Das dritte Gebot von abgemeldet (DMxHG - Romanze, Krimi, Dystrophie, P18) ================================================================================ Kapitel 9: Die Diagnose ----------------------- Die Diagnose Es war weit nach Mitternacht, als Hermione mit ihren Arbeiten fertig war und müde Richtung ihrer Sklavenunterkunft schlurfte. Draco hatte heute in seinem Labor eine Forschungsreihe an Feen eingeläutet und Hermione hatte Unmengen an toten Larven, aufgebrochenen Kokons und Blutnektar beseitigen müssen. Hinzu kamen noch die ganzen Leichname der ausgewachsenen Feen. Jeden Tag fragte sie sich aufs Neue, wie Draco Malfoy zu so einem Monster werden konnte. Der Dunkle Lord musste seine wahre Freude an ihm und seiner psychopathischen Frau haben. Hermione überlegte einen Moment und kam zu dem Schluss, dass Doktor Tod manchmal nichts Menschliches mehr an sich hatte. Diese ganzen Experimente an magischen Wesen, Muggeln und Unerwünschten waren einfach nur schrecklich und widerlich. Und diese Genpoolbestimmung war ebenfalls ein Eingriff in die Natur und Privatssphäre eines jeden Zauberers. Aber das konnte ihr auch egal sein, denn seit dem Besuch im St. Mungo und dem Eklat mit seiner Frau im Nachhinein, hatte Draco Malfoy sie nicht weiter mit seiner Kernarbeit behelligt. Sie säuberte nur noch sein Labor und beseitigte die Spuren seiner magienetischen Greueltaten. Wenn sie sich recht entsinnte, hatte er auch seitdem nicht wieder mit ihr gesprochen. „...nicht klappt!“, hörte sie auf einmal Malfoys Stimme durch die verschlossene Tür zum Kaminzimmer. Hermione trat neugierig näher und legte ihr Ohr an das dunkle Holz. „Aber unser genetischer Code passt doch perfekt zusammen?“, jammerte Lady Malfoy und Hermione hielt gespannt den Atem an. „Ja, das tut er“, antwortete Draco Malfoy schnippisch. „Daher verstehe ich auch nicht, warum wir immer noch nicht Eltern eines perfekten Kindes sind!“ „Ich kann es mir doch auch nicht erklären“, heulte Lady Malfoy los und über Hermiones Rücken kroch eine dicke Gänsehaut. Die Malfoys wollten also Nachwuchs. Und anscheinend klappte es nicht. „Fast drei Jahre!“, fauchte Draco Malfoy. „Der Lord wird langsam ungeduldig, Harmony!“ Hermione hörte die Lady laut aufschluchzen und konnte die aufkeimende Schadenfreude nicht unterdrücken. Die Malfoys wollten Nachwuchs und es klappte nicht! „...zu sehr versteifen...“ Deswegen war Draco bei ihrem Gespräch letztens so ausgerastet! Ein gehässiges Lächeln beschlich Hermiones Antlitz. „...scheißegal, wie oft ich die Beine breit mache...“ Mit einem Gefühl der Genugtuung zog sich Hermione von der Tür zurück und ging beschwingt zu ihrer Unterkunft. Dracos Verhalten machte durchaus Sinn. Er stand also unter Druck und wartete seit drei Jahren auf Nachwuchs. Hermione wusste zwar noch nicht, wie sie diese Information für sich nutzen würde, aber sie war sicher, einen kostbaren Wissensvorsprung erhalten zu haben. So gut, wie in dieser Nacht, hatte sie schon lange nicht mehr geschlafen. Als Hermione am nächsten Morgen das Frühstück im Salon eindeckte, konnte sie allerdings nicht anders, als Lady Malfoy voller Missgunst und Schadenfreude in den Nacken zu lächeln. Ihre Augen waren feuerrot, die Lider blau gerändert und das Gesicht vom vielen Heulen verquollen und aufgedunsen.  Alleine saß die zierliche, rotblonde Irin an dem großen Tisch und naschte etwas Obst. Hermione faltete schweigend Servietten und wagte es nicht, die Lady länger als ein paar Sekunden anzusehen. Immerhin war sie die Sklavin und Lady Harmony Malfoy ihre Herrin.  