bei ihm war, mit ihm spielte, Ausflüge machte und dann wieder nachhause fuhr. Seto sah dann immer so aus, als würde ihm etwas das Herz zerreißen. Rebecca konnte sich darauf keinen Reim machen, allerdings vermutete sie, dass Seto sich vielleicht eigene Kinder wünschte. Warum er sich jedoch in diese Abgeschiedenheit zurückgezogen hatte und warum er sich nicht einfach eine liebe Frau suchte, um mit ihr eine Familie zu gründen, verstand Rebecca nicht. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn sie mal mit ihm darüber reden würde. Am besten jetzt gleich. „Eric?“ Ihr Sohn drehte sich mit einem Schneeball in der Hand zu ihr um. „Ja, Mama?“ Rebecca deutete auf die Tür zum Ferienhaus. „Ich geh mal kurz rein und unterhalte mich mit Deinem Onkel, ja? Mach hier bitte keine Dummheiten und lauf nicht zu weit weg, okay?“ Eric hob grinsend seine linke leere Hand in die Luft. „Ja, Mama! Wenn Du dafür meinen coolen Onkel Seto in den Schnee locken kannst?“ Rebecca schüttelte lachend den Kopf. „Ich werde es versuchen, Schnuffel.“ Ihr Sohn verzog seinen Mund zu einer beleidigten Schnute. „Nenn mich nicht immer Schnuffel.“ „Wie denn sonst?“ Eric stampfte mit dem linken Fuß in den Schnee und streckte die rechte Hand mit dem Schneeball in die Höhe. „Nenn mich Cool-Boy!“ Rebecca kicherte leise, nickte aber brav. „Cool-Boy also. Gut, Cool-Boy Eric, dann pass mal schön auf, dass der Schnee nicht schmilzt, bevor ich nicht den coolen Onkel Seto aus dem Haus gelockt habe, okay?“ Eric zeigte ihr sein bestes Strahlelächlen. „Okay!“ Rebecca warf noch einen letzten amüsierten Blick auf ihren kleinen Sohn und ging dann ins Ferienhaus. ~~~~~ Seto Kaiba ~~~~~ Seto saß noch immer an seinem Schreibtisch und starrte grimmig auf das Telefon in seiner Hand und verfluchte innerlich seinen kleinen Bruder, der es gewagt hatte, einfach aufzulegen, als plötzlich Rebecca durch die Tür seines Arbeitszimmers trat. „Seto?“ Er zuckte leicht zusammen und drehte sich mit seinem Bürosessel zu Rebecca um, das Telefon hielt er noch immer in der Hand. „Ja?“ Rebecca deutete auf das Telefon in Setos Hand. „War das grade Moki?“ Seto nickte und stellte das schnurlose Telefon zurück in das Ladegerät auf seinem Schreibtisch. „Er hatte nur etwas mit mir zu besprechen…“ Er zögerte kurz, fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „…Eine uralte Sache.“ Rebecca seufzte leise. „Ging es wieder um Deine Scheidung?“ Seto schüttelte den Kopf. Seine Augenbrauen zogen sich leicht zusammen. Müde rieb er sich über die Augen. „Ich würde mich gerne etwas zurückziehen. Bin ein wenig erschöpft. Zuviel Bildschirmarbeit.“ Rebecca nickte kurz. „Wenn es Dir wieder besser geht, dann kannst Du Dich gerne mit Eric im Schnee vergnügen, er hat wieder nach Dir gefragt.“ Seto seufzte, nickte aber. „Ich denke, in einer Stunde bin ich wieder so gut wie neu. Kannst ihm also ausrichten, dass er mich dann wecken kann.“ „Das macht er sicher gern.