Ihre kinderlose, sadistische Herrin... Die Tür öffnete sich und Draco Malfoy trat herein, gefolgt von -  „SEVERUS!“ Hermione ließ vor Schreck ihr Tablett fallen und am liebsten wäre sie dem hageren, alten Tränkemeister entgegen geeilt. Grau waren seine Haare geworden, und seine Haut war so hell und durchsichtig, dass Hermione die Adern pulsieren sehen konnte. Bei Tageslicht fielen die Nebenwirkungen des Höhlendaseins doch wesentlich mehr auf. „Verzeihung!“, haspelte sie schnell und sammelte die heruntergefallenen Servietten wieder auf.  Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Severus ihr zulächelte und zusammen mit Draco Malfoy am Frühstückstisch Platz nahm. Warum war Severus hier? Wurde er nun auch von diesem Irren versklavt? Es sah nicht so aus. „Der Dunkle Lord weiß nicht, dass ich dich her geholt habe“, eröffnete Malfoy das Gespräch. „Keine Angst, von mir erfährt er nichts“, brummte Snape sarkastisch, griff ungeniert nach einem Butterhörnchen und biss genüsslich hinein. „Mmmh.“ Draco und Harmony Malfoy warteten schweigend, bis Severus Snape sein Hörnchen mit einer Tasse Tee herunter gespült hatte. Doch er nutzte die Chance und bediente sich ungeniert weiter am reich gedeckten Frühstückstisch. „Raus hier, Granger!“, zischte Draco und Hermione zog die Tür hinter sich ins Schloss. Sogleich presste sie ihr Ohr an das Schlüsselloch. „Ich - nein, WIR brauchen deine Hilfe, Severus!“, hörte sie Draco sagen.  „Wie kann ein unwürdiges Halbblut schon helfen?“, schnarrte Snape mit vollem Mund und Hermione hoffte inständig, dass sich dieser alte Kauz nicht mit Lord Draco Malfoy anlegte. Oder noch schlimmer: dessen Frau. Ihr graute es bei dem Gedanken, demnächst womöglich Severus Überreste zusammen fegen zu müssen. „Du bist der beste Tränkemeister, den ich kenne“, meinte Draco gelassen. „Und wohl auch der einzige, den du nach getaner Arbeit wieder in sein Exil verbannen kannst“, durchschaute Severus die fadenscheinige Antwort. „Ich habe seit über acht Jahren keine Tränke mehr gebraut und du könntest dir die besten Leute von der Oberwelt herkommandieren, stattdessen lässt du mich heimlich und ohne Wissen deines Dunklen Lords herholen.“ Hermione hörte Draco schnauben und konnte seine pulsierende Halsschlagader erahnen.  Bitte, Severus, mach keine Dummheiten! „Meine Frau und ich benötigen einen Trank, der umgehend eine Schwangerschaft ermöglicht.“ „Aha, ich verstehe. Ihr beide könnt die züchterischen Vorgaben des Lords nicht erfüllen. Nach wievielen Jahren wird eine kinderlose Ehe noch einmal geschieden?“ „Vier“, presste Draco hervor. „Wie betrüblich“, sagte Snape und Hermione hörte Draco erneut aufgebracht schnauben. Nach vier Jahren würde die Ehe geschieden werden? Schnell rechnete sie die verbleibende Zeit der Malfoys aus und hielt erschrocken den Atem an. Hermione konnte sich beim besten Willen nicht ausmalen, wie schmerzhaft es sein musste, von einem geliebten Menschen getrennt zu werden, nur weil es mit dem Kinderkriegen nicht so klappte, wie die Weltordnung es vorsah. „Was ist mit dem Trank?“ „So etwas gibt es nur im Märchen“, leierte Snape und Harmony Malfoy fing prompt an zu schluchzen. „Was für Alternativen gibt es?“, hakte Draco bissig nach. „Gesundheitspräparate, Aufbautränke, Fruchtbarkeitsrituale oder die künstliche Befruchtung nach MUGGELART“, das letzte Wort sprach Snape mit einer ganz besonders gedehnt untermalenden Tonlage. Hermione war sich sicher, dass er gerade noch seine Augenbrauen dazu in die Höhe zog. Malfoy ignorierte Severus Snapes Stichelei: „Was kannst du empfehlen?“ Snape holte tief Luft: „Einer der Aufbautränke fördert die Ovulation und ein anderer begünstigt die Einnistung einer befruchteten Zelle in der Gebärmutterschleimhaut. Das mit dem Befruchten müsstet ihr allerdings schon selber hinbekommen... ihr seid doch beide fruchtbar?“ „Sonst wären wir ja nicht mehr hier oben“, erklärte Draco salopp. „Und genetisch sind wir zu hundert Prozent kompatibel.“ Snape klatschte freudig in die Hände: „Na, dann hopp! Eure gemeinsame Zeit läuft ab.“ „Können Sie mir bitte diese Tränke brauen, Professor Snape?“, fragte Harmony Malfoy mit zittriger Stimme. Sie musste wirklich verzweifelt sein, wenn sie einem Halbblut so höflich und bittstellend entgegen kam. Einen Moment lang hörte Hermione gar nichts mehr und hielt vor lauter Aufregung den Atem an. „Ich benötige Zutaten, ein Labor, einen Assistenten und einen halben Tag Zeit“, meinte der Tränkemeister trocken. „Danach könnt ihr die alte Fledermaus zurück in ihre Höhle schicken.“ „Danke, Severus!“ „Gerne, LORD Malfoy“, flüsterte Snape gedehnt und mit spöttischem Unterton. Hermione verdrehte die Augen und schlich von der Türe weg. Sie hatte genug mit bekommen. Einen halben Tag blieb Severus also hier. Sie musste versuchen mit ihm zu sprechen! Oder noch besser: ihm assistieren! Leider erfüllte ihr sich dieser Wunsch nicht im geringsten, da Draco Malfoy selber dem alten Professor zur Hand gehen wollte. Hermione überlegte, ob er Severus nicht ganz vertraute. Dennoch wurde gerade sie dazu beauftragt, ein paar der Zutaten zu besorgen. Hermione schlenderte durch die geradlinig angelegten Einkaufsgassen Thules, die von einer feinen Schicht Schnee gepudert waren. Wo ehemals die Londoner Oxford Street verlief, reihte sich nun ein magisches Kaufhaus an das nächste. Auch wenn all dies unter dem Regime Voldemorts entstanden war, so musste Hermione zugeben, dass es durchaus seinen Charme hatte. Es war so sauber und gepflegt wie nie zuvor und die Luft roch klar und rein. Keine Muggelfahrzeuge verpesteten die Umwelt und man konnte bequem durch die weitläufigen Straßen bummeln. Propaganda vom Feinsten. Hermione besorgte die Dinge, die Severus ihr auf ein Pergament notiert hatte und verhoffte einen Augenblick vor dem Schaufenster bei Bloomish‘s Bookstore. Wie lange hatte sie kein Buch mehr gelesen?  Sie überflog die Auslage und erkannte tatsächlich noch ein paar Schmöker, die Voldemorts Inquisition überlebt hatten. Der Großteil der Bücher aber war mit dem neuen Gedankengut gefüllt und angereichert.  In der Dekoration hing eine übergroße Weltkarte, die Voldemorts neue politische Ordnung der Städte darstellte. Wie Hermione schon vor geraumer Zeit mitbekommen hatte, war aus London die Megastadt Thule geworden, in der sie sich nun befand. Voldemort hatte sämtliche Städte dem Erdboden gleich gemacht und seine Reinblütergesellschaft in jeweils einer von elf Megastädten weltweit untergebracht. Durch diese Entstehung von konzentrierten Ansiedlungen konnte die Flora und Fauna sich komplett rehabilitieren. Hermione erinnerte sich, wie Draco ihr damals kurz erzählt hatte, wie die Reinblütergesellschaft innerhalb von fünf Jahren den „Muggelschrott“ wiederverwertet hatte, die Magietrizität für sich entdeckte und somit eine gesunde Umwelt schaffen konnte.  Eigentlich erfreulich, wenn da nicht die Sache mit der Magienetik wäre. Als Hermione vollkommen durchgefroren Dracos Labor in der Akademie für angewandte Magie betrat, fand sie zu ihrem Glück Severus gerade alleine arbeitend vor. „Hermione, geht es dir gut?