“ Nebeneinander verließen Seto und Rebecca sein Arbeitszimmer. Rebecca ging wieder hinaus, Seto sah ihr noch kurz nach und ging dann seufzend die Treppen zu seinem Schlafzimmer hinauf. Er wollte sich nicht an seine Scheidung erinnern, denn seine Frau hatte ihm das Schlimmste angetan, was man einem Mann antun konnte. Sie hatte ihn nicht betrogen, denn das hätte er vermutlich noch verkraften können und ihr wahrscheinlich sogar verziehen, immerhin arbeitete er sehr viel und war nicht so oft für seine Frau da, wie es vielleicht angebracht gewesen wäre. Sie hatte ihn auch nicht um sein Geld erleichtert, denn das hätte er mit Freuden für sie ausgegeben, schließlich hatte er mehr als genug davon. Was sie getan hatte, schmerzte viel mehr als alles andere, was er je hatte ertragen müssen, zumindest soweit er sich erinnern konnte. Aileen Rao hatte Seto nach circa zwei Jahren mitgeteilt, dass sie ihn nicht liebte, dass sie ihn nie geliebt hatte und dass sie Seto nur geheiratet hatte, um von ihm ein eheliches Kind zu bekommen, das später Setos gesamtes Vermögen und die Firma erben konnte, wenn Seto und Mokuba aus dem Weg geräumt waren. Aber damit nicht genug. Sie hatte ihm damals auch noch an den Kopf geknallt, dass Seto ja impotent wäre und nicht in der Lage wäre, überhaupt Kinder zu zeugen und dass es eine reine Zeitverschwendung war, sich überhaupt mit ihm eingelassen zu haben…. Er hatte sie damals aus ihrem gemeinsamen Haus geworfen und die Scheidung eingereicht. Kurz darauf hatte er tatsächlich die Entscheidung getroffen, sich untersuchen zu lassen, ob er wirklich zeugungsunfähig war. Und, was er damals erfuhr, war etwas, was er einfach nicht ertragen konnte. Sein Vertrauensarzt hatte ihm schweren Herzens mitgeteilt, dass Seto tatsächlich niemals Kinder würde zeugen können. Er war zeugungsunfähig aufgrund der vielen Jahre in denen er zu viel Stress hatte, mit dem Tod seiner Eltern, mit dem Aufenthalt im Waisenhaus, mit Gozaburo, mit der Firma, mit den ganzen anderen Ereignissen, die sein Leben mehr als einmal auf den Kopf gestellt hatten. Außerdem spielte auch sein übermäßiger Kaffeekonsum eine tragende Rolle, denn um überhaupt so viel arbeiten zu können, brauchte er täglich zwei Kannen davon, wenn das mal ausreichte. Zusätzlich hatte Gozaburo ständig in seiner Gegenwart diese dicken Zigarren geraucht und Seto mehr als einmal diesen beißenden Qualm entgegen geblasen, so dass er gezwungen war, diesen Rauch einzuatmen, jahrelang. Eine Behandlung wäre außerdem auch nicht mehr möglich, da es dafür bereits zu spät war. Setos Zeugungsunfähigkeit bestand anscheinend schon seit seiner Kindheit und war nun aufgrund des andauernden Stresses, dem er all die Jahre ausgesetzt war, unheilbar, es war einfach schon zu spät. Um all das zu vergessen, hatte sich Seto damals zurückgezogen und ließ seit dem Niemanden an sich heran. Seinem Bruder hatte er nur erzählt, dass er seine Frau vergessen wollte und dass er Zeit für sich brauchte. Mokuba hatte es damals so hingenommen und nicht weiter nachgefragt, wofür Seto ihm im Stillen dankbar war. Er wollte seinen kleinen Bruder nicht mit der Tatsache belasten, dass Seto niemals eigene Kinder haben würde. Als ihm sein Bruder etwas später stolz berichtete, Rebecca wäre schwanger, da hatte Seto das Gefühl, ihm würde ein schwerer Felsbrocken vom Herzen fallen. Er war so froh, dass Mokuba nicht dasselbe durchmachen musste, wie er selbst und dass es trotz allem einen späteren Erben für die Firma geben würde. Und als Eric dann auf der Welt war, da war Seto genauso glücklich, als wäre es sein eigener Sohn. Er freute sich jedes Mal darauf, seinen kleinen Neffen wiederzusehen, denn er wusste, er selbst würde nie eigene Kinder haben. Niemals. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)