“, Severus ließ sein Werkzeug fallen und presste Hermiones Körper fest an den seinen. Schluchzend nickte Hermione mit dem Kopf und vergrub ihr Gesicht in der staubigen Robe. Auch sie umarmte ihren alten Freund mit aller Kraft, dem sie damals noch nicht einmal Aufwiedersehen sagen konnte. Ein Wiedersehen hatte sie eh nie für möglich gehalten. „Warum hilfst du diesen Monstern?“, schoss es aus ihr heraus. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass Lady Malfoy schon ganz bald Mutter sein würde. Hermione müsste mit ansehen, wie sie liebevoll das Neugeborene an sich drückte und es liebkosen würde. Alleine bei dem Gedanken zogen sich unangenehme Stiche durch ihre Magengegend. „Egoismus“, seufzte Severus mit traurigen Augen. „Dieses Gefühl, wieder in einem Labor zu stehen, die Phiolen in meinen Händen... ich gebe es ungern zu, aber es war einfach ein zu verlockendes Angebot!“ „Ich weiß, was du meinst, alter Freund“, murmelte Hermione und legte ihm die Hand auf die Schulter. Eine Weile herrschte Schweigen und Severus sortierte die mitgebrachten Utensilien und Zutaten. Hermione beobachtete ihren ehemaligen Professor. „Macht er dir wirklich das Leben zur Hölle?“, fragte er schließlich. Hermione lachte kurz auf. „Es kommt drauf an.“ „Worauf?“ „Falls du eine seelische Hölle meinst, ja, das bekommt er ganz gut hin. Falls du die Kombination mit körperlichen Torturen und Höllenfeuern meinst ... nein, da frag lieber mal seine ehrenwerte Frau Gemahlin.“ „Verstehe“, murmelte Severus. „Sie foltert dich, und er lässt dich arbeiten?“ „Ja. Sie tobt sich an mir aus. Zumindest hat sie das mal. Jetzt geht es wieder.“ „Was ist geschehen?“, besorgt strich Severus ihr über den Kopf und Hermione bebte innerlich. Die Erinnerung an ein großes Vergehen schwelte in ihrem Kopf, doch sie war ausgelöscht und wurde von den relativ unspektakulären, kleinen  Piesackereien überlagert, die Hermione schon immer ertragen musste. „Ich weiß es nicht mehr“, gestand Hermione erleichtert aber mit mulmigem Gefühl. „Draco hat mir die Erinnerungen an bestimmte Foltereien genommen. Es muss so schlimm gewesen sein, immer wenn ich versuche, mich zu erinnern, schmerzt mein ganzer Körper. Zum Glück weiß ich nicht mehr, was genau mit mir gemacht wurde.“ „Wie überaus gnädig von ihm!“, spie Severus und schloss Hermione in eine tröstende Umarmung. „Und er?“ „Er? Ich bin seine Sklavin. Das Mädchen für alles. Ich darf hier jeden Abend die Überreste der Massaker, pardon, Forschungsreihen beseitigen.“ Severus betrachtete Hermione fragend und sie fuhr fort: „Weißt du, was er hier tut? Er experimentiert an alles und jedem, was sich nicht Reinblüter schimpft. Jeden Abend muss er für Voldemort einen Ergebnisbericht verfassen. Einmal die Woche muss er ins St. Mungo auf die Neugeborenenstation, um eine sogenannte Genpoolbestimmung durchzuführen! An Babys, Severus!“ Hermione schluckte und kämpfte mit den Tränen. „Kaum, dass diese unschuldigen Wesen auf der Welt sind, wird ihr genetischer Code entschlüsselt und von vornherein festgelegt, ob sie geeignetes Erbgut mit sich führen. Ob sie es wert sind, in dieser tollen neuen Welt aufzuwachsen und sich selbst einmal fortpflanzen dürfen. Ist das nicht schrecklich?“ Schniefend wischte sie sich über die Augen. „Und du hilfst ihm noch“, schluchzte sie vorwurfsvoll. „Er hat es nicht verdient.“ „Hat er nicht. Aber mach keine Dummheiten, Hermione“, meinte Severus trocken und sie schaute verwirrt zu ihm auf. „Wie bitte?“ „Mach keine Dummheiten, sagte ich. Ich weiß, wie sehr du dir selber ein Baby wünschst und es den Malfoys offensichtlich missgönnst. Eventuell sogar auf Rache und Vergeltung sinnst.“ Verletzt presste Hermione die Lippen aufeinander und starrte Severus böse an. „Ich wiederhole mich, Hermione“, sagte er eindringlich und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Mach. Keine. Dummheiten.“ Die Tür klickte und Lord Draco Malfoy kam mit wehendem Umhang in sein Labor gestürmt. „Abflug, Granger!“, raunzte er und sichtete die bisherige Arbeit an den Tränken. „Leb wohl, Severus!“, flüsterte Hermione und flitzte schnell aus dem Laboratorium.  Sie sah Snape nicht noch einmal, bevor er am Abend zur Passage zurück gebracht wurde.  Die Eheleute Malfoy waren bei bester Laune, als Hermione das Abendbrot servierte und Lady Malfoy trank aufgeregt den ersten Flakon mit dem Aufbautrank. Hermione hätte ihr das Fläschchen am liebsten aus der Hand geschlagen. Sie machte in dieser und den darauf folgenden Nächten kaum ein Auge zu. Ständig musste sie daran denken, wie die Malfoys eng umschlungen in ihrem Bett lagen und mit Hilfe der Tränke ein Baby zeugten.  Eifersucht und Missgunst nagten an Hermiones ehemals aufrichtigem Charakter und sie wurde unkonzentriert und hing auch tagsüber ihren Gedanken nach. Immer wieder betete sie, dass Lady Malfoy niemals ein Kind bekommen würde. Wie es der Zufall wollte, sollte sich Hermione eines schönen Märzmorgens um die Pflanzen im Gewächshaus kümmern. Lady Malfoy vermutete zunächst endlich schwanger geworden zu sein, allerdings stellte sich die Übelkeit im nachhinein als läppischer Magen-Darm-Infekt heraus. Hermione schlenderte durch Lady Malfoys Pflanzendschungel und goss mit einer alten Kanne ein paar seltene Züchtungen. Wieder einmal wünschte sie sich ihren Zauberstab herbei und die Möglichkeit, alles mit einem Handschlenker zu erledigen. Sie gähnte herzhaft und ging einen Gang weiter, hob die Kanne und ließ das Wasser auf ein paar Pflänzchen rieseln. Sie stockte. Hermione beugte sich vorne über und zerrieb eines der zarten, grünen Blätter vorsichtig zwischen den Fingern. Sofort fing ihr Gehirn an zu arbeiten und Hermione kramte in ihren hintersten Gedankenschubladen nach den Brauanleitungen der Aufbautränke. Irgendwann während der sechsten Klasse hatten sie diesen einen Trank bei Slughorn gebraut, und sie war sich ziemlich sicher, dass sie hier gerade die Lösung aller ihrer Probleme in den Händen hielt. Sie sortierte die Zutaten, die sie letztens kaufen musste in ihrer Erinnerung zurecht und rekonstruierte sich die Zusammensetzung.  „Ich wusste es!“, hauchte sie und ein diabolischer Glanz trat in ihre Augen. „Salvia divinorum.“ In Kombination mit einem der Aufbautränke, führte diese Zutat exakt zum gegenteiligen Effekt: VERHÜTUNG. Sie hatte es sich damals extra ganz groß notiert und zweimal unterstrichen! Hermione zupfte eine handvoll Blätter und verstaute sie in ihrer Rocktasche. Nachdem sie alle Gänge gewässert hatte, zog sie sich in die Küche zurück. Die Hauselfen besprachen gerade das Abendmenu für die Herrschaften und beachteten Hermione mit keinem Blick. Leise summend bereitete Hermione einen heißen Aufguss der Blätter zurecht und füllte ihn in eine kleine Kanne. Eine weitere Kanne füllte sie mit beruhigendem Kamillentee. Gut gelaunt begab sie sich zu Lady Malfoys Schlafgemach und klopfte leise an die Tür. Es kam keine Antwort, also drückte Hermione vorsichtig die Klinke herunter. Die Lady lag eingewickelt in ihrer Decke im Bett und schlief. Neben ihrem Kopfende stand ein Eimer und eine leere Karaffe.  Hermiones Körper kribbelte vor lauter Aufregung, als sie auf Zehenspitzen mit dem Tablett zu einer Anrichte schlich. Da standen die Flakons und Phiolen! Das Herz wummerte in ihrem Brustkorb und sie warf der schlafenden Lady nochmals einen prüfenden Blick herüber. Mit akribischer Sorgfalt entkorkte Hermione eine Flasche nach der anderen und träufelte in jeder etwas von dem Aufguss mit Salvia divinorum. Um die fünfzig Flaschen hatte sie so präpariert und stopfte gerade den letzten Korken in die Phiole, als das Rascheln der Bettdecke Hermione aus ihrer stummen Arbeit aufschrecken ließ. Schnell griff sie nach dem Tablett mit der Teekanne und ging zum Bett herüber. „Meine Herrin, ich hoffe, mein Klopfen hat Euch nicht geweckt?“ Angriff war die beste Verteidigung. „Wie bitte?“, fragte Lady Malfoy irritiert. Sie war noch nicht ganz  bei sich. „Ich bringe Euch Tee, Herrin.“ Hermione stellte das Tablett ab und goss Lady Malfoy eine Tasse ein. „Ihr müsst viel Trinken“, murmelte Hermione scheinheilig und setzte in Gedanken „Insbesondere den neuen Aufbautrank!“ hinzu. „Lass mich in Ruhe!“, meinte die Lady schwach und drehte sich wieder in die Kissen. Hermione lächelte zufrieden und verließ das Zimmer. „Wie Ihr wünscht, Herrin.“ Die nächsten zwei Wochen beobachtete Hermione die Lady Malfoy besonders genau. Als sie den ersten präparierten Trank zu sich nahm, schrieb Lady Malfoy die veränderte Geschmacksnote ihrem Infekt und den Nebenwirkungen der Medikamte zu. Die nächsten Male fiel es ihr augenscheinlich schon gar nicht mehr auf - zu Hermiones Beruhigung. Vier Monate waren seit Severus Besuch verstrichen und Lady Malfoy war immer noch nicht schwanger. Selbst als Draco Malfoy den alten Tränkemeister erneut in sein Haus holte und Alternativtränke brauen ließ, passierte nichts. Hermione verseuchte bei jeder Gelegenheit die Tränke mit der verheerenden Zutat. Weitere zwei Monate verstrichen und Hermione merkte, wie Harmony Malfoy immer angespannter wurde und mehrmals die Woche unterschiedliche Wahrsagerinnen kommen ließ. Hermione hatte noch nie etwas für Wahrsagerei erübrigen können, daher schnaufte sie immer nur belustigt, wenn eine Seherin nach der anderen der Lady eine „baldige Veränderung der Familiensituation“ prophezeite.  Sie hatte allerdings nicht damit gerechnet, eines Tages Severus Snape im Schlafzimmer der Lady vorzufinden. Mit tellergroßen Augen starrte sie Lady Malfoy und Snape an, als sie mit unsicheren Bewegungen den bestellten Tee servierte. „Es klappt nicht, Professor Snape“, Harmony Malfoys Stimme klang kraftlos und sie war blass und mager. Hermione fiel erst jetzt auf, wie kränklich die Lady aussah. „Das verwundert mich“, meinte Snape und taxierte Hermione mit einem schnellen Seitenblick. Hermiones Rücken wurde von einer mächtigen Gänsehaut befallen. Normalerweise würde sie an dieser Stelle vor lauter Schuldgefühlen zerfließen. Doch nichts regte sich.  „Ich habe alle Tränke konsumiert“, flüsterte Harmony Malfoy und zeigte auf die leeren Phiolen. „Mittlerweile ist August und wir haben jeden Abend... ach, Sie wissen schon.“ Snape nickte und trank von seinem Tee. Die Lady musste verzweifelt sein, wenn Snape hier wieder aufkreuzte. „Mein Mann weiß nicht, dass ich Sie habe herholen lassen“, beichtete sie kleinlaut, winkte ab und Hermione verließ unauffällig den Raum. „Es bleiben uns schließlich nur noch elf Monate ...“ Sie musste höchst verzweifelt sein, wenn selbst Draco nichts von Snapes Wiederkehr wusste. Severus ahnte bestimmt etwas. Er kannte Hermione schließlich und hatte sie bereits davor gewarnt, keinen Mist zu bauen.  Hermione presste ihr Ohr an die Tür und hoffte etwas hören zu können. „...etwas Blut... veraltete Methode... Ihr müsstet selber zaubern...“ Eine Blutanalyse? Severus ließ die Lady eine Blutanalyse zaubern? Hermione überlegte krampfhaft wozu das gut sein konnte. Drinnen wurden Stühle gerückt und anscheinend bereiteten sie das Experiment vor.  Schulterzuckend wandte Hermione sich ab und machte sich daran, ihre weiteren Aufgaben zu erledigen, bevor sie später ins Labor musste.  Sie reinigte gerade den großen Kamin in der Eingangshalle, als Severus mit zwei Todessern an ihr vorbei ging. Er würdigte sie keines Blickes und starrte eisern ein Loch in die Luft. Hermione runzelte die Stirn. Seit wann wurden Biohazards von zwei Todessern zu den Passagen eskortiert? Das war doch... oh nein! Hermione ließ den Schürhaken fallen und rannte in den ersten Stock. Hektisch hämmerte sie an Lady Malfoys Zimmertür, doch von drinnen kamen nur wimmernde und heulende Laute. Hermione riss die Tür auf und stürzte hinüber zum Bett, auf dem der bebende, gekrümmte Körper der Lady lag. „Was ist geschehen, Herrin?“, stieß Hermione atemlos hervor und in ihrem Inneren tobte ein Gefühlswirrwarr vom Feinsten. Was war hier los?  „Verschwinde, Schlammblut!“, kreischte die rotblonde Furie und schlug unbeholfen mit einer Hand nach Hermione, die sich neben sie aufs Bett gesetzt hatte. Intuitiv zog Hermione die sich wehrende Frau in ihre Arme und hielt sie eisern in ihrem Griff. „Schschsch... es ist doch alles gut!“, machte Hermione und wiegte die hyperventilierende Frau stetig hin und her. „Nichts ist gut!“, heulte Lady Malfoy schrill. „Dieser Tränkepanscher hat meinen Körper vergiftet!“ Hermione sagte nichts, sondern wiegte die Frau weiter hin und her, bis diese es einfach mit sich geschehen ließ und aufhörte sich zu wehren. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in Hermiones Magengegend aus und ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Was hatte die Lady da gesagt? „Inwiefern?“, wagte Hermione nun leise zu flüstern. Das schlechte Gewissen wuchs von Sekunde zu Sekunde. Lady Malfoy schaute ihrer verhassten Sklavin ins Gesicht. „Ich bin zerstört. Unfruchtbar. Unwürdig.“ Einen Moment herrschte Stille zwischen den zwei Frauen, dann schluchzte Lady Malfoy weiter drauf los. „Mein Mann darf das nicht erfahren, sonst lande ich unter der Erde!“ „Er würde doch nicht die Frau, die er liebt, an so einen Ort schicken?“ Hermiones Mund fühlte sich staubtrocken an. Was hatte sie da bloß angerichtet? Eine Schwangerschaft wollte sie verhindern, aber gleich die ganze Frau verkrüppeln? Pah, jetzt dachte sie schon so, wie dieses ganze Reinblutpack! „Liebe?“, piepste Lady Malfoy. „Unser genetischer Code ist der Grund, weswegen er mich genommen hat. Und ohne die Möglichkeit auf Nachkommen, bin ich genauso ein genetischer Abfall, wie du!“ Hermione überhörte mittlerweile solche Bemerkungen. Sie wiederholte Harmony Malfoys Worte in Gedanken und strich ihr geistesabwesend durch das zerzauste Haar. Draco Malfoy durfte also nicht erfahren, was hier geschehen war. Interessant. Er wusste so wenig von dem, was seine Frau anstellte. „Was ist, wenn der Herr erneut nach Severus Snape schicken lässt und ein anderer Trank versucht wird?“, fragte Hermione. Draco würde mit Sicherheit den alten Mann zu Rate ziehen und wieder neue Tränke fordern, bis die erhoffte Schwangerschaft eingetreten wäre. „Severus Snape wird das bekommen, was er verdient hat“, schniefte Lady Malfoy trotzig. „Dieses Scheusal...“ Für einen Augenblick setzte Hermiones Herzschlag aus. Leb wohl Severus, waren ihre letzten Worte an ihn gewesen. Die Todesser an Severus Seite sollten ihn also nicht zurück nach Agharti eskortieren. Sie schluckte und konnte die Tränen nicht zurück halten.  Was hatte sie da bloß angerichtet? Verkrampft hielt Hermione die leise weinende Lady im Arm und starrte paralysiert auf den Boden. Das verräterische Kribbeln in der Nase setzte sich fort und Hermione schluchzte laut auf.  „Nein, nein, nein...“, flüsterte sie und schüttelte den Kopf.  Hermione war verantwortlich für Severus Snapes Hinrichtung. Sie hatte eine Dummheit begangen und er musste dafür büßen. Und wie sie Lady Malfoy kannte, gab sie sich nicht mit einem schnellen Avada Kedavra zufrieden, sondern würde ihn langsam und mit grausamsten Methoden zu Tode quälen. Eine gewaltige Welle Hass auf sich selbst und auf die Malfoys schlug über Hermione zusammen.  Was hatte sie da bloß angerichtet? Plötzlich wandte sich Lady Malfoy aus der Umarmung, als ob sie sich bewusst wurde, was soeben passiert war. Dass sie sich von einem Schlammblut trösten ließ und intime Geständnisse gemacht hatte. „Spar dir dein Mitgefühl“, zischte sie erbost und reckte das Kinn stolz nach oben. „Solltest du auch nur ein Wort über all das hier verlieren, bist du die Nächste!“ Hermione schaute sie erstaunt an.  Mitgefühl? Natürlich. Die Lady wusste ja nicht, dass sie mit Severus Snape befreundet gewesen war und sein Todesschicksal Hermione gerade sehr nahe ging. Aber Mitgefühl für die Lady Folterknecht empfinden? Niemals. Hermione sortierte schnell alle vorherrschenden Gefühlsregungen, die in ihrem Inneren tobten, aber Mitgefühl für diese rotblonde Frau konnte sie nicht ausmachen. Verachtung und Hass auf sich selbst, gepaart mit einer seltsamen Genugtuung und Erleichterung darüber, dass die Malfoys nun in gewisser Weise das selbe Schicksal teilten, wie Hermione. Sie konnten keine Kinder bekommen. „Verschwinde jetzt“, schniefte Lady Malfoy und richtete ihre Roben. Sie griff nach ihrem Zauberstab und drehte ihn langsam zwischen den Fingerspitzen hin und her. „Ich habe nun ein Exempel zu statuieren und schicke diese abgründige Seele dahin, wo sie hingehört!“ „Meine Herrin“, Hermione verneigte sich ängstlich und ließ die Lady alleine.  So sehr sie auch über Severus Hinrichtung trauerte, sie immer wieder hoffte, dass er nicht allzusehr von Lady Malfoy gefoltert und misshandelt wurde, und sie nächtelang in ihr Kissen heulte, konnte Hermione nach wie vor nicht dieses böse Gefühl der Schadenfreude abschütteln. Immer wenn sie die Lady vor ihrem Mann die heile Welt spielen sah, durchflutete Hermione ein unsäglicher Genuss bis in die buschigen Haarspitzen.  Als Draco Malfoy von dem tödlichen Unfall erfuhr, der Severus Snape offiziell ereilt hatte, war er mehr als bestürzt. Er verbuchte die Heulerei seiner Frau als Zeichen des Mitgefühls und Trauer um eine helfende Hand in ihrer Situation. Malfoy braute nun in regelmäßigen Abständen die Tränke für seine Frau selber und schickte Hermione regelmäßig zum Einkaufen. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit versetzte Hermione weiterhin die Tränke mit Salvia divinorum, da sie sicher sein wollte, dass Lady Malfoy unfruchtbar blieb. Sie beobachtete mit Wohlwollen, wie sich die Stimmung zwischen den Malfoys von Tag zu Tag verschärfte und Lady Malfoy immer mehr zu einem körperlichen und seelischen Wrack wurde. Hermione dachte nicht im Traum daran, dass sie eines Tages beim Fensterputzen auf eine Idee kommen würde, die nicht nur einem persönlichen Rachefeldzug glich, sondern auch gleich Voldemorts Regime ins Wanken bringen würde. Hermione lächelte diabolisch ihrem Spiegelbild in der Fensterscheibe zu. Sie würde Severus Tod rächen, die Malfoys ins Verderben stürzen und sich selbst ihren größten Wunsch erfüllen. „Es ist doch alles gut, meine Lady